Überraschung.
Kapitel fünfzehn: Surprise.
Hermine riss ihre Augen auf und ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen.
Das hatte er nicht wirklich gesagt, oder?
Doch Hermine wusste, dass es die Wahrheit war. Sie konnte es einfach fühlen.
“Das...das kannst du doch nicht einfach so sagen!”, stammelte sie. Ihre Haut brannte, dort, wo seine Wange ihre berührte. Seine Finger verhakten sich in ihren.
“Ich habe es eben gesagt. Aber einfach war es nicht”, gab er zu und ließ seinen Kopf dann auf ihrer Schulter ruhen.
“Das macht aber keinen Sinn!”, stieß Hermine hervor und schloss die Augen. Ihr Herz hämmerte und ihr Puls raste. Sie versuchte an Ron zu denken, aber ihre Gedanken gaben Dracos Worte nicht frei.
“Ich weiß. Hör mir jetzt einfach zu, ja?”, bat er und Hermine nickte.
“Anfangs...nach dem Krieg. Meine Welt ist in sich zusammengebrochen. Meine Eltern haben sich geändert, das habe ich dir doch schon erzählt. Ich habe dann verzweifelt nach etwas gesucht, das mich an meine Vergangenheit erinnert. Etwas, das mir Halt gibt, das nicht anders ist. Das Einzige was mir einfiel warst du. Unser Hass, deine Verachtung. Es war einfach das letzte Bisschen, das meine schützende Mauer aufrecht erhalten konnte. Bevor ich mich dieser neuen Welt stellen musste. Und dann konnte ich dich nicht vergessen. Ich lebe wahrscheinlich zu sehr in der Vergangenheit, aber erinnerst du dich noch? Während der Schlacht? Obwohl wir uns hassten hast du gesagt...du hast gesagt...”, es war, als wollten diese Worte nicht aus seinem Mund kommen.
Hermine hingegen erinnerte sich genau an ihre Worte, sie wusste was er meinte.
“'Pass auf dich auf.' Das habe ich gesagt.”, half sie ihm.
“Ja”, hauchte er und konnte seinen Atem sehen:”Nach der Beerdigung und nach Hogsmeade...da kam es mir wieder in den Sinn. Und dann konnte ich dich nicht aus meinen Gedanken verbannen. All unsere zufälligen Treffen haben mir nicht sehr geholfen. Und du hast mich immer weiter in diese Falle gelockt. Unbewusst, natürlich. Aber jetzt ist die Misere da. Ich begehre dich. Merlin weiß wie sehr.”, endete er dann.
Hermine zwang sich mittlerweile ruhig zu atmen. Sie zählte in Gedanken bis zehn.
“Okay.”, sagte sie dann leise. “Okay?”
“Ja. Ich verstehe, was du mir da sagst. Aber ich begreife es nicht”
“Das ist mir zu hoch”, gab Draco zu und drückte Hermine fester an sich. Sie japste nach Luft, doch er lockerte seinen Griff nicht.
“Naja...ich verstehe die...wie soll ich das sagen? Ich verstehe deine Aneinanderreihung der Worte. Aber ich begreife den Sinn nicht, das Verständnis für deine Veränderung fehlt mir. Obwohl ich sie sicherlich auch durchmache!”, erklärte Hermine und Draco schwieg um sich ihre Worte durch den Kopf gehen zu lassen.
Dann:” Obwohl ich sie sicherlich auch durchmache”, wiederholte er und Hermine japste erneut.
Sie hatte sich gehörig verplappert.
“Nein! So meine ich das nicht!”, versuchte sie sich herauszureden, doch nichts half.
“Dein Hass ist also nicht nur verschwunden, weil du generell ein solches Gefühl nach dem Krieg nicht mehr dein Eigen nennen willst!”, lächelte er zufrieden.
“Bitte”, sagte Hermine plötzlich ganz leise und Draco konnte ein Wimmern in ihrer Stimme wahrnehmen.
“Hm?”
“Lass mich los”, damit hatte er nicht gerechnet. Das wollte er auch nicht hören.
Aber etwas in ihrer Stimme veranlasste ihn sie tatsächlich loszulassen. Seufzend drehte er sich um und steckte seine Hände wieder tief in die Tasche.
