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In einem anderen Land

von

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Kapitel 1

“Guten Morgen.” Ein gut gelaunter Alex steht am nächsten Morgen vor Marios Zimmertüre, die blauen Augen funkeln verschmitzt hinter den Brillengläsern. Mario selbst sieht sehr verschlafen aus.

“Morgen”, murmelt er und unterdrückt ein Gähnen, was ein Lachen von Alex zufolge hat.

“Jetlag?”

“Hmm …” Mehr als ein Brummen und ein Kopfschütteln kommt nicht als Antwort.

“Na dann tut dir das hier vielleicht ganz gut. Du trinkst doch Kaffee, oder?”

Marios Augen weiten sich, ehe er seinem Gegenüber den To-Go-Becher fast aus den Händen reißt.

“Du bist der Beste!”, ruft er, ehe er ein Schluck des Getränks nimmt. Ein wenig Milch, ein wenig Zucker. Fast perfekt.

“Das merke ich mir. Und du dir besser auch.” Alex grinst breit, ehe er mit seinem Kopf zur Seite deutet. “Können wir?”

“Klar. Nur noch kurz.” Schnell kehrt Mario noch mal in sein Einbett-Zimmer im Wohnheim zurück, wo er sich seinen Rucksack schnappt, in den er noch sein Handy schiebt. Nachdem er sein Zimmer abgeschlossen und den Schlüssel verstaut hat, folgt er Alex. Dieser erklärt ihm geduldig die Gebäude und noch mehr Organisatorisches, was sich Mario gar nicht alles merken kann.

“So, und das hier ist unser Gebäude. Da drinnen forschen wir. Wir sind eine ganz nette Truppe, ich denke, du wirst auch die anderen Leute mögen. Apropos andere: Wir haben zurzeit sogar noch eine weitere Japanerin hier. Vielleicht kennst du sie ja sogar.”

Ein leises Lachen entkommt Mario.

“Ich weiß ja, dass die USA riesig und Japan dagegen klein ist, aber wir haben auch über 125 Millionen Einwohner. Dass ich da die Japanerin kenne, die hier ist, ist so gut wie unmöglich.”

Kurz hält Alex inne, ehe er schief grinst.

“Okay, Punkt für dich. Das ist wirklich sehr unwahrscheinlich. Na dann, komm mit.”

Er biegt von dem Flur, durch den sie gerade gelaufen sind, ab in einen Raum, in denen sich ein paar Tische mit Computern befinden, dazu noch einiges anderes Zeug. Ein paar junge Menschen stehen oder sitzen herum, sind miteinander beschäftigt.

“Hey Leute”, ruft Alex laut und zieht damit die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. “Der Neue ist da. Das hier ist Mario.” Er deutet auf den neben sich Stehenden, während die anderen zwei Anwesenden auf sie zukommen. “Und das hier sind Hailee und Jake.”

Mario wird freudig begrüßt, als auf der anderen Seite des Zimmers eine weitere Türe aufgeht. Zwei weitere Personen kommen herein. Ein großer, dunkelhäutiger Mann und neben ihm …

“Ah, das sind noch Brandon und …”, erklärt Alex bereits, kann aber nicht zu Ende sprechen, als eine Stimme ihn im Satz unterbricht.

“Elsa?” Ungläubig blickt Mario die junge Frau an, die gerade im Zimmer erschienen ist. Fragend sieht sie auf. Ihre Augen weiten sich.

“Mario?” Kurz blinzelt sie, dann kommt sie freudestrahlend auf ihn zu. “Oh Gott, Mario, das ist ja nicht zu glauben!” Sie legt ihre Arme um ihn und umarmt ihn.

Perplex erwidert er das. Es ist nicht die Umarmung, die ihn überrascht, sondern vielmehr ihre Anwesenheit. Er hätte nicht damit gerechnet, jemanden hier zu kennen. Und noch weniger hat er mit ihr gerechnet! Lautes Lachen neben ihm lässt ihn den Kopf drehen, während Elsa zurücktritt.

“Ah ja, die Wahrscheinlichkeit, dass du deine Landsfrau kennst, geht gegen null, oder wie war das?”

Auch Mario grinst schief, doch an der Überraschung ändert das nichts.

