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Haikyu - DaiSuga

von

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Zwischendrin (Sugawara)

Das Gesicht gegen meine Knie gedrückt, sitze ich zusammengekauert im Bett. An den Bauch drücke ich Daichis Kissen, habe es fest in die Arme geschlossen. Nach unzähligen Stunden kommt nur noch ein vereinzeltes Wimmern über meine Lippen, meine Tränen sind längst versiegt. Ich kann mich nicht daran erinnern, mich jemals so schlecht gefühlt zu haben. Mein gesamten Körper tut weh, ich kann nicht anders als verkrampft auf der Stelle zu hocken, habe seit Tagen weder gegessen noch getrunken. Mein einziger Gefährte ist das Handy, dass ich zwischen Kissen und Brust an mich drücke. Immer wieder stehlen sich meine Blicke auf das Display, dessen Sperrbildschirm mich und Daichi im Trikot zeigt, kurz nach dem Sieg über die Aoba Josai beim Frühlingsturnier. Glücklich lachend drücken wir die Wangen an einander für dieses Sieger-Selfie. So lange ist das noch gar nicht her gewesen, doch es fühlt sich an wie eine Ewigkeit. Immer wieder erreichen mich Nachrichten von meinen Freunden, die sich erkundigen, wie es mir geht. Ich sage ihnen ich habe Migräne. Seit fast einer Woche bin ich nicht zur Schule gegangen, geschweige denn zum Training. Wie soll ich die Kraft dafür finden, wenn ich es nicht einmal schaffe aus dem Bett aufzustehen? Zudem könnte ich es nicht ertragen Daichi zu begegnen. Ihn zu sehen, mit ihm zu trainieren, seinen Duft wahrzunehmen... das ist zu viel für mich. Als ich den Kopf zu den zugezogenen Gardinen drehe, wird mir schwindelig. Mein Kreislauf ist im Keller, ich sollte dringend zumindest etwas trinken. Langsam rutsche ich zur Bettkante, hebe mich auf die wackeligen Beine. Daichis Kissen und mein Handy behalte ich an mich gedrückt, trage sie vor mir her bis in die Küche. Auf der Spüle steht ein Glas, welches ich gedankenlos mit Wasser aus der Leitung fülle und in einem Zug austrinke. Sofort schießt ein wenig Leben durch meine Adern. Das war mehr als nötig.

Es klingelt an der Türe.

Müde drehe ich den Kopf in die Richtung aus der das schrille Geräusch gekommen war. Wie viel Uhr haben wir überhaupt? Ich suche zwischen dem Stoff und den Federn vor meiner Brust nach meinem Handy, während ich mit schlurfenden Schritten durch den Flur laufe. 19:30 Uhr. Ein wenig spät für Post. Vor der Türe bleibe ich stehen, überlege, sie nicht zu öffnen. Ich schrecke zusammen als es nochmal klingelt. Nachdenklich betrachte ich die Türe, drücke das Kissen fester an mich.

Ein kurzer Moment vergeht.

Ob die Person aufgegeben hat? Dann klingelt mein Handy. So laut und plötzlich, dass ich wieder heftig zusammenzucke. Da ich es noch in der Hand halte, erkenne ich den Anrufer schnell. Es ist Tanaka. Ich räuspere mich, atme durch, dann gehe ich ran. „Ja?“ Meine Stimme ist kratzig, wirkt als wäre ich gerade erst aufgewacht. Verständlich allerdings, wenn man bedenkt, dass ich seit Tagen kein Wort geredet habe.

„Hallo, Suga“, sagt Tanaka mit ruhiger Stimme. „Bist du gar nicht zu Hause?“

Ich zögere. Wie kommt er denn darauf? „Doch“, murmel ich und sehe die Türe vor mir an.

„Ah, ok. Würdest du mir dann bitte die Türe aufmachen?“ Erstaunt atme ich ein. Also steht er gerade auf der anderen Seite.

„Mh... Mir geht es nicht so gut...“, sage ich unsicher, starre die helle Türe an.

„Oh, schon klar. Ich will dich gar nicht belästigen. Dann... stelle ich es einfach hier hin und du nimmst es dir rein, wenn du die Kraft dafür findest.“ Ich höre ein Rascheln auf der anderen Seite der Türe. Er hat mir etwas mitgebracht? Wie lieb von ihm. Ich beginne an meiner Lippe zu knabbern, lege zögerlich die Hand an die Türklinke. Es ist Tanaka. Was soll schon passieren, wenn ich ihn sehe? Ich schüttel den Kopf, dann entscheide ich mich dafür die Türe zu öffnen.

