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Devil in Heaven

von

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Der Engel

"Rechts neben der Tür... von dir aus links", antwortete man Niel tatsächlich ziemlich schnell auf seine Frage und Niel fragte sich nun umso mehr, wer da so gehorsam seine Fragen beantwortete. Mit der Richtung hatte er schnell den Schalter gefunden und ein dumpfes Licht flackerte auf. Der Raum erhellte sich und zum Vorschein kam tatsächlich ein Anblick, den Niel so nicht erwartet hatte. Dort neben einem großen Bett saß auf dem Boden zusammen gekauert ein Mann, vielleicht in seinem Alter. Um seinen Hals schlang sich ein eisernes Halsband. Seine Hände waren in Handschellen gelegt und seine Augen waren mit einem Stück schwarzem Stoff verbunden worden. Seine Kleidung beschränkte sich auf einen Tuch-artigen Rock, welcher bereits sehr abgenutzt aussah. Seinen Oberkörper zierten Wunden, welche gerade mal einige Stunden alt sein durften. Im Grunde kein Anblick, der hier im Himmel besonders neu war. Die Stärkeren unterjochten nun einmal die schwächeren. Ein ungeschriebenes Gesetz in der Hölle. Und als die Teufel in den Himmel eingezogen sind, hat es sich auch dort etabliert.
 

Nein, was an diesem Bild vor Niels Augen besonders war, war der Rücken des Mannes. Genauer gesagt die zwei großen weißen Flügel die aus diesem hinausragten. Schon lange hatte Niel keinen echten Engel mehr zu Gesicht bekommen. Interessant, dass der Engel genau so aussah, wie er sich die Engel aktuell vorstellte: In irgendeinem Keller angekettet, benutzt und machtlos. "Bist du ... im Auftrag von Sir ... Marrow... hier?" man merkte, dass der Name des Hausherren dem Engel nicht einfach fiel. Ihn auszusprechen war scheinbar nicht leicht. Wahrscheinlich verknüpfte er viele Schmerzen mit diesem Namen. "Nein", antwortete Niel schlicht und trat näher zu dem Engel heran. Er wollte schon immer mal Engelsflügel aus der Nähe betrachtet haben. Er konnte deutlich sehen, dass sich der Engel bei dieser Aussage entspannte. Niel interessierte die Reaktion des Engels nicht weiter, als dieser kurz zuckte so wie er näher auf ihn zutraut. "Herr Marrow liegt im Wohnzimmer auf dem Teppich und blutet aus. In ein 10 bis 20 Minuten sollte er wieder einigermaßen atmen können." erklärte er trocken, nicht aus irgendeinem bestimmten Grund, einfach so. Gemächlichen Schrittes ging er weiter an den Engel heran, um die Flügel zu inspizieren.
 

"Was haben ... Sie vor?", fragte der Engel nun ängstlich und auf einmal viel höflicher, als ob das irgendetwas an seiner Situation verbessern könnte. "Mit dir?", entgegnete Niel, "Eigentlich nichts, ich wollte nur wissen, wer hier drin ist. Ich hatte aber nicht erwartet einen Engel anzutreffen." Niel streckte seinen Arm aus und seine Finger glitten über einen der großen weißen Flügel. Nur dass sie nicht so weiß waren, wie in seiner Erinnerung. Viel mehr waren sie leicht gräulich. Hier und da sah er sogar etwas Dreck und in der Rückenregion einige rötliche Flecken. Kaum hatten seine Finger die Federn berührt, zuckte der gesamte Körper des Mannes zusammen. Seine Finger hatte er mittlerweile ineinander verschränkt und er presste seine Hände so eng aneinander, dass seine gesamten Arme zitterten. Betete er etwa? Hofft er tatsächlich nach all der Zeit immer noch auf seinen Gott? Was ein Unsinn.
 

"Keine Angst ich habe nicht vor die irgendetwas zu tun. Ich bin auch schon wieder weg." versicherte er dem Engel, denn seine Neugier hatte er mittlerweile gestillt. Viel länger wollte er nun wirklich nicht bleiben. Er ließ von den Flügeln ab. Sie waren erstaunlich weich trotz ihrer unreinen Farbe. Aber sicherlich würde er sich nicht einen Engel mit nach Hause nehmen nur, um dessen Flügel ab und an fühlen zu können. So toll waren sie nun auch wieder nicht. Ohne dem Engel einen weiteren Blick zu schenken, drehte er sich um und schritt zur Tür.
 

"Warte!" ertönte es auf einmal hinter ihm und Ketten rasselten.
 

Die Stimme des Engels klang auf einmal anders. Immer noch erfüllt von Angst, aber diesmal klang so etwas wie Entschlossenheit mit einher. Augenblicklich drehte sich Niel um, da er nicht erwartet hatte, dass der Engel seine Stimme so weit heben konnte. Der Engel hatte seine Hände nach vorne hin ausgestreckt und sich so weit nach vorne gebeugt, wie es die Kette zuließ, die sich um seine Flügel legte und an der Wand befestigt war. Aufgrund der Augenbinde konnte er seinen Gesichtsausdruck nicht ganz sehen, aber die Stimmung hatte sich definitiv geändert. "Was?", fragte Niel.
 

"Kannst du mir bitte helfen."
 

Niel kann sich ein scherzhaftes Lachen nicht verkneifen. "Sorry, aber ich bin kein Held, der dich retten kommt. Ich habe meine eigenen Probleme. Und falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte: Ich bin ein Teufel, wir sind nicht unbedingt die Freundlichsten."
 

"Bitte, ich flehe dich an. Wenn er wieder zu sich kommt, wird er es an mir auslassen", die Stimme klang flehend.
 

Ein bisschen schuldig fühlte sich Niel ja schon, aber er bei weitem nicht genug, um hier sich einem Engel anzunehmen. Schließlich würde der Mann, den er umgebracht hatte in ein paar Minuten wieder aufwachen. Gegen Schusswaffen konnte auch sein Messer wenig anrichten. Da war ihm doch seine Sicherheit wichtiger. "Dein Problem. Ich krieg die Ketten sowieso nicht durch." antwortete er, mittlerweile klang seine Stimme etwas schroff. Warum stand er überhaupt noch hier?
 

"Der, der Schlüssel ist in seiner Hosentasche. Bitte, ich tue alles. Nur lass mich nicht hier. Ich bitte dich!" bittet der Engel ein weiteres Mal, mittlerweile nicht mehr flehend, dafür aber verzweifelt.
 

Niel verstand Verzweiflung nur allzu gut, aber dieser Engel ging ihn nichts an. "Was kann ein gefallener Engel wie du schon für mich tun. Ich habe keinerlei Gebrauch für dich. Ich steh nicht auf das Zeug, was dein Besitzer so mit dir anstellt. Da habe ich definitiv Wichtigeres zu tun. Ich muss jetzt gehen."
 

"Ich, ich kann dir eine Erinnerung nehmen, die du vergessen willst!" versucht es der Engel trotz der klaren Abweisung weiter.
 

"Was lässt dich bitte schön glauben, dass ich irgendetwas vergessen will!", antwortet Niel etwas wütend über diesen Vorschlag. "Lieber würde ich mich an etwas erinnern, was ich vergessen habe. Das würde mir meine Suche erleichtern." merkte er für sich selber an und der Engel reagierte sofort. "Das kann ich auch!", "Wie bitte?", "Ich kann dich eine alte Erinnerung erneut durchleben lassen." Niel war skeptisch. Das wäre doch fast zu Gut, um wahr zu sein. Wenn Engel das wirklich konnten, hätte er doch sicherlich schon früher etwas davon gehört und neben ihm würden sicherlich auch andere Teufel diese Fähigkeit liebend gerne ausnutzen.
 

"Beweis es." gab er daher an und der Engel sackte etwas nach hinten und senkte seinen Kopf ein wenig. Das hatte Niel sich schon fast gedacht. Dabei hatte er immer gemeint Engel lügen nicht. Da muss er sich wohl geirrt haben. "Was eine Zeitverschwendung. "
 

"Moment, ich gebe zu gerade kann ich es nicht, aber wenn ich meine Kräfte wieder habe..."
 

"Ach, wenn es nur das ist, ist ja nicht so, dass das unmöglich ist!" gab Niel sarkastisch zurück, offensichtlich nicht überzeugt von dieser Aussage.
 

"Es ist nicht unmöglich. Ich, ich brauche nur einen Splitter!" scheinbar hatte der Engel mittlerweile ein wenig Hoffnung gefasst und seine Sätze klangen nicht mehr ganz so kläglich. Vielleicht hatte man ihn hier in diesem Raum noch nicht komplett gebrochen.
 

"Einen Splitter?" Niel war auf einmal doch etwas interessiert. Schließlich suchte er nun schon seit fast einem Jahr nach diesem Mann und mit einem Namen und Bild wäre es einfach tausendmal einfacher, als ganz ohne. Hoffen, dass seine Erinnerungen hochkommen, wenn er dem Mann in Person begegnete, war nicht unbedingt die schnellste Lösung.
 

"Der Heaven Cristal. Ich brauche nur einen der Splitter." erklärte der Engel.
 

"Ach nur einen Splitter vom Heaven Cristal. Dir ist schon klar, dass die großen sieben die Splitter haben?" entgegnete Niel.
 

"Du hörst dich stark an?" gab der Engel zurück und Niel musste zugeben, dass der Mann mehr Mumm hatte, als er ihm zu Beginn zugetraut hatte. Er musste leicht lachen. Immer noch lächelnd wiederholte er die Worte des anderen. "Du hörst dich stark an! Oh Mann. Du bist dir da ja ziemlich sicher." Er kratzte sich mit der Hand am Kopf. Sollte er sich hier tatsächlich von einem Engel überreden lassen? Jede Minute, die er überlegte, gab den Toten im Wohnzimmer die Möglichkeit zu heilen. Er musste eine Entscheidung treffen.
 

"Fuck it", sagte Niel und verließ den Raum nun ganz.



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