Zum Inhalt der Seite

Der Schatten des Doktors

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Auf der Flucht

Zwei Monate nach der Trennung

******************************
 

„Und nun rennen Sie! Los!“
 

Das ließ sich Rose nicht zweimal sagen und lief mit zum Boden gerichteten Augen so schnell sie konnte los. Auch wenn das angeschlagene Knie erst einmal protestierte, setzte sie doch in möglichst weiten Schritten über die Grassoden hinweg und versuchte den Stolperfallen so gut es eben in diesem Tempo ging auszuweichen. Mehr als einmal kam sie dabei ins Straucheln, konnte sich aber immer wieder abfangen.
 

Auf die Umgebung zu achten, wurde dadurch leider verdammt schwierig. Dennoch konnte sie in den Augenwinkeln erkennen, dass ihr der Doktor dichtauf folgte. Nur einmal verlangsamte er kurz sein Tempo, drehte sich im Lauf halb um und warf dann etwas in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
 

Rose drehte sich nicht um, als ein lauter Knall die Luft erfüllte und dann ein Sirren ertönte. Was auch immer da abging, es erzeugte ein seltsames, einem Feuerwerk gleichendes, Lichtspektakel, wie sie an den bunten Reflexionen im Gras erkennen konnten.
 

Im nächsten Moment erklangen Schüsse – hoffentlich ballerte niemand jetzt auch noch in ihre Richtung!
 

Sie beging jedenfalls nicht den Fehler, stehen zu bleiben und sich neugierig umzusehen, ihr reichte es schon, zu bemerken, dass der Doktor die Beine in die Hand nahm und langsam wieder aufholte und zu hoffen, dass die Bewaffneten genug von dem „Spielzeug“ ihres Begleiters abgelenkt wurden – denn um etwas anderes konnte es sich bei ihm bestimmt nicht handeln.
 

Rose erreichte heftig atmend den Maschendrahtzaun und schlüpfte hastig durch die Lücke. Der Doktor half ihr ohne Worte dabei sich nicht zu verheddern und sie tat ohne darüber Nachzudenken das Gleiche bei ihm als seien sie bereits ein eingespieltes Team.
 

Dann rannten sie weiter. Immerhin war es wesentlich angenehmer und leichter auf der Straße zu laufen. Trotzdem dauerte es noch eine ganze Weile, die Baumgruppe mit ihrem Wagen zu erreichen – und zwar nicht ganz ohne Anstrengung. Keuchend notierte sich Rose in ihren Gedanken, dass sie wohl wieder das Lauftraining aufnehmen sollte, wenn sie das alles überstanden hatten. In den letzten Jahren war sie einfach zu bequem geworden. Das rächte sich jetzt.
 

Sie wusste, das Auto war die einzige Chance, die sie und der Doktor noch hatten, um überhaupt zu entkommen, denn der Zeppelin war mittlerweile so weit niedergegangen, dass eine Tür geöffnet werden konnte. Weitere Bewaffnete sprangen hinunter in das Unkraut des letzten Jahres. Und die waren mit Sicherheit fit genug, um sie zu Fuß einzuholen.
 

Noch im Lauf zog sie die Fernsteuerung aus der Jackentasche und entriegelte die Zentralverrieglung. Damit war es kein Problem mehr, die Tür aufzureißen und sich hastig hinter das Lenkrad zu setzen.
 

Der Doktor stieg derweil wie selbstverständlich auf der Beifahrerseite ein. „Das Illusianische Lichtspiel wird die Jungs leider nicht lange aufhalten!“, rief er Rose zu und zwinkerte. Sie grinste zurück. Zwar schien er nicht ganz so außer Atem zu sein, aber auch ihm war die Anstrengung der Flucht anzumerken. Genau das machte ihn ihr sympathisch.
 

Dann hielten sie einen Augenblick mit dem Sprechen inne, um Luft zu schöpfen. Rose nestelte in der Zwischenzeit den Schlüssel aus ihrer Hosentasche und schob ihn in das Zündschloss. „Okay, genug ausgeruht. … Jetzt sollten wir schnellstens hier verschwinden!“
 

Sie startete den Motor. Zuerst setzte sie ein Stück zurück, um unter den Bäumen weg zu kommen, dann wollte sie den Weg einschlagen, den sie gekommen war, um möglichst viel Abstand zu gewinnen.

Der Doktor erkannte ganz offensichtlich ihre Absicht, denn er legte plötzlich die Hand auf das Lenkrad. „Nein, nicht dahin! Fahren Sie in die andere Richtung. Wenn wir jetzt versuchen die Autobahn zu erreichen erwischen die Kerle uns schneller als uns lieb ist!“, riet er ihr mit einem drängenden Ton in der Stimme und drehte sich dann wieder von ihr weg, um wieder aus dem Fenster zu blicken.
 

Rose blieb ohnehin keine Zeit mehr, um über seine Bitte nachzudenken, denn ein paar Meter seitlich vor dem Wagen zog eine Maschinengewehrsalve eine Spur durch den Lehm. Okay, das war ein weiterer überzeugender Grund, seinem Rat zu folgen und nicht ihren ursprünglichen Plan umzusetzen.
 

Deshalb drehte sie das Lenkrad in die andere Richtung und trat viel zu hastig aufs Gas. Der Wagen machte einen Satz nach vorne – aber das war ihr Glück, denn sie entgingen so einer weiteren Salve, die nur wenige Zentimeter vom Heck entfernt in den Boden einschlug und einige der braunen Grassoden vom Feldrand aufspritzen ließ.
 

„Verdammter Mist“, fluchte Rose, spürte dann aber wie Kampflust in ihr aufstieg. „Glaubt ja nicht, dass wir uns schon geschlagen geben. Das wollen wir doch erst mal sehen! Ich bin ganz und gar nicht beeindruckt von euren Schießkünsten!“
 

Sie ließ den Motor aufheulen. Ihr Gefährt schoss wie ein Blitz über den Weg, um den Kugelhagel endlich hinter sich zu lassen, denn auch wenn Pete Tyler nach den Erfahrungen der letzten Jahre Spezialmodelle für seine Familie besorgt hatte, so konnten diese mit Panzerplatten verstärkten Türen auch einem Maschinengewehrfeuer nicht auf Dauer standhalten.
 

Bei der rasanten Fahrt wurde die Federung durch den holprigen Untergrund hart auf die Probe gestellt und sie heftig durchgerüttelt, aber egal … da mussten sie jetzt durch, auch wenn ihre Köpfe das ein oder andere Mal unangenehm heftig das Wagendach berührten.
 

Der Doktor schien das in Kauf zu nehmen, hing er doch immer noch verdreht im Sitz, um die Lage durch das Heckfenster im Auge zu behalten. Gelegentlich hörte sie ein leises „Au“ aus seinem Mund, aber er beschwerte sich nicht.
 

„Gut so!“, rief er schließlich. „Die Soldaten hören endlich auf zu schießen und rennen nicht länger hinter uns her. Dafür steigt das Luftschiff wieder auf, so wie ich befürchtet habe!“ Mit diesen Worten ließ er sich wieder in eine angenehmere Position zurückfallen. „Zwischen den Hügeln da vorne und einem größeren Waldstück dahinter werden sie es schwerer haben, uns zu verfolgen und schließlich kommt auch noch ein Tunnel!“
 

„Woher wissen sie das eigentlich alles?“ Rose nahm die Augen nicht von der Straße und sah nun die ersten Bäume vor sich. „Und was dann?“, fragte sie hastig. „Die Typen sind mit Sicherheit in der Lage, uns zu orten und werden uns an der ersten für sie günstigen Stelle aufhalten!“
 

„Warten Sie es ab. Ich habe da vielleicht noch ein Ass im Ärmel“, meinte der Doktor mit einem geheimnisvollen Lächeln und lehnte sich sichtlich aufatmend ganz in den Sitz zurück. „Ich bin zu Fuß aus dieser Richtung gekommen. Das war zwar ein hübscher, wenn auch recht strammer Spaziergang. Aber ich hielt es für sicherer, mein Gefährt nicht gleich bei der alten Fabrik abzustellen und das könnte jetzt ein Vorteil sein …“
 

Dann drehte er den Kopf zu ihr hin und sah sie fragend an. „Ich frage mich nur was das für Typen waren, denn wie ein privater Sicherheitsdienst sahen die nicht gerade aus. Dazu waren sie zu gut organisiert und ausgestattet. Handelt es sich vielleicht um das Militär, weil wir unabsichtlich in eine Sperrzone geraten sind?“
 

„Nein, das waren keine Soldaten … Ich habe da so einen Verdacht … “, meinte Rose, die viel lieber nach dem „Gefährt“ des Doktors gefragt hätte, sich aber sicher war, die entsprechende Antwort bereits zu kennen. Und wer weiß, vielleicht hätte sie dann auch noch zu viel von sich und ihrer Vorgeschichte preis gegeben.

Noch war sie nicht bereit, mehr als notwendig über sich und ihre persönliche Mission zu verraten, dafür musste sie einfach mehr über diesen „Doktor“ erfahren, der sich zwar immer wieder so verhielt, wie sie es von „ihrem“ kannte, aber trotzdem nicht der gleiche Mann war. „Können Sie etwas mit dem Torchwood-Institut anfangen?“
 

„Nein, sollte ich das etwa? Ich war allerdings auch lange nicht mehr im Land“, erwiderte er nachdenklich, starrte eine Weile grübelnd vor sich hin und schüttelte dann den Kopf.

„Ich habe früher eine ganze Weile als wissenschaftlicher Berater für UNIT, eine Spezialtruppe der Vereinten Nationen gearbeitet, falls ihnen das ein Begriff ist, aber das liegt nun schon ein halbes Menschenleben zurück.“ Er seufzte. „Ganz offensichtlich habe ich während meiner Abwesenheit so einiges verpasst.“
 

„Ich glaube sogar eine ganze Menge …“ Rose warf dem Doktor … der gleichzeitig so vertraut und dann wieder fremd auf sie wirkte, einen schiefen Blick zu. „Dann haben Sie vermutlich die Cybermen-Invasion auch nicht mitbekommen, oder?“
 

„Cybermen?“ Seine Stimme wirkte sichtlich überrascht, auch die Augen weiteten sich für einem Moment, so als habe er gerade damit nicht gerechnet.

„Ich dachte, dieses Problem wäre erledigt, nachdem der Brigadier und ich dafür gesorgt haben, dass sie die Erde in Ruhe lassen. Und seit der Zerstörung der letzten Welten, die sie unter ihr Joch gebracht haben, habe ich tatsächlich keine Spuren mehr von ihnen gefunden, weder jetzt noch …“, murmelte er nachdenklich. Sein Blick verlor sich in weite Fernen, so als schien er unzählige Erinnerungen durchzugehen.

„Die Daleks sind schon Plage genug, wenn sie es wieder einmal schaffen, ihren Heimatplaneten Skaro zu verlassen … “
 

Rose zog überrascht eine Augenbraue hoch. Ihr Doktor hatte auf den gemeinsamen Reisen nicht nur ganz andere Dinge über seine gefährlichsten Feinde erzählt, sondern auch mit sehr viel mehr Hass und Wut über sie gesprochen, trugen doch gerade die Daleks die Schuld am Untergang seines Heimatplaneten, wie sie sich erinnerte. Und als sie an ihre eigenen unangenehmen Begegnungen mit diesen gefühllosen Monstern dachte, lief es ihr immer noch kalt über den Rücken.
 

Aber dieser Mann hier sprach von diesen beiden Rassen, als ob sie hier nur eine Gefahr von vielen wären und kaum Spuren im Gefüge von Raum und Zeit hinterlassen hätten, was fast schon ein beneidenswerter Zustand war, eine Gnade, die diesem Universum erwiesen worden war.
 

Andererseits durfte sie aber auch nicht vergessen, dass sich in dieser Welt ohnehin viele Dinge ganz anders entwickelt hatte, als in ihrer eigenen Dimension. Sie musste nur an ihre eigene Existenz denken. „Rose“ war hier schließlich nicht die Tochter der ursprünglichen Jackie Tyler gewesen, sondern nur deren süßer, kleiner Schoßhund, und die Frau, die sie unter dem Namen ihrer Mutter kennengelernt hatte, ein kalte, egozentrische Hexe …
 

Dann schüttelte sie die Gedanken ab … aber das war schon länger Geschichte und alles hatte sich zum Guten gewendet. Jetzt galt es an andere Dinge zu denken …
 

Der Doktor schreckte wieder hoch. „Wie kommt es eigentlich, dass die Cybermen wieder zurückgekehrt sind?“
 

„Sie kamen nicht aus dem All, sondern hier von der Erde“, erklärte Rose mit einem bitteren Klang in der Stimme. „John Lumic, ein größenwahnsinniger Industrieller, hat Gott weiß woher, Ideen oder Pläne zur Erschaffung der Cybermen gehabt und sie mehr als erfolgreich in die Tat umgesetzt. Ihm war egal, was er anderen antat, nur um seine eigenen verrückten Pläne durchzusetzen! Es wäre ihm fast gelungen, die Menschheit zu vernichten …“ Sie holte tief Luft. „Glücklicherweise nur fast! Im letzten Moment hat eine mutige Gruppe ihn aufhalten können.“
 

„Wenigstens das …“ Der braunhaarige Mann schüttelte traurig den Kopf. „Oh, ihr dummen, törichten Menschen, warum lernt ihr eigentlich nie dazu und hört endlich einmal darauf, was ich euch sage?“, klagte er.

“Ich weiß noch, ich habe dem Brigadier damals nach unserem letzten Kampf gegen die Cybermen nicht ohne Grund geraten, alle verbliebenen Überreste so schnell und unauffällig wie möglich einschmelzen zu lassen, auch wenn er sich damit vermutlich gegen seine Befehle gestellt hätte, habe ihn, wie auch Liz Shaw eindringlich um die Vernichtung der Untersuchungsergebnisse gebeten …“, fügte er ernüchtert hinzu.

„Aber nein, wie so oft hat man natürlich wieder einmal nicht auf mich hören wollen. Wie immer kam das Veto vermutlich von höherer Stelle, weil ja der strategische Nutzen von viel größerer Bedeutung ist als der gesunde Menschenverstand. Kein Wunder also, dass das irgendwann passieren musste!“ Er schnaubte wütend. „Soldaten und Politiker!“
 

'Da sind wir durchaus der gleichen Meinung' , stimmte ihm Rose in Gedanken zu und dachte an das, was sie auf ihren Reisen mitangesehen hatte.
 

Zugleich verringerte sie die Geschwindigkeit des Wagens, weil die Straße schmaler wurde. Sie war zwar immer noch asphaltiert, aber jetzt würden kaum noch zwei Wagen problemlos aneinander vorbei kommen. Ein weiterer Grund war das Gefälle auf der Seite auf der sie fuhr und der Bach, der dem Straßenrand teilweise unangenehm nahe kam.
 

Um die Stille zu durchbrechen, stellte sie eine Frage, die ihr ebenfalls auf den Lippen brannte: „Wo sind Sie eigentlich die ganze Zeit gewesen, wenn sie nicht einmal das mitbekommen haben, Doktor? Die Cybermen waren doch in der ganzen Welt zu finden … vielleicht mit Ausnahme von den Urwäldern Amazoniens oder der Sahara und anderen nicht technisierten Gebieten!“
 

Sie schluckte. Überraschenderweise ging ihr sein Namen fast schon selbstverständlich von den Lippen, hatte der altertümlich gekleidete Lockenkopf an ihrer Seite doch eigentlich bewiesen, dass er auch in diesem Universum die Verrücktheiten liebte … und dabei doch immer genau zu wissen schien, was er tat. Wenn sie ihn so von der Seite betrachtete …
 

… war sie doch eher froh darüber, dass er sich nicht nur im Aussehen genug von ihrer großen Liebe unterschied, um nicht ständig mit ihren Gefühlen durcheinander zu geraten.
 

Gleichzeitig fragte sie sich aber auch, ob „ihr“ Doktor nicht auch einmal so gewesen war wie dieser Mann hier – in der Zeit vor dem Verlust seiner Heimat, der die düster brodelnde Melancholie, in ihm ausgelöst hatte. Aber ob sie sich dann auch so leicht in ihn hätte verlieben können … sie wusste es nicht.
 

Der Mann an ihrer Seite reagierte allerdings nicht so wie sie erwartet hatte. Anstatt ihr zu antworten, weiteten sich plötzlich seine Augen und er rief energisch: „Halt!“
 

Rose trat, dem Ruf folgend, unwillkürlich auf die Bremse. Sie kämpfte einen Augenblick darum, den Wagen unter Kontrolle zu halten, während die Reifen quietschten und sie ordentlich durchgeschüttelt wurden. Erst als das Auto zum Stehen gekommen war, blickte sie mit bis zum Hals klopfenden Herzen wieder bewusster durch die Frontscheibe und verstand den Grund für die Warnung des Doktors…



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück