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So many more Feelings

von

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Dezember, Domino
 

Bakura wusste nicht, wo ihm bei dieser ganzen Lernerei der Kopf stand. Seit er wieder in Japan war, waren die Anforderungen direkt um ein Mehrfaches gestiegen, als wie es in London noch war. Das angefangene Semester in seiner Heimat einfach fortzuführen und parallel zum aktuellen Semester zu beenden war eben genau das nicht: Einfach. Es forderte seinen Tribut in viel aufgeopferter Zeit, unaufhörlichem Lernen von Fakten, Schreiben von Essays, Analysen, Untersuchungen und anderen wissenschaftlichen Arbeiten, die alle knappe Abgabetermine hatten. Noch dazu kam die eigene Überbeanspruchung und der Wunsch, dieses Studium in Planzeit abzuschließen.
 

Hätte er geahnt, wie sehr ihn diese Entscheidung des englischen Auslandssemesters zerfressen würde, er hätte es sich noch einmal richtig gut überlegt und vermutlich abgelehnt. Wären da nicht diese tollen Erfahrungen, die er gemacht hatte, diese spannenden anderen Herangehensweisen, von denen er hier in Japan nichts mehr spürte und auch nicht experimentell darauf zurückgreifen konnte, weil die Zeit schlichtweg fehlte.
 

Otogi hatte ihn auch schon darauf angesprochen, sich das mit Ägypten noch einmal zu überlegen. Aber das war für Bakura ausgeschlossen. Das Jahr im Land der Pharaonen war eine Zeit die eins zu eins angerechnet wurde. Wenn er danach wieder zurück kam, gab es kein angefangenes Semester, das er fertig machen musste, es gab nicht so viel Liegengebliebenes, also würde es schon ganz automatisch einfacher werden. Daran, dass es in Ägypten ganz andere Ablenkungen geben könnte, dachte er erst gar nicht.
 

Dass sie sich zeitlich bereits mitten im Advent befanden, bemerkte vor allem Bakura kaum. Wenn er morgens aufstand und zur Uni eilte, war es noch dunkel und er war mit seinen Kopfhörern, die ihn mit konzentrationsfördernder Musik beschallten und seinen Mitschriften oder einem offenen Buch so von der Außenwelt abgeschattet, dass er es ausschließlich dem Musclememory seiner Beine zu verdanken hatte, dass er täglich von der gemeinsamen Wohnung in die Hörsäle kam. Gab es einen spontanen Raumwechsel, war der Student stets verloren. Er stand mit seinen Unterlagen vor dem falschen Saal und musste sich mühsam durch die Gänge suchen, nachfragen und kam schließlich später in die Vorlesung, als diese begonnen hatte. Aber das kannte man schon von ihm.
 

Weil er sich schließlich auch immer sofort nach den Einheiten verzog um in aller Ruhe in einem der Winkel der Räumlichkeiten sein Hirn mit Fakten zu füttern und sich diese einzuprägen, hatte er keine Freunde unter seinen Mitstudierenden. Sie waren alle viel mehr Bekannte, die er ausschließlich an der Stimme erkannte, denn seit er aus Europa zurück war, kam es sehr selten vor, dass er den Kopf gehoben hatte, wenn es nicht gerade darum ging, von der Tafel oder den Leinwänden abzuschreiben und mit zu notieren.
 

„Herr Bakura, wenn Sie in diesem Semester noch einmal zu spät kommen, werde ich Sie meiner Vorlesung ausschließen lassen!“, tadelte ihn Professor Sugawara als der Student auch an diesem vorweihnachtlichen Vormittag zu spät im richtigen Saal angekommen war.

„Tut mir leid, Professor“, sagte er mit eingezogenem Kopf und eilte sich an einen freien Platz. Das Getuschel ging los, verhaltenes Gelächter drang an seine Ohren und gerade so konnte er das Kopfschütteln seines heutigen Sitznachbarn vernehmen. Sollten sie. Sie hatten Nichts nachzuholen!

Automatisch aber wurde ihm die Mitschrift von eben diesem Sitznachbarn zum schnellen Abschreiben hinübergeschoben.
 

„Nun gut, wo waren wir?“, wollte der Professor direkt weiterführen, er wandte sich um zu seinem Gekrakel auf der grünen Tafel und fand direkt seinen Faden wieder.
 

„Genau, der Wendepunkt“, wurde die Vorlesung weitergetrieben. Behandelt wurden gerade Rituale der Nordmänner an ihre Götter. Bakura erinnerte sich an vergangene Themen in anderen Lehrveranstaltungen und auch an Dinge, die sie in der Schule gelernt hatten oder was ihnen Marik, Isis und Rishid in Ägypten erzählt hatten. Opfergaben waren allgegenwärtig damals und das für eine sehr lange Zeit.
 

Neben den Ausführungen des Professors schleiften die Gedanken des Studenten immer wieder ab, bis er sich schließlich in einer kleinen nordischen Fantasie wieder fand.

Ob Otogi damals einen Bart getragen hätte? Er hätte bestimmt viele schöne Beads in den Haaren und geflochtene Zöpfe und hätte an jedem Finger eine andere schöne Frau, die ihm Kinder schenken sollten, die sie dann wiederum opfern konnten um ihre Wünsche an die Götter tragen zu können.

Komische Bräuche, leider sehr verbreitet. Damals.
 

„Glaubst du, du hättest mich den Göttern als Opfer dargeboten, wenn du Wikinger gewesen wärst?“, fragte Bakura seinen Freund zu später Stunde beim Abendessen, das Minimalistischer nicht hätte sein können. Beide saßen am Tisch, jeder hatte Unterlagen vor sich. Bakura seine Mitschrift von der vormittägigen Vorlesung, Otogi die Zahlen der vergangenen Woche. So konzentriert, dass sie nur wie nebenbei Bissen des Takeouts zu sich nahmen, das vor ihnen Stand.

Diese Frage aber hatte Otogi dann doch komplett aus seiner Analyse der Zahlen gerissen.
 

„Bitte was?“, fragte er ihn empört und sah über das Papier hinweg zu seinem Freund, der sich gerade auf ungeschickte Weise einen Happen gebackenes Huhn in den Mund schieben wollte. Bei der Empörung hielt auch er inne.
 

„Oh, ich hab wohl nur laut gedacht“, sagte er und sah zu Otogi hinüber. Ein schmales Lächeln zierte seine Lippen und schließlich verleibte er sich dann doch das Hühnchen ein. Eigentlich wollte er weiterlesen und seine Gedanken weiter mit der Verinnerlichung des neuen Stoffes anregen, doch Otogi ließ nun nicht mehr locker. Er wollte wissen, wo diese Frage herkam. Dabei akzeptierte er nicht, dass es nur Spinnereien waren, blühende Fantasie und dumme Ideen, die er nicht so meinte, wie sie sich in Bakuras Kopf abspielten.

Der Älter war sich sicher, dass da etwas dahinter steckte, Bakura wollte nicht darüber nachdenken oder reden und streiten noch viel weniger. Dennoch wurde es irgendwie genau das. Sie waren beide Überarbeitet, hatten beide kaum gegessen und schliefen wenig.
 

„Du hast mich doch jetzt auch, für deine Arbeit geopfert, wir sehen uns kaum und wenn, dann siehst du mich kaum an“, platzte es vorwurfsvoll aus Bakura heraus und er bereute es augenblicklich. Noch mehr aber, als Otogi konterte.
 

„Wie bitte? Du hast doch deine Nase seit Monaten nicht mehr aus deinen Büchern und Zetteln gezogen, wenn, dann hast du mich doch für dein Studium geopfert, selbst wenn du bei mir bist, bist du nie wirklich da, du bist immer irgendwo in der Vergangenheit mit komischen Ritualen“, darauf folgte Ruhe. Bakuras Herz raste gleichzeitig vor Wut und Traurigkeit. Sie hatten noch nie gestritten und selbst wenn er damit gerechnet hatte, dass diese Situation einmal wirklich ein Streitpunkt werden würde, aber, dass es so plötzlich nun eskalierte, dachte er nicht. Sein Blick haftete mit zusammengepressten Lippen im Gesicht seines Freundes, dessen Augen gefährlich funkelten. Sie beide meinten ihre Worte ernst, zumindest in diesem Moment, später täte es ihnen leid, Bakura spürte es ja jetzt schon. Am liebsten hätte er das alles direkt zurück genommen, aber sie steigerten sich noch weiter hinein. Warfen einander vor, dass sie sich nicht mehr richtig umeinander kümmerten und von ihren beruflichen und schulischen Verpflichtungen so eingenommen waren, dass für ihre Beziehung kein Platz mehr war.
 

„Können wir bitte nicht streiten? Es ist Weihnachten“, sagte Bakura irgendwann mit brüchiger Stimme. Er wollte nicht mehr diskutieren, dafür war einfach keine Energie mehr da. Doch Otogi schien auf Hochtouren zu fahren. Er stemmte sich von der Küchentheke ab, an der er in der Zwischenzeit lehnte und brauste an Bakura vorbei.
 

„Oh, ist das auch schon bei dir angekommen, ich dachte schon, du merkst es gar nicht“, warf er ihm vor und ging mit den Worten ins Wohnzimmer, wo bereits seit ein paar Tagen eine Nordmanntanne stand. Bakura folgte ihm, weil er ihn bitten wollte, sich zu beruhigen, da fiel ihm dieser Baum das erste Mal auf und ließ ihn verstummen.

Für einen Moment herrschte Stille zwischen ihnen. Otogi stand mit verschränkten Armen neben dem Baum und einer Box, die Bakura als eine seiner erkannte, er wusste auch genau was drinnen war (Christbaumdekoration), was ihn rührte, doch die Situation war so negativ aufgeladen, als dass er sich offen darüber hätte freuen können. Bakura biss sich auf die Lippen, sah von der Box hoch zu Otogi, der mit einem Blick besah, als erwarte er eine Rechtfertigung. Doch die kam nicht.

Was kam, waren zarte heiße Tränen, die dem Studenten verräterisch über die Wangen liefen und sofort wieder weggewischt wurden.
 

„Warum machst du das?“, fragte er seinen Freund, der nur seufzte. „Weil ich dir eine Freude machen wollte, aber du hast nichts davon mitbekommen, weil du dir so einen Druck machst“, sagte Otogi wieder etwas ruhiger und ging auf den Kleineren zu. Seine Hand fand sich schnell an Bakuras Kopf. Die Finger vergruben sich sanft in seinem weißen Haar und strichen sachte bis in die Spitzen hindurch.
 

„Deine Haare werden immer länger“, sagte Otogi und Bakura konnte ein Lächeln in seiner Stimme hören. Er nickte.
 

„Nächste Woche habe ich meine letzte Prüfung für das vergangene Semester, dann muss ich mich nur noch auf das aktuelle konzentrieren“, versuchte er die Situation, die zum Streit geführt hatte, abzuflachen.

„Und ich hab nach dem Weihnachtsgeschäft erstmal ein paar Wochen Ruhe ehe es mit Inventur und dem Jahresabschluss richtig los geht. Wir sollten uns ein paar Tage nur für uns nehmen, was sagst du?“, schlug Otogi vor und Bakura nickte schnell. Er schlang seine Arme um den schlanken Körper und drückte sich sehnsüchtig an seinen Freund.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ob das mit dem Studieren so möglich ist, eine Ahnung. In Österreich gibt es eben all die Lehrveranstaltungen, die zwar gewissen Semestern zugeteilt sind und die man großteils auch nur aufbauend besuchen kann, aber im Grunde, kann man „alles gleichzeitig“ machen und Bakura will das natürlich alles schnell erledigen, immerhin ist er ehrgeizig und will auch Geld verdienen und nicht nur lernen, auch wenns gerade so aussieht, als gäbe es nicht viel außer lernen.

PS: Ich habe vor diesem Kapitel die erste Staffel Vikings abgeschlossen, somit musste ich den Vorlesungsstoff in die Richtung lenken xD Komplett anzeigen

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