Stress in den Abendstunden
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~15:30 Uhr Montag 3. Oktober 2005~
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Ein wenig angespannt saß Joey neben Seto in der Limousine und wagte nicht, sich irgendwie zu bewegen.
>Verdammt, der Kerl macht mich echt fertig!<
"Lass mich einfach bei der Werkstatt raus, ich muss mein Fahrrad noch holen."
"Haben die heute nicht wegen einer Firmenfeier früher geschlossen?"
Joey zuckte nervös mit den Augenbrauen.
>Verdammt! Hab ich vergessen!<
"Keine Sorge, Köter, ich fahr Dich nach Hause."
"Du weißt doch gar nicht, wo ich wohne!"
Seto grinste ein wenig.
"Bist Du Dir da sicher?"
Joey drehte sich zu Seto um und starrte ihn ungläubig an.
"Woher?"
"Ich bin der neue Assistent des Professors und als sein zukünftiger Nachfolger ist es meine Aufgabe so etwas zu wissen!"
Joey schloss kurz die Augen und rieb sich verwirrt über die Stirn.
>Womit hab ich eigentlich nur diesen arroganten Typen verdient?<
"Okay, Kaiba, ich hatte vergessen, dass Du ein Genie bist, aber treib es nicht auf die Spitze!"
"Sonst was?"
"Sonst werde ich Dir den Job als Professor-Assistent zur Hölle machen!"
Seto grinste amüsiert.
"Du vergisst, dass ich das nicht des Geldes wegen mache, Köter! Ich seh das nicht als Job, sondern lediglich als kleines Hobby!"
Joey schüttelte den Kopf.
>Hobby?<
"Ich hab mich doch jetzt wohl verhört! Seit wann hat der große Seto Kaiba so was wie ein Hobby?"
Seto zuckte mit den Schultern.
"Stört es Dich?"
Joey blinzelte irritiert.
"Ja! Ich mein, keine Ahnung, irgendwie ist es ungewohnt, ich bin verwirrt!"
Seto verschränkte triumphierend die Arme.
"Gut!"
Joey seufzte schwer und drehte sich wieder zum Fenster.
>Argh, dieser Mistkerl! Das macht er doch mit Absicht!<
Den Rest der Fahrt brachten sie schweigend hinter sich, bis die Limousine in Shinagawa vor einem unscheinbaren Wohnblock mit Billig-Apartments, in dem ausschließlich Studenten wohnten, anhielt.
"Danke fürs Herfahren!"
Joey öffnete die Tür der Limousine und wollte aussteigen, wurde allerdings durch einen Ruck an seiner Jacke wieder auf den Sitz gezogen.
"Wie kommst Du morgen zum Campus?"
Joey starrte Seto verwirrt an.
"Warum fragst Du?"
Seto zuckte nur mit den Schultern.
"Damit ich weiß, ob ich schon mal vorweg eine Fehlstunde eintragen darf."
Joey knurrte böse.
"Ich fahr mit der Metro und die ist pünktlich!"
"Hast Du denn genug Geld?"
Eine leichte Röte überzog Joeys Gesicht.
"Geht Dich gar nichts an!"
"Wie auch immer, sieh zu, dass Du pünktlich bist, morgen hab ich das Kommando über die Klasse und ich wünsche keine Störungen, kapiert?!"
"Ich werd schon nicht zu spät kommen, Kaiba! Schließlich will ich Deinen langweiligen Vortrag nicht verpassen!"
Joey stieg aus dem Wagen und knallte die Tür zu, während Seto nur amüsiert seine rechte Augenbraue hochzog.
>Pah, langweiliger Vortrag! Der wird sich noch wundern!<
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Joey ging mit ziemlich gemischten Gefühlen die Treppen bis zu seinem Ein-Zimmer-Apartment, das in der fünften Etage lag, hinauf.
>Was denkt der Kerl sich eigentlich? Hat der nichts Besseres zu tun, als mich ständig zu verwirren? Wieso hab ich mich eigentlich von ihm nach Hause fahren lassen? Und wieso hat der mich überhaupt gefragt?<
Verwirrt schüttelte Joey den Kopf und schloss seine Wohnungstür auf, als auch schon das Telefon im kleinen Vorflur klingelte.
