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Effektiver Eifer

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Effektiver Eifer

Aus einer Laune heraus hatte Jodie Inspektor Megure vorgeschlagen, dass sie ihm und seinen Leuten Englischunterricht geben könnte. Als Amerikanerin in Japan wusste die Agentin nur zu gut, wie schwer es gewesen war, mit den Menschen in Kontakt zu treten. Viele hatten zwar während ihrer schulischen Laufbahn Englischunterricht, allerdings waren die meisten ihrer Kenntnisse mittlerweile eingestaubt. Musste man sich nicht aktiv in der Arbeit mit der Sprache auseinandersetzen, ging die Wahrscheinlichkeit, sich mit einer Person unterhalten zu können, gegen Null. Eigentlich hätten auch die Polizisten viel besser geschult sein müssen, da sie nicht nur mit Einheimischen sprechen musste. Doch Jodie wusste, wie es bei der Polizei ablief. Viele konnten nur noch die Grundlagen, andere – vor allem die älteren Kollegen – hatten Englisch gar nicht erst gelernt und ein Großteil schämte sich sogar englische Vokabeln in den Mund zu nehmen und nicht verstanden zu werden. War sie zusammen mit Inspektor Megure oder Inspektor Takagi an einem Tatort fungierte sie auch als Übersetzerin.

Allerdings waren diese beiden Männer auch eine Ausnahme. Wann immer es ging, versuchten sie mit ihrer Aussprache oder den Vokabeln vor ihr zu glänzen. Erklärte sie ihnen etwas, sprachen sie die Wörter nach und versuchten, ihr neues Wissen auch bei der nächsten Begegnung mit ihr abzurufen. Es war irgendwie süß.

Als Jodie schließlich von Inspektor Megure angerufen wurde, war sie überrascht und irritiert zugleich. Er bat sie auf das Polizeirevier und sie ahnte bereits das Schlimmste. Sie hatte sich sogar schon eine Ausrede zurechtgelegt, warum das FBI in Japan ermittelte. Doch vor Ort erklärte er ihr, dass er mit seinen Vorgesetzten gesprochen hatte und sie zu dem Entschluss kamen, dass Englischunterricht für die Polizisten nur von Vorteil sein konnte. Auf die standardmäßigen Dolmetscher konnten oder wollten sie nicht zurückgreifen, vermutlich hatte Megure auch noch ihre Fähigkeiten als Muttersprachlerin angepriesen. Und so hatte sie nun den Salat.

Um den Englischunterricht am besten zu planen, wurde eine Liste im Revier ausgehängt. Die Resonanz am Anfang war eher bescheiden. Wie Jodie erfahren hatte, stand kein einziger Name auf der Liste, da sich keiner traute. Viele hatten sich das Angebot zwar durchgelesen und darüber diskutiert, aber keiner traute sich, der Erste zu sein. Erst nachdem sich Takagi auf der Liste eintrug, zogen die anderen mit. Und am Ende hatten sich so viele Polizisten angemeldet, dass Jodie Sorge hatte den Überblick zu verlieren. Also hatten sie kurzerhand aus einem Kurs zwei Kurse gemacht und Jodie bekam mehr zu tun. Doch vorher musste sie erst einmal herausfinden, wer wie gut Englisch konnte.

Nachdem Jodie kurz mit James gesprochen hatte, wurde sie noch mehr in dieser Entscheidung bekräftigt. Mit ihren regelmäßigen Besuchen im Polizeirevier hatte sie einen Fuß in der Tür und konnte sich in Ruhe umsehen oder das ein oder andere Gespräch erhaschen. Möglicherweise würden sie dadurch auch wieder der Organisation einen Schritt näher kommen.

An ihrem ersten Tag im Polizeirevier war Jodie ein wenig nervös. Sie hatte eigentlich gar keine Probleme damit, offen vor Menschen zu sprechen oder mit ihnen zu diskutieren. Selbst als sie damals nur so tat, als wäre ihr japanisch schlecht, mochte sie die Diskussionen. Aufgrund ihrer Tätigkeit an der Oberschule wusste sie zudem bereits, wie es war anderen Englischunterricht zu geben und hatte zu Hause einen groben Plan erarbeitet.

