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"Ein Bericht über einen amerikanischen Zeichentrickfilm auf www.animexx.de? Was hat denn der mit Anime zu tun?" Nach dem Aufruhr um den neuen Disney-Film, entstanden auf Grund einer Meldung in der MangaZone, dürfte sich das kaum noch jemand fragen. An dieser Stelle soll zunächst Atlantis vorgestellt werden und anschließend auf gewisse Ähnlichkeiten mit "Fushigi no Umi no Nadia" eingegangen werden. Und weil man schon mal dabei ist, Nadia mit anderen Zeichentrickfilmen zu vergleichen, folgt außerdem eine Übersicht über gemeinsame Handlungselemente von Nadia und dem etwas älteren Ghibli-Film "Laputa - Castle in the Sky", auf den sich Nadia wiederum gestützt haben dürfte.


Atlantis (Erscheint: Juni 2001)

Der Film spielt im Jahre 1914 und dreht sich um den jungen Möchtegern-Entdecker Milo Thatch, der die Suche seines verstorbenen Großvaters nach dem versunkenen Kontinent Atlantis fortsetzen will. Dabei ist er nur wenig erfolgreich, bis ihm ein Bekannter seines Großvaters ein Buch übergibt, das in einer Sprache geschrieben ist, die nur Milo versteht, und das den Weg nach Atlantis beschreibt. Dieser organisiert für die geplante Expedition ein riesiges U-Boot und eine rund 200-köpfige Crew unter der Führung von Kapitän Rourke. Als sie nach einiger Zeit in die Nähe von Atlantis kommen, werden sie plötzlich von einem aggressiven Roboter-Fisch angegriffen. Warum sich allerdings am Grund des Meeres einfach so ein Monster aufhält und warum es das U-Boot angreift, obwohl Atlantis selbst ihnen offenbar nicht feindlich gesinnt ist, bleibt ungeklärt. Nach einigen weiteren Problemen erreichen sie Atlantis, eine insgesamt wenig spektakuläre Stadt. Es stellt sich heraus, dass es dort auch menschenähnliche Lebewesen gibt, unter anderem die dunkelhäutige junge Prinzessin Kida, mit der sich Milo dann herumärgern darf.
An dieser Stelle beginnt die eigentliche Handlung, denn die restliche Crew, insbesondere Kapitän Rourke, verfolgt finstere Pläne. Alles Leben in Atlantis wird durch einen riesigen, mächtigen, versteckten Kristall ermöglicht -verschwindet der Kristall, sterben sämtliche Bewohner von Atlantis. Und genau diesen Kristall will die Crew stehlen. Und zwar nicht, um mit der unbeschreiblichen Macht des Kristalls die Weltherrschaft an sich zu reißen oder ähnliches, sondern einfach, um ihn gewinnbringend an ein Museum zu verkaufen.
Die Position des Kristalls wird im Buch von Milos Großvater beschrieben, die entsprechende Seite wurde allerdings herausgerissen und befindet sich nun ins Rourkes Besitz, der nun kein Problem damit hat, den Kristall zu finden und zu entwenden. Dass der Text des Buches nur von Milo gelesen werden kann, scheint inzwischen verloren gegangen zu sein, und dass die Bewohner von Atlantis nicht eingreifen, sondern einfach nur nett und lieb lächeln, muss man wohl nicht verstehen.

Die Mängel des Films sind klar - einige Details sind absolut unlogisch, andere werden einfach ohne irgendeine Erklärung in den Raum gestellt. Insgesamt ist die Handlung wenig innovativ, und auch dramaturgisch wäre sie noch wesentlich ausbaufähiger. Andererseits ist es mal wieder ein Disney-Film, der sich offensichtlich an ein etwas älteres Publikum richtet - das heißt keine Verharmlosungen, keine sprechenden Tiere in Hauptrollen, keine Gesangseinlagen.



