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Living In A Toy Box

von

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You Are Famous!

Es waren kaum zwei Stunden vergangen, da fand sich Jazmin in einem kleinen Appartement nicht weit von der nun eingeäscherten Fabrik wieder. Es war nicht unbedingt liebevoller eingerichtet als der Lagerraum in dem sie knapp 5 Stunden allein verbracht hatte. Nur das nötigste Mobiliar stand seinen Zweck erfüllend in der Wohnung herum. Eine alte Couch, welche vor einem kleinen Fernseher, der auf einer Kommode stand, platziert war, bildete den Mittelpunkt des kleinen Wohnraums.

Der Joker warf seinen Schlüsselbund mit geschätzt 30 Schlüsseln laut klappernd auf die Couch und verschwand wortlos. Jazmin traute kaum, einen Schritt zu machen. Misstrauisch blickte sie sich um und rätselte ob es des Jokers Eigentumswohnung war, der Einrichtungsstil hatte auf jeden Fall Wiedererkennungswert.
 

Zögernd ging sie langsam auf die Couch zu und nahm die Fernbedienung, die darauf lag, in die Hände. Die Batterien schienen schon ihr 50 jähriges Jubiläum hinter sich zu haben, mit aller Kraft drückte sie die veralteten Tasten, bis sich der Fernseher Modell 50er Jahre mit einem lauten Zischen einschaltete und ein bunt flackerndes Bild erschien. Testbild, wie unterhaltsam. Sie seppte weiter.
 

Testbild. Testbild. Schwarz. CNN.
 

Sie erwischte der Nachrichtensprecher im Wort: „... erhielt heute Abend Hinweise auf den Aufenthaltsort des seit langem gesuchten Massenmörders, der sich selbst als der Joker bezeichnet. Als die Polizei am besagten Ort eintraf, fand sie das Fabrikgebäude, das als Versteckt diente, brennend vor. Der Vorsitzende des Gotham City Police Departements geht von einer Explosion aus. Nach Leichen wird gesucht...“

Jazmin riss die Augen auf und trat gebannt noch näher an den Bildschirm heran. Das kam ihr allerdings bekannt vor...

Weiter im Text: „...Gegen den Joker wird in mehreren Fällen des Mordes, Mordanschlägen, Attentaten, Amokläufen und Geiselnahme ermittelt...“ Geschockt stand sie vor dem Fernseher. Sie wusste ja, dass der Typ nicht ganz sauber war, aber so wie es aussieht, war er der König unter den Kriminellen. Das beunruhigte sie irgendwie ein wenig.
 

Sie schenkte ihre ganze Aufmerksamkeit dem Sprecher auf der Mattscheibe und bemerkte gar nicht, dass der Joker hinter sie getreten war und belustigt die Nachrichten und Jazmins Reaktionen darauf verfolgte.

“...Es wird vermutet, dass er eine Geisel mit sich führt. Dabei handele es sich um eine 21-jährige Patientin der Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Gotham Citys...“ Dies versetzte Jazmin einen tritt in die Magengegend. War sie gemeint? Natürlich war sie gemeint! Wer sonst?! Sie wusste nicht wie ihr geschah. Sollte sie jetzt Angst haben?

Die Polizei suchte sie! Nein, die Polizei suchten den kranken Psychopathen der gerade hinter ihrem Rücken stand.
 

„Herzlichen Glückwunsch, Püppchen! Du bist in den 20 Uhr Nachrichten auf CNN, dass schafft nicht jeder. HIHI“ Jazmin stand wie angewurzelt da. Sie konnte nichts, außer geschockt auf den Fernseher zu starren. Ihr Kopf fühlte sich an, als explodiere er jeden Moment. Ein schmerzhaftes Stechen kündigte den folgenden Schwindel an.

Sie konnte den Atmen des Jokers in ihrem Nacken spüren. Sie wollte atmen, doch es ging nicht. Die beängstigende Aura, die von ihrem Hintermann ausging, raubte ihr jeden Luftzug.

„Erzähl mir von deinem Vater, Püppi“

Ein Würgreiz erfasste sie, sie spürte wie ihr die Magensäure in den Mund schoss. Sie drehte sich um, lief um die Couch herum und suchte das Badezimmer, sofern vorhanden. „Zweite Tür Links“, rief der Joker ihr hinterher und erfreute sich an Jazmins Gefühlsausbruch.
 

Jazmin steckte den Stöpsel in das Waschbecken, ließ es voll kaltes Wasser laufen und tauchte ihr Gesicht in die kühle Erkenntnis des totalen Kontrollverlustes. Fast zwei Minuten verbrachte sie Unterwasser, versuchend, einen klaren Kopf zu bekommen, wieder normal denken zu können. Sie bemerkte fast den aufkommenden Schwindel, des Sauerstoffverlustes wegen, nicht und entriss sich in letzter Sekunde dem Eismeer. Sie stützte sich auf das Waschbecken und blickte in den Spiegel, der vor ihr hing. Verschwommen sah sie den Joker, der hinter ihr stand.
 

„Na, schmeckt der Erfolg nicht zuckersüß?“ Mit einem breiten Grinsen starrte er sie durch den Spiegel an. „Sag Bloß, du verträgst Zucker nicht! HIHI“ Jazmins gequälter Blick wandelte sich in Feindseligkeit und Unverständnis um. Ihre Fingerchen verkrampften und bohrten sich in die Keramik des Waschbeckens. Des Jokers irre Stimme senkte sich zu einem Angst einflößend ruhigen Ton. „Tja, so ist das Leben. Die Welt ist abgrundtief schlecht. Aber du hattest doch sicherlich eine schöne Kindheit, zusammen mit deinem Vater, nicht, Püppchen? Ein dich liebender Vater ist doch das Schönste was es gibt. Das. Aller. Schönste“

Das reicht.

Jazmin drehte sich rasant um und wollte zum Schlag in des Jokers Gesichtes ansetzten, doch dieser packte ihr Handgelenk und drückte es schmerzhaft zusammen. „Sie haben überhaupt keine Ahnung was ich durchgemacht habe!“, schrie sie ihn an, „Mein Leben ist Scheiße! Einfach nur Scheiße! Und Sie haben nicht ein klein wenig Ahnung! Also was soll das?!“, sie atmete tief und hektisch, ihr Gesicht ballte sich zur Faust.
 

„Oh, und ob ich Ahnung hab, Püppchen. Was denkst du was ICH durchgemacht habe? Breche ICH weinend auf dem Boden zusammen? Nein. Nein. Nein“, seine Rede untermalend schüttelte er den Kopf, die grünen Haare fielen ihm dabei ins Gesicht.
 

„Du und ich, Püppchen, wir sind beide Faktoren, die aus dieser traurig hässlichen Welt hervorgegangen sind. Das Leben ist schlecht. Du kannst von keinem Hilfe erwarten. Alles was du tun kannst, Püppi, ist entweder blind weiterzumachen, irgendwann abzurrecken und in modernder Erde zu vergammeln, vergessen und ungeliebt, oder“, er fixierte provokant ihre Äuglein, „oder du brichst aus und rächst dich an allem, was dir je Kummer und Schmerz bereitet hat. Kurz: die gesamte Welt.“ So aufgewühlt Jazmin war, so aufmerksam verfolgte sie die Worte des Jokers, die in ihren Ohren Sinn ergaben.

„Ohne jeden, der dir sagt was du tun sollst. Du kannst machen. Was. Du Willst“ Selbst hatte sie schon oft darüber nachgedacht, doch ihre Methode entsprach eher dem Fliehen, dem Rückzug aus dieser gottlosen Welt. Doch die Möglichkeiten, die ihr der Joker aufzeigte, Rache und Vergeltung, klangen interessanter und nicht so Feige.
 

Der Joker wusste, dass seine Worte Wirkung erzielten, das tat die Wahrheit immer. Jazmin senkte den Blick, dachte darüber nach und suchte wieder den Augenkontakt mit dem Joker. Der hatte keine Sekunde von ihrem Puppengesicht abgelassen und lächelte sie nun vertrauenswürdig wie ein Vorwerk Vertreter an.

Jazmin wusste, dass der Joker nicht auf das Wohlsein ihres Gefühlslebens aus war, sondern an ihre Naivität appellierte. Doch wo er Recht hatte...
 

In ihre Augen drangen nun ein paar kleine Tränchen, nicht aus Angst, nicht aus Hilflosigkeit oder Schwäche, die Wahrheit war es, die sie zu Tränen rührte. Ihr Knie wurden weich und langsam sank sie auf die weißen Fließen des Badezimmers. Der Joker ließ ihr Handgelenk los und folgte ihr nach unten. Als Jazmin den Kopf in den Händen vergrub, strich er ihr über die blonden Löckchen. „Du hast etwas besseres verdient, Püppchen. Ein Chaos, das ganz allein dir gehört“

Triumphierend stand er auf und verließ das Badezimmer.
 

Bisher hatte er noch jeden brechen können und sie war zerbrochen wie ein dünner Ast. Doch so oft er so etwas schon getan hatte, so anders kam ihm diese Situation doch vor. Noch nicht häufig, nein, eigentlich noch nie hatte er jemanden getroffen der, so sehr er sich auch von allen anderen Psychopathen unterschied, aus dem selben Gründen in eine andere Realität floh, der die Welt und alle Menschen darauf verachtete und ihnen nichts als den qualvollen Tod wünschte.
 

Das Mädchen war anders, es schien bald kein Mensch mehr zu sein, nur noch ein benutztes, weggeworfenes Püppchen, das in einer Spielzeugkiste wohnte.



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