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A fairy-tale

=> Kapitel 29 ist da
von

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Prolog

Die Nacht war sternenklar.

Kühl und hell blitzten die fernen Funken vom dunklen Himmel herunter.

Zwischen ihnen stand groß und erhaben die silberne Sichel des Mondes. Bald war es an der Zeit, dass auch sein Bruder, der goldene Mond, am Himmel erschien. Noch fiel aber nur das silberne Licht auf den Wald, riesige Bäume, die schon seit Jahrhunderten dem Nachthimmel entgegen strebten.

Zwischen den Bäumen war es dunkel und still. Weder das Rascheln der Blätter, noch die Laute eines Tieres waren zu hören.

Alles schien zu lauschen

Nirgends eine Bewegung.

Nur schwere, dichte Nebelschwaden krochen langsam in den Wald hinein.

Langsam, sehr langsam schoben sich die Bänder aus Dunst voran.

Ohne Hast über knorrige Wurzeln, totes Laub, trockene Äste, Gräser, Steine, wilde Blumen und nackten Boden zog der Nebel zwischen den mächtigen Baumstämmen dahin.

Nur die Lichtung im Herzen des Waldes blieb von ihm unberührt.

Das Licht der Sterne funkelte in den Tautropfen auf dem Gras, das den Boden des freien Platzes bedeckte, ließ sie strahlen wie kleine Perlen.

In der Mitte dieser Lichtung erhob sich ein gewaltiger, uralter Ahornbaum.

Seine ausladenden Zweige schienen den Mond zu berühren, die weinroten Blätter wirkten selbst in der Nacht wie frisches Blut.

Sie lächelte.

Langsam öffnete sie die großen klaren Augen.

Mit einer grazilen Bewegung sprang das Mädchen vom Baum hinunter und sah hinauf zum mit Sternen übersäten Himmel.

Wieder das Lächeln.

Sie streckte die Hand aus. Es war nur eine schwache Geste, doch gleich darauf

trat ein riesiger, felsengrauer Wolf aus dem tiefen Schatten des Ahorns.

Er trat direkt neben das Mädchen und sie legte ihm die Hand auf den Kopf.

?Es ist soweit.? flüsterte sie. Sie klang zufrieden: ?Es ist endlich soweit.?

Gemächlich ging sie in Richtung Wald.

?Komm.?

Der Wolf folgte ihr auf dem Fuße.

?Es ist Zeit.?

Mit einem letzten Lächeln verschwanden die beiden Gestalten im Nebel unter den Bäumen.
 

***********
 

Vielen Dank fürs Lesen!! ^^

Eis

Buch eins: Eis

_____________________Schnee wirbelte in dicken Flocken wild tanzend durch den mit bedrohlichen finsteren Wolkenbergen bedeckten Himmel.

Weiß.

Überall weiß.

Ein eiskalter Wind wehte über die schneebedeckten felsigen Berggipfel, fing sich laut heulend und kreischend in Schluchten und an vorspringenden Graten.

Weiß.

Schnee, soweit das Auge in der kalten feindlichen Gebirgswelt blicken konnte.

Nur die beiden Gestalten auf der Spitze des höchsten Berges hoben sich davon ab.

Zwei einsame Gestalten, ein Mädchen und ein grauer Wolf.

Es war ein merkwürdiges Bild: Der Schneesturm schien die beiden zu meiden, nicht eine Flocke berührte sie und der Wind zerrte nicht an ihnen.

Bewegungslos standen sie nebeneinander im Schneetreiben und blickten hinab in eine unwegsame, zerklüftete Schlucht.

Direkt unter ihnen kämpfte sich eine kleine Reisegruppe mühsam durch den Sturm. Zwei von Ochsen gezogene Wagen, drei einzelne Reiter und ein Dutzend Gestalten, die sich zu Fuß durch die Schneewehen mühte. Immer wieder taumelte einer der Reisenden und auch die Pferde wankten. Bei jedem Schritt versanken Mensch und Tier knietief im Schnee, die Wagen drohten immer wieder stecken zu bleiben.

Doch das war es nicht, was das Mädchen und der Wolf beobachteten.

Schweigend betrachteten sie eine riesige Verwehung, die der Gruppe den Weg versperrte.

In dem Moment, in dem das erste Ochsengespann durch die Wehe stapfen wollte, explodierte das Schneegebilde.

Eisklumpen und Schneehaufen flogen meterweit in alle Richtungen und etwas Gewaltiges, Durchsichtig-weißes schoß lautlos und tödlich daraus hervor, stürzte sich auf die Ochsen und riss sie im Bruchteil von Sekunden in Stücke.

Für einen Moment schien die Zeit stehen zu bleiben.

Niemand rührte sich.

Dann brach Panik in der Gruppe aus. Die Pferde wieherten schrill und drängten nach hinten, die verbliebenen Ochsen brüllten laut und zerrten an ihrem Geschirr . Die Menschen schienen einen Moment wie benommen, dann wirbelten sich entsetzt herum und rannten so schnell sie es vermochten davon.

Mit unglaublicher Geschwindigkeit glitt der riesige blutbesudelte Eissalamander über den ersten Wagen, zermalmte ihn und jagte auf den Rest der Gruppe zu.

Der fast acht Meter lange weiße und eisblaue Körper war eisverkrustet. Die Augen blitzen genauso rot wie die Blutflecken der getöteten Ochsen auf seinen Schuppen.

Der Eissalamander erreichte den nächsten Wagen.

Die beiden Zugtiere bäumten sich verzweifelt auf, dann war die Echse bei ihnen und zerfetzte sie mit den langen scharfen Klauen. Gleich darauf verfärbten Blut, Eingeweide und Fleischfetzen den Boden.

Reiter und Wanderer rannten um ihr Leben, während noch das Geräusch reißenden Fleisches und splitternder Knochen die Luft erfüllte, doch der Eissalamander hob den riesigen Kopf, starrte sie kurz an und setzte ihnen augenblicklich nach.

Die meisten kamen nur wenige Meter weit, dann holte sie die riesige Bestie ein...

Der Eissalamander verzog sich erst, als er nichts mehr entdeckte, das er töten konnte. Sein Blutdurst war vorerst gestillt und gemächlich zog er davon, wurde wieder eins mit Eis und Schnee.

Keine Schreie mehr, nur das Heulen des Windes, der über den besudelten Schnee und die zerschundenen Körper strich und alles langsam mit einer gnädigen weißen Decke versah...

Das Mädchen und der Wolf schritten langsam auf die Unglücksstelle zu, die Abdrücke von nackten Füßen und großen Pfoten im Schnee hinterlassend. Sie schienen die Toten um sich herum nicht einmal zu bemerken.

Vor dem zweiten Wagen, der nahezu unversehrt geblieben war, bleiben sie stehen.

Der klagende Wind zerrte an den Planen, mit denen die Ladung geschützt war, ließ Holz knarren und trug den Geruch von Blut und Tod mit sich davon.

Vorsichtig kletterte das Mädchen auf den Wagen und zog die Plane an einer Stelle etwas zur Seite.

Sie lächelte still.

"Endlich."

Der Wolf winselte leise.

"Wir haben lange gewartet..."

Der Wind fuhr eisig kalt unter die Planen. Eine schwache Bewegung war darunter zu erkennen.

Wieder lächelte das Mädchen. Sie streckte die Hand aus und blickte auffordernd in das Wageninnere.

"Willst du mit uns kommen?", fragte sie ruhig.

Wieder war eine Bewegung zu erkennen, dann schob sich zitternd eine kleine Hand unter der Plane hervor und griff zögernd nach der hingestreckten Hand.

Unsicher und verängstigt kroch ein kleines Kind unter der Plane hervor. Ein Kind mit schwarzem Haar, dunkler Haut und weit aufgerissenen tiefbraunen Augen aus denen stumme Tränen rannen. Es war ein Mädchen, nicht älter als vier oder fünf Jahre.

"Du brauchst keine Angst zu haben. Wir gehen jetzt nach Hause.", sagte die Gefährtin des Wolfes und hob das Kind aus dem Wagen und nahm es auf den Arm.

Wir gehen ach Hause, denn wir haben noch viel vor uns..."

Der Wolf lief neben den beiden zurück durch die Schlucht und das Schneetreiben verschluckte sie.

Feuer

Buch eins: Feuer

__________________________

Funken über Funken sprühten, flogen wirbelnd der rußgeschwärzten Decke der Schmiede entgegen.

Der Schmied stand an der glühenden Esse und hielt ein Hufeisen mit einer langen Zange ins Feuer. Schweiß lief ihm über die Stirn und den restlichen braungebrannten, muskulösen Körper. Das graue Haar, das in einem langen Zopf auf seinen Rücken fiel, stahl sich auch in einigen Strähnen in sein bärtiges zerfurchtes Gesicht. Als er sich diese mit der linken Hand aus der Stirn strich, blieb ein großer Schmutzfleck zurück.

Er zog das Eisen aus dem Feuer, ging zum Amboß hinüber und begann, es zurechtzuhämmern. Sein Blick war konzentriert, die Schläge so präzise, das man die jahrelange Erfahrung erkennen konnte.

Kurz danach fuhr das Eisen wieder ins Feuer.

Feuer, Hammer, immer wieder.

Erst als das Hufeisen die richtige Form hatte, tauchte der Schmied es ins Wasser. Riesige Dampfwolken stiegen in den brütend heißen Raum auf, ließen alles kurzzeitig hinter einem dünnen Schleier verschwinden.

Das Prasseln des Feuers, das Dröhnen des schlagenden Hammers, das scharfe Zischen des Wassers, wenn es mit dem glühenden Eisen in Berührung kam.

Der Geruch brennenden Holzes, der Geruch heißen Metalls.

Die Luft erfüllt von Dampf, Qualm, Ruß, Schweiß, Funken und Lärm.

Und vor allem das lodernde Feuer, das glühende Eisen, die tanzenden Funken.

Rot, gelb, orange.

Das Brennen, Flackern, Glühen.

Der kleine Junge stand am niedrigen Fenster der Schmiede und starrte gebannt ins Innere.

Das blonde Haar glänzte im Feuerschein hell wie Gold.

Seine Augen glänzten.

Erde

Buch zwei: Erde

____________________

Sonnenlicht fiel durch die dicht belaubten Zweige und warf helle Muster auf den weichen mit Gräsern und Blumen bewachsenen Boden. Die Lichtmuster ließen alles seltsam unwirklich erscheinen, änderten sich im Gleichklang mit dem sanften Wind, der die Blätter leise rauschen ließ.

Aus allen Richtungen schwebte der fröhliche Gesang der Vögel herüber, irgendwo versteckt hinter den Bäumen plätscherte ein kleiner Bach. Die Luft duftete leicht nach frischem Gras und es war angenehm warm.

Mitten in dieser friedvollen Umgebung strich der Wolf geräuschlos durch das Gebüsch.

Das Mädchen, das ihm folgte bewegte sich ebenso lautlos und geschmeidig. Als sie eine kleine Lichtung erreichte blieb sie unter einem großen Baum stehen und sah hinüber zu der schlanken Gestalt im Gras.

Die junge Faru lag auf dem Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und sonnte sich. Ihr tiefschwarzes Haar lag ausgebreitet im Gras und umrahmte das dunkle Gesicht. Die Augen waren geschlossen, ein leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen. Sie wirkte unendlich zufrieden.

Das Mädchen und der Wolf sahen stumm zu ihr hinüber.

Sie trug braune Stiefel, silbergrüne weite Hosen und ein eng geschnittenes Oberteil mit kurzen Ärmeln in derselben Farbe. Fast schien sie mit den sanft schaukelnden Gräsern zu verschmelzen.

Der Wolf gab einen schwachen Laut von sich, der wie ein seufzen klang und ließ sich dann auf den Boden fallen. Das Mädchen setzte sich neben ihn und lehnte sich an den Baumstamm.

Das dunkelhaarige Mädchen vor ihnen regte sich nicht, aber plötzlich erklang ihre klare Stimme:"Du bist schnell zurück."

Ein unbestimmtes Lächeln war die einzige Antwort darauf.

"Du wirst mir wieder nicht verraten, wo du warst, nicht wahr?" Mit einem leisen Seufzen richtete sich die Dunkelhaarige auf und blinzelte zum Wolf und seiner Begleiterin hinüber:

"Ich bin jetzt schon fast zwölf Jahren hier, inzwischen erwarte ich schon keine Antworten mehr von dir."

"Äußerst klug." Die Dunkelhaarige lachte leise.

"Bist wenigstens du nett zu mir, Ivas?" Die Dunkelhaarige streckte die Hand nach dem Wolf aus. Dieser sprang auf, lief zu ihr hinüber, legte sich an ihrer Seite erneut nieder und ließ sich von ihr den Kopf streicheln.

"War deine Reise wenigstens erfolgreich?", erkundigte sich die schwarzhaarige Frau.

"Würdest du etwas anderes erwarten?"

"Nein." Sie grinste gequält.

"Machen wir weiter mit dem Unterricht?"

"Jetzt?" Die junge Frau hörte auf den Kopf des Wolfes zu streicheln, bis dieser sie mit der Schnauze anstupste und sie fortfuhr ihn zu kraulen: "Lieber nicht."

"Warum nicht?"

Die Dunkelhaarige seufzte:"Es ist einfach so ein schöner Tag..."

"Und?" Das Mädchen zog eine Augenbraue hoch.

"Und nichts." Sie seufzte: "Gegen dich habe ich einfach keine Chance, was? Laß uns besser anfangen."

"Erinnerst du dich an die Lektion der letzten Stunde?"

Statt zu antworten hob das schwarzhaarige Mädchen in einer anmutigen Bewegung die linke Hand, die Handfläche nach oben.

Ein sanftes, silbernes Glühen erschien über ihren Fingern. Es schien sich sacht zu drehen, dann wanden sich zarte hellgrüne Ranken aus dem Leuchten, gekrönt von zwei kleinen weißen Blütenknospen.

Das Mädchen nickte zufrieden:

"Sehr gut, Gwyn!"

Erinnerung

Buch zwei: Erinnerung

__________________________
 

Erschöpft ließ Gwyn sich auf ihr Bett fallen. Der Unterricht bei Leesha war meistens anstrengend. Natürlich nicht alles: Die ersten Übungen, die fielen ihr leicht. Doch am Ende verlangte Leesha immer wieder das Selbe:

Eismagie.

Und in diesem Punkt versagte Gwyn einfach wieder und wieder. Schon seit Monaten.

Leesha sagte nichts dazu, aber Gwyn spürte, wie sehr es ihr mißfiel. Außerdem kannte sie Leesha. Sie sah harmlos aus, aber sie würde nicht eher ruhen, bis die junge Frau endlich einige Eiszauber beherrschte.

Kein angenehmer Gedanke.

Eismagie fiel ihr so unglaublich schwer! Sie konnte es einfach nicht!

Seit zwölf Jahren konnte sie den Anblick von Eis und Schnee kaum ertragen. Und der Gedanke genau dies selbst zu erschaffen... In ihren Alpträumen tauchte noch immer der gewaltige Leib des Eissalamanders auf, sie hörte die Schreie der anderen und die ihrer Eltern. Die schrillen Stimmen, das Entsetzen darin, die gellenden Schmerzenslaute bevor nur noch Stille das Gebirge erfüllte...

Doch dann war Leesha gekommen.

Warum diese dort auf dem sturmumtosten Pass gewesen war, wusste sie noch immer nicht. Sie hatte sie immer wieder gefragt, hatte um eine Antwort gebettelt, aber Leesha war stumm geblieben. Inzwischen war es ihr auch gleichgültig. Wichtig war auch nur, dass sie und Ivas dort gewesen waren und sie mitgenommen hatten.

Sie konnte sich nicht mehr an die Reise erinnern, aber dann war sie umgeben gewesen von hohen Bäumen, dem Gesang der Vögel und Sonnenschein. Alles war so anders gewesen als im Gebirge oder in ihrer Heimat am Rand der Steinernen Wüste. So viel Grün, so viel Leben...Es war wunderschön hier! Die zwölf Jahre schienen wie im Flug vergangen zu sein.

Zwölf Jahre hier im Immergrünen Wald.

Für Gwyn war es ein Paradies, denn hier stand alles immerfort an der Schwelle zwischen Frühling und Sommer.

Niemals Herbst. Niemals Winter. Es gab ganz einfach keine Jahreszeiten. Gwyn glaubte, das Leesha der Grund dafür war. Sie konnte die Gelegenheiten, in denen sie gesehen hatte, wie Leesha Zauber webte an einer Hand abzählen, aber dennoch...

Leesha war mächtig. Das war sicher. Und warum sonst sollten die Jahreszeiten den Wald vergessen?

Nicht, das es Gwyn störte! Eher das Gegenteil war der Fall! Wenn es keinen Winter gab, kam auch niemals der von ihr so gefürchtete und gehasste Schnee.

Dafür herrschten im Wald nur warmer Sonnenschein, laue Regentage, an denen die Tropen zaghaft von den Blättern perlten, prasselnde Schauer, flüsternde oder auch rauschende Winde, der Duft von Blumen, Gras und Erde.

Gwyn schloss zufrieden die Augen und ließ ihre Gedanken treiben.

Es war wirklich schön hier! Den ganzen Tag über konnte sie träumen im Schatten der Bäume, schlafen im hellgrünen Gras, dem Zwitschern der unzähligen Vögel lauschen oder im See baden, der von dem kleinen munteren Bach gespeist wurde. Dazu kamen regelmäßig die Lehrstunden der Magie, immer beobachtet von Ivas, dem grauen Wolf.

Nur selten dachte Gwyn an die Gegenden, die außerhalb des Waldes lagen. Sie hatte kein Interesse mehr daran. Hier war sie glücklich.

Gwyn verschränkte die Hände hinter dem Kopf, öffnete die Lider und sah hinauf zur grünen Decke. Grün und lebendig, denn der ganze Raum bestand aus einer Unzahl von feinen, dicht belaubten Ranken. Die Blätter bildeten verschlungene Muster, die jeden Tag anders aussahen. Manchmal leuchteten sogar kleine Blüten zwischen ihnen hervor, was ihr immer besonders gefiel. Ebenso verhielt es sich mit den Wänden, auch sie veränderten ständig ihre Oberfläche, manchmal hatte sie neue Fenster, manchmal war der Raum doppelt so groß wie zuvor. Nur der Boden war beständig, denn er war bedeckt mit feinem weißem Sand, der immer angenehm warm war.

Ja, es gefiel ihr sehr hier.

Wer wohnte schon in einem großen Busch mit lebenden "Mauern"?

Sich vorzustellen in einem starren Haus aus kalten grauen Steinen zu wohnen...oder nur in einer kleinen Hütte aus totem groben Holz...Sie konnte sich kaum erinnern, wie Häuser aus Stein überhaupt aussahen. Oder wie es war in einem Dorf oder einer Stadt zu leben. So viele Menschen...Das gab es im Immergrünen Wald ebenfalls nicht. Leesha und Ivas lebten nur ein kleines Stück weiter, in der Höhle unter den Wurzeln der gigantischen Thi'masbäume, doch abgesehen von den beiden...Ein paar Irrlichter, eine kleine Gruppe Einhörner und andere Tiere bewohnten den Wald, doch keine Menschen. Es war einfach nur friedlich!

Die schwarzhaarige junge Frau seufzte wohlig und drehte sich auf die Seite.

Hier war sie zu Hause.

Draußen vor dem kleinen Fenster mit den in verschiedenen Grüntönen leuchtenden Scheiben verstummten für einen Moment die Vögel, bevor sie mit unverminderter Lautstärke weiter sangen.

Gleich darauf huschte ein Schatten vor dem Fenster vorbei.

Sie lächelte. Sie wusste, wer da kam.

Gwyn hörte ein leichtes Rauschen, dann schlich etwas durch die halb offen stehende Tür in den Raum.

"Guten Abend, Kayleigh. Hattest du einen guten Flug?", fragte Gwyn fröhlich.

"Es gab ein paar störrische Fallwinde, aber sonst war gutes Flugwetter." Das kleine silberblaue Drachenweibchen tapste über den Boden, der geschuppte Schwanz und die Flügelspitzen schleiften durch den Sand. Mit einem Satz sprang das katzengroße Wesen auf das Bett und legte sich neben Gwyn auf die gemusterte Decke: "Ah, das tut gut! Es war ein wenig ermüdend, aber bei Sonnenschein macht mir Fliegen immer am meisten Spaß! Der Himmel ist so weit und blau...Und du? Was hast du gemacht? Hattest wieder Unterricht?"

"Ja, aber laß uns lieber über was anderes sprechen. Ich bekomme noch immer keine Eisstrahlen zustande, nicht mal einen Schneeball. Das ist alles andere als aufbauend." Resigniert zuckte Gwyn die Schultern.

Kayleigh seufzte mitfühlend: "Leesha kann manchmal eben sehr stur sein."