Mit schnellen Schritten rannte Joey zum Telefon und nahm den Hörer ab.
"Wheeler, wer stört?"
"Joey, ich bin's Tristan!"
Joeys Augen weiteten sich kurz.
"Tris! Hast Du mein Fahrrad wieder hingekriegt?"
Ein leises Seufzen kam aus dem Hörer.
"Sorry, Joey, aber Dein Fahrrad ist jetzt endgültig hinüber, außer der Kette sind auch noch das Radlager und der Rücktritt kaputt und ich bekomm leider keine Ersatzteile mehr. Mein Chef hat sich auch schon beschwert, weil die Reparaturen immer auf Kosten der Werkstatt durchgeführt werden. Tut mir echt leid!"
Joey sank mit seinem schnurlosen Telefon in der Hand in die Knie.
"Und was mach ich jetzt? Das Geld für ein neues Fahrrad hab ich noch nicht zusammen und wenn ich jeden Tag mit der Metro zur Schule und zur Arbeit fahren muss, bekomm ich das Geld nie zusammen!"
"Dann nimm doch einfach das Fahrrad des Professors, das hat er Dir doch schon ein paar Mal angeboten!"
"Tris, das kann ich nicht, das hab ich Dir doch schon hundert Mal erklärt!"
"Ja, schon klar, Du willst keine Almosen, weil Du Dir dann noch ärmlicher vorkommst, als Du ohnehin schon bist. Ich versteh Dich ja, aber das hättest Du Dir früher überlegen müssen, Du wusstest, dass die Uni zu teuer für Dich wird!"
Joey seufzte genervt.
>Red jetzt nicht von der Uni!<
"Was ist? Hab ich was Falsches gesagt?"
"Nein, mir ist nur grad eingefallen, warum ich mir diesen verdammten Stress eigentlich antue und weißt Du, was das Allerschlimmste an dieser Sache ist?"
"Nein, aber Du wirst es mir sicher gleich verraten!"
"Rate mal, wer seit heute der neue Assistent vom lieben Professor ist?"
"Mir ist grad nicht nach raten zumute, verrätst Du es mir?"
Joey strich sich nervös durch die Haare und grinste gequält.
"Sagt Dir der Name Seto Kaiba etwas?"
Ein erschrockenes Keuchen erklang aus dem Hörer.
"Nein! Etwa der Seto Kaiba?"
"Brünett, blauäugig, reich bis zum geht nicht mehr, arrogant, dass sich die Balken biegen, mit dem überaus nervigen Hobby, mich ständig auf die Palme zu bringen oder zu verwirren, genau der Seto Kaiba!"
Joey nahm den Hörer vom Ohr, als Tristan ein ziemlich lautes Lachen hören lies.
"Tris, ich find das gar nicht witzig!"
"Sorry, Joey, aber ich find das schon witzig! Sieht ja fast so aus, als würde Kaiba Dir überallhin folgen, nur um Dich fertig zu machen!"
Joey schnaubte leise.
"Hey, was soll das denn jetzt heißen?"
"Nichts, nichts, aber kommt es Dir nicht etwas merkwürdig vor, dass er ständig dort auftaucht, wo Du auch bist?"
Joey kratzte sich kurz am Kinn.
"Na ja, schon irgendwie. Heute hat er mich sogar nach Hause gefahren!"
"Er hat was?"
"Mich nach Hause gefahren, in seiner Limousine, weil mein Fahrrad doch kaputt ist!"
"Das hört sich aber gar nicht nach Kaiba an!"
Joey nickte leicht.
"Jap, hab ich mir auch gedacht! Hätte ich das nicht selbst miterlebt, würde ich das nicht glauben!"
"Und was willst Du jetzt tun, jetzt wo Kaiba der Assistent vom Professor ist?"
Joey seufzte leise und lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Wand.
"Weitermachen natürlich! Was denn sonst? Du weißt doch, dass ich den ganzen Scheiß nur wegen ihm mache und da werde ich jetzt nicht einfach aufhören, nur weil er jetzt der neue Professor-Assistent ist!"
"Hast Du Dir das auch gut überlegt?"
Joey öffnete die Augen und starrte auf die gegenüberliegende Wand.
