Zum Inhalt der Seite

Love against all Reason

Liebe gegen jede Vernunft
von
Koautoren:  Linchen-86  Khaleesi26

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 54

Mimi
 

Letzte Nacht habe ich kaum geschlafen. Auch mich plagten Träume der Erinnerung, vor allem die Schlechten. Immer wieder wurde ich von ihnen geweckt und jedes Mal, wenn das passierte, schrieb ich Tai eine Nachricht, ob alles in Ordnung sei.

Tai schien ebenfalls viel wach gewesen zu sein, denn er antwortete immer sofort auf meine Nachrichten. Ich hatte einfach Angst, dass das alles zu viel für ihn sein könnte. Wie er gestern gezittert hat …

Das alles hat ihn so aufgewühlt und ich hoffe, ich habe keinen Schaden bei ihm angerichtet. Ich weiß nicht, was okay ist. Allerdings wollte er es unbedingt hören und ich kann ihn gut verstehen. Ich würde auch wissen wollen, was passiert ist, wenn ich mein Gedächtnis verloren hätte.

Gleich nach dem Aufwachen, schreibe ich ihm wieder. Es ist noch früh am Morgen, aber ich muss wissen, ob es Tai gut geht.
 

>Guten Morgen, wie hast du geschlafen? Geht es dir gut?<
 

Senden.
 

Tai tippt.

Antwort: >Das hast du doch letzte Nacht schon mindestens fünf mal gefragt. Ja, es geht mir gut – immer noch. Und geschlafen habe ich nicht viel, aber du ja anscheinend auch nicht, wenn du mitten in der Nacht Zeit hast, mir alle 30 Minuten zu schreiben ;)<
 

Seufzend rolle ich mich in Tais Bett auf die Seite. Sally schlummert neben mir noch tief und fest wie Dornröschen.
 

>Tut mir leid.<
 

>Nein, entschuldige dich nicht. Ich bin dankbar, dass du mir alles erzählt hast. Kommst du mich heute wieder besuchen? Mit Suppe?<
 

Ich grinse. >Natürlich komme ich, das weißt du doch.<
 

Tai: >Ich freue mich darauf.<
 

Jetzt grinse ich noch breiter, so sehr, dass ich quieken muss und das Handy fest an meine Brust drücke. Er freut sich auf mich. Tai freut sich auf mich.

Okay. Vielleicht meint er auch die Suppe. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er mir gegenüber nicht abgeneigt ist. Nicht wie am Anfang.

Schnell tippe ich noch eine Antwort ein: >Ich mich auch.< Ich füge noch ein Herz mit hinzu, lösche es aber gleich wieder. Nicht übertreiben.
 

„Oh, Davis“, seufzt Sally plötzlich neben mir und rollt sich von einer Seite auf die andere.

Ich verdrehe die Augen. Dann drehe ich mich zu ihr und tippe sie mit dem Finger an.

Sofort reißt sie ihre Augen auf und sieht mich verwirrt an. „Du bist nicht Davis.“

„Oh, sorry, not sorry. Hattest du einen wilden Traum?“

„Und wie wild der war“, grinst sie verschmitzt. „Heute Abend ist er fällig, ich schwör’s.“

„Igitt“, huste ich und winke ab. „Aber bitte nicht hier. Das ist immerhin Tais Bett.“

Sally schnalzt mit der Zunge. „Ob du’s glaubst oder nicht, Davis hat eine eigene Wohnung.“ Sie macht eine Grimasse und springt dann voller Motivation aus dem Bett.

Echt keine Ahnung, wo diese Frau ihre Energie hernimmt.

Wir stehen gemeinsam auf und machen uns Frühstück. Sally zaubert einen Obstsalat, den ich mir mit Müsli und einem Joghurt vor dem Fernseher schmecken lasse.

Bis ich mich beinahe daran verschlucke.

„Sally!“, röchle ich und winke sie zu mir. Sie steht gerade in der Küche und schenkt sich ihre zweite Tasse Kaffee ein. „Schnell, das musst du dir ansehen!“

Sally kommt zu mir und wir starren wie gebannt auf den Bildschirm, auf dem die Nachrichten des Tages übertragen werden. Mein Herz rutscht mir in die Hose.
 

„Haruiko Kido, der vermutlich bekannteste und einflussreichste Chefarzt und Besitzer von fünf Krankenhäusern in Tokyo, wurde vor wenigen Tagen wegen Betrug, Bestechung, Erpressung und Nötigung, sowie anderer illegaler Delikte verhaften.“
 

Ein Bild von Haruiko erscheint im Fernsehen, es lässt mich nach wie vor erschaudern. Dann eine Szene, wie er vom Krankenhaus abgeführt wird. Ich schlucke schwer und greife nach Sallys Hand.
 

„Weswegen er genau angeklagt wird, wird noch unter Verschluss gehalten. Der Angeklagte beteuert jedoch seine Unschuld und beschuldigt stattdessen zwei Frauen. Er selbst weist sämtliche Vorwürfe zurück.“
 

Zwei Bilder werden eingeblendet – ein Foto von Misaki und eins von Ayaka. Oh mein Gott. Dieser Mistkerl! Er zieht sie da mit rein? Vor allem Misaki … hat er ihr nicht schon genug angetan?

„Ruhig, Mimi“, flüstert Sally und drückt meine Hand, weil ich am ganzen Leib zu zittern beginne.
 

„Es ist unklar, was an den Anschuldigungen dran ist, doch soeben erreichte uns die Meldung, dass sowohl Misaki Minamoto, als auch Ayaka Yano festgenommen wurden und sich nun ebenfalls in Untersuchungshaft befinden. Beide Frauen pflegten eine private Beziehung zu dem Chefarzt. Einzelheiten zu dem Fall liegen uns nach jetzigem Stand noch nicht vor, aber man versicherte uns, dass die Beweise gründlich geprüft werden – so die Staatsanwaltschaft.“
 

Es folgen die Sportnachrichten und ich schalte ab, ehe ich die Ellenbogen auf dem Tisch vor mir abstütze und meinen Kopf in meinen Händen vergrabe.

