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Sturm über Japan

Leg dich nie mit Inu Yasha an
von

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Beziehungsgeflecht

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Als Kagome wie angefordert in den Trakt ihres Ehemanns ging, sah sie zu ihrem Verdruss durchaus, dass die beiden Wachen ein gewisses Lächeln verbergen mussten. Idioten. Nun gut, immerhin konnte niemand behaupten, dass der Daimyo ihr keine Aufmerksamkeit schenken würde. Das war schon wichtig für das Ansehen einer Ehefrau, zumal einer Fürstengefährtin. Das hatte ihr Mama auch noch einmal versichert, als die Hofdame mit der Botschaft kam. Sie dürfe sich sehr glücklich schätzen, dass Inu Yasha so oft ihre Gegenwart wollte.

Die Schlafzimmertür war geöffnet und sie schloss daraus, dass sie eintreten durfte. Vorsorglich blickte sie sich noch einmal um, ja, die Außentür war fest zu. Gut. Dann konnte wenigstens keiner zuhören.

Als sie eintrat, und auch diese Tür sorgfältig hinter sich schloss, war sie etwas überrascht, den großen Raum leer zu finden, ehe sie ein Wasserplatschen in das kleine Badezimmer gucken ließ.

Inu Yasha stand da, in seiner gewöhnlichen roten Hose, aber seine einzige Oberbekleidung bildete die Bannkette, die sie ihm angelegt hatte und die er noch immer trug. Er hatte sich gerade gewaschen und trocknete sich ab. Sie wurde feuerrot, obwohl da doch nun wirklich nichts dabei war.

„Guten Abend,“ meinte sie etwas heiser, nur um etwas zu sagen und ihn nicht derart anzustarren.

„Du kannst dich gern schon hinlegen, wenn du müde bist. Ich komme dann auch gleich.“ Er warf das Handtuch nachlässig beiseite und sah erstaunt wie verlegen sie geworden war. Fast so wie da im Garten … Oh. Da hatte er auch nichts über der Brust gehabt. Reichte das schon aus um eine Frau in Verlegenheit zu bringen? Immerhin hatten sie doch beide vollkommen unbekleidet, buchstäblich Haut an Haut in ihrer Hochzeitsnacht geschlafen, um anzudeuten... Ja, aber da war es dunkel gewesen, auch die Feuerschale, die wie jetzt brannte, hatte er ausmachen sollen. Der armen Kagome war anscheinend gar nichts erklärt worden. Und sie hatte nie zusammen mit ihrem Bruder gebadet, oder? Gut, er auch nicht, denn der Herr Erbprinz teilte mit niemandem das Wasser. Das gab eher eine Warnung, wenn der ins Bad ging – nicht Betreten, Lebensgefahr.

„Ja, äh, danke....“ Sie sollte sich zusammennehmen. Er war nett, nichts anderes. Nur, warum war ihr so heiß und raste ihr Herz dermaßen?

So legte sie sich hin und guckte erst, als sie sich zugedeckt hatte, was er tat. Er hatte das Oberteil aus Feuerratten in der Hand.

„Soll ich wieder die Schale ausmachen?“ fragte er.

Kagome schwankte zwischen: ja, er ist nett bis hin zu einem Wutausbruch über sich selbst, weil sie ihre Empfindsamkeit so verraten hatte. So würde er sie doch nie für nützlich halten. Auch bei den Donnerbrüdern hatte sie ja wohl nicht sehr gut ausgesehen und ihn nur in Gefahr gebracht. Schön, bei Naraku hatte sie ihm helfen können, aber einmal konnte ja auch ein Zufall sein, oder? Um sich etwas aus dieser heiklen Lage zu retten versuchte sie es mit einem Scherz. „Wenn du dich weiter ausziehen willst, ja.“

„Ja, ich schlafe immer unbekleidet,“ meinte er unbekümmert und warf das feuerfeste Gewand über die Flammen.

„Immer?“ fragte sie unsicher im Schutz der Dunkelheit. „Alle Dämonen?“

„Nein, Dämonen schlafen sehr selten, das ist eher wie meditieren, natürlich nicht, ich meine, sie sind immer kampfbereit. Und, wenn ich mit Kriegern unterwegs bin oder meinetwegen auch Lehrern oder bei meiner Mutter natürlich auch nicht. Aber sonst, allein, ja.“

Sie hielt den Atem an, als sie spürte, dass er sich neben sie legte, unter ihre Decke kam. Nun ja, das hatte sie ja schon einmal erlebt und sie hatte doch diese Wärme wollen. Es war fast als ob Shippou da wäre. Der kleine Fuchs hatte ebenso diese eindeutig un-menschliche Wärme verbreitet. Sehr angenehm. Allerdings würde sie Inu Yasha doch kaum in die Arme nehmen können … nun ja, vielleicht er den Arm um sie legen? Das war auch sehr angenehm gewesen, zugegeben. Und sie hatte sich beschützt gefühlt. Überdies – diesmal hatte sie ja noch zumindest den leichten Baumwollyukata an.

Inu Yasha nahm seinen Mut zusammen. „Wenn ich den Arm um dich lege ist es etwas bequemer, oder?“

„Ja.“ Das hatte er ja schon gemacht, in der Hochzeitsnacht, oder unterwegs oder auch neulich im Garten, als er sie geküsst hatte. Aber ihr Herz schien sehr ungesund zu rasen, als sie sich etwas drehte, damit er den Arm um ihre Schultern legen konnte. Was war nur mit ihr los? Auch mit ihrem Atem schien irgendetwas anders zu sein.

Es war wunderbar sie so nahe zu haben, ihre Wärme zu spüren, ihre Witterung ihn förmlich einhüllend. Sie hatten ausgemacht mit dem Ernst zu warten, bis sie sich besser kennengelernt hatten. Das hatten sie doch, oder? Und sich angefreundet? Sie war allerdings nicht gerade ruhig, er konnte ihren Herzschlag hören. So drückte er sie etwas an sich. „Ganz ruhig. Schlaf einfach.“

Einfach! Wie er sich das vorstellte. War er nicht aufgeregt? Vermutlich nicht.Er konnte ja nicht diesen Unterschied spüren, den sie gerade empfand, von dem warmen, pelzigen Fuchskind zu ihm. Aber sie könnte ihn doch auch nicht einfach bitten sie noch einmal zu küssen. Man befahl einem Daimyo nichts, gleich, wie nett der einen behandelte. Sie drehte nur den Kopf etwas und versuchte sein Gesicht im Dunkel zu sehen. Zu ihrem gewissen Entsetzen hatte sie dabei vollkommen verpasst, dass sie mit dem Kopf an seiner Schulter lag und jetzt ihre Nase, ja, ihr Mund, seinen Hals berührte. Sie zuckte zurück, zumal, als sie seinen scharfen Atemzug hörte, fühlte sich aber festgehalten.

„Bleib so,“ sagte er und es klang weder so ruhig, wie er es sich gewünscht hätte, noch tadelnd, wie es Kagome erwartet hatte. Um sie dann doch loszulassen. „Nein, das geht so nicht.“

Sie fühlte sich irgendwie allein gelassen und fasste nach seinem Arm. „Es tut mir Leid, ich bleibe auch ganz ruhig liegen, versprochen. Ich werde mich nicht mehr unziemlich benehmen.“

Als ob nicht genau das sein Problem war! Er holte erneut tief Luft um sich zu beruhigen. „Kagome, du kannst gern hier schlafen. Aber ich setze mich da drüben ans Fenster.“

Sie war selbst über ihren Mut erstaunt, als sie ihn mit beiden Armen hielt. „Bleib hier, bitte.“

„Das kann ich nicht. Ich ... ich brate hier in der Hölle!“ Er wollte sich losmachen, stellte jedoch fest, dass er dazu Gewalt anwenden müsste, denn sie gab ihn nicht frei. „Kagome, ehrlich... ich kann mich nicht mehr zurückhalten.“

„Bleib bei mir.“ Plötzlich glaubte sie zu begreifen. War das, was sie fühlte, auch mit ihm los? War ihm auch so heiß? Es war reine Impulsivität - und eine gewisse Neugier -, die sie wiederholen ließ: „Bleib bei mir.“ Sie hörte, wie er heftig atmete, offenbar suchte sich zu beruhigen. Immerhin schwand sein Widerstand.

„Ist dir klar, was es bedeutet, wenn ich nicht gehe?“ Hatten sie sich doch soweit angefreundet? Nur ein Wort, und er würde ...

