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Der Teufel mit den drei goldenen Haaren

frei nach und lose inspiriert von dem Märchen der Gebrüder Grimm
von

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Der Teufel mit den drei goldenen Haaren

(Ein Märchen von Siberianchan, nach Motiven der Gebrüder Grimm)
 

Einst war ein Königreich, das war glücklich und wohlhabend, doch wartete es mit seinem König lange und vergebens auf einen Thronfolger; schließlich endlich wurde dem Königspaar der lang ersehnte Sohn geboren und im Reich herrschte große Freude.

Einige Jahre vergingen und das Reich gedieh und der Wohlstand wuchs, während aus dem kleinen Prinzen ein wohlgestalter junger Mann wurde, tapfer und aufrecht im Sinn und von guter Erziehung und Bildung, wie es seinem Stand angemessen war.

Seinen Eltern war er eine Freude und der ganze Stolz seines Volkes.

Doch als der junge Prinz mit sechzehn Jahren in das Alter kam, da man über eine Braut nachdenken konnte, da schien das Glück des Landes aufgebraucht.

Überall versiegten die Brunnen und kein Tropfen Wasser war mehr zu holen; andernorts wüteteten im Sommer Feuerstürme übers Land.

Die Mühlen standen still und konnten kein Korn mahlen, da der Wind ausblieb.

Und keiner wusste sich einen Rat.

Im ersten Jahr war das Volk noch guter Dinge, denn der König war weise genug gewesen, große Vorratsspeicher zu bauen und auch zu füllen und so musste niemand Hunger leiden, gleich ob reich oder arm.

Im zweiten Jahr schränkte der König einen Hofstaat ein und senkte die Steuern um das Volk ein wenig zu entlasten.

Und obwohl sie alle sparen mussten, sei es Graf oder Schuster, Edeldame oder Bauernweib, sie alle kamen durch den Winter.

Im dritten Jahr jedoch, als die Not gar zu groß wurde, als die Königin selbst ihrem Manne und Sohn die Kleidung weben, nähen und waschen musste, da hätte nicht viel gefehlt und das Volk hätte angefangen zu murren; nur das Wissen, dass ihr König nicht weniger schlecht lebte als sie selbst und auf jeden noch so kleinen Luxus verzichtete, hielt sie ruhig. Denn das Volk liebte seinen König, doch dieser verzweifelte beinah. Sein Sohn würde sich bald eine Braut suchen müssen, aus guter königlicher Familie, die Prinzessin eines reichen Landes. Und es schmerzte ihn, zu wissen, dass sein Sohn noch keinen rechten Sinn für die Ehe hatte und dennoch eine Braut nehmen würde, wenn die Not es erforderte.

Denn der König liebte seinen Sohn zu sehr, um ihm Kummer bereiten zu wollen, ebenso wie der Prinz seinem Vater und König und seinem Land zu sehr zugetan war, um irgendetwas unversucht zu lassen, die Not zu lindern.

„Vater“, sprach er schließlich, „ich bitte dich, gib mir ein Pferd und etwas Proviant. Ich werde ausziehen, um an den Königshöfen der Nachbarländer um die Hand einer Prinzessin zu freien.“

„Und was soll das bringen, Sohn?“, fragte der König ungläubig, „glaubst du denn, ich könnte dich mit einer Gefolgschaft ausstatten, die deiner würdig ist? Wir haben keine Diener, nur wenige Pferde und kaum ein Hemd, das du besitzt, ist noch besser als das eines Bettlers. Keine Prinzessin wird dich wollen. Die Könige werden dich auslachen.“

„Sei's drum“, erklärte der Prinz. „Wenigstens sehen sie gleich, wer vor ihnen steht, statt sich durch Tand und Blendwerk täuschen zu lassen. Sollte ich eine Braut finden, will ich ihr keine böse Überraschung bereiten. Sie soll ruhig wissen, dass wir arm sind, ich habe keinen Grund, mich dessen zu schämen.“ Und wie er zu seiner Mutter sah, die sich über ihre Näharbeit gebeugt hatte, erklärte er: „Weder scheue ich irgendeine Arbeit, noch soll meine zukünftige Frau das tun; vielmehr hoffe ich, dass sie sich an meiner Mutter ein Vorbild nehmen kann und will und es mir gleich tut.“

„Ach“, seufzte der alte König, „eine solche Frau kannst du lange suchen unter den Reichen und Mächtigen. Die wissen manches Mal nicht, was Arbeit ist, sogar das Regieren überlassen sie ihren Ministern!“

„Dann verdienen sie ihren Reichtum nicht“, erklärte der Prinz, „und solltest du Recht haben, suche ich mir eine wohlhabende Bürgerliche zur Frau, die den Willen zur Arbeit hat.“

„Und warum dieser plötzliche Sinn nach einer Gemahlin?“, fragte die Königin, die sich grämte, ihr Kind ziehen lassen zu müssen und die sich sorgte, was die Zukunft wohl bringen mochte; denn trotz ihres hohen Alters trug sie noch einmal ein weiteres Kind unter ihrem Herzen.

„Warst nicht du es, der erklärte, er sei zu jung für die Ehe, zu unreif, du würdest nicht wissen, was für diesen Bund von Wert ist?“

Der Prinz ergriff die rau gewordenen Hände seiner Mutter und küsste sie: „Was in einer Ehe von Wert ist, habe ich von meinen Eltern lernen können, als die Not am größten war. Ich sehe es immer vor Augen und ich hoffe, eine Braut zu finden, zu der ich mit den Jahren die gleiche Innigkeit aufbauen kann. Die Reife dafür mag mit der Reise kommen, die vor mir liegt.“ Demütig senkte er das Haupt. „Und sollte ich wirklich keinen Erfolg haben, so habt ihr wenigstens einen Esser weniger am Tisch.“

Da blieb dem Königspaar nichts, als den Sohn ziehen zu lassen. Der König gab dem Prinzen das stärkste Pferd, das noch im Stall stand und die Königin suchte ihm die besten Kleider hervor, die sie noch hatten und bereitete ihm alles an Proviant, was sie erübrigen konnten. Schließlich tat die Königin noch ein wenig von ihrem Geschmeide dazu, das noch nicht verkauft worden war.

Und so zog der junge Königssohn los, um in den Nachbarländern um die Prinzessinnen zu freien.

An vielen Höfen war er und viel erlebte er auf seiner Brautschau.

Oft wurden ihm Aufgaben gestellt, mit denen er sich als würdiger Gemahl erweisen sollte, oft Rätsel, manchmal auch musste er Untiere erlegen oder den Prinzessinnen Schätze beschaffen, eine forderte gar, dass er ihr ein singendes, klingendes Bäumchen beschaffte. Der Prinz klagte nie, erfüllte alle geforderten Aufgaben und löste alle Rätsel, doch am Ende wurde er doch immer wieder abgelehnt. Dies ärgerte ihn, doch er ließ sich nicht entmutigen.

Manch andere Könige jedoch sagten rundheraus, dass sie ihre Tochter nicht einem besseren Bettler geben würden und auch die Prinzessinnen selbst äußerten zwar ihr Mitgefühl, doch die Aussicht auf ein entbehrungsreiches Leben behagte auch ihnen nicht. Von diesen nahm der Prinz einen enttäuschten, doch nicht allzu bitteren Abschied, da man ihm offen und ehrlich gegenüber gewesen war. Und einige der Könige hatten ihm Hilfen zugesagt, so dass die Reise vielleicht doch nicht ganz umsonst gewesen war.

Jedoch der letzte König, bei dem er vorsprach, ließ ihn bei den Dienstboten schlafen, wo ein armer Schlucker wie er schließlich hingehörte. Und bei der Audienz, zu der man ihn erst nach sieben Tagen vor ließ, legte er seine besten Kleider an, doch jeder, selbst der niedrigste Page war noch besser und prunkvoller gekleidet als er, um ihm zu zeigen, wie niedrig er doch stand.

Und als der Prinz, dadurch nicht im Mindesten entmutigt, sein Begehr vortrug, die Prinzessin zur Frau zu nehmen, wurde er grausam von derselben ausgelacht, die zwar schön war, wie ein junger Morgen, doch kalt drein blickte, wie eine Winternacht.

Als Bettler beschimpft wurde er dann davon gejagt, ohne sein weniges Hab und Gut nehmen zu dürfen; so konnte er auch nicht den Schmuck mitnehmen, den seine Mutter ihm als Brautgeschenke mitgegeben hatte.

