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Inu no Game

von

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"Einmal den XXL Double Salted Caramel Frappiato mit extra Sahne, splitted Shocoships uuuuund den Minibrezeln…oh, und könnten Sie noch den Crunchy Nougat oben drauf packen?"

"Kriegst du das alles runter, Kazuha!?" fragte Yugi etwas unsicher. Er betrachtete mit großen Augen, wie mein Kaffeebecher zu einem Miniatur-Himalaja heranwuchs.

"Na klar", grinste ich und nahm den Becher, "so schmeckt's doch am besten."

"Wenn du meinst", Yugi klang nicht überzeugt. Er lächelte etwas gequält und bestellte sich eine einfache Eisschokolade. Die Verkäuferin sah zu meinem besten Kumpel und strahlte. Mit einem Augenzwinkern überreichte sie dem König der Spiele seinen Becher. "Der geht aufs Haus", verkündete sie und winkte überschwänglich, bis wir hinter der Tür verschwunden waren.

"Yugi", ich stupste meinen Kumpel von der Seite an, "die steht auf dich."

Der Bunthaarige seufzte. "Das macht sie erst, seit ich das Battle-City-Turnier gewonnen habe."

"Als Champion ist man halt beliebt."

"Ich kann gerne darauf verzichten."

"Ach, Yugilein", ich legte einen Arm um ihn, während ich genüsslich an meinem Strohhalm saugte, "wenigstens verwechseln dich die Leute nicht mit einem Mädchen."

"Die Sache macht dir echt zu schaffen, was?"

"Nur weil Kazuha auch ein Jungennamen sein kann, heißt das doch nicht automatisch, dass man ein Kerl ist! DuelMonsters ist doch kein Männersport." Ich schnappte mir eine Minibrezel und knabberte wie ein Eichhörnchen darauf herum. "Und überhaupt: dürfen Mädchen jetzt neuerdings nur noch brav und süß sein, ein Miniröckchen tragen und nichts tun…?"

"Schade eigentlich. Bei unserem letzten Treffen sahst du zum Anbeißen aus."

Ich biss in die Sahne und ließ die letzten Brezeln in meinem Mund verschwinden.

"Nimm' dir das nicht so zu Herzen", versuchte Yugi mich aufzubauen, "du bist halt eben taffer als die meisten Mädchen. Und ich mag dich, wie du bist."

"Das weiß ich doch", ich ließ den Kopf hängen, "es ist ja auch egal, was andere von mir denken. Ich wünsche mir halt nur, dass die Leute mich etwas ernster nehmen könnten."

"Das kommt von alleine. Wirst sehen: in ein paar Jahren hat die Welt meinen Namen vergessen und du wirst die DuelMonsters Spitze anführen."

"Ich werd's den anderen auf jeden Fall nicht leicht machen…danke Yugi." Ich lächelte ihn an. Wenn mich einer aufbauen konnte, dann mein bester Freund.
 

Durch den Trubel unserer Heimatstadt gewuselt, ging es weiter durch die altbekannten Viertel. Vorbei am Comicbuchladen, der Videothek und dem DuelMonsters-Kartengeschäft.

"Sag' mal", sagte Yugi und deutete auf die andere Straßenseite, "ist das nicht dein Bekannter aus der Mittelstufe?"

"Ja", knurrte ich, "Hirutani." Auf den Proleten hatte ich jetzt überhaupt keinen Bock. "Lass' uns die Seitengasse nehmen, Yugi. Der Kerl macht bloß Ärger und mir ist gerade nicht danach." Yugi nickte. Ihm war es sicher nur recht. Ich zog den Kleineren mit mir, bevor uns der Hüne entdecken konnte. Der Umweg war mir gerade lieber, als meiner dunklen Vergangenheit gegenüberzutreten.

Als wir weit genug weg waren, atmete ich erleichtert auf. Domino konnte manchmal ein Dorf sein.
 

"Sieh' mal, Jonouchi." Yugi zeigte auf zwei Mittelschüler, die sich an Jojos ausprobierten.

"Das war was, oder?" Ich grinste über beide Ohren. Mein altes Jojo müsste auch noch in einer meiner Schubladen sein.

Einer der Jungs versuchte sich an einer speziellen Technik. Ich grinste schief, zeigte mit einem Nicken auf die beiden, dass Yugi verstand und lächelte. Lässig kam ich auf die Schüler zu.

"Hey, Jungs, darf ich mal?" Die Hand ausgestreckt, sahen mich die zwei nur fragend an.

"Keine Angst", mischte sich Yugi ein, "sie ist echt spitze darin."

Einer gab sich einen Ruck und übergab mir sein Jojo.

"Als erstes", sagte ich, "braucht ihr die Grundtechnik >sleeping<. Und dann", ich ließ das Jojo bis knapp über den Boden rollen.

"Cool. Das Jojo bleibt ja wirklich unten!"

"Zu guter Letzt muss ich es nur noch langsam auf den Boden bringen…genau so…und dann hab ich den >walk the dog<…" Hund?! Vor Schreck bewegte ich meinen Arm. Das Jojo sauste mir um die Ohren. Yugi wich noch im letzten Moment aus und hielt sich die Hände über den Kopf.

"Sorry", ich gab das Jojo zurück, "ich bin nicht mehr in Topform."

"Das war trotzdem der Wahnsinn", sagte der Junge. Leider besserte das meine Laune nicht. Dass ich auch nur noch das eine im Kopf haben musste!
 

Wir liefen weiter, bis zum Domino Stadtpark, ließen uns auf der Wiese nieder, streckten die Beine aus und starrten so eine Weile in den Himmel.

"Und? Bei dir alles klar, Yugi?" Ich schlürfte den letzten Rest Karamell vom Becherrand und drehte meinen Kopf zu dem Bunthaarigen. Yugi hatte aus seiner Tasche zwei altmodische Handheldkonsolen herausgeholt.

"Ich meine", fügte ich vorsichtig hinzu, "da Anzu jetzt auch nicht mehr hier ist…das muss schwer für dich sein."

Yugi hielt inne.
 

Nachdem Atemu zurück ins Jenseits verschwunden war, hatte Yugi lange Zeit mit sich zu kämpfen gehabt.

Und jetzt war auch noch das Mädchen fort, das er seit der Grundschule kannte, und in das er seit Ewigkeiten verliebt war.
 

"Mir geht's gut", sagte Yugi und hielt mir eines der Geräte hin, "Anzu lebt ihren Traum - ich freue mich riesig für sie. Und drei Jahre sind keine lange Zeit."

Drei Jahre. Bis dahin konnte viel passieren. In Yugis Augen sah ich, dass nicht nur ich diesen Gedanken hatte.
 

"Wir sollten sie Ende des Jahres besuchen kommen", entschied ich spontan. "Wir sparen das Geld für den Flug und überraschen sie eine Woche vor Heiligabend!"

Yugi riss die Augen auf. Das Glitzern kehrte zurück. "Das ist eine super Idee. Honda wird sicher auch mitmachen. Vielleicht-" Aufgeregt begann er bereits Pläne zu schmieden. Ich hörte ihm zu, froh, dass er für die nächsten Monate etwas hätte, das ihm Hoffnung gab.

Zwar waren wir mit Anzu im ständigen Austausch (dank Honda hatten wir eine eigene private Website, in der wir Bilder, Videos und Audiodateien hochladen konnten, sogar eine Gruppenchat war möglich), aber es war nicht dasselbe als wenn wir alle zusammen im Big Burgers oder Zuhause in Yugis Zimmer abhingen.

Mann, wie ich die Schulzeit bereits vermisste!
 

Den Kopf auf die flauschige Wiese gelegt, sah ich mir Yugis Spiel genauer an. Ich drehte das Teil, das mich ein wenig an einen Game Boy erinnerte (und vermutlich auch so alt war). Yugi nahm das Kabel und steckte ein Ende in die jeweilige Öffnung. Dann erklärte er die Regeln - wir spielten Streetfighter auf Monsterbasis. Die Besonderheit an dem Spiel: die Monster schöpften ihren Vorteil aus der Natur. Jedes Monster hatte einen anderen Vorteil. Und wenn ich von Natur sprach, dann meinte ich nicht die Umgebung vom Spiel. Keine Ahnung, wie sie das hinkriegten, aber das Teil sammelte Informationen aus der wirklichen Welt. Wetter, Vegetation - das Ding wusste alles.
 

"Na dann", ich suchte mir einen pixeligen Oger aus, Yugi nahm ein Monster, das wie eine Zipfelmütze mit Augen aussah. Diesen kleinen Wicht würde ich doch besiegen können!

"Duell", sagte Yugi. Er drückte auf Start und das Spiel begann. Ich hatte einen enormen Vorteil. Mein Monster bekam zusätzliche Power von den Sonnenstrahlen, und die gab es hier draußen reichlich.

"Nur noch ein bisschen", feuerte ich meinen Oger an. Yugis Lebensbalken sank immer weiter nach unten. Die Zipfelmütze hüpfte, duckte und rollte sich zusammen. Aber gegen meinen Stampfer hatte es keine Chance, bis…

"Was?!", rief ich und sprang hoch. Ich sah in den Himmel. Das durfte nicht wahr sein! Eine einzige Wolke war am Himmel, und ausgerechnet die bewegte sich auf die Sonne zu. Die Strahlen wurden schwächer, genau wie mein Oger. Yugis Monster wurde größer, überragte sogar meinen Koloss.

"Verdammt!", ich ließ mich zurück auf die Wiese fallen, "ich hab' momentan echt kein Glück im Spiel." Ich seufzte schwer.

"Ich wusste nicht, dass du zurzeit spielst", Yugi hatte seinen Handheld beiseite gelegt. "Nimmst du etwa an den regionalen Meisterschaften teil?"

"Das Turnier…? Ach nein, ich duelliere mich zurzeit nicht. Die regionalen Meisterschaften sind keine große Herausforderung mehr. Ich würde mich nur schlecht fühlen, wenn ich den Neulingen ihre Chancen verbauen würde…nein, ich mein' das eher ganz allgemein." Ich rollte mich auf die Seite, sah meinem Kumpel tief in die Augen. "Yugi, darf ich dich mal was fragen?"

"Schieß los."

"Ist es masochistisch zu sagen, dass man Zeit mit seinem Feind verbringen möchte?"
 

Ich wusste auch nicht, warum ich gerade jetzt daran denken musste. Nach fünfzehn Tagen musste dieser Gedanke wohl einfach mal raus.
 

"Hm", machte Yugi und schien über meine Frage nachzudenken, "irgendwie schon…denke ich…hm…ganz schön knifflig." Er stützte sich mit dem Arm ab, drückte die Faust in die Wange. "Selbst wenn er dein Feind ist, warum soll er denn nicht auch seine guten Seiten haben? Es muss doch nichts Falsches sein, diese Seiten kennenlernen zu wollen."

"Vielleicht", murmelte ich.

"Wir reden von Kaiba, oder?"

Ich riss die Augen auf. "Wie kommst du denn da drauf?!"

"Kazuha, ich weiß, dass du über dich sprichst. Und Kaiba ist nun einmal der einzige, von dem du dich ständig provozieren lässt. Ihr beide seid wie Hund und Katze."

Wohl eher Hund und Herrchen, aber das band ich Yugi natürlich nicht unter die Nase. Das würde den Ärmsten nur viel zu sehr irritieren. Und es reichte, dass ich irritiert war.
 

Ich nahm meinen Mut zusammen und begann, Yugi die ganze Story zu erzählen - natürlich die jugendfreie Version. Was die Einzelheiten betraf, wären wir wohl beide noch nicht dazu bereit gewesen...



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