Ja, dachte sie. Sie würde endlich erfahren, was das große Geheimnis war. Und wie man ein Kind bekommen konnte. Ihre Stimme zitterte. „Du hast gesagt, du willst auf mich aufpassen. Ich vertraue dir.“

Da war jeder Widerstand zwecklos.

 

Inu Yasha drehte sich auf den Rücken, noch immer ein wenig erstaunt über den, ja, Rausch, den er erlebt hatte. Wenn in den vergangenen Minuten die Welt untergegangen wäre, hätte er auch nichts bemerkt. Seine Euphorie schwand, als er zu seiner Ehefrau blickte. Er sah selbst im Dunkel gut genug, um zu erkennen, dass sie regungslos auf dem Rücken lag, die Arme vor der Brust wie schützend verschränkt, die Augen geschlossen. Und seine Nase verriet ihm, was er nicht sah: Tränen. Betroffen drehte er sich zu ihr, wollte schon nach ihr greifen, aber er zögerte, aus Sorge sie weiter zu verschrecken.

Er hatte keine Ahnung mehr was genau er wann getan hatte, es war einfach ...zu gut gewesen. Und jetzt das. Er musste sie verletzt haben, ihr weh getan haben. Und das, wo sie doch gesagt hatte, dass sie ihm vertraue, er ihr versprochen hatte auf sie aufzupassen.

Resigniert ließ er sich wieder auf den Rücken fallen.

Ganz gut gemacht, dachte er zynisch. Sie vertraut dir – und alles, was du ihr beweist, ist, dass du ein ahnungsloser Grobian bist, ein egoistischer Rohling.

Was hatte er nur getan. Er hatte jetzt alles ruiniert, sie wollte sicher nicht mehr mit ihm befreundet sein. Und es war seine eigene Schuld.

Wie hatte er bei der Nachricht über diese Hochzeit gedacht: ein Leben lang gebunden an eine Frau, die ihn hasste? Kagome hatte sich Mühe gegeben, ihre Angst überwunden – und er benahm sich wie der Trottel vom Dienst. Wenn sie ihn jetzt wieder hasste, konnte er es nur zu gut verstehen.

Nur, warum schrie sie nicht, sagte nicht ihren Befehl? Im Zorn dachte sie doch noch nie daran, dass man das bei einem Daimyo nicht machte?

Weil sie gar nicht wütend war. Traurig, aber das machte es auch nicht besser. Warum nur hatte er damals dieses Angebot von der alten Hofdame nicht angenommen mit ihm zu üben? Weil er geglaubt hatte, das gehe schon irgendwie? Ja, irgendwie.

Er hatte alles vermasselt. Und er war schuld.

 

Kagome wäre um ein Haar aufgestanden und gegangen, aber der letzte Rest ihrer Erziehung hatte sich Bahn gebrochen. Niemand verließ einen Fürsten ohne dessen Aufforderung. Sie hätte sich so gern auf ihr eigenes Bett geworfen und ihren Tränen freien Lauf gelassen.

Er hatte sich so Mühe gegeben sie zu beruhigen. Und sie hatte buchstäblich praktisch nichts getan. Mehr oder weniger steif wie ein Brett zu liegen und ihn machen zu lassen war doch kaum das, was er erwartet hatte. Absolute Ahnungslosigkeit war ein sehr schlechter Ratgeber.

Oh, jetzt wäre er sicher enttäuscht von ihr, würde garantiert nichts mehr von ihr wissen wollen, vielleicht sie sogar wegschicken und sich eine andere Frau suchen, die ihn nicht zu Boden schickte, die nützlicher war, und, zumindest in dieser Lage, kunstfertig. Sie hatte sich als genau die ahnungslose, törichte Närrin gezeigt, die sie war.

Unglaublich peinlich, und die Vorstellung, wie enttäuscht er sein musste, ließ ihre Tränen nur mehr heißer fließen. Er hatte sich solche Mühe gegeben ihre Angst zu beseitigen, seit Tagen, Wochen, das hätte er nicht müssen. Und sie … Sie hatte ihn bestimmt enttäuscht, er war so schnell weg, berührte sie nicht mehr, auch, wenn sie durchaus mitbekam, dass er immerhin noch neben ihr lag.