„Das ist eine Katastrophe.“

„Dieser widerliche Drecksack. Hat er denn nie genug?“, schimpft Sally drauf los, während ich auf meinem Daumennagel rum kaue.

„Es war klar, dass er versuchen wird, sich rauszureden. Aber, dass er versucht, es Misaki und Ayaka anzuhängen … das geht zu weit.“ Ich stehe auf und hole mein Handy aus dem Schlafzimmer. Sofort wähle ich Kaoris Nummer.

„Hier ist der Anschluss von Kaori Kido …“ Fuck, Mailbox.

„Verdammt“, fluche ich und beiße mir auf die Unterlippe. Dann schreibe ich Nanami eine Nachricht.
 

>Habe es gerade in den Nachrichten gehört. Wo bist du? Ist alles okay?<
 

Wenn Ayaka verhaftet wurde, was haben sie mit Nanami gemacht? Sie ist minderjährig und darf nicht alleine wohnen.

„Mimi, was machen wir denn jetzt?“, fragt Sally und klingt dabei genauso verzweifelt, wie ich mich fühle. Angespannt fahre ich mir durch die offenen Haare. Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung. Natürlich hat Ayaka sich irgendwie mit schuldig gemacht, indem sie diesen Plan unterstützt hat und nicht zur Polizei gegangen ist. Sie liebt Nanami und trotzdem hat sie zugelassen, dass sie ihr Leben lang weggesperrt wurde. Es war fast klar, dass nun so etwas passiert. Als ob Haruiko jetzt noch hinterm Berg halten würde. Aber dass er Misaki das antut …

Dieser Mann kennt wirklich keine Skrupel.

Mein Handy vibriert. Nanami.
 

>Kannst du mich bei Kaori abholen?<
 

Schnell tippe ich eine Antwort. >Bin unterwegs.<
 

„Sally, ich muss weg. Nanami braucht meine Hilfe.“

„Ist gut“, sagt sie. „Aber bitte, pass auf dich auf.“

„Ja, du auch auf dich. Und geh zu Davis, sobald du kannst.“
 

Ich mache mich sofort auf den Weg und eine halbe Stunde später biege ich in Kaoris Straße ein. Nanami steht bereits vor der Tür und wartet auf mich. Wieder ist ihr Gesicht tränenverschmiert. Wie oft muss dieses Mädchen noch leiden?

„Mimi.“ Sie kommt auf mich zugerannt und umarmt mich.

„Nanami, geht es dir gut?“

„Geht so“, sagt sie und wischt sich mit dem Ärmel die Tränen von den Wangen. „Sie haben Mama mitgenommen. Einfach so. Und Misaki auch. Zum Glück war ich gerade bei Kaori, als es passierte, sonst hätten sie mich wahrscheinlich auch gleich weggeschleppt und vorläufig in ein Heim gesteckt, oder so.“

Ich nicke. Was für eine schreckliche Vorstellung. „Mama hat mich angerufen, nachdem sie sie abgeholt haben und mir gesagt, dass alles gut ist und ich mir keine Sorgen machen soll. Aber ich mache mir Sorgen. Auch um Misaki. Es ging alles so schnell und ich konnte mich bei Kaori verstecken, als die Polizei kam, aber … aber …“ Ihre Stimme bricht. „Es ist alles meine Schuld. Wäre ich doch einfach mit Mama nach Frankreich geflogen, so, wie sie es geplant hatte. Dann wäre sie jetzt nicht in dieser Situation. Nur meinetwegen ist sie im Gefängnis.“

Die Tränen laufen ihr übers Gesicht und die pure Verzweiflung spricht aus ihr.

„Ach, Nanami“, sage ich mitfühlend und es zerreißt mir das Herz, sie so zu sehen. Ich umfasse ihr Gesicht mit beiden Händen und streiche ihr mit dem Daumen behutsam über die Wange. „So etwas darfst du nicht mal denken. Nichts von dem, was hier gerade passiert ist deine Schuld. Es ist allein Haruikos Schuld. Niemand sonst trägt die Verantwortung dafür“, sage ich mit Nachdruck und hoffe, dass sie mir glaubt. „Ich kann dir nicht versprechen, dass du deine Mutter bald wiedersiehst, aber ich bin mir sicher, dass Kaoris Vater dafür sorgen wird, dass dieser Mann für seine Verbrechen bezahlen wird. Für alles, was er dir angetan hat. Und Misaki. Und deiner Mutter. Einfach allen. Okay? Du trägst keine Schuld daran, Nanami. Du am allerwenigsten.“

Sie schluchzt und wischt sich abermals die Tränen aus den Augen, wobei sie ihre Brille etwas hochschiebt. Schließlich nickt sie.

„Was willst du nun tun?“, frage ich sie. Nanami atmet tief durch, ehe sie weiterspricht.

„Kaori hat angeboten, dass ich erst mal bei ihr wohnen kann. Ich kann ja schlecht alleine in der großen Villa leben. Ich … ich habe keine Ahnung vom Leben oder was man tut, wenn man alleine ist.“

Gott, die Arme. Sie tut mir unendlich leid. Trotzdem bin ich froh, dass sie nun eine Schwester wie Kaori hat, die für sie da ist.

„Möchtest du, dass ich mit dir nach Hause gehe und wir ein paar Sachen für dich einpacken?“, frage ich und Nanami nickt wieder. Sie schnieft noch ein letztes Mal und ich streiche ihr übers Haar.

„Danke, Mimi.“

„Nicht dafür. Komm.“
 

Wir fahren mit dem Bus zu Nanami nach Hause. Ich versuche, sie ein wenig abzulenken und erzähle ihr von Tai und dass er vergessen hat, wie er ihren Kater gerettet hat. Aber selbst das heitert Nanami nicht auf. Sie ist ganz in Gedanken versunken. Sie ist so ein tapferes Mädchen, aber natürlich kann sie die Sorge nicht verbergen, die sich in ihrem Gesicht widerspiegelt.

Wir packen eine kleine Tasche für Nanami und auch Cupcake nehmen wir mit. Der arme Kerl kann ja schlecht alleine bleiben. Fast schon wehmütig blickt Nanami sich in ihrem Zimmer um, welches sie nun erst mal hinter sich lässt. Vermutlich sieht sie etwas anderes darin als ich sehe. In meinen Augen war es all die Jahre ihr Käfig, ihr Gefängnis. In ihren Augen ist es einfach ihr zu Hause. Ihr Reich, welches sie nun verlassen muss. Wer weiß, ob sie es je zurückbekommt.