Überrascht sieht er zu mir auf, wollte gerade die Griffe der Tüte loslassen, die er auf die Fußmatte gestellt hat.

„Suga.“ Ein breites Lächeln zieht sich über sein Gesicht und er richtet sich vor mir auf. „Schön dich zu sehen.“ Ich versuche mich an einem Lächeln, doch meine Mundwinkel fühlen sich verspannt an. Sieht sicher merkwürdig aus. Tanaka geht nicht weiter darauf ein, hebt die Tüte vor sich an. „Ich habe dir Onigiri mitgebracht und Ramune-Limonade.“ Ich blinzel erstaunt. „Wenn es dir so schlecht geht, dann kochst du bestimmt nicht. Und du musst ja was essen, um schnell wieder fit zu werden. Also...“ Er kratzt sich am Kopf.

Diese kleine Geste ist so süß von ihm. Damit kann ich gar nicht umgehen gerade. Ohne mein Zutun füllen sich meine Augen mit Tränen. Hätte ich doch bloß nichts getrunken. „Danke...“, hauche ich fast tonlos und Tanaka sieht mich erschrocken an.

„Oh, nicht doch“, sagt er mitleidig und legt die Hand an meine Schulter. Als ich den Kopf tiefer senke, um meine Tränen zu verbergen, fährt sein Arm um meine Schultern und er drückt mich beherzt an sich. Die Erleichterung, welche die Tränen und seine Umarmung mit sich bringen, lässt mich das Kissen loslassen und stattdessen die Arme um Tanakas Mitte schlingen. Ganz sachte schaukelt er mich hin und her, was mich tatsächlich beruhigt.

„Entschuldige“, wimmere ich an seine Schulter gedrückt und er legt die Hand zwischen meine Schulterblätter, drückt mich etwas fester an sich.

„Schon ok.“ Meine Knie beginnen zu zittern, was ihm wohl nicht verborgen bleibt. „Du bist echt schlecht dran, oder? Hast länger nichts gegessen, kann ich mir vorstellen.“ Ich nicke an ihn gelehnt. Er schiebt einen Arm um meine Taille und geht mit mir zusammen bis zur Couch im Wohnzimmer, wo wir uns neben einander hinsetzen. „Ich mach dir was fertig.“ Er lächelt mir zu. Bevor ich etwas erwidern kann, geht er in die Küche.

Es dauert nicht lange und er kommt mit den angerichteten Onigiri und der geöffneten Flasche Ramune zurück zu mir, stellt alles auf den Couchtisch. Ich nicke ihm dankend zu und knabbere ein paar Reiskörner von der Spitze eines Onigiri. „Ich weiß, dir ist nicht danach zumute, aber ohne Energie wirst du nicht gesund.“ Er legt die Hand an meinen Rücken und streicht fürsorglich auf und ab.

„Das ist wirklich lieb von dir, Tanaka“, sage ich gerührt und trinke einen Schluck der süßen Limonade. Dann ist es eine ganze Weile still.

Während ich langsam kaue, sehe ich zu ihm rüber, wie er mit gesenktem Blick da sitzt und schweigt. Sein leicht angespanntes Gesicht verrät mir, dass er tausende Sachen sagen möchte, doch er entscheidet sich schweren Herzens für die Stille. Sicher will er mich nur nicht unter Druck setzen oder verletzen. Tanaka... umsichtig wie immer.

„Ich bin gar nicht wirklich krank“, gebe ich leise zu und er wendet mir überrascht den Kopf zu. Seine grauen Augen ruhen erwartungsvoll auf mir, während ich seufzend durchatme. „Ich habe Liebeskummer...“

Ein schreckliches Gefühl. Das wünsche ich nicht mal meinem Feind. Meine Gedanken schweifen zu Kuroo und ich hasse mich im gleichen Moment dafür. Er kann doch nichts dafür, ist gar nicht mein Feind. Wie gemein von mir so etwas auch nur zu denken.

„Daichi und du...“, setzt Tanaka zögerlich an. „Ihr... habt euch getrennt... oder?“ Er spricht so vorsichtig, als könnten seine Worte mich nur durch seinen Atemstoß von der Couch fegen. Ich nicke und der Kloß in meinem Hals lässt mich das Kauen einstellen. „Wenn es dich so traurig macht... hat... hat dann er mit dir Schluss gemacht?“ Mein Herz schlägt spürbar langsamer. Ich sehe, wie er an seinen Fingern knibbelt. „Du musst es nicht sagen...“, rudert er schnell zurück.

„Schon gut.“ Ich schlucke. „Nein. Ich habe ihn gebeten auszuziehen.“

„Oh“, macht Tanaka betroffen. „Und jetzt bereust du es?“

Ich schnappe nach Luft, kaue an der Innenseite meiner Lippe während sich mein Blick trübt. „Ich... Ich hätte nie gedacht, dass ich ihn so sehr vermisse, dass... dass es weh tut.“ Tränen laufen über meine Wangen. Warm spüre ich Tanakas Hand auf meinem Rücken. „Ich... Ich liebe ihn so sehr...“ Ich lasse meinen Gefühlen freien Lauf, weine bitterlich, während ich die nachlaufenden Tränen von meinen Wangen reibe. Tanaka nimmt mir das Onigiri aus den Händen, legt es auf den Teller auf dem Tisch. Er dreht sich zu mir und schließt die Arme fest um mich. Dankbar fahren meine Hände seinen Rücken hinauf und ich kralle die Finger in seinen Pullover, drücke ihn an mich, weine hemmungslos. Seine Wärme zu spüren tut gut, ebenso wie sein starker Halt. Das Mädchen, was mal in seinen Armen ruhen darf, hat es wirklich gut.

„Verrätst du mir, warum du Daichi rausgeworfen hast?“, fragt Tanaka leise, drückt mich ein bisschen fester an sich. So angenehm. Eigentlich gibt es doch gar keinen Grund, es geheim zu halten. Tanaka kann ich vertrauen, er wird es nicht rum erzählen.

„Weil ich es noch nicht geschafft habe, ihm zu verzeihen“, gebe ich traurig zu, rede gegen den Stoff an seiner Schulter.

„Verzeihen?“, murmelt Tanaka, hält mich weiter fest im Arm.

„Ja.“ Als ich die Augen schließe rollen zwei große Tropfen über meine Wangen. „Er ist mir fremdgegangen.“

Tanaka zuckt in meinen Armen zusammen. Damit hat er nicht gerechnet. Genauso wenig wie ich.

„Ich... das ist ja heftig...“, sagt er nach einer kurzen Pause mit irritierter Stimme.

„Er war betrunken und es tut ihm leid. Wirklich sehr leid“, führe ich weiter aus. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Daichi es ehrlich meint. Er bereut aufrichtig was geschehen ist. Ich seufze leise, da wird der Griff um meine Schultern fester.

„Dass er getrunken hat, ist keine Entschuldigung.“ Ich nicke an Tanakas Schulter, als seine Stimme überraschend fest erklingt. „Also ich würde ihn nicht zurück nehmen.“ Mein Herz setzt einen Schlag aus. Nie wieder mit ihm zusammen zu sein, ist keine Option für mich gewesen. Es soll nur eine Pause sein, doch diese andere Möglichkeit so offen ausgesprochen zu hören, ist beängstigend. „Es gibt doch keine Garantie dafür, dass so was nicht wieder passiert.“ Da hat er Recht.

„Eine Garantie gibt es nie“, kontere ich unbewusst und Tanaka lehnt sich ein Stückchen zurück, bis wir uns in die Augen sehen können. Traurig liegt sein Blick auf mir.

„Die Grenze ist doch schon überschritten. Es ist sicher einfacher, beim zweiten Mal.“

Ich beiße mir auf die Lippe, will nicht hören, dass ich Daichi womöglich ein zweites Mal verlieren könnte. Kopfschüttelnd schlucke ich angespannt. „Nein. Er hat mir versichert, dass er nur mich will.“

„Und du glaubst ihm das?“ Ich nicke heftig. Tanaka sieht nachdenklich zu Boden, dann blickt er mich fest an. „Wenn du keinen Zweifel hast, warum willst du dann Abstand?“

Ich blinzel langsam. „Auch wenn ich mir sicher bin, dass er mich liebt und dass er mir von nun an treu sein wird, so ist doch mein Herz gebrochen. Ich bin traurig und verletzt.“ Wie viel Wahrheit in diesen Worte steckt, wird mir erst klar als ich sie ausspreche.

Tanaka nickt und streichelt über meine Schulter. „Verstehe.“



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