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Sturm über Japan

Leg dich nie mit Inu Yasha an
von

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Paradiesvögel


 

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rinzessin Abi wusste sehr gut, warum draußen vor dem Schloss des Westens auf einmal Rufe, ja, Aufruhr zu vernehmen war, aber sie hörte weiter sehr interessiert dem alten Heiler zu. „Eine magische Attacke? Ich könnte mir es nicht vorstellen. Ihr kennt natürlich haha-ue nicht, sie ist sehr mächtig in ihrer Energie und ihrer Magie.“

„Das mag alles sein, Abi-sama, aber niemand ist so mächtig, dass es nicht irgendwie irgendwem gelingen kann ihn zu schlagen.“

„Die Herrin der Vögel!“ Die Tochter klang pikiert, obwohl sie eine ungute Ahnung überfiel. Ja, Mutter war krank, hatte Schmerzen. Und es gab in der Nähe jemanden, der über geradezu gewaltige magische Kräfte verfügte – der Fürst von Sobo war der einzige Fuchsdämon mit neun Schwänzen. Hatte der etwa beschlossen, Mutter sei zu gefährlich? Immerhin standen sie selbst und haha-ue seit dem Friedensschluss unter seiner Verantwortung. War ihm das zu viel geworden? Oder, noch anders gefragt – falls es nicht der Fuchsfürst gewesen war... da gab es jemanden, der nicht nur von Mutters Krankheit wusste, sondern auch Heilung versprach. Naraku. War der etwa schuld...? Sie hatte zuvor die Frage des Wer nicht so recht bedacht – eben eine schwere Krankheit, eine natürliche Ursache, angenommen. So meinte sie ehrlich: „Ihr seid ein kluger Mann und sicher ein erfahrener Heiler, Neigi-san. Wie könnte man einen derartigen magischen Angriff beseitigen? Durch den Tod des Verursachers?“

„Um ehrlich zu sein glaube ich das nicht. Jemand, der so vorgeht, wird auch dagegen Schutzmechanismen ergriffen haben.“

Das stimmte vermutlich. „Ich hörte einmal von einem shikon no tama, das sich in Menschenbesitz befinden soll und jedem Dämon hilft stärker zu werden...“ Mehr wollte sie nicht sagen.

Der Heiler horchte irritiert nach draußen, erwiderte jedoch höflich: „Das gab es einst in der menschlichen Provinz Aoi, aber die letzte Hüterin verbarg es unauffindbar vor mehr als fünfzig Jahren. Überdies, ehrenwerte Prinzessin, der Einsatz eines magischen Gegenstandes kann nie ohne Gegenleistung oder gar Belastung erfolgen. Es wäre nicht gesagt, dass das Juwel der vier Seelen, das ja aus der Seele eines Dämonen und einer Priesterin entstanden sein soll, auch Eure Fürstin heilen könnte.“

 

Die Tür zur Bibliothek wurde aufgerissen und beide fuhren herum. Ein Hundekrieger sparte sich die Verneigung: „Befehl des Fürsten. Kommt, Prinzessin. Eure Paradiesvögel konnten entkommen!“

Da fehlte etwas in der Botschaft, aber sie nickte nur. „Danke für Euren wertvollen Rat, Heiler. Ich werde es bedenken. - Komm, rasch. Was ist mit den Blutvögeln, die auf sie aufpassen sollten?“ Nun ja, es waren die stärksten unter ihnen, denn nur diese vermochten es Menschenform anzunehmen. So hatte sie sie bereits zuhause angewiesen, wenn die Paradiesvögel auf ihren Befehl hin ihr Opfer suchten, sollten sie nur scheinbar Widerstand leisten, ja, sich verletzen lassen. Waren etwa die riesigen Vögel mehr als skrupellos gewesen – oder ihre Krieger zu schwach?

„Sie leben vermutlich,“ erwiderte der Hundedämon, kaum überrascht, dass sich die Vogelprinzessin nach ihren Männern erkundigte. Ein Fürst schützte auch die Seinen. Und, die Prinzessin rannte förmlich neben ihm her, sichtlich in Sorge und Überlegung.

 

Dies erkannte auch der Inu no Taishou, der bereits am Platz des Geschehens eingetroffen war, nun jedoch den Kopf wandte.