Wir nehmen denselben Bus zurück und fahren auf direkten Weg wieder zu Kaori.

„Weißt du, ob du deine Mutter besuchen kannst?“

„Ich habe keine Ahnung“, zuckt sie mit den Schultern, als wir vor Kaoris Wohnung stehen.

„Hey, sag mal, hast du Joe eigentlich schon kennengelernt?“

Sie schüttelt den Kopf. „Nein, ich denke auch nicht, dass er so bald vorbeikommen wird.“

So? Will er seine kleine Schwester denn gar nicht kennenlernen?

„Das liegt sicher an Jim“, fügt Nanami noch hinzu, während sie einen Code in ein Display an der Tür eingibt.

Überrascht schaue ich sie an. „Jim ist wieder da?“

Noch ehe ich die Frage zu Ende formuliert habe, höre ich von Drinnen zwei Stimmen, die sich anschreien. Nanami öffnet die Tür, augenblicklich werden die Stimmen lauter.

„Das kann nicht dein Ernst sein! Was hast du dir nur dabei gedacht?“ Das ist Jim und ja, er ist ganz offensichtlich wieder da.

„Was erwartest du von mir? Soll ich sie auf die Straße setzen und sich selbst überlassen? Sie ist auch deine Schwester“, schreit Kaori zurück. Ein lautes Knallen, als hätte jemand mit der Hand gegen eine Tür geschlagen. Wir zucken beide zusammen, während wir immer noch unschlüssig im Flur stehen und nicht wissen, ob vor oder zurück.

„Verdammt! Das interessiert mich einen feuchten Dreck. Wann kapierst du das endlich? Ich will nichts mit ihr zu tun haben.“

„Aber ich.“

Sie streiten wegen Nanami. Ich schaue zu ihr, sie zittert am ganzen Körper und ihre Augen werden feucht. „Das ist meine Schuld“, wispert sie.

„Nein“, sage ich nur und drücke ihre Hand. „Komm.“ Ich ziehe sie hinter mir her ins Wohnzimmer, aber Jim kriegt uns gar nicht mit. Stattdessen redet er weiter wie ein Irrer auf seine Frau ein. Sein Gesicht ist rot angelaufen vor Wut.

„Trotzdem kannst du sie nicht einfach hier beherbergen, wie einen normalen Gast. Ihre Mutter ist eine Straftäterin. Sie ist dran schuld, dass mein Vater im Gefängnis sitzt und jetzt willst du diesen Bastard bei uns aufnehmen, als würde sie zu unserer Familie gehören? Hast du völlig den Verstand verloren, Kaori? Was ist nur mit dir los?“

„Aber sie gehört zu unserer Familie, Jim. Hör endlich auf, das zu leugnen.“ Kaori hält sich den Bauch und ist sichtlich aufgewühlt. Ihre Augen wandern zu uns und auch sie hat gerade erst bemerkt, dass wir zurückgekommen sind. Jim folgt ihrem Blick und in Sekundenschnelle verändert sich sein Gesichtsausdruck. Kurz wirkt er überrascht, vor allem mich hier zu sehen, aber auch Nanami, die alles mit angehört hat.

„Du …“, zischt er, sieht dabei mich an. Ungehalten kommt er auf mich zu, doch ich weiche keinen Zentimeter zur Seite, sondern schiebe stattdessen Nanami ein Stück hinter mich.

„Du warst es. Gib es zu! Du hinterhältige, kleine Schlampe.“ Er spuckt mir die Wörter entgegen, als sei ich die Pest. Jim schäumt gerade so über vor Wut. Seine Nasenflügel beben und er hat sich kaum noch im Griff. Ich stehe immer noch kerzengerade, obwohl ich darauf warte, dass er mir gleich eine reinhaut. Aber er tut es nicht. Stattdessen ballt er nur die Hand zur Faust und dreht sich dann wieder zu Kaori.

„Wieso machst du mit diesem Miststück gemeinsame Sache? Ich kann nicht fassen, dass du dich mit ihr zusammenschließt und meine Familie verrätst. Du bist eine Kido!“

Kaori sieht ihren Mann unbeirrt an und ich verstehe nun, dass sie schon viel zu weit gegangen ist, um jetzt einen Rückzieher zu machen. Nein, das würde sie nicht tun. Sie hat endlich ihre Mutter wieder und sogar ihre Schwester. Das würde sie niemals mehr aufs Spiel setzen, auch nicht für Jim.

„Vielleicht will ich ja keine Kido mehr sein.“

Innerlich schnappe ich nach Luft. Plötzlich ist es im Raum still. So still, dass man eine Stecknadel fallen hören würde. Alle Blicke sind ungläubig auf Kaori gerichtet und ich kann selbst nicht fassen, was sie gerade gesagt hat.

Jim, der seine Frau fassungslos ansieht, durchbricht diese Stille mit einem Schnauben. „Was?“

„Du zwingst mich dazu.“

„Ich zwinge dich zu gar nichts.“

„Doch, das tust du. Du und deine Familie, die ganze Zeit.“

„Du hast es unterschrieben.“

„Hör endlich auf mit diesem verfickten Vertrag“, schreit Kaori ihn an. Jim reißt die Augen auf und selbst ich … ich habe Kaori noch nie „verfickt“ sagen hören. Ich wusste gar nicht, dass sie solche Wörter kennt.

„Du vergisst, dass mein Vater Anwalt ist. Ich verstehe nichts von Jura, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er diesen lächerlichen Ehevertrag für ungültig erklären kann.“

Jetzt fängt Jim an zu lachen. Laut. Und aus vollem Halse. Als würde er sich über sie lustig machen wollen. „Kaori, was denkst du dir? Das haben schon ganz andere Frauen versucht und du meinst, du bist die Erste, die aus dieser Nummer unbeschadet rauskommt? Ist dir denn dein Kind so egal?“

Kaori legt schützend ihre Hände auf ihren Bauch und funkelt Jim kampfeslustig an. Sie wirkt wie eine Löwin, die gerade ihr Junges verteidigt. „Lass unser Kind aus dem Spiel.“

Jim geht auf sie zu, kommt ihr ganz nah und sieht bedrohlich von oben auf sie herab. Wieso habe ich gerade ein Déjà-vu?

