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Dreams of Gold

von

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Najimi


 

06. Najimi

 

 

Wenn Sie ehrlich war, waren ihr die letzten beiden Tage ein bisschen wie ein Traum vorgekommen. Keiner wie der, der sie überhaupt erst so aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, sondern eher wie diese seltene Art von Traum, aus denen man entspannt und mit einem Lächeln aufwacht. Obwohl sie aus diesem hier ganz bestimmt nicht aufwachen wollte, wenn sie so darüber nachdachte. Also war es vielleicht eher wie ein Märchen, schließlich hatten ihre Freunde sich als waschechte Fabelwesen entpuppt. Und jedes Mal, wenn sie sich diesen Gedanken so klar durch den Kopf gehen ließ, musste Ataru sich dazu zwingen, nicht leise verzückt vor sich hin zu kichern.

Es war einfach absurd. 

Und genauso wahr, wer hätte das gedacht?

Auch wenn Die natürlich recht hatte – das Timing dieser im wahrsten Sinne des Wortes fantastischen Offenbarung war definitiv nicht das beste gewesen. Rückblickend hätte sie ihnen aber vermutlich selbst dann nicht ohne Weiteres geglaubt, wenn sie einen besseren Tag gehabt hätte. Jetzt im Nachhinein war es zwar geradezu offensichtlich, aber wer zog bitte in Betracht, dass es tatsächlich Wesen gab, die man sonst nur aus Erzählungen kannte. Oder dass diese in Wahrheit noch viel atemberaubender waren, als man vermuten würde.
 

Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen streckte Ataru sich, nahm zufrieden das Knacken ihrer Wirbelsäule wahr und ließ sich entspannt wieder in die Sofakissen sinken. Den Fernseher, in dem gerade die Nachrichten liefen, registrierte sie nur am Rande ihrer Wahrnehmung, auch wenn ihr Großvater die Berichterstattung interessiert zu verfolgen schien. Sie selbst hing stattdessen lieber weiter den Gedanken an Die und Toshiya nach.

Jetzt wo sie wusste, warum die beiden so geheimniskrämerisch gewesen waren, hatte sie definitiv kein schlechtes Gewissen mehr dabei, ihnen einen großen Teil ihrer Aufmerksamkeit zu widmen. Das Wetter heute war zwar weit weniger schön als vorgestern und die ersten Stürme des Sommers würden die Küsten sehr bald erreichen, aber dennoch hatte Ataru noch immer das Gefühl, die warme Sonne und den weichen Sand der Lagune auf ihrer Haut zu spüren, vermischt mit den kühlen Schuppen ihrer Begleiter unter ihren Fingerspitzen.

Sie wünschte sich beinahe, dass sie irgendeine Art von Zeichentalent hätte, nur damit sie die beiden einmal auf eine Leinwand bannen könnte. Dass sie lieber keine Fotos davon machen sollte, wie sie wirklich aussahen, verstand sich von selbst, aber der Anblick, den sie boten, müsste eigentlich für die Nachwelt festgehalten werden. Sogar jetzt fehlten ihr die Worte, die den beiden Nixen gerecht werden könnten. Weder für ihre Erscheinung, noch für die Art, wie sie sich im Wasser bewegten, konnte sie in ihren Gedanken die richtigen Begrifflichkeiten finden. Abgesehen von „wunderschön“, „elegant“, „kraftvoll“ und „schlichtweg atemberaubend“ fiel ihr nichts ein, was ihnen auch nur ansatzweise gerecht werden konnte. Davon abgesehen war sie vor allem froh, dass sich mit ihrer Optik nicht auch der Charakter der beiden verändert hatte, sondern sie so oder so ganz unbefangen miteinander und mit ihr herumgealbert hatten.

Zumindest, nachdem sich die Wogen zwischen ihnen allen wieder restlos geglättet hatten, was zu ihrer tiefen Erleichterung nicht lange gedauert hatte. Zwar war Toshiya, auch nachdem er sich ihr gezeigt hatte, zunächst noch eine Zeit lang ein ganzes Stück zurückhaltender als sonst gewesen, aber wie Die es vorausgesagt hatte, war er nicht nachtragend. Und das erleichterte sie mehr als alles andere. Es wäre schließlich einfach nur eine grausame Wendung des Schicksals gewesen, hätten die beiden sich ihr offenbart und sie selbst die Beziehung zu ihnen keine zehn Minuten später in den Sand gesetzt.
 

Obwohl sie die Blicke ihres Großvaters auf sich spüren konnte, konnte sie sich ein kleines, glückliches Lächeln nicht verkneifen. Sie hatte tatsächlich so etwas wie eine Beziehung – selbst wenn diese noch immer nicht ganz definiert war und sie immer noch nicht wirklich wusste, wie sie sich entwickeln würde. Ataru hatte auch keine Ahnung, was es über sie aussagen mochte, dass ihr die nicht menschliche Seite der beiden nicht nur nichts ausmachte, sondern sie sie in ihrer wahren Form mindestens genauso attraktiv fand, wie als Menschen. Aber zumindest für den Moment war ihr das ehrlicherweise herzlich egal. Sie wollte einfach mit ihren Freunden zusammen sein, alles andere waren Details, über die sie später nachdenken konnte.

 

„Ataru?“

 

„Mh?“, sie schreckte auf, als ihr Großvater sie zum anscheinend wiederholten Male ansprach und sah ihn mit großen Augen an. „Entschuldige, hast du was gesagt?“

 

Der alte Mann schüttelte mit einem gutmütigen Grinsen den Kopf, verkniff sich nur halb sein Amüsement.

 

„Ich wollte eigentlich wissen, warum dich die Sturmwarnung im Wetterbericht so glücklich macht, aber offensichtlich warst du in Gedanken weiter weg.“

 

„Sorry“, lachte sie und zog rasch ihre Beine an, als er spielerisch nach ihren Füßen haschte, setzte sich dann ein wenig auf. „Geht ihr trotzdem?“

 

Zur Antwort wiegte er zunächst nur leicht den Kopf hin und her, zuckte dann lächelnd mit den Schultern.

 

„So lange nicht innerhalb der nächsten fünf Minuten der Evakuierungs-Alarm losgeht. Du weißt doch, nichts geht deiner Oma über ihre Wochenendplanung.“

 

„Na dann hoffen wir mal, dass es heute Nacht nicht zu schlimm wird …“ Ataru warf noch einen Blick auf den Fernseher, wo gerade zum wiederholten Male eine Wetterkarte eingeblendet wurde. „Wenn wir Glück haben, wird es nicht viel schlimmer als im Moment“, fuhr sie dann fort, bevor sie mit einem mahnenden Zeigefinger auf ihren Großvater zeigte. „Aber wehe, ihr seid nicht vorsichtig. Ich will keine Anrufe, dass ihr mitten in der Nacht aus der Notaufnahme abgeholt werden müsst“, meinte sie dann in Anspielung auf einen Vorfall vor ein paar Jahren. Damals hatte ein Abend mit Freunden ihrer Großeltern sein Ende in einem verstauchten Fuß seitens des Älteren gefunden.

 

„Keine Angst. Wir haben schon besprochen, dass wir einfach dort übernachten, wenn das Wetter zu schlimm wird.“

 

Bevor sie noch etwas erwidern konnte, betrat ihre Großmutter, die sich im Bad zurechtgemacht hatte, den Raum. Ataru streckte in einer auffordernden Geste eine Hand nach ihr aus und wartete kurz, bis sie bei ihr war.

 

„Lässt du mich so gehen?“, wollte sie von ihrer Enkelin mit einem fast spitzbübischen Lächeln wissen.

 

„Du bist bezaubernd wie immer und das weißt du definitiv auch selbst.“

 

„Trotzdem ist es immer wieder schön, das auch mal von jemand anderem zu hören.“ Sie warf ihrem Mann ein aufforderndes Lächeln zu, während sie Ataru kurz über den Kopf tätschelte. „Können wir dann? Ich glaube, der Regen hat gerade etwas nachgelassen.“

 

Mit einem gespielt theatralischen Schnauben erhob sich Atarus Großvater und zwinkerte ihr kurz zu, als sähe er die Haltung seiner Frau bezüglich der Abendplanung gerade noch einmal bestätigt.

 

„Und es macht dir wirklich nichts aus, jetzt allein zu sein?“, wollte ihre Großmutter zum wiederholten Male an diesem Tag wissen, zupfe jetzt sacht an dem wirren Dutt herum, in dem Ataru ihre Haare trug.

 

„Alles gut, wirklich. Macht ihr euch einen schönen Abend bei den Takahashis, ich roll mich auf dem Sofa ein und schau nen Film oder so.“

 

„Okay. Aber wenn etwas ist, ruf an.“

 

„Oma.“

 

„Ich meine ja nur.“

 

„Wenn der Strom ausfällt oder der Sturm irgendwas kaputtmacht, kannst du auch nichts ausrichten, ob ich dich nun anrufe oder nicht. Und es wird schon kein Axtmörder kommen, um mich zu Kleinholz zu verarbeiten.“

 

Ungewollt musste ihre Großmutter lachen.

 

„Du nun wieder.“ Sie warf einen kurzen Blick in Richtung Wanduhr. „Also gut. Dann verschwinden wir jetzt, genieß deine Ruhe vor uns.“

 

„Werde ich.“

 

Ataru sah ihr hinterher, lauschte der Unterhaltung ihrer Großeltern darüber, welcher Schirm dem aktuellen Wetter wohl am ehesten standhalten würde und seufzte schließlich leise in die aufkommende Stille, nachdem die Tür hinter den beiden zugeschlagen war.

 

Mit einer Hand angelte sie nach der Fernbedienung, um den Fernseher entgegen ihrer eben geäußerten Pläne auszuschalten und ließ sich dann wieder in die Couchkissen sinken.

