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Liebe, bis dass der Tod sie scheidet

von

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Reglos fast starr, saß Zadei am Feuer. Die Flammen spiegelten sich in seinen stumpfen, leeren Augen. So stumpf und leer wie seine Gedanken. Er wusste nicht was er tun sollte. Er hatte die letzten Tage nicht eine Minute Schlaf gefunden, sondern war von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang und wieder bis Sonnenaufgang rast- und ruhelos umhergestreift, immer die Hoffnung im Herzen, Titius irgendwo zu finden. Aber es war vergeblich gewesen. In einen unscheinbaren, schlichten Umhang gehüllt, wie in das einfache, ärmliche Volk trug, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, hatte er sich bis in die Dörfer und kleineren Städte vorgewagt. Er hatte zwar nicht wirklich geglaubt Titius an einem dieser Orte vorzufinden, aber den einen oder anderen Hinweis hatte er sich schon erhofft. Eine Hoffnung, die bitter enttäuscht worden war.

Titius hätte jedem im Umkreis mehr oder minder bekannt sein müssen. Er war der letzte seiner Art, Laures' rechte Hand und ständig als Diplomat unterwegs. Zadei hatte geglaubt, dies seien Kriterien, die doch zu einem gewissen Bekanntheitsgrad hätten führen müssen, in den kleinen, abgelegenen Dörfern, hatte allerdings niemand von ihm gehört. Die Bauern und Viehzüchter interessierten sich eher weniger für Politik, denn für ihre Felder und Ernten.

Aber auch in den kleineren Städten, hatte nicht gerade die Mehrheit konkrete Assoziationen zu dem Namen Titius. Die wenigen, die wussten, wer er war und die noch geringere Anzahl an Bewohnern, die sogar wusste, wie er aussah, konnte Zadei absolut gar nichts über seinen Verbleib sagen, außer, dass sie ihn nicht in ihrerer Stadt gesichtet hatten. Manche hatten auch voller Misstrauen gefragt, weshalb denn jemand wie er, den kaiserlichen Berater suche und ihn dann einfach stehen lassen. Er hatte gehört wie zwei Frauen meinten er sei möglicherweise schwachsinnig und glaube, er sei selbst Politiker und habe eine Mission zu erfüllen, woarufhin sie wie Gänse gegackert hatten. Er hatte ihnen am liebsten die Hälse umdrehen wollen. Irgendwann als man ihn dann für zu lästig empfand und jemand ihm mit erhobener Heugabel entschieden zu nahe gekommen war, hatte er sich bebend, mit den Zähne knirschend zurück gezogen. Im Normalfall hätte er jeden einzelnen von ihnen erbarmungslos zerfleischt, aber er konnte es sich nicht leisten erkannt zu werden, nicht jetzt.

Er vergrub das Gesicht in den Händen und schluchzte trocken auf. Er hatte vielleicht die einzige Person, die er jemals geliebt hatte verloren...

-" Gottverdammte Scheiße!!!",schrie er auf und schmetterte einen Energieball an die gegenüberliegende Wand. Die Höhlendecke bröckelte, mehrere Steinbrocken fielen herab.

-" Ich finde dich Titius und wenn es das Letzte ist was ich tue". Liebevoll streichelte er die schneeweiße Feder, die neben ihm am Boden lag. Er hatte sie zwischen Titius' Laken gefunden. Sie war das Einzige, das ihm in der letzten Zeit Trost hatte spenden können.

Er würde in die Hauptstadt gehen, gleich am nächsten Morgen, sobald die Sonne aufging, direkt in die Höhle des Löwen und wenn nötig würde er Laures' beschissenen Palast stürmen und aus diesem widerlichen, arroganten Bastard herausprügeln, wo sich Titius befand und was er mit ihm gemacht hatte, denn mittlerweile war er fest davon überzeugt, dass Laures nicht unschuldig war am Verschwinden seines Geliebten, so wenig er es sich auch eingestehen und daran denken mochte. Er wusste, wie grausam und herzlos Laures sein konnte und er wusste auch wie verletztlich und schwach Titius sein konnte. Und er wusste noch etwas, nämlich, dass er Laures töten würde, sollte er seinem Geliebten auch nur ein Haar gekrümmt haben.
 

In der folgenden Woche hatte sich Hilda wie versprochen jeden Tag hinab in die Folterkammer begeben. Jedes Mal brachte sie Titius Essen und Wasser und kümmerte sich um seine Wunden, die wie sie freudig feststellte, gut heilten. Laures hatte bisher nicht die Gelegenheit gehabt, sein alltägliches Folterritual zu vollziehen. Die neusten politischen Turbulenzen, wegen denen er ständig unterwegs war, beanspruchten den Großteil seiner Zeit und wenn er von den zahlreichen Sitzungen und Versammlungen heimkehrte sorgte Hilda schon dafür, dass das Letzte woran er denken würde die Folterkammer und Titius waren[1].

Bisher hatte niemand ihre heimlichen Besuche bemerkt. Sie konnte gehen wohin sie wollte. Sie musste nicht erst um Erlaubnis fragen. Es vermisste sie niemand, wenn man sie nicht im Palast auffand.

Während der vergangenen Woche, hatte sie sich viel mit Titius unterhalten. Sie hatte einiges über ihn erfahren, über seine Vergangenheit, seine Beweggründe, die ihn dazu getrieben hatten Zadei zu befreien, seine gemeinsame Zeit mit Zadei, die zu Anfang alles andere als schön und einfach war und schließlich über die Liebe, die die beiden Dämonen verband. Sie sah ihn mit anderen Augen als zuvor und fragte sich, ob sie nicht letztendlich zuviel über ihn wusste. Manchmal saß sie auf der Streckbank[2] oder auf dem Boden an Titius gelehnt, wie es fast schon eine Angewohnheit geworden war, und dachte in den Momenten, während denen sie sich in Schweigen hüllten, darüber nach, ob es möglich wäre, dass sie bereits mehr wusste als gut war. Für sie, für Titius, für Zadei...und für Laures.

Sie wusste sie würde ihr Wissen nicht dafür verwenden können, Laures von seinem Tun abzuhalten, ebenso wie sich Titius dessen bewusst war. Aber das erwartete er auch gar nicht von ihr. Er hätte sie auch niemals darum gebeten. Wenn er die Augen, die allmälich ihren Glanz verloren, auf den hässlichen, grauen Boden gerichtet, sich in seinen kalten, stählernen Ketten wand, erinnerte ihn jedes einzelne ihrer klirrenden rasselnden Glieder daran, dass sein unwiderrufliches Schicksal der Tod war. Er würde sterben...aber Zadei würde leben und das war alles was er wollte.

Hilda, die einfach nicht daran glauben wollte, dass es so enden würde, klammerte sich hartnäckig an ihre Hoffnung, die sie mühsam aber vergeblich auf Titius zu übertragen versuchte. Alles was sie ihm versprochen hatte, Freiheit, ein gemeinsames Leben mit Zadei fernab von Laures, Glück verneinte er, lehnte er ab, mit der Begründung nicht eine Brücke überqueren zu wollen, die nicht einmal das Gewicht seines Haars zu tragen imstande war[3]. Hilda hatte ihm gedroht solche Worte mit Ohrfeigen zu belohnen und er hatte gelacht. Ein schwächliches, schwankendes Lachen, dass seine Verzweiflung und auch seine Angst nicht hatte übertünchen können, aber dennoch ehrlich klang.

Sie wollte nicht, dass er sich aufgab, dazu war er zu wertvoll, war sein Leben zu wertvoll. Sie wusste, dass sie viel von ihm verlangte und dennoch bat sie ihn zu versuchen zuversichtlicher zu denken und sich nicht der Schwärze in seinem Inneren hinzugeben. Das schmerzliche Lächeln, das wirkte als verspotte der Dämon sie, das ihr stets auf ihre Hartnäckigkeit antwortete sagte ihr deutlicher, als tausend Worte es je gekonnt hatten, dass Titius ihr nicht glaubte...nicht glauben konnte. Wie hätte er es auch glauben können? In Ketten gelegt, die prachtvollen Schwingen von ihrem eigenen Blut besudelt, der Körper misshandelt, die Seele vergewaltigt?
 

An diesem Morgen aber geriet auch Hildas unerschütterliche Hoffnung aus dem Gleichgewicht. Als sie in das Kellergewölbe hinabstieg und die Tür zur Folterkammer öffnete, war Titius fort. Die Ketten, die ihn zuvor gefangen gehalten hatten, hingen einsam von der Decke. Seine Handschellen lagen auf dem Boden. An ihnen haftete sein Blut. Für einen kurzen Moment, in dem ihr Herz unbändig zu rasen begann, heftete sich ihr Blick auf die eiserne Jungfrau, die im Gegensatz zum vorherigen Tag geschlossen war. Ihre Beine wurden von schubartigem Zittern vorwärts getrieben als sie sich ihr näherte. Mit geschlossenen Augen öffnete sie die Türen des Folterinstruments und verharrte heftig atmend an ihrem Platz.

>Du wirst jetzt die Augen öffnen und er wird nicht in ihr sein<

Sie riss die Augen auf und starrte die unheilvollen Dornen an, dir ihr nach Tod lechzend, entgegen ragten. Das Blut, dass an ihnen haftete war alt. Längst getrocknet und geschwärzt, umklammerte es das Metall, zeugte von den Schrecken, die hier stattgefunden hatten. Schrecken, die Hilda sich nicht ausmalen wollte. Von plötzlicher Aversion gepackt, die ihr einen Kloß in den Hals trieb, rannte sie hinaus.

Hatte Laures ihn zurück in sein Verlies bringen lassen? Welches war das seine gewesen? Sie drehte sich um die eigene Achse. Die zahlreichen, massiven Türen begannen zu verschwimmen, kreisten um sie herum. Sie wischte sich über die Augen.

Fluchtartig eilte sie zur Treppe, rannte wie gejagt die steilen Stufen empor. In ihrer nahezu panikartigen Hast nahmen die Schatten an den Wänden seltsame Formen an. Sie riss den Kopf herum, als sie glaubte die Umrisse eines gekreuzigten Engels[4] wahrzunehmen und stolperte über den Saum ihres Rockes. Hart schlug sie auf den unebenen beton der Stufen auf. Das Armband an ihrem rechten Handgelenk riss dabei. Die abricot farbenen Perlen sprangen umher, schienen die Treppe hinab hüpfen und sie so zurück in das finstere Kellergewölbe lotsen zu wollen. Sie sammelte diejenigen, die sich in ihrer unmittelbaren Nähe befanden mit schnellen, ruckartigen Bewegungen auf und ließ die anderen liegen. Sie hatte sich kaum aufgerichtet, da rannte sie auch schon weiter. Den Blick nach unten gerichtet bemerkte sie nicht, die Gestalt, die nun im Rahmen erschien, mit ihrem breiten Rücken das Licht, dass aus dem Flur bis hin zur Treppe strahlte fast gänzlich aussperrte. Erst als ihr Blickfeld, den umfangreichen Schatten einschloss, nahm sie Kenntnis von ihr. Sie blickte auf, konnte aber kein Gesicht ausmachen, da sie schon im selben Augenblick in den kräftigen Körper hinein lief. Ihre Stirn stieß gegen eine gewölbte, harte, Brust, unter ihren nach vorn gestreckten Händen fühlte sie nichts als massige, stählerne Muskeln. Es kam ihr vor als sei sie gegen eine Mauer gelaufen. Die Heftigkeit des Zusammenpralls warf sie zurück, während sich die Gestalt vor ihr nicht einen Zentimeter rührte. Eine große, rauhe, beinah schon brutale Hand, schloss sich fest um einen ihrer, rudernden, um Gleichgewicht ringenden Arme und zog sie mit einem Ruck zurück nach vorn. Wie versteinert starrte sie in die eisigen, vollkommen toten, grauen Augen, die das einzige waren, was die schwarze Kapuze, die über den Kopf des Mannes gestülpt war, freigab. Sie widerstand dem Drang aufzuschreien und folgte mit geweiteten Augen den Bewegungen des Henkers, der sie nun losließ und sich vor ihr verneigte. Sie betrachtete seinen starken Nacken, die gerundeten Oberarme und die Beine, die nur bis zur oberen Hälfte der Schenkel von dem kurzen Gewand bedeckt wurden. Die Muskelstränge zeichneten sich kräftig unter der sonnengebräunten Haut ab, schienen hervorzutreten und die Haut sprengen zu wollen. Ohne auch nur ein Wort zu sagen stürmte sie an ihm vorbei auf den Flur und blieb erst an der nächsten Ecke wieder stehen.

Der Henker. Es war das erste Mal gewesen, dass sie ihn gesehen hatte und dann hatte sie ihm auch noch Auge in Auge gegenüber gestanden. Sie wischte sich über ihren rechten Arm. Der Tod hatte die berührt. Aus dem Keller erklang Geschrei und Gejammer. Sie horchte angespannt.

-" Neiiiin! Ich bin unschuldig!!! Ich habe nichts getan!!! Lass mich gehen!!! NEIIIIN!". Sie atmete auf. Das war nicht Titius' Stimme. Sie sah wie der maskierte Koloss die Treppe zum Keller hinaufschritt, einen ausgemergelten Jungen, in zerlumpter Kleidung hinter sich her zerrte. Ein halbes Kind. Sie schauderte. Keine Sekunde länger konnte sie das panische Geschrei ertragen. Mit bebendem Herzen hastete sie in ihr Zimmer und schlug die Tür heftig hinter sich zu. Einen kurzen Moment blieb sie so stehen, mit dem Rücken an die Tür gedrängt, ehe etwas Ruhe in sie einkehrte und sie an ihr hinab auf den Boden rutschte.
 

Mit der aggressiven Entschlossenheit eines Kämpfers, den es nach einer Schlacht dürstet, zog Zadei den Gürtel, an dem zwei Breitschwerter hingen um seine Hüften fest. Einen mordlustigen Ausdruck im Blick, der seine Augen verfinsterte, schob er zwei Dolche in jeweils einen Stiefel. Er war der festen Überzeugung diese Waffen gebrauchen werden zu müssen und sei es nur, um jeden abzuschlachten, der sich ihm in den Weg stellte. Er hob Titius' Feder von seinem Kopfkissen, auf das er sie liebevoll gebettet hatte. Für einen kurzen Augenblick erhielten Wärme und Zuneigung Einzug in seine raubkatzenartigen Augen. Er küsste sie und schob sie behutsam in seinen Ausschnitt.

Er raffte den schwarzen, weiten Umhang, den er am Tag zuvor gestohlen hatte auf und warf ihn sich um die Schultern, hüllte sich ganz in ihn. Mit schweren, ausholenden Schritten begab er sich zum Ausgang der Höhle, schob den Stein fort und kroch nach draußen. Die Sonne blendete ihn. Er blinzelte. Er zog sich die ausladende Kapuze des Umhangs tief ins Gesicht und folgte dem Pfad, der die Küste und Klippen entlang zur Hauptstadt führte.
 

Lautes Rufen und Stimmengewirr drangen durch das halb geöffnete Fenster an Hildas Ohren. Draußen begann es zu rumoren, es gab ein lautes Krachen, als sei etwas zusammengebrochen.

-" Pass doch auf! Verdammt!", donnerte Gelms Stimme schmerzverzerrt.

Sie trat ans Fenster und sah hinunter auf den großen Palastplatz vor dem Schloss, auf dem wie aufgescheuchte Hühner Soldaten und Bedienstete herumliefen und wuchtige Holzbalken-und bretter hin und her trugen.

Gelm stand etwas abseits und hielt sich das Schienbein. Vor ihm stand ein junger Soldat und schien sich ununterbrochen unter heftiger Gestik zu entschuldigen.

Sie ging hinunter und trat durch den Hintereingang der Küche, der eigentlich für die Bediensteten bestimmt war, auf den Platz hinaus. Eine junge Magd, die einen Wäschekorb in den Armen hielt und in der Tür stand, um das Vorgehen zu beobachten, verneigte sich tief vor ihr und verschwand schnell.

Hilda blickte sich um. Nebel hatte den Himmel überzogen. Eine beträchtliche Dämonengruppe stand um den Platz herum und gaffte neugierig.

Sie betrachtete die Bediensteten, die das Holz stapelten und auftürmten. Ein unsicheres, ungewisses Gefühl des Unwohlseins erfasste sie.

-" Nach Rechts! Vorsicht!"

Zwei uniformierte Dämonen rollten ein großes Rad auf den Platz, darum bemüht es nicht umfallen zu lassen. Hilda atmete gezwungen ruhig. Also hatte sie sich nicht geirrt. Es wurde ein Schafott aufgebaut. Das große, einzelne Rad konnte nur einer Hinrichtung dienen. Ihr Blick irrte ruhelos über den Platz. Wessen Hinrichtung? Wieso wussten wie es schien alle davon nur sie nicht?

>Titius<, schoss es ihr sofort durch den Kopf. Er war nicht mehr in der Folterkammer gewesen und Laures hatte nur zu oft betont mit welcher Freude er ihn töten würde, er Zadei aus seinem Versteck zwingen würde.

Sie presste die Hände an die Schläfen. Nein. Da war doch dieser Junge gewesen, den der Henker am Morgen aus dem Verlies geholt hatte. Aber mit der Hinrichtung durch Rädern wurden nur schwere Vergehen bestraft.

>Wie Verrat< dachte sie.

Konnte der Junge denn nicht ebenfalls ein Verräter sein? Vielleicht sogar ein Mörder? Sie schüttelte den Kopf. Danach sah er nicht aus. Aber sah Titius denn wie ein Verräter aus?

Sie trat zurück in die Küche und hörte wie sich näherndes Weinen auf dem Flur laut wurde. Ungehalten und hysterisch. Die Tür, die die Küche mit dem Gang verband, flog auf und drei Dämonen, die die schlichte Kleidung der Küchenbediensteten trugen, traten, einen jüngeren, kleineren Dämon flankierend, ein. Es war der Junge, den sie am Morgen gesehen hatte. Er war in Tränen aufgelöst, die anderen Dämonen redeten auf ihn ein, versuchten vergeblich ihn zu beruhigen. Er hörte sie gar nicht, schüttelte immer wieder den Kopf, schluchzte hilflos wie ein einsames, verwaistest Kleinkind und streckte seine Arme panisch von sich. Um seine Handgelenke waren dick, bluttriefende Stofffetzen gewunden, deren ursprüngliche Farbe gar nicht mehr zu erkennen war. Wie zwei, auf die Arme gesteckte Kugeln aus sich ständig bewegendem Blut wirkten die improvisierten Verbände. Er hatte keine Hände mehr.

-" Um Himmels Willen! Warum bringt ihr ihn denn nicht zum Arzt?!", rief Hilda entsetzt. Die Bediensteten, die sie erst jetzt bemerkten, sahen sie aus aufgerissenen Augen an, verneigten sich hastig.

-" Das dürfen wir nicht", erklärte schließlich einer von ihnen, während die anderen sämtlichen Stoff, den sie in die Finger bekamen um die unaufhörlich blutenden Armstümpfe wickelten.

-" Er ist ein Dieb. Das Abschlagen seiner Hände war seine Strafe. Darum dürfen seine Wunden nicht ärztlich versorgt werden, das müssen wir selbst tun"[5].

-" Das ist doch nicht dasselbe!", sagte Hilda fassunglos.

Der Dämon zuckte mit den Schultern. Sie eilte nach draußen auf den Gang. Plötzliche Übelkeit stieg in ihr auf. Gewiss war der Anblick des verstümmelten Dämons daran beteiligt, aber die soeben gestiegene Wahrscheinlickeit, dass das Schafott für Titius errichtet worden war, war wohl zum größeren Teil verantwortlich für ihren Würgreiz.
 

Von Durst getrieben, den er nicht länger ignorieren konnte, blieb Zadei stehen und kniete sich ins Gras. Er beugte sich vor über den Fluss, der den schmalen, unebenen Pfad seit geraumer Zeit abgelöst hatte und betrachtete sein Spiegelbild. Mit der voluminösen Kapuze wirkte er wie ein Druide oder Mönch. Allein der lodernde Hass in seinem Blick, der hinter dem bis über die Augen gezogenen Stoff verborgen lag, verriet, dass er keines von beidem war. Er führte die Hände zusammen und formte sie zu einer Schale, nahm etwas Wasser auf. Nur ganz beiläufig, ohne wirklichen Grund wandte er den Kopf nach Rechts ehe er trank und verzog die Mundwinkel von Ekel erfasst nach unten. Er spürte wie sein eh schon lodernder Zorn noch ein wenig zunahm.

Der junge Dämon, der ein paar Meter entfernt am Ufer stand, hatte ihn gar nicht bemerkt. Ein glückliches Lächeln auf dem dunkelroten Schmollmund hielt er sein kleines, zierliches Geschlecht in der Hand und erleichterte sich plätschernd, in hohem Bogen in den Fluss.

Zadei erhob sich in einer fließenden Bewegung und schritt auf das Dämonenkind zu.

-" Du widerliches, kleines Drecksbalg pisst in den Fluss?!", schrie er es an.

Der Junge zuckte furchtbar zusammen und fuhr herum. Mit geweiteten Augen und offen stehendem Mund starrte er die in Schwarz gehüllte Gestalt an, die auf ihn zu zu schweben schien, konnte er doch keine Füße und Beine unter dem bodenlangen Gewand ausmachen. Er schluckte trocken, kreischte dann einmal mit schriller, mädchenhafter Stimme auf und rannte los, wobei seine schmalen Hände versuchten sein kleines Heiligtum wieder in seine Hose zu verfrachten. Zadeis kräftiger Arm langte nach dem Kind, bekam es zu fassen und zog es an seinem Ohr, das so spitz war wie seine eigenen, an sich. Ängstlich legte der Junge den Kopf in den Nacken, um zu ihm auf zu blicken, er reichte ihm gerade mal bis zum Bauchnabel, und starrte mit fragenden Augen in den schwarzen Schatten der riesigen Kapuze.

Zadei starrte unsichtbar für ihn zurück, fixierte die großen, unschuldigen, ungleichen Augen, die in katzenhaftem Grün und stählernem Grau leuchteten.

-" Bist du der Sensenmann?", fragte das Kind und traute sich kaum seine Frage zu stellen.

Zadei grinste breit. Der Blick des Kindes huschte zwischen den langen, spitzen, schneeweißen Fangzähnen hin und her, die im Schatten aufblitzten. Er blinzelte heftig. Seine langen Wimpern strichen über die aufgeregt geröteten Wangen.

-" Nein", grollte Zadei rauh, "nur jemand, der dir für die Pisserei in den Fluss eins überbrät du kleines Mistbalg!"