Bitter, voller Wut und überaus beschämt, blieb ihm nichts, als mit leeren Händen und ohne Braut nach Hause zurückzukehren.

Über seine Reise und Brautschau war ein Jahr verstrichen und in dieser Zeit hatte sich die Lage im Land nicht verbessert.

Auch der herzliche Empfang, den ihm die Untertanen bereiteten, konnte nicht über die große Not hinwegtäuschen, die das Land schlimmer denn je plagte.

Und auch in der königlichen Familie hatten die Dinge sich nicht zum Besseren gewendet. In dem Jahr, da (indem) der Prinz fort gewesen, war ihm eine Schwester geboren worden, eine kleine Prinzessin, doch schon bald darauf war die Königin gestorben, erschöpft und geschwächt von dem harten Leben und ihrem Kummer.

Der Prinz weinte bitter wie seit Kindertagen nicht mehr über den Verlust, doch als er in das Gesicht seiner kleinen Schwester blickte, war ihm, als sähe die Mutter zu ihm hinauf und jeder Kummer, der ihn befiel, verflog augenblicklich. Und so war es fortan immer, wenn er das Gesicht der kleinen Prinzessin sah.

Es war gut, dass er nicht lang in Trauer verharrte, denn Trauer lähmt und wer arbeiten muss, darf nicht untätig sein. Er musste auf den Feldern den Bauern helfen, die Ernte einzufahren; und er ging jagen, Wildbret erlegen, dass die Wälder nicht von den Rehen kahlgefressen wurden und auch, damit sie manchmal doch Fleisch essen konnten. Und er musste das Schloss wenigstens versuchen in Stand zu halten.

Die Zeit, die kam, war hart und er hatte viel zu arbeiten, doch das war gut so, denn darüber hatte er keine Zeit, sich zu sehr über die letzte Prinzessin und ihres Vaters Hohn zu grämen.

Den Winter schafften sie zu überstehen und als der Boden aufgetaut und die Toten der kalten Jahreszeit angemessen bestattet waren, ging das Leben wieder den Lauf, den sie nun schon alle kannten.

Der Prinz hatte die Prinzessin darob schon ganz vergessen, nur der zurückgelassene Schmuck seiner Mutter bekümmerte ihn nach wie vor.

Zu dieser Zeit, im Frühling war es, da ein Bote aus einem der Reiche bei ihnen, bei denen der Prinz als Freier vorgesprochen hatte.

Tatsächlich kam der Bote von gerade jenem König, der den Prinzen seinerzeit so gedemütigt und dann so schändlich davon gejagt hatte und bei sich hatte er das Geschmeide der Verstorbenen und eine Nachricht der Prinzessin, die den Prinzen so sehr an einen Wintermorgen erinnert hatte. Eben diese Prinzessin bat ihn in ihrem Schreiben um Verzeihung für ihr fürchterliches Verhalten zuvor und bot ihm den Schmuck als Zeichen ihrer Reue und ihres guten Willens, sich noch einmal mit ihm über eine künftige Verbindung zu unterhalten.

Sowohl der König, als auch der Prinz wussten nicht, was sie davon halten sollten.

„Es zeigt Größe, dass sie um Verzeihung bittet“, stellte der alte König fest, „auch, wenn die Herausgabe des Geschmeides eine Selbstverständlichkeit sein sollte und keine freiwillige Geste ihrerseits.“

„Es ist gleich“, sagte der Prinz, auch wenn er seinem Vater innerlich Recht geben musste. „Ich bin erleichtert, den Schmuck zurückerhalten zu haben. Und auch, wenn sie unverschämt waren, eine Verbindung mit ihnen kann uns nur nutzen. Wir dürfen nicht wählerisch sein, Vater. Bedenk auch die Jüngste unter uns.“ Hierbei blickte er auf seine Schwester, die schon begann, zu laufen und fröhlich jubelnd auf ihn zustolperte.

„Nicht nur, dass ich ihr ein gutes, sicheres Aufwachsen wünsche, wie ich es genossen habe; ich hoffe auch, dass meine Braut ihr die Mutter ersetzen kann; ein Mädchen braucht im Heranwachsen eine weibliche Hand, die es anleitet.“

Der Vater nickte leise seufzend und alsbald ließ er den jungen Prinzen wieder ziehen.

Und der Prinz zog aus und ritt erneut ins Nachbarkönigreich.

Der Empfang, der ihm dieses Mal bereitet wurde, unterschied sich beträchtlich von dem, der ihn bei seinem ersten Besuch erwartet hatte.

Der König selbst begrüßte ihn kurz, doch herzlich, wie ihm selbst seine Räume zu, während dem Prinzen ein Bad bereitet wurde.

Dann wurde er zum Bad geführt und konnte sich dort säubern und pflegen. Und als er aus dem Wasser stieg, lagen herrliche Kleider für ihn bereit, eines Königs würdig und zum ersten Mal seit langer Zeit wurde ihm beim Ankleiden zur Hand gegangen. Da er dies nicht mehr gewohnt war, kam er sich ein wenig sonderbar vor.

Doch gewaschen und angemessen gekleidet fühlte er sich dann auch zum ersten Mal wieder wie der Prinz, der er ja eigentlich war, auch wenn er über die Jahre nie seinen Stolz verloren hatte.

Aufrecht ging er zu der Tafel des Königs und speiste mit ihm und seiner Tochter und den Höflingen, die alle von seiner schönen Erscheinung verstummten, die nun erst recht zur Geltung kam.

Er wurde zuvorkommend behandelt, bekam noch vor dem König aufgetragen und die Prinzessin selbst schenkte ihm vom besten Wein ein. Der Prinz bedankte sich sehr artig, so dass sie beeindruckt war von seinem guten Wesen und ihr Herz begann, sich ein wenig für ihn zu erwärmen.

Nach dem Mahl schließlich sagte der König: „Nun, junger Prinz, wir haben noch einmal über den Antrag nachgedacht, den du uns gemacht hast. Es zeugt von Mut und einem aufrechten Wesen, dass du die Lage deines Landes so ehrlich zeigtest. Und wir wissen auch, dass ihr nie und zu keiner Zeit Schuld an der Misere wart, unter der ihr leidet. Ich denke, dass dein Land nur ein wenig Hilfe braucht, um wieder auf die Beine zu kommen.“

Der Prinz hörte sich das voll guter Hoffnung an und nickte zustimmend. „Wir alle arbeiten hart und sind sparsam – wer uns hilft, kann sicher sein, dass es sich auszahlt.“

„Das ist gut, das gefällt mir“, erklärte der König. „Ich gebe meine Tochter nur jemanden, der nicht auf der faulen Haut liegt. Ein Mann muss wissen, was er für seinen Lohn getan hat.“

Der Prinz senkte tief den Kopf, verlegen und erfreut über diese Lobpreisungen, die ihm so unerwartet zuteil wurden. „Ich danke Ihnen. Auch dafür, dass die verehrte Prinzessin der Auffassung ist, ich sei ihrer würdig. Jedoch werde ich ihr zu Beginn nicht das bieten können, was sie gewohnt ist und was sie verdient. Auch die Prinzessin muss arbeiten und tun was sie kann, damit es uns allen eines Tages besser geht.“

Die Prinzessin lächelte da: „Oh, das ist nicht schlimm. Ich scheue mich nicht, mir die Hände schmutzig zu machen.“

Dem Prinzen wurde gleich noch leichter ums Herz, da er dies hörte; eine solch kluge und verständige Braut würde er nur zu gern nach Hause führen. Und auch, wenn er noch keine Leidenschaft für sie aufbringen konnte, so glaubte er doch, bald Zuneigung und Respekt für sie zu entwickeln und in ihr eine gute Partnerin zu finden.

„Verehrte Prinzessin“, sagte er schließlich, „ich bin glücklicher, als ich es mit Worten je ausdrücken könnte. Und ich bitte euch demütig, meinen Antrag anzunehmen.“

„Das täte ich nur zu gern“, erklärte die Prinzessin noch immer lächelnd und der Prinz sah nicht, dass dieses Lächeln ihr nicht zum Auge reichte. „Doch ich bin nicht die, die dies entscheidet.“ Und dabei sah sie ihren Vater, den König, forschend an.