Atlantis vs. Nadia

Dass bei der Konzeption von Atlantis vermutlich hin und wieder zu Nadia hinübergeschielt worden ist, dürfte außer Frage stehen. Beide stützen sich auf die Sage von Atlantis und kreuzen diese mit Jules Vernes Geschichte "20.000 Meilen unter dem Meer" über Kapitän Nemo und sein U-Boot Nautilus. Die Hauptpersonen sind jeweils ein junger, brillentragender Abenteurer/Forscher mit strubbeligen rot-braunen Haaren, der ein dunkelhäutiges Mädchen kennenlernt, das Prinzessin von Atlantis (und daher kein Mensch im engeren Sinne) ist. Das Mädchen trägt jeweils einen blauen Kristall, der besondere Kräfte hat. Für einen reinen Zufall sind die Parallelen zu offensichtlich, zumal es ja nicht das erste Mal wäre, dass sich Disney einige Elemente von einem Anime abschaut (man erinnere sich nur an die Gemeinsamkeiten zwischen Lion King und Kimba).
Die Frage sollte demnach eher sein, ob es sich wirklich um einen "Skandal" und "miese Geschäftspraktiken" (Zitat AnimeCity.de) handelt. Dies ist - meiner Meinung nach - nicht der Fall. Es wurde ja nicht einfach die Handlung kopiert, und auch der Gedanke, dass "das Charakterdesign und alles weitere aus Hideaki Annos Nadia mit übernommen" worden sei (Zitat AnimeCity.de), trifft so nicht zu. Dafür entsprechen die Handlung und die Charaktere zu sehr den üblichen Disney-Klischees. Es dürfte wohl eher so gelaufen sein, dass man zuerst das Szenario und die grobe Handlung festgelegt hat und sich dann auch an dem orientiert hat, was es bereits gab.
Ist das wirklich so unüblich? Wäre Atlantis ein Anime, wären die Parallelen gar nicht weiter aufgefallen. Dass auf dieser Ebene voneinander abgeschaut wird, ist nämlich keinesfalls selten. Und trotzdem redet keiner von einem "Skandal", weil Fancy Lala gewisse Ähnlichkeiten mit Hime-chan no Ribbon hat, keiner von "miesen Geschäftspraktiken", weil Saber Marionette J und Steel Angel Kurumi sich sehr ähneln.
Dass die Anlehnung so heftig kritisiert worden ist, dürfte wohl vor allem daran liegen, dass sie quasi von der Inkarnation des verhassten Vorurteils "Zeichentrickfilme sind für Kinder", der Walt Disney Company, getätigt wurde und dass viele Fans von vornherein eine Abneigung gegenüber dem US-Giganten haben und ihnen solche Vorfälle daher gerade recht kommen.
Interessant ist außerdem, dass ausgerechnet Nadia als Opfer geistigen Diebstahls gesehen wird, wo sich doch besonders Nadia sehr stark an bereits Vorhandenem orientiert...



"Tenkuu no Shiro Rapyuta" (1986) und "Fushigi No Umi No Nadia" (1990) - Gemeinsamkeiten

Hauptpersonen sind ein Junge und ein Mädchen (Jean und Nadia bzw. Pazu und Sheeta). Der Junge träumt vom Fliegen, das Mädchen ist ein Waisenkind und besitzt einen geheimnisvollen Kristall. Dass dieser eine besondere Kraft hat, ist bekannt (Nadia wird vor Gefahren geschützt, Sheeta wird beim Fall federleicht), was aber genau dahinter steckt, kommt erst im Laufe der Handlung zum Vorschein. Das Mädchen wird des Steines wegen von Kleinganoven verfolgt (die Grandis-Gang bzw. die Luftpiraten), die an Geld kommen wollen. Doch nach einiger Zeit wird allen klar, dass es in Wirkichkeit noch einen größeren Feind (Neo-Atlantis bzw. Muska) gibt, der den Stein wegen seiner magischen Kräfte begehrt. Die beiden Kinder verbünden sich mit ihren ehemaligen Gegnern. Das Mädchen wird zunächst von den Bösen gefangen, kann dann aber vom Jungen wieder gerettet werden. Danach erfahren sie mehr über den Ursprung der magischen Kraft und die Herkunft des Mädchens: es gibt/gab eine überlegene Rasse, die früher über die Menschen herrschte (Atlantis, Red/Blue Noah bzw. Laputa). Das Mädchen gehört selbst dieser Rasse an und nimmt dort eine Sonderstellung ein. Es wird wieder von den Bösen entführt und in Versuchung gebracht, die Kraft des Steins zu verwenden, um als Übermensch die Menschheit zu versklaven, doch es widersetzt sich. Es kommt zum Showdown, bei dem der Herkunftsort des Mädchens zerstört wird. Die beiden Hauptpersonen können der Vernichtung entgehen und führen von da an miteinander ein glückliches Leben.



Quellen:
- Manga Zone
- The Secret of Blue Water
- AnimeCity
- Aint It Cool News