 

„Kagome, es tut mir Leid,“ brachte er irgendwie hervor. „Ehrlich ich .. ich wollte doch nicht, dass du weinst... Habe ich dir sehr weh getan?“

Was redete er da? Sie wandte ihm den Kopf zu und wischte ihre Tränen ab. Es war zu dunkel um ihn zu sehen. „Was?“

„Du weinst doch.“

„Ja, weil es mir Leid tut, dass ich so ...so ungeschickt war.“

Der Halbdämon hatte das Gefühl ein ganzer Berg falle von seinen Schultern als er den Arm um sie legte und entzückt bemerkte, dass sie sich an ihn schmiegte. „Ich ja wohl auch,“ gab er zu. „Aber, du hast nichts falsch gemacht, sicher nicht. Nur ich.“

„Nein, das glaube ich nicht. Es ist wohl immer so, wenn man, ich meine, beim ersten Mal ..“ Sie brach verlegen ab, hob aber die Hand um nach einem seiner Öhrchen zu tasten, beruhigend zu kraulen.

Er spürte es mit wachsender Begeisterung. Es war nur ein Missverständnis. Aber jetzt sollte er sie wirklich beruhigen, irgendwie. Vater hatte ihm das ja als Rat für die Ehe mit auf den Weg gegeben und es schien der richtige zu sein. „Ich glaube, das ist wie mit dem Schwerttraining. Man lernt es in der Theorie, übt einzeln – und dann, wenn man einen Gegner hat, also, ich meine zu zweit trainiert, ist das plötzlich ganz etwas anderes und man muss dann viel üben.“

Kagome war schrecklich erleichtert, dass er das sagte. Und ihr Lächeln war ein wenig spitzbübisch, aber das konnte er nicht sehen. „Dann werden wir also viel üben.“

Dazu fand er keine Antwort, aber er zog sie sehr eng an sich.

 

Sesshoumaru verließ das Schloss um zu seinem bevorzugten Meditationsplatz zu gehen, ein wenig abseits von dem Trubel hier. Jaken als sein Sekretär folgte ihm natürlich, wie er genau wusste, wieder mit diesen großen Augen. Manchmal hatte er das Gefühl dieser Kappa sah ihn an wie ein Hund einen Knochen. Und hinterdrein tapste natürlich das kleine Menschenmädchen. Vater hatte sie seiner Verantwortung übertragen und das nicht zu beachten wäre mehr als nur ein Fehler.

So erreichten sie bald seinen Lieblingsplatz, eine Wiese, umrahmt an drei Seiten von dem Wald, zur vierten nach Westen hin Blick über das Land bis hin zum Meer bietend. Er ließ sich auf die Knie nieder und legte die Hände auf die Oberschenkel, ein wenig verwundert, dass sich Rin zunächst über die vielen, schönen Blumen hier freute und dann erst Jaken fragte, was Sesshoumaru-sama da zu tun gedenke.

„Er will meditieren, seinen Geist stärken. Und ich passe als ein treuer Diener derweil auf ihn auf,“ erklärte der Kappa wichtig.

Sesshoumaru nahm sich vor diese Bemerkung später zu quittieren und schloss die Augen. Der Krötenkönig und ihn verteidigen? Glaubte der Narr, dass er so schwach war? Mit zwei, drei tiefen Atemzügen begann er seine Versenkung.

Nur, um wenig später irritiert aufzutauchen. Was war denn nun passiert? Steigende dämonische Energie um ihn genügte in aller Regel um ihn selbst aus der tiefsten Versenkung zu holen. Aber nichts Gefährliches war zu spüren oder zu wittern, nun, wer sollte sich auch nach Nishi wagen, noch dazu so nahe an das Schloss?

Erst im zweiten Moment erkannte er die ungewöhnliche Lage vor sich. Jaken stand wie stets da, seinen Kopfstab in der Hand. Heute allerdings wurde er von dem fast gleich großen Menschenmädchen umtanzt, das fröhlich immer die gleichen Zeilen vor sich hin sang.

„Oh wie grün sind alle kleinen Kröten, oh wie so schön grün. Oh wie grün ist auch Jaken-sama, Jaken-sama ist so grün.“

Wie hätte es einer seiner Lehrer formuliert: Melodie noch sehr ausbaufähig, Text zu simpel? Aber amüsant. Wenngleich nicht ganz der Wahrheit entsprechend. Jakens Gesicht hatte sich rot gefärbt. Ganz offensichtlich stand er kurz davor, dem Mädchen den Kopfstab drüber zu ziehen.