„Kann ich nicht, denn es ist auch mein Kind, das du da in dir trägst. Und solltest du es wirklich wagen, diesen Schritt zu gehen, wirst du es niemals zu Gesicht bekommen, sobald es auf der Welt ist. Dafür werde ich höchstpersönlich sorgen.“

Okay. Das reicht.

Ich gehe zu Kaori und stelle mich schützend vor sie. „Genug der netten Worte, findest du nicht, Jim? Was willst du deiner Frau noch alles antun?“

„Misch dich da nicht ein. Seit du in unsere Familie gekommen bist, hast du nichts als Ärger gemacht.“ Sein Blick ist erbarmungslos auf mich gerichtet, doch ich werde nicht zurückweichen. Nicht vor ihm. Nicht vor einem Kido. Nie wieder!

„Ich habe lediglich die Verbrechen aufgeklärt, die dein Vater begangen hat. Und ich bin noch nicht fertig damit.“ Denn ich bin immer noch überzeugt davon, dass Tais Unfall kein Versehen war. Jemand wollte ihn umbringen und es gibt nur eine Person, die genügend Gründe dafür gehabt hätte.

Plötzlich schleicht sich ein diabolisches Grinsen auf seine Lippen. „Dachte ich mir doch, dass du das alles warst. Kaoris Vater hat meinen zwar angezeigt und die Beweise der Polizei übergeben, aber er hätte keinen Grund gehabt, Nachforschungen über ihn anzustellen. Kaori genauso wenig. Die hattest nur du, du kleines Miststück.“

Ich zische verächtlich und lache trocken auf. „Nenn mich von mir aus so oft Miststück oder Schlampe wie du willst, das ist mir egal. Es ändert leider rein gar nichts daran, dass dein Vater ein Verbrecher ist und für den Rest seines Lebens hinter Gittern sitzen wird.“ Das Grinsen, dass ich hinterherschiebe, facht ihn nur noch weiter an und lässt ihn fuchsteufelswild werden. Eine Ader an seinem Hals pulsiert gefährlich, während er die Hand gegen mich erhebt. „Du …“

Ich kneife schon die Augen zusammen und erwarte den Schlag in mein Gesicht, doch Kaori schiebt mich zur Seite. Jims Hand erstarrt in der Luft, als er ihren bohrenden Blick auf sich spürt.

„Du wirst Mimi kein Haar krümmen, oder du bist der Nächste, der von der Polizei abgeführt wird.“

Seine Augen verengen sich zu zwei schmalen Schlitzen und er presst die Lippen aufeinander, ehe er die Hand sinken lässt. Empört sieht er sie an.

„Das soll’s also gewesen sein, Kaori? Das Ende unserer Ehe? Du stehst hinter ihr und nicht hinter mir?“

„Ich stehe zu Nanami und zu meiner Mutter. Du bist derjenige, der entschieden hat, nicht hinter mir zu stehen, wie ein Ehemann es für seine Frau tun sollte. Du weißt, ich empfinde immer noch etwas für dich, egal, was passiert ist. Aber wenn du mein Kind oder Nanami bedrohst, dann ja … dann ist es das Ende unserer Ehe. Und dann sei dir sicher, dass du es warst, der den ersten Stein geworfen hat. Denn ich werde nie mehr zulassen, dass mir auch nur noch ein Mensch genommen wird, der mir etwas bedeutet. Auch nicht von dir, Jim.“

Kurz sehe ich in seinem Gesicht den Anflug einer Emotion. Als würde ihn das tatsächlich treffen, was sie gesagt hat. Aber er hat sich schnell wieder im Griff. Dafür ist er viel zu sehr ein echter Kido. Ganz der Vater.

„Wie du meinst“, presst er hinter zusammengebissenen Zähnen hervor. „Dann beherberge von mir aus dieses Bastardkind. Verbrüdere dich mit dieser Betrügerin oder heule dich bei meinem Bruder aus, ist mir egal.“ Er dreht sich um und rauscht an Nanami vorbei, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. „Ich bin hier fertig.“ Die Tür fällt mit einem lauten Knall ins Schloss und wir zucken alle drei zusammen, bis wir endlich aufatmen können.
 

Tai
 

Wo bleibt sie nur? Ungeduldig sehe ich auf die Uhr und jedes Mal, wenn jemand anklopft, denke ich, Mimi kommt rein, aber es sind immer nur die Schwestern.

Hat sie mich vergessen? Nein, sicher nicht. Ob ihr was zugestoßen ist? Warum meldet sie sich nicht?

Es ist schon später Nachmittag und ich hatte Mimi viel früher erwartet. Vor zwei Stunden hat sie geschrieben, dass sie gleich da ist, aber wo steckt sie dann? Ich spüre, wie ich innerlich unruhig werde und beginne mit dem Zeigefinger auf der Matratze zu trommeln. Stutzig sehe ich hinab auf meine Hand. Dann grinse ich. Das konnte ich bis eben noch nicht, diese Bewegung. Aber Mimi bringt mich einfach dazu, Dinge zu tun, die ich eigentlich noch gar nicht können sollte. Sie ist meine Motivation und ich schwöre, wenn sie nicht gleich hier auftaucht, schwinge ich meinen Hintern aus dem Bett und suche sie, und wenn’s im Rollstuhl ist.

In diesem Augenblick öffnet sich die Tür und Mimi kommt herein. Sofort erhellt sich mein Gesicht.

„Da bist du ja“, sage ich, aber mein Lächeln erstirbt gleich wieder. „Du siehst traurig aus.“

„Tut mir leid“, entgegnet Mimi und stellt mit einem äußerst geknickten Gesichtsausdruck die mitgebrachte Suppe auf meinem Beistelltisch ab.