Der Regen prasselte schon jetzt geräuschvoll aufs Dach und gegen die Fenster und der Wind heulte regelrecht vom Meer aus an die Küste. Ataru liebte diese Geräuschkulisse, hatte sie, so lange sie denken konnte, als beruhigend empfunden, selbst wenn sie nun die Erinnerung an ihren Traum wieder wach werden ließ. Irgendwie verstand sie immer noch nicht, wie sie die Begegnung mit Shiori einfach vollkommen hatte vergessen oder verdrängen können. Vielleicht war das aber auch eines dieser Dinge gewesen, über die sie sich nie zu reden getraut hatte, aus Angst ihre Eltern würden sie dann nur noch mehr ablehnen. Jetzt jedoch sah sie das Gesicht der Nixe wieder so klar vor sich, als wäre ihr Treffen erst vor Kurzem gewesen, hörte ihre helle Stimme als hätten sie sich eben erst unterhalten. Und mit ihrem gedanklichen Bild vor Augen konnte sie deutliche Parallelen zu Die und Toshiya ziehen.

 

Ein unerwartetes Donnergrollen ließ Ataru zusammenzucken und lenkte ihre Aufmerksamkeit in eine ganz andere Richtung: Waren die beiden jetzt da draußen im Meer?

Sie konnte sich kaum vorstellen, dass sie gegen den Sturm und die Wellen anschwimmen konnten, erst recht nicht an den Küsten, wo immer wieder Felsen aus dem Wasser hervorragten, die schon mehr als ein Fischerboot auf dem Gewissen hatten. Mit einem unwohlen Gefühl im Bauch sah sie durch das Wohnzimmerfenster nach draußen.

Hoffentlich hatten die beiden einen Ort, an dem sie vor den Elementen geschützt waren. Es musste einen geben, es musste einfach, egal ob in den tieferen Regionen des Meeres oder irgendwo sonst. Nicht nur, weil Stürme hier keine Seltenheit waren und sie anscheinend bisher alle gut überstanden hatten. Sondern auch, weil sie ansonsten die ganze Nacht vor Sorge kein Auge zubekommen würde. Und davon hätte schließlich niemand etwas.

 

„Erst mal was Essen …“, unterbrach sie deswegen ihre eigenen Gedanken, bevor diese noch mehr aus den Fugen gerieten, und zwang sich dazu aufzustehen. Wenn sie sich aufs Kochen konzentrierte, lenkte sie das vielleicht zumindest ein bisschen ab. Und danach konnte sie sich eigentlich ein gemütliches Bad gönnen, so lange sie noch Strom und damit heißes Wasser hatte.

 
 

~*~

 

Tatsächlich hatte eine halbe Stunde Herumdümpeln in der Badewanne den gewünschten Effekt gehabt und ihre innere Unruhe zumindest zu einem großen Teil besänftigen können, während der Sturm draußen unvermindert weiterhin tobte. Wie es aussah, würden sie zwar Glück haben und von den schlimmsten Ausläufern des Taifuns verschont bleiben, aber Ataru war trotzdem einfach nur froh, das Haus heute nicht mehr verlassen zu müssen. Stattdessen hatte sie sich irgendwann in ihr Zimmer zurückgezogen und es sich dort gemütlich gemacht. Der Raum wurde nur schwach von ihrer kleinen Schreibtischlampe und ein paar Windlichtern erhellt, während sie mit ihrem Laptop auf dem Schoß auf ihrem Bett saß und durch die Fotos scrollte, die eine Bekannte von ihr von ihrem Urlaub in Amerika gepostet hatte.

Sie hatten sich vor einigen Jahren in einer Klinik kennengelernt, beide schwer nervös und hoffend, dass sie als Patientinnen angenommen werden würden. Eine Erfahrung, die sie zusammengeschweißt hatte, auch wenn sie sich heute nicht mehr oft sahen.

Ataru war gerade dabei einen Kommentar zu den Bildern zu verfassen, als ein heftiges Krachen sie zusammenfahren ließ. Einen Moment lang verharrte sie atemlos, stellte dann den Laptop beiseite, um sich aufzurappeln. Das Geräusch war definitiv vom vorderen Teil des Hauses gekommen. Und so, wie es geklungen hatte, hatte sie die Vermutung, dass die Terrakottakübel, in denen ihre Großmutter vor Jahren Hortensien angepflanzt hatte, etwas abbekommen hatten.

 

Vorsichtig ging sie im Dunkeln durch das Haus, machte erst im Flur das Licht an, um den Schaden im Zweifelsfall näher begutachten zu können, und öffnete die Haustür. Die Wucht des Windes ließ sie beinahe einen Schritt zurückstolpern, bevor sie ihr Gleichgewicht wiederfand. Mit einer Hand hielt sie die Tür offen, lehnte sich dann nach draußen und fand genau das Bild, das sie befürchtet hatte: Einer der großen Töpfe war anscheinend von einem herumfliegenden Gegenstand getroffen worden und in mehrere scharfkantige Teile zersplittert. Das würde ihre Großmutter so gar nicht freuen.

Mit einem Seufzen ging Ataru in die Knie. Immer darauf bedacht, das Türblatt noch fest im Griff zu haben, versuchte sie mit ihrer freien Hand zumindest einen Großteil der Scherben so beiseitezuschieben, dass man zur Haustür gelangen konnte, ohne Gefahr zu laufen, sich zu verletzen. Jetzt Zeit dafür aufzuwenden, die auf dem Weg verteilte Erde zu beseitigen, wäre ohnehin vergebliche Liebesmüh. Aber nach allem, was sie erkennen konnte, war zumindest die Hortensie selbst bis auf ein paar abgeknickte Blätter noch intakt. Vorsichtig strich sie mit den Fingerspitzen über eine der üppigen hellrosa Blütendolden. Hoffentlich würde das der einzige Schaden bleiben, den sie heute Nacht zu beklagen hatten.

Ataru richtete sich langsam auf, um in den Flur zurückzugehen, und drückte mit ein wenig Kraftaufwand die Tür wieder ins Schloss. Beim Anblick ihrer dreckverschmierten Hand verzog sie das Gesicht und schlug umsichtig den Weg ins Bad ein. Dass auch noch das Innere des Hauses mit Erde dekoriert wurde, musste schließlich wirklich nicht sein.

Mit frisch gewaschenen, nassen Händen, die sie sich kurzerhand an ihrem T-Shirt abwischte, kehrte sie schließlich in ihr Zimmer zurück. Gerade wollte sie sich wieder auf ihrem Bett niederlassen, als sie erneut etwas hörte, was nicht so recht in die Geräuschkulisse des Sturms passen wollte. Dennoch dauerte es ein, zwei Herzschläge bis sie begriff, dass nicht nur irgendetwas gegen die Hausfassade schlug, sondern tatsächlich jemand recht nachdrücklich an ihrer Verandatür klopfte. Es vergingen noch einige Sekunden mehr, bis sie sich auf ihrer momentanen Starre lösen konnte und zögerlich auf die Tür zuging.

Im Normalfall würde sie mit Toshiya und Die rechnen, konnte aber nicht glauben, dass die beiden sich tatsächlich während eines Taifuns draußen herumtreiben würden. Und auch wenn sie vorhin noch mit ihrer Großmutter darüber gescherzt hatte, dass niemand hierherkommen und ihr etwas antun würde – welcher Mensch bei klarem Verstand verließ denn bei diesem Wetter das Haus?

 

„Ataru, bist du da?“, hörte sie da tatsächlich dumpf Dies Stimme durch die Schiebetür hindurch und sackte vor Erleichterung fast ein wenig zusammen.

 

Mit leicht zitternden Händen machte sie sich daran an beiden Seiten der Tür die Riegel zu öffnen, die sie gegen den Sturm sichern sollten, und schob sie dann ein kleines Stück beiseite. Obwohl sie wusste, dass ihre Freunde vor der Tür stehen würden, konnte sie sie nur ungläubig ansehen, musste sich die Frage, ob die beiden denn noch ganz bei Trost seien, mit einiger Anstrengung verkneifen. Stattdessen trat sie nur schweigend einen Schritt beiseite, sodass sie ihr Zimmer betreten konnten, und schloss die Tür wieder.

 

„Was macht ihr hier?“, wollte sie schließlich fassungslos wissen, sah von ihren Gesichtern hinunter zu den Tatami-Matten, die Die und Toshiya gerade volltropften.

 

„Wir wollten sehen, ob bei dir alles okay ist?“, antwortete Toshiya mit einer Gegenfrage, wischte sich nachlässig mit einer nassen Hand seine ebenso nassen Haare aus dem Gesicht. Oder versuchte es zumindest.

 

„Ich bin okay. Ich meine, ich wohne in einem halbwegs sturmsicheren Haus, furchtbar viel kann mir nicht passieren. Aber …“ Mit gespreizten Händen gestikulierte sie zu den beiden regentriefenden Gestalten vor sich. „Ihr könnt doch nicht so einfach bei einem Taifun in der Weltgeschichte herumspazieren. Oder schwimmen.“ Allein der Gedanke daran, wie leicht sie von herumfliegenden Ästen oder Ähnlichem hätten getroffen werden können, ließ in ihr eine vage Übelkeit aufsteigen.

 

„Na ja, wir sind ja nicht aus Zucker, oder?“, erwiderte Die, als wären solche ‚Spaziergänge‘ das Normalste der Welt. Für den Moment schien er allerdings viel mehr damit beschäftigt zu sein, seine von Wind und Meerwasser verworrenen Haare unter Kontrolle zu bekommen, als mit ihrer Sorge.

 

„Es ist ja auch nicht unbedingt ein laues Lüftchen.“ Automatisch verschränkte Ataru die Arme und betrachtete das eher aussichtslos wirkende Unterfangen ihres Freundes kritisch, bevor der Wind die noch immer unverriegelte Verandatür heftig in ihrem Rahmen klappern ließ. Mit einem unterdrückten Seufzen wandte sie sich um, um sie wieder richtig zu verschließen, als sie eine kühle Hand auf ihrer Schulter spürte.

 

„Wenn du lieber allein sein möchtest-“

 

„Nein, ist okay, so hab ich das nicht gemeint.“ Sie legte ihre Hand auf Toshiyas und drückte sie leicht, drehte sich aber erst zu den beiden um, als die Tür wieder richtig gegen den Wind gesichert war. „Ich hab mir nur umgekehrt Sorgen um euch gemacht und mir vorhin noch zur Beruhigung eingeredet, dass ihr ja nie in diesem Sturm an Land oder in der Nähe der Küsten unterwegs sein würdet. Deswegen habt ihr mich gerade ein bisschen aus dem Konzept gebracht.“ Oder auch ein bisschen mehr, wenn sie ehrlich war.