Als Jodie den Konferenzraum betrat, sahen sie einige Polizisten an. „Good morning“, begrüßte sie die Männer und Frauen und ging nach vorne. Sie stellte ihre Tasche auf den Tisch und zog ihre Jacke aus. Diese hing sie über die Stuhllehne und sah in die Runde. „Hallo, es freut mich Sie alle kennenzulernen. Ich bin Jodie Starling und ich werde Ihnen in den kommenden Stunden Englischunterricht geben“, begann sie. „Bevor wir allerdings mit dem Unterricht beginnen, möchte ich herausfinden, wie gut Ihr Englisch ist. Dafür habe ich mir einige Übungen überlegt, die wir gemeinsam machen sowie eine Selbsteinschätzung. Sobald ich die Unterlagen ausgewertet habe, werde ich Sie in Gruppen einteilen und wir können den Unterricht gezielt zusammen durchführen.“

Ein Polizist meldete sich zu Wort. „Entschuldigung? Heißt das, wenn ich als einziger viel schlechter bin als meine Kollegen, dass ich in keine Gruppe komme?“

„Nein“, entgegnete Jodie. „Wir werden selbstverständlich die Gruppen so gestalten, dass jeder teilnehmen kann. Geplant ist, dass es eine Anfängergruppe und eine Fortgeschrittenengruppe gibt. Sollte sich herausstellen, dass die Gruppengröße nicht ganz optimal ist, werden wir vielleicht auch mehr Gruppen machen. Ich kann mir vorstellen, dass Sie dies erst einmal überrascht, allerdings halte ich nichts davon, wenn die Gruppengröße zu hoch ist.“ Jodie lächelte. „Ich weiß, Sie haben noch Ihre Arbeit und wenn Sie mal nicht teilnehmen können, geben Sie mir oder einem Kollegen einfach Bescheid. Wir finden einen Weg, im Notfall holen wir die Stunde einfach nach. Gibt es noch Fragen?“

Die Polizisten schwiegen.

„Gut, wir haben ja noch später dafür Zeit. Scheuen Sie sich bitte nicht. Es gibt hier kein Gut oder Schlecht. Also dann, wollen wir mal beginnen.“

Die Polizisten holten ihren Notizblock heraus und sahen nach vorne.

„Wie bereits erwähnt, habe ich eine Kleinigkeit vorbereitet“, sagte die Agentin und verteilte Zettel. „Auf dem Zettel finden Sie unser heutiges Thema. Darüber werden wir sprechen und Sie können sich Notizen machen. Nach jedem Abschnitt gibt es Fragen, die Sie bitte beantworten“, erzählte sie. Jodie atmete tief durch. „Okay, lets get the party started. Today we want to talk about your hobbies.“

Die Polizisten sahen einander irritiert an. Takagi meldete sich zu Wort. „Habe ich das richtig verstanden, wir sprechen über unsere Freizeitaktivitäten?“

„Ganz genau“, nickte Jodie. „Es ist einfacher über etwas zu sprechen, was Sie gerne machen. Außerdem ist das eine gute Übung für Ihre Arbeit. Denken Sie doch nur daran, wie oft nach dem Weg gefragt wird oder wie oft Sie an den verschiedenen Orten jemanden befragen müssen.“

„Stimmt. Ich war schon oft in Karaokebars oder bei Sportveranstaltungen“, murmelte Takagi. „Dort waren auch einige Ausländer, die wir befragen mussten…“

„Und war das einfach für Sie?“, wollte Jodie wissen.

„Naja…“, gab der Polizist von sich. „Wir haben uns immer irgendwie verständigen können. Allerdings mehr schlecht als recht. Und wenn es gar nicht ging, haben wir einen Dolmetscher herangezogen.“

„Ich verstehe“, antwortete Jodie. „Nun gut. Dann fangen wir mal mit den Hobbies an. Erzählen Sie doch einfach reihum, was Sie in Ihrer Freizeit gern mögen und dann übersetzen wir das alles. Wenn Sie wollen, können Sie dies in Englisch machen oder in Japanisch.“ Jodie sah in die Runde. Nun wo es ans Eingemachte ging, wirkten die Polizisten wieder schüchterner. „Inspektor Takagi, wie wäre es, wenn Sie anfangen?“

„Ich?“ Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Äh. Ja, gut…“, murmelte er. „Also meine Hobbies. Ich…“



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