Mitfühlend sehe ich sie an. „Was denn? Dass du traurig bist? Dafür musst du dich nicht entschuldigen.“

Sie schüttelt den Kopf. „Nein, ich bin nicht traurig. Eher frustriert.“

„Auch dafür musst du dich nicht entschuldigen. Hmm, das riecht gut.“ Ich rümpfe die Nase und rieche jede einzelne Zutat dieser köstlichen Suppe heraus, auf die ich mich schon den ganzen Tag gefreut habe.

„Hast du Hunger?“, fragt Mimi mit einem Lächeln, während sie weiter die Suppe auspackt.

„Ich habe immer Hunger.“

„Ja, so kenne ich dich. Möchtest du alleine essen?“

„Ich denke, das kann ich.“

Ich richte mich ein wenig auf und Mimi schiebt mir den Tisch näher ans Bett ran. Ich hebe den Arm und greife nach dem Besteck. Mit Stäbchen essen kann ich leider noch nicht. Es kostet mich immer noch einige Anstrengung, vor allem das Essen zu meinem Mund zu führen. Aber es geht. Mimi setzt sich auf die Bettkante und sieht mir begeistert dabei zu, wie ich esse, als würde ich gerade ein Wunder vollbringen.

Ihre Augen leuchten förmlich, als ich den letzten Rest Suppe weggeschlürft habe.

„Bravo“, sagt sie und ich komme mir vor wie ein Zauberkünstler. Trotzdem lächle ich zufrieden.

„Das ist mit Abstand die beste Suppe der Welt. Das kannst du Davis sagen. Einfach super köstlich.“ Ich lecke mir über die Lippen, die immer noch nach Dashi schmecken, während Mimi grinst. „Richte ich gerne aus.“

Ich schiebe den Tisch wieder etwas von mir und lehne mich zurück. „Also, was ist heute passiert? Wo warst du so lange?“

Mimi stößt die Luft aus und fährt sich mit den Fingern durchs Haar. Sie sieht wirklich ganz schön mitgenommen aus.

„Misaki und Ayaka wurden verhaftet.“

Nachdenklich ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe. „Sollte ich wissen, wer das ist?“

Mimi zuckt mit den Schultern. „Eigentlich schon“, sagt sie. „Misaki ist die Mutter von Kaori und Ayaka ist …“

Plötzlich verstummt sie und sieht mich beinahe hilfesuchend an. Ich sehe ihr an, dass sie gerade keine Ahnung hat, wie sie mir das erklären soll.

„Egal. Jedenfalls hat mich das heute sehr aufgewühlt“, meint sie dann jedoch nur kopfschüttelnd und sieht traurig zu Boden.

In mir regt sich etwas. Schon wieder. Ich mag es nicht, sie so zu sehen. Alles in mir schreit danach, sie in den Arm zu nehmen und zu trösten. Ich will für sie da sein, sie beschützen und auffangen. Ich will, dass sie mir vertraut. Ich will ihr Licht in der Dunkelheit sein. Der einzige Mensch, der in ihren Kopf und in ihr Herz blicken darf.

Und diesmal gebe ich dem Drang nach.

„Komm her, Mimi.“ Ich strecke die Arme nach ihr aus und deute ihr an, dass es völlig okay ist. Erst ist sie ein wenig unsicher, doch dann zieht sie ihre Schuhe aus, nimmt die Beine aufs Bett und rutscht doch noch zu mir rüber, um sich in meine Arme zu legen.

Ich halte sie, so gut es mein Körper zulässt und ein wohliges Gefühl macht sich in mir breit. Es weitet sich direkt in meinem Herzen aus und flutet von dort aus jede Vene, jeden Muskel, jede Pore.

Mimi in meinen Armen zu halten fühlt sich so natürlich wie Atmen an. Ich spüre diese Verbundenheit, die mit jedem Traum von ihr wächst. Als würde sich etwas zurück an die Oberfläche kämpfen wollen, was lange geschlafen hat.

„Erzählst du mir heute wieder von uns?“

Mimis Kopf ruht auf meiner Brust, genauso wie ihre Hand. Ich kann den Duft ihrer Haare riechen – süße Orangen und Zedernholz. So betörend.

„Soll ich?“, fragt sie und ich lache auf.

„Ich bitte darum.“ Als hätte ich nicht den ganzen Tag genau darauf gewartet. „Was ist passiert, nachdem Haruiko dich angegriffen hat und du dich nicht von Joe trennen konntest?“

Joe. Ich habe ihn heute nicht gesehen. Keine Ahnung, ob er frei hatte oder zu beschäftigt war, aber er kommt generell nur zu mir, wenn irgendwelche Untersuchungen anstehen. Er kommt nie, um mich einfach nur zu besuchen, wie Freunde es für gewöhnlich machen. Und ich habe die Vermutung, dass ich heute erfahre, warum das so ist.

„Also“, beginnt Mimi zu erzählen und ich höre ihr aufmerksam zu. „Joe hat die Polizei gerufen, aber ich konnte denen ja schlecht erzählen, was passiert ist und Joe auch nicht. Haruiko hat meine Eltern bedroht. Ich war mir sicher, dass es das jetzt war. Dass wir nie zusammen sein können und ich Joe einfach heiraten muss. Aber du hast mir versichert, dass du eine Lösung finden wirst. Du wolltest wissen, ob Haruiko irgendwelche Leichen im Keller hat und hast Nachforschungen angestellt, als wir wieder zurück in Tokyo waren. In der Zwischenzeit stellte sich heraus, dass Joe wohl Gefühle für mich entwickelt hatte.“

Jesus, Maria – ich ahne schlimmes. Oh nein, das klingt gar nicht gut.

„Du hast gesehen, wie er mich geküsst hat.“

Als sie die Worte ausspricht, regt sich wieder etwas in mir, aber diesmal ist es nichts Gutes. Es ist eklig und hässlich und besitzergreifend.

„Du warst sehr eifersüchtig“, erklärt mir Mimi und ja. Das kommt dem Gefühl, welches ich gerade empfinde, am nächsten.

„Ich bin zu dir gegangen, habe dir erklärt, dass da nichts ist und ich nur dich will und dann haben wir das erste Mal … haben wir …“

Was ist? Warum redet sie nicht weiter? Ich schaue nach unten auf ihr hübsches Gesicht und sehe, dass ihre Wangen sich rot verfärbt haben. Sie glühen förmlich.