Da der Krötenkönig tatsächlich den Stab hob, war der Erbprinz mit einem Satz auf den Beinen und stand neben ihm.

Jaken bekam das erst mit, als er bereits mit dem Rücken auf dem Boden lag, ein Fuß seine Rechte, die noch immer den Kopfstab umklammerte, schmerzhaft presste. Gewöhnlich löste sich doch Sesshoumaru-sama nie aus seiner Meditation?

Inzwischen wurde auch dem jungen Hundedämon klar, dass es schwer sein musste die Selbstbeherrschung zu wahren, wenn man dieses Lied minutenlang entgegen gesungen bekam. So meinte er: „Rin, schweig.“ Das Mädchen nickte nur und wandte sich ab um stattdessen Blumen zu pflücken. So senkte der Erbprinz erneut seinen Blick zu dem Kappa, der anscheinend irgendeine Entschuldigung stottern wollte. Nicht das auch noch! „Mein Herr und Vater hat sie meinem Schutz anvertraut.“ Er wusste, er musste nicht mehr sagen, und zog den Fuß zurück, um wieder auf seinen Platz zu gehen und den nächsten Versuch einer Meditation zu beginnen. Jaken würde wissen, dass er jeden Befehl des Fürsten befolgte. Und, was sein Schutz bedeutete.

 

Tatsächlich wusste das der kleine Krötenkönig. Als Sesshoumaru mit einem tiefen Atemzug wieder in die Wirklichkeit zurückkehrte, erkannte er daher die neue Lage. Nun, dafür, dass hier im Herbst recht wenige Blumen wuchsen, hatte Rin eine Menge gepflückt und sie zu einer offenkundig sehr langen Blumenkette geflochten, die sie, wenngleich noch immer schweigend, um Jaken gewickelt hatte, der sich mit beiden Händen am Kopfstab festhielt. Sie musste bemerken, dass er geistig wieder anwesend war, denn sie blickte zu ihm, fast fragend einen Blumenkranz in der Hand haltend. Sein Blick schien ihr genug der Ablehnung zu sein, denn sie legte ihm den unglückseligen Kappa auf den Kopf.

Das reichte, beschloss der Erbprinz und erhob sich. „Wir gehen.“

Erleichtert zerriss Jaken die Kette.

Während sie in das Schloss zurückkehrten, dachte Sesshoumaru nach. Rin schwieg noch immer, sie war sehr anstellig. Oh. „Du darfst wieder reden.“

„Danke, Sesshoumaru-sama,“ kam es prompt aus seinem Rücken.

Sie konnte nützlich sein, womöglich. Das Problem war nur, dass in seinem Umfeld Schreiber saßen, Sekretäre, und er kein ahnungsloses blumenpflückendes Menschenkind gebrauchen konnte. Nun, da gab es doch eine Lösung. Vater hatte erwähnt, dass die Waisen hier in eine Schule gingen. Wenn sie lesen und schreiben lernte, fand sich sicher eine Verwendung. Damit wäre sie doch gewiss beschäftigt und in Vaters Sinn versorgt, und er musste nicht ständig ihren Schutz übernehmen. Seiner Anweisung würde sie sich nicht widersetzen.

 

Der Inu no Taishou wunderte sich an diesem Nachmittag. Wenn er seine Berater zu sehen wünschte, kamen diese auch umgehend. Nur verspätete sich einer diesmal und verneigte sich eilig bis zum Boden, sichtlich, nun ja, für einen Dämon, außer Atem.

„Nun?“ erkundigte sich der Fürst.

„Sesshoumaru-sama...“

Ah, das war klar. Wenn sein Ältester jemanden ansprach war es aus verschiedenen Gründen für diesen ratsam stehen zu bleiben. „Was wollte er.“

„Er befahl mir ihm den Weg in die Schule der Waisenkinder zu zeigen und ging mit diesem neuen Menschen dorthin, um mit dem Lehrer zu sprechen.“

„Nimm Platz.“ Durch nichts zeigte der Hundefürst sein Amüsement. Sein Plan schien ja fast besser aufzugehen als er geglaubt hatte. Er hatte gehofft, seinem Sohn und Nachfolger auf diese Weise auch die zweite Art im Westen näher zu bringen, und zugegeben auch, gewisse väterliche Pflichten. Immerhin wollte er so bald es anging ein Enkelkind haben, die Familie vor seinem Tod noch weiterbestehen sehen.

 

Der Fürst von Sobo las den anonymen Brief wortlos im Kreise seiner Berater, ehe er sie hinausschickte und nach seinem Sohn sandte. Der Fuchsherr saß auf einem Hocker, seine neun Schwänze bogen sich prachtvoll wie ein Pfauenrad hinter ihm. Nur die hellen Strähnen in dem langen, roten Haar zeugten ebenso von seinem Alter wie die weiße Unterseite der Schwänze. Seine dunklen Augen musterten den eintretenden Akamaru. Ihm war nur zu bewusst, dass man sich seine Kinder nicht aussuchen konnte, strenge Erziehung hin oder her, und so war er froh, dass sein Erbe gut geraten war, intelligent vor allem. Er würde zwar mit Sicherheit einiges anders machen als er selbst – das hatte er einst auch getan - aber Akamaru war ehrenhaft und klug. Was wolte ein Fürst mehr. „Setz dich. Diesen Brief erhielt ich von einem Krieger, der ihn an der Grenze zu Kamawaru bekam. Vor einer Dämonin, die sicher kein Fuchs gewesen sei.“

Der Erbprinz las. Er wusste, dass der mächtige Herr der Füchse ihn solcherart immer näher an die Regierung führte, ausbildete, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Als er aufblickte, erkannte er, wie erwartet, dass sein Vater die Augen geschlossen hielt. Nicht aus Müdigkeit, eher im Gegenteil, um jedes seiner Worte besser analysieren zu können. „Abi war mit Eurer Genehmigung in Nishi. Gab es tatsächlich einen Zwischenfall?“ Vater besaß dort ebenso wie in jedem anderen Fürstenschloss einen Spitzel.

„In der Tat. Die Paradiesvögel entkamen der Kontrolle der werten Prinzessin und griffen Sesshoumaru an, der irgendwo unterwegs war. Vermutlich die mächtigste Beute, du weißt, wie sie sind. Nun, er hat es überlebt, zwei der sechs Vögel nicht. Abi rief sie auf Anweisung des Taishou zurück und flog unverzüglich zurück.“

„Nun, verständlich, nehme ich an. Ich würde auch an ihrer Stelle ungern einem zornigen Fürsten gegenüberstehen.“

„Weiter.“

„Was ich nicht verstehe ist, was für ein Interesse Abi daran haben sollte Sesshoumaru anzugreifen, denn das legt dieser Brief nahe. Sie ist die Herrin der Vögel, sie kann unmöglich glauben Nishi zu erben, zumal es eben noch Inu Yasha gibt. Abi tut nie etwas, das nicht für sie oder Fürstin Teikken von Nutzen ist. Andererseits wäre es für sie ein Leichtes die Kontrolle absichtlich zu verlieren. Nur kann ich keinen Grund entdecken.“

„Suche nicht nach dem, welchen Sinn es für Abi hat.“

„Verehrter Vater?“

„Frage doch, welchen Sinn es für den unbekannten Schreiber macht mein Augenmerk auf die Vogeldamen zu lenken.“

„Oh.“ Der Erbprinz blickte erneut auf den Brief. „Die Vögel leben im Osten von Sobo, grenzen an das menschliche Kaiserreich und Chiba, die Provinz der Drachen auf dem Festland. Für den Drachenkönig macht ein solcher Brief keinen Sinn, für den menschlichen Kaiser auch nicht. Allerdings – falls das wirklich ein geplantes Attentat gewesen ist, wärt Ihr berechtigt, sie zu töten. Wer wäre dann der Erbe der Vögel? Doch der mächtigste Blutvogel, nicht wahr?“

Da der Fürst der Stimme entnahm, dass sein Sohn diesen als Briefschreiber ausschloss, winkte er nur.

Akamaru war klar, dass er weitersprechen sollte. Also lag er noch richtig. „Angenommen, es war tatsächlich ein Unfall. Ihr erwähntet, dass Abi um die Reisegenehmigung ersuchte, weil ihre Mutter so krank ist. Das einzige Gefühl, das ich ihr zubillige, ist die Liebe zu ihrer Mutter. Also wäre sie nervös, leicht abzulenken. Womöglich ein Gespräch mit einem Heiler im Westen, eine Chance zur Heilung – oder eben, dass sie nichts tun können. Es wäre durchaus denkbar, dass sie versehentlich die Kontrolle verlor. Und jemand das nun ausnutzen will, in dem er Euch auf sie hetzt. Hm. Eine Möglichkeit, die ich noch sehe, wäre, dass der Unbekannte keine Ahnung hat, sowohl von Eurem Verhältnis zu dem Taishou als auch von Inu Yashas Handeln der letzten Tage. Dann könnte das ein Versuch sein Euch anzudeuten, dass die Krankheit Fürstin Teikken erlogen ist, der Zwischenfall durch den Hundefürsten gedeckt wurde, ja, veranlasst wurde, um mit Abi über ein Bündnis zu sprechen. Nishi grenzt an Sobo, dazu diese kleine Kamawaru-Provinz der Menschen, die weder für den Daimyo von Aoi selbst noch mit seinen Dämonen ein Hindernis darstellen würde. Angenommen die Vögel greifen abgestimmt aus dem Osten an …“

„Das wäre ein ziemlich unkluger Plan, mein Sohn. Ich glaube jeder Dämon in ganz Japan hat unser Duell damals mitbekommen.“ Eine ganze Stunde hatte er mit dem Herrn der Hunde gekämpft, seine Magie gegen den und So´unga. Sechzig Minuten, von denen jede einzelne für jeden von ihnen zur Ewigkeit wurde. Bis sie sich, zugegeben, erschöpft, auf ein ehrenhaftes Unentschieden geeinigt hatten. Und den jeweils anderen als ehrenhaften Krieger anerkannt hatten. Er öffnete die Augen. Da Akamaru den Kopf neigte, fuhr er fort: „Andererseits würde das nur besagen, dass es der Unbekannte nicht weiß. Zu jung oder nicht aus Japan? Angenommen, ich würde glauben, dass der Taishou eine überaus raffinierte Schlinge um Sobo legt, würde ich natürlich alle Fürsten informieren und erst recht den Kaiser, dass einer seiner Daimyo auf Rechnung seines Vaters spielt. Und die Vogeldamen hinrichten.“

„Könnte der Taishou überhaupt...“ Er brach ab. Man deutete nicht einmal an, dass ein Dämonenfürst töricht war.

„Er ist ein brillanter Stratege. Aber das ist nicht seine Art. Er würde mir einen Brief schreiben und zu einem Duell bitten. Unwahrscheinlich, das Vergnügen würden wir uns vermutlich beide gern schenken. - Aber du siehst die Punkte, die ich auch sehe. Und noch einen. Gleich, was auch immer von diesen Theorien stimmen mag: in jedem Fall soll ich meine Aufmerksamkeit nach Osten lenken. Und das bedeutet, dass genau von Westen etwas zu erwarten ist.“

„Da wäre nur das Meer … nicht aus Japan, meintet Ihr.“

„Lass Gruppen aus dem Heer unauffällig nach Westen hin verlagern. Kein Aufbruch, keine sichtbare Kriegsvorbereitung. Ich werde den Vogeldamen persönlich einen Besuch abstatten. Und den Spion des Taishou in Kenntnis setzen.“ Ein amüsierter Ausdruck glitt über das Fuchsgesicht des Neunschwänzigen. „Sieh nicht so erstaunt drein – ich kenne den seinen und er den meinen. Ganz praktisch, wenn man sich unterhalten will, ohne dass es jeder Dämon mitbekommt. Und sicher ist, dass auch der Gegenpart ehrenhaft ist.“

„Ihr seid sicher.“

„Du solltest es auch sein, du hast seinen Jüngsten kennengelernt.“

 

 
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SUCy
2023-04-02T18:14:37+00:00 02.04.2023 20:14
Also das war wirklich ein sehr süßes Kapitel. Bei allen beiden. Echt zum knutschen XD
Aber ob der Taishou ahnt das er sich quasi zum Opi gemacht hat? XD
Antwort von:  Hotepneith
03.04.2023 07:49
Danke. Ich dachte mal eine Entspannung für alle nach den Kämpfen und vor den Kämpfen.
#Ich fürchte, das dämmert dem Taishou langsam, dass sein an sich guter Plan einen Haken hat, nach dem motto - wie sag ichs meiner Frau?


hotep


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