“Ja, damit hätte ich nicht gerechnet. Tatsächlich kommen Elsa und ich nicht nur aus der gleichen Stadt, wir waren sogar zusammen in der Schule. Und abgesehen davon, dass das schon krass ist, ist ihr Bruder mein bester Freund.” Er wendet sich Elsa zu. “Apropos Gregor. Er hat mit keinem Wort erwähnt, dass du auch hier bist.”

“Frag mich mal.” Elsa schüttelt ihren Kopf. Auch in ihren Augen steht immer noch der Unglaube, dass es Mario ist, der vor ihr steht. “Er hat mir gegenüber auch nicht ein Wort darüber verloren, dass du in die USA gehst und ein Auslandssemester machst.”

“Na dann. Wenn es für euch beide in Ordnung ist, dann kannst ja du ihm alles erklären und zeigen, Elsa. Ist je nachdem in der Muttersprache vielleicht einfacher. Was meint ihr beide?”

Alex sieht die beiden japanischen Studenten an, die einen Blick wechseln.

“Also wenn es für Elsa in Ordnung ist, warum dann nicht?”

“Natürlich.”

“Gut, dann übernimmst du das ab sofort, Elsa. Und wir geben dem Prof nachher Bescheid.”

“Das machen wir.” Elsa schmunzelt, ehe sie sich wieder Mario zuwendet. “Na dann komm mal mit. Ich weise dich so weit ein und zeige dir alles.”
 

~~~
 

“Und jetzt erzähl doch mal, wie du hierher kommst. Du studierst Informatik oder habe ich das falsch im Kopf?” Fragend sieht Elsa Mario an, der zustimmend auf ihre Frage nickt.

“Richtig. Mein Professor kam auf mich zu. Er hat von diesem Projekt erzählt und davon, dass sie hier noch einen Informatiker suchen, der das Programm mitentwickelt. Da er Kontakt mit Professor White hat, hat er mit ihm besprochen, dass er einen seiner Studenten her schickt. Er war es, der auf mich zukam und mich gefragt hat, ob ich Interesse hätte. Und wie hätte ich da auch Nein sagen können? Und wie war es bei dir, Elsa?”

Die junge Frau zieht sich einen Schreibtischstuhl heran und lässt sich darauf sinken. Mario tut es ihr nach und sitzt gleich darauf neben ihr, sieht sie fragend an.

“Ich studiere ja Sozialwissenschaften und damit ist das total mein Thema. Ich habe einen Aushang bei mir an der Uni gesehen und mich daraufhin beworben. Und ich hatte Glück. Von ein paar Hundert Bewerbern habe ich die Zusage bekommen. Und jetzt bin ich hier.”

Sie stellt ihre Ellenbogen vor sich auf der Tischplatte ab, faltet ihre Hände darüber und sieht zu Mario hinüber. Kaum zu glauben, dass er hier ist. Das ist immer noch so unwirklich. Wer hätte denn auch damit gerechnet, dass hier nicht nur jemand auftaucht, den sie kennt und der noch dazu er ist.

“Ich muss sagen, bis vorher war ich doch ein wenig nervös”, erklärt er in dem Augenblick. “Aber jetzt, wo ich weiß, dass du hier bist, bin ich sehr viel entspannter. Irgendwie macht es das leichter.”

“Ja, irgendwie fühlt es sich wirklich so an.” Ein leises Lachen entkommt Elsa.

“Seit wann bist du denn schon hier?”, fragt Mario sie dann.

“Jetzt dann sechs Wochen. Und insgesamt werden es sechs Monate sein, also noch viereinhalb. Und wie lange bist du hier?”

“Insgesamt dann auch sechs Monate. Also noch … sechs.”

Elsa lacht auf seine Antwort.

“Du kannst gut mit Zahlen umgehen, ich denke, das wird dir hier auf jeden Fall weiterhelfen.

“Puh.” Mario streicht sich mit der Hand über die Stirn. “Da bin ich erleichtert.”

Beide lachen, ehe Elsa ihm noch mehr erzählt.
 

Es ist sicher schon eine Stunde vergangen, als sich die Türe öffnet und ein Mann eintritt.

“Hallo miteinander”, dröhnt seine tiefe Stimme durch den Raum. Mario mustert ihn. Das scheint der Professor zu sein. Er müsste Anfang, Mitte vierzig sein. Er trägt einen Vollbart, der ebenso wie die braunen Haare schon von ein paar grauen Strähnen durchzogen ist. Er wechselt ein paar Worte mit Jake, ehe er auf Elsa und Mario zukommt.

“Hallo Elsa.”

“Hallo”. Die Angesprochene erwidert die Begrüßung, dann wendet er sich dem Neuankömmling zu.

“Du musst Mario sein.”

“Ja. Guten Tag Professor White. Ich freue mich hier zu sein und bin Ihnen sehr dankbar für die Chance, die Sie mir damit geben.”

Ein tiefes Lachen ertönte aus dem vor ihm stehenden Mann, der seine Hand ausstreckt und Mario auf die Schulter klopft.

“Also ich freue mich ja, dass du hier bist und uns unterstützt. Du darfst mich gerne Michael nennen, dass machen hier alle. Ich habe von Elsa gelernt, dass das in Japan wirklich anders gehandhabt wird, aber wenn sie es schafft, mich zu duzen, schaffst du das sicherlich auch.”

Während Mario den Verantwortlichen des Projekts mit großen Augen ansieht, lacht Elsa neben ihm. Ihre Hand landet auf seinem Oberarm, drückt diesen einen Augenblick sanft.

“Das bekommst du hin, keine Sorge, Mario. Du hast schon anderes geschafft, dann ist das hier doch eine Kleinigkeit.” Ein an ihn gerichtetes Zwinkern begleitet ihre Worte, ehe sie ihre Hand wieder sinken lässt.

Michael mustert die beiden, während ein Schmunzeln seine Mundwinkel umspielt.

“Jake hat gerade kurz gemeint, dass ihr euch bereits kennt?”, fragt er. Schon nicken beide.

“Ja. Wir waren auf derselben Schule”, antwortet Elsa.

“Und ihr Bruder ist mein bester Freund”, fügt Mario hinzu.

“Was eigentlich mehr ausmacht als die Schule”, überlegt Elsa, ehe sie ihm sanft ihren Ellenbogen zwischen die Rippen stößt.

“Das auf jeden Fall.” Mario schmunzelt ebenfalls.

“Na dann. Wie als ob ich es geahnt hätte, als ich euch beide ausgewählt habe. Ich bilde mir das Ganze jetzt einfach mal ein, ja?” Michael zwinkert amüsiert. Dann deutet er auf Elsa. “Aber ihr seid nicht an der gleichen Universität in Japan, oder? Denn dann hätte ich dich sicherlich schon angesprochen.”

“Nein, tatsächlich nicht”, antwortet sie. “Ich bin nach der Oberschule ein Stück weggezogen, um zu studieren. Unsere Uni hat das nicht angeboten.”

“Ich bin zu Hause geblieben und an die ansässige Uni gegangen. Informatik ist ja nicht so selten. Gut für mich, so habe ich nicht so viel ändern müssen. Also noch bei meinen Eltern wohnen, meine Fußballmannschaft … so was halt.”

“Stopp, Fußball.” Michael hebt seine Augenbrauen, sein Blick huscht von Mario zu Elsa. “Spielt dein Bruder nicht Fußball, oder wie war das noch?”

“Richtig.” Die Angesprochene kichert. “Und der da”, sie deutet auf Mario, “ist sein Kapitän.”

“Oh, wirklich?”

Mit einer Hand streicht sich Mario durch die Haare am Hinterkopf.

“Ja, das schon …”

“Und wie machen die das jetzt ohne dich?”

“Gregor, mein Vizekapitän …”

“Und mein Bruder.”

“Richtig. Mein bester Freund, der kümmert sich um alles. Er hat auch einen Ersatztorwart organisiert für die Zeit, in der ich hier bin. Aber der bekommt das schon gut hin. Also … beide. Mein Ersatz und Gregor, davon bin ich überzeugt.”

“Klingt gut.” Michael nickt, ehe er über seine Schulter zeigt, wo einer der anderen Studenten steht. “Ich glaube, Jake oder Brandon sind hier in einer Fußballmannschaft. Also wenn du Sehnsucht hast oder bekommst, sprich ruhig einen von ihnen an.”

Bei der Erwähnung einer Fußballmannschaft macht Marios Herz einen Satz. Kurz huscht sein Blick zu dem blonden Studenten, der auch sehr sportlich wirkt. Brandon wiederum ist riesig, ein rechter Hüne. Ihm würde er eher Football zutrauen, aber wer weiß. Er wird sie auf jeden Fall ansprechen.

“Das wäre toll. Ich glaube, sechs Monate aufs Spielen zu verzichten wäre hart.”

“Ach, die finden sicher ein Plätzchen für dich.” Michael wirkt zufrieden, dann wendet er sich erneut Elsa zu. “Alex meinte, dass er Mario an dich übergibt. Passt das für dich? Nur weil ihr euch kennt, musst du dich zu nichts verpflichtet fühlen.”

Schon winkt sie ab.

“Das passt schon. Gut sogar. Ich meine, wir kennen uns ja schon lange, zudem ist es auch ganz nett, ab und an in meiner Muttersprache zu reden. Solange Mario also kein Problem damit hat, dass ich mich seiner annehme …” Sofort schüttelt dieser seinen Kopf und entlockt Elsa ein Lächeln. “... und Alex nicht meint, dass ich ihm etwas wegnehme, mache ich das gerne.”

“Scheint Alex nicht als schlimm anzusehen. Also gut, Mario gehört ab sofort in deinen Verantwortungsbereich, Elsa. Aber ich würde ihn jetzt trotzdem mitnehmen, dann kann ich mit ihm auch noch besprechen, was ich muss. Daher, hast du gleich Zeit, Mario?”

Der nickt.

“Natürlich.”

“Gut, dann komm. Da hinten ist mein Büro. Da gehen wir jetzt hin. Meine Türe ist generell immer offen für euch. Und falls mal nicht, dann anklopfen, ja?”

Elsa sieht den beiden hinterher, ehe sie ihren Kopf schüttelt. Das ist doch immer noch unglaublich …



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Centranthusalba
2023-05-26T20:02:46+00:00 26.05.2023 22:02
Ich liebe ja solche Sätze: Es ist völlig ausgeschlossen, dass ich sie kenne … Elsa???? 😂😂😂
Da weiß man immer schon, dass das nichts wird mit dieser Überzeugung.
So schön, gut 4 Monate haben die beiden jetzt zusammen. Gibts ein Problem am Horizont? Will Alex vielleicht was von Elsa?
Verkrachen sich der Vizekapitän und der „Ersatz“ zu Hause und Mario muss schöuchten kommen?😂
Antwort von:  Tasha88
26.05.2023 22:22
:) ich fand diese Szene schon sehr lustig :D
UNd alex ... abwarten :D
elsa und mario haben jetzt vier monate - und wehe, die nutzen sie nicht ;)
hach, der vize und der ersatz XD ich wäre ja auch zu gerne dort mäuschen ;D
Von:  Kyomi
2023-05-26T19:25:56+00:00 26.05.2023 21:25
Hallo Tasha 😊

Mario trifft in den USA auf Elsa 🥰🥰🥰

Damit hat keiner der beiden gerechnet.

Der Spruch von Alex vorher war auch amüsant 😅😅😅

Wie war das?

Wir haben in unserem Team eine weitere Japanerin.

Vielleicht kennst du sie?

Elsa ist ja süß 🥰

Wie sie sich freut, als sie Mario sieht und ihm umarmt 🥰🥰🥰

Und Elsa wird Mario alles erklären und zeigen.

Das ist doch schon mal eine gute Voraussetzung für die beiden 😊

Liebe Grüße

Kyomi 😊

Sie werden viel Zeit miteinander verbringen


Antwort von:  Tasha88
26.05.2023 22:20
Hallo Kyomi :)

da sind sie - beide, in einem anderen Land. treffen wieder aufeinander - und sind total überrascht
alex spruch musste einfach sein ^^

die beiden werden einige Zeit miteinander bringen - und Zeit haben, sich "neu" kennenzulernen ^^

Liebe Grüße und danke für dein kommi ^^


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