雨 - Regen
Leises Prasseln erfüllte die Ruine. Die Blätter tanzten im Einklang mit dem kalten Wind, während die Tränen der Wolken dem Abbild eines Fächers auf Stein einen dunklen Anstrich gaben.
Ausdruckslos starrte er dem grauen Himmel entgegen, ohne diesen wahrzunehmen. Ebenso wenig wie den steinernen Boden, auf dem er lag, oder der Schmerz, der seinen Körper lähmte. Er spürte nichts. Auch nicht die kalten Regentropfen, die an seinem bleichen Gesicht abperlten und sich mit dem Blut – seinem und jenes des toten Mannes neben ihm – vermischten und geräuschlos auf den Boden tropften. Kälte kroch seinen Körper hinauf, schwächte den verletzten Jungen und nur sein eigener, langsamer Herzschlag bestätigte ihm, dass er am Leben war. Dass er überlebt hatte. Dass sein eigener Kampf, den er über Jahre hinweg bestritten und für den er sein ganzes Leben geopfert hatte, nun vorüber war.
Langsam bewegte er seinen Kopf zur Seite, sein kraftloser Atem schwer in seinen Ohren klingend, um den Mann, der ihn zerstört hatte, anzusehen. Seine schwarzen Augen begegneten ebenso schwarzen Spiegeln, deren Seele längst erloschen war. Die Andeutung eines Lächelns umspielte auch noch nach dem Tod seine Lippen und der Junge fragte sich unwillkürlich, warum, obwohl ihn die Antwort eh nicht kümmerte. Nichts kümmerte ihn in diesem Augenblick. Leere umhüllte ihn und das befreiende Empfinden, welches er erwartet hatte, blieb aus. Nur ein dumpfes, kraftloses Gefühl hielt sein verkümmertes Herz eng umklammert ohne die Absicht es je loszulassen.
Regentropfen wuschen den Schmutz und die Hässlichkeit davon, derweil die Luft den Geruch von Wald und Rauch annahm. Schwarze Flammen leckten dem Himmel entgegen und das Zischende Geräusch derer gesellte sich zum Regen.
»Du hast es geschafft.«
Die Augen des Jungen bewegten sich dem Klang entgegen. Er erkannte diese Stimme. Doch was wollte er hier?
Ein schwarzer Mantel mit roten Wolken betrat sein Blickfeld.
»Uchiha Itachi ist tot.«
Es klang mehr wie eine Bestätigung als eine überraschende Feststellung. Als hätte der Mann nichts anderes erwartet.
Erneut richtete der Angesprochene seinen ausdruckslosen Blick auf Itachi. Blut klebte an dessem ausgestreckten Mittel- und Zeigefinger und gab dem Wasser um ihn herum eine blassrosa Färbung.
Der Mann hockte sich zu dem Jungen mit dem dunklen Haar runter und beäugte ihn neugierig aus seinem Guckloch heraus.
»Genau wie ich es mir gedacht hatte.« Er war genau derjenige, den er brauchte, um seinen Plan zu vollenden. Wenn die Zeit gekommen war.
Der Schwarzhaarige wandte sein Gesicht nicht von seinem Bruder ab, hatte er doch keine Kraft, sich überhaupt zu bewegen. Doch aus dem Augenwinkel heraus erkannte er verschwommen die orange Maske, die ihm seine Vermutung bestätigte. Der Mann beugte sich weiter zu ihm vor und streckte die Hand nach ihm aus, zog sie jedoch je zurück und wandte, sich erhebend, den Kopf dem Wind entgegen.
»Sie werden gleich hier sein.«, sagte dieser wieder zu dem Jungen gewandt. »Und sie werden dich mitnehmen. Aber keine Sorge – wir werden uns bald wieder sehen… Uchiha Sasuke.«
Doch Sasuke bekam die Abschiedsworte nicht mehr mit. Sein Blick wurde unklar und sein Herz pochte schmerzhaft in seiner Brust, als würde es ihn daran erinnern wollen, dass es noch weiter pumpte. Seine Lider flatterten, doch er versuchte sie weiter offen zu halten, wollte den Blick nicht von dem Mann nehmen, den er getötet hatte – seinem Bruder, dessen Blut nun an seinen Händen klebte.
Sonnenstrahlen durchbrachen die graue Wolkendecke und schienen auf die zwei Individuen hinab, tauchte sie in grelles Licht, welches von den umliegenden Pfützen reflektiert wurde und Sasukes Sicht erschwerte. Nur noch schemenhaft konnte er etwas erkennen, ehe seine Lider zufielen.
Rosa.
Dann umgab ihn Dunkelheit.