"Nein! Aber jetzt kann ich nicht mehr zurück. Ich zieh die Sache durch bis zum Schluss, da gibt es keine Kompromisse!"
"Nun ja, Du musst es ja wissen, Joey! Ich hoffe nur, Du verrennst Dich nicht zu sehr darin!"
"Mach Dir keine Sorgen, Tris! Ich komm schon klar. Hau das Fahrrad für mich auf den Schrott, ich werd für das neue Fahrrad halt ein paar Überstunden an der Tankstelle ranhängen!"
"Okay, aber überanstreng Dich nicht, immerhin ist Dein Kellnerjob auch nicht einfach!"
"Ach was, ist ja nicht das erste Mal, dass ich neben der Schule noch zwei Jobs hab!"
"Stimmt allerdings, aber früher hast Du nicht so viel für die Schule lernen müssen, Fachhochschule ist nun mal nicht gleich High School!"
Joey seufzte schwer.
"Ich weiß, aber ich komm klar, wirklich. Mach Dir keine Sorgen!"
"Wie Du meinst! Ich muss jetzt Schluss machen und Du solltest Dich langsam auf den Weg ins Hotel-Restaurant machen, sonst kommst Du zu spät!"
Joey warf einen kurzen Blick auf die Uhr und sprang ruckartig auf die Füße.
"Shit! Schon 16:00 Uhr, in 15 Minuten beginnt meine Schicht!"
"Sag ich doch, also bis denn, wir sehn uns!"
"Ja, wir sehn uns und danke für Deinen Anruf, Tris, bye."
"Gern geschehn, bye."
Joey legte auf, schnappte sich seine Tasche, die er im Flur fallengelassen hatte und schmiss sie auf die Couch, bevor er zum Kleiderschrank rannte und sich seine Kellneruniform anzog.
>Ein Glück ist das Hotel gleich um die Ecke!<
Mit schnellen Schritten verließ er umgezogen sein Apartment und schloss ab.
>Und ausgerechnet heute ist der verdammte Fahrstuhl kaputt!<
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Völlig außer Atem betrat Joey die Küche des japanischen Restaurants Nanakamado im ersten Stock im Executive Tower des Shinagawa Prince Hotels.
"Joey, Du bist zu spät!"
Der etwas dickliche Koch Tony Tanaka sah ziemlich sauer aus und Joey versuchte ein entschuldigendes Grinsen.
"Sorry, Tony, aber ich hatte noch ein wichtiges Telefongespräch!"
"Ja, ja, vergiss es, mach hinne, der Chef is nich da, also zack, zack, die Gäste warten!"
Joey nickte leicht und verschwand im Restaurant, um die Gäste nach ihren Wünschen zu fragen.
>Oh man, 5 Stunden diesen ganzen Stress ertragen und dann auch noch nach Tamachi zur Nisseki Tankstelle 3 weitere Stunden schuften!<
Joey seufzte schwer.
>Das wird wieder eine lange Nacht!<
Ungefähr drei Stunden lang lief alles seinen gewohnten Gang, Joey nahm Bestellungen auf, gab in der Küche Bescheid, trug die Speisen und Getränke zu den Tischen und nahm das Geld dafür entgegen. Ein paar Gäste, vorwiegend ältere Damen, gaben ihm sogar Trinkgeld, das er für sich behalten durfte. Halt so wie jeden Abend, wenn er im Restaurant arbeitete.
"Guten Abend, was kann ich für Sie tun?"
Joey stand an einem Tisch und hielt seinen Block und den Bleistift bereit, um die Bestellung zu notieren. Er sah nicht auf die Person, die sich hinter der Speisekarte versteckt hielt. Erst als er keine Antwort erhielt, hob er den Kopf und erstarrte mitten in der Bewegung.
"Kaiba!"
"Köter!"
"Argh, nenn mich nicht so, schon gar nicht hier, siehst Du nicht, dass ich arbeite?"
"Doch, seh ich, aus diesem Grund bin ich ja auch hier!"
Joey zog verwirrt seine rechte Augenbraue hoch.
"Du wolltest sehen, wie ich arbeite?"
Seto nickte kurz und legte die Speisekarte auf den Tisch.
"Ich hätte gerne ein Truthahnsandwich mit viel Salat und einen Kaffee, schwarz!"
Joey notierte sich die Bestellung auf seinen Block.
"Sonst noch etwas?"
"Danke, das genügt vorerst."
Joey nickte kurz und drehte sich um.
"Das Outfit steht Dir."
Joey erstarrte, wagte aber nicht, sich zu Seto umzudrehen, weil ihm eine ungesunde Röte ins Gesicht schoss. Er schüttelte kurz den Kopf und ging mit etwas unsicheren Schritten zur Küche.
>Was sollte denn bitte diese Bemerkung?<
Kurz vor der Küche schaute er in den großen Spiegel, der neben der Pendeltür an der Wand hing. Joey trug eine schwarze Leinenhose, ein weißes Seidenhemd und darüber eine Weste aus schwarzem Samt, außerdem eine schwarze Fliege und schwarze Lackschuhe.
>Das Outfit steht mir?<
Joey zuckte mit den Schultern und betrat die Küche.
>Na wenn er meint! Soll mir egal sein!<
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Nach einer dreiviertel Stunde hatte Seto neben dem Sandwich und dem Kaffee noch einen gemischten Salat, ein Glas Mineralwasser und einen Cappuccino bestellt. Joey war sichtlich genervt, als er erneut zu Setos Tisch bestellt wurde.
"Was denn noch?"
"Die Rechnung!"
Joey blinzelte kurz, rechnete im Kopf den Gesamtbetrag zusammen und schrieb den Betrag auf den Zettel.
"Macht insgesamt 2700 Yen (ca. 19,95 Euro)!"
Er gab Seto die Rechnung und der zog aus seiner Brieftasche vier 1000-Yen-Scheine hervor.
"Behalt den Rest!"
Joey schüttelte völlig verwirrt den Kopf.
"Das geht nicht, das ist zuviel, das sind ja 1300 Yen Trinkgeld (ca. 9,60 Euro)!"
"Na und?"
Wütend zog Joey seine Augenbrauen zusammen und schmiss einen 1000-Yen-Schein und drei 100-Yen-Stücke auf den Tisch.
"Ich will keine Almosen von Dir! Behalt Dein Wechselgeld!"
Seto grinste leicht.
"Zu großer Stolz kann leicht ins Verderben führen, Köter! Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede!"
Joey atmete tief durch und schloss kurz die Augen.
"Mein Stolz geht Dich gar nichts an, Kaiba! Lass mich einfach in Ruhe!"
Ruckartig drehte er sich um und flüchtete förmlich in die Küche.
>Dieser arrogante Mistkerl! Nur weil er mehr Geld hat, muss er nicht damit angeben! Verdammtes Arschloch!<
Wütend schmiss Joey seinen Block und den Bleistift auf die Ablage in der Küche und strich sich mit einer überaus wütenden Handbewegung durch die Haare.
"Was is denn los, Joey? Stress mit einem der Gäste?"
Joey drehte sich zu Tony um und schüttelte den Kopf.
"War nicht weiter wild, hab nur nen alten Bekannten getroffen, der mir etwas auf die Nerven geht!"
Tony zuckte nur mit den Schultern und wandte sich wieder dem Herd zu.
"Du kannst schon mal die Küche aufräumen, hast ja eh bald Feierabend!"
Joey seufzte leise, schnappte sich eine weiße Schürze und begann damit das Geschirr zu spülen.
"Hoffentlich ist Saku bald wieder da, von diesem ewigen Spülen sind meine Hände schon ganz rau."
"Noch zwei Wochen, Joey, dann kommt sie wieder!"
Ein wenig erschöpft ließ Joey den Kopf hängen.
"Man, solange noch?"
>Muss sie ausgerechnet in den Sommerferien ihr Kind bekommen?<
Während Joey in der Küche das Geschirr spülte und an die Küchenhilfe Saku Yoshiro dachte, die vor einem Monat ihr erstes Kind bekommen hatte, war Seto auf dem Weg zum Fahrstuhl des Hotels.
>Nur gut, dass der Köter keine Ahnung hat, dass ich hier im Hotel wohne!<
Ein fieses Grinsen erschien auf seinem Gesicht.
>Das könnte in der Tat noch ziemlich lustig werden!<
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