Dieser rieb sich das Kinn. „Ich gebe dir meine Tochter, junger Prinz. Da sie dich ja will, sollst du sie haben, bei dir ist sie sicher gut aufgehoben.“

Da wollte der Prinz schon die Hand seiner Braut ergreifen, die er soeben errungen hatten, doch der König hob noch einmal die Hand. „Allerdings muss ich dich noch um einen kleinen Gefallen bitten.“

Schon sank der Mut des Prinzen, denn so waren all die Aufgaben genannt worden, an deren Erfüllung die Vermählung mit einer Prinzessin geknüpft gewesen wäre.

„Ich werde dir meine Tochter in jedem Fall zur Frau geben“, erklärte der König. „Wir werden die Verlobung noch heute Abend bekannt geben, wenn du es wünscht, damit du siehst, dass es mir ernst ist.“

Der Prinz konnte dies nur befürworten, denn er war es leid, immer unter den verschiedensten Vorwänden abgewiesen zu werden.

„Und was soll ich nun für sie tun, König?“, fragte er. „Was wünschen sie?“

„Unter der Erde deines Landes lebt ein Dämon, ein Teufel“, sagte der König, „ein Geschöpf von ungeheurer Macht über die Natur und das Wetter und die Pflanzen. Dieser Teufel trägt drei goldene Haare auf dem Kopf, die laut der Legende einen großen Teil seiner Macht ausmachen. Und es würde deinem Land sicher nutzen, wenn du und deine Frau diese Macht in den Händen hielten.“

„Und ich soll diese Haare holen?“, fragte der Prinz, der seine Aufgabe schon ahnte.

„Diese Haare sollst du holen“, bestätigte der König. „Nur wenn du dich bereit erklärst, natürlich. Du hast drei Tage Bedenkzeit. Und heute Abend werden wir eure Verlobung feiern, meine Kinder.“

Und so wurde am Abenden gefeiert und getanzt und gespeist; der Prinz vergnügte sich mit seiner Braut und tanzte den ganzen Abend nur mit ihr, glücklich, eine so verständige Gemahlin heimführen zu können, die zudem noch so schön und klug war. Auch hegte er nun wirklich die Hoffnung, eines Tages Liebe für die Prinzessin zu empfinden, statt bloßer freundlicher Gefühle.

Am Abend begleitete er seine Braut zu ihrem Schlafgemach, doch entgegen ihrer Bitten zog er sich dann zurück und wünschte ihr eine gute Nacht, indem er ihr nur einen unschuldigen Kuss auf die Stirn gab.

Am ersten Tag nach der Verlobung ritt er mit seiner Braut aus und verbrachte den Tag allein mit ihr, ohne einen Finger an sie zu legen, obwohl sie ihm deutlich zu verstehen gab, dass sie nicht abgeneigt gewesen wäre.

Am zweiten Tag versuchte sie, ihn während eines Bankettes dazu zu überreden, die Haut an ihrem Bein zu fühlen.

„Meine Liebe“, bat der Prinz, „ich bitte sie, mich nicht in Verlegenheit zu bringen. Noch sind wir nicht verheiratet und ich hege nicht den Wunsch, sie zu entehren.“

Wieder konnte die Prinzessin nur staunen über das artige Wesen, des Prinzen und sie schämte sich ehrlich ihres Verhaltens.

„Verzeih“, sagte sie, „ich wurde schon so oft einem Prinzen als Braut angetragen und sowohl mein Vater als auch diese Prinzen schienen ein solches Verhalten von mir zu erwarten. Es ist mir zu einer zweiten Natur geworden.“

Da ergriff der Prinz ihre Hände und küsste sie: „Meine Liebe, seien sie versichert, dass nichts geschieht, was sie nicht wünschen. Was ihr aber wünscht, ist etwas, womit ich sie nie entehren könnte. Sie sind meine zukünftige Gemahlin und Königin und sie werden von mir immer den Respekt und die Ehrerbietung erhalten, die sie verdienen.“

Die Prinzessin war aufrichtig gerührt durch diese Worte und unterließ für diesen Tag weitere Annäherungsversuche.

Als sie jedoch am nächsten Tag, den dritten Tag, erneut gegen ihn lehnte und erklärte, was sie wünschte, könnte sie nicht entehren, da gab er ihrem Willen nach.

Doch obwohl es ihm durchaus nicht unangenehm war, so konnte er sich doch nicht ganz dazu überwinden, Lust zu empfinden.

Doch es war genug, dass er am nächsten Morgen vor den König zu trat und sprach: „Ich habe mich entschieden. Sagen sie mir bitte, wie ich zu dem Teufel gelange, wenn sie es wissen.“

Der König beschrieb ihm den Weg zum Eingang in das Reich des Teufels. Dieser Eingang befand sich an einem der Grenzpunkte zwischen den beiden Königreichen, in einem zerklüfteten Bergtal, in dem die Winde heulten und tobten und unachtsame Wanderer griffen und gegen die Felsen schleuderten, wo sie blutig zerschellten.

Der Prinz brach sofort dorthin auf und nach drei Tagen und drei Nächten erreichte er die Schlucht, in der das Reich des Teufels begann.

Schwefeldämpfe stiegen aus den Erdspalten auf und ließen den Prinzen wundersam bunte Lichter sehen, die über den Boden tanzten, sich in die Lüfte erhoben und dort schillernd wie Seifenblasen zerplatzten.

Als er den Lichtern folgte, stolperte er ein Mal über einen der vielen losen Steine, die in der Schlucht lagen und fiel in einen besonders großen Felsspalt, viele, viele Meilen unter die Erde, bis er endlich den Grund erreicht hatte.

Wundersamerweise war es an diesem Ort taghell und die Höhle war fein ausgestattet mit Tischen und Stühlen aus Jade und Kisten und Schränken aus Amethyst und einem großen Bett aus Adamant.

Staunend blickte der Prinz sich um und entdeckte dabei viele Türen aus Gold.

Als er eine der Türen öffnete, fand er wunderbare Kleider vor, aus Seide und Samt und einer Kaiserin angemessen.

Eine Weile verharrte der Prinz in Bewunderung für die Pracht, bis auf einmal ein Wind aufkam, der durch die Räume fuhr und eines der Kleider von der Stange wehte.

Der Prinz hörte Schritte nahen, die sicher nur vom Teufel stammen konnten, und da er sich keinen anderen Rat wusste, warf er sich das Kleid über und verbarg auch noch sein Gesicht unter einem Schleier, um nicht sofort erkannt zu werden.

Dann kauerte er sich hastig und erwartete bang den Teufel.

Jener warf bei seinem Erscheinen die Türe ins Schloss, dass es nur so knallte und der Prinz schrak zusammen und senkte das Haupt noch tiefer.

Und der Teufel trat nah vor ihn. „Nun, nun, was soll das denn bedeuten? Sind die Menschen in diesem Land schon so verzweifelt, dass sie mir Jungfrauen opfern wollen?“ Denn er konnte es fühlen, wenn jemand noch keinen Mann gekannt hatte.

Der Prinz wagte es nicht, zu sprechen, da ihn seine Stimme vielleicht verraten hätte und er senkte das Haupt noch tiefer, dass er beinah den Boden mit der Stirn berührte.

„Dabei kann ich doch nichts tun, um euch zu helfen, sonst hätte ich es doch schon längst getan. Und dafür hätte ich kein Opfer verlangt.“ Mit diesen Worten beugte der Teufel sich hinunter und umfasste das Kinn des Prinzen, um das Gesicht zu betrachten, das trotz des herben Lebens, schmal und hübsch geblieben war. „Kann ich dich zurück schicken, mein Kind?“

Der Prinz schüttelte den Kopf, wieder ohne ein Wort zu sagen, in der Hoffnung, der Teufel möge einer Frau gegenüber gnädig sein.

„Dann magst du eine Weile bei mir bleiben, wenn du dich ein wenig nützlich machst.“

Der Prinz nickte.

„Dann komm. Im Topf über dem Feuer kocht eine Suppe. Hilf mir den Tisch decken und dann lass uns essen. Du musst hungrig sein.“

Der Prinz richtete also den Tisch und der Teufel füllte die Suppe in die Schüsseln. Dann aßen sie in Schweigen.

Während des Mahls betrachtete der Prinz das Gesicht des Teufels, das sehr schön war, schöner, als er es einem Teufel zugetraut hätte, mit Augen in der Farbe von Waldlaub, auf das das Sonnenlicht fiel und Haut und Haar waren in der Farbe von Ton und Lehm. Und an der linken Schläfe hatte der Teufel eine feine Strähne glänzenden Goldes.

„Nun, du sagst nichts“, bemerkte der Teufel, „bist du stumm oder hat es dir vor Angst die Sprache verschlagen?“

Und da der Prinz sein Schweigen immer noch nicht brach, fuhr er fort: „Was man dir auch erzählt haben mag, ich werde dir kein Haar krümmen. Es gibt hier nichts, wovor du dich fürchten müsstest. Und was auch immer du zu wissen wünschst, du musst die Frage nur laut aussprechen.“

Als der Prinz weiterhin schwieg, erklärte der Teufel jedoch: „Allerdings erwarte ich von dir wenigstens ein kleines Maß an Höflichkeit.“

Zögernd nickte der Prinz und sprach in verstellter Stimme: „Ja, mein Herr. Danke, mein Herr.“

Da erkannte der Teufel, dass er einen Mann vor sich sitzen hatte, doch sagte er nichts dazu.

Der Prinz war nun wieder still und schließlich sagte der Teufel: „Du kannst bei mir schlafen, wenn du müde bist. Ich werde dich unangetastet lassen. Wenn du es wünschst.“

Und so schlief der Prinz neben dem Teufel und zum ersten Mal seit Jahren fand er in der Nacht Frieden.

Und so begann das Zusammenleben von Prinz und Teufel, ohne dass der Prinz seine Verkleidung zuerst abzulegen wagte.

Tags, wenn der Teufel nicht da war, streifte er durch die unterirdischen Räume und Gärten, einer prächtiger als der andere und alle taghell erleuchtet, doch über allem hing ein golden gelber Dunst, wie ein Herbsttag.

Manches Mal auch nahm ihn der Teufel mit auf seine Streifzüge; an seinem Arm flog er dann mit ihm über das Land, das sein Königreich war.

Das Land war nicht besser geworden, seit er wieder fort war und Schuldgefühle plagten den Prinzen, wenn er an den Luxus dachte, den er am Hofe der Prinzessin genossen hatte und an das gute Leben, das er beim Teufel führte und er erinnerte sich wieder an seine Aufgabe.

Doch bisher hatte der Teufel ihm noch keine Möglichkeit geboten, ihm die drei goldenen Haare auszureißen. Und darum bitten, so dachte der Prinz, war unmöglich.

Also konnte er nichts tun, als zu warten und auf eine günstige Gelegenheit zu hoffen.

Doch an manch anderen Tagen, wenn der Teufel ihn allein ließ, wanderte er ziellos umher, verzweifelt darüber nachgrübelnd, wie er wohl an die geforderten drei goldenen Haare gelangen könnte.

An einem dieser Tage kam es so, dass er in einem der goldenen Gärten einen See fand, der ihm noch nie zuvor aufgefallen war, kreisrund und so tief, dass das kristallklare, eiskalte Wasser in dunkelstem Saphirblau erstrahlte.

Der Prinz beugte sich über die Wasser und blickte hinein und wie er da in die Tiefe sah, formte sich das Gesicht seines Vaters, des Königs, der wehklagend durch seine Räume wanderte.

„Mein Sohn, mein Sohn, wann hören wir wieder von dir? Wann wissen wir von dir, wie es mit uns weitergeht?“

„Oh Vater!“, rief der Prinz aus, der sich bei dieser Vision vollkommen vergaß, „halt noch aus, wart noch eine kleine Weile, ich tue, was ich kann!“

Unbemerkt von ihm war da der Teufel herangetreten, der von seinem Ausgang zurückgekehrt war.

„Die Tochter dieses Königs ist noch ein kleines Kind. Da du jedoch diesen Mann deinen Vater nennst, musst du sein Sohn, der Kronprinz sein.“

Da zog der Prinz seinen Schleier vom Kopf und streifte das Frauenkleid ab und stand dann als Mann vor dem Teufel.

„Ich denke, es hat seinen Grund, dass du in Verkleidung vor mich tratest und versuchtest, mich zu täuschen“, sagte der Teufel.

Beschämt senkte der Prinz den Blick. „Ich bitte um Verzeihung. Ich hatte nie vor, dich zu täuschen, das alles war ein dummer Zufall“, versicherte er.

„Das mag ich dir glauben, aber dass du hier bist, ist doch sicher kein Zufall, sondern hat einen ernsten Grund. Was also trieb dich zu mir?“ Während der Teufel dies fragte, hatte er den Prinzen am Arm genommen und zu sich heran gezogen, so dass er es ihm aus den Augen lesen konnte. So erfuhr er, dass der Prinz hier war, weil er von einer Prinzessin darum gebeten worden war, deren Hand er zum Wohle seines Reiches erringen wollte und weil er hoffte, mit der Macht des Teufels sein Land zu retten. Von den drei goldenen Haaren jedoch konnte er nichts lesen.

„Ich verstehe deine Lage“, sagte der Teufel. „Und ich kann nur noch einmal sagen, dass ich wünschte, euch helfen zu können, denn ihr seid ein gutes Volk und du und deine Familie seid aufrecht und ehrlich, wie man es sich nur wünschen kann. Doch da ist eine andere Macht am Wirken als meine und ich bin nicht in der Lage, diese Zaubereien zu brechen.“

„Was ich tun kann, ist dir zu sagen, wie die Flüche und Zauber brechen kannst. Du als Mensch bist dazu in der Lage, denn die Zauber wurden von einer menschlichen Hexe ausgesprochen und gewirkt. Und da ich kein Mensch bin, bin ich zwar an keine eurer Regeln gebunden, doch ich kann auch nichts gegen menschliche Hexerei ausrichten.“

„Wenn du mir sagen kannst, was ich tun muss, ist das mehr Hilfe, als ich je zu hoffen gewagt hätte“, sprach der Prinz. „Und wenn es etwas gibt, wodurch ich meine Dankbarkeit zeigen kann, so bitte, lass es mich wissen.“

Der Teufel beugte sich noch ein wenig näher zu ihm und als der Prinz ihn darob verwirrt anblickte, sagte er: „Alles zu seiner Zeit. Und die Zeit geht hier anders vorbei, als die Zeit oben in der Welt. Du bist nicht länger als zwei Tage bei mir, in meinem Reich, wenn es nach der menschlichen Rechnung geht.“

Dies erstaunte den Prinzen, denn ihm selbst war es so vorgekommen, als wäre er schon mehrere Wochen hier, in denen er den Teufel immer besser kennen gelernt und immer lieber gewonnen hatte.

Und auch der Teufel hatte immer mehr Gefallen an dem Prinzen gefunden, was nun, da er den Prinzen als Mann vor sich sah, noch stärker wurde.

Und der Prinz lebte weiterhin beim Teufel, um nun, da sie immer frei und ohne Verkleidung zueinander sprachen, begann er, die Gesellschaft des Teufels immer mehr zu schätzen und zu genießen, so sehr, dass er bald schon glücklich war, wenn er den Teufel nur sah. Und wenn er ihn sah, bemühte er sich stets, dem Teufel ein Lächeln zu entlocken, ebenso wie der Teufel stets um seine Heiterkeit bemüht war.

Oft auch saßen sie eine ganze, lange Weile Arm in Arm zusammen, ohne je ein Wort zu wechseln und in diesen Momenten war der Prinz erfüllt von einem unendlichen Gefühl des Friedens, das sich jedoch immer mehr mit einem merkwürdigen Gefühl der Unruhe paarte, jedes Mal, wenn er den Leib des Teufels nah an seinem fühlte.

An einem dieser Abende fragte er, da ihm das Schweigen und seine eigene, heiße Unruhe unangenehm wurden: „Warum nennen sie dich denn Teufel?“

„Das tut man in der Welt der Menschen?“, fragte der Teufel.

„Ja, du wirst dort ein Teufel genannt, ein Dämon, ein böses Geschöpf. Aber zu mir warst du immer gut, du hast mir immer nur Freundlichkeit gezeigt. Ich habe keinen Grund zu glauben, dass du ein Teufel bist.“

„Nein“, sagte er und drückte den Prinzen sanft an sich, „nein, ich bin kein Teufel. Wenn ich das sagen darf, es gibt keine Teufel.“

„Aber wenn du kein Teufel bist, was bist du dann?“, frate der Prinz.

„Ich bin ein Geist, ein Wesen, das die Natur belebt und bewacht. Von meiner Art gibt es viele und wir sind euch Menschen nicht ganz unähnlich. Auch wir sind nicht alle gut oder alle böse. Nicht einmal ein einzelner ist nur gut oder böse – was wir sind, sind wir nicht immer.“

„Aber warum nennt man dich dann einen Teufel, wo du doch keiner bist?“, fragte der Prinz weiter. „Zu mir warst du wirklich nur gut und meinem Land hast du auch immer nur Gutes getan! Warum also?“

„Dem Land tue ich wirklich nie etwas“, stimmte der Teufel zu. „Nur dem Land. Menschen verweise ich in ihre Schranken, wenn sie vergessen, ihre Welt respektvoll zu behandeln. Ihr habt dies nur nie bemerkt, weil deine Untertanen sich nie und zu keiner Zeit meinen Zorn zugezogen haben. Deine Familie hat dieses Land immer sehr gut verwaltet, auch wenn sie sich nicht mehr ganz erinnert, wer es ihnen anvertraut hat. Man kann es euch verzeihen, es ist schon viele tausend Jahre her, als ich das letzte Mal mit euresgleichen redete.“

„Aber warum Teufel?“, verlangte der Prinz weiterhin beharrlich zu wissen. „Wenn du keiner bist und auch nicht wie einer erscheinst, warum nennt man dich dann so?“

Da lächelte der Teufel ein wenig bitter: „Nun, ich sagte, wir Geister sind euch nicht unähnlich. Aber wir sind anders. Und für euch Menschen ist nur allzu oft alles böse, was eigentlich nur anders ist.“

Da ergriff der Prinz heftig seine Hand. „Nicht für mich. Für mich magst du anders sein, als alles, was ich bisher kannte, anders als alles, was ich bisher für möglich hielt, aber weder bist du schlecht, noch böse.“

Daraufhin zog der Teufel den Prinzen heran und küsste ihn, wie er noch nie zuvor geküsst worden war und dem Prinzen gefiel es besser, als ihm bisher jeder Kuss gefallen hatte.

Doch sofort hörte der Teufel auf: „Nein, nein, das tue ich besser nicht. Du bist verlobt mit einer Prinzessin, die deinem Rang angemessen ist. Und ich will nichts tun, um dessentwillen du mich am ende (Ende) verabscheuen und wirklich als Teufel verdammen würdest.“

Der Prinz griff ihn . „Nie, nie könnt ich dich hassen!“ Und er küsste ihn, so wie zuvor geküsst worden war und so wie er selbst noch nie jemanden geküsst hatte , obgleich er Frauen zur Genüge kannte.

„Und zudem sagtest du, dass du mich nur unangetastet lässt, wenn ich es wünsche.“

Und der Teufel verstand und wieder küsste den Prinzen wieder.

In den folgenden Stunden erlebte der Prinz ungeahnte Wonnen und eine bisher nie gekannte Wollust, de er nur dadurch ertragen konnte, indem er sich im Haar des Teufels festhielt.

Später fand er denn auch zwischen seinen Fingern ein einzelnes Goldenes Haar und er verbarg es sorgfältig, denn er wusste nicht, ob der Teufel ihm die Haare überlassen hätte.

Der Teufel aber ging mit ihm zu dem See, wo er schon zuvor in sein Königreich hatte blicken können und während der Prinz wartete, sah der Teufel lange in das Wasser.

Nach einer Weile dann sprach er: „Wir sind im Norden deines Landes. Der Grund, warum das Wasser in euren Flüssen und Brunnen nicht fließen mag, ist im Osten zu finden. Dort ist eine große Quelle, die einen unterirdischen Fluss speist, der die Hauptader ist, die wiederum alle Bäche und Flüsse speist, die das Land durchziehen. Auf die Quelle wurde eine Kröte von ungeheurer Größe gesetzt. Wenn du diese Kröte entfernst, kann wieder das Wasser fließen.“

Dankbar ging der Prinz vor ihm auf die Knie, doch der Teufel zog ihn wieder auf die Beine. „Nicht“, bat er, „dafür musst du mir nicht danken. Ich kann schon nicht viel tun, aber das, was ich tun kann, tue ich für dich, weil du mir lieb und teuer geworden bist.“

Da beschloss der Prinz, noch beim Teufel, den er ebenfalls immer lieber gewann, mit jedem Tag, den er hier war und es graute ihm vor dem Abschied, der ja doch einmal würde kommen müssen.

Der Teufel merkte seine traurige Stimmung und um den Prinzen aufzuheitern, fragte er: „Ich habe dich und deine Familie immer im Auge behalten, aber ich habe schon seit Jahrhunderten keinen Blick mehr in das Königsschloss geworfen. Dich sah ich immer nur, wenn du außerhalb des Schlosses unterwegs warst. Als weiß ich nicht viel darüber, wie du aufgewachsen bist.“

„Soll ich dir von mir erzählen?“, fragte der Prinz.

„Ich wäre sehr glücklich darüber“, sagte der Teufel.

Also erzählte der Prinz von seiner Kindheit und von seiner Familie und wie glücklich er aufgewachsen war. Und während er erzählte, wurde dem Prinzen immer mehr bewusst, dass er in diesen Jahren trotz großer Entbehrungen doch nie unglücklich gewesen war.

Und bei jeder Erzählung, bei jeder Erinnerung, die der Prinz mit dem Teufel teilte, wurde er wieder fröhlicher und darob musste auch der Teufel lächeln.

„Und was kannst du mir erzählen?“, fragte der Prinz schließlich neugierig, wobei er den Teufel in den Arm nahm.

„Über meine Kindheit kann ich nichts sagen“, sagte der Teufel. „Ich bin so alt, wie dieses Land und ich war so, wie ich bin, seit ich bin.“

„Dann weißt du nicht, wie es sich anfühlt, wenn eine Familie für dich sorgt und wie es ist, jemanden immer bei sich zu wissen?“

Der Teufel verneinte daraufhin und der Prinz stand auf, nahm ihn von hinten in die Arme und hielt ihn so eine ganze Weile. „So fühlt sich das an.“

Der Teufel schwieg eine ganze Weile und dann drehte er sich und legte die Arme um die Hüfte des Prinzen. „Ja, das ist gut.“ Und er zog den Prinzen zu sich hinunter und erneut empfand der Prinz in den Armen des Anderen eine Lust und ein Vergnügen, das himmlisch und höllisch zugleich war.

Und danach lagen sie lange still beieinander und der Teufel hielt ihn fest, unwillig, ihn überhaupt je wieder gehen zu lassen.

Dem Prinzen war es ganz angenehm so, er fühlte sich gehalten und sicher, erfüllt von Frieden und erneut grauste es ihm vor dem Abschied, als sich das goldene Haar um seine Finger legte, das er zuvor ausgerissen hatte, ohne dass der Teufel es bemerkt hätte.

Als sie dann später wieder an den See gingen, blickte der Teufel erneut lange und tief in das Wasser.

Dann sagte er: „Wir sind hier im Norden des Landes. Der Grund für die Feuerstürme ist im Süden zu finden. Dort befindet sich eine Bergkette und im höchsten Gipfel dieses Gebirges befindet sich eine Höhle. Dort sitzt ein Salamander, der Feuerbälle speit, die sommers das Land vernichten. Vernichte diesen Salamander und die Brände auf den Feldern werden aufhören.“

Und wieder wusste der Prinz nichts zu sagen. „Wie kann ich dir je dafür danken?“

„Liebe mich, so lange du hier weilst“, sagte der Teufel. „Und wenn du gehst und zu den Deinen zurückkehrst, behalte mich in guter, lieber Erinnerung.“

Nur zu gern versprach der Prinz dies und wieder verging die Zeit.

Und als einmal der Teufel fragte: „Was gefällt dir an deiner Braut so gut, dass du sie heiraten willst?“, da überlegte der Prinz lange, ohne eine Antwort zu finden.

„Ich weiß es nicht“, gestand er schließlich, „ich heirate sie zum einen, weil es notwendig ist und zum anderen, weil sie nicht die schlechteste Frau der Welt zu sein scheint. Ich denke, dass ich mit ihr werde leben können.“

„Denkst du, dass du sie lieben kannst, statt nur mit ihr zu leben?“

Dem Prinzen wurde das Herz schwer bei dieser Frage . „Ich habe gehofft, sie eines Tages aufrichtig lieben zu können. Doch seit ich dich kenne, ist diese Hoffnung zerschlagen.“

Der Teufel verstand auch wenn es dem Prinzen gegenüber bösartig war, erfüllte ihn bei diesen Worten ein unbeschreibliches Glücksgefühl.

Und als der Prinz ihn umarmte und ihm all die Zärtlichkeiten zurück gab, die er zuvor von ihm empfangen hatte, dauerte es den Teufel aufrichtig, den Prinzen nicht mit Gewalt bei sich halten zu können.

Und er merkte nicht, wie ihm auch das dritte goldene Haar ausgerissen wurde.

Als sie am Abend zum See gehen, blickte er hinein und wie schon zuvor sprach er nach einer langen, langen Weile: „Wir sind hier im Norden des Landes. Der Grund für die erlahmten Winde ist im Westen zu finden. Dort, im Meer, das an das Land anschließt, liegt eine Insel, die nur aus Felsen besteht. Dort lebt ein Geist, der mit mir verwandt ist. Dieser Geist lenkt die Winde. Doch er wurde von der Hexe verflucht, die auch im Osten und im Süden schon so viel Unheil angerichtet hat. Er wurde von ihr an steinerne Ketten gelegt, so dass er sich nicht bewegen und auch nicht über die Winde gebieten kann. Befreie den Geist und es ist alles wieder so wie zuvor.“

Der Prinz umarmte daraufhin den Teufel und auch der Teufel hielt ihn fest, denn sie beide wussten, dass nun der Abschied nahte.

In dieser Nacht konnte der Teufel nicht schlafen und so verließ er das Bett, in dem er mit dem Prinzen ruhte und wanderte rastlos durch seine Räume und die Gärten. Und wie sein Blick dabei in einen der vielen Spiegel fiel, die er über die Jahrhunderte angesammelt hatte (denn die Natur des Teufels glich ein wenig der einer Elster), da fiel ihm auf, dass die dünne, goldene Strähne in seinem Haar fehlte.

Als er dann einer Ahnung folgend die Kleider seines Geliebten untersuchte, fand er die Haare dann tatsächlich.

Ohne etwas zu sagen, verbarg er sie wieder sorgfältig, dass der Prinz nicht merkte, dass seine Kleidung durchsucht worden war.

Der Teufel legte sich dann wieder schlafen, doch der Schlaf, den er jetzt fand, war nichts wert, denn wirre, menschlich anmutende Träume zerschnitten ihn.

Am Morgen dann sprach er zu dem Prinzen: „Nun ist es wohl Zeit, Abschied zu nehmen. Du weißt, was du wissen musst und du hast auch, was du haben wolltest.“

Da wusste der Prinz, dass er durchschaut worden war und beschämt schwieg er.

„Du hättest nur danach fragen müssen“, fuhr der Teufel fort, „ich brauche sie nicht, ich hätte sie dir gern gegeben.“

Immer noch sprachlos vor Scham wollte der Prinz ihm die Haare nun zurückgeben, doch der Teufel griff nach seiner ausgestreckten Hand und schloss die Finger wieder um die Haare. „Nimm sie. Deshalb bist du schließlich her gekommen. Ich schenke sie dir.“ Sachte küsste er den Prinzen: „Aber denke noch einmal gut darüber nach, ob diese Prinzessin die rechte Braut für dich ist.“

„Würde ich noch daran glauben, dass es für mich eine rechte Braut gibt, würde ich nach ihr suchen“, sprach der Prinz bitter, „aber dank dir, werde ich niemals mit irgendeiner Frau vollkommen glücklich werden. Dafür bist du mir zu lieb geworden.“

Der Teufel küsste ihm die Tränen fort, die dem Prinzen nun über die Wangen liefen und er sagte: „Wenn dir die Sehnsucht nach mir einmal gar zu groß wird, denke nur an mich. Wünsche mich an deine Seite. Ich werde sofort vor dir erscheinen. Und vergiss nicht: die drei Hexereien, die dein Land plagen, wurden von Menschenhand gemacht und können nur von Menschenhand gelöst werden.“

Und damit führte er ihn zurück, hinauf in die Welt, in der nur sieben Tage vergangen waren, seitdem er verschwunden war.

Also beschloss der Prinz, dass er sich erst um die Plagen kümmern konnte, die über sein Land gekommen waren, ehe er die Prinzessin heiratete und ritt zuerst gen Osten.

Um nicht erkannt zu werden, denn er wollte keine Aufmerksamkeit erregen, reiste er in Verkleidung und in jedem Ort, den er durchquerte, wurde er freundlich aufgenommen und von dem wenigen, was die Menschen hatten, gaben sie ihm gern ab.

So reiste er in den östlichsten Winkel seines Landes, wo nie jemand hin fand und wo keine Menschenseele lebte. Und dort, in einer Felsspalte, hörte er dumpf das Murmeln von Wasser. Er folgte dem Geräusch und kam unter die Erde in eine lange, hohe Höhle und dort an eine große, tiefe Senke, in deren Mitte noch ein wenig Wasser war. Das war einmal ein großer, unterirdischer See gewesen und das war noch von ihm übrig.

Als der Prinz dann den See entlang ging, kam er an ein tiefes Tal, in dessen Mitte ein Bach trübe und müd vor sich dahin rieselte; und das war alles, was noch vom großen, mächtigen Fluss unter der Erde übrig war.

Der Prinz folgte dem Flusslauf rückwärts, bis er eine unterirdische Felsgrotte erreichte.

Stockdunkel war es hier, nur zwei glühende, runde Lichtpunkte glommen durch die Düsternis zu dem Prinzen hinüber.

Der Prinz sah genauer hin und erkannte in den glühenden, schwebenden Punkten die Augen einer Kröte, die um ein Vielfaches größer war, als eine normale Kröte und die auf einem von Wasser glatt polierten Stein saß.

„Meinem Land hast du das Wasser geraubt“, sagte der Prinz und zog das Schwert, „also muss ich mich deiner wohl entledigen, damit das Wasser wieder fließt.“

Und er hob das Schwer und schlug auf die Kröte ein. Doch sein Schwert prallte vom Kopf des Tieres ab, als wäre das Geschöpf aus Stein.

„Ein merkwürdiges Tier bist du“, überlegte der Prinz. „Du atmest und blinzelst und bist ganz und gar wie jede Kröte, die ich seit meiner Kinderzeit kenne. Nur größer bist du. Und doch kann dir mein Schwert nichts anhaben.“

Da erinnerte er sich an die Worte des Teufels: „Die drei Hexereien, die dein Land plagen, wurden von Menschenhand gemacht und können nur von Menschenhand gelöst werden.“

Also hob der Prinz die Hand und berührte die Kröte am Kopf.

Da fuhr eine Stichflamme hoch, wo die Kröte gesessen hatte, doch ohne, dass der Prinz sich verbrannte.

Und als die Flamme erlosch, war die Kröte verschwunden und aus dem Loch, auf dem sie gesessen hatte, sprudelte frisches, klares Wasser.

Der Prinz stieg schnell wieder an die Erdoberfläche und beobachtete dort, wie das Wasser direkt hinter ihm wieder aus dem Boden quoll und die Bäche und Flüsse wieder füllte.

Diese Aufgabe hatte er also erfüllt und machte sich nun auf, die nächste zu meistern.

An der Grenze entlang ritt er gen Süden, ohne, dass er einer Menschenseele begegnet wäre.

Und das Land im Süden war trocken und dürr und verbrannt, was den Prinzen schwermütig stimmte, denn er erinnerte sich, wie hier früher einmal viele, dichte Wälder und grüne Weiden Tiere und Menschen mit Nahrung und Holz versorgt hatten.

Und in den Bergen stieg er in die Felsspalten, immer der Hitze nach, die mit jedem Schritt, den er tat, schlimmer wurde.

Schließlich erreichte er eine Felsschlucht und da war es so heiß, dass er nach und nach jedes Stück seiner Kleidung ablegen musste.

Am Ende stand er völlig nackt da und als er sich umsah, da entdeckte er den großen Salamander, der groß war wie drei Kühe und lang wie acht Stiere und von der Gestalt eines großen Lurches. Der Leib hatte eine leuchtende Farbe wie von Flammen und seine Augen glühten wie Klumpen von Asche mit brennenden Kohlestücken dazwischen.

Die Echse öffnete ihr Maul und spie Bälle von Feuer und der Prinz musste jedem ausweichen.

Er schaffte es, sich auf den Rücken des Salamanders zu schwingen und schlang die Arme um den Hals der Bestie und drückte zu.

Und nachdem er eine Weile mit dem Ungetüm gerungen hatte, ging es tot zu Boden und löste sich in Rauch auf.

Der Prinz verließ dann die Höhle und draußen fiel Regen auf ihn und wusch Asche und Staub von ihm, die während des Kampfes auf ihn gekommen war.

Als der Regen vorüber war und der Prinz sich und seine Kleider getrocknet hatte, stieg er wieder aufs Pferd und ritt gen Westen, ans Meer.

Und am Abend des siebten Tages seines Rittes erreichte er die Küste und dort ein kleines Fischerdörfchen.

Wenn er von einer der Klippen sah, die sich über die Strände erhoben, konnte er auch die Insel im Meer liegen sehen.

Doch das Meer war windstill, keine Welle tat sich, kein Lüftchen rührte sich und die Fischerboote lagen unbenutzt am Strand.

„Ich möchte zu der Felseninsel dort draußen“, sagte der Prinz zu den Männern des Dorfes, „Wie kann ich dort hin?“

„Das versuch besser nicht, Bursche“, warnten die Männer, „sie liegt weit draußen im Meer, auch wenn sie aussieht, als wäre sie nahe und leicht zu erreichen. Ohne Wind und nur mit der Kraft deiner Arme schaffst du das nicht.“

„Vielleicht könnte ich es ja schaffen“, meinte der Prinz.

„Und selbst, wenn du es schaffst“, fügte einer an, „auch dann raten wir dir davon ab. Man sagt, dass nie jemand zurückkehrte, der einmal seinen Fuß auf diese Insel gesetzt hatte.“

„Dann soll mich nur einer hinüber rudern“, erklärte der Prinz weiter. „Er wird nicht einen Fuß an Land setzen müssen, nur soll er mich nah genug heran bringen, dass ich die Insel selbst betreten kann. Ich bezahle gut.“

Und hiermit hielt er einen Beutel hoch, in dem ein paar Silbermünzen unverkennbar hell klingelten.

Sofort fand sich jemand, der sich für diesen Beutel Geldes nur zu gern bereit erklärte, den Prinzen übers Wasser zu fahren, ja sogar bereit war, ihm für die Nacht in seinem Hause Quartier zu geben.

Diese Nacht schlief er schlecht. Das erste Mal, seit er den Teufel verlassen hatte, hatte er nun Muße, zu ruhen und sofort waren seine Gedanken zu ihm gewandert und wieder dauerte es ihn, dass er doch würde die Prinzessin heiraten müssen, wo er doch nun schon sein Wort gegeben hatte.

Also war er auch am nächsten Tag sehr still und verbrachte die Fahrt zur Insel in tiefem Schweigen und er antwortete auch nicht auf die Frage, was er denn auf der Insel wöllte, die sein Schiffer ihm immer und immer wieder stellte.

So war es eine stille, lange Fahrt, bis das Boot endlich die Insel erreichte.

Der Prinz ging an Land und seine Füße ließen Kies und Geröll leise aufknirschen.

Und hinter ihm legte das Bot ab, so dass er nun nicht mehr zurück konnte und an diesem Ort fest saß.

Also ging er und stieg auf die Felsen, bis er die höchsten Gipfel erreichte.

Und dort war an einer Wand angekettet der Windgeist, den der Teufel als seinen Verwandten bezeichnet hatte.

Und der Geist rührte sich nicht, denn die Ketten, die ihn hielten, hatten den Fluch des Schlafes auf ihn gelegt. Der Prinz kam näher und erhob die Hand und legte sie auf die Ketten.

„Wach auf, guter Geist“, sagte er, „dieses Land braucht dich so dringend, wach bitte auf.“

Und in diesem Augenblick sprangen die Ketten, die den Geist fest hielten und er öffnete die Augen, die von den Farben der Sturmwolken über der See waren.

Und er stand frei und sicher, den Blick auf den Prinzen gerichtet. „Du hast mich befreit, nicht wahr?“

Der Prinz nickte in stummer Ehrfurcht.

„Ich danke dir. Und ich weiß auch, wer du bist, aus den guten Träumen meines Verwandten, den ihr immer nur den Teufel nennt.“

Dem Prinzen wurde warm ums Herz, als er hörte, dass der Teufel von ihm träumte.

„Du hast mich aus einem viel zu langen Schlaf erweckt, Prinz dieses Landes und dafür danke ich dir zutiefst. Gibt es irgendetwas, was ich für dich tun kann, um dir meinen Dank zu beweisen?“

Der Prinz überlegte nicht lang, ehe er antwortete: „Lass wieder Winde über das Land wehen, damit wieder überall das rechte Maß von Sonne und Regen herrschen kann, so wie früher.“

„Dies tue ich mit Freuden, war es doch schon seit Anbeginn der Zeit meine Aufgabe. Aber was wünschst du dir noch?“

„Nenn mir den Namen der, die dich verflucht hat“, sprach der Prinz, der inzwischen nur zu sehr Lust hatte, dieser Hexe ins Gesicht zu blicken.

Da senkte der Geist das Haupt: „Leider ist es mir als Geist verwehrt, den Namen einer menschlichen Hexe auszusprechen. Aber dies kann ich dir sagen: Du kennst sie bereits.“

„Schon das ist ein Hinweis für den ich dir sehr dankbar bin“, sagte der Prinz, obgleich er sich fragte, welche Hexen er wohl kennen sollte.

„Und gibt es schlussendlich noch etwas, was du dir wünschst?“

„Ja, ich wäre überaus froh, wenn ich zurück an Land käme“, sagte der Prinz. „Ich muss bald heiraten und es schickt sich als Bräutigam nicht, die Hochzeit zu verpassen.“

Da lachte der Geist leise und von einem Wimpernschlag auf den anderen standen sie wieder am Strand und vor ihnen im Sand, umspielt von den Wellen der See, lag ein kleines Boot mit einem schneeweißen Segel.

„Nimm das. Es wird dich mit meinen Winden zusammen sicher an Land bringen.“

Der Prinz dankte ihm wieder und stieg in das Boot.

Und kaum hatte er sich auf die kleine Bank niedergelassen, fuhr ein Wind in das Segel und er legte ab und glitt sicher und schnell an Land.

Dort angekommen nahm der Prinz wieder sein Pferd und ritt wieder durch sein Land, ohne dass ihn jemand erkannt hätte und er sah sich aufmerksam um.

Es hatte geregnet in den letzten Tagen und der Boden war nach langen Jahren wieder weich; nun schien die Sonne hell und strahlend, als der Wind die Wolken vor sich hertrieb und die Luft war rein und frisch wie schon lange nicht mehr.

Noch immer sah man nur zu deutlich die Spuren der letzten, furchtbaren Jahre, doch die Menschen begannen schon jetzt, wieder hoffnungsfroher in ihre Zukunft zu blicken.

Er überquerte die Grenze zum Nachbarkönigreich und ritt dort ein ins Schloss.

Seine Braut kam ihm schon entgegen und fiel ihm um den Hals.

„Du bist zurück, du bist zurück, oh ich bin so froh, dass du endlich zurück bist! Du warst so lange fort!“

„Das tut mir Leid.“ Der Prinz küsste sie auf die Stirn und drückte sie an sich wie eine Schwester. „Es hat mich ein wenig Zeit gekostet, aber nun habe ich nicht nur die drei goldenen Haare, nach denen Sie verlangten, ich kann ihnen auch versichern, dass ich Sie in ein Reich führe, dass sich schon wieder daran macht, das zu werden, was es vor einer Weile war. Die Flüche, die mein Land beutelten, sind nun gebrochen und beseitigt und alles wird bald besser.“

Die Prinzessin lächelte. „Das freut mich, zu hören; nein wirklich, es ist wundervoll. Ihr Volk hat es so sehr verdient, geduldig wie es war.“ Und sie traten vor den König, der den Prinzen begrüßte, wie einen verlorenen Sohn und er kündigte an, dass der Prinz seine Braut am nächsten Tage im Austausch gegen die drei goldenen Haare erhalten sollte, dass er sie in sein Reich heimführen konnte.

Doch obwohl König und Prinzessin sich so erfreut und so heiter gaben, bemerkte der Prinz doch, dass ihnen etwas missfiel.

In dieser Nacht konnte er nicht schlafen vor Aufregung, bald wieder in seinem Land sein zu können, bald seinen Vater und seine Schwester wieder zu sehen und vor Sehnsucht nach dem Teufel. Doch verbat er sich, sich den Teufel gar zu sehr an seine Seite zu wünschen, da er wusste, dass er sein Wort halten und erscheinen würde. Und er fürchtete, dass er dann gar nicht mehr in der Lage sein könnte, die Prinzessin zu heiraten.

Also erhob er sich von seinem Lager und wandert durch das Schloss, um sich von seinen Gedanken abzulenken, die ihn plagten.

Und wie er so ging, kam er auch an den Räumen seiner Braut vorbei und da brannten entgegen der sehr späten Stunde noch Kerzen.

Er hörte die Stimme des Königs und da konnte er seine Neugier nicht zügeln und lauschte.

„Tochter, du sagtest, deine Zauber würden nicht fehlschlagen!“, rief der König in diesem Moment wütend aus; „und ich habe dir geglaubt und vertraut, weil du genauso eine Hexe bist, wie es deine Mutter war, die unser Land mit ihren Listen und Schlichen doch erst so mächtig gemacht hat!“

„Meine Zauber waren nicht fehlgeschlagen, Vater“, sagte die Prinzessin ruhig und kalt und bitter. „Sie waren geglückt. Sieben Jahre lang hat meine Kröte das Wasser versiegen lassen. Sieben Jahre lang hat mein Salamander das Land mit Feuer geplagt. Und sieben Jahre haben meine Ketten des Schlafes den Geist der Winde gefesselt und ihn zur Untätigkeit verdammt. Oh ja, meine Zauber waren alle wirksam. Und sie hatten ihren Zweck erfüllt. Der Prinz kam und er bat um meine Hand. Er brauchte die Ehe mit mir und er brauchte sie so dringend, dass er sich jede Demütigung gefallen ließ. Und dabei war er so ein guter, artiger Bursche, es dauert mich richtig, dass wir ihn so hintergehen, um an seinen Thron zu kommen.“

„Aber wie nur hat er es geschafft, die Zauber einer so mächtigen Hexe, wie du es bist, zu brechen?“, fragte der König, „ist er etwa ein Zauberer?“

„Nein“, sagte die Prinzessin, die eine Hexe war, „ich vertraue dir ein Geheimnis der Hexenzunft an, Vater, Wissen, dass eigentlich keinem Gewöhnlichen angehören sollte. Es ist so, dass die Hexerei eines Menschen nur von Menschenhand aufgelöst werden kann. Doch auch das kann nur ein Mensch zuwege bringen, der um diese Sache weiß. Unser Prinz muss davon gewusst haben. Und das heißt, dass der Teufel es ihm gesagt haben muss.“

„Und was gedenkst du nun zu tun, Tochter?“, fragte der König weiter.

Da lachte die Hexe: „Was soll ich schon vorhaben? Ihn ehelichen, wie wir es geplant haben. In seinem Land auf den Thron kommen. Ihn zu meiner Marionette machen, ihn lenken und formen, wie es mir beliebt. Ihn dazu bringen, dass er mir die Erbfolge übergibt. Nur mir und allen, die von meinem Fleisch und Blut sind. Danach brauche ich ihn nicht mehr.“ Wieder lachte sie auf eine Art, dass es den Prinzen schauderte.

Dann nahm er seinen ganzen Mut zusammen und trat zu ihnen. „Meine Dame, unter diesen Umständen bitte ich Sie, die Verlobung zwischen uns als gelöst zu betrachten.“

Die Prinzessin drehte sich heftig um und sah den Prinzen wütend an. „Zu lauschen schickt sich nicht, wie Sie wissen!“

„Dann wissen sie jetzt auch, dass ich nicht der artige Bursche bin, für den Sie mich hielten. Mein Bauern- und Bettlerleben hat Spuren hinterlassen, wie Sie sehen“, sagte der Prinz.

Mehr denn je wünschte er sich nun den Teufel an seine Seite.

Und dann, eben als die Hexe den Mund öffnete, um einen Fluch auszusprechen, erschien der Teufel neben ihm und die Worte erstarben ihr im Mund.

„Genug Schaden hast du angerichtet, Menschenhexe“, erklärte der Teufel in einer Stimme so kalt wie Eis, „Meinen Verwandten hast du verflucht. Und das Land, über das ich wache, hast du geplagt und geschunden, bis es beinahe ausblutete.. Glaubst du, ich lasse dich ungestraft davon kommen, da ich nun die Möglichkeit und Erlaubnis habe?“

Dem Prinzen schauderte es bei diesen Worten, doch er wusste, dass der Teufel recht (Recht) hatte und so hielt er ihn nicht bei der Vollstreckung seines Urteils zurück.

„Ihr beide, Hexe und König, sterbt nun für eure Untaten.“

Und bei diesen Worten fielen der König und die Hexenprinzessin zu Boden und waren auf der Stelle tot.

Der Teufel drehte sich zu dem Prinzen um. „Nun, deine Braut ist verstorben und ich denke, für dich ist das nicht das Schlechteste. Also komm. Lass uns in dein Land gehen. Es ist im Aufbau begriffen. Du bist nicht mehr dazu gezwungen, zu heiraten, um deines Volkes willen.“

„Also bin ich frei, mit dir zusammen zu leben?“, fragte der Prinz.

„Ich kann nicht dauerhaft in deinem Schloss leben“, sagte der Teufel, „nach einer Weile würde ich sterben. Und ich kann meine Pflichten nicht vernachlässigen. Aber ja. Solange du mich an deiner Seite willst, bin ich bei dir.“ Mit diesen Worten hob der Teufel den Prinz auf seinen Arm und trug ihn mit sich durch die Lüfte und Wolken hinfort, in sein eigenes Land.

Und der Prinz fuhr fort, hart zu arbeiten und mit jedem Tag wurde das Leben in seinem Lande wieder ein wenig besser. Die Asche der Feuerbälle hatte den Boden ungewöhnlich fruchtbar gemacht, so dass die Ernte reich ausfiel und im nächsten Jahr sogar noch reicher.

Schon nach wenigen Jahren war das Land wieder so blühend und reich wie zuvor und wurde noch wohlhabender, da der Teufel den Menschen Erzadern zeigte, wo sie Eisen und Gold und Silber abbauen konnten.

Noch einige Jahre regierte der alte König, ehe er den Thron an seinen Sohn übergab.

Danach folgten Jahre des Friedens und des Glückes unter der Herrschaft des neuen Königs, hinter dessen Thron oft der Teufel stand, um ihn zu beraten und ihm nahe zu sein und ihm bei der Erziehung der jungen Prinzessin zur Hand zu gehen, dass sie einmal eine würdige Königin würde.

Und als nach vielen, vielen Jahren der König alt und müde geworden war, gab er den Thron seiner Schwester zum Erbe und legte sich dann, die neue Königin an seiner Seite, zum Sterben nieder.

Und als er die Augen dann für immer schloss, wünschte er sich noch einmal mit aller Macht den Teufel an seine Seite.

Der Teufel, den die Jahre unverändert gelassen hatten erschien und beugte sich über den Toten und küsste ihn auf die Stirn: „Nun bist du also endlich bereit, zu mir zu kommen?“

Als er sich dann vom Leichnam des Königs entfernte, glaubte die Königin, ihren Bruder zu sehen, wie er wieder jung neben den Teufel trat und nach seiner Hand griff, als dieser mit einer tiefen Verbeugung verschwand.

Nie wieder ward er gesehen, doch die Königin und all ihre Kinder und Nachfolger hielten ihn und seinen Geliebten in Ehren und in gutem Andenken und erhielten das Land wohl.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Kris18
2011-12-27T22:29:47+00:00 27.12.2011 23:29
awwwwwwwww
das ja soooo ne schöne Geschichte
und so schön geschrieben *-*
Von:  Tesla
2011-09-22T09:11:55+00:00 22.09.2011 11:11
Wahhhh du hast sie hochgelanden. ich lieben diese Gesichte. Der Prinz ist soooo geil und der Teufel. Ich könnt mich weglegen. Es ist enfach mal eine gelungene Version dieses alten Märchends. sowas kannst du öffter machen^.^


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