„Aah, verstehe“, grinse ich. „Wir hatten Sex.“

„Oh man, Tai.“ Sie schlägt mich gegen den Oberarm und ich lache. Allein die Vorstellung davon, Mimi nackt in meinem Bett zu haben und mit ihr tun zu können, was ich will …

Nur ein Idiot würde das vergessen.

Fick dich, Amnesie!

„Okay. Nun verstehe ich, dass Joe nicht gut auf mich zu sprechen ist. Verdammt. Hat er es rausgefunden?“

Mimi schüttelt ihren Kopf und schmiegt sich dann wieder an meine Brust.

„Zuerst nicht. Wir waren ziemlich gut im Verstecken unserer Gefühle, selbst Frau Kido war besänftigt. Auch Joe hat uns vertraut und uns oft zu zweit allein gelassen. Er hat mich sogar mit zu deinem Fußball-Camp fahren lassen.“

Umso schlimmer, dass wir dieses Vertrauen wissentlich missbraucht haben. Ernsthaft Tai, was für ein Arsch bist du? Betrügst deinen Freund für … für wen? Die Frau deines Lebens? Denn nichts geringeres muss sie sein, wenn ich für Mimi bereit war, so weit zu gehen.

„Wir hatten eine schöne Zeit im Camp und waren uns sehr nahe.“ Mimi beginnt mit dem Zeigefinger Kreise auf meine Brust zu malen. Sie wirkt ganz verträumt. Selbst das finde ich irgendwie anziehend.

„Du hast mich mit zum Wandern genommen und mir einen Wasserfall gezeigt.“

„Moment“, unterbreche ich sie und werde hellhörig. „Einen Wasserfall? Davon habe ich geträumt. Was hat es damit auf sich? Ist da was komisches passiert?“

Ich meine die Frage ganz ernst, denn es interessiert mich brennend. Aber Mimi hebt nur den Kopf und sieht mich fragend an, ehe sich wieder dieses leichte rosa auf ihre Wangen schleicht.

„Nein, was komisches ist da nicht passiert. Nur, dass wir …“ Bei mir macht es Klick.

„Echt jetzt? Wir hatten dort auch Sex? Man, wir sind ja wie zwei wilde Tiere, die permanent übereinander herfallen. Jetzt verstehe ich auch, warum du mich so überfallen hast, als ich wach wurde. Du kannst einfach nicht die Finger von mir lassen.“

Mimi klappt der Mund auf und wenn sie eben noch rosa war, dann läuft sie gerade feuerrot an. Süß. Meine Lippen verziehen sich zu einem breiten Grinsen, weil ich es witzig finde, sie so in Verlegenheit bringen zu können.

„Du bist echt unmöglich, Tai. Und nur fürs Protokoll: du warst derjenige, der mich in der Küche der Kidos verführt hat, der mich im Auto fast auf die Rückbank gezogen hat und du warst auch derjenige, der sich beim Wasserfall nackt ausgezogen hat.“ Sie plustert sich richtig auf, wie ein Hamster, woraufhin ich echt lachen muss.

„Und wenn ich nackt bin, kannst du mir eben nicht widerstehen, schon klar. Aber welches Auto meinst du? Daran kann ich mich auch nicht erinnern.“

Irgendwie erwarte ich gleich die nächste schlüpfrige Geschichte, aber plötzlich wird ihr Gesicht ernst. Zu ernst.

„Wir haben in deinem Auto das Haus von Nanami beobachtet“, sagt sie und ich sehe sie nur verwirrt an.

„Wer ist Nanami?“

Mimi pustet angestrengt die Luft aus und seufzt. „Jetzt kommen wir wohl zum unangenehmen Teil der Geschichte.“ Sie kuschelt sich wieder an mich und ich schließe sie in meine Arme, als wäre es ganz normal. Ich weiß nicht, ob es an den Geschichten liegt, die sie mir von uns erzählt hat, aber ich fühle mich ihr irgendwie verbunden. Es fühlt sich einfach gut an, sie hier zu haben. Bei mir.

„Ich hatte dir ja erzählt, dass du nach dem Vorfall in New York felsenfest davon überzeugt warst, irgendetwas gegen Haruiko zu finden. Und du hast es gefunden.“

Gespannt halte ich die Luft an.

„Es war Tanabata und du hast auf dem Fest zufällig Ayaka Yano getroffen. Du hattest dich kurz zuvor mit ihr verabredet, sie war früher Dienstmädchen im Hause Kido, bis sie vor 17 Jahren gekündigt hat“, sagt Mimi, aber bei mir klingelt immer noch nichts. Keine Erinnerung, kein Flash Back oder so. Gar nichts.

„Sie war mit ihrer Tochter auf dem Fest. Du hast sie eine Weile verfolgt, aber Ayaka hat dich erkannt und ist quasi vor dir geflüchtet. Allerdings hat Nanami ein Taschentuch fallen lassen und mit Hilfe dessen konnten wir einen Gentest durchführen. Nanami sieht Joe einfach so ähnlich, das konnte kein Zufall sein. Und du lagst mit deiner Vermutung richtig. Nanami ist die Schwester von Joe und das uneheliche Kind von Dr. Haruiko Kido.“

Scheiße, tritt mich doch ein Pferd. Was, zum Teufel, erzählt Mimi mir da? Ein geheimes Kind?

„Und keiner weiß von dieser Nanami?“, frage ich.

„Oh, doch, inzwischen schon“, lacht Mimi nun auf. „Alle wissen von ihr und das ist auch der Grund, warum Haruiko verhaftet wurde. Er hatte eine Affäre mit Misaki, der Mutter von Kaori und …“

„Oh mein Gott“, unterbreche ich sie. Das ist doch wie ein schlechter Krimi. „Willst du mir gerade sagen, dass Joe, Jim und Kaori eine gemeinsame Schwester haben? Wie krank ist das denn?“

Aber Mimi nickt trotzdem. „Ja, so ist es. Haruiko hat Nanami von Ayaka großziehen lassen. Er hat sie versteckt, sie durfte auf keine normale Schule gehen und niemand kennt sie wirklich. Du hast das Ganze aufgedeckt und deshalb …“ Mimi stockt, sucht nach den richtigen Worten.

„Was ist denn?“, frage ich unsicher. Ich streiche ihr mit der Hand übers Haar, aber sie seufzt nur. Sie hebt ihren Kopf und sieht mich eindringlich an. „Deshalb hattest du auch diesen Unfall.“

Ich begreife es immer noch nicht ganz, was sie mir damit sagen will, verstehe die Zusammenhänge nicht. Ich habe keine Erinnerung an den Unfall, daher …

„Warte, warte.“ Irgendwas regt sich in meinem Unterbewusstsein. Ich spüre es ganz deutlich.

Der Sturz.

Das Geräusch des reißenden Seils.

Der Fall ins Leere.

Der Aufprall.

Mein letzter Gedanke – Mimi.

„Tai? Tai …“

Ich sehe in Mimis panische Augen, spüre, dass meine Hände zu zittern beginnen. Meine Atmung geht viel zu schnell und die Hitze steigt mir zu Kopf.

„Oh Gott, es tut mir leid, Tai“, fährt Mimi erschrocken hoch und hält meine Hände fest, die unaufhörlich zittern. „Ich hätte dir das nicht erzählen sollen. Es war zu viel für dich, es tut mir leid.“

Doch ich kneife die Augen zusammen und schüttle nur den Kopf. Ich will es so. Ich will das alles wissen und ich spüre mit jedem Wort von ihr, dass ich der Wahrheit näherkomme – auch wenn sie verdammt weh tut.

„Ist schon gut“, presse ich stöhnend hervor und lasse mich zurück in mein Kissen sinken. Meine Hand umgreift die von Mimi und ich drücke sie mit der letzten Kraft, die ich aufbringen kann. „Ich bin froh, dass du mir alles erzählst.“

„Wir sollten Schluss machen für heute“, höre ich Mimi noch sagen, während mir schon die Augen zufallen.

„Ja“, hauche ich. „Ich bin müde. Bitte bleib bei mir.“

„In Ordnung“, flüstert Mimi und streicht mir sanft über die Wange. Ich merke, wie ich wegdrifte und mich der Schlaf einnimmt, ehe die nächste Erinnerung, der nächste Traum, mich überwältigt …
 

Diesmal ist das Bild ganz klar. Nicht verschwommen, nicht verworren, ich weiß genau, wo ich mich befinde. Ich stehe auf dem Fenstersims eines Hauses, unter mir die Tiefe. Ich weiß, was zu tun ist, das ist mein Job. Ich mache alles, wie es im Drehbuch steht, hake mich an einem Seil ein und hole Schwung. Dann springe ich, fliege quasi durch die Luft. Jemand ruft meinen Namen, ich drehe mich um. Wer ist der Kerl? Ach ja. Ein neuer Kollege?

„Schöne Grüße von Haruiko.“

Meine Augen weiten sich vor Schreck. Haruiko, dieser Mistkerl. Ich höre, wie das Seil reißt. Fuck, es wurde manipuliert. Ich denke an alles, was ich gelernt habe und weiß, ich komme nicht unbeschadet davon. Ich weiß, ich werde es vielleicht nicht überleben. Und dann denke ich an Mimi. Wie sehr ich sie liebe. Und dass ich sie retten will. Dann wird es dunkel.
 

Ich reiße meine Augen auf, spüre meinen Puls, wie er rast, wie mir der Schweiß über die Stirn läuft. Ich greife mir an die Brust, die sich so schnell hebt und senkt, als wäre ich einen Marathon gelaufen.

„Tai, was ist? Was hast du?“

Ich drehe den Kopf und erkenne in der Dunkelheit Mimi, die neben mir sitzt und vom Schein der Nachttischlampe angestrahlt wird. Sie sieht panisch aus.

„Es … es geht schon“, keuche ich, fahre mir mit der Hand übers Gesicht, um wieder klar zu kommen. „Nur ein Traum. Alles gut.“

„Wirklich?“, fragt sie besorgt. „Ich kann einen Arzt rufen, wenn du willst.“

„Nein, es geht schon“, sage ich und lege mich zurück ins Kissen. Mimi greift meine Hand und hält sie ganz fest. „Versuch einfach weiter zu schlafen. Ich bin hier.“

Ich nicke und schließe die Augen.

Fuck.

Ich weiß es wieder.

Und zwar alles.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Awww... Tai erinnert sich wieder *-* Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Hallostern2014
2024-04-19T20:53:35+00:00 19.04.2024 22:53
hallo ihr Lieben, endlich kann ich weiter kommentieren. Leider kam am letzten Wochenende und die Woche was dazwischen. Aber jetzt habe endlich Zeit 😍😍😍😍

Ich kann Mimi verstehen das sie schlecht geschlafen hat. Und auch das Tai nicht schlafen konnte Mimi die es durch die Erzählung wieder erleben musste und Tai der das Erzählte verarbeiten musste. Mimi hat ja gemerkt wie Tai war und sie machte sie natürlich deswegen auch sorgen um ihn.
Aber anscheinend hat es etwas gebracht, Tai fragt jetzt sogar ob sie kommt. Man konnte Mimis Freude darüber richtig spüren und ich musste auch grinsen.

Sally ist einfach so eine tolle Freundin und sie scheint wirklich richtige Interesse an Davis zu haben ich bin gespannt wie es mit den beiden weiter geht, sie hat es verdient einen tollen Freund zu haben.

Na, wie die Presse wohl von dem Grund der Verhaftung des Teufels erfahren hat. Aber es sind ja nur paar Sachen die richtig Schlimmen haben sie leider nicht erfahren, zu schade. Er hat alles verdient, es soll ruhig alle wissen was für ein Teufel manche angehimmelt haben. Und er denkt bestimmt wenn er untergeht dann will er alle mit nehmen, aber warum er Misaki mit rein zieht verstehe ich überhaupt nicht. Sie kann ja am wenigsten dafür sie dachte ihr Baby wäre tot. Bei Ayaka war es ja klar, ich hoffe aber dennoch das sie mit einer geringe Strafe davon kommt. Ohne sie würde es wohl Nanami nicht geben. Scheiß Teufel.

Arme Nanami, sie muss gerade so viel durchmachen. Mimi wird eine tolle Freundin für Nanami, sie tut alles dafür das sie etwas sicherheit bekommt und jemanden zum reden hat. Ich glaube ihr fällt es jetzt gerade noch schwer sich Kaori anzuvertrauen, was natürlich klar und verständlich ist. Ich will mir auch nicht vorstellen was mit Nanami passiert wäre wenn wirklich auch mit genommen wurde. Das hätte sie bestimmt noch mehr zerstört. Nanami sollte sich aber nicht die Schuld für alles geben, denn sie kann gar nichts dafür, das war alles die Schuld des Teufels. Und ich bin mir auch sicher das Kaoris Vater dafür sorgen wird das Misaki wieder raus kommt und sie ihr Mutter sehen darf. Und natürlich, dass der Teufel, für alles bestraft wird. Kaori wird auch eine tolle Schwester und sie wird Nanami schon zeigen das sie nicht alleine ist, dass sie ihr bei allen Fragen helfen wird.

Ich glaube nicht das es an Jim liegt, dass Joe noch keinen Kontakt zu Nanami gesucht hat, ich denke es liegt daran das Joe mit der Situation noch nicht umgehen kann. Aber das Jim wieder zurück ist, oje Teufel 2. Der lässt sich bestimmt es alles nicht so stehen und versucht ales seinen Vater wieder frei zu bekommen. Wie der auch mit Kaori umgeht, da merkt man immer mehr was er alles von seinem Vater geerbt hat. Alleine wie er über Nanami spricht, einfach Herzlos. Und ob Herzloses Teufel will oder nicht Nanami gehört zu Kaori und ihn, auch wenn es nur das Blut ist was sie verbinden aber er sollte aufhören andere die schuld zu geben, er weiß ganz genau wer wirklich am allem Schuld ist und das ist nicht Nanami. Und jetzt lässt er alles an Mimi aus, Mimi hat nur das getan was getan werden musste und hat so vele Leben damit gerettet. Ich bin so stolz auf Kaori, sie zeigt endlich Jim das sie sich nicht mehr unterbuttern lässt. das sie nicht mehr den Mund hält nur weil es ihn gerade passt. Und vielleicht wäre es sogar gut für ihr wenn sie kein Kido mehr ist. ich musste so lachen, sie hat wohl ihr Mut wieder gefunden 🤣. Das dumme Gesicht von Jim konnte ich mir so fut vorstellen 🤣. Und Ihr vater wird ihr helfen das Jim ihr nie zu nah treten kann und wird auch dafür Sorgen das auch das Baby vor ihm sicher ist. Aber gut das Mimi dennoch dazwischen gegangen ist. Und Jim wird wieder gleich auf 180 weil sein armer Teufel eingesperrt ist. Ich finde er gehört auch eingesperrt, sein Verhalten ist nicht Gesund er sollte sich mal untersuchen lassen und Hilfe suchen. Auch gut von Kaori, sie hat mit allem was sie zu Jim sagt recht, er ist schuld am scheitern der Ehe nicht sie. Zum Glück haben die wohl erstmal ruhe vor dem.

wie süß ist Tai den bitte, er vermisst MImi aber ganz schön, wie ein kleiner Junge ist er gerade der darauf wartet seine Geschenke auszupacken. Und dann kommt sie endlich und natürlich sieht er das etwas mit Mimi nicht stimmt. Tai macht so schnelle Fortschritte, einfach toll 😍. Ich finde es gut das Tai Mimi nochmal nachfragt was los war. Mimi möchte es ihn auch gerne alles sagen aber er weiß ja nicht wer die Personen sind. Endlich nimmt Tai sie in den Arm beide haben es bestimmt auch gebraucht sich so nah zu sein. Ich finde es gut das Tai noch mehr von ihrer Vergangenheit erfahren möchte. Und wenn Tai nun alles weitere erfährt dann weiß er warum Joe so drauf ist. Süß das er alleine von der Erzählung wieder eiversüchtig wird. Ich liebe es wie Tai es schafft Mimi in Verlegenheit zu bringen. Ja, Mimi ist die Liebe seines Lebens, deswegen hat er auc so gehandelt. 🤣🤣🤣🤣🤣🤣 schade das er nicht geträumt hat was es mit dem Wasserfall aufsicht hatte, nun musste er MImi wieder in Verlegenheit bringen und ja beide konnten nicht die Finger von einander lassen 🤣🤣.

Und jetzt wird es leider ernst. Und wird nicht einfach für MImi gerade zum Ende hin. Ja, Tai hat recht es ist ein Krimi und er hat alles mit Hilfe von den anderen heraus gefunden. Und weil der Teufel in als Gefahr gesehen hat liegt er jetzt im Krankenhaus, weiß nicht von seiner Vergangenheit mit Mimi und wäre fast gestorben. Und jetzt kommt alles zurück, ich habe so Gänsehaut man merkte richtig wie die Stimmung gekippt ist und wie es in Tai gearbeitet hat, MImis Panik. Deswegen ist es genau richtig das beide Schluss machen und MImi bei Tai bleibt.

Das Tai nun sein Sturz wieder im Traum erleben musste ist so schrecklich, aber jetzt hat er zumindest sein Gedächtnis wieder, zum glück auch wenn es schmerzhaft war.

so wie es weiter geht werde ich gleich sehen. ich bin gespannt 😍
Von:  Tasha88
2024-03-30T15:43:32+00:00 30.03.2024 16:43
oh, es ist echt spannend. da habt ihr einen super Thriller geschaffen :)
und Tai erinnert sich *-*
aber ... fuck. das sagt nichts gutes am ende.
wie viele kaps werden es noch? bis bald ^^
Antwort von:  Ukiyo1
31.03.2024 09:20
Jaa oder?

War gar nicht als solches geplant, aber wie das eben so ist im Leben eines Schreibers :D

Jajajaaaaa *-* alles andere wäre doch auch gemein gewesen und wir waren ja oft gemein.

Es werden 60 Kapitel plus Epilog.

Also nicht mehr so viel :(


Zurück