Zum Inhalt der Seite

Inu no Game

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

"Freiheit!" Die eine Hand zur Faust in den Himmel gereckt, legten Honda und ich die Zweite auf die Schulter des jeweils anderen und grinsten breit.
 

Endlich war das Schuljahr zu Ende. Die letzten Wochen, in denen ich stumm vor mich hin gebetet hatte, waren geschafft. Der Schulabschluss war in der Tasche - wie auch immer ich das geschafft hatte. Der Lehrer und ich hatten beide ein ungläubiges Gesicht gemacht, als er mir das Zeugnis ausgehändigt hatte. "Mach' was draus, Jonouchi", hatte er gebrummt. Mit einem heftigen Kopfnicken hatte ich ihm ins Gesicht geschaut. Keine Ahnung warum, aber in dem Moment hätte ich heulen können. Hauptsächlich war es wohl Freude, aber auch ein wenig Trauer. Dass jetzt alles vorbei sein sollte, kam mir noch wie ein Traum vor.
 

"Und was hast du jetzt vor, Kazuha?", Yugis großen Augen strahlten mich an. Ohne meinen besten Kumpel, der mich durch die Matheprüfung geprügelt hatte, wäre ich definitiv am Arsch gewesen.
 

"Na was wohl", wuselte mir Honda durch meine blonde Mähne. Nicht, dass es bei meinen Haaren noch einen wirklichen Unterschied machte. Trotzdem boxte ich den Braunhaarigen in die Seite. Alte Gewohnheit. Ein wenig nostalgisch durfte man an diesem Tag ja wohl sein!

"Wir werden heute ordentlich feiern!" Honda grinste breit. Seine Augenbrauen begannen sich nach oben zu ziehen. "Die Bar in der 42. hat heute saftige Rabatte. Wenn das nicht nach Karaoke schreit!"

Yugi und Anzu lächelten zustimmend. Nur ich schüttelte verschwörerisch den Kopf. "Leute, ich muss passen."

"Was?!" Honda sah mich mit großen Augen an. "Seit wann verpasst du Yugis Auftritt von >Stand by me<?!"

"Müsst ihr mich immer daran erinnern?!", auf Kommando lief der König der Spiele rot an. "Ich hab' euch schon gesagt, dass ich nichts von dem Alkohol im Punsch wusste."

"Na klar", entgegneten Honda und ich im Chor, bevor ich wieder zum Eigentlichen zurückkehrte.

"Ich will mir diese Show wirklich nicht entgehen lassen, aber ich habe heute Spätschicht im Night Club und der Boss hat letzte Woche schon rumgezickt, weil ich wegen Englisch abgesagt hatte." Würde ich mir noch so eine Nummer leisten, wäre ich meinen neuen Aushilfsjob definitiv wieder los.
 

"Da kann man nichts machen", Yugi wirkte traurig. Aber er wusste, dass ich den Job brauchte. Er war sowas wie mein Sprungbrett. Der Traum als Profiduellant durch die Welt zu reisen, war nicht ohne das nötige Kleingeld zu realisieren. Außerdem brauchte ich so schnell wie möglich eine eigene Bude. Ich wusste nicht, wie lange ich es noch mit meinem Vater unter einem Dach aushalten konnte.
 

"Dann ein anderes Mal", sagte schließlich auch Honda.

"Nein, Leute", ich legte einen Arm um Yugi, mit dem anderen zog ich Anzu und Honda näher an mich heran, "lasst euch von mir den Spaß nicht verderben. Bakura und Otogi wollten doch auch noch dazustoßen. Beim nächsten Mal geb' ich einfach einen aus. Versprochen."

"Du meinst, wie beim letzten Mal?", neckte Anzu, "als wir im Big Burgers waren und du dein Portemonnaie >vergessen hattest<?"

Ich grinste nur breit und setzte meinen unschuldigsten Blick auf.
 

Das würde ich wohl am meisten vermissen: die täglichen Sticheleien mit meinen Freunden. Jeden Tag miteinander abhängen zu können. Das Erwachsenenleben kotzte mich jetzt schon an! Vernünftig werden, Entscheidungen treffen, Kompromisse eingehen - das war alles nicht mein Ding und würde es auch nie werden. Deshalb hatte ich mich wohl auch für das Leben als DuelMonsters Spieler entschieden.
 

Ein letztes Mal trottete unsere kleine Gruppe durch den Flur der Domino City Oberschule. Wir holten unsere Sachen aus den Spinden und zogen uns die Straßenschuhe an.
 

"Was hast du denn da in dem Beutel?" Anzu hatte sich zu mir gebeugt. Die Hände in die Hüften gestemmt, sah sie auf meinen braunen Stoffbeutel herunter.