"Manchmal?! Das ist etwas untertrieben, findest du nicht?"

"Naja...Sie bekommt eben immer was sie will und kennt nichts anderes." Das Drachenweibchen rollte sich zusammen und kratze sich mit dem Hinterlauf am Kopf.

"Aber ausgerechnet Eis...Warum kann sie mich damit nicht in Ruhe lassen?" Sie seufzte: "Naja, wie auch immer! Wo warst du heute? Bist du weit geflogen?"
 


 


 


 


 

********************************
 

Wie das wohl ankommt?

*sorgenmach*

Ich kann ja nicht ewig so mysteriös weiter schreiben....

Ich hoffe sooooooooooo, dass es euch gefällt....

es würde mich freuen, wenn ihr mir sagen würdet, was ihr davon haltet!

So oder so, bald geht's weiter! ^_____^

Ein paar Kapitel hab ich noch handgeschrieben zum Abtippen hier liegen....

Wasser

Buch zwei: Wassser

______________________
 

Der kleine Bach floss schnell und munter durch das steinige Bett. Gräser, Bäume, Blumen und Sträucher neigten sich über das Ufer und nickten im Wind schaukelnd dem Wasser zu.

Gwyn hielt ihre bloßen Füße ins kühle Nass und blinzelte in die Sonne.

Es war ein wunderschöner Tag!

Leesha saß nicht weit entfernt von ihr im Gras und beobachtete zwei Schmetterlinge, die über der Wiese tanzten. Ivas war nirgends zu sehen. Vermutlich war er irgendwo im Wald verschwunden und jagte.

Versunken spielte Gwyn mit ihren Füßen im Bach und streckte dabei gleichzeitig ihren schmerzenden Oberkörper. Leeshas Unterweisung war wieder einmal anstrengend gewesen. Warum konnte sie nicht etwas weniger verlangen?

Gwyn seufzte resigniert. Es hatte wohl keinen Sinn über diese Frage nachzudenken. Leesha war eben Leesha.

Und nun...

Das dunkelhaarige Mädchen drehte den Kopf und blickte über die Schulter zu ihrer Lehrmeisterin hinüber. Der Unterricht war für diesen Tag zwar vorbei, aber Leesha hatte Gwyn gebeten noch etwas zu bleiben.

Also wartete sie.

Was sie wohl wollte?

So sehr sie auch überlegte, ihr viel einfach nicht ein, um was es gehen konnte. Sie musste sich wohl überraschen lassen. Sie mochte so etwas nicht besonders, aber was blieb ihr anderes übrig?

Sie ärgerte sich nur etwas darüber, dass Leesha sich Zeit ließ.

Viel Zeit.

-Wie nicht anders zu erwarten.

Trotzdem hielt Gwyn es bald nicht mehr aus geduldig und stumm dazusitzen. Sie war müde und wollte in ihr Zimmer!

"Gibt es etwas Wichtiges?", fragte Gwyn daher betont ruhig.

Leesha lächelte schwach: "Ja. Wir werden reisen."

Für einen Augenblick war Gwyn sprachlos.

Reisen?

Sie war noch nie...

Und so plötzlich!!!

Wohin konnte Leesha wollen? Sie verließ zwar ab und zu den Wald aber bisher war Gwyn jedes mal zurück geblieben. Warum sollte sie sie dieses Mal begleiten?

"Warum? Ich verstehe nicht..." stammelte sie verwirrt.

"Du wirst es erfahren, wenn wir dort sind.", lautete die gleichgültige Antwort.

Eine Antwort, wie sie typischer für Leesha nicht sein konnte.

Mysteriös um jeden Preis. Gwyn biss die Zähne zusammen. Es gab Augenblicke, da hätte sie am Liebsten nach ihrer Lehrmeisterin geschlagen!

Aber da Gwyn wusste, das dies genauso wenig Sinn machte wie weitere Fragen nach dem Grund zu stellen fragte Gwyn lieber: "Wann? Und wohin? Hoffentlich bekam sie wenigstens darauf eine Antwort!

"Morgen bei Sonnenaufgang am östlichen Rand des Waldes.", sagte Leesha ruhig.

Morgen schon?

So bald?

Es dauerte einige Augenblicke, bis die Schwarzhaarige Frau sich gefangen hatte. Nur mühsam beherrscht brachte sie hervor: "Am Fluss?"

"Ja. Ein Schiff wird dort auf uns warten." Leesha hielt einen Moment inne, sie schien zu überlegen. Dann fuhr sie fort: "Ivas wird uns begleiten. Genau wie Kayleigh."

"Kayleigh kommt mit uns?", echote Gwyn überrascht.

Ob das Drachenweibchen etwas von seinem Glück ahnte?

Sie musste es so schnell wie möglich heraus finden!

Und wenn Kayleigh bei ihr war...Ein freudiges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

Das würde sicher eine angenehme Reise werden! ? Wohin es auch immer gehen mochte!

Hastig sprang sie auf und griff nach ihren stiefeln, die neben ihr am Ufer lagen: "Am besten fange ich gleich an zu packen!"

Leesha nickte: "Das ist gut. Wir treffen uns morgen bei Sonnenaufgang. Ivas und ich holen dich ab."

Reise

Buch zwei: Reise

__________________________
 

Gwyn gähnte.

Sie hatte in der letzten Nacht kaum geschlafen und reib sich müde mit der Hand über die Augen.

Warum war der Sonnenaufgang auch so früh?

Oder besser: Warum hatte sie nur vor Aufregung in der Nacht nicht schlafen können?

Nun fühlte sie sich vollkommen erschöpft und übermüdet. Kein guter Anfang.

Es wurde nicht besser als Leesha und Ivas vor ihrer Tür auftauchten, den ebenfalls verschlafen Drachen im Schlepptau.

Wieder gähnte Gwyn.

Es mussten mehr als zwei Stunden vergangen sein, seit sie aufgebrochen waren. Zwei Stunden in denen sie durch den morgenfrischen Wald gewandert waren. Die Luft war kühl und duftete nach jungem Grün, überall sagen die Vögel. Einmal

huschte sogar ein Goldhörnchen vor ihnen über den schmalen sandigen Pfad.

Alle schwiegen. Ivas lief der Gruppe immer wieder ein Stück voraus und sah sich aufmerksam um, Leesha und Gwyn wanderten nebeneinander. Kayleigh dagegen saß bequem auf Gwyns Schulter, den Schwanz locker um ihren Hals geschlungen und ließ sich tragen.

Das Drachenweibchen hatte es gut...

Den letzten Teil des Weges hatten sie im warmen Licht der Sonne zurück gelegt, der Strahlen nun immer öfter den Waldboden erreichten.

Die Wärme tat gut und sorgte dafür, das Gwyn etwas munterer wurde.

Ob sie bald erfahren würde, was das Ziel ihrer Reise war?

Auch auf das Schiff war sie schon gespannt.

Wann hatte sie wohl das letzte Mal eines gesehen?

Sie konnte sich kaum daran erinnern, sie konnte höchstens drei oder vier Jahre alt gewesen sein. Damals, als sie mit ihrem Vater, dem Kaufmann und ihrer Mutter aus der Steinernen Wüste an die Küste des östlichen Meeres gezogen waren, um dort zu handeln.

Hastig verdrängte sie die schmerzhaften Erinnerungen an ihre Eltern.

Kurz darauf begann sich der Wald zu lichten. Die hohen Bäume wurden spärlicher, traten weiter zurück und machten Platz für große Brombeer-und Haselnussbüsche.

Der sandige Weg verbreiterte sich und lief durch das Gebüsch einen kleinen Abhang hinunter zu dem breiten Fluss, der sich träge durch die Landschaft wand.

Obwohl der Sonnenaufgang inzwischen schon lange zurück lag tauchten die Sonnenstrahlen das Gewässer noch immer in ein Meer von gelben, rosanen und roten Farbtönen. Die ganze Umgebung schien in ein sanftes Licht gehüllt zu sein, in der Ferne schimmerte der Fluss wie ein silbernes Band.

Direkt vor ihnen, nur unweit des Ufers, wiegte sich ein kleines Schiff in der Strömung, dunkelblaue Segel hingen gerafft an den Masten.

Davor wartete ein großer rothaariger Mann und schaute ihnen aufmerksam entgegen. An Boden konnte Gwyn zwei Matrosen geschäftig hin und her eilen sehen.

Es war ein seltsames Gefühl anderen Menschen zu begegnen...

Ein wenig unsicher folgte Gwyn Leesha hinüber zu dem rothaarigen Mann.

Dieser grüßte wortkarg und betrachtete sie nachdenklich von oben bis unten. Besonders lange ruhte sein Blick auf Ivas und Kayleigh. Was er sah schien ihm nicht zu gefallen. Allerdings ging es Gwyn nicht anders. Der Mann war ein wahrer

Riese. Die roten verfilzten haare, der eben so zottelige rote Bart, die vernarbten Hände...er wirkte nicht sehr Vertrauen erweckend. Wie war Leesha nur an so jemanden geraten?!

Unwillig ließ der Riese sie an Bord gehen. Er selbst folgte ihnen dicht auf und warf Ivas einen nervösen Seitenblick zu. - Wölfe an Bord schienen ihm nicht zu behagen.

Gwyn musste ein amüsiertes Lächeln unterdrücken.

Dann bemerkte sie, das der Rothaarige Leesha einen beinahe ebenso nervösen Blick zuwarf, brummte und sie dann allein an der Reling zurück ließ.

Noch immer ein wenig beunruhigt beobachtete Gwyn wie die beiden Matrosen sich daran machten die Segel zu hissen.

Nur wenige Augenblicke später flatterte der blaue Stoff, blähte sich aber kaum im schwachen Morgenwind. Dafür glitt das Schiff in eine verborgene Strömung die sie rasch nach Süden trug.

Süden. Was war im Süden?

Vergeblich versuchte sich Gwyn zu erinnern, ob sie schon einmal etwas über die Länder und Städte dort gehört hatte.

Also hieß es wohl weiter abwarten.

Seufzend ließ sie sich auf die rauhen Planken des Schiffes sinken und zog Kayleigh auf ihren Schoß.

Schläfrig öffnete der kleine Drache die Augen. "Ist was?", murmelte sie.

"Nein..." Gwyn begann damit den schuppigen Rücken der Echse zu streicheln.

Kayleigh brummte wohlig und streckte sich: "Das tut gut."

Das Mädchen lächelte: "Du weißt nicht zufällig, wohin wir überhaupt wollen?"

"Nein, nicht wirklich." Kayleigh riss das mit spitzen Zähnen gespickte Maul auf und gähnte herzhaft: "Es ist mir auch relativ egal. Ich bin viel zu müde."

Gwyn rollte mit den Augen: "Ich wünschte, ich könnte das so gelassen sehen wie du. Aber ich finde Leeshas Benehmen einfach etwas seltsam."

"Leesha ist seltsam.", antwortete der Drache und betonte dabei jede Silbe.

"Das schon, aber dieses mal finde ich sie noch seltsamer als sonst."

"Hmpf.", machte die Echse: "Ich werde darüber nachdenken, wenn ich ausgeschlafen habe!" Und damit schloss sie die Augen und schlief tatsächlich wieder ein.

Nachdenklich hob die dunkelhaarige junge Frau den Blick und sah hinüber zu ihrer Lehrmeisterin und dem Wolf.

Ivas und Leesha saßen schweigend im Bug des Schiffes und sahen auf das Wasser hinaus, während die Sonne höher und höher stieg und das Schiff sie weiter und weiter fort trug.

Die Stunden strichen dahin.

Kayleigh schlief immer noch.

Schließlich hielt Gwyn es nicht mehr aus einfach nur still dazusitzen und scheuchte das Drachenweibchen auf: "Runter mit dir! Meine Beine tun schon weh."

Das blaugeschuppte Tier murmelte etwas unverständliches und tapste schlaftrunken von Gwyns Schoß herunter.

Das Mädchen stand auf, streckte ihre verspannten Beine und lehnte sich in der Nähe des Mastes an der Reling. Das Wasser unter ihr funkelte genauso strahlend wie die Schuppen auf dem Körper des Drachen.

"Weißt du wirklich nicht wohin es geht, Kayleigh?", fragte sie.

"Leesha hat dir also nichts gesagt?" Das Drachenweibchen blinzelte in die Sonne.

"Nein."

"Na, dann weiß ich wenigstens etwas mehr. Sie sprach von der Festung im Süden. Etwas mehr als eine Tagesreise vom Immergrünen Wald entfernt." Kayleigh streckte sie wie eine Katze und ließ ihren Schwanz ein wenig hin und her peitschen.

"Warum hast du das nicht eher gesagt?!" Empört blitzte Gwyn ihre kleine Freundin an.

"Ich war zu müde."

Gwyn verbiss sich eine Bemerkung. Statt dessen wollte sie wissen: "Die Festung? Was sollen wir denn dort?"

"Was fragst du mich? Soweit ich weiß läßt die Priesterkaste niemanden hinein...Ich glaube selbst Leesha wird die nicht überreden können! Gerade Leesha nicht! Diese Priester..." Das Drachenweibchen schüttelte sich: "Fanatische sture Dummköpfe!"

"Sie mögen Drachen nicht besonders, habe ich Recht?", grinste Gwyn.

Kayleigh knurrte leise: "Ja. Aber dich werden sie auch nicht mögen. Ebenso wie Leesha. Sie verabscheuen Magie. Und das ist vermutlich noch untertrieben!"

Gwyn legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.

Das Ganze wurde immer seltsamer.

Warum eine Reise an einen Ort, an dem sie nicht erwünscht waren?

"Ich frage mich wirklich, was wir ausgerechnet dort sollen.", seufzte sie.

"Morgen früh werden wir die Festung erreichen, dann werden wir hoffentlich mehr erfahren," meinte Kayleigh aufmunternd und sprang neben dem Mädchen auf die Reling.

Ankunft

Buch zwei: Ankunft

__________________________
 

Am zweiten Tag erreichten sie tatsächlich ihr Ziel.

Die Sonne stand hoch am Himmel und hatte schon fast ihren Zenit erreicht. Sie stand direkt über dem großen Felsplateau, dass sich aus der hügeligen Landschaft vor ihnen erhob.

Es war ein ungewöhnlicher Anblick: Soweit das Auge reichte nichts als sanft ansteigende Hügeln, bedeckt mit Wiesen, Weiden, Feldern und kleinen Baumgruppen. Die riesigen Felsen, die sich nicht weit vom Flussufer entfernt erhoben wirkten wie ein Fremdkörper, gewaltig, zerklüftet und erdrückend. Mitten auf dem Plateau wiederum erhob sich eine mächtige Festung. Die Mauern wirkten im Gegenlicht äußerst dunkel, fast schwarz und wurde nur unterbrochen von zwei kleinen Wachtürmen. Meterhoch türmten sich die Festungsmauern dem Himmel entgegen, dahinter erhoben sich ein weiterer Turm und die Dächer großer Hallen.

Gwyn betrachtete nachdenklich die Wehranlage.

Ob dort die Priester lebten?

Von anderen Burgen oder Befestigungsanlage war nichts zu sehen. Und da sich Tempel nun einmal grundsätzlich gut geschützt hinter Mauern befanden...

Die Festung gefiel ihr nicht.

Sie wirkte unheimlich.

Ein schwaches Frösteln befiel sie und sie wandte sich schnell ab und ließ ihren Blick weiter über die Landschaft wandern.

Unterhalb der Festung führte der Fluss bist dicht an den Felsen heran. Dort hatte sich eine kleine Bucht gebildet, in der mehrere Schiffe vor Anker lagen. Links und rechts der Klippe blitzten die stroh- und schiefergedeckten Dächer einer kleinen Stadt golden und schwarz in der Mittagssonne.

Ein kaum erkennbarer Pfad wand sich vom Hafen hinauf in die Höhe, direkt auf das eisenbeschlagene Tor der Festung zu.

Leesha und Ivas gesellten sich zu Gwyn und Kayleigh. Gemeinsam sahen sie stumm ihrem Ziel entgegen, während der Kapitän Befehle brüllte und das Schiff in den Hafen lenkte. Die Matrosen machten sich an den Segeln zu schaffen bis dieser wieder gerefft am Mast hingen.

Langsam fuhr das Schiff in die Bucht und ging vor Anker. Eine Holzplanke wurde ausgelegt, doch bevor Gwyn und die anderen von Bord gehen konnten, schritten zwei Männer über den Steg an Bord.

Sie waren beide nicht mehr jung, aber sehnig und kräftig. Ihr Haar war extrem kurz geschnitten, nur an der linken Seite hing ihnen eine lange Strähne auf die Schultern. Sie trugen dunkelblaue, fast schwarze Hosen und einen weiten Überwurf in der selben Farbe. Um ihre Hüften lag ein Gürtel, an dem je ein langer Dolch und ein Schwert hingen.

Grimmig blickten sie auf Gwyn und ihre Begleiter.

Sie wusste sofort, wen sie vor sich hatte: Priester!

"Namen?" finster starrte der ältere der beiden Priester Leesha an.

Sein Blick...

Wie schon so oft, seit sie aus dem Immergrünen Wald aufgebrochen waren fühlte sich die dunkelhaarige Frau unbehaglich. Die Augen der Männer gefielen ihr ganz und gar nicht!

Trotzdem erwiderte Leesha den unfreundlichen Blick und starrte den Priester ihrerseits an. Sie sagte kein Wort.

Gwyn sah wie bei dieser Reaktion Zorn in den Augen der beiden Priester auf flammte, der eine bewegte sogar die Hand ein wenig näher Richtung Dolch. Doch auch ohne diese Bewegung schien eine stumme Drohung von den beiden Männern auszugehen.

Unbehaglich bewegte sich Gwyn und strich sich eine ihrer dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Was wollten die beiden?

"Namen!" wiederholte der Ältere befehlend.

Leesha seufzte. Es klang...herablassend.: "Mein Name ist Leesha. Meine Begleiterinnen Gwyn und Kayleigh." Sie deutete nacheinander auf das Mädchen und den kleinen Drachen.

"Herkunft?", lautete die grimmige nächste Frage.

"Wir kommen aus dem Immergrünen Wald."

Die Augen des einen Priesters wurden noch abweisender. Sie sahen aus wie kalter Sein. Der andere Priester blickte dagegen stirnrunzelnd auf den Wolf. Das Drachenweibchen hätte er fast mit seinen Blicken aufgespießt. Gwyn ihrerseits wurde kaum beachtet. Das war ihr allerdings ganz recht so.

Was wollte Leesha nur hier?

Es war doch offensichtlich, das sie hier nicht einmal annähernd willkommen waren!

Wie gerne wäre sie wieder umgekehrt und zurück zu ihrem stillen Wald gesegelt...

"Was wollt ihr hier?" unfreundlicher als dieser Priester konnte kein Mensch klingen.

Leesha lächelte: "Wir sind hier im Hafen mit einem Freund verabredet. Bisher scheint er allerdings nicht da zu sein. Wenn er bis morgen um diese Zeit nicht hier ist, werden wir allein weiter segeln."

Die Priester musterten sie schweigend und skeptisch.

Ob sie ihr nicht glaubten?

Selbst Gwyn war sich nicht sicher, ob Leesha die Wahrheit sprach. Bei ihrer Meisterin musste man immer auf der Hut sein.

Aber die Antwort schien den Priestern zugesagt zu haben, denn sie nickten wortlos und wandten sich abrupt um, um wieder an Land zu gehen. Halb über die Schulter hinweg rief ihnen der Ältere noch einmal zu: "Wenn ihr morgen nicht zur angekündigten Zeit fort seit, werden wir wieder kommen!"

Es war eindeutig eine Drohung.

Gwyn fühlte sich mehr als unwohl.

Sie war noch nie einem Mitglied der Priesterkaste begegnet und nach diesem ersten Treffen, war sie sehr froh darüber. Sie legte keinen Wort darauf diesen beiden noch einmal zu begann.

Waren alle Priester so?

Wenn sie daran dachte, was Kayleigh gesagt hatte...

Wenn sie die Magie verabscheuten, würde sie wohl von keinem Mitglied dieser Kaste eine andere Reaktion erwarten können.

Gwyn schüttelte sich unwillkürlich.

Die Priester gefielen ihr nicht.

Sie waren mehr als unfreundlich und irgendwie....ja....erschreckend und unheimlich.

Sie wusste zwar nicht viel über die Kaste, aber sie erinnerte sich gut daran, das sie sehr einflußreich war bei den großen Häusern, egal welchen Landes. Die Priester waren mächtig. Sie waren angeblich hervorragende Krieger und hinter vorgehaltener Hand wurden ihnen noch andere mysteriöse Fähigkeiten zugeschrieben.

Und sie verabscheuten jede Form der Magie und jedes magische Wesen. Niemand kannte den genauen Grund, aber ihre Haltung in diesen Punkten war strikt.

Wenn ? wie Gwyn vermutete ? die ganze Festung voller Priester war, war dies kein angenehmer Aufenthaltsort.