 

„Dann ist ja gut.“ Toshiya machte lächelnd einen Schritt auf sie zu, vermutlich, um sie in die Arme nehmen zu können, aber sie wich ihm aus und presste sich gegen das Holz der Tür in ihrem Rücken. Auf seinen fragenden Blick hin deutete sie erst ein weiteres Mal auf die vollkommen durchnässten Figuren, die die beiden abgaben, und dann auf Fußboden, auf dem ihre nassen Fußabdrücke deutlich zu erkennen waren.

 

„Ihr könnt wirklich gern bleiben, aber meine Großmutter macht mir die Hölle heiß, wenn ihr ihre geliebten Tatami-Böden ruiniert“, erklärte sie mit einem schiefen Grinsen. Als Die ein wenig schuldbewusst die kleinen Pfützen betrachtete, die das Wasser, das auch weiterhin aus seinem langen Haar tropfte, offensichtlich verursacht hatte, konnte sie sich ein Lachen nicht verkneifen.

 

Ohne größere Umstände griff Ataru sich ihre Freunde an den Händen und zog sie hinter sich her in Richtung Bad, wo sie ihnen je eines der leicht kratzigen Badetücher in die Finger drückte, die sie so mochte. Allerdings offenbarte ihr diese Geste auch gleich einen winzig kleinen Schwachpunkt in ihrem nicht wirklich durchdachten Plan: Die und Toshiya waren, wie quasi immer, nur in Badeshorts unterwegs und diese wieder anzuziehen, nachdem sie sich gerade abgetrocknet hatten, wäre dann doch eher sinnfrei. Aber sie konnte die Zwei ja auch schlecht ohne Bekleidung-

 

Mit einem fast schon hektischen „Bin gleich wieder da!“ flüchtete sie aus dem Bad und schloss die Tür vermutlich ein bisschen schwungvoller hinter sich, als nötig gewesen wäre. Sie konnte fühlen, wie ihre Wangen brannten, während sie versuchte, ihren Puls zu beruhigen und ihre Gedanken davon abzuhalten, weiter in Richtungen abzudriften, die zwei unbekleidete Nixen in menschlicher Gestalt beinhalteten. Dass sie hören konnte, wie die beiden ein paar Meter entfernt gänzlich unbeschwert miteinander herumalberten, half dabei allerdings nicht wirklich, wenn sie ehrlich war. Das menschliche Gehirn war in seiner Einfachheit manchmal eine wahre Enttäuschung.

Aber dennoch blieb die Tatsache: Die beiden brauchten irgendetwas zum Anziehen, allein schon, weil sie selbst sich für sämtliche Szenarien, die keine Bekleidung vorhersahen, definitiv noch lange nicht bereit fühlte. Ihre eigenen Sachen würden ihnen allerdings mit ziemlicher Sicherheit in keiner Dimension passen. Ebenso wenig wie irgendetwas aus dem Kleiderschrank ihres Großvaters, den sie selbst ja schon um einige Zentimeter überragte.

Nachdenklich sah Ataru sich um, blieb schließlich mit den Augen am Wandschrank im Flur hängen. Sie würde die Gäste-Futons brauchen. Denn dass ihre Überraschungsgäste heute Nacht noch einmal einen Fuß in diesen Sturm setzten, war ausgeschlossen. Zumindest wenn sie in dieser Sache Mitspracherecht hatte. Gleichzeitig bot genau das die Lösung für ihr kleines Problem: Wo Gäste-Futons waren, waren im Zweifelsfall auch Gäste-Yukatas und die waren immerhin besser als nichts.

Und zum Glück achtete Ihre Großmutter nicht nur darauf, dass notfalls alles für unerwarteten Besuch vorbereitet war, sondern legte darüber hinaus viel Wert auf die Ordnung in ihrem Wandschrank. So bedurfte es nur weniger suchender Blicke, bis Ataru die Yukatas erspäht hatte und vorsichtig zwei Exemplare aus ihrem Fach herausnehmen konnte.

Problem gelöst, zumindest vorerst.

 

Mit vor Nervosität klopfendem Herzen ging sie die wenigen Schritte zum Badezimmer zurück. Sie klopfte kurz an und öffnete die Tür dann genau so weit, dass sie ihren Arm mit den gefalteten Kleidungsstücken ins Bad strecken konnte. Dass sie vorsichtshalber ihr Gesicht abgewandt hatte, musste ja niemand wissen.

 

„Die könnt ihr überziehen“, brachte sie hervor, zuckte dann unversehens zusammen, als einer ihrer Freunde nach den Yukatas griff. Sie schaute gerade rechtzeitig zur Tür, um Toshiyas Gesicht in dem schmalen Spalt auftauchen zu sehen, den diese offen stand. Sein dunkles Haar war trockener als zuvor, wirkte aber ungewöhnlich wirr, als hätte er eben noch kräftig mit einem Handtuch hindurch gerubbelt. Auf seinen Lippen lag ein sanftes Lächeln.