"Das", verkündete ich stolz und hob den Beutel in die Höhe, "ist ein Geschenk für meinen Neffen. Hab ich selbst gemacht."

"Deinen Neffen?", riefen meine drei Freunde geschockt. Honda hatte es gleich die Farbe aus dem Gesicht genommen. Ich kapierte erst gar nicht, was los war.

"Was habt ihr denn? Meine Großtante hat im Winter einen kleinen Jungen zur Welt gebracht. Und da ich ihn am Wochenende das erste Mal sehe, ist es doch nur logisch, dass ich ihm was mitbringe."

"Alter", schrie mich Honda an, die Augen weit aufgerissen. "Das ist doch nicht dein Neffe! Weißt du, was du uns für einen Schrecken eingejagt hast?!"

"Sorry", entgegnete ich, obwohl mir noch immer nicht ganz klar war, warum ich mich überhaupt entschuldigte. Versöhnlich öffnete ich den Stoffbeutel und präsentierte mein künstlerisches Meisterwerk. Gleichzeitig schauten meine Freunde hinein.

"Was….ist das, Kazuha?", fragte Anzu als Erste, und auch Yugi kratzte sich ratlos an den Kopf.

"Na, sieht man das nicht?"

Keiner antwortete. Also steckte ich eine Hand in den Beutel. "Holzklötze…was sonst." Freudestrahlend präsentierte ich ihnen eines meiner selbst geschnitzten Förmchen. Hatte mich mehrere Nächte meines Lebens gekostet - inklusive unzähliger Schwielen und Pflaster.

"Werken war in der Grundschule auch nicht deine Stärke, was?" Honda entriss mir das Förmchen.

"Hauptsache, es kommt von Herzen", erwiderte Yugi. Und auch Anzu hatte nur ein verzweifeltes Lächeln auf den Lippen.

"Ich weiß gar nicht, was ihr alle habt", schmollte ich. "Damit lässt sich doch super was bauen."

"Vielleicht der schiefen Turm von Pisa", Honda legte den Arm um meinen Hals.

"Willst du Stress, Alter", ich ballte die Hände zur Faust, als mir der Braunhaarige einen Schmatzer auf die Stirn drückte. Diese ungewohnte Geste brachte mich kurzerhand aus dem Konzept.

"Ich zieh' dich doch nur auf, Jonouchi. Wer weiß, wann ich das nächste Mal die Gelegenheit dazu bekomme."

"Honda-kun", flüsterte ich. Langsam kroch Sentimentalität in mir hoch.

"Wisst ihr was, Leute", Yugis Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Er lächelte. "Egal, was die Zukunft bringt. Einmal im Jahr treffen wir uns hier vor dem Schultor und unternehmen was zusammen. Einverstanden?"

"Einverstanden", sagte jeder der Reihe nach.
 

Das Versprechen verdrängte die negativen Gefühle in mir. Ich war guter Dinge, was die Zukunft betraf und freute mich, was die nächste Zeit für mich bereithalten würde.
 

"Glückwunsch zum Abschluss." Suzuki-senpai klopfte mir auf die Schulter. Als Barkeeperin des Night Clubs hatte sie nicht nur für ihre Gäste ein offenes Ohr. So manches Mal hatte mir Suzuki-senpai schon aus der Patsche geholfen. Mein Talent, mich und andere in Chaos versinken zu lassen, hätte mir schon einige Male den Kopf gekostet. Aber Suzuki-senpai hatte alles gerade biegen können. Ich war ihr unendlich dankbar, dass sie bei unserem Chef ein gutes Wort für mich eingelegt hatte. Im Gegenzug hatte ich Besserung geschworen. Und siehe da: langsam schaffte ich es, eine halbwegs passable Kellnerin abzugeben.
 

"Darauf müssen wir noch anstoßen." Sie zwinkerte mir zu, während ich mit einem Fingerwink zum nächsten Tisch tänzelte.

Ich war heute in Topform. Niemand konnte mich aufhalten. Niemand mir die Laune verderben…Zumindest bis zum Feierabend. Die Nachricht meines Vaters, ich sollte doch noch Schnaps von der Tankstelle mitbringen, brachte mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Seufzend steckte ich das Telefon in die Tasche meines Blazers. Ich trug noch die Schuluniform. Den ganzen Tag hatte ich mit Yugi und den anderen verbracht. Wir hatten auf der Wiese im Stadtpark gesessen und kitschig über unsere Schulzeit sinniert.
 

