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Crimson Nights

Für Knuddelkeks-Schoki - und Vampirfans! ;D
von

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Der erste Arbeitstag

Kai folgte dem Fahrer bis zu einem schwarzen Wagen, der ihm die Tür zu den hinteren Sitzen öffnete. Ein Geschäftswagen vermutlich. Der Innenraum war geräumig und mit Details wie einer Minibar ausgestattet. Die Sitze waren mit cremefarbenem Leder bezogen. Ein Stück von der teuren Sorte also.

Kai konnte sich zum jetzigen Zeitpunkt und den Spritpreisen nicht einmal einen alten, kleinen Gebrauchtwagen leisten.
 

"Wohin darf ich Sie bringen?", wollte der Fahrer via Sprechanlage wissen, nachdem er die Tür geschlossen und hinter dem Steuer Platz genommen hatte. Der Teil zwischen Fahrer und Fahrgastraum war durch eine getönte Scheibe voneinander getrennt. Er war ein Mann um die Vierzig und gekleidet mit einem dunklen Anzug.
 

"Ellerweg 13, Ecke Bronnstrasse, bitte."
 

Erst wollte Kai eine Straße in der Nähe nennen und den Rest zu Fuß zurücklegen, damit nicht ein neugieriger Nachbar zufällig aus dem Fenster sah, wenn er in einem solchen Wagen vorfuhr und ihm lästige Fragen stellte. Wie aber sollte der Fahrer ihn morgen abholen, wenn nicht einmal die Uhrzeit feststand? Eine Telefon- oder Handynummer hatte Kai nicht erhalten und der Fahrer hatte genaue Anweisungen bekommen ihn direkt vor der Haustür abzusetzen.
 

Der Wagen setzte sich in Bewegung und der junge Mann blickte aus getönten Scheiben, ohne sein Umfeld genau wahrzunehmen. Der Motor lief leise, ganz anders als Deans alte Rostlaube.

Dean. Irgendetwas musste er sich einfallen lassen, um die Wogen zwischen ihnen wieder zu glätten. Vielleicht sollte er ihm auch einfach ein paar Tage Zeit geben, bis er sich wieder gefangen hatte?

Der Abend war so gänzlich anders verlaufen, als erwartet. Die Ereignisse hatten sich einfach überschlagen. Erst hatte er Elias wieder getroffen und sich an seinen ersten Crimson-Besuch erinnert, bei dem er so glorreich abgestürzt war und dann die Sache mit dem Vertrag. Er konnte es noch immer nicht fassen.
 

Als er schließlich wieder zu Hause war und mit vor Müdigkeit halb geschlossenen Augen seine Katze versorgte, beschloss er einfach nur noch ins Bett zu fallen. Den Umschlag mit der Vertragskopie legte er auf der Kommode im Flur ab. Der Fahrer hatte sie ihm überreicht, als er aus dem Wagen stieg.
 

Am nächsten Morgen fühlte Kai sich zwar halbwegs erholt, aber mit dem Aufstehen kehrten auch die Gewissensbisse bezüglich seines Kumpels zurück. Jedes Mal wenn er an seinem Telefon vorbei lief, juckte es ihm in den Fingern Dean einfach anzurufen, aber er brachte den Mut dazu nicht auf und fühlte sich für den restlichen Tag feige und klein.

Er würde ihn einfach am nächsten Tag anrufen, denn den Vertrag konnte er ihm nicht verschweigen. So würde er wenigstens in der Lage sein ihm genauer Auskunft zu geben wie das alles nun laufen sollte.
 

Die Sonne ging unter ohne das Kai den Tag für sich sinnvoll genutzt hätte und er fühlte ein nervöses Ziehen in der Magengegend. Vielleicht konnte er sich mit einer Tiefkühlpizza herunterbringen. Gegessen hatte er noch nicht viel und mit leerem Magen sollte er sich nicht auf den Weg machen, fand er.