“Es ist zum Verrückt-werden mit uns!”, bemerkte er.
Hermine schluckte schwer und sah auf seinen breiten Rücken. In dem Moment, in dem er sie losgelassen hatte, überkam sie die Kälte mit ihrer bitteren Wahrheit:
Hermine teilte seine Gefühle.
Zwar wusste sie nicht ganz genau, was tatsächliches Begehren war. Die Zärtlichkeiten, die sie mit Ron austauschte, waren von ihm ausgegangen.
Aber wenn es das Verlangen nach körperlicher Nähe war, wenn man heiße Träume hatte. Dann verspürte Hermine schreckliches Begehren.
“Naja. Ich werde dann gehen. Offensichtlich bist du nicht dazu bereit.”, seufzte er erneut und entfernte sich von Hermine.
Starr sah sie zu, wie er die Treppen der Tribühne hinabstieg, bis sie seinen blonden Haarschopf nicht mehr sehen konnte. Die Kälte hatte ihre Fangarme um sie geschlungen, sie konnte sich keinen Millimeter bewegen.
“Aber...aber...wenn ich ihn jetzt gehen lasse!”, fuhr es durch ihre Gedanken.
Tränen stiegen ihr unerklärlicherweise in die Augen, sie schnappte nach Luft. Sie musste ihm nach!
Ganz egal, was ihr Verstand ihr sagte. Ganz egal, ob Ron sie heiraten wollte. Und erst recht war es ihr egal, dass sie zum ersten Mal in ihrem kurzem Leben unmittelbar ihr Herz entscheiden ließ.
Noch nie hatte sie ihren Verstand ganz abgeschalten, aber jetzt war der Augenblick gekommen. Hermines Herz konnte es nicht ertragen, Menschen unglücklich zu sehen. Und zur Zeit war es Draco, der ihr Mitleid und ihr Begehren in den Händen hielt.
Es war unglaublich, dass sie das tun wollte. Aber sie musste.
Es war schmerzvoll sich zu bewegen, die Kälte hatte wirklich dünne Fäden um ihren zarten Körper geschlungen. Sie zerschnitten imaginär ihre Haut, aber kaum hatte Hermine sich aus ihnen befreit, waren ihre Schritte schnell und federleicht.
Sie rannte die vielen Treppen hinab und sah sich hysterisch um.
Dort. Dort vorne war er, seine Schritte waren langsam, denn er musste durch hohen Schnee stapfen. Hermine kümmerte sich nicht um den Schnee. Sie versank bei jedem Schritt bis zum Knie, aber mit viel Kraft war sie immernoch schnell.
Mühsam hatte sie Draco eingeholt und schlang nun ihre Arme um seinen Oberkörper um ihn zu hindern weiter zu gehen.
Tatsächlich blieb er stehen. “Was bedeutet das?”
“Ich weiß es nicht”, antwortete Hermine und Draco glaubte ihr. “Okay”, sagte er und legte seine Hände über ihre. “Okay”, wiederholte Hermine und sie verbarg ihr Gesicht in seinem breiten Kreuz.
Nach einer ganzen Weile drehte sich Draco um und sah ihr in ihre haselnussbraunen Augen. Hermine riskierte einen Augenaufschlag und versank in einem Meer aus Blau. “Du...hast mich verhext”, formte Hermine mit ihren Lippen, aber kein Laut kam über sie.
Draco beugte sich nach vorne, Hermine schloss ihre Lippen für den Fall eines Kusses. Aber er dachte nicht daran, sondern berührte ihre Nasenspitze mit seiner, legte seine Stirn gegen ihre.
“Du wirst mich verraten”, sagte er dann und Hermine keuchte auf:”Was?”
“Du wirst mich benutzen, du wirst mich aussaugen. Und dann wirst du mich wegschmeißen. Das nenne ich Verrat”, erklärte er.
“Nein! Wie kommst du - “, doch Hermine verstummte. Er hatte doch irgendwie Recht. Es war nicht so, dass Hermine so etwas jemals aktiv tun würde, sie war kein solcher Mensch. Aber sie wusste doch innerlich, dass sie Ron niemals verlassen würde.
“Ich bin nicht so Eine”, sagte sie dann.
“Das ist mir durchaus bewusst. Ich kenne den Unterschied”
“Woher?”
“Willst du das denn wirklich wissen?”
“Ich will alles wissen”
“Ich habe da so einige Bekanntschaften in diesem Milieu von Frauen, die dich ausnutzen”
“Du bist ein Playboy”, schmunzelte Hermine. Irgendwie störte sie dieses Wissen nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Das bewies doch nur, dass Draco ein gesunder junger Mann mit Bedürfnissen war.
Untypisch Hermine.
“Ein Playboy also?”, lächelte er. Hermines Körper fing zu zittern an und ein befreiendes Lachen erfüllte die Luft. “Was ist?”, Draco stellte sich wieder aufrecht hin. “So absurd”, kicherte Hermine und Draco stimmte in ihr Lachen ein. “Wir sind so...anders! Der Krieg hat uns so verändert. Das habe ich nie gedacht, weißt du? Ich dachte...Ich geh da rein, komm da vielleicht nicht wieder raus. Vielleicht doch. Aber nicht das hier. Nicht...das mit uns ”, sagte Draco.
“So geht es mir genauso.”, nickte Hermine.
Draco fixierte sie mit seinem Blick. “Was ist?”, fragte Hermine kühn. “Nichts weiter. Ich bemerke nur wieder, dass du hübsch bist”
Hermines Wangen erglühten, das hatte sie nicht erwartet. Niemals.
“Ah...danke...”, lächelte sie dann und strich sich wieder eine Stähne hinters Ohr.
Draco schien zu überlegen, er legte den Kopf in den Nacken und sah zum Himmel. Dann:
“Es ist komisch. Jetzt, da wir das hier nicht verstecken bräuchten, weil ja eigentlich der Hass verebbt ist, können wir dieses Begehren nicht ausleben, weil du...mit Weasley zusammen bist”
“Und ihn bald heiraten werde”, dachte Hermine bitter, doch sprach ihren Gedanken nicht aus.
Wieder einmal agierte sie total untypisch für ihren sonst so sanften und ehrlichen Charakter.
“Dann müssen wir die Zeit genießen, die uns bleibt, nicht wahr?”, dieses Gefühl von Begierde ermöglichte ihr eine neue Welt, eine sündhafte, lustvolle Welt. Hermine spürte heftig den Zwiespalt in sich.
Aber Ron, der ihre gute Seite repräsentierte, war nicht da.
“Hermine?”, kam es von Draco und Hermine blinzelte. Sie war kurz in ihren Gedanken gefangen gewesen.
“Du sagst ja Hermine. Stimmt, das ist mir schon vorher aufgefallen. Ich mag das”
“Dann kann ich damit ja weitermachen, Hermine”
“Ja, das kannst du”, lächelte sie und grinste.
“Dann musst du mir aber auch einen Gefallen tun”
“Niemals”
“Hey!”
“Ach komm.”, Hermine hob ihre Hand und berührte seine Wange. Das war die einzige Intimität die sie heute zulassen würde.
Hermine war kein einfaches Mädchen, schon gar nicht ein leichtes. Sie würde nicht heute mit ihm weitergehen, nicht, nachdem sie es ihm erst offenbart hatte. Zu schnell, zu unüberlegt. Nein, das würde Hermine nicht tun.
“Lass uns zum Schloss gehen”, schlug sie dann vor und Draco nickte. “Okay”
Langsam wateten sie durch den hohen Schnee, Draco hielt Hermines Hand, damit sie nicht fallen konnte.
Als sie in der Eingangshalle angekommen waren, sagte Hermine:”Bis dann.”
“Warte. Was heißt 'Bis dann'?”, fragte er.
“Bald. Spätestens im Unterricht.”
“Ich will dich öfters sehen”
“Du willst, ich kann nicht.”
“Warum?”
“Ginny”
Draco seufzte.
“Bis dann”
keine Klausuren mehr ^^ Danke für die Kommis und Glückwünsche und Kritik! Nur so kann ich mich verbessern! Tausend Luft-küsse,Skairdycat