Ich verabschiedete mich von Suzuki-senpai, zählte mein Trinkgeld zusammen, das wieder einmal üppig ausgefallen war, und machte mich dann auf den Weg zur nächsten Tankstelle. Ich lief die Strecke zu Fuß. Der Abend war herrlich mild. Nicht so stickig wie im Club. Es tat gut, die Beine auszustrecken. Die paar Minuten herunterzufahren, bevor ich zurück in unsere miefige Zweizimmerwohnung zurückkehren würde.
 

Mit dem Schnaps in der einen und dem Beutel mit den Bauklötzen in der anderen, marschierte ich aus dem Laden.

"Na, Zuckerpuppe", machte mich von der Seite ein Kerl mit schwarzen Haaren und Igelfrisur an. Neben ihm stand sein Kumpel, mit demselben dummen Gesichtsausdruck und derselben dämlichen Friese. Beide grinsten schief und starrten zu meinem viel zu knappen Rock herunter. Statt einfach weiterzulaufen, blieb ich stehen, denn A war ich nicht aus Zucker und B eine Puppe schon mal gar nicht.

"Wir drei könnten sicher 'ne Menge Spaß haben." Igelfrisur starrte zu meiner Flasche herunter.

"Mit euch Flachpfeifen sicher nicht", antwortete ich keck.

"Wie war das?!"

"Du hast mich schon verstanden."

"Das Mädel will wohl Ärger."

Eigentlich lagen diese Zeiten hinter mir. Aber mir schien, als würde ich den Ärger geradezu anziehen. Und zugegeben, ich war auch nicht gerade der Typ, der Problemen aus dem Weg ging. Selbst wenn es um eine Tracht Prügel ging.

Ich brachte mich in Kampfstellung.

Yugi war zwar der König der Spiele. Dafür war ich die Königin der Schlägerei. Selbst wenn ich ihnen zahlenmäßig unterlegen war. Gegen meinen Spezialtritt kam kein Kerl an.

Ich überlegte mir, welchen der beiden Hohlbirnen ich zuerst angreifen sollte, als Igelfrisur auch schon zu fluchen begann. "Scheiße!" Das Licht eines Autoscheinwerfers blendete auch mich kurzzeitig.

"Lass' uns lieber abhauen", stotterte sein Kumpane. Er schnappte sich Igelfrisur und gemeinsam liefen sie die Straße hinunter. Kopfschüttelnd sah ich den beiden hinterher. Wenn sie sich schon wegen eines Autos in die Hosen machten…

Das Licht schaltete sich aus. Mein Gesicht in die Richtung gedreht, fiel mein Blick auf eine schwarze Limousine. Mir fiel die Kinnlade herunter. Konnte mir eine Limousine die Stimmung vermiesen? Wenn an ihrer Beifahrertür Seto Kaiba lehnte…dann ja. Ich kräuselte die Lippen. Dieser arrogante Fatzke war wirklich der Letzte, den ich sehen wollte. Er hatte sich zur Zeugnisausgabe kein einziges Mal sehen lassen. Bestimmt war er den ganzen Tag mit sich und seiner Firma beschäftigt gewesen oder war sich zu schade für - wie würde er es nennen - diesen >Kindergarten<.
 

"Ich habe mich schon gefragt, wer hier draußen so viel Lärm veranstaltet. Und siehe da: Kazuha Jonouchi." Der eiskalte Blick, dazu das überhebliche Grinsen und ich war auf hundertachtzig hochgefahren. "Wo ist der Rest eurer Kindergartengruppe?"

"Kaiba", knurrte ich, "was hast du hier zu suchen?"

"Wonach sieht es denn aus?", mit einem Nicken deutete er auf die Zapfsäulen. "Anstatt mir dumme Fragen zu stellen, könntest du dich lieber bei mir bedanken."

"Warum sollte ich das tun?"

"Weil du ohne mich ganz sicher in Schwierigkeiten gekommen wärst. Oder waren die zwei deine Freunde?"

"Ich brauche deine >Hilfe< nicht, klar? Ich wär' die zwei auch ohne dich losgeworden."

"Sicher." Dieser selbstgefällige Ton. Mir stellten sich sämtliche Nackenhaare auf. "Immer noch so naiv wie früher."

"Kaiba", rief ich lauter, als ich eigentlich wollte, "irgendwann stopf' ich dir dein arrogantes Maul, hörst du?"

"Ausgerechnet du? Die ohne ihre Freunde nichts gebacken bekommt? Dass ich nicht lache!" Mit einer wegwerfenden Handbewegung öffnete er die Beifahrertür.
 

Nein! Ich würde diesen reichen Pinkel sicher nicht so davonkommen lassen. Flasche und Stoffbeutel betrachtend, kam mir die Idee. "Seto Kaiba! Ich fordere dich zum Duell heraus!"



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück