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Der Weiße Phönix

Wichtelgeschichte für Decken-Diebin
von

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Der Phönixprinz fühlte sich wie in einem Déjà-vu, als er umgeben von den Vier hinter einer Felsformation stand und immer wieder zu Calebs Lager hinüber blickte. Die Zahl seiner Anhänger hatte sich seit der letzten Konfrontation mehr als verdoppelt und Emir fragte sich, wie viele dieser Mitstreiter wohl Kriegsgefangene waren. »Aber nicht mehr lange«, murmelte er und wandte sich zu seinen Kämpfern um. »Diesmal sind wir uns sicher, dass das keine Falle ist?«

Antar neigte leicht den Kopf. »Wenn Ihr mit Eurer Vermutung richtig liegt, dürfte das Lager bis auf ihre Waffen ungeschützt sein.«

»Der Weiße Phönix hat mich mit seinem Blick gesegnet. Das ist mehr als nur eine Vermutung.« Emir sah jedem der Vier einen Moment lang in die Augen, dann wandte er sich um und nahm seinen Speer in die Hand. »Lasst alle, die sich ergeben am Leben. Sie fürchten sich vor Hurairas dunkler Magie und wussten sich in ihrer Verzweiflung nicht anders zu helfen. Ich will mich direkt bis zur Krähe schleichen und das Böse an seiner Wurzel angreifen.«

Hinter sich hörte Emir das leise Rascheln von Stahl gegen Leder und als er nur noch seinen eigenen Atem hören konnte, zog er los.
 

Caleb! Der selbsternannte König spürte, wie jemand ihn in seinen Gedanken zu erreichen versuchte. Er riss die Augen auf, gerade noch rechtzeitig um der Speerspitze auszuweichen, die sich dort in den weichen Sandboden bohrte, wo vorher sein Kopf gelegen war. »Abhiratis Bastard!«, knurrte die Krähe, als sie den Speer erkannte und kam flink auf seine Füße. Draußen hörte er bereits Getümmel und ging davon aus, dass die Vier bereits sein Lager aufräumten. Huraira hilf ihnen, dachte sich Caleb, sonst sind sie nicht mehr als bewaffnete Bauern. Er griff nach dem Roten Stern und wollte ihn in die Höhe reißen, doch das selbstgefällige Grinsen des Prinzen ließ ihn wertvolle Sekunden zögern. Erst jetzt fiel der Krähe auf, dass bis auf die erste Attacke kein weiterer Angriff vom Prinzen gekommen war.

»Versuch nur, deine Göttin anzurufen, Caleb, es wird dir nichts nützen«, sagte er noch immer grinsend und schnitt mit seinem Speer ein Loch in die Zeltplane. Als das Stück Stoff wegglitt, durchflutete die grellen Mittagssonnen das Zelt und ließ Caleb kreischen. »Solange die Symbole meiner Mutter am höchsten Punkt des Himmels stehen, bist du blind für Hurairas Hexerei!«

Caleb war das bereits aufgegangen, als die ersten Sonnenstrahlen seine Haut berührten. Wie hatte der Phönixprinz das herausfinden können? Hurairas Macht war ein Geheimnis, dass sich nur ihm offenbart hatte. »Wie konnte ...«, begann er, doch der Rest seiner Worte ging in einem Gurgeln unter, als der Phönixprinz ihm die Speerspitze in den Hals rammte.

»Ich habe genug gehört«, sagte Emir und wischte seinen Speer im Sand ab. Einen Moment lang sah er dem sterbenden Krähenkönig an, der sich auf dem Boden wandte, dann entriss er ihm den Stab mit Hurairas Stern. Den Edelstein brach er aus dem Holz und warf den Stock auf den Boden, während er den Roten Stern einsteckte. Dann riss er die restlichen Zeltplane vom Gerüst, sodass das licht aller SOnnen auf Caleb prallte, der sich nicht mehr regte, und ohne noch einmal nach hintern zu sehen, verließ der Phönixprinz das Lager.
 

Tosender Jubel brach aus, als der Phönixprinz und die Vier durch das Tor der Hauptstadt ritten. Auf seinem Speer hatte Tarik den Kopf des toten Krähenkönigs aufgespießt und trug ihn wie eine Trophäe vor sich. Doch das erste Mal in seinem Leben war Emir nicht danach, sich in seinem Ruhm zu sonnen. Das Gefühl der Erleichterung, das sich der Prinz mit dem Tod seines Feindes und die damit verbundene erfolgreiche Bewältigung seiner Prüfung erhofft hatte, war ausgeblieben. Stattdessen verfolgte ihn ein Schatten, vom dem er nicht wusste, woher er kam. Er würde noch heute zum König gekrönt werden, warum freute er sich also nicht?

»Yera, ich will, dass du dem General Bescheid gibst und dass noch heute die Truppe ausströmen, um sich um die besetzten Dörfer zu kümmern. Lass den Kopf der Krähe auf der Stadtmauer aufspießen, Tarik, und Mejahida, eile zum Tempel. Die Priester sollen alles für die Zeremonie vorbereiten. Sobald ich aus dem Seraill zurückkomme, wird der Phönixkönig gekrönt.« Die Krieger nickten und strömten aus, nur noch Antar blieb an der Seite des baldigen Königs. Im Hof des Seraills stieg Emir ab und eilte sofort in den Flügel, wo Amala auf ihn wartete. Eine seltsame Schwere hing in der Luft, die den Prinzen zu weiterer Eile trieb, und als ihm der Geruch von Weihrauch in die Nase stieg, legte er den Rest des Weges rennend zurück.

»Was ist passiert?«, bellte er laut und die Wände um ihn herum vibrierten dabei. Vor dem Zimmer standen zwei Wachen stramm und ein Priester kam gerade aus dem Zimmer. In den Händen hielt er eine ellenlange hölzerne Truhe. »Nein, nein, nein ...«, flüsterte Emir, als er das Behältnis erkannte. Mit einem Satz stand er vor dem Priester und hatte ihn beim Kragen gepackt. Wütend hob er ihn eine Handbreit vom Boden auf und rammte ihr gegen die massive Holztüre hinter ihm. »Du hast gesagt, sie sei außer Gefahr!«, schrie der Prinz und unter seinen Händen zappelte der Priester zu Tode verängstigt. Erst als Antar den Griff des zornigen Prinzen löste, fiel der Heiler zu Boden und schnappte panisch nach Luft.

»Erkläre dich vor dem König«, sagte der Krieger ruhig aber nicht weniger intensiv und legte eine beruhigende Hand auf Emirs Schulter. Er spürte den Prinzen zittern.

»Es tut mir unendlich Leid, Majestät«, stammelte der weiß gewandete Mann. »Nachdem Ihr gegangen wart, fiel Eure Königin in einen tiefen Schlaf. Wir versuchten alles erdenkliche, um sie zu wecken. Doch ihr Puls wurde immer schwächer, bis ihr Herz schließlich gestern zum Zenit der Sonnen zu schlagen aufhörte.«

Mit jedem Wort, das der Priester sprach, verminderte sich Emirs Zorn, bis er schließlich ganz verebbte und nur noch eine allumfassende Leere in ihm übrig blieb. »Ich will sie sehen«, sagte er nach einer Weile des Schweigens und wurde sogleich ins Zimmer geführt.

Das Zimmer war komplett abgedunkelt, nur der Schein einer einzelnen Kerze fand ihren Weg durch die dicken Weihrauchschwaden, die in der Luft hingen. Sie hatten Amala auf dem Bett aufgebahrt. Sie trug die Priesterroben, in denen er sie kennen geernt hatte.

Als ich Caleb den Speer durch die Kehle gerammt habe hörte Amalas Herz auf zu schlagen Als hätte sie damit ihren Zweck erfüllt ... »Lasst mich alleine«, murmelte Emir und setzte sich an den Rand des Bettes, als er hinter sich die Türe schließen hörte. Sacht streichelte er ihr über die Stirn, die sich eiskalt unter seiner Hand ausbreitete. »Es tut mir leid, dass ich nicht da war«, sagte der Prinz. »Und dass ich mein Versprechen nicht wahr machen konnte.« Wie sie da lag, wirkte sie so ruhig wie noch nie. »Du wirst eine Feuerbestattung bekommen, die einer Königin würdig ist. Und irgendwann werde ich dir ins Feuer folgen.«

Emir nahm Amalas Hand in seine und küsste sie, wie er es getan hatte, bevor er gegangen war. Durch die geschlossenen Fenster hörte er in der Ferne die Fanfaren, die im Einklang mit den Tempelglocken erschollen und seinen Sieg verkündeten. Seinen und ihren Sieg zugleich. »Das werde ich niemanden vergessen lassen ...« Zum Abschied beugte sich Emir vor und küsste seiner Königin die Stirn, bevor er sich umwandte und das Zimmer verließ.

 Ein seltsames Kribbeln hatte von ihm Besitz ergriffen, als er Amala den Rücken zukehrte, und zögerlich sah der Prinz an sich herab. Während seines Gesprächs mit seiner toten Geliebten hatte Hurairas Roter Stern hellzuleuchten begonnen.
 

Rot umgab die Dunkle Göttin, doch durch das intensive, pulsierende Licht sah Huraira die Umrisse des Mannes, der ihren Stern fest in der Hand hielt und immer wieder in den Rubin starrte, wie um sich zu versichern. Genau wie es sein sollte. Sowohl Caleb als auch Amala hatten ihr gute Dienste geleistet. Kurz warf sie einen Blick über die Schulter und betrachtete die beiden schwarzen Schatten, die sich zu ihrem eigenen gesellt hatten. Sehr gute Dienste … Durch diese geringen Einmischungen hatte sie Abhirati überlisten können und war unbemerkt hinter ihre letzte Schutzmauer gekommen. Direkt ins Herz ihres Sohnes. Und sie hatte es noch nicht einmal gemerkt, dieser ignorante Piepmatz!

Doch bald … bald würde sie es merken. Spätestens auf der Hochzeit ihres Sohnes würde Abhirati verstehen, dass sie überlistet worden war. Und das sie nun nichts mehr aufhalten würde …



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