Auch nicht für einen Tag.

Warteten sie hier wirklich auf jemanden?

Wenn ja auf wen?

Wie auch immer, 24 Stunden an diesem Ort, im bedrückenden Schatten der Festung...

Nervös sah Gwyn zu den dicken Mauern hinauf.

Es war keine Bewegung zu sehen, aber das Gefühl, das ihr der Anblick des steinernen Bollwerks bereitete...Sie fühlte sich beobachtet.

"Werden wir wirklich bis morgen hier bleiben, Leesha?", fragte sie leise.

Leesha lächelte und fuhr Ivas über den Kopf: "Nein."

Gwyn atmete erleichtert auf und auch Kayleigh gab einen leisen Laut von sich.

Leesha lächelte immer noch: "Wir werden aufbrechen, sobald wir haben, warum wir hier sind." Ihr Blick ruhte auf dem riesigen Felsplateau.

Gwyn runzelte die Stirn."Warum wir hier sind?"

"Ja." Leesha kraulte Ivas zwischen den Ohren: "Wir werden etwas aus der Festung holen."

Einen Moment lang herrschte ungläubiges Schweigen.

Dann gab das Drachenweibchen ein Schnauben von sich: "Was? Das kann doch nicht dein ernst sein! Die werden uns da doch niemals rein lassen!" Kayleigh flatterte aufgeregt.

"Das ist auch nicht nötig.", antwortete Leesha gelassen.

"Du....du willst doch nicht...", stammelte die Echse.

"Doch genau das will ich.", sagte Leesha. Sie klang fröhlich!

Gwyn war sprachlos.

"Du willst in die Festung? Du willst dort eindringen? Ohne Erlaubnis?", unruhig sah sich Kayleigh um. Ihr Entsetzten war ihr anzumerken: "Was willst du dort denn holen?....Was heißt überhaupt holen?"

"Man könnte auch stehlen sagen."

Fassungslos sah Gwyn Leesha an: "Das ist nicht dein Ernst!?"

Das Lächeln verschwand von Leeshas Lippen. Mit ausdruckslosen Augen blickte sie Gwyn an: "Es ist zu wichtig, als das ich scherzen würde."

Sie winkte Ivas und beide gingen an Land, ließen Kayleigh und Gwyn allein zurück.

In Gwyns Kopf herrschte völlige Leere.

Sie sollten etwas stehlen?

Den Priestern?

Das war doch...

Das musste ein Traum oder ein schlechter Scherz sein!

- Nur, das ihre Lehrmeisterin nie scherzte...

"Bei den Göttern...", hauchte Gwyn.

Das war das Ziel ihrer Reise?

Einbruch und Diebstahl?

Warum nur?

Was dachte sich Leesha dabei?

Erst jetzt drang ihr die ganze Tragweite der Worte zu ihr vor: Leesha hatte "wir" gesagt.

Nicht nur Leesha und Ivas würden in die Festung eindringen.

Sie selbst auch.

Daran bestand kein Zweifel.

"Bei den Göttern...", wiederholte sie inbrünstig.

Nacht

Buch zwei: Nacht

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Unruhig lief Gwyn an Deck auf und ab.

Sie konnte das Blut in ihren Ohren rauschen hören und ihre Beine schienen sie nicht mehr richtig tragen zu wollen.

Nervös drehte Gwyn sich um und trat an die Reling.

Kayleigh tapste ihr hinterher. Auch sie wirkte nervös, der lange Schwanz huschte unablässig über die Planken.

Ansonsten war es vollkommen still.

Der Kapitän und die Matrosen waren schon seit lange unter Deck und schliefen und auch in der Stadt war alles ruhig. Nicht einmal ein Lichtschimmer drang von dort zu ihnen hervor.

Die Nacht hatte sich über das Schiff gesenkt. Die beiden Monde standen hoch am Himmel, warfen silbernes und goldenes Licht auf das Land. Die Festung wirkte in diesem verzauberten Licht sogar noch bedrohlicher als am Tag. Wie ein großer schwarzer Fleck oder ein gewaltiges Insekt, das auf dem Stein hockte...

Schaudernd schaute Gwyn zur Seite.

Die Sterne funkelten am Firmament miteinander um die Wette, direkt über dem Felsplateau prangte das Sternbild des Schwertes. Das Sinnbild für Gefahr und Wandel. Das konnte kein Zufall sein. So viel hatte sie in ihrer Zeit bei Leesha gelernt.

Die Sterne logen nicht. Wenn man in der Lage war ihre Zeichen zu begreifen war man wirklich weise.

Ob Leesha die Sternbilder verstand?

Wusste sie, was ihnen das Schwert sagen wollte?

Was der Grund für die Gefahr war, was die Ursache des Wandels war?

Fröstelnd schlang das Mädchen die Arme um ihren Körper.

Gwyn fühlte sich unwohl wie noch nie.

Das konnte nicht Leeshas Ernst sein!

Etwas stehlen!

Stehlen!

Und dann auch noch aus der Festung!

Der Festung der Priester!

Wie viele von ihnen mochten dort oben sein?

Was würden sie tun, wenn sie sie ertappten?

Neben ihr seufzte Kayleigh schwer: "So etwas hätte ich selbst Leesha nicht zugetraut! Diebstahl, ausgerechnet an diesem Ort! Wer weiß, was uns dort drinnen erwartet? Die Priester werden bestimmt nicht schutzlos sein!"

Gwyn nickte verzweifelt: "Allerdings frage ich mich, um was es geht. Was ist so wichtig, dass Leesha etwas....etwas derartiges tun will?"

Kayleigh knurrte: "Sie wird es uns kaum sagen."

"Nein, dass nicht." Gwyn sah hinauf zu den dunklen Mauern.

In diesem Moment bewegte sich etwas in den Schatten am Ufer.

Gwyns Kopf ruckte herum.

Leesha und Ivas lösten sich aus der Dunkelheit und betraten den Steg, der zum Schiff führte. Ihre Füße und Pfoten verursachten nicht das leiseste Geräusch als sie über das alte Holz schritten und an Bord kamen.

"Seid ihr soweit?" Leesha blickte erst zu Gwyn, dann zu Kayleigh.

"Wir sollen also beide wirklich mitkommen?", zischte das Drachenweibchen und schüttelte sich: "Was soll ich denn...? Wie soll ich denn...?"

"Kommt einfach mit." Damit wandte sich Leesha wieder um und lief los.

Kayleigh und Gwyn sahen sich an.

Was blieb ihnen anderes übrig?

Stumm und zitternd folgten sie dem seltsamen Paar.

Gwyn gestand sich ein, dass sie Angst hatte.

Furchtbare Angst.

Was sie da vorhatten...

Es war unglaublich!

Aber gleichzeitig war sie auch ein wenig neugierig.

Entschlossen lief sie hinter Leesha her.

Nur Augenblicke später hörte sie das Rauschen von Kayleighs Flügeln an ihrem Ohr, dann ließ sich der kleine Drache auf ihrer Schulter nieder. Das Gewicht und die Wärme des Drachenkörpers war beruhigend.

Neben ihnen huschte Ivas wie ein grauer Schatten durch die Nacht, während sie auf das Felsplateau zu marschierten.

Leeshas Gestalt verschmolz fast mit dem Schatten des großen Felsens und Gwyn beeilte sich, sie einzuholen.

Felsen

Buch zwei: Felsen

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Nur ein Augenblick schien vergangen zu sein bis sie den Fuß des Plateaus erreichten und inne hielten. Die schroffe Felswand ragte gewaltig vor ihnen auf und sperrte den Nachthimmel aus.

Gwyn atmete einmal tief durch.

Sie wollte so gern nach hause!

Nur mühsam zwang sie sich ruhig zu bleiben und sah sich aufmerksam um. Sie musste nicht lange suchen:

Der Pfad zur Festung begann mehrere Hundert Meter weiter links von ihnen.

Aber Leesha beachtete ihn nicht.

Statt dessen legte sieden Kopf in den Nacken und blickte nach oben.

"Gwyn.", sagte sie leise.

"Ja?" Gwyn blickte sich immer wieder unsicher um. Niemand war zu sehen, aber sie fühlte sich äußert unbehaglich. Fast schien es ihr, als ob die Festung finster zu ihnen herunter starrte. Sie schüttelte sich.

Wie wollten sie unbemerkt nach oben gelangen?

"Nun bist du bereit?", erkundigte sich ihre Meisterin gelassen.

"Was?" Gwyn zuckte zusammen.

Was sollte das jetzt?

Sie wusste doch gar nicht, wie sie...

Leesha blickte weiter unbewegt in die Nacht: "Magie."

Gwyn verstand nicht.

Was bei den zwei Monden...?

Konnte sie sich nicht wenigstens einmal klar ausdrücken?

Doch dann, plötzlich verstand sie.

Beim Licht der Sterne!

Das war....typisch Leesha.

Sie holte noch einmal tief Luft.

Gut, was getan werden musste, musste getan werden!

Sie hob in einer gleichmäßigen Bewegung Hände, die Innenflächen zeigten nach oben. Als sich ihre Hände in Brusthöhe befanden murmelte sie ein melodisch klingendes Wort. Augenblicklich begann die Luft über ihren Händen zu flimmern und dann konstant zu Leuchten. Das silberne Glühen, dass in die Luft erfüllte, stand dem Licht des silbernen Mondes in nichts nach.

Dann begannen sich feine Ranken aus dem Leuchten zu winden, schoben sich auf die Felsen zu. Schnell wieder der Wind krallten sie sich an den Felsen und kletterten in die Höhe, höher und höher, bis sie im Dunkel der Schatten verschwanden. Schließlich lösten sich kleine Verzweigungen aus dem Hauptstrang und hielten auf Leesha, Ivas und Gwyn zu und schlangen sich fest um ihre Körper. Die Stränge sahen zerbrechlich aus, doch mühelos hoben sie die drei in die Höhe. Immer weiter und weiter hinauf. Erst verloren sie den Boden unter den Füßen, dann verschwand dieser ganz aus ihrem Blickfeld.

Es war ein merkwürdiges Gefühl so durch die Dunkelheit zu schweben.

Immer weiter ging es hinauf, bis endlich der Rand der Felsplatte in ihrem Gesichtsfeld erschien.

Noch ein paar Sekunden, dann bogen sich die silbrigen Ranken ganz über den Rand und setzten die Gruppe sanft auf dem Felsen ab.

Geschafft!

Erleichtert ließ Gwyn die Lichtbänder mit einer kleinen Geste verschwinden.

Leesha, die neben ihr stand nickte zufrieden.

"Hervorragend.", flüsterte sie. Ihr Lächeln wirkte seltsam befriedigt.

Ängstlich betrachtete Gwyn ihre Umgebung. Sie spürte wie das kleine Drachenweibchen sich an ihre Beine drückte und ebenfalls nervös den Kopf von einer Seite zur anderen drehte.

Das Plateau war wahrhaft gewaltig. Die riesigen Umrisse der Festung lagen tiefschwarz etwa fünfzig Meter von ihnen entfernt, die Mauern schienen den Himmel zu bedrohen, die einzigen Farben, die in dieser Nacht zu existieren schienen waren das kalte Strahlen der Sterne und Schwarz. Schwarz wie der Schatten der Burg, in dem sie standen. Aber von ihrem Platz aus konnte Gwyn schwachen Feuerschein über den Mauern flackern sehen.

Wachfeuer.

Doch immer noch war niemand außer ihnen zu sehen, alles war still.

Soweit waren sie also immerhin schon gekommen.

Doch...der schwierigste Teil dieser Unternehmung lag ja noch vor ihnen.

Was war nur der Grund für all dies?

Völlig unerwartet lief Leesha los.

Ivas folgte ihr lautlos. Seine Ohren waren gespitzt und zuckten hin und her, seine Augen flitzten aufmerksam von einem Punkt zum nächsten.

Gwyn nahm all ihren Mut zusammen und rannte hinter ihnen her, halb geduckt, um nur ja nicht aufzufallen. Ihr Zittern wurde stärker. Hinter ihr erklangen furchtbar laut in der ruhigen Nacht Kayleighs hastige Atemzüge und das Tapsen krallenbewehrter Pfoten auf nacktem Fels.

Es dauerte nur Augenblicke bis sie an die Festungsmauer gelangten, sich nach rechts wandten und an der Wand entlang weiter gen Süden liefen.

Wohin liefen sie?

Was, wenn eine der Wachen nach unten sah und sie entdeckte?

Oder waren sie in der Dunkelheit nicht zu erkennen.

Das Mädchen wünschte sich nichts mehr als das.

Ihre Schritte schienen so erschreckend laut auf dem Plateau wider zu hallen...

Erst als sie die Burg schon halb umrundet hatten, blieb Leesha stehen und deutete stumm nach vorn. Gwyn kniff die Augen zusammen und blickte angestrengt in die dunklen Schatten.

An der Stelle, auf die ihre Lehrmeisterin deutete erhob sich ein kleiner Turm in der Mauer.

An seinem Fuße war ein besonders dunkler Fleck zu erkennen.

Wieder setzten sie sich in Bewegung und schlichen darauf zu.

Es dauerte eine Weile bis Gwyn erkannte, dass es sich um ein Fenster handelte: Direkt über dem Boden befand sich die vergitterte Öffnung eines schmalen Fensterschlitzes.

Gwyn war sich sicher, dass es zu einem unterirdischen Verließ gehörte.

Die Gitter ließen keinen Zweifel daran aufkommen.

Doch wozu brauchten Priester Kerker?

In diesem Moment bemerkte sie Leeshas Blick.

Dieses Mal verstand sie sofort.

Vorsichtig beugte sie sich vor und berührte die dicken kalten Gitterstäbe mit der linken Hand.

Dieses mal war das Leuchten, das ihre Finger umhüllte rot. Das Rot flammte auf, wurde heller und strahlender, wandelte sich von Orange zu blendendem Gelb.

Die Stäbe verglühten zu grauer Asche, die sanft schwebend nach Innen auf den Boden des Verlieses fiel.

Kaum waren das Gitter verschwunden, da zwängten sie sich nacheinander durch die Öffnung ins Innere der Festungsanlage.

Das Fenster lag nicht sehr hoch, so dass der Sprung nicht allzu schwierig war.

Ängstlich, aber auch ein wenig interessiert schaute Gwyn sich um.

Es war ein kleiner viereckiger Raum mit niedriger Decke. Etwas Stroh lag in einer Ecke, mehr gab es nicht zu sehen. Trotz des Fensters roch die Luft seltsam. Unangenehm und irgendwie feindlich.

Ein Verließ, ganz wie erwartet.

Das Stroh war zwar alt, doch trotzdem gab es Spuren, dass der Raum tatsächlich genutzt wurde: Kratzer an den Wänden, eingeritzte Buchstaben und Zeichen, dazu dunkle Flecken auf dem Boden.

War das etwa Blut?

Schlagartig wurde sie noch unruhiger.

Was waren das nur für Priester?

Am anderen Ende des Raumes befand sich eine massive Eichentür.

Leesha huschte durch den Raum und drückte vorsichtig mit der Schulter gegen das Holz.

Nichts bewegte sich, die Tür war verschlossen.

"Würdest du wieder, Gwyn?" Leesha sah sie nicht einmal an.

Also ersparte sich die dunkelhaarige junge Frau die Antwort, trat wortlos neben ihre Meisterin und berührte die Tür mit der linken Hand. Wie das Eisen verwandelte sich auch das Holz schnell und geräuschlos in kleine Ascheflocken. Es begann lediglich durchdringend nach verkohltem Holz zu riechen.

Die vier traten aus dem Verließ.

Hinter der Tür befand sich ein langer hin und wieder von Fackeln erhellter Gang. Hin und wieder konnte man Türen oder Abzweigungen erkennen. Ansonsten verlor sich der Gang in beiden Richtungen schon bald in diffusem Licht. Kein Mensch war zu sehen.

Zielstrebig wandte sich Leesha nach links, Ivas folgte ihr. Seine Muskeln schienen angespannt, jeder Zeit bereit zum Angriff.

Leesha wusste, was sie tat und wohin sie wollte.

Das war offensichtlich.

War sie schon einmal hier gewesen?

Gwyns Neugier wuchs.

Was wurde hier nur gespielt?

Und warum war sie selbst an diesem Ort.

Wozu hatte Leesha sie mitgenommen?

Die Magie...all das hätte ihre Lehrerin selbst viel schneller und besser erledigen können.

Sie seufzte leise. Dann huschte sie mit Kayleigh auf der Schulter über den Flur, hinter Leesha und Ivas her.

Treppen

Buch zwei: Treppen

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Aufmerksam und so gut wie lautlos schlichen sie den langen Gang hinunter.

An jeder der vielen Abzweigungen, die ihren Weg kreuzten hielten sie kurz inne.

Ivas lauschte.

Doch er schien nichts verdächtiges zu hören, denn es ging jedes mal schnell weiter über den Flur.

Sie bogen nach links und rechts ab, liefen kreuz und quer durch die Gänge unterhalb der Priesterfestung.

Die ganze Zeit über begegnete ihnen niemand.

Seltsam.

Gwyn gefiel das überhaupt nicht.

Allerdings...ertappt zu werden...das gefiel ihr erst recht nicht.

Doch in so einer großen Anlange...Dort musste es einfach viele Menschen geben. Es war zwar Nacht, aber gab es nicht auch hier Wachen?

Ganz davon abgesehen: Wie lang waren diese Gänge?

Von außen hatte die Festung groß gewirkt, aber nicht so groß! Die Gänge mussten das gesamte Plateau durchziehen, nicht nur den Fels unterhalb der Burg.

Leesha wandte sich nach rechts.

Nach nur ein paar Metern blieb sie stehen.

Vor ihnen befand sich eine Wendung im Gang.

Gwyns Herz blieb für einen Moment stehen.

Kam jemand?

Oder waren sie kurz vor dem Ziel?

Erfuhr sie endlich, worum es bei dieser nächtlichen Aktion ging?

Leesha hob den Finger an die Lippen.

Gwyns Herz begann wieder zu schlagen, klopfte beinahe schmerzhaft in ihrer Brust.

Etwas drückte sich fest gegen ihre Unterschenkel. Sie spürte, wie sich Kayleighs Schwanz um eines ihrer Beine schlang.

Mit einer schwachen Geste bedeutete Leesha ihnen stehen zu bleiben.

Gwyn nickte abgehackt, doch Leesha wartete ihre Reaktion gar nicht erst ab sondern verschwand blitzschnell mit Ivas hinter der Biegung.

Kein Laut war zu hören.

Die Sekunden schienen sich ewig hin zu ziehen, ohne das etwas geschah.

Kayleigh preßte sich noch enger an Gwyns Beine, bis diese beinahe glaubte jede einzelne Schuppe durch den Stoff ihrer Hose zu spüren.

Was, wenn den beiden etwas geschah?

Obwohl...musste dann nicht wenigstens ein Geräusch zu hören sein? Kampflos würden die beiden bestimmt nicht...

Da erschien Ivas Kopf hinter der Ecke. Der Wolf winselte leise und das Drachenweibchen und das Mädchen folgten ihm.

Nur wenige Schritte und...Kayleigh holte zischend Luft.

Gwyn schluckte hart. Der Anblick, der sich ihnen bot war völlig unerwartet und gleichzeitig ein wenig unheimlich.

Der Gang endete an dieser Stelle in einem recht großen quadratischen Raum, an dessen anderem Ende sich ein hoher, mit roten Steinen umgebener Durchgang befand.

Diese roten Steine bildeten einen hohen Bogen ein, hinter dem ein tiefschwarzes Loch gähnte. Der Bogen und die Dunkelheit dahinter war es, die so beunruhigend wirkten. Die roten Steine waren offenbar von einem Muster aus ineinander verschlungen Symbolen und Figuren bedeckt, die sie aus der Ferne nicht genauer erkennen konnte.

Leesha stand direkt vor dem Durchgang und sah hindurch.

Zögernd traten auch Gwyn und der Drache näher.

In der Dunkelheit führten Stufen in die Tiefe. Das Ende der Treppe war nicht zu sehen. Wie weit die Stufen wohl hinunter führten? Es war sicher nicht ganz unwahrscheinlich, das sie bis tief hinunter in das Felsplateau führten.

Gwyn blieb stehen und warf einen Blick auf den Bogen aus roten Steinen.

Die Muster.....

Menschliche Gestalten, Tiere, seltsame Symbole. Der Bögen war über und über bedeckt damit. Einige der Abbildungen ließen sie erschauern, obwohl sie nicht sagen konnte, was sie darstellen sollten. Schnell richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das, was hinter dem Durchgang lag.

Es ging wirklich tief hinter. Wie tief, dass war nicht zu erkennen, denn die Fackeln waren noch spärlicher an den Wänden befestigt, als bisher. Dabei tauchten die Fackeln alles in ein seltsam rot-graues, verschwommenes Licht, täuschte Bewegungen vor, wo keine waren.

Die Wände, an denen sie befestigt waren, waren nicht mehr gemauert wie bisher, sondern aus dem bloßen Fels heraus geschlagen.

Leesha deutete hinunter: "Wir müssen hinunter."

Gwyn nickte schwach.

Es schien kaum möglich, doch das ganze gefiel ihr von Minute zu Minute weniger.

Was dort unten wohl auf sie wartete?

Wollte sie es überhaupt wissen?

"Dort hinunter? Das gefällt mir nicht...." wisperte Kayleigh und schlug mit den Schwingen. Ein einziger Satz und sie landete auf Gwyns Schulter. Die winzigen Klauen bohrten sich schmerzhaft in ihre Haut.

Hast du Angst?", Leesha blickte den kleinen Drachen stirnrunzelnd an.

"Drachen haben nie Angst!", erklärte Kayleigh und ihre Stimme zitterte tatsächlich nur wenig.

"Wo wir schon so weit sind....", flüsterte Gwyn kläglich zurück.

Jetzt umzukehren wäre wirklich unvorstellbar!

Trotzdem schloss die für einen kurzen Moment die Augen.

Ganz ruhig.

Leesha und Ivas waren bei ihr, genau wie Kayleigh. Sie war also nicht allein. Und was immer kommen mochte: Leesha war mächtig und ganz offensichtlich wusste sie schließlich ganz genau was sie hier tat. Sie würde nie so etwas tun, wenn es nicht einen ? und sei es noch so versteckten ? Sinn hatte.

Gwyn öffnete wieder die Lider und betrat dann neben ihrer Meisterin die Treppe. Der graue Wolf sprang eilig an ihnen vorbei und rannte voraus, seine Pfoten schabten leise über die Steinstufen.

Stufe um Stufe wagten sie sich weiter hinab in den Fels, immer tiefer hinab.

Die Treppen folgten einer sanften Schlangenlinie, die sich in weiten Biegungen in den Fels Wand.

Nur sie, der rauhe Fels und das unruhige Licht der Fackeln.

Die Zeit schien regelrecht still zu stehen, Ewigkeiten schienen zu vergehen und immer noch war nicht das Ende der Treppe nicht in Sicht.

Allmählich begann Gwyns Beine zu schmerzen. Es war eindeutig, das sie Stufen nicht mehr gewohnt war. Woher auch?

Im Wald gab es so etwas nicht. Auch das licht der Fackeln und deren Qualm machten ihr zu schaffen.

Ob es noch sehr weit war?

Wenn sie nicht alles täuschte mussten sie bald wieder auf dem Niveau des Erdbodens angekommen sein.

Wohin führte diese Treppe nur?

Was gab es dort?

Tränen

Buch zwei: Tränen

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Sie mussten hunderte von Stufen hinab gestiegen sein als die Treppe nach einer besonders scharfen Kurve abrupt endete.

An ihrem Fuß tat sich eine Art kleine Höhle auf. Sie war nicht besonders breit oder lang, doch die Decke war sehr hoch. Am gegenüberliegenden Ende der Höhle befand sich ein weiterer verzierter Bogen wie der, den sie vor der Treppe gesehen hatten.

Hinter diesem aber brannten Dutzende von Fackeln und tauchten alles in inzwischen ungewohnte strahlende Helligkeit.

Davon unbeirrt liefen Ivas und Leesha weiter.

Gwyn zögerte nur einen kleinen Moment, dann durchquerte auch sie die Höhle und trat unter dem Bogen hindurch.

Das Licht blendete sie und sie musste die Augen zusammen kneifen. Heftig blinzelnd betrachtete sie den Gang. An seinem anderen Ende erkannte sie eine Tür aus dunklem Holz, die nur angelehnt war.

Unvermittelt blieb ihre Lehrmeisterin stehen und drehte sich halb zu Gwyn um.

Was nun?

Leeshas Augen blitzten ungewohnt.

Ob das am Licht der Fackeln lag?

Leesha deutete Gwyn mit einem Nicken an voran zu gehen.

Was?

Das konnte doch nicht ihr ernst sein!

Sie wusste doch gar nicht, was hinter dieser Tür lag!

Warum ging nicht sie selbst oder wenigstens Ivas vor?

Warum sollte sie gehen?

Andererseits hatte es keinen Sinn zu widersprechen. Wenn ihre Meisterin es so entschieden hatte...

Gwyns Hände ballten sich zu Fäusten, die Fingernägel gruben sich schmerzhaft in die Handflächen.

Also gut!

Leesha würde sie schließlich nichts tun lasen, was gefährlich wäre! Da war sie sich sicher!

Dennoch blieb sie unsicher und trat leicht zitternd auf die Tür zu,.

Langsam streckte sie die eine Hand nach dem Griff aus, berührte ihn und stieß die Tür dann vorsichtig auf. Das dunkle Holz schwang nach Innen und...

Gwyn sah direkt auf das Dutzend schwarzer Gestalten, die in der Mitte des langgestreckten Raumes warteten und zurück blickten.

Es waren Riesen, bedeckt von schwarzen wallenden Umhänge, die in ständiger Bewegung waren, obwohl ihre Träger vollkommen reglos da standen. Die Köpfe waren unbedeckt, langes schwarzes Haar fiel jedem von ihnen in den Nacken und glänzte wie Metall im Feuer der Fackeln.

Die Gesichter..

Es gab sie nicht.

Statt dessen waren dort pechschwarze wabernde Flecken aus denen ein paar blutrot funkelnde Augen wie glühende Kohlen hervor stachen.

Gwyn war noch nie einem von ihnen begegnet, aber sie erkannte sie sofort: Nachtmahre, Wächter der Dunkelheit.

Wesen aus unheimlichen Geschichten, mit denen man Kinder und auch Erwachsene erschrecken konnte. Wesen des Bösen, die immer wieder Menschen töteten.

Der dunkelhaarigen Frau blieb nicht einmal Gelegenheit darüber nachzudenken, was die dunklen Existenzen an diesem Ort taten, denn der Nachtmahr, der ihr am nächsten stand machte eine blitzschnelle Bewegung und griff nach einem Krummsäbel, dessen Griff hinter seinem Rücken empor ragte. Die lange gebogene Klinge funkelte rot im Fackelschein.

Das war das Zeichen für die anderen.

Mit einem lauten metallischen Schleifen zogen auch sie ihre Schwerter, einige zogen zusätzlich ebenfalls geschwungene Dolche hervor.

Ansonsten bleiben die Gestalten jedoch vollkommen lautlos. Ihre schwarzen Gewänder wirbelten und wogten wild um ihre Körper als sie los stürzten, Gwyn entgegen.

Diese war noch immer zu erschrocken um zu reagieren.

Bewegungslos starrte sie aus weit aufgerissenen Augen den heranstürmenden Nachtmahren entgegen.

Sie musste etwas tun!

Wenn sie es nicht tat würden die Mahre sie...

Aber so sehr sie es auch wollte: sie konnte sich nicht bewegen! Ihre Beine fühlten sich an, als seien sie aus Pudding.

Auf ihrer Schulter erklang ein scharfes Fauchen.

Mit einer heftigen Bewegung stieß sich Kayleigh von ihrer Schulter ab, breitete die Flügel aus, jagte auf den ersten Nachtmahr zu und hieb ihm die Krallen ins schattenumwölkte Gesicht.

Das riss Gwyn endlich aus ihrer Erstarrung.

Sie konnte noch immer keinen klaren Gedanken fassen, aber instinktiv ballte sie die eine Hand zur Faust, machte eine schwungvolle Bewegung mit dem Arm, schleuderte sie den Nachtmahren regelrecht entgegen und öffnete dabei die Finger.

Grüne Blitze schossen zuckend und laut knisternd hervor, hüllten drei der dunklen Wesen ein und wanden sich um ihre Leiber wie lebendige schlangen. Der Gestank von brennendem Stoff erfüllte die Luft und zornige, aber dennoch schmerzerfüllte Schreie waren zu hören, doch Gwyn wandte sich schon den nächsten Angreifern zu. Sie riss den Arm abermals hoch in die Luft und spreizte die Finger so weit wie möglich. Blaue Funken und dünne nebelartige Schleier umhüllten ihre Finger, breiteten sich aus und kurz bevor einer der Nachtmahre sie mit erhobenem Schwert - bereit zum Zuschlagen erreichte - ballten sich Funken und Schleier zusammen, lösten sich von ihrer Hand und verschlangen die restlichen Nachtmahre.

Ein entsetzliches kaltes Reißen ertönte, Krummsäbel fielen klirrend zu Boden und zeigte nichts als dunkle Blutflecken auf dem Boden, als sich die Dunstschwaden langsam hoben.

Zitternd ließ Gwyn die Hand sinken.

"Kayleigh?", keuchte sie erstickt und wandte suchend den Kopf.

Das kleine Drachenweibchen hockte nicht weit entfernt auf der Brust eines Nachtmahrs. Schwarzes zähes Blut lief ihm über das Gesicht, das aus mehreren großen Kratzern und einigen tiefen Wunden stammte, die allerdings kaum im schaurigen Gesicht zu erkennen waren. Das Wesen war offenbar besinnungslos.

Die übrigen Nachtmahre dagegen....

Übelkeit stieg in Gwyn auf.

Die grünen Blitze hatten nur verbrannte Knochen und schmorende Fleischfetzten von denen übrig gelassen, die sie getroffen hatte und der blaue Dunst....Sie wollte nicht wissen, was innerhalb der Schleier mit ihnen geschehen war so das nichts mehr von ihnen übrig blieb als einige große Blutspritzer.

Sie bekam kaum noch Luft.

Sie hatte getötet.

Heftig zitternd ging sie in die Knie und sank auf den Boden.

Tot durch ihre Magie.

Sie würgte und war kurz davor sich zu übergeben.

Aber ein Gedanke ließ Gwyn nicht los: Nachtmahre! Schattenwesen, gefährlich und von jedem gefürchtet, sie zitterte noch immer vor Angst.

Was taten sie an diesem Ort?

Mitten in der Festung der Priesterkaste?

Andererseits war es so kein Wunder, dass sie in den Gängen oben niemandem begegnet waren!

Nachtmahre waren gute Wächter. Und noch bessere Mörder. Wo sie waren benötigte man keinen anderen Wachen mehr.

Ohne Magie wäre sie verloren gewesen.

Aber trotzdem: es änderte nichts daran, dass sie sie getötet hatte.

Gwyn hörte, wie Kayleigh näher schlurfte und ihr beruhigend den Kopf auf die Knie legte. Sie schniefte leise.

"Es war notwendig.", erklang urplötzlich eine Stimme hinter ihnen.

Leesha!

Gwyn fuhr herum.

Leesha und Ivas standen nur wenige Schritte hinter ihr. Auf Leeshas Gesicht lag ein beinahe trauriges Lächeln.

Warum hatte sie ihr nicht geholfen?

Sie hätte doch......

Sie war dagewesen und hatte nichts getan!

Sie hatte zugesehen, wie die Nachtmahre auf sie zustürzten und hatte nichts getan, um Gwyn zu verteidigen!

Es wäre ihr doch mit ihrer Macht sicher leicht gefallen...

Warum hatte sie nichts getan?!

Ein Schauer durchfuhr Gwyn.

"Es war notwendig.", wiederholte ihre Lehrmeisterin ruhig.

"Notwendig? Wie kannst du so etwas sagen?!", fragte sie mit zitternder schriller Stimme: "Ich habe...und du..." Verzweifelt brach sie ab.

"Du wirst es bald verstehen."

Verstehen?

Was gab es da zu verstehen?

Es war wie in einem furchtbaren Alptraum!

Gwyn spürte wie Leesha näher trat. Und dann tat sie etwas, dass sie noch nie getan hatte: Sie strich Gwyn über den Kopf.

"Es war notwendig. Und es ist erst der Anfang...", flüsterte sie.

Kristall

Buch zwei: Kristall

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"Wir müssen weiter.", sagte Leesha bestimmt.

Empört öffnete Kayleigh die Schnauze um etwas zu erwidern, aber Gwyn schüttelte den Kopf: "Leesha hat Recht, Kayleigh. Wir müssen weiter. Wenn wir bemerkt werden...."

Gwyn zitterte noch immer wie Espenlaub, aber wie um dem angstvollen verwirrten Durcheinander in ihr zu widersprechen, war diese Tatsache für sie vollkommen klar.

Kayleigh seufzte und warf Leesha einen bösen Blick zu."Es ist alles deine Schuld! Wie konntest du uns an so einen Ort mitnehmen und zusehen wie.....Ich hoffe, du weißt was du hier tust!", fauchte sie.

Leesha reagierte nicht darauf, sondern drehte sich um und schritt durch den langgestreckten und hellerleuchteten Raum.

Ivas legte den Kopf auf die Seite und bedachte Gwyn mit einem langen intensiven Blick, dann sprang auf und folgte seiner Herrin.

Sie gingen weiter.

Ließen sie allein zurück bei den Leichen.

Gwyn erhob sich ein wenig mühsam und ging ihnen mit kleinen unsicheren Schritten hinter her. Sie wollte nicht hier zurückgelassen werden! was immer am anderen Ende des Raumes war, es konnte nur besser sein als....

Kayleigh tapste so schnell sie konnte neben dem dunkelhaarigen Mädchen her und warf ihr immer wieder besorgte Blicke zu: "Geht es halbwegs?"

Gwyn sah stur nach vorn und antwortete nicht.

Sie hatte Angst in Tränen auszubrechen oder laut zu schreien, wenn sie nur den Mund aufmachte oder sich nicht mehr genug darauf konzentrieren konnte nicht....daran...zu denken.

Nicht auf den Boden sehen.

Nicht zurück blicken.

Lieber nach vorne blicken und erfahren, was dort war.

War dort das Ziel ihrer Unternehmung?

Gwyn verspürte keinen Hauch von Interesse mehr.

Am anderen Ende des Raumes schien...eine Art Altar zu stehen.

Er bestand aus einem einzigen exakt behauenen Steinblock, umgeben von dunkelblauen Teppichen und Feuerschalen auf hohen gußeisernen Ständern. Die Farbe der Teppiche...Das selbe Dunkelblau wie bei der Kleidung der Priester vom

Morgen.

Nicht daran denken!

Auf dem Altar lag etwas.

Gwyn runzelte die Stirn.

Ihre Übelkeit verschwand schlagartig.

Das Etwas auf dem Altar war mit einem dunklen dicken Tuch abgedeckt, die Umrisse waren kaum zu erkenne. Aber was immer es war...es zog sie an.

Es rief sie.

Sie lief unwillkürlich schneller.

Was konnte das sein?

Dieses Gefühl...es war beruhigend.

Sie wollte so schnell wie möglich zum Altar, wollte das Tuch heben und berühren, was darunter lag. Der Drang dazu wurde stärker und stärker, je näher sie kam.

Sie bemerkte gar nicht, wie sie an Leesha vorbei eilte und diese hinter sich zurück ließ.

Erst vor dem Steinblock blieb sie stehen.

Hastig streckte sie den Arm nach dem Tuch aus und zerrte es zur Seite.

Darunter lag ein langer Stab.

Ein Stab aus hellem weißen, fast durchsichtigem Kristall. Der geschliffene lange Schaft glänzte golden im Licht der Fackeln, die Flammen brachen sich in den Facetten des Steins und ließen ihn in allen nur erdenklichen Rot- und Gelbtönen

schimmern. Am oberen Ende des Stabes befand sich eine kunstvolle Silbereinfassung, in der ein großer Kristall ruhte. Im Gegensatz zum Rest des Stabes erstrahlte dieser in einem tiefen satten Grün. Wie das Grün der Thi'masbäume an einem warmen Sommertag.

Gwyn nahm den Stab vorsichtig in die Hand.

Er war fast so lang wie sie selbst und überraschend leicht. Das Gewicht war regelrecht angenehm. Vor allem aber war er wunderschön.

"Er gehört dir."

Verwirrt drehte Gwyn sich zu Leesha um."Mir?", wiederholte sie irritiert:"Was soll das heißen?"

"Das was ich sagte: er gehört dir. Der Stab ist der Grund aus dem wir hier sind. Er ist dein Eigentum.", erklärte ihre Meisterin ruhig.

"Das kann nicht...", meinte Gwyn verwirrt:"Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen und auch sonst...ich meine....er gehört bestimmt den Priestern...oder..." Sie brach ab.

"Er hat dich doch gerufen, nicht wahr?" Leesha beobachtete sie aufmerksam.

Was Leesha sagte stimmte. Diese Gefühl...

Aber dennoch: Gehörte der Stab deshalb wirklich ihr?

Und vor allem: all das wegen einem Stab aus Kristall?

Er war schön, das schon, aber was war so besonders daran?

Sie verstand es einfach nicht.

Sie konnte und wollte auch nicht darüber nachdenken. Alles was sie wollte war, all dies zu vergessen!

Wenn ihre Lehrmeisterin der Meinung war, das der Gegenstand ihr gehörte, dann würde sie nicht widersprechen. Nicht an diesem Tag.

Gwyn nickte also zögerlich.

Leesha begann zu lächeln, es wirkte beinahe herzlich:"Na also. Glaub es mir ruhig. Shin gehört dir. Dir allein!"

"Shin?"

"Das ist der Name, den der Stab seit Jahrhunderten trägt." Ihre Meistern bedachte das Kristallgebilde mit einem nachdenklichen Blick.

"Shin...", echote Gwyn.

Der Name gefiel ihr und passte. Sie konnte sich dieses Gefühl nicht erklären, es war einfach so.

Aber....

"Was soll ich damit?", wollte sie wissen.

"Das wird die Zeit ergeben.", lautete die gleichmütige Antwort.

Oh verdammt! Warum tat Leesha nur immer so geheimnisvoll? Ausgerechnet in so einer Situation?

Gwyn betrachtete den Stab. Ihn in der Hand zu halten....ein gutes Gefühl. So als gehörten sie zusammen.

"Wir sollten gehen." unterbrach Leesha ihre Gedanken.

"In Ordnung.", sagte Gwyn. Ihr Griff um den Schaft wurde fester.

Flucht

Buch zwei: Flucht

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Vorsichtig eilten die vier zurück durch die Gänge.

Niemand begegnete ihnen.

Gwyn hielt Shin fest in der Hand. Im Licht der Fackeln, durch das sie liefen, glühte der grüne Stein an seinem Ende immer wieder hell auf. Sobald sie den Lichtkreis verließen wurde der Farbton dunkler und dunkler, bis die nächste Fackel näher kam.

Shin in den Händen und das Schreckliche immer weiter hinter ihnen...

Die Dunkelhaarige begann sich ein wenig besser zu fühlen.

Nach langen Minuten erreichten sie endlich wieder den Kerker durch den sie die Festungsanlage betreten hatten.

Ivas sprang hinauf zum Fensterschlitz und zwängte sich durch dir Öffnung in die dunkle Nacht hinaus. Leesha sprang geschickt hinter dem Wolf her, zog sich durch das Fenster und wurde ebenfalls von der Dunkelheit verschluckt.

Gwyn - Kayleigh auf der Schulter - bildete das Schlusslicht.

Nur fort von hier!

Mit einer geschmeidigen Bewegung schob sie sich durch das Fenster und richtete sich draußen wieder auf.

Der Himmel war noch immer tiefschwarz, aber die beiden Monde waren nahezu hinter dem Horizont verschwunden. Die Luft schien frisch und belebend wie selten zuvor.

Die unendlich vielen Sterne funkelten am Firmament genau wie die Schwerter der Priester.

Man hatte sie entdeckt!

In einem weiten Halbkreis umstanden die Priester Gwyn und ihre Begleiter, die kalten grimmigen Blicke starr auf die Gruppe gerichtet. Jeder einzelne von ihnen hielt eine blank gezogene Klinge in der Hand, dass schwache Mondlicht glänzte auf den Schneiden, die Körper der Priester schienen durch ihre dunkle Kleidung mit der Nacht zu verschmelzen.

Gwyn wich zurück an die Festungsmauer, preßte den Kristallstab an ihre Brust.

Nicht noch einmal!

Sie wollte nicht noch einmal kämpfen müssen!

Ivas stand mit gesträubten Fell knurrend einige Meter vor ihr, sein Kopf ruckte hin und her. Seine Muskeln waren gespannt, er schien jeder Zeit los stürzen zu wollen.

Leesha dagegen stand ruhig und gelassen neben ihm. Ohne sich umzudrehen flüsterte sie leise: "Kayleigh, bring Gwyn von hier fort!"

"Aber...", erklang das empörte Flüstern direkt an Gwyns Ohr: "Ich kann doch nicht...was ist mit dir?"

"Tu was ich sage, Kayleigh! Bring sie von hier fort! Weiter nach Süden. Dort am Ufer des Dimyon-Sees liegt eine Stadt. Wartet dort. Ein Freund von mir wird euch finden."