 

„Danke.“

 

Das nonchalante Schulterzucken, an dem Ataru sich versuchte, wirkte vermutlich eher verunglückt, aber dennoch konnte sie nicht anders, als ebenfalls zu lächeln.

 

„Immer.“ Einen Moment verharrte sie, bevor sie, einer plötzlichen Eingebung folgend, noch etwas näher an die Badtür trat und Toshiya einen kleinen Kuss auf die Lippen gab, der sie beide gleichermaßen zu überraschen schien. „Ich … bin dann in meinem Zimmer“, murmelte sie. Sie zögerte noch eine Sekunde, wandte sich dann ab, um sich endlich der Futons anzunehmen und vor allem die nassen Tatami-Matten vor eventuellen Schäden zu bewahren.

 

Lange warten musste sie nicht, bis die beiden ihr wieder Gesellschaft leisteten. Allerdings – das gestand sie sich zumindest gedanklich ein – brauchte sie dann doch einen Moment, um ihren Anblick zu verarbeiten. So sehr es sie beruhigte, halbwegs passende Kleidung für ihre Freunde gefunden zu haben, so unfair war es einfach, wie gut sie in den weiß-blau gemusterten Yukatas aussahen. Schließlich waren diese ja an und für sich wirklich nichts Besonderes.

Also lag es vielleicht einfach an der Besonderheit ihrer Männer.

Oder sie war schlicht über beide Ohren verschossen und Die und Toshiya hätten auch Reissäcke tragen können, ohne dass es ihrer Attraktivität in ihren Augen einen Abbruch getan hätte. Und so saß sie still inmitten des kleinen Lagers aus drei Gäste-Futons, die sie auf dem Boden ihres Zimmers ausgebreitet hatte, und sah ihnen dabei zu, wie sie sich neben ihr niederließen.

 

„Dürfen wir dich jetzt noch mal richtig begrüßen?“, wollte Die mit einem kleinen Grinsen wissen, zog sie an sich, nachdem sie mit einem Nicken ihre Zustimmung signalisiert hatte.

 

Vielleicht hätte sie auch noch etwas gesagt, aber bevor sie ihre Gedanken richtig formulieren konnte, lagen Dies kühle Lippen auf ihren. Atarus Augen schlossen sich wie von selbst und die Anspannung, die sie bisher gespürt hatte, verschwand aus ihrem Körper, als hätte es sie nie gegeben, wurde von einem anderen, schöneren Gefühl ersetzt.

Sie hätte es nicht wirklich in Worte fassen können warum, aber so in Dies Armen fühlte sie sich sicher, leichter irgendwie. Und als sie spürte, wie Toshiya ebenfalls näherkam, sich an sie schmiegte, schließlich liebevoll seine Lippen über ihren Hals und Nacken wandern ließ, konnte sie ein leises, atemloses Seufzen nicht zurückhalten, das sich irgendwo zwischen ihnen verlor.

Irgendwann, nach einer kleinen, schwerelosen Ewigkeit zog Die sich etwas zurück, löste den Kontakt zwischen ihnen, nur um ihr gleich darauf noch ein Küsschen auf die Nasenspitze zu geben. Dann streckte er sich, allem Anschein nach mit sich und der Welt zufrieden, mit einem entspannten Seufzen auf dem Futon aus. Was Ataru, wenn sie ehrlich war, wie eine wirklich gute Option vorkam und das nicht nur, weil sie gerade fürchterlich weiche Knie hatte.

Sie richtete sich etwas auf, um ihren Gedanken in die Tat umzusetzen, ließ aber gern zu, dass Toshiya sich stattdessen auch nun noch einen, zugegebenermaßen nicht minder atemberaubenden, Kuss von ihr stahl. Dann machte sie es sich mit wild klopfendem Herzen so bequem, dass sie ihren Kopf auf Dies Brustkorb betten konnte.

Toshiya hingegen verharrte weiterhin leicht über sie gebeugt, reckte sich etwas, um nun auch Dies Lippen noch einmal für sich zu erobern. Ataru wusste nicht, ob sie ihnen diesen kleinen Moment der Zweisamkeit hätte gönnen und wegschauen sollen. Aber irgendwie konnte sie nicht anders, als sich noch etwas mehr zu Die zu drehen, um zumindest einen Blick auf die beiden erhaschen zu können.

Wenn sie so darüber nachdachte, war es das erste Mal, dass sie sich vor ihr auf diese Art und Weise küssten. Sonst waren es zwar oft kleine Zärtlichkeiten und Küsse gewesen, die sie ausgetauscht hatten, aber da war nie diese vollkommen offene Hingabe gewesen, die die beiden jetzt ein wenig außer Atem zurückließ. Doch bevor sich ihr schlechtes Gewissen darüber regen konnte, dass sie sich vielleicht ihretwegen hatten zurückhalten müssen, zwinkerte Toshiya ihr kurz zu.

 

„Muss ja Gleichberechtigung herrschen, oder?“, meinte er nur leichthin. Dann streckte er sich so auf dem Futon aus, dass er auf der Seite liegend Atarus Bauch als Kissen nutzen konnte, während seine Finger begannen versonnen über Dies Oberkörper zu streicheln.

 

Sie verharrten eine ganze Weile in relativer Stille, tauschten stumm kleine, liebkosende Berührungen aus. Währenddessen tobte der Sturm draußen weiter. Der Wind rüttelte an den Fenstern und die Welt machte insgesamt den Eindruck, als würde sie darüber nachdenken, heute doch noch unterzugehen. Die Kerzen in den Windlichtern verbreiteten weiches Licht im Raum, tauchten ihn in warme Geborgenheit, die Ataru half, ihre Gedanken zu ordnen.

 

„Kann das wirklich einfach so funktionieren?“, fragte sie schließlich, behielt ihre Augen geschlossen, weil es einfacher schien, als die beiden bei dieser Frage ansehen zu müssen.

 

„Was meinst du?“ Sie konnte das Stirnrunzeln in Toshiyas Stimme hören, seinen warmen Atem, als er die Gegenfrage stellte, durch den dünnen Stoff ihres Oberteils hindurch auf ihrer Haut spüren.

 

„Das mit uns.“ Sie wünschte, sie hätte weniger zögerlich klingen können, aber vielleicht zeigte das auch einfach, wie unwirklich ihr die Situation vorkam.

 

„Wieso sollte es nicht funktionieren?“, hakte nun Die nach. Und er schaffte es, tatsächlich so zu klingen, als könnte er keinerlei Gründe erkennen, die ihre Beziehung irgendwie verkomplizieren könnten.

 

„Ich weiß nicht …“ Ataru seufzte leise, zwang sich dazu weiterzusprechen, während sie jetzt an die Zimmerdecke sah und unruhig eine lange Strähne von Dies halbtrockenem Haar zwischen ihren Fingern herumzwirbelte. „Vielleicht ist es das. Ich hab einfach keine Ahnung von Beziehungen. Das war für mich immer etwas, worüber ich gar nicht wirklich nachdenken wollte, weil es mir so unrealistisch vorgekommen ist, dass sich jemand … auf diese Art und Weise für mich interessieren könnte? Und, na ja, ihr kennt euch schon quasi immer und … Ich habe Angst, zwischen euch zu stehen oder … ach, keine Ahnung.“
 

„Okay“, begann Toshiya, stützte sich halb mit einem Arm neben ihr auf und sah sie ernst an. „Aber ich hab dir doch gesagt, dass du dir darüber keine Gedanken machen brauchst. Und das war absolut ernst gemeint. Das, was ich für dich empfinde-“, er warf einen kurzen Blick zu seinem Partner, der ihn mit einem kleinen Lächeln erwiderte. „Oder was Die für dich empfindet, ändert nichts an unseren Gefühlen füreinander.“
 

„Und wir sind durchaus erwachsener, als es manchmal den Anschein macht“, fügte der Älteste hinzu. „Eben weil wir uns schon so lange kennen, können wir über solche Sachen offen reden. Und, was soll ich sagen, wir mögen dich eben beide.“ Vorsichtig hob er eine Hand und strich Ataru sacht einige dunkle Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Die Frage ist also vielleicht einfach, ob es dir umgekehrt genauso geht.“
 

Sie konnte fühlen, wie ihre Haut sich unter Dies kühlen Fingern erhitzte, brachte erst einmal nur ein Nicken zustande.
 

„Schon“, sagte sie dann leise. „Aber das ist es ja auch, was mich überfordert. Ich habe solche Gefühle noch nie für mehrere Personen gleichzeitig gehabt und ich weiß nicht, woher das jetzt kommt.“ Sie seufzte leise, drehte ihren Kopf etwas, um einen kleinen Kuss in Dies Handfläche zu drücken, bevor sie weitersprach. „Aber ich weiß auch, dass ich mich nie für nur einen von euch entscheiden müssen will. Oder das könnte.“
 

„Das ist doch ein Anfang, oder nicht?“

 

Erneut konnte sie auf die vermutlich eher rhetorische Frage nur nicken.
 

„Es macht mich nur alles nervös … Weil ich eben so unerfahren bin. In jeder Hinsicht“, gestand sie schließlich leise, hätte sich am liebsten irgendwo unter den Futons versteckt. „Und das wiederum macht mir Angst, weil ich mir Sorgen mache, dass ihr von mir enttäuscht sein werdet oder-“

 

„Wieso sollten wir das?“, fiel Toshiya ihr ins Wort und fuhr erst fort, als sie sich dazu bringen konnte, ihn wieder anzusehen. „Das … Ataru, darum geht es doch gar nicht. Und ich spreche da jetzt mal für uns beide. Natürlich wollen wir dir nahe sein und ich würde nicht wagen zu behaupten, dass wir dich nicht unfassbar anziehend finden.“ Beinahe wollte sie sich abwenden, denn auch jetzt fühlte sie sich schon wieder von der Ehrlichkeit überfordert, die sie seinen dunklen Augen und seinem kleinen selbstironischen Lächeln sehen konnte. Und selbst das schien ihm nicht zu entgehen, denn Toshiya rückte etwas weiter zu ihr nach oben, um einen federleichten Kuss auf ihre Schläfe zu hauchen. „Du bist diejenige, die das Tempo vorgibt. Weder Die noch ich würden dich je zu etwas drängen und ganz ehrlich?“, er zog eine Augenbraue etwas nach oben. „An diese neue Situation müssen wir uns selbst auch erst gewöhnen.“
 

„Okay.“

 

„Und wenn du nie mehr willst, als das hier“, merkte Die dann an. „Bin zumindest ich für meinen Teil auch absolut zufrieden. Aber wir haben alle Zeit der Welt, um das gemeinsam herauszufinden.“
 

„Okay.“ Diesmal verließ das Wort mit einem kleinen, erleichterten Lachen ihren Mund. Denn auch wenn sie sich eigentlich sehr sicher war, dass sie früher oder später mehr als das hier wollen würde: Es tat gut versichert zu bekommen, dass es nichts war, was passieren musste, bevor sie sich dazu bereit fühlte. Oder überhaupt passieren musste. Selbst, wenn sie nie wirklich daran gedacht hätte, dass die beiden ihr irgendetwas würden aufzwingen wollen. Und wenn ihr Herz gerade immer noch wie wild schlug, war es aus Glück, solche wunderbaren Partner – allein bei dieser gedanklichen Bezeichnung machte es einen kleinen Freudensprung in ihrem Brustkorb – gefunden zu haben.
 

„Sagt mal“, begann sie deswegen nach einigen Sekunden der Stille wieder. „Ohne jetzt vollkommen plump vom Thema ablenken zu wollen-“
 

„Was du natürlich nie tun würdest“, sie konnte Dies Lachen in seinem Einwand hören, rollte aber nur ebenfalls grinsend mit den Augen.

 

„Natürlich nicht. Nie“, bestätigte sie ebenfalls leise kichernd, versuchte aber sich zusammenzureißen und zu ignorieren, dass auch Toshiya sich schwer damit tat, seine Belustigung zu verbergen. „Erzählt mir etwas von eurem Leben.“ So gut sie konnte, sah sie zwischen ihnen hin und her. „Wie ist das alles? Lebt ihr immer unter Wasser? Wie viele Nixen gibt es hier? Wie kommt es, dass niemand merkt, dass ihr hier lebt?“, sprudelten die Fragen aus ihr heraus, auf die sie in den letzten Tagen, auch mithilfe des allmächtigen Internets keine Antworten gefunden hatte.

 

„Mh …“ Toshiya warf Die über sie hinweg einen kurzen Blick zu, den der aber nur mit einem Schulterzucken erwiderte, wie um zu signalisieren, dass der Jüngere doch das Erzählen übernehmen sollte. „Wir leben die allermeiste Zeit im Wasser“, begann er schließlich.Gleichzeitig änderte er seine Haltung so, dass er ausgestreckt neben ihr lag und sich bequem mit einem Ellenbogen auf dem Boden abstützen konnte. „Zumindest als Erwachsene.“
 

„Wie kann ich mir das vorstellen? Lebt ihr einfach hier und da, wo es euch gefällt, oder habt ihr … Häuser, Siedlungen, irgendwas in der Art?“
 

„Höhlensysteme in Riffen. Unsere Art bevorzugt es, nicht zu tief im Wasser zu leben, sodass das Sonnenlicht noch sichtbar ist. Im Sommer hier-“, er hob seine freie Hand und ließ seine Finger spielerisch erst über Atarus Rippenbögen und dann über Dies Oberkörper laufen. „Und im Winter weiter im Süden, dann wandern wir quasi mit dem Wetter mit.“
 

„Klingt, als würde das für mich ein langer Winter werden …“, überlegte Ataru laut, war für den Moment so mit ihren Gedanken beschäftigt, dass sie den neuerlichen Blick, den Die und Toshiya teilten, nicht bemerkte. „Wenn du sagst ‚eure Art‘ heißt das dann, dass es verschiedene Arten von Nixen gibt?“
 

„In dieser Gegend eigentlich nur unseren Schwarm“, war es nun Die, der antwortete. „Aber wir sind natürlich nicht die Einzigen und in anderen Teilen der Welt gibt es andere Arten oder Wesen, die recht nah mit uns verwandt sind. Ganz im Norden von Japan leben außerdem Sirenen.“
 

„Wie die aus den griechischen Sagen?“
 

„Fast. Für den menschlichen Geschmack vielleicht weniger ansehnlich, als sie dort beschrieben sind. Und noch wesentlich gefährlicher.“
 

„Also stimmt das mit dem Gesang?“
 

„Oooh ja … Und sie sind sehr gute Jäger.“ Bei seiner Zustimmung nahm Dies Stimme einen fast schon grimmigen Tonfall an, der ihr unversehens einen Schauer über den Rücken jagte.
 

„… dann bin ich froh, dass ich stattdessen euch getroffen habe.“
 

„Und wir erst.“

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ähm ja. Ich lebe noch und ich hab die Story nicht vergessen, sondern bin nur unfähig alles was auch nur an einen Uploadplan erinnert einzuhalten. Ich hoffe, das neue Kapitel gefällt trotzdem.
Und wer mehr über die Sirenen wissen will, sollte mal bei Helios' "Siren's Call" schauen :D Komplett anzeigen

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