-" Es tut mir leid! Ich tu's nie wieder!", kreischte der Junge und hob schützend die dünnen Arme vor sein Gesicht, als er die mächtige zum Schlag erhobene Klaue Zadeis über sich schweben sah, wie ein Damoklesschwert.

-" Wenn du mich nicht haust, dann nehm ich dich auf meinem Drachen mit in die Hauptstadt zum großen Ereignis!", quietschte er hastig.

Zadei hob eine Braue. >Großes Ereignis? 'N Spielzeug Flohmarkt vielleicht?<. Er schnaubte und musterte den Knaben, der eifrig nickte, als er die Klaue senkte.

-" Ich seh' keinen Drachen", knurrte Zadei.

-" Orpheus!", rief das Kind und pfiff auf zwei Fingern[6]. Es raschelte hinter den kargen, nackten, blattlosen, dichten Hecken und Büschen[7], dann erschien ein junger, dunkel-violett schimmernder Drache. Zadei misstrauisch beäugend stieß er drohend kleine, züngelnde Flammen aus.

-" Alles klar Orpheus. Der Onkel wird mit uns fliegen".

Erleichtert rieb er sich das Ohr, das unter Zadeis festem Griff zu pochen begonnen hatte, als der Shogun ihn losließ. Enthusiastisch schwang sich der Junge auf den Rücken seines Drachens, um gleich auf der anderen Seite unelegant wieder abzusteigen. Ungeduldig packte Zadei ihn am Kragen seines mit bunten Flicken übersähten Hemdes und hiefte ihn auf das Tier, setzte sich hinter ihn. Das Kind blickte ihn über die Schulter hinweg an.

-" Bist ja gar nicht so böse wie du aussiehst, Onkel", grinste er und enthüllte ein paar Zahnlücken.

-" Halt bloß den Rand und mach endlich", fuhr Zadei ihn an. Beleidigt die Unterlippe vorschiebend gab der Junge seinem Drachen das Zeichen zum Start.
 

TBC
 

[1]: Höhö, wie die kleine Schlampe das wohl gemacht hat XD

[2]: Irgendwie makaber...O__o

[3]: Die Metapher ist strange...ich stell' mir grad Titius' Haare vor, wie sie allein über 'ne Brücke spazieren...voll das wandelnde Toupée XD

[4]: Jaaa...gekreuzigter Engel...ich stell im Nachhinein fest, dass ich ne Menge Unsinn in dieses Kappi geschrieben habe >_>

[5]: Seltsame Logik, ich weiß...ich weiß allerdings nicht mehr wie ich auf so'n Mumpitz gekommen bin *drop*

[6]: Komischer Name für so 'n Drachen, aber mir is nix Besseres eingefallen ^^°

[7]: Fragt mich nicht wie sich 'n Drache hinter kahlen Büschen und Hecken so verstecken kann, dass man ihn nicht mehr sieht XP
 

Hmmm...ein Kappi ganz ohne Laures...muss ja ganz nach eurem Geschmack sein XD

Tja...allzu viel ist leider nicht geschehen. Aber Zadei hat sich ja jetzt endlich mal Richtung Hauptstadt begeben! Was bedeutet, dass die große Enthüllung wohl schon bald stattfinden dürfte ^^b

Ob Laures Titius wohl wirklich rädern lässt? Ich hab ma sowas von keine Ahnung was in diesem Mann vorgeht u_u

...

>__>

...

XDDDDD

Doch, doch, doch, doch ich weiß eeeees!!!

Also Atu, du weißt was du zu tun hast, gell? Schreib schnell n Kommi und dann werden bald alle mein Wissen teilen dürfen ^^b

Nur so viel: Es wird soooooo dramatiiiiisch *schon mal Rotzfahnen rumreicht*
 

Also bis denne ^^/
 

die Psychose
 

...
 

>_> heut hab ich mich mal wieder seehr lang gefasst *drop*

*abdüs*



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2006-05-29T15:43:16+00:00 29.05.2006 17:43
Hi Psychose!

Also ich fasse mal kurz zusammen:

1. Laures: weg (puh, hastig Luft holen, bevor er wieder kommt)
2. Tetei: immer noch arm dran (was wohl auch nicht so schnell besser werden wird, befürchte ich *seufz*)
3. Hilda: liebenswert (hab mich entschieden: mag sie in deiner Fic ^^)
4. Dieb: auch arm dran und grausames Schicksal (zum Glück leben wir in einem Rechtsstaat und nicht im Mittelalter; man stelle sich die ganzen handlosen Geschöpfe vor, und erst die Belastung der Krankenkassen...)
5. Zadei: suchend, ratlos und Erziehungsqualitäten entdeckt
6. junger Dämon: na so stelle ich mir einen frisch flügge gewordenen Jungdämon vor *lol*
7. ich: wie immer grübbelnd, neugierig (gaaanz schlechte Eigenschaft), bibbernd

Weiter, bitte ^_____^

Liebe Grüße, Teedy
Von:  Flokati
2006-05-25T20:33:20+00:00 25.05.2006 22:33
Schatzü, ich bin dir sehr dankbar für diesen endlich mal wieder lesenswerten Lesestoff (geiles Deutsch) x3 Und das kein Laures da ist, ist doch ma eine feine Sache! Soll er in der Versenkung bleiben!!!!! XDDDDDDDDDDDDDDDD Then we put the Deckel druff and he comes never back to the Tageslicht *lol*
Ich bin heut schon wieder strange drauf ... keine Ahnung warum, aber ich bin komisch xD Muss wohl daran liegen, dass ich mich immer mehr auf mein Cos freue ... oh gott, ich werd besessen @_________@;;;
Von:  das_inale
2006-05-24T22:43:15+00:00 25.05.2006 00:43
kappi ohne laures.. mhh, net schlecht!! ^^
der kleine dieb tut mir auch furchtbar leid! *schnief* das ist echt heftig! aber es passt. kann ich mir bei laures (!) im dämonenreich (!) wirklich vorstellen.
aber hilda kriegt wohl auch langsam das flattern (die wird mir immer symphatischer), das hast du toll beschrieben!
aber titius is weg?!! waaaasss?! oje, was hast du mir ihm gemacht? rädern?! hinrichtung?! großes ereignis?! hilfe!!! *angst*
aber der kleine pinkel-dämon redet ja noch von dem ereignis und was macht zadei?! es interessiert ihn nicht! *stöhn* typisch! jeder normale mensch hat eine angeborene neugierde und frägt da nach, aber zadei... nya, ist ja auch ein dämon... *drop* ...trotzdem! *schmoll*
immerhin ist er schon mal auf halben weg richtung schloss! sehr gut! er muss doch seinen titius retten! ^^

freu mich auf nächste wundervolle kapitel! XD
bis denne! ^-^//)
Von:  Silverslayer
2006-05-24T18:17:34+00:00 24.05.2006 20:17
*g*
Ich lahc mich tot. Tja aber was pinkelt der auch einfach so ins Wasser XD
Nur um Teti mach ich mir Sorgen..und der kleine Dieb tut mir auch Leid..also echt -.-

Schreib schnell weiter ja? *knuddel*
Ciao ^^
Von: abgemeldet
2006-05-23T17:56:37+00:00 23.05.2006 19:56
mah~ ein kapitel ohne laures!? was tust du?! XD
ansonsten is es ma wieder erste sahne
Von:  AssassinsAtu
2006-05-18T10:46:31+00:00 18.05.2006 12:46
Hihihi, das ist Feinkost a la Psychose ^___^ das mit dem Jungen find ich total grausam, aber richtig gut, das passt supi zur Story... und die Vorstellung von Zadei und dem Dämonenjunge XD

Süße, ich LIEBE deine Stories ^^
*knutsch*
Atu


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