Abi sah erleichtert, dass ihre Krieger lebten, ja, sich bereits zwei oder drei dämonische Heiler um sie kümmerten. „Danke, edler Fürst,“ war darum ihre erste Aussage, ehe sie sich umsah, nach Vogelmagie suchte. Jetzt musste sie aufpassen und Zeit schinden, damit die Paradiesvögel Sesshoumaru finden und töten konnten – und sie hier als ahnungslos wegkam. Der Herr der Hunde war sicherlich nicht dumm. So trat sie zu ihrem obersten Krieger. „Die Paradiesvögel rissen sich los und griffen euch an? Wohin sind sie?“

Der verletzte Blutvogeldämon deutete vage in den Himmel. „Ich weiß es nicht, Prinzessin, das fragte der Taishou, ich meine der Fürst des Westens, auch schon. Sie kreisten und dann... nach Süden.“

„Süden.“ Abi nickte leicht. Dort war Sesshoumaru. Gut. Aber sie sollte eine andere, glaubwürdige, Erklärung auspacken. „Nach Hause, also, zu ihren Genossen.“

„Ruft sie zurück.“ Der Befehl des Inu no Taishou kam prompt.

Die Vogelprinzessin sah zu ihm. Zeit, sie brauchte Zeit. „Ich vermag es, nun ja, ich werde es versuchen. Wenn sie in dieser Stimmung sind, ist es auch für mich schwer. Nur meine verehrte Frau Mutter bei voller Gesundheit könnte sicher sein.“ Nun ja, sie auch, wenn die riesigen Vögel ihre Aggressionen hatten abbauen können. Aber das sollte sie nicht erwähnen. „Ich würde nur dazu Eure Genehmigung benötigen nach den magischen Energielinien des Landes zu suchen, um sie darüber rascher zu finden.“

„Tut es.“

So ging die Vogeldame zu der Stelle, an der die Paradiesvögel angepflockt gewesen waren und ließ sich nieder, legte die Hände auf den Boden. Vogelmagie war eigen, der Hundefürst mochte dem nicht folgen können, aber er konnte es ganz sicher spüren, wenn fremde Magie durch sein Gebiet geschickt wurde. Schon deswegen war es formell richtig gewesen zuerst seine Erlaubnis einzuholen, sonst galt das als Kriegserklärung, wie er sicher wusste. Überdies brauchte sie noch Zeit. So nahm sie sich diese um die Linien des Landes abzusuchen, natürlich Schwerpunkt im Süden, obwohl sie wusste, dass sich der Erbprinz nach Auskunft des eigenen Vaters am Rande der Kalkberge aufhalten sollte. Nur ein bisschen Zeit noch.

 

Der Herr von Nishi sah ihr schweigend zu. Ja, sie rief Magie ab, sie versuchte es, war auch sichtlich angespannt. Aber Paradiesvögel waren sehr angriffslustig und er konnte sich mühelos vorstellen, was sechs von ihnen in einem Menschendorf anrichten würden. Es war fatal, dass sie entkommen konnten. Ja, sie waren nervös, überreizt – vielleicht sollte er doch einmal mit dem Fuchsherrn reden denen mehr Flugzeit zuzubilligen? Aber der Neunschwänzige war nicht leicht zu überzeugen – und achtete ebenso auf die Dämonen und Menschen in seinem Gebiet. Was war jetzt los? Die Vogelprinzessin schloss die Augen, er spürte ihre Magie ansteigen ohne sie lesen zu können. Aber ihr Gesicht zeigte trotz aller Konzentration Erstaunen, ja, Verwirrung.

Abi atmete tief durch, ehe sie sagte: „Ich holte sie zurück, werter Fürst. Aber etwas stimmt nicht. Ich finde nur vier, keine sechs.“ Ihre eigene Besorgnis um die Paradiesvögel lag in ihrer Stimme.

Sie log nicht, dachte der Taishou. Nur – wo waren die anderen Zwei? „Haben zwei bereits Nishi verlassen?“ So unbedingt nach Hause gewollt?