Er konnte nur hoffen, dass nicht gleich der Fahrer unten vor der Tür stand. Diese Warterei war wirklich ätzend. Die Pizza schlang er zur Hälfte hinunter und beschloss gerade sich den Rest aufzuheben, als es gegen 21 Uhr an der Tür klingelte.
 

Über die Sprechanlage stellte sich heraus, dass es wirklich sein Fahrer war, der ihn zum Crimson Delight bringen sollte. Rasch schlüpfte Kai in eine schwarze Jeans und einen roten Pullover und schnappte sich eine Jacke von der Garderobe.

Etwas merkwürdig kam es Kai schon vor, dass er sich auf den Weg zu seinem neuen Arbeitsplatz machte, anstatt dort Tanzen zu gehen. Es war sein erster Arbeitstag in einem neuen Job, von dem er nicht wirklich wusste, was von ihm verlangt wurde. Elias hatte ihn damit überrumpelt und er hatte einfach "Ja" gesagt, weil er von der Euphorie seines Auftrittes angefixt war. Er hätte definitiv mehr Fragen stellen sollen, als gleich eine Unterschrift unter den Vertrag zu setzen.
 

Der Weg war ein anderer als am Abend zuvor. Sie passierten mehrere Tore, die sich automatisch vor ihnen öffneten, als das Wachpersonal einen Blick auf den Wagen und den Fahrer geworfen hatte.

Kai erhielt die Anweisung zu einer Tür zu gehen, als der Fahrer die Wagentür öffnete. Unsicher stieg der junge Mann aus und lief in die ihm gewiesene Richtung.

Der Fahrer verlor keine Zeit und setzte sich gleich wieder hinter das Steuer, um den Weg zurück zu fahren, von dem sie gekommen waren.

Kai sah sich um und entdeckte einen Klingelknopf. Als er darauf drückte, ertönte das surrende Geräusch einer Überwachungskamera, die sich auf ihn ausrichtete.

Er schluckte. Keine Stimme ertönte, alles blieb ruhig. Unsicher blickte er in die Kamera und sagte:
 

"Kai Deger. Ich werde erwartet."
 

Er hoffte, dass er das Richtige gesagt hatte. Mit einem weiteren Surren wurde ihm die Tür geöffnet. Vorsichtig trat er ein und befand sich in einem Korridor, der zu einem Empfangsraum führte. Hinter einem Empfangspult saß eine Dame im schwarzen Nadelstreifen-Blazer und lächelte ihn höflich an. Es gab keine Fenster, nur die Deckenbeleuchtungen erhellten den Raum.
 

"Guten Abend, Herr Deger. Bitte folgen Sie mir."
 

Kai nickte und lief der Dame hinterher, die ihn zu einer Wendeltreppe führte. Einen Aufzug schien es nicht zu geben. Anscheinend hatte man einen verwinkelten Industriekomplex in ein Bürogebäude verwandelt. Sie liefen zwei Stockwerke nach unten und hielten vor einer Glastür, die aus Sicherheitsglas bestehen musste, so dick beziehungsweise mehrschichtig wie die Scheibe war.

Die Empfangsdame tippte mit ihren dunkelrot lackierten Fingernägeln einen Code in einen kleinen Kasten, der versteckt hinter einer Klappe lag und entriegelte die Tür.

Kai staunte nicht schlecht über die Sicherheitsvorkehrungen, doch zugleich empfand er Unbehagen. Wenn nicht jeder hier herumspazieren konnte, so würde er sicherlich auch nicht leicht wieder zum Ausgang gelangen.

Worüber machte er sich eigentlich Gedanken? Aus irgendwelchen Gründen schien er immer nervös zu werden, wenn er sich in Räumlichkeiten des Crimson Delight befand. Oder gehörte diese Örtlichkeit gar nicht mehr dazu?
 

"Bitte gehen Sie den Flur entlang und klopfen Sie an die Tür mit der Nummer 36. Rechte Seite."
 

"Danke."
 

Die Dame lächelte und ließ die Glastür in den Rahmen gleiten. Dann machte sie sich auf den Weg nach oben und Kai setzte seinen Weg durch den Flur fort. An besagter Tür klopfte er vorsichtig mit den Fingerknöcheln an und trat nach einem gerufenen "Herein" ein.
 

Elias saß hinter einem Arbeitstisch und steckte gerade geordnete Papierstapel in eine Schublade. Es war das gleiche Zimmer wie letzte Nacht, in der er den Vertrag unterschrieben hatte, nur das er diesmal von der anderen Seite gekommen war.
 

"Guten Abend, Kai. Ausgeschlafen?"
 

"Hallo… äh…"
 

"Gut, dann können wir beginnen. Ich habe einige Liedtexte für dich. Du wirst dich einsingen und dann sehen wir weiter. Ob wir gleich das Tonstudio nutzen wird sich zeigen."
 

"Tonstudio? Hier drin?"
 

"Ich bin ausreichend ausgestattet, was dachtest du?"
 

Kai zuckte nur mit den Schultern.
 

"Wenn du fertig damit bist dich zu wundern, folge mir."
 

Es war das erste Mal, das Kai seinen neuen Chef so förmlich im Anzug herumlaufen sah. Der Stoff war dunkelgrau, das Hemd in einem hellen Türkis. Der oberste Knopf war geöffnet. Zumindest hatte er auf eine Krawatte verzichtet.

Die Situation war so völlig anders, als in der Diskothek. Kai überlegte, ob er ihn nun Siezen sollte, doch das schien ihm irgendwie albern zu sein. Schließlich hatte sich Elias ihm von Anfang an nur mit dem Vornamen vorgestellt. Seinen Nachnamen kannte er davon abgesehen gar nicht.

Er folgte ihm aus dem Zimmer und in einen anderen Flur.
 

"Wie ist eigentlich dein Nachname?"
 

Der Lockenschopf sah ihn amüsiert von der Seite an und sagte nach einem kurzen Moment:
 

"Duprés."
 

Elias führte ihn Wege, die Kai sich irgendwann nicht mehr merken konnte. Schließlich führte sie eine Wendeltreppe weiter nach unten. Aus einem spärlich eingerichteten Raum holte Elias Notenblätter und lief weiter durch einen Flur.
 

"Sind hier alle Räume so monoton?"
 

"Sie sind zweckmäßig. Was erwartest du? Familienfotos?"
 

Elias lachte wie über einen guten Scherz, den Kai nicht verstand. Sie bogen in den nächsten Gang ein, der überraschenderweise mit Glasschaukästen ausgestattet war. Darin ausgestellt befanden sich unter anderem vergilbte Notenblätter und Musikinstrumente, die mit Informationskarten versehen waren.

Vor einem Kasten blieb Kai wie gebannt stehen, als die Buchstaben eines Infoschildes ihm förmlich ins Gesicht sprangen.
 

"Ist das eine echte Stradivari?"
 

"Natürlich. Sie ist eines der Herzstücke meiner kleinen Privatsammlung."
 

Und sein ganzer Stolz wie es schien.
 

"Die muss ein Vermögen wert sein.", staunte Kai mit großen Augen.
 

"So ziemlich. Für 1,53 Millionen habe ich sie 2005 erworben. Es war nicht leicht an sie heranzukommen. Ich habe meine Beziehungen spielen lassen, um sie ausfindig zu machen, doch dann musste ich den üblichen Weg gehen. Es sind nicht mehr allzu viele Kunstwerke Stradivaris erhalten. Seit kurzem ist sie wieder in meinem Besitz, ich hatte sie verliehen, damit sie hier nicht einstaubt."
 

"Kannst du sie spielen?"
 

"Selbstverständlich."
 

Kai sah Elias mit großen Augen an. Dieser holte aus seiner Hosentasche einen Schlüsselbund hervor und öffnete den Glaskasten, nachdem er den Entsicherungscode in die Alarmanlage eingegeben hatte.

Vorsichtig holte er das wertvolle Stück heraus und verschloss sorgsam die Vitrine. Kai sah ihn abwartend an.
 

"Du erwartest doch hoffentlich nicht, dass ich sie hier im Flur demonstriere."
 

Angewidert verzog er den Mund.
 

"Es gibt für alles einen angemessenen Rahmen. Folge mir."
 

Kai folgte Elias in einen kühlen Raum, der einem Kaminzimmer glich. Ein dunkelbraunes Sofa, zwei Sessel in gleicher Farbe und ein weißer Flokati waren darin zu finden, sowie zwei Ölgemälde. Das eine zeigte das Paradies, das andere stellte die Hölle dar.

Im Kamin brannte kein Feuer und Kai fragte sich, ob er überhaupt nur zu Dekorationszwecken eingebaut war. Alles war sehr sauber, keine Asche, keine Staubpartikel waren zu sehen.
 

Elias stand wartend in der Mitte des Raumes, die Geige ans Kinn gelegt, den Bogen gehoben. Kai beeilte sich und nahm auf dem Sofa Platz. Der Lockenschopf strich den Bogen über die Saiten und eine leise Melodie erklang, lieblich und sanft. Kai schloss die Augen, um die Melodie besser aufnehmen zu können. Nach einer Weile änderte sie sich jedoch, wurde düsterer, wilder, sodass er erschrocken die Augen aufriss und Elias gebannt ansah.

Elias’ Körper bewegte sich zur Musik, er hatte selbst die Augen geschlossen und etwas Hartes, Schmerzliches lag auf seinem Gesicht.

Kai glaubte, sein Innerstes müsste zerreißen wenn er weiter dieser wundervoll düsteren Musik lauschen müsste. Da hatte sich Elias bereits gefangen, strich den Bogen sachter über die Saiten. Die Melodie endete so leise, wie sie begonnen hatte. Elias verharrte in seiner Bewegung, öffnete halb die Augen und starrte ins Leere.
 

Kai wagte erst nicht zu sprechen und den merkwürdigen Zauber zu zerstören, der in diesem Raum hing. Als er die Stille jedoch nicht mehr aushielt, meinte er schließlich leise:
 

"Das war wunderschön."
 

Kai blickte mit Ehrfurcht zu ihm auf. Elias ließ seine Arme sinken, fokussierte den jungen Mann einen Moment, schloss seine Augen und wandte den Kopf von ihm ab.
 

"Ich denke das genügt. Wir sollten mit der Arbeit beginnen."
 

Kai folgte Elias wortlos aus dem Raum und sah zu, wie die Violine wieder in ihr gläsernes Gefängnis verbannt wurde. Sein Arbeitgeber erschien ihm nun sehr distanziert und verschlossen, völlig anders als er es im Kaminzimmer eben erlebt hatte.
 

Sie gingen zum geschäftlichen Teil über. Nachdem Kai sich eingesungen hatte, zeigte Elias ihm Atemübungen, um sein Stimmvolumen zu steigern und mehr aus sich herauszuholen. Dieser Mann war ohne Zweifel sehr ehrgeizig und ein strenger Lehrer, der alles kritisierte was ihm missfiel. Kai nahm es hin und befolgte seine Ratschläge, da er merkte, dass Elias tatsächlich viel von Gesang und Musik verstand.

Es hing keine Uhr in dem Raum, sodass Kai schwer einschätzen konnte wie viel Zeit schon vergangen war. Während Elias es sich in einem Sessel bequem gemacht hatte, stand Kai mit einem Stoß Blättern in der Hand da und arbeitete hart an seinem Gesang. Langsam erschöpfte ihn die Arbeit, doch er wollte seinem Gegenüber beweisen, das er lernfähig war.

Kai sang die letzte Strophe und sah Elias erwartungsvoll an. Er hatte versucht alles zu geben was ihm gerade möglich war. War er nun mit ihm zufrieden?
 

Das nächste was der junge Mann spürte, war ein heftiger Stoß gegen den Rücken, der ihm die Luft aus den Lungenflügeln presste und einen ziehenden Schmerz am Hals. Ein Teil seines Sichtfeldes war von etwas Dunklem verdeckt, dahinter, einige Meter entfernt, sah er einen Engel im Türrahmen stehen, der ihn sanft anlächelte. Sein Sichtfeld zog sich zusammen und er verlor das Bewusstsein.

Elias saugte gierig das Blut aus der Halsschlagader des jungen Mannes. Als ihm dies bewusst wurde, ließ er von ihm ab und trat einen Schritt zurück. Der Körper vor ihm sackte ohne Stütze zu Boden.
 

"Hast du auch dein Spielzeug kaputt gemacht?"
 

Elias wirbelte herum.
 

"Sophia… was machst du hier, warum bist du allein?"
 

Eine junge Frau lehnte im offenen Türrahmen. Sie lief barfuss und war gekleidet in einem weißen Spitzenkleid, das knapp unter dem Knie endete. Ihre langen blonden Locken liefen engelsgleich über ihre Schultern. In der linken Hand hielt sie einen Teddybären – ohne Kopf.
 

"Ich kann nichts mehr malen, ich habe keine Farbe mehr."
 

Demonstrativ streckte sie Elias ihren rechten Zeigefinger entgegen, der Rot gefärbt war.
 

"Wenn du artig bist und wartest, bekommst du bald neue. Geh in dein Zimmer zurück."
 

"Dort ist es so langweilig. Darf ich mitspielen?"
 

"Ich spiele nicht. Geh – in – dein – Zimmer. Sofort!"
 

Sie zog eine Schnute, schleuderte in einem plötzlichen Anflug von Zorn ihren kopflosen Spielgefährten in die Mitte des Raumes und schrie:
 

"Ich glaube nicht, dass ich dich noch sehr mag!"
 

Hocherhobenen Hauptes schritt sie in die Richtung, aus der sie gekommen war den Gang hinunter. Elias fuhr sich durchs Haar.
 

"Ich lebe in einem Irrenhaus – und bin der Wärter."
 

Er leckte sich die Blutspuren von den Lippen und sah wieder zu Kai, an dessen Hals sich ein feines, rotes Rinnsal gebildet hatte. Die Wunden waren noch nicht vollständig verschlossen. Elias ging in die Hocke und zog den Bewusstlosen zu sich, bis er ihm über die Wundmale lecken konnte, die sich daraufhin schlossen.
 

"Was ist geschehen, ich spürte einen starken Impuls… oh là là."
 

Cathérine war alarmiert in das Zimmer getreten und blickte irritiert auf den bewusstlosen Körper, der wie eine Puppe in Elias’ Armen lag, als er sich mit Kai erhob.
 

"Es ist lange her, dass ich dermaßen die Kontrolle verloren habe."
 

Elias wirkte deprimiert. Die kleine Französin trat näher.
 

"Sie überanstrengen sich und nehmen sich nicht die Zeit ausreichend zu trinken."
 

"Die Ereignisse überschlagen sich, ich finde kaum Zeit untätig zu sein. Bring Kai von hier fort und lass ihn versorgen. Ich muss mir etwas für Sophia einfallen lassen, sie hat es schon wieder geschafft die Zahlenkombination am Türschloss zu knacken. Sie ist zu unberechenbar, als das ich gestatten könnte, das sie hier unten herumstromert."
 

Cathérine nickte und nahm Kai entgegen. Sie hatte keine Mühe ihn zu händeln, obwohl er sie bestimmt um zwei Köpfe überragen musste. Sie lud ihn sich einfach über die Schulter und umschloss seine Beine mit ihren zierlichen Armen, während sie ihn vom Boden hob.
 

"Denken Sie noch an den Termin im Eldorado? Oder wünschen Sie ihn zu verschieben?"
 

"Nein, es dürfte schwierig werden ein neues Treffen so bald zu arrangieren und ich möchte nicht den Anschein erwecken, mir würden die Dinge aus den Händen gleiten. Wir sind auf starke Verbündete angewiesen. Im Fall der Fälle."
 

"Natürlich. Ich gebe Asmodeus bescheid. Die übliche Kleiderordnung?"
 

"Trage etwas mit Pelz. Sergej schätzt schöne Dinge, die ihn an die Heimat erinnern."
 

Cathérine rümpfte ihre Nase.
 

"Soll ich mich nun geschmeichelt oder beleidigt fühlen, dass mir diese Aufgabe zuteil wird?"
 

"Beeil dich."
 

"Oui, oui."
 

Die zierliche Frau eilte davon.
 

Kai erwachte in einem Bett und starrte einen Moment an die Zimmerdecke, bis er sich konzentrieren konnte. Er ließ seinen Blick umherschweifen. Die Beleuchtung war spärlich, doch man konnte das Umfeld noch gut erkennen. Lag er in einem Krankenhaus?

Zwei Meter von ihm entfernt saß eine Blondine, Mitte Dreißig, in einem weißen Kittel auf einem Stuhl und hatte ihr Kinn auf die Handinnenfläche gestützt. Sie schien eingenickt zu sein. Draußen war es noch stockdunkel, wie er durch einen Spalt in den zugezogenen Vorhängen erkennen konnte. Die unbekannte Frau reckte sich und sah ihn überrascht an.
 

"Wo bin ich hier?"
 

"Hallo junger Mann, wie fühlen Sie sich?"
 

"Ist das ein Krankenhaus?"
 

"Ein Krankenzimmer."
 

Kai spürte ein Ziehen in seiner Hand und bemerkte, dass eine Kanüle darin steckte. Neben seinem Bett stand eine Stellvorrichtung, in der ein leerer Kunststoffbeutel einer Blutkonserve angebracht war.
 

"Habe ich eine Bluttransfusion bekommen? Warum?"
 

Kai richtete sich auf. Die Blondine wirkte nervös. Sie versuchte es mit einem breiten, fürsorglichen Lächeln zu überspielen.
 

"Sie hatten neulich erst Blut gespendet, wie ich aus ihrem Spendenausweis entnommen habe. Sie hatten wohl einen Kreislaufkollaps."
 

"Aber… das ist doch schon drei Tage her."
 

"Wissen Sie… legen Sie sich einfach hin und ruhen Sie sich aus. Sie sollten vielleicht mal ordentlich durchgecheckt werden, Sie machen auf mich einen anämischen Eindruck."
 

Sie trat zu ihm heran und drückte seine Schultern sanft nach unten. Aus ihrem Kittel holte sie ein kleines Fläschchen mit einer klaren Flüssigkeit.
 

"Was hängen Sie mir denn jetzt noch an?"
 

"Nur eine Kochsalzlösung."
 

"Und was noch?"
 

Durch Dean, der als Krankenpfleger im St. Clementinus Krankenhaus angestellt war, wusste Kai, dass isotonische Kochsalzlösungen auch als Trägerlösung für Medikamente genutzt wurden. Die weiteren Anwendungspunkte waren in seinem Fall ohne Sinn. Er sah wie die Flüssigkeit durch den dünnen Schlauch in seinen Blutkreislauf gelangte und fühlte sich schlagartig sehr müde.
 

Das ängstliche Lächeln der Frau erhaschte er noch, als er seine Augenlieder nicht mehr offen halten konnte und in einen tiefen Schlaf fiel.



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