"Aber...", machte Kayleigh wieder.

"Geht!" Leeshas Stimme hatte noch nie so fordernd geklungen.

Kayleigh zögerte noch einen Augenblick, dann schnaufte sie leise, aber zustimmend.

Sie löste sich von Gwyns Schulter, flog ein paar Meter weit und landete auf dem felsigen Untergrund. Sie schien die Blicke der unzähligen Priester, die sich drohend auf sie richteten vollkommen zu ignorieren. Statt dessen schien sie völlig in sich selbst zu versinken.

Augenblicke später schienen ihre Konturen zu verwischen, ihr ganzer Körper schien in Bewegung. Helles Licht flammte auf, blendete alle auf dem Felsplateau.

Als Gwyn wieder klar sehen konnte, hockte statt der katzengroßen Echse ein gewaltiger blau-silberner Drache auf dem Felsen. Meterlange Flüge, ein kräftiger Schwanz, der über den Boden schabte und lange Klauen, die sich in den Stein gruben und kopfgroße Brocken daraus lösten.

Das also war Kayleighs wahre Gestalt. Gwyn hatte sie noch nie so gesehen. Es war wirklich beeindruckend.

"Komm Gwyn!" Im Gegensatz zu dem gewohnten hellen Fiepen war die Stimme nun ein durch Mark und Bein dringendes Dröhnen, klar wie Glockenklang.

Gwyn lief los, rannte ohne nach links und recht zu schauen über das Plateau, kletterte etwas unbeholfen auf den Rücken des Drachenweibchens und klammerte sich an ihrem Nacken fest.

Erst jetzt kam Bewegung kam in die Priester.

Sie lösten sich aus ihrer überraschten Starre und Befehle wurden gebrüllt.

Die Priester stürmten vor!

"Geht!", schrie Leesha und machte einen schritt auf die heran rasenden Priester zu.

Kayleigh stieß sich augenblicklich vom Fels ab. Ein heftiger Ruck ging durch ihren Körper und damit auch durch Gwyn. Diese krallte sich verzweifelt an den großen Schuppen fest.

Der Boden verschwand unter ihr, ein gewaltiges Rauschen ertönte, als Kayleigh die Flügel entfaltete.

Ein letzter Blick zurück.

Das Mädchen und der Wolf standen inmitten von Dutzenden von Priestern, die mit blitzenden Klingen auf sie eindrangen.

Gwyn glaubte Leesha lächeln zu sehen, bevor ihr die Priester mit ihren erhobenen Schwertern die Sicht versperrten.

Der Nachtwind trug sie auf dem Rücken des Drachens nach Süden.

Licht

Buch zwei: Licht

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Bei Anbruch der Dämmerung landete Kayleigh in der Nähe eines kleinen Wäldchens, dass unmittelbar am Seeufer zwischen ihnen und der Stadt am gegenüberliegende Ufer des Dimyon-Sees lag. Der See sah aus wie ein großer glänzender Silberspiegel, als das erste Sonnenlicht ihn traf. Winzige kleine Wellen kräuselten seine Oberfläche, ein paar Wasservögel schwammen in der Nähe.

Rauch stieg aus den unzähligen Schornsteinen auf, die jenseits der hellen Stadtmauern empor ragten. Mit grauen Schindeln bedeckte Dächer schauten hier und da über den Mauerrand, der Turm des Stadtsaals überragte alle anderen Gebäude.

Alles war friedlich. Die Luft im Wäldchen war erfüllt vom Zwitschern der Vögel, ein paar Kaninchen saßen fleißig mümmelnd im taufeuchten Gras.

Mit steifen Glieder kletterte Gwyn vom Rücken des Drachens. Ihre Muskeln schmerzten, sie war vollkommen erschöpft, aber nicht müde. Im Gegenteil. Trotz der durchwachten Nacht war an Schlaf nicht zu denken. Dazu hatten sie die Ereignisse zu sehr aufgewühlt.

Leise seufzten ließ sie sich auf das nasse Gras sinken und schloss die Augen.

Kayleigh hatte sich in der Zwischenzeit zurück verwandelt.

Gwyn hörte, wie sie langsam über die Wiese ging.

Sie öffnete die Lider einen Spalt weit und beobachtete, wie das Drachenweibchen erschöpft vom stundenlangen Flug sich unter einem Haselnußstrauch zusammenrollte und gleich darauf einschlief.

Das Mädchen war ein wenig neidisch. Jetzt schlafen zu können...alles zu vergessen und hinter sich lassen zu können um nach dem Aufwachen ein wenig erholter zu sein...Das wäre wunderbar...

Sie seufzte noch einmal.

Gwyn wollte und konnte nicht schlafen.

Was sie erlebt hatte war furchtbar gewesen!

Und Leesha...

Sie schüttelte heftig den Kopf. Wenigstens für einen Moment wollte sie alles vergessen!

Vielleicht würde ein Bad im See sie ablenken und beruhigen.

Mühsam rappelte sie sich auf, streckte ihre verspannten Muskeln und schlich so leise sie es vermochte zu Kayleigh und legte Shin vorsichtig neben ihr auf den Boden. Der Stab würde sie beim Baden schließlich nur stören.

Anschließend lief sie so schnell sie konnte durch das Wäldchen zum Seeufer hinunter.

Die Bäume, die sie umgaben waren groß, mit dichten Baumkronen, aber nicht zu vergleichen mit ihren mächtigen Verwandten im immergrünen Wald.

Wie gerne wäre sie jetzt dort gewesen...

Ein ruhiger Tag, wie jeder andere, angefüllt mit Schwimmen, Sonnen und anderen Dingen.

Aber immerhin: Der Anblick der frischen grünen Baumkronen, die leicht im Wind hin und her schwankten beruhigte sie.

Vor ihr blitzte es zwischen den Stämmen silbrig auf. Der See! Gwyn ging ein wenig schneller.

Überrascht erkannte sie, dass der See an der Stelle, an der sie zwischen den Bäumen hervortrat, eine kleine versteckte Bucht bildete. Weiden standen dicht an der Wasserlinie, ließen ihre tiefhängenden Zweige wie einen Vorhang hinab hängen. Das Ufer bestand aus feinem hellen Sand, an einigen Stellen raschelten Schilfbündel leise im Wind. Das Wasser war so klar, dass man bis auf den Grund sehen konnte.

Gwyn zog sich bedächtig Stiefel, Hose und Oberteil aus und ließ alles in einem unordentlichen Häuflein in den Sand fallen. Ihre nackten Füße gruben sich in den kühlen Sand, dann ging sie Schritt für Schritt tiefer ins Wasser.

Es war kalt, aber erfrischend.

Als es ihr bis zur Hüfte reichte, ließ sie sich auf die Knie fallen. Das glasklare Wasser umhüllte sie und sie genoss das Funkeln und Blitzen der Sonne auf der Oberfläche. Versunken ließ sie ihre Arme durch das Wasser gleiten, beobachtete, wie das Wasser auf ihrer Haut glitzerte.

Klar und sauber.

Keine Spur von Dunkelheit und Blut...

Sie erschauerte und ging hastig in die nie. Das Wasser schlug über ihrem Kopf zusammen, sperrte die Welt um sie herum aus. Kälte und Stille.

Das Mädchen öffnete die Augen.

Um sie herum war ein funkelndes silberweißes Gespinst aus Wasser.

Wenn sie einfach nicht daran dachte...sie nur auf das hier und jetzt konzentrierte...

So würde sie es machen!

Sie tauchte auf.

Die Luft erschien ihr nun viel wärmer, das Licht weicher und angenehmer als unter Wasser. Sie lächelte schwach, hob die Hände und ließ das Nass durch ihre Finger rieseln.

Sie würde ein wenig schwimmen und danach hoffentlich einschlafen können.

Gwyn wollte sich gerade herum drehen, als das laute Knacken eines Zweiges laut vom Wäldchen her zu ihr herüber hallte.

Ruhe

Buch zwei: Ruhe

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Meister Darik hatte ihn bis tief in die Nacht hinein arbeiten lassen.

Er mochte seine Arbeit, aber es war hart und anstrengend. Die Hitze, der Qualm...

Erschöpft war er danach auf ein Bett gefallen und auf der Stelle eingeschlafen, nur um dann beim ersten Hahnenschrei auf zu wachen und sich, immer noch verschwitzt und verdeckt wie er war, zu einem Bad im Dimyon-See entscheiden.

Das frische Wasser würde ihm gut tun!

Und anschließend...er hatte heute einen freien Tag.

Was konnte er also tun?

Den ganzen Tag am See verbringen? Oder vielleicht einige seine Freunde besuchen? Es war schon lange her, dass er mit Timol und Samas durch die Straßen gezogen und etwas getrunken hatte. Also würde er die beiden einfach überraschen!

Er grinste fröhlich vor sich hin.

Doch zuerst das Bad! Er kannte am See eine kleine versteckte Bucht in der er anschließend den Morgen über würde dösen können.

Wie gut, dass er heute frei bekommen hatte! Nur noch wenige Tage Arbeit, dann wäre die Axt fertig, ein wahres Meisterstück!

Genau genommen war es eine gemeinsame Arbeit von Meister Darik und ihm, aber da es sein Abschiedsgeschenk werden sollte, war er besonders zufrieden. Eine wunderschöne Doppelaxt, die ihm allein gehören würde.

Meister Darik betrachtete seine Ausbildung als abgeschlossen.

Was sollte er danach tun?

Eine eigene Schmiede aufbauen? Das war sein Traum, schon seit Kindertagen.

Doch dazu musste er die Stadt am Dimyon-See verlassen.

Kein wirklich angenehmer Gedanke, doch für seinen Traum...

Er zuckte die Schultern. Darüber konnte er sich immer noch Gedanken machen, wenn er gebadet hatte!

Trotz seiner Größe und Statur lief er nahezu lautlos durch das Wäldchen vor der Bucht. Die schwarze Hose und das rußverschmierte, graue Hemd, das er offen trug, wirkte unpassend dunkel an diesem schönen Morgen, doch sein blondes Haar glänzte wie Gold in der Sonne. Seine grauen Augen blickten munter aus dem gebräunten Gesicht und seine von der harten Arbeit in der Schmiede gestählten Muskeln waren deutlich zu sehen.

Voller Vorfreude auf das bevorstehende Bad zog er sich im Gehen das Hemd aus und nahm es in die Hand.

Fröhlich umrundete er dann einen vom Blitz gespaltenen Baum, bis sein Blick auf das Wasser in der Bucht fiel.

Wie erstarrt blieb Zen stehen.

Erscheinung

Buch zwei: Erscheinung

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Wie gebannt blickte Zen auf das Mädchen im See. Sie war bis zu den Schultern im Wasser, das schwarze Haar fiel ihr in glänzenden nassen Strähnen ins Gesicht. Ihre Haut wirkte ungewöhnlich dunkel und ihre Bewegungen waren elegant und geschmeidig...

Sie war wunderschön!

Er konnte einfach den Blick nicht von ihr abwenden.

Starr blieb er im Schatten der Bäume stehen und sah ihr beim Baden zu.

Zen wusste, dass er besser gehen sollte, aber er konnte sich einfach nicht dazu durchringen sich umzudrehen und zu verschwinden als wäre nichts geschehen.

Gespannt beobachtete er also weiter die Badende.

Das Mädchen musste in etwa so alt sein wie er selbst, vielleicht etwas jünger.

Zen hatte sie noch nie gesehen, da war er sich sicher.

Die Stadt war zwar recht groß, aber das Mädchen wäre ihm ganz bestimmt aufgefallen!

Eine Reisende vermutlich.

Woher sie wohl kam?

Die Dunkle Haut...

Vielleicht aus dem Westen?

Er konnte es beim besten Willen nicht sagen. Es kamen nicht viele Fremde in die kleine Stadt am See.

Was sie wohl hier wollte?

Wie auch immer, bei der dunklen Haut schien sie von weit her zu kommen.

Ohne dass es ihm selbst bewusst war, trat er einen kleinen Schritt vor.

Das schwarzhaarige Mädchen hob die Arme über den Kopf und ließ Wasser durch ihre Hände rinnen. Die Tropfen funkelten im Sonnenlicht und verzierten ihre Haut wie mit Silbertropfen.

Sein Herz schlug ein wenig zu schnell.

Zen trat wieder einen kleinen Schritt vor.

Und noch einen.

Ein großer, trockener Zweig zerbrach laut knackend unter seinem rechten Fuß.

Zen hielt mitten in der Bewegung wie erstarrt inne, warf einen erschrockenen Blick auf den Ast und blickte dann langsam wieder zu dem badenden Mädchen auf.

Sie war herum gefahren und schaute in seine Richtung, sah ihn direkt an.

Sie hatte ihn entdeckt!

Verdammt!

Was musste sie jetzt nur von ihm denken? Und das im Grunde ja auch zurecht...

Verdammt, verdammt!

Begegnung

Buch zwei: Begegnung

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Der blonde Mann mit dem nackten Oberkörper stand zwischen den Bäumen und blickte sie ertappt an.

Gwyn ließ sich hastig tiefer ins Wasser sinken. Ihr Herz schlug rasend schnell und sie wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte.

Was tat er hier?

Hatte er sie etwa beobachtet?

Es sah ganz danach aus.

Warum hatte sie ihn nur nicht eher bemerkt?

Der junge Mann trat verlegen einen Schritt vor. "Es...es tut mir leid. Ich wollte nicht...ich wollte dich nicht...", stammelte er.

"Und warum guckst du mich dann immer noch so an?"

Er konnte längst nicht so erschrocken und verlegen sein wie sie!

Immerhin war sie diejenige, die hier nicht einen Fetzen Stoff am Leib trug!

Der Kopf des Mannes ruckte bei ihren Worten zur Seite und er betrachtete intensiv den nächsten Baum.

"Entschuldigung.", sagte er erstickt.

Unruhig, aber aufmerksam beobachtete sie ihn weiter.

Er sah aus, als meinte er es erst.

Immerhin etwas. Sie wollte lieber nicht daran denken, was er gesehen haben könnte... Was stand er eigentlich noch hier herum?

Konnte er nicht endlich gehen?

Gwyn wünschte sich ihre Kleider herbei, doch die lagen unerreichbar im Sand, nur wenige Meter von ihrem Beobachter entfernt.

Selbst im Wasser... So ganz nackt in der Nähe eines Mannes... Nein, sie würde nicht rot werden! Egal wie gut er aussah! Das tat hier überhaupt nichts zur Sache!

Warum konnte er nicht endlich gehen? So faszinierend war der Baum den er anstarrte auch nicht! Vielleicht war er doch nicht so harmlos, wie er tat?

"Würdest du bitte endlich gehen?", fragte sie.

Er sah auf, senkte dann aber eilig wieder den Blick.

"Ich...natürlich."

Dieses mal klang er nicht sehr überzeugend.

Nervös sah sie ihn an.

Was war das für ein Mann?

Was tat er hier? Was wollte er?

Wie groß er wohl war? Im Immergrünen Wald waren selten Männer anzutreffen gewesen, aber trotzdem schien der Blonde größer und stärker zu sein als alle, die sie bisher gesehen hatte.

Gwyn zuckte leicht zusammen. Was dachte sie da bloß? Und warum, beim Licht der zwei Monde bewegte er sich kein Stück von der Stelle?

"Hey!", rief sie.

Er zuckte zusammen. Er drehte leicht den Kopf, schien noch einmal in ihre Richtung lugen zu wollen, fuhr aber gleich darauf mit einer energischen Bewegung herum und ging mit weit ausgreifenden Schritten schnell davon.

Das Mädchen blieb allein zurück und blickte noch ein Weile in die Richtung, in die der Blonde verschwunden war.

Spaziergang

Buch zwei: Spaziergang

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Gwyn wartete ein wenig.

War der Blonde wirklich verschwunden?

Sie war sich da nicht ganz sicher.

Immerhin hatte er sie wer weiß wie lange beim baden beobachtet! Was sagte ihr da jetzt, das er tatsächlich weit fort war?

Und um ganz sicher zu sein gehen, wartete sie also noch etwas länger und lauschte dabei angestrengt auf jedes kleine Geräusch.

Nichts als im Wind rauschende Blätter und leiser Vogelgesang.

Er schien wirklich verschwunden zu sein.

Sichernde Blicke in alle Richtungen werfend, lief sie dann so schnell sie es vermochte aus dem Wasser zu ihren Kleidern. Während sie sich ankleidete, sah sie immer wieder misstrauisch ins Unterholz.

Der junge Mann war nirgends zu sehen.

Gwyn entspannte sich ein wenig.

Die Kleider klebten ihr unangenehm auf der feuchten Haut und die Stiefel zog sie gar nicht erst an. Sie seufzte. Wie gern hätte sie Kleider zum Wechseln gehabt! Ob es wohl eine Gelegenheit gab in der Stadt welche zu besorgen? Das änderte zwar nichts an ihrer augenblicklichen Situation, aber dennoch!

Sie würde einfach das Drachenweibchen fragen!

In die Stadt mussten sie so oder so!

Ob Kayleigh wusste, wen sie dort erwarten sollten?

Gwyn wandte sich um und lief den Weg zurück zu dem Haselnussstrauch unter dem sie den kleinen Drachen zurück gelassen hatte.

Die Echse schlief immer noch, Shin lag unverändert neben ihr im Gras. Sie hatte offenbar nicht bemerkt, das Gwyn gegangen war.

Sollte sie sie wecken?

Besser nicht. Der lange Flug musste mehr als anstrengend gewesen sein, vor allem da sie Nachts gereist waren. Kein wunder, das sie nun so fest schlafen konnte.

Warum folgte aber ausgerechnet für Gwyn plötzlich ein Ereignis nach dem anderen?

Wie sollte sie da noch ruhig sitzen bleiben und warten bis Kayleigh endlich aufwachte?

Es gab so viel, worüber sie gerne reden würde!

Doch sie gönnte dem Drachen die Ruhepause. Deshalb entschloss sich Gwyn schließlich zu einem kleinen Spaziergang im Wäldchen. Immerhin würden durch die Bewegung ihre Kleider schneller trocknen. Außerdem war ein wenig Bewegung immer entspannend und würde sie hoffentlich besser ablenken als das Bad.

Warum musste auch dieser Mann...

Gwyn schüttelte heftig den Kopf, um den Gedanken zu verjagen und ging los.

Sie spazierte im hellen Morgenlicht durch taufeuchtes Gras, weiches Moos, unter den frischen grünen Ästen hindurch. Über ihr sangen Dutzende von Vögeln in den Bäumen. Immer wieder blieb sie stehen und lauschte. Sie kannte einige der Vogelarten, aber nicht alle. Diese unbekannten Gesänge gefielen ihr. Wie die Vögel wohl heißen mochten?

Um Beispiel der goldbraune mit den roten Flecken auf den Flügeln, der sie von seinem hohen sitz aus misstrauisch musterte?

Gemächlich wanderte sie weiter.

Gwyn war jedoch noch nicht weit gekommen, als sie abrupt stehen blieb.

Am Baum, nur einige Meter weiter geradeaus, lehnt der blonde Mann!

Er lächelte schwach - oder versuchte es zumindest.

"Guten Morgen." Er hatte eine angenehme Stimme, allerdings klang sie etwas belegt.

"Guten Morgen", antwortete Gwyn zögernd.

Was tat er hier?

Ob sie sich einfach umdrehen und wieder gehen sollte?

Das wäre sicher das Beste!

Nur... Ihre Beine schienen sich nicht bewegen zu wollen.

Seltsam. Angst hatte sie nicht. Sie ärgerte sie höchstens ein wenig darüber, dass er wieder vor ihr erschienen war. Was also war dann der Grund?

"Es tut mir wirklich leid, dass ich dich vorhin...", sagte er leise.

Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Warum musste er auch nun mit diesem Thema anfangen?

"Ich hatte nicht damit gerechnet, dass jemand in der Bucht..." Er suchte scheinbar nach passenden Worten.

"Es ist schon in Ordnung.", sagte sie.

Warum sagte sie das?

Das entsprach nicht ganz der Wahrheit!

Doch diese Situation... es war merkwürdig.

"Wirklich?", erfreut und hoffnungsvoll lächelte der Blonde sie an.

Dieses Lächeln...

Gwyn richtete den Blick auf den Baum hinter dem jungen Mann.

Dieses Lächeln änderte nichts daran, dass er schon längst hätte weit fort sein sollen!

Sie war zwar seit langem nicht mehr den Umgang mit anderen Menschen gewöhnt, aber so etwas gehörte sich einfach nicht!

"Warum bist du noch hier?", erkundigte sie sich stirnrunzelnd und bedachte ihn mit einem kurzen Blick. Einem kurzen, empörten Blick wie sie hoffte.

Das Lächeln verschwand schlagartig von seinem Gesicht und er schaute zur Seite.

Schweigend standen sie sich gegenüber.

Was nun?

Gwyn wusste es nicht. Noch immer brachte sie es nicht über sich umzudrehen und davon zu gehen. Lag das an ihrer Erschöpfung?

Ein lauter werdendes Rauschen und Schleifen unterbrach auf einmal die unangenehme Stille.

Das Mädchen wusste, wer sich ad näherte, noch bevor sie die silberblaue Echse durch das Unterholz brechen sah.

Kayleigh, den großen Stab in den kleinen Klauen, halb tragend, halb ziehend über den Boden schleifend, flatterte näher, den verärgerten Blick auf Gwyn gerichtet.

Die schwarzhaarige junge Frau unterdrückte ein amüsiertes Lächeln. Der kleine Drache mit dem großen Stab...es sah zu komisch aus!

Das Drachenweibchen flog langsam auf sie zu, ließ den Kristallstab mit einem vorwurfsvollen Blick in Gwyns Hand fallen und landete anschließend auf ihrer Schulter. Ihre Krallen waren durch den feuchten Stoff deutlich zu spüren.

"Wo warst du?", zischte sie wütend: "Da schläft man ein wenig...Und kaum wacht man auf bist du fort! Ganz davon abgesehen, dass du das da...", sie deutete mit dem Kopf auf den Kristallstab: "...einfach bei mir zurück gelassen hast! Hast du eigentlich eine Ahnung, wie schwer dieser Shin ist?"

"Du hättest doch auch einfach auf mich warten können.", erwiderte Gwyn gelassen.

"Se!", machte Kayleigh und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Fremden.

Sie musterte ihn grimmig von unten bis oben: "Kennst du ihn?"

"Nein."

Der Drache legte den Kopf auf die Seite und starrte den Blonden durchdringend an.

Der hatte die Augen überrascht aufgerissen und blickte fasziniert an.

Das Drachenweibchen bewegte sich unruhig auf Gwyns Schulter und legte den Kopf auf die Seite.

"Ist irgendwas?", fragte sie ihn misstrauisch.

Der Mann zuckte zusammen: "Nein...Entschuldigung. Ich habe nur noch nie einen Drachen gesehen."

Kayleigh schnaubte unwillig: "Dann hast du jetzt eben einen gesehen. Freu dich! Und guck nicht so!"

Hastig wandte er sich ab.

Das blaue Drachenweibchen schnaufte zufrieden. Dann schien ihr ein Gedanke zu kommen: "Du kommst aus der Stadt?"

Er nickte vorsichtig.

"Das heißt du kennst dich in der Stadt aus?", bohrte sie weiter.

Er nickte wieder zaghaft.

"Gut! Würdest du uns dorthin begleiten? Und könntest du und ein Gasthaus oder etwas Ähnliches empfehlen?"

Daran hatte Gwyn noch gar nicht gedacht!

Der Blonde war zwar nicht gerade der Führer, den sie sich gewünscht hätte, aber immerhin wären sie so nicht ganz auf sich allein gestellt!

Der blonde junge Mann schien einen Moment zu überlegen. Verstohlen sah er kurz in Gwyns Richtung:"Natürlich! Sehr gern!"

Kayleigh nickte zufrieden. "Das hier ist meine Freundin Gwyn und ich bin Kayleigh."

Er machte eine leichte Verbeugung.

"Mein Name ist Zen.", er zögerte kurz: "Wollt ihr gleich aufbrechen."

"Ja." Kayleigh nickte so heftig, das sie fast von Gwyns Schulter fiel.

"Gut." Er deutete hinter sich. "Hier geht es entlang."

Mit kraftvollen Schritten ging Zen voran, doch nicht ohne noch einmal einen schnellen Blick auf Gwyn zu werfen.

Stadt

Buch zwei: Stadt

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Die hohen, dicken Stadtmauern aus hellem Stein lagen schon ein gutes Stück hinter ihnen. Seitdem liefen sie über kopfsteingeplasterte Straßen. Links und rechts ragten zwei- oder dreigeschossige Häuser auf, oft mit Läden im untersten Stockwerk, deren bunte Holzschilder leicht quietschend und knarrend im Wind hin und her schwangen.

Da es noch früh am Morgen war, waren die Straßen kaum bevölkert und die Ladeninhaber bereiteten sich noch auf die Öffnung ihrer Geschäfte vor.

Katzen huschten über das Pflaster, vermutlich jagten sie Ratten und Mäuse die in den Abwasserkanälen zu beiden Seiten der Straße hausten, in denen ziemlich unappetitliche Dinge dahin trieben.

Staunend ging Gwyn die holprige Straße entlang.

Es war so unglaublich lange her, dass sie eine Stadt betreten hatte.

Die Steine unter ihren Stiefeln fühlten sich ungewohnt hart an, kein Vergleich zum weichen Erboden im Wald. Hier duftete es nicht nach Blumen und Gras, sondern es roch nach Menschen und Abfall.

Der stille, grüne Wald war ihr lieber, aber dennoch war es aufregend hier zu sein.

Hin und wieder huschte ihr Blick jedoch hinüber zu Zens breitem Rücken. Sein blonder Zopf bewegte sich bei jedem Schritt zwischen seinen Schulterblättern.

Er hatte kaum ein Wort gesagt seit sie aus dem Wäldchen aufgebrochen waren, nur dass Kayleigh und sie sicher bei seinem Meister würden übernachten können.

Was sein Meister wohl für ein Handwerk betrieb?

Sie versuchte sich zu erinnern, welchen Berufen man in so einer Stadt nachgehen konnte.

Händler war er sicher nicht.

Doch was dann?

Warum machte sie sich überhaupt darüber überhaupt Gedanken?

Es gab andere Dinge um die sie sich Gedanken machen musste!

Auf wen zum Beispiel sollten sie hier warten?

Und wie sollte Leeshas Bekannter sie überhaupt finden?

Wie auch immer, zunächst einmal musste sie einen Schneider aufsuchen! Sie brauchte unbedingt Kleidung zum Wechseln!

Außerdem... Gwyn hatte Shin hinten in ihren Gürtel gesteckt. Die Spitze aus grünem Kristall überragte ihren Kopf, der Stab selbst stieß ihr bei jedem Schritt störend gegen ihre Beine. Sie würde sich eine Art Halterung dafür anfertigen lassen müssen. Ein paar Münzen trug sie eingenäht in ihrem Gürtel bei sich, hoffentlich reichten diese aus.

Vor ihnen tauchte der Marktplatz der Stadt auf und dort bog Zen unvermittelt nach links ab.

Nach wenigen Schritten hielt er vor einem freistehenden, großen, grauen Haus, aus dicken Steinen an. Eine dunkle Holztür befand sich an der linken Seite, auf der rechten ein riesiger Durchlass, der etwa einen Meter über dem Boden begann. Wäre die Öffnung mit Glas verschlossen, wäre es ein Fenster gewesen, so allerdings... Gwyn wusste nicht was es war, aber eine massive Abdeckung aus Holz war im rechten Winkel zur Hauswand mit Stützen nach oben geklappt.

Aus dem Inneren quoll der Geruch nach verbranntem Holz und Ruß und das dröhnende Schlagen von Metall auf Metall drang an ihre Ohren.

"Eine Schmiede?!", sie sah Zen überrascht an.

Dieser nickte stolz.

Er war Schmied?

Gut, das erklärte seinen breiten Schultern.

Oh nein, wie kam sie nur jetzt wieder darauf?

"Kommt mit!", sagte Zen und öffnete die Tür und sie folgten ihm durch einen breiten Gang, eine weitere Tür zur Rechten und standen schon in der Schmiede. Trotz des Durchlasses war es drückend heiß dort. Funken stoben aus der Esse.

Am Amboss stand ein grauhaariger, großer Mann und arbeitete an einer zweischneidigen Doppelaxt. Er sah auf als sie eintraten, legte seinen Hammer ab und ging ihnen ein paar Schritte entgegen, so dass die Flammen tanzende Schatten auf die noch glühenden Schneide der Axt warfen, bevor er sie ins Wasser tauchte.

"Besuch?", seine Stimme klang rauchig und dunkel.

Zen nickte: "Ich bin ihnen...ich bin ihnen zufällig begegnet."

"Aha.", sagte sein Meister und betrachtete Gwyn und Kayleigh eindringlich. Besonders lange blieb sein Blick an Gwyn haften.

"Stimmt etwas nicht?", fragte das Drachenweibchen gefährlich ruhig.

Ein breites Lächeln machte sich auf dem Gesicht des Schmieds breit: "Nein, es ist nur lange her, das ich einen Drachen gesehen habe."

"Drachenweibchen! Weibchen!", erklärte Kayleigh fest.

Der Schmied nickte gleichgültig.

Die silberblaue Echse knurrte leise und schlang ihren Schwanz fester um Gwyns Schulter.

"Ich habe mir gedacht, das sie doch hier...ich meine..."Zen wirkte unsicher.

Sein Meister warf ihm einen kurzen Blick zu: "Du hast an die Kammer oben gedacht?"

Der Blonde schwieg verlegen.

Der große grauhaarige Mann wandte sich ab und trat wieder näher an die Feuerstelle: "Schon in Ordnung. Das Zimmer ist ja frei. Die beiden können dort gerne bleiben.", brummte er und griff nach einer langen Zange.

"Das ist sehr nett von ihnen!", rief Gwyn freudig: "Aber wir haben nicht viel Geld..." Sie brach ab.

"Das macht nichts." Der Schmied zuckte mit den Schultern: "Gäste sind mir immer willkommen und da Zen offenbar viel an euch liegt..."

Der Blonde zuckte leicht zusammen und wirbelte herum: "Kommt, ich zeige euch das Zimmer!"

Warten

Buch zwei: Warten

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Zwei Tage und Nächte waren seit ihrer Ankunft in der Stadt vergangen. Meister Darik hatte ihnen eine kleine Kammer unter dem Dach überlassen. Viel gab es darin nicht zu sehen, nur ein winziger offener Kamin, ein Bett, ein Tischchen, ein Stuhl und eine Kommode auf der eine Waschschüssel stand.

Das erste richtige Zimmer seit zwölf Jahren...

Es fühlte sich irgendwie gut an.

Allerdings hielten Kayleigh und sie sich nicht sehr lange in dem kleinen Raum auf. Statt dessen liefen sie tagsüber durch die Stadt und sahen sich um.

Kayleigh saß dabei auf ihrer Schulter, Shin hing in einer quer über Brust und Rücken verlaufenden Schärpe auf ihrem Rücken.

Gwyns Kleidung, der Kristallstab und nicht zuletzt der blau-silberne Drache zogen neugierige Blicke auf sich. Es fiel Gwyn immer wieder schwer diese zu ignorieren.

So viele Menschen...

Sie war es einfach nicht gewohnt. Und so ganz allein, nur umgeben von Freunden... Zen hatte sie am ersten Tag zwar noch begeistert herum geführt, doch dann hatte ihn Meister Darik in der Schmiede voll und ganz in Anspruch genommen.

Zen schien das nicht besonders zu gefallen.

Gwyn gefiel es auch nicht.

Aber ich in der Schmiede zusehen...

Angestrengt versuchte sie sich auf den Stand mit Schmuckstücken vor ihr zu konzentrieren.

Zwei Tage warteten sie nun schon.

Der von Leesha angekündigte Freund war noch nicht erschienen.

Wer war es wohl, der zu ihnen kommen würde?

Leesha hatte ihn als Freund bezeichnet...

Mit diesem Wort konnten sich nicht viele schmücken.

Ob ihre Lehrmeisterin dieses treffen von vornherein geplant hatte?

Vermutlich.

Doch das machte die ganze Angelegenheit nicht einfach.

Die Festung der Priester, der Kristallstab...

Hoffentlich konnte ihnen der unbekannte Freund ein paar Erklärungen liefern!

Der Kampf schien für das Mädchen inzwischen wie hinter einem dichten Nebelschleier zu liegen und noch immer verdrängte sie konsequent jeden Gedanken daran. Trotzdem wollte sie gerne etwas mehr erfahren. Diese Unsicherheit behagte ihr ganz und gar nicht!

Was Leesha betraf...Gwyn war sich sicher, dass sie sich keine Sorgen um ihre Meisterin machen musste.

Leeshas magische Fähigkeiten waren unglaublich!

Sie wusste was sie tat und egal wie zahlreich die Priester waren, sie war ihnen sicherlich überlegen gewesen. Auch gegen Ivas würden die Priester kaum eine Chance gehabt haben.

Da die Priester auf dem Plateau auf sie gewartet hatten...das bedeutete doch, das die Priester gewusst haben mussten, dass sie in der Festung waren, oder?

In den Gängen war ihnen niemand begegnet, dafür hatten sie draußen auf sie gewartet. Dort, wo sie am wenigsten mit einem Angriff gerechnet hatten. Der Angriff einer großen Übermacht. Ohne magische Fertigkeiten wären sie den Schwertern ausgeliefert gewesen. Vor allem da die Priester es nach allem was sie wusste sehr gut verstanden mit den Klingen umzugehen.

Schwerter und Krummsäbel.

Die Nachtmahre in dem unterirdischen Raum.

Wächter der Dunkelheit, schwarze Wesen, Mörder.

Was hatten sie mit den Priestern zu schaffen?

Die Priester verabscheuten und verurteilten jede Form der Magie, auch magische Lebewesen. Nachtmahre waren erst durch Magie entstanden. Noch dazu schwarze Magie.

Etwas stimmte ganz und gar nicht mit der Priesterkaste.

"Gehen wir zurück?" Kayleighs Stimme klang laut in ihrem linken Ohr.

Gwyn hob den Blick von den Auslagen, nickte und machte sich auf den Weg zurück zur Schmiede.

Es machte schließlich keinen Sinn sich über etwas den Kopf zu zerbrechen, das sie ohnehin nicht ohne fremde Hilfe enträtseln konnte.

Sie mussten einfach weiter auf den von Leesha angekündigten Freund warten.

In der Schmiede angekommen bemerkte Gwyn, dass Meister Darik und Zen noch arbeiteten. Soweit sie es beurteilen konnte musste die große Doppelaxt, die sie schon bei ihrer Ankunft gesehen hatte, bald vollendet sein.

Ob sie ihnen etwas zusehen durften?

Zaghaft betrat Gwyn die Schmiede.

Meister Darik warf ihnen über die Schulter einen schnellen Blick zu. Er nickte kurz.

Insgesamt war der Schmied nicht sehr gesprächig, aber Gwyn mochte ihn. Er erinnerte sie ein wenig an ihre eigene Meisterin. Das klang zwar seltsam, aber auch er schien alles zu überblicken und die Fäden fest in der Hand zu haben.

Ob sie sich deshalb so wohl in diesem Haus fühlte?

Neugierig beobachtete sie die beiden trotz der heißen verqualmten Luft weiter bei der Arbeit.

Meister Darik tauchte gerade die Axt ins Wasser und die Luft füllte sich mit dichten Dampfwolken, da schoss etwas Kleines durch den Durchlass an der Vorderfront, sauste durch den Qualm und prallte mit einem hörbaren Klatschen an die gegenüberliegende Wand.

"Was war das?" Meister Darik runzelte die ohnehin schon zerfurchte Stirn.

Gwyn ging hinüber zu der Wand.

Sie glaubte trotz des Rauches und der blitzschnellen Bewegung etwas erkannt zu haben, das aussah wie..

An der Stelle, von der das klatschende Geräusch erklungen war, lag etwas auf dem Boden.

Es war kleiner als Kayleigh, kaum größer als Gwyns Hand lang war. Sie kniete nieder und beugte sich darüber, stieß es vorsichtig mit dem Zeigefinger an.

Die Elfe öffnete die goldenen Augen und sagte: "Autsch!"

Nachricht

Buch zwei: Nachricht

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Die goldenen Augen mit den langen Wimpern blickten strahlend zu Gwyn auf, ein freudiges Lächeln lag auf dem kleinen herzförmigen Gesicht.

"Du bist Gwyn, nicht wahr?" Die Stimme der Elfe klang hell und klar.

Gwyn nickte.

Die Elfe setze sich auf und klatschte in die Hände.

"Au fein!" Sie schlug mit den fast durchsichtigen goldgeäderten Flügelchen und schwebte hinauf zu Gwyns Gesicht: "Ich bin Fidelis. Oder besser Lis. Das ist schöner! Leesha schickt mich übrigens zu euch."

"Du bist Leeshas Freund?", entfuhr es Kayleigh verblüfft und sie tapste näher heran.

"Freundin!" Lis stemmte empört die kleinen Fäuste in die Seiten.

"Dann eben Freundin! Hauptsache du bist die, die sie angekündigt hat!", schnaubte Kayleigh: "Das Leesha eine Elfe kennt...Das hätte ich nicht gedacht." Sie schüttelte den blaugeschuppten Kopf.

Lis funkelte das Drachenweibchen böse an:"Und warum nicht?"

"Elfen sind und bleiben tolpatschig!", erklärte Kayleigh fest.

Lis wollte etwas erwidern, warf dann aber einen schnellen Blick auf die Wand und wurde rot.

"Eine Freundin von euch?" Zen trat neugierig näher, Meister Darik folgte ihm.

"Sieht so aus....", brummte Kayleigh unwillig: "Aber keine gute Freundin!"

"Sei lieber nett zu mir!" Lis hob warnend einen Finger: "Wir werden in den nächsten Tagen viel Zeit mit einander verbringen!"

"Was?", entfuhr es dem Drachenweibchen. Sie klang regelrecht entsetzt.

Gwyn schmunzelte leicht.

"Ja!", sagte die Elfe.

"Und warum?", wollte die Echse wissen.

"Wir müssen nach Osten. Leesha sagte, ich soll euch bis in die Wandernden Hügel begleiten." Die Elfe schlug wieder mit den Flügeln und drehte sich einmal um die eigene Achse: "Das wird schön! Eins Ausflug!"

Kayleigh blieb das Maul offen stehen."Die Wandernden Hügel?", wiederholte sie sprachlos.

"Was beim Licht der Sterne sollen wir in den verdammten Wanderenden Hügeln? Was denkt sich Leesha nur immer? Uns hierhin und dorthin zu jagen ohne zu wissen weshalb!" Kayleigh schlug die kleinen Krallen in den Boden und fauchte wie eine wütende Katze, ihr Schwanz peitschte durch die Luft.

Lis lächelte halb freundlich, halb mitleidig: "Was sein muss, muss sein. Die Zeit und das Schicksal können nicht besiegt werden."

"Wer sagt das?", knurrte der Drache.

"Leesha." Die Elfe zuckte mit den kleinen Schultern.

"Und was hat das Schicksal damit zu tun?" knurrte Kayleigh.

"Nicht dein Schicksal. Ihres." Lis deutete mit ihrem winzigen Finger auf Gwyn.

"Meins?" Gwyn blinzelte verstört.

"Du hast Shin, nicht wahr? Und der Stab hat dich nahezu gerufen, oder?"

Gwyn nickte zögernd und etwas verstört.

"Na siehst du! Du hast den Kristallstab, ganz davon abgesehen, dass Leesha dich aufgenommen hat. Sie hat für alles ihre Gründe."

Gwyn schluckte.

Sie erinnerte sich deutlich.

Leesha und Ivas im Schneetreiben, direkt nachdem der Eissalamander ihre Familie getötet hatte.

Warum war sie dort gewesen?

Nur wegen ihr?

Was ging hier nur vor?

Und hing dieses Ereignis tatsächlich mit dem Kristallstab zusammen?

Das konnte doch nicht möglich sein!

Die junge Frau fühlte sich völlig verlassen und unsicher wie nie zuvor.

Und das Gefühl, als sie Shin das erste mal gesehen hatte...

Was sollte sie nun tun?

Ihr Kopf war vollkommen leer.

Dafür war Kayleigh jedoch um so lebhafter.

"Und was soll Gwyn Leeshas Meinung nach tun? Den Mond vom Himmel holen? Einen König retten? Oder sonst einen Blödsinn der in Geschichten erwähnt wird? Inzwischen traue ich Leesha ja alles zu!" Sie fletschte regelrecht die Zähne.

Gwyns Gedanken klärten sich.

Das interessierte sie auch!

Worum ging es hier überhaupt?

Sie war begierig endlich die Antwort zu erfahren!

Nur nebenbei bemerkte sie, das Zen und Meister Darik sprachlos daneben standen und ungläubig von einem zum anderen sahen.

Ein Drache und nun auch eine Elfe...

Das war sicher kein alltäglicher Anblick. Selbst das dunkelhaarige Mädchen war in ihrem bisherigen Leben nur ein- oder zweimal einem der kleinen Wesen im Immergrünen Wald begegnet.

Inzwischen seufzte Lis leise und flatterte näher zu dem kleinen Drachen heran, um ihr beruhigend den Klopf zu tätscheln.

Kayleigh sah aus, als würde sie die Elfe jeden Moment beißen wollen.

"Nein, nein, sowas nicht, keine Sorge." Die Elfe klopfte noch heftiger auf das silberblaue Schuppenkleid. Es schien ihr regelrecht Spaß zu machen.