„Ich denke nicht. Ein Schwarm bleibt immer zusammen,“ erwiderte sie wahrheitsgemäß, noch einmal nachsuchend, ehe sie sich aufrichtete und mit einem leichtfüßigen Satz stand. Sie presste die Lippen zusammen. „Sie kommen zurück. Aber zwei fehlen und ich fürchte andere sind geschwächt. Sie müssen aus einem Kampf kommen.“

„Dann sind die zwei Fehlenden tot.“ Hatten sie sich etwa an Dämonen gewagt? Im Süden gab es eigentlich nur Grenzwachen, nach Osten in den Bergen ebenso. Und das mehr der Form halber, denn weder der Herr der Füchse noch gar der mit ihm verbündete Kaiser würden angreifen. Trotzdem – auch gegen Paradiesvögel vermochten sich vier seiner Krieger zu halten, zumindest sie abzuwehren. Und das schien geglückt zu sein. Hoffentlich hatten da alle überlebt.

 

Abi nickte. Nun ja. Der Erbprinz war eine renitente Beute, das war ihr klar gewesen. Dessen Tod gab es nicht umsonst. Aber sie sah zum Himmel empor. „Ich würde mich dann allerdings gern verabschieden, edler Fürst.“ Das war hart an der Grenze der Höflichkeit, denn man verabschiedete sich nicht selbst von einem Fürsten. Aber immerhin hatte sie um Genehmigung ersucht. „Euer Heiler gab mir bereits wertvollen Rat, aber ich möchte die Paradiesvögel und die verletzten Krieger rasch in die Nähe meiner verehrten Mutter bringen.“ Und weit weg vom Westen sein, wenn dem Taishou auffiel, dass er einen Sohn weniger hatte. Sie ging davon aus, dass ihre geliebten Bestien ihren Auftrag ausgeführt hatten, denn sie waren weit weniger aggressiv als zuvor.

 

„Genehmigt,“ erwiderte der Herr der Hunde auch nur, der vermutete, dass sich die Prinzessin nicht sicher war, wie lange sie die Paradiesvögel unter Kontrolle halten konnte, wenn diese erneut wild wurden. Ja, da kamen die Monster. Und in der Tat aus einem Kampf. Die großen Körper waren zerkratzt und mit Blutflecken übersät, die Krallen an den Füßen ebenfalls. Und es waren nur vier.

 

Abi wartete gar nicht bis sie landeten, sondern verneigte sich eilig. „Danke für Eure Gastfreundschaft. - Kommt!“ Der Befehl galt ihren Kriegern, die hastig auf drei der gigantischen Vögel sprangen, teilweise zu zweit. Natürlich flog die Vogelprinzessin allein.

 

Sie waren daher schon hoch und ein Stück weit vom Schloss entfernt, als dem Inu no Taishou bewusst wurde, dass er nicht nur die Witterung des Blutes der Paradiesvögel in der Nase hatte, sondern auch die seines Ältesten. An den Krallen hing Sesshoumarus Blut.

Hatten es diese Vögel etwa gewagt … Nun, das erklärte das Fehlen zweier und auch die Verletzungen der Überlebenden, aber was war mit seinem Jungen passiert? Und – hatte Abi etwas davon gewusst? Sie war recht schnell verschwunden, aber sie hatte nicht gelogen. Und sie war nervös gewesen. Gleich. Sie flog bereits über die Kalkberge und er konnte sie weder im Kaiserreich verfolgen lassen und auch in Sobo benötigte er die Zustimmung des Neunschwänzigen. Nein. Momentan war es wichtiger Sesshoumaru zu finden. Eine volle Minute lang suchte er die Energie seines Sohnes in den verborgenen Magielinien des Westens. Vergeblich. Ohne Worte zu verschwenden ging er weiter weg vom Schloss. Sekundenbruchteile später flammte seine Energie auf, ließ seine Gestalt verschwimmen, das Gesicht verzerren, bis ein riesiger, weißer Hund da stand, der die Nase senkte und nach einer verblassten Fährte suchte. Zum Glück, in diesem Falle, neigte sein Ältester dazu zu Fuß zu gehen.

 

Naraku saß in seinem Arbeitszimmer und betrachtete seinen Überraschungsbesuch. Zwei junge Dämoninnen, die sich als Hara und Ruri vorgestellt hatten. Erstere mit einer doch relativ seltenen Haarfarbe von bläulich schimmerndem Weiß. Sie waren Mottendämoninnen und hatten ihre Waffen höflicherweise ebenso vor seiner Tür gelassen wie ihre begleitenden Krieger. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der angeblich doch so mächtige Hyouga prompt auf sein Angebot reagieren würde.

Sie erklärten im Auftrag Menomarus zu kommen, des Thronfolgers. So meinte er bedächtig: „Sollte es mir entgangen sein, dass der mächtige Hyouga bedauerlicherweise ein wenig unpässlich ist?“

„In keinster Weise,“ beteuerte Hara prompt. „Allerdings beauftragt er zumeist seinen Sohn mit derartigen Sondermissionen. Ihr könnt Euch vorstellen, Fürst Naraku, dass ein Vater seinen Sohn auch anlernen möchte. Und muss.“

Zumal wenn man ein Hyouga war und nach dem eigenen Ableben der Sohn die Macht erben würde, nun, wenn die Gerüchte stimmten, zu der eigenen Macht nicht nur die des Vaters, sondern aller Ahnen. Somit war jeder dieser Linie Motten mächtiger als jeder in der Reihe davor. „Nun gut. Ich vermute, dass Ihr sozusagen Sonderbotschafterinnen seid. Wie kann ich Euch entgegen kommen?“

„Ihr habt dem mächtigen Hyouga ein Angebot unterbreitet, das sein gewisses Interesse weckte,“ erklärte Ruri nach einem Blickwechsel mit ihrer Schwester. „So sehr, dass er sich nun überzeugen möchte, dass der Gegenstand, den Ihr anbietet, sich auch in Eurem Besitz befindet.“

Naraku neigte leicht den Kopf beiseite. Nun ja, Vorsicht war bei einem solchen Handel unausweichlich, denn immerhin bot er das shikon no tama nur gegen erhebliche Militärhilfe an. Er hatte zwar nicht damit gerechnet, dass die Motten so vorsichtig wären, er hatte da eher an die Vogeldamen gedacht, aber zum Glück war er vorbereitet. Es zahlte sich oft genug aus immer mehrere Wege vorauszuplanen. „Natürlich. Es wird nur ein wenig dauern. - Oh.“ Er hob etwas die Hand, da er die Blicke richtig deutete. „Nein, ich besorge keine Fälschung. Aber es wird Euch bewusst sein, dass solch ein wertvoller Gegenstand unter Bannkreisen verborgen werden muss, um, sagen wir, Interessenten nicht anzulocken. Und, dass er sich natürlich nicht in diesem Schloss befindet. Ich kann ihn jederzeit Euch zeigen. Falls die Damen mit mir einen kleinen Ausflug machen würden. Zur Geheimhaltung bitte ohne Eure Krieger.“ Er hatte das Juwel der vier Seelen vor fünfzig Jahren immerhin bei Kikyou gesehen und es entsprechend nun für seinen Handel mit den Vogeldamen nachgebildet. Diese Fälschung lag momentan, gut versiegelt, in einem Felsspalt in den Blauen Bergen. Er sollte allerdings so vorsichtig sein, dass keine der so genannten Botschafterinnen durch den letzten Bannkreis kam. Vielleicht war da doch eine magietüchtiger als man denken sollte und würde das vollkommen harmlose Juwel als solches erkennen.

„Dann brechen wir unverzüglich auf,“ entschied Hara. „Der mächtige Hyouga und Prinz Menomaru wünschen Bericht. Unser Schiff wird bald entladen sein. Seide und warme Stoffe, die Menschen aus den Haaren von so genannten Kamelen weben. Eure Gegenleistung?“

„Ich werde mir die Waren später ansehen. Wäre Euch mit Reis gedient? Oder Pferden?“ Naraku erhob sich. Leider besaß er den Westen noch nicht, und damit hatte er auch keinen Zugriff auf die Metalle. Aber, das würde sich bald ändern. „Dann kommt, meine Damen.“

„Reis,“ erwiderte Hara prompt. Das benötigte zwar kein Dämon, aber Menschen. Satte Menschen vermehrten sich rascher und wurden somit Futter für Motten.

 

Sesshoumaru kam nur langsam zu Bewusstsein, dass er lag. Etwas mühsam drehte er sich beiseite. Was war nur geschehen? Er befand sich in einem lichten Wald, hohe Bäume ließen ihren Schatten auf ihn fallen. Sein Körper schmerzte, und als er an sich herunter blickte, erkannte er, dass seine Rüstung geborsten war.

Die Erinnerung kehrte zurück und ihm wurde bewusst, dass er sich vermutlich glücklich schätzen konnte noch Schmerzen empfinden zu können. Paradiesvögel. Sie hatten ihn überfallen, ohne jede Vorwarnung von oben und hinten angegriffen.

Die einzige Warnung, die er bekommen hatte, war der Geruch gewesen, den sie ausströmten, und es war ihm gelungen Tokejin zu ziehen und zwei dieser Biester zu töten. Bedauerlicherweise waren sie in der absoluten Überzahl gewesen. Nicht, dass er gewöhnlich seine Gegner zählte, aber die Vögel hatten ihn von allen Seiten, aber immer mit Sturzangriffen von oben attackiert, versucht, ihre Krallen in seinen Kopf zu schlagen. Irgendeiner hatte dann den Schulterschutz seiner Rüstung gepackt und versucht ihn mit sich in die Luft zu ziehen. Nun ja, diese Primitivdämonen hatten wohl keine Ahnung davon, dass er fliegen konnte.

Gewöhnlich jedenfalls. Jetzt fiel es ihm schwer sich auch nur umzudrehen. Selbst nach einem harten Duell war er noch nie so verletzt worden und er war überrascht, wie schwach er sich fühlte, wie niedrig seine Energie war.

Warum nur hatten sie nicht nachgesetzt? Warum nur war er hier? Das war nicht die Gegend in der er gewesen war?

Das Letzte, an das er sich erinnerte war ein bläuliches Licht, das ihn umhüllt hatte, und ja, von seiner Hüfte ausgegangen war. Fast erschrocken suchte er um sich und war erleichtert Tokejin neben sich zu sehen, er musste es wohl trotz allem so umklammert haben, dass er es mitgenommen hatte. Wohin und warum auch immer.

Warum? Ein sehr verdächtigender Blick glitt an seinem geschundenen Körper entlang zu seinem zweiten Schwert, das er immer für nutzlos, ja, eine Herausforderung von Vater gehalten hatte. Tenseiga. War es möglich, dass das Schwert, das nicht töten konnte, doch einen Sinn hatte? Ihn zu beschützen? So wenig er Schutz benötigte?

Ein stechender Schmerz im Kopf ließ ihn diese Bemerkung korrigieren. So selten er Schutz benötigte? Er lag noch immer auf dem Bauch!

 

Etwas raschelte hinter ihm und er fuhr herum, instinktiv alle Energie, die er aufbringen konnte, abrufend. Mit rot leuchtenden Augen sah er sich um, außerstande aufzustehen. Wenn da ein jämmerlicher Dämon... Er erstarrte, als er den Störenfried erkannte. Kein Dämon, ein Menschenmädchen, ein Kind, das sich eilig hinter einem Baumstamm versteckte.

Kleiner Dummkopf. Wenn er sie hätte töten wollen, wäre sie bereits im Jenseits. Nun ja. Wenn er im Vollbesitz seiner Kräfte wäre. Immerhin schluckte sie, als er sich bemühte sich aufzusetzen, und verschwand.

Durchaus erleichtert, dass niemand weiter Zeuge seiner Demütigung wurde, gelang es dem Erbprinzen seine Boa zu ordnen und sich bereits wieder erschöpft gegen einen Baum zu lehnen. Diese Paradiesvögel! Die Bezeichnungen, die er gerade für diese fand, waren weder eines Dämonen im Allgemeinen noch eines künftigen Fürsten im Besonderen würdig. Wie viele hatte er schon erledigt? Der Rest würde folgen. Oh, Sein Schwert. Er schob Tokejin in den Gürtel. Sicher war sicher, denn er benötigte bestimmt etwas Zeit um sich zu erholen, seine Energie wieder aufzufüllen. So matt war er noch nie gewesen und es war eine überaus unschöne Erfahrung, die ihm sicher kein zweites Mal widerfahren würde.

 

Er schrak aus seinem Dämmerzustand, als er hörte, dass sich etwas näherte. Mit gewissem Erstaunen erkannte er das kleine Mädchen von zuvor. Sie kam vorsichtig heran, verneigte sich jedoch und kniete neben ihm nieder, bot ihm wortlos eine Kalebasse, gefüllt mit Wasser, an. Wusste sie etwa wer er war? Unangenehm. Und selbst, wenn sie nur erkannte, dass er ein Dämon war, so war der Versuch zu helfen nett, jedoch absolut nutzlos. Allerdings sollte er dem Kind gegenüber nicht undankbar sein. Auch menschliche Dienstleistungen sollte ein vornehmer Dämon beachten, so sagte Vater oft genug, zumal, wenn er über sie regieren würde. „Ich nehme keine Menschennahrung zu mir.“

Die Kleine nickte und erhob sich, sichtlich nachdenkend, ehe sie wieder verschwand.

Hoffentlich holte sie nicht das ganze Dorf, dachte er noch, ehe er wieder in den so wichtigen Heilschlaf versank, suchte seine Energie aufzufüllen.

 

Der Hundefürst war auf dem Weg nach Süden nur locker getrabt, um nicht doch bereits mehrere Stunden alte Spur zu verlieren. Abis hastiger Aufbruch machte sie verdächtig. Wusste sie von dem Überfall auf Sesshoumaru? Hatte ihn gar geplant? Nur, warum sollte sie. Die Vogeldamen hielten sich zu ihrem eigenen Wohl von den anderen Fürsten entfernt und ob sein Ältester lebte oder starb konnte ihr gleich sein. An den Westen käme sie so oder so nicht heran. Hm. Persönliche Beleidiungn? Möglich, wenn er seinen Erben so ansah, jedoch wäre da Abi bis zu einer Duellforderung, nun zugegeben, eher der Aufforderung zu einem Übungskampf, sogar eine Beschwerde an den Fuchsfürsten, möglich gewesen.

Womöglich eher eine panische Flucht? Hatte die Vogelprinzessin rascher als er bemerkt, was da an den Krallen der Paradiesvögel hing? Sie hatte einen Ratschlag vom Heiler und wollte die Vögel eilig wieder in das Einflussgebiet ihrer Mutter bringen, hatte sie gesagt, und beides wohl zu recht. Aber Abi war nicht so dumm anzunehmen, dass ein Überfall ihrer Vögel auf seinen Sohn nicht zu Gegenmaßnahmen führen würde. Bevor sie seinen Zorn zu spüren bekäme – und sich ausrechnen konnte, dass das leicht tödlich würde – war sie lieber verschwunden, ehe er etwas merkte. Das wäre eine einfachere Erklärung. Er kannte schließlich den eigenen Ruf.

Dennoch. Warum waren die Vögel, wenn auch nur kurze Zeit, ihrer Kontrolle entwichen? Sie waren auch dermaßen prompt zurück gekehrt... Nach einem vergeblichen Kampf, noch dazu, wenn sie zuvor gegen den Befehl gehandelt hatten? Paradiesvögel besaßen quasi drei Köpfe. Sie waren zwar nicht dafür verschrien besonders intelligent zu sein, aber … Ja, aber. War ihre Unruhe und Aggression durchgebrochen und sie nach einem Opfer wieder leichter zu beruhigen gewesen? Bitte nicht.

Der Herr der Hunde blieb stehen. Ja. Hier hatte ein Kampf stattgefunden. Kaum noch identifizierbare Überreste zweier Vögel lagen hier, jede Menge Blut. Nur leider nicht sein Sohn. Hatten diese ….Wenn sie ihn gefressen hatten....

Er atmete einmal tief durch und zwang sich zur Ruhe, dazu, das gesamte Areal sorgfältig mit der Nase abzugehen, ehe er den Kopf hob. Keine Spur verriet den Tod seines Ältesten. Aber es fand sich ebenso keine Fährte, dass er entkommen war. Nur noch ein Hauch von Magie, als ob er selbst...

War er ein Narr.

Er verwandelte sich in seine Menschenform. Als Hund war er doch eindeutig Instinkten und Gefühlen mehr unterworfen und so konnte er besser nachdenken. Nichts hier bewies, dass die Vögel Sesshoumaru getötet hatten, wenngleich sie auf ihn getroffen waren. Er hatte sich recht erfolgreich gewehrt, gekämpft. Und dann war Magie hier, die eindeutig die seine, eigene, war. Und das bedeutete, Tenseiga, das Schwert, dass der Junge immer mit gewissem Unwillen nur seinem Vater zuliebe trug, hatte eingegriffen, das getan, wozu es unter anderem erschaffen wurde. Sesshoumaru zu schützen.

Es hatte seinen Sohn weggebracht, wohin auch immer. Und die Paradiesvögel hatten ihm nicht folgen können, zumal Abis Rückruf sie dann ereilt haben musste.

Ja, das ergab Sinn, zumal er seinen Erben nach wie vor nicht über die Magie des Landes erspüren konnte.

Zum ersten Mal sah er sich um.Vor ihm lagen die Nadelwälder, die die Kalkberge bis nach Süden begleiteten, licht und doch genug Holz für die Hütten und Bergwerke liefernd. Dort hörte er das Axtschlagen von Menschen, die dies ernteten. Wäre Sesshoumaru dort, hätte er doch einen Boten treffen müssen. In die Berge … Die andere Alternative war nach Westen, Richtung der Hügel und Ebene, in der die Menschen Tee und Reis anbauten. Sesshoumaru war verletzt und wollte sich kaum vor Menschen so sehen lassen, also würde dieser sich verbergen, seine Energie verbergen. Nun gut. Er musste eben suchen. Immerhin kannte er von seinem Territorium jede Pfote breit. Er hatte die Hoffnung, dass sein Ältester selbst diesen ungleichen Kampf nicht nur erfolgreich, sondern auch lebend überstanden hatte.

 

Sesshoumaru öffnete die Augen als er vorsichtige Schritte hörte. Das Mädchen wieder. Sie trug ein großes Blatt vor sich, auf dem Grashalme – oder war es Reis? - lagen. Sie verneigte sich erneut wortlos, kniete direkt neben ihm nieder und bot es ihm mit fragendem Gesicht an.

Zum ersten Mal beschlich den jungen Hundedämon die Vermutung, dass sie nicht der Höflichkeit wegen ihm gegenüber schwieg, sondern weil sie gar nicht reden konnte. So schüttelte er nur den Kopf. Bei Jaken hätte er noch ein: das habe ich dir gesagt, Dummkopf, und einen Tritt nachgesetzt, aber sie war so ehrlich bemüht, so hilfsbereit, obwohl sie doch sicher nicht wusste, wer er war. Wusste sie überhaupt, dass er kein Mensch war? Es gab wenige, aber doch so abgelegene, Dörfer, in denen nur selten etwas passierte und folglich auch nur sehr selten ein Dämon vorbeisah. Doch, das musste ihr klar sein. Sie hatte doch seine roten Augen gesehen? Seltsames Mädchen. Sie war jedenfalls eindeutig ein Mensch. Und jetzt füllten sich ihre großen, dunklen Augen mit Tränen. Was war denn jetzt... Irgendwie bekam er ein nie gekanntes, unbehagliches, Gefühl im Magen. „Ich behalte das Wasser,“ versprach er und wurde mit einem glücklichen Aufstrahlen belohnt, ehe die Kleine wieder verschwand.

Sie würde zurückkehren, da war er sicher. Stur wie ein Hund, das Menschenkind. Hoffentlich war er dann schon wieder erholt genug um den Heimweg nach Nishijo antreten zu können.

 

Kagome war mehr als erstaunt festzustellen, dass die Wälder jenseits des Flusses nach Süden noch dichter waren als nach Norden, allerdings auch lauter. Affen und Vögel schrien um die Wette, die Bäume mussten uralt sein. Manchmal stiegen die Hügel sehr steil an und wahre Riesengewächse ragten bis zu .. oh, sicher fünfzig Meter empor. Hier gab es kaum Felder oder Dörfer. Oder gingen sie nur an ihnen vorbei? Sie fragte ein wenig peinlich berührt Inu Yasha. Immerhin war das hier ihr Heimatland und er erst seit wenigen Wochen der Daimyo. Aber er war nett, er hatte ihr erlaubt Briefe an Souta und Eri zu schreiben, ja, die mit einem dämonischen Boten abgehen lassen, und er trug sie wieder. Und er hatte ihr bislang ihre Temperamentsausbrüche nicht heimgezahlt. Das war mehr als nachsichtig, denn ihr war durchaus klar, was allein jeder Ehemann für Rechte hatte, wie viel mehr ein Provinzfürst, und so hatte sie sich fest vorgenommen sich zu beherrschen.

„Ich glaube,“ sagte er ehrlich, da er es nicht so recht wusste: „Dass die Dörfer hier an der Magistrale oder am Fluss liegen, also an den Handelswegen und hier auch nur Holzfällerlager sind. Sonst ist hier auch nur wenig zu holen. Der Handel ist wichtig für Aoi, an der Kreuzung bei Kosaten und so. Das hier ist schon fast die Grenze zu dieser Provinz im Süden, deren Namen ich mir nicht merken kann. Sie trennt uns von Sobo, dem dämonischen Fürstentum der Füchse. Ist eine recht kleine Provinz. Was mit -wara. Fürst ist jedenfalls ein Kamura. Ach ja, Kamuwara.“

„Kleiner als Aoi?“

„Klar, ich meine, größer als Aoi ist nur noch die Provinz von Heiyokyo, die dem Kaiser, ich meine, meinem göttlichen Cousin, untersteht.“

Sango bewies, dass sie zugehört hatte und ließ Kiara näher an das Paar fliegen. „Darum ist Aoi ja auch so wichtig, Kagome. Jeder Provinzfürst, Daimyo, verfügt über dreihundert ausgebildete Krieger. Dazu aber auch noch über ein, sagen wir, Aufgebot an Männern aus der Provinz. Je mehr Einwohner, desto militärisch stärker.“

Inu Yasha sprang in größeren Sätzen weiter, da er über ihnen, am Ende dieses Hügels blauen Himmel entdeckte. Vielleicht konnte man da Pause machen? Kagome schien schon wieder müde, obwohl sie wirklich tapfer versuchte es zu verbergen. Aber die Nase eines, wenngleich halben, Hundes war schwer zu betrügen.

So blieb er oben auf dem Hügel stehen. Seine Sinne hatten ihn nicht getäuscht. Unter ihnen erstreckte sich zwar nach Ost und Süd wieder der Wald, im Westen die schroffen Gipfel der Kalkberge, aber gegen Südwest schien eine unbewaldete Ebene zu liegen. Der so große Fluss, der sich direkt vor den Kalkbergen befinden musste, war hier nicht zu sehen, damit auch nicht die parallel laufende Magistrale und mögliche Dörfer.

„Was ist denn das?“ Miroku zeigte nach Südwesten, allerdings in die Ferne. Etwas wie ein Blitz war dort aufgezuckt, jetzt noch einer. „Gewitter bei diesem schönen Wetter?“

„Dämonische Energien,“ erwiderte der Fürstensohn aus dem Westen prompt. „Da kämpft wer. Mist, und da sind Dörfer. - Miroku, Sango, geht mal nachsehen, ihr werdet doch mit Wurmdämonen sicher fertig.“

„Ja,“ sagte die Jägerin nur. „Zumal da auch ein nicht unfähiger Priester zu sein scheint, denn sonst gäbe es keinen Kampf. Seid ihr hier?“

„Ja. Weiter unten ist ein Teich, da machen wir Pause.“

Während ihre beiden Begleiter verschwanden, murrte Kagome: „Du sollst doch nicht auf mich Rücksicht nehmen! Verdammt, ich kann doch auch was!“

„Der letzte Wurmdämon, der dich sah, wollte dich heiraten,“ erwiderte er, mehr ehrlich als durchdacht.

„Oh, du....“ Gerade noch rechtzeitig dachte sie daran, dass ihr „Mach Platz“ nicht nur ihn zu Boden, bringen, sondern vermutlich den Hügel runterrollen würde – und sie gleich mit. Und zu allem Überfluss entsann sie sich dann ihres guten Vorsatzes. „Ja, wie du willst.“ Das konnte noch schwierig werden, diese Absicht einzuhalten.

 
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SUCy
2023-02-18T20:02:46+00:00 18.02.2023 21:02
oh ein sehr langes und schönes Kapitel wobei den Taishou mit Vatersorgen zu erleben... nicht so schön. Aber rührend, vorallem wenn man weis das er lebt. Und Taishou gerade unwissend dabei ist Opa zu werden XD
Und Kagome gibt sich ja schon Mühe XD
freue mich auf das nächste >Kapitel


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