"Was dann?" Die Drachenzähne knirschten gefährlich.

"Naja, der Kristallstab ist dazu da die Schatten zu bannen. Schattenwesen, wie Nachtmahre und Schlimmeres. Es scheint, als hätte die Priesterkaste etwas damit zu tun, dass immer mehr und mehr dieser Kreaturen im Schutz der Nacht durch das Land ziehen. Noch sieht man sie nicht oft, aber es werden mehr und mehr. Wesen der Dunkelheit in solch großen Zahlen...das kann nichts Gutes bedeuten." Lis runzelte die kleine Stirn und guckte unglücklich: "Und dagegen musst du etwas tun." Sie sah Gwyn an.

"Warum sie?" Kayleighs Augen funkelten.

"Die Zeit und das Schicksal haben es so bestimmt." Die Elfe zuckte die Schultern: "Und Leesha."

Kayleigh schnappte nach ihr.

Gefährten

Buch zwei: Gefährten

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Es war Abend geworden.

Im Westen lag noch der letzte Schimmer des Abendrots, der übrige Himmel zeigte ein dunkles Blau, die ersten Sterne funkelten bereits auf dem samtigen Hintergrund.

Gwyn saß im Schneidersitz auf ihrem Bett in der Dachkammer, Kayleigh lag auf ihrem Schoß. Lis hockte in sicherer Entfernung auf dem Bettpfosten.

Gwyn fühlte sich noch immer ein wenig leer und hilflos.

Nur eines war sicher: Sie würden zu den Wandernden Hügeln reisen.

Was sollte sie auch sonst tun?

Nur in der Stadt bleiben oder zurück zum Immergrünen Wald?

Darin sah sie keinen Sinn, also konnte sie genauso gut Leeshas Willen folgen.

Wie hatte die Elfe so schön gesagt: Die Zeit, das Schicksal und Leesha hatten es so bestimmt.

Ganz davon abgesehen, dass sie ihre nicht enttäuschen wollte.

Aus welchen Gründen auch immer, Leesha hatte sie gerettet und groß gezogen, daher fühlte sie sich ihr verpflichtet. Wen dies gleichzeitig noch die einzige Möglichkeit darstellte herauszufinden was hier geschah...Diese Gelegenheit wollte sie sich nicht entgehen lassen!

Sie würden also am nächsten Vormittag aufbrechen. Sie, das waren alle drei: Kayleigh, Gwyn und auch die Elfe.

Es klopfte an der Tür.

"Ja?" Gwyn sah auf.

Die Tür öffnete sich und Zen trat ein.

Ein wenig unsicher sah er von einer Ecke in die andere, nur nicht auf Gwyn.

"Ist was?" Kayleigh öffnete missmutig ein Auge und blickte ihn mürrisch an. Sie war noch immer gereizt. Lis' Gegenwart gefiel ihr ganz und gar nicht.

"Ich...äh...", stammelte Zen unruhig.

"Was willst du?", fragte das Drachenweibchen noch einmal.

"Also ich..."

"Sag es endlich!" fauchte das kleine Drachenweibchen. Kayleighs Schwanz schlug heftig auf die Bettdecke nieder.

"Ich komme mit euch.", erklärte Zen fest.

Kayleigh öffnete auch das zweite Auge und schaute ihn überrascht an, Lis purzelte vor Verwunderung fast von ihrem hohen Sitz und Gwyn blinzelte verwirrt.

"Warum denn das?" Völlig überrumpelt kratzte sich Kayleigh mit der Hinterpfote am Kopf.

"Ihr könnt doch sicher etwas Gesellschaft und vor allem Hilfe gebrauchen.", meinte der Blonde hoffnungsvoll: "Außerdem habe ich meine Lehre bei Meister Darik abgeschlossen und muss die Stadt sowieso verlassen. Hier ist einfach nicht genug Kundschaft für eine zweite Schmiede. Und wenn ich schon los ziehe, könnte ich euch doch genauso gut dabei begleiten, oder?"

"Hmm," machte der Drache.

"Ich finde seine Idee sehr gut!" Lis schlug mit den Flügeln und flog näher an Zen heran.

"Grmpf.", sagte Kayleigh und schnaubte leise.

Kurzes angespanntes Schweigen folgte.

"Er hat recht, fürchte ich." Grummelte es dann endlich von Gwyns Schoß her: "Nur wir drei alleine...Leider könnte ein junger Mann doch recht hilfreich sein..."

Lis sauste auf Zen zu und schlug ihm mit ihren Händchen auf die Schulter: "Gut, das du da bist Junge. Es wird bestimmt lustig. Je mehr Leute, desto besser!"

"Danke! Ich werde euch auch bestimmt keine Umstände bereiten!" Zen lächelte strahlend: "Ich habe meinen Meister schon um etwas Proviant für uns alle gebeten. Dann kann es morgen gleich los gehen!"

"Das ist nett." Gwyn nickte ihm freundlich aber zaghaft zu.

Gefiel es ihr, das sie sich nicht von ihm verabschieden musste?

Vielleicht...

Ein wenig menschliche Gesellschaft war ihr in jedem Fall ganz recht.

Die ganze Zeit allein mit Kayleigh und Lis... So schnell würde Kayleigh ihren Unmut der kleinen Elfe gegenüber bestimmt nicht unterdrücken können!

"Eine Frage hätte ich allerdings noch...", sagte Zen leise.

"Ja?" Kayleigh ließ dieses Mal beide Augen geschlossen.

Gwyn kannte sie lange genug um zu wissen, das sie innerlich regelrecht kochte. Ein unzufriedenes Drachenweibchen war nicht immer angenehm-

Hoffentlich fragte Zen nichts falsches...

"Wie genau kommen wir zu den Wandernden Hügeln? Zu Fuß?", erkundigte sich Zen neugierig.

Kurzes schweigen folgte. Dann hob der Drache ganz langsam den Kopf. Kayleighs Zähne blitzten auf, ihre Augen öffneten sich schlagartig und sahen den Schmiedelehrling fröhlich an: "Das wirst du morgen schon sehen!"

Es erweckte beinahe den Anschein, als würde sie grinsen.

Boshaft grinsen.

Flug

Buch zwei: Flug

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Nach seinem Besuch in Gwyns Zimmer, war Zen direkt in die Schmiede hinunter gelaufen.

Es war dunkel im Raum, der Geruch kalter Asche schwebte in der Luft, in der Feuerstelle glühten noch schwach die letzten Holz- und Kohlenreste.

Zen ging hinüber und begann damit das Feuer wieder in Gang zu bringen.

Er hatte nur noch diese Nacht.

Als das Feuer fröhlich prasselte und Funken sprühte, trat er zu der Ablage an der einen Seite der Schmiede.

Die Flammen zauberten zuckende Muster auf die doppelte Klinge der Axt, ließ den Stahl blutrot leuchten.

Er griff nach der Axt und seinem Hammer, dann begann er mit der Arbeit.

Hitze, Feuer, Funken, Stahl.

Bis zum Morgen musste seine Arbeit beendet sein.

Mit dieser Axt...

Wo immer Gwyn hin gehen würde: Er würde mit ihr gehen und seine Waffe würde ihm dabei hoffentlich gute Dienste leisten.

Was ihn wohl auf dieser Reise erwarten würde?

Laut klingend fuhr der Hammer auf das Metall nieder und Zens Gedanken konzentrierten sich auf seine Arbeit.

Aber immer wieder, wie ein Funke aus dem lodernden Feuer flog, musste er an Gwyn denken.

Auch das Grinsen des Drachenweibchens ging ihm nicht aus dem Kopf.

Irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl...

Doch es gab andere Dinge, auf die er sich konzentrieren musste!

Die Axt war nun wichtiger!

Wieder sauste der Hammer herab und traf den glühenden Stahl.

So ging es die halbe Nacht hindurch.

Nur das Feuer, die Hitze, der stahl und er selbst.

Erst kurz vor der Morgendämmerung war Zen mit sich und seinem Werk zufrieden. Müde und erschöpft wankte er hinauf in sein Zimmer immer um noch ein paar Stunden zu schlafen.
 

Viel zu früh wachte der Blonde wieder auf.

Verschlafen stand er auf und streckte sich.

Ob es schon Zeit für den Aufbruch war?

Nur gut, dass er noch immer seine Kleider trug, so sparte er wenigstens etwas Zeit!

Eilig verließ er sei Zimmer und lief hinunter in die Schmiede.

Tatsächlich warteten die anderen schon auf ihn.

Nur Meister Darik war nirgends zu entdecken.

Ein wenig verwirrt fragte er: "Habt ihr meinen Meister gesehen?"

Fidelis zuckte die Achseln: "Er war vorhin da und sagte, er müsse ein paar Besorgungen machen. Du sollst gut auf dich aufpassen und ihn irgendwann einmal wieder besuchen."

Vollkommen perplex starrte Zen die Elfe an.

Sein meister war gegangen ohne sich von ihm zu verabschieden?

Er senkte traurig den Blick.

Wirklich schade.

Aber daran war wohl nichts mehr zu ändern. Er hätte ohnehin nicht gewusst, was er zu seinem Meister hätte sagen sollen.

Langsam durchquerte er die Schmiede.

Die Doppelaxt lag noch genau dort, wo er sie zurück gelassen hatte.

Das Sonnenlicht, das durch den großen Durchlass in die schmiede fiel, ließ die Klingen hell erstrahlen.

Die Waffe war wirklich gut geworden!

Ein wenig stolz auf sich griff er nach der Axt und befestigte hinter seinem Rücken.

Das Gewischt war ungewohnt, aber beruhigend.

"Habt ihr schon den Proviant?", er wandte sich um und sah Gwyn fragend an.

"Ja. Wir haben alles. Wenn du soweit bist können wir los.", antwortete Kayleigh an ihrer Stelle ungeduldig.

"Ich bin soweit.", erklärte Zen.

"Gut, dann also los." Mit einem Satz sprang Kayleigh auf Gwysn Schulter.

"Hey, und was ist mit mir?", fragte Lis empört.

"Was soll mit dir sein?", fauchte der kleine Drache.

"Ich will auch getragen werden."

"Das hättest du wohl gerne!", knurrte Kayleigh und funkelte die Elfe an.

"Ach lass sie doch. Wenn ich dich herum trage, macht mir Lis auch nichts mehr aus." Gwyn strich der Echse einmal beruhigend über den Rücken.

Sie sah an diesem morgen noch schöner aus als am Tag zuvor.

Wie ihr Haar in der Sonne glänzte...

"Hurra!" Lis und ließ sich fröhlich auf Gwyns anderer Schulter nieder: "Dich mag ich!" Sie lächelte das Mädchen glücklich an: "Aber kannst du das fauchende Ding da nicht woanders hin bringen?"

"Wer ist hier ein fauchendes Ding!" Kayleigh richtete sich wütend auf und sträubte sich wie eine zornige Katze.

"Fühltest du dich etwa angesprochen?" Die Elfe machte große Augen.

"Wie auch nicht? Es war ja eindeutig, von wem du da gesprochen hast!"

"Wirklich?" Lis überlegte kurz: "Dann passe ich beim nächsten Mal besser auf."

Das Drachenweibchen knurrte leise, aber offenbar fehlte ihr die geeignete Antwort. Statt dessen brummte sie: "Lasst uns endlich gehen!"

Ohne ein weiteres Wort schulterten sie die Bündel, die in der Ecke bereit gestanden hatten und verließen die Schmiede. Schweigend zogen die vier durch die noch ruhig daliegenden Straßen aus der Stadt.

Nicht weit von den hohen Mauern entfernt hielten sie.

Zen fiel auf, das er noch immer nicht genau wusste, wie sie nun eigentlich reisen wollten...Sollten sie etwa die ganze Strecke zu Fuß zurück legen?

Und warum hielten sie jetzt schon an?

Sie waren dich gerade mal ein paar Minuten unterwegs?

Der Blonde wandte den Kopf zu den anderen herum.

Gleich darauf stolperte Zen mit einem erschrockenen Keuchen ein paar Schritte zurück. Fassungslos starrte er Kayleigh an.

Was....?

Das Drachenweibchen in ihrer wahren Gestalt!

dann so gut es mit nur einer freien Hand ging auf den Rücken des Drachen. Als sie richtig saß, drehte sie sich zu Zen um.

"Kommst du?", fragte sie.

Zen berührte kurz die mächtige Doppelaxt auf seinem Rücken.

Langsam, Schritt für Schritt, ging Zen auf das Drachenweibchen zu und kletterte ungeschickt hinter Gwyn.

Im selben Augenblick spannte Kayleigh die Muskeln und erhob sich in die Luft.

Verbissen klammerte Zen sich an den rauhen Schuppen fest, während Kayleighs weite Schwingen laut rauschend durch die Luft schwangen.

Der Boden blieb immer tiefer unter ihnen zurück, Horizont und Himmel wurden weiter und weiter.

Auf ihren weiten Schwingen glitt Kayleigh durch den weiten blauen Himmel.

Unter ihnen wechselten sich Wälder, Wiesen, Felder, Flüsse und kleine Dörfer ab, während sie geradewegs nach Osten flogen.

Stunde um Stunde ging dahin, bis zum Mittag.

Kayleigh trug sie über eine Ebene, die sich bis zum Horizont erstreckte. Langes grün-gelbes Gras wogte im Wind, in ständiger Bewegung, wie das Meer. Der gewaltige silberblaue Körper hockte im hohen Gras, die Schuppen schimmerten im Sonnenlicht, genau so wie die scharfen Krallen und die im breiten Grinsen gebleckten großen Zähne: "Überrascht?"

Zen nickte stumm.

Das war...

So groß!

"So ein starker Mann und hat Angst vor einer Eidechse..." Lis schüttelte traurig den Kopf.

"Wurdest du schon einmal von einem Drachen gefressen?" Kayleigh wandte der Elfe den mächtigen Schädel zu. Diese flitzte, hektisch mit den beinahe durchsichtigen Flügeln schlagend von ihrem Sitzplatz hinter Gwyns Kopf.

Das schwarzhaarige Mädchen verkniff sich ein kleines Lachen, griff das Bündel mit ihrem Proviant fester, prüfte noch einmal Shins Sitz in der Halterung auf ihrem Rücken und kletterte

Langsam sank der Drache nach unten und landete im frischen grünen Gras.

Ein wenig verspannt und verkrampft rutschten Gwyn und Zen vom Rücken des Drachenweibchens hinunter. Als sie standen reichte ihnen das Gras bis über die Hüften.

"Hui!", machte Lis und sprang von Gwyns Schulter auf die Spitze eines Grashalmes und hüpfte darauf auf und ab: "Hier gefällt es mir!" Strahlend hopste sie weiter: "Nur wo sind die Hügel? Hier ist doch alles flach!"

Kayleigh schnaubte und trat aus dem hellen Lichtschleier, der sie nach ihrer Verwandlung umgab. Ein Augenblick der Stille folgte, dann flatterte sie aus dem sie weit überragenden Gras auf Gwyns Schulter: "Falls es dir entgangen ist: Sie heißen Wandernde Hügel."

Lis runzelte die kleine Stirn und hielt in ihren Sprüngen inne: "Soll das heißen, sie wandern wirklich?"

Kayleigh nickte und antwortete: "Sie sind immer irgendwo auf dieser Ebene. Nur wo genau...das ist das Problem. Es heißt, innerhalb einer Stunde können sie an der einen Stelle verschwinden und am anderen Ende der Ebene wieder auftauchen."

Gwyn ließ ihren Blick über die weite Fläche vor ihr schweifen: "Und wie finden wir sie dann?"

Lis zuckte die Schultern: "Seht mich nicht so an. Ich sollte euch nur hierher bringen. Wie das genau gehen sollte, wusste ich selber nicht."

Kayleigh murmelte leise etwas vor sich hin.

Gwyn ignorierte die Bemerkung dicht an ihrem Ohr und erkundigte sich: "Es weiß also niemand wie es weiter gehen soll?"

Einhelliges Schweigen folgte.
 


 

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Geschafft!

Alles überarbeitet!! ^^

Mal sehen, wie es gefällt...^^

Hügel

Den ganzen Nachmittag über waren sie ziellos über die Ebene gezogen. Das Drachenweibchen und die Elfe flogen immer wieder ein Stück in die Höhe, um von dort Ausschau zu halten. Pausenlos suchten sie den Horizont ab, aber nicht der kleinste Hügel war zu sehen. Nur die unendliche einheitliche Grasfläche, so weit das Auge reichte.

Einmal machten sie eine kleine Pause und bedienten sich aus ihren Vorräten, danach zogen sie weiter.

Nichts.

Absolut nichts.

Ob sie die Hügel überhaupt finden würden?

Gwyn war sich da nicht so sicher.

Bei ihrem bisherigen Glück...

Was erwartete sie in den Hügeln überhaupt als nächstes? Von einer Überraschung in die Nächste zu stolpern, das gefiel ihr immer weniger! Zwar hatte sie inzwischen mehr Anhaltspunkte als noch vor ein paar Tagen, aber es blieben immer noch viel Fragen offen.

Der Kristallstab sollte also die Schatten bannen?

Sie warf einen Blick über die Schulter auf Shins Schaft, der über ihr aufragte.

Und wenn er ihr gehörte...

Bedeutete das, dass sie die Schatten bannen musste?

Was auch immer das bedeuten mochte...

Auch die Schattenwesen, wie die Nachtmahre denen sie begegnet waren, spielten offenbar eine Rolle, ebenso wie die Priester.

Das dunkelhaarige Mädchen erschauerte bei dem Gedanken.

Warum ausgerechnet sie?

Warum?

Sie wollte lieber zurück in den Wald und wieder ihr ruhiges Leben führen!

Nicht, dass ihr die Gesellschaft von Kayleigh, Lis und Zen nicht gefiel, aber...

Sie hatte Angst, wenn sie an die Zukunft dachte.

Was hatte die Elfe noch gesagt? Immer mehr und mehr Kreaturen des Schattens würden durch die Nacht schleichen.

Was mochte wohl der Grund dafür sein?

So viele Fragen und so viele Gedanken, die nicht ans Ziel führten...

Gwyn richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die eintönige Landschaft vor ihnen.

Die Sonne sank mehr und mehr dem Horizont entgegen und der Himmel begann sich rosarot zu färben.

"Wir sollten eine kleine Pause machen.", seufzte Kayleigh von ihrer Schulter herunter. "Von den Hügeln ist immer noch nichts zu sehen, also können wir genauso gut erst einmal ausruhen."

Erschöpft hielt Gwyn inne, zog Shin hinter ihrem Rücken hervor und ließ sich auf den Boden fallen. Durch die plötzliche Bewegung rutschten Lis und Kayleigh beinahe herunter, so dass sich scharfe Klauen und kleine Hände schmerzhaft an ihr fest krallten.

Gwyn achtete allerdings kaum darauf, sondern streckte die müden Beine aus und strich sich erschöpft das dunkle Haar aus der Stirn. "Rasten ist gut! Ich kann nicht mehr."

Zen nickte und ließ sich neben sie fallen. Auf diese Weise ragten die Grashalme hoch über ihren Köpfen auf, umgaben die Gruppe wie eine dichte Wand.

"So kommen wir nicht weiter.", meinte Zen resigniert. "Wir können doch nicht tagelang durch diese Gegend ziehen, nur in der Hoffnung endlich auf die Hügel zu stoßen!"

"Ja, aber wir können schlecht hier warten, bis die Hügel von selbst zu uns kommen. Das ist sicherlich genauso sinnlos." Kayleigh rollte sich in Gwyns Schoß zusammen. Sie schnaufte einmal: "Aber für heute ist es wirklich genug. So viel Gras..."

"Mir fehlen die Bäume...", murmelte Gwyn.

Der Anblick dieser großen leeren Fläche schüchterte sie ein wenig ein.

Lis strich dem Mädchen vorsichtig über die Haare: "Ich weiß gar nicht was du hast. Das Gras ist doch auch sehr hoch..."

"Für dich vielleicht.", lächelte die Dunkelhaarige schwach, zog den Beutel mit Proviant hervor und machte sich daran ihn zu verteilen, während Zen die Decken aus dem Bündel löste, dass er getragen hatte. Anschließend nahm er die große Axt von seinem Rücken und legte sie vorsichtig ins Gras. Die Schneiden glänzten in der Abenddämmerung. Vorsichtig strich er mit einem Finger über die Klingen.

Wie gut, dass die Doppelaxt noch rechtzeitig fertig geworden war!

Er warf einen verstohlenen Blick zu dem dunkelhaarigen Mädchen.

Mit der Axt konnte er Lis, Kayleigh und Gwyn ohne Reue begleiten, er ließ nichts Wichtiges zurück.

Und er war bei Gwyn.
 


 


 


 


 

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Unglaublich aber wahr! :o)

es geht weiter! ^^

Dieses mal hab ich sogar nach Rechtschreibfehlern suchen lasen, ich hoffe also mal, das keine mehr drin sind. ^^

Ansonsten ein GEWALTIGES DANKESCHÖN an YinYang, die mich mit ihren vielen Kommentaren total motiviert hat, so dass ich mich endlich mal wieder bewegt und hier etwas hochgeladen hab. ^^ *dollwink*

Besuch

Sie hatten gegessen und sich noch eine Weile unterhalten. Gwyn hatte eine kleine Flammenkugel beschworen, die vor ihnen in der Luft schwebte, so dass sie wenigstens etwas Licht hatten.

Der Feuerschein ließ das sich ohnehin im Wind schaukelnde Gras noch unruhiger erscheinen.

Gwyn betrachtete es traurig.

Bäume waren ihr wirklich viel lieber.

Die Kronen hoch über ihrem Kopf bildeten ein schützendes Dach und nicht so ein undurchdringliches unübersichtliches Meer wie hier.

Seit dem Essen lagen sie auf ihre Decken, Kayleigh links neben Gwyns Kopf, Lis zusammengerollt zwischen den Vorderpfoten. Sie waren wohl zu erschöpft um sich gegenseitig zu ärgern.

Shin lag an ihrer Seite, halb versteckt unter dem Rand der Decke und Zen hatte es sich ein paar Meter weiter, auf der anderen Seite der Feuerkugel bequem gemacht.

In diesem Moment erlosch die Flammenkugel und Dunkelheit legte sich über die beiden Schlafstellen. Der Himmel wölbte sich blauschwarz über ihnen, gespickt mit Tausenden von Sternen, im Osten standen silbern und golden die beiden Monde.

Das Gras raschelte sanft in einer leichten Brise und schon bald hörte man das gleichmäßige Atmen der vier.

Die Monde zogen über das dunkle Firmament, weiter und weiter, näherten sich allmählich wieder dem Horizont.

Plötzlich entstand eine kaum merkliche Veränderung im Rascheln des Grases.

Zen erwachte schlagartig, ließ aber die Augen geschlossen, drehte sich auf die Seite und streckte wie in einer zufälligen Bewegung im Traum die Hand nach seiner Axt aus, ließ sie auf dem breiten Griff ruhen.

Da war etwas!

Oder besser gesagt: Jemand!

Nur wenige Schritte entfernt, ein Stück hinter ihnen, kauerte jemand im Gras.

Er hörte das leise Atmen und spürte die Anwesenheit der Gestalt.

Wer konnte das sein?

Was hatte er vor?

Wenn er sich so anschlich konnte das nicht Gutes bedeuten!

Langsam schoben sich die Halme auseinander.

Ein dunkles männliches Gesicht umrahmt von im Mondlicht schimmernden hellbraunen Haaren lugte hervor. Leuchtende bernsteinfarbene Augen musterten die am Boden liegenden Gestalten.

Einen Moment lang beobachtete der Fremde, dann trat er aus dem Graswald hervor.

Mit geschmeidigen, lautlosen Bewegungen schlich er auf Zen zu.

Als er nur noch einen Schritt von Zen entfernt war, öffnete dieser schlagartig die Augen, umfasste fest den Griff seiner Doppelaxt und sprang auf.

Die fremde Gestalt zuckte zusammen und machte einen Satz zurück.

Dabei traf sein Fuß Gwyns Decke.

Genauer gesagt Kayleighs Schwanz.

Begleitet von einem lauten Aufschrei riss diese abrupt die Augen auf und schnappte im Affekt nach der Ferse des Fremden. Ihre scharfen kleinen Zähne bohrten sich in sein Fleisch und die Gestalt schrie auf.

Gleichzeitig trat er mit dem anderen Fuß nach dem bissigen Drachenweibchen. Kayleigh gab ein wütendes schmerzerfülltes Knurren von sich, als sie durch die Luft geschleudert wurde und unsanft einige Meter weiter im Gras landete.

Lis wurde ebenfalls von dieser Bewegung mitgerissen und bevor sie wusste, wie ihr geschah, lag die schläfrige Elfe unter einem wütenden Drachenweibchen.

Gwyn fuhr durch den Lärm mit einem Ruck auf und sah sich aus weit aufgerissenen Augen erschrocken um.

Auf der einen Seite eine Zähne fletschende Kayleigh, darunter die Elfe, die heftig mit den winzigen Fäusten auf den Körper über ihr hämmerte und lautstark schimpfte.

Auf der anderen Seite Zen, den Blick fest auf den Fremden gerichtet, die Axt halb erhoben in den Händen. Das Licht der zwei Monde ließ die Schneiden gefährlich glänzen, doch der nächtlich Besucher achtete nicht darauf.

Gwyn betrachtete ihn genauer.

Der Mann war sehr groß und schlank, dabei kräftig und geschmeidig. Die Haut zeigte ein ähnliches helles Braun wie die langen, ein wenig wirren Haare. Glühende, leicht schräge goldene Augen sahen ein wenig überrascht in die Runde. Die Ohren, die durch das Haar lugten, waren besonders auffällig: länglich und sehr spitz.

Als der in gebleichte Lederhosen und Wams gekleidete Mann kurz in ihre Richtung schaute, erkannte sie strahlend weiße, kräftige Zähne, ein paar davon scharf und spitz wie die Fänge eines Raubtiers.

Ein Halbmensch.

De´mhter.

Halb Mensch, halb Luchs.
 


 

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Und weil es so schön war, gleich noch ein Kapitel. :o)

Mal sehen, wann ich das nächste soweit hab....Ich mag nämlich den De´mhter. ^.^ Da geht das hoffentlich wieder schneller als in den letzten Monaten.

Bis zum nächsten Mal!!!
 

Eure Pitri
 

P.S:Danke an alle Leser!! ^^

Spannung

Gwyn rappelte sich vorsichtig auf, griff automatisch nach Shin und hielt ihn abwehrbereit vor sich.

Was immer jetzt kommen mochte, sie war bereit.

Bei dem Gedanken, wieder kämpfen zu müssen, lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken, doch wenn es sein musste...

Sie würde tun, was sie tun musste.

Unterdessen sahen sich Zen und der fremde De´mhter unverwandt an.

Was wollte der Halbmensch hier?

Mitten in der Nacht?

Vorsichtig trat sie einen Schritt zurück.

Ob er gefährlich war?

Halbmenschen waren schnell und kräftig wie ihre tierischen Verwandten, dass war allgemein bekannt.

Gwyns Finger, die verkrampft den Stab umklammerten, begannen zu zittern.

Diese Ungewissheit war schlimmer als alles anderes.

Nervös warf Gwyn aus den Augenwinkeln einen Blick auf ihre anderen Begleiter.

In einiger Entfernung zog Lis leise sich fluchend und schimpfend unter Kayleigh hervor und versteckte sich dann sofort schnell hinter deren Rücken. Von dort aus blickte sie aus großen Augen unruhig zu dem nächtlichen Besucher hinüber.

Das Drachenweibchen dagegen blieb abwartend stehen, zeigte dezent die bereits erprobten Zähne und guckte grimmig.

Sie sah aus, als wolle sie jeder Zeit zubeißen und so schnell nicht wieder los lassen.

Lange Sekunden lang geschah nichts.

Das Zittern, das Gwyn befallen hatte, wurde stärker.

Schließlich fragte Zen barsch: "Was willst du hier?"

Genau wie Kayleigh schien er bereit, sich jederzeit auf den De´mhter zu stürzen. Seine Waffe hatte er angriffsbereit erhoben, die Klinge blitzte kalt im weißblauen Licht der Sterne.

Der Fremde regierte nicht auf die Frage des Schmiedelehrlings. Statt dessen wandte er sich, ohne sich zu ihr umzudrehen an Gwyn: "Du bist Gwyn, richtig? Und das dort hinten," er deute mit dem Kopf zum Drachen und zur Elfe: "das sind Kayleigh und Fidelis."

Was?

Woher wusste er...?

Eine schwache Ahnung stieg in Gwyn auf, aber sie hielt es für besser, nichts zu sagen.

Der Besucher sprach inzwischen weiter. "Wer er ist, weiß ich nicht." Der Halbmensch wies auf Zen: "Ihn hat sie nicht erwähnt."

"Sie?" Kayleigh schien ebenso wie Gwyn etwas zu ahnen. Mißtrauisch funkelte sie ihn an: "Und wer bist du überhaupt?" Der Schwanz des kleinen Drachenweibchens peitschte unruhig auf den Boden.

Der De´mhter lächelte spöttisch und verneigte sich leicht vor dem Drachenweibchen: " Mein Name ist Carés. Was die Frage angeht, wer euch angekündigt hat...Leesha kommt nicht oft in die Wandernden Hügel...Und noch seltener will sie etwas, so wie dieses Mal. Deshalb war es für uns um so wichtiger zu tun, was sie wollte. Wir schuldeten ihr noch etwas."

Kayleigh knurrte vernehmlich: "Leesha! Das war ja klar! Das konnte nur sie gewesen sein! Warum muss sie nur immer so geheimnisvoll sein? Uns hierhin und dorthin zu schicken, eine Überraschung nach der anderen! Die Frau treibt mich noch in den Wahnsinn!" Ihr Schwanz mähte ein ganzes Büschel Grashalme nieder.

Gwyn nickte.

Ihre Freundin hatte recht!

Was bezweckte Leesha nur mit all dem?

Konnte sie nicht einmal offen sagen, was sie wollte und worum es ging?

Wozu nun der Besuch des Luchsmenschen.

Sie seufzte leise.

Es war einfach so typisch Leesha!

"Also ich finde das lustig!" Lis klimperte mit den Flügeln und flog auf den Luchsmenschen zu. Sie umkreiste ihn einmal, schwebte dann zu Zen. Fröhlich setzte sie sich auf seine Schultern und wippte mit den Beinen: "Willst du nicht langsam die Axt runter nehmen, Zen? Carés gehört ja wohl zu uns."

"Zu uns?", knurrte er grimmig. "Nur weil er gesagt hat, dass..."

"Niemand würde Leeshas Namen ohne Grund verwenden." Heftig nickend rutschte Lis auf Zens Schulter herum. "Er kann nur ein Freund sein, sonst hätte sie sich nie mit ihm abgegeben."

Zen warf noch einen abschätzenden Blick auf Carés, dann steckte er sich die Axt in den Gurt auf seinem Rücken.

Ihm war deutlich anzusehen, dass er dem Luchsmenschen nicht traute.

Aber die Elfe hatte recht.

Da er Leesha kannte...

Und vor allen Dingen würde es erklären, warum sie in die Wandernden Hügel hatten ziehen sollen.

"Zen also..." Carés ließ seine Zähne aufblitzen. Es sah aus wie eine Mischung aus Lächeln und Drohung: "Freut mich dich kennen zu lernen. Du hast gute Ohren und bist ziemlich schnell für einen Menschen, wie?"

"Ist das ein Lob?", fragte Zen zurück.

"An einen Menschen? Sicher nicht. Ich wunderte mich nur, wie schnell du bist."

"Aber nicht so flink wie du, wie wir gesehen haben.", brummte der Schmiedelehrling. Sein Tonfall war alles andere als freundlich.

"Zum Glück für mich." Carés Reißzähne schimmerten im Sternenlicht. Dann wandte er sich Gwyn zu: "Es ist mir eine Ehre Leeshas Schülerin kennenzulernen." Dieses Mal war die Verbeugung tiefer und wirkte ehrlich und ehrerbietig.

Überrascht blinzelte das Mädchen und nahm hastig Shin hinter ihren Rücken.

"Danke." Gwyn lächelte unsicher: "Es freut mich auch."
 


 


 

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Ach ja...wieder nur so kurz....Aber daran werde ich noch arbeiten, versprochen! Naja, so habt ihr immerhin auch noch mehr Zeit für andere Dinge....XD Und ich kann mich dem nächsten Kapitel widmen. ^^

Wanderung

Carés wollte noch in dieser Nacht weiter.

Also sammelten sie in aller Eile ihre Sachen ein und machten sich auf den Weg.

Der Luchsmensch ging ein Stück voraus, Zen und Gwyn folgten ihm. Sie gingen nebeneinander, Kayleigh und Lis hatten es sich jeweils auf einer von Gwyns Schultern bequem gemacht.

Das Licht der beiden Monde tauchte die Ebene in unwirkliches Licht und ließ die im leichten Wind wogenden Grashalme wie silberne Wellen schimmern.

"Und du weißt sicher, wo die Hügel zu finden sind?" Ein wenig skeptisch betrachtete Zen die Umgebung.

Noch immer war nichts weiter zu sehen, als flaches Land.

"Ganz sicher." Carés drehte sich nicht einmal um: "Ich wurde dort geboren, ich kann es spüren, wo die Hügel sich aufhalten."

"Aber hier ist nichts!"

Carés wandte nun doch den Kopf und lächelte sein Raubtierlächeln: "Aber sie werden bald da sein."

Interessiert schwebte Lis näher zu ihm heran: "Heißt das sie werden direkt vor uns...wandern?"

"Genau das heißt es."

Schweigend wanderten sie weiter durch die Nacht.

"Das ist ja fantastisch!" Lis kicherte aufgeregt. "Ich freu mich schon darauf!"

"Nun ja. Viel zu sehen gibt es da nicht." Carés zuckte mit den Schultern. "Aber interessant ist der Anblick trotzdem."

Gwyn seufzte innerlich.

Sie schien ein Talent dafür zu besitzen, ständig äußerst mysteriösen Personen zu begegnen. Sie wusste nicht so recht, ob ihr das gefallen sollte oder nicht. Langweilig wurde es so zwar nicht, doch die pausenlose Geheimniskrämerei ging ihr allmählich auf die Nerven. Das einzig gute an dieser Nacht bestand darin, dass sie sich nun nicht mehr auf eine ziellose Wanderung durch die Umgebung begeben mussten, nur getrieben von der vagen Hoffnung, auf die Wandernden Hügel zu stoßen. Dank ihres Führers konnten sie ihr Ziel viel schneller erreichen.

Kayleigh bewegte sich auf ihrer Schulter, ihre Krallen bohrten sich durch Gwyns Kleidung schmerzhaft in ihre Haut.

"Mir gefällt das nicht.", murmelte das Drachenweibchen. "Halbmenschen sind gefährlich. Sie sind unglaublich schnell und können gut mit ihren Waffen umgehen. Außerdem heißt es, sie fressen rohes Fleisch."

"Das tust du auch.", warf Gwyn ruhig ein.

"Das ist ganz was anderes! Ich fresse lediglich Fleisch vom Rind oder Schwein....Oder mal ein Schaf, wenn es nicht anders geht...Oder gewisse, quasselnde und nervtötende Lebewesen." Bei den letzten Worten streckte Kayleigh ihren Kopf vor und blickte an dem Mädchen vorbei Lis aus funkelnden Augen an.

Diese schaute aus ihren großen, goldenen Augen zurück und wippte mit den Beinen. "Ich weiß gar nicht, was du meinst.", flötete sie unschuldig.

"Das glaube ich dir sogar sofort.", grummelte Kayleigh.

"Fangt bloß nicht wieder an, euch zu streiten!", zischte Gwyn den beiden zu. "Nicht vor fremden Leuten!"

"Och, mich stört das nicht." Lis nickte fröhlich.

Das Drachenweibchen schnaubte verärgert.

"Pst!", machte Gwyn.

In diesem Augenblick blieb Carés stehen und drehte sich zu ihnen herum.

"Wir sind gleich da.", sagte er.

Auch Zen und Gwyn hielten inne und sahen sich aufmerksam um.

"Wo?" Die kleine Elfe flatterte aufgeregt mit ihren durchsichtigen Flügelchen und erhob sich in die Luft.

"Direkt vor uns.", erklärte der Luchsmensch. "Es dauert nur noch wenige Augenblicke."

"Ach ja?", brummte Zen grimmig. Er schien sich noch immer nicht mit der Gesellschaft des anderen Mannes abgefunden zu haben. Immer wieder wanderte seine rechte Hand scheinbar unbewusst zum Griff seiner Axt.

Carés reagierte lediglich mit einem kalten Lächeln.

Plötzlich begann der Himmel nur wenige hundert Schritte von ihnen entfernt zu leuchten. Es war ein smaragdgrünes Schimmern, durchzogen von einer Unzahl silbrig glänzender Funken. Der Boden unter dieser Wolke aus Licht schien sich nach oben, dem Himmel entgegen zu wölben. Der Anblick schien jeglicher Logik zu spotten, so dass Gwyn kaum glauben konnte, was sich dort vor ihr abspielte.

Die Nacht blieb weiterhin totenstill, doch die grasbewachsene Ebene vor ihnen hob und senkte sich wie das Meer an einem stürmischen Tag. Die Erhebungen wurden höher und höher, von links nach rechts, bis zum Horizont, soweit das Auge reichte.

Und dann, schlagartig, war es vorbei.

Das Glühen war verschwunden, als wäre es nie da gewesen und vor ihnen erhoben sich die Wandernden Hügel. Es waren sanft geschwungene Erhebungen, die sich meilenweit dahin zogen. Unter dem Licht der beiden Monde erkannte Gwyn überall verstreut liegende Felsblöcke, dazwischen alte, verkrüppelte Silbermoosweiden, deren knorrige Äste bis tief auf den Boden hinab hingen und deren moosbewachsene Stämme ein silbriges Licht ausstrahlten.

"Ui!", machte Lis.

Kayleigh nickte widerwillig. "Nicht schlecht."

Selbst Gwyn war sprachlos.

Aus den Augenwinkeln warf sie einen verstohlenen Blick auf Zen. Auch er wirkte überrascht, doch nach wie vor grimmig.

"Da sind wir also.", Carés machte eine einladene Handbewegung.

"Ist es noch weit?", erkundigte Zen sich missgelaunt.

"Keine Sorge. Es ist nicht mehr weit. Es liegt nur noch etwa eine halbe Stunde Fußmarsch vor uns, bevor wir das Dorf erreichen.", erklärte Carés geduldig, aber gleichzeitig amüsiert grinsend.

"Und dann?", fragte Gwyn.

"Der Schamane will euch sprechen. Bis Sonnenaufgang könnt ihr euch vielleicht noch etwas ausruhen."

Gwyn seufzte sehnsüchtig.

Nach dem anstrengenden Marsch mit den beiden Streithähnen auf den Schultern, käme ihr etwas Erholung gerade recht. Vor allem, wenn ihr ein offenbar wichtiges Gespräch bevor stand.

Noch während sie darüber nachsann, trat Zen an ihre Seite. "Alles in Ordnung mit dir?", wollte er besorgt wissen.

Sie nickte. "Es geht schon. Ich bin nur etwas müde."

"Wusste ich´s doch!", schnaubte Kayleigh an ihrem Ohr. "Diese lästige Elfe die ganze Zeit zu tragen ist viel zu anstrengend! Sie sollte lieber ihre Flügel benutzen und selbst fliegen und....oh."

Schuldbewusst erhob sich das Drachenweibchen in die Luft. "Gehen wir lieber schnell weiter.", murmelte sie zerknirscht.
 


 


 


 

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Und da is es!

Das neue Kapitel!

War das schnell genug?

Vermutlich nicht. ^^´´

Aber drei Stories parallel zu schreiben ist gar nicht so einfach....Ich bin daher richtig froh, dass ich das hier geschafft habe! Das nächste kommt bald!!! Eine gute Idee hab ich schon. ^^

Höhlen

Wie Carés es gesagt hatte, erreichte die Gruppe etwa eine halbe Stunde später das Dorf der De´mhter.

Die Zeit des Sonnenaufgangs schien nicht mehr fern zu sein, denn die beiden Monde standen bereits tief am Himmel. Nicht mehr lange und der erste von ihnen würde hinter dem Horizont verschwinden. Dafür waren die ersten Anzeichen der Dämmerung erkennbar, der Himmel im Osten wurde bereits heller und die Landschaft um sie herum lag in einem merkwürdigen, fast unwirklich wirkenden Zwielicht da. Außerdem schien der unablässig im hohen Gras wispernde Wind pünktlich zu Tagesanbruch stärker zu werden, die Laute, die er im Gras verursachte, klangen beinahe wie ein Flüstern.

Die Ankunft im Dorf der Halbmenschen kam für alle überraschend, denn nichts wies auf die Lage der Siedlung hin, bis sie die Kuppe eines besonders hohen Hügels erklommen hatten.

Dahinter tat sich ein weites, langgestrecktes Tal auf. Ein schmaler Bachlauf floss längs durch das Tal, sprudelte munter über ein Bett aus hellen Kieselsteinen und Sand. Mehrere Silbermoosweiden wuchsen am Ufer, bildeten eine Art Allee für das schnell dahin fließende Wasser. Das Gras im Tal war kürzer als bisher und durchzogen von einer Reihe von Wegen, auf denen nichts mehr wuchs, sondern nur noch der ungezählten Füßen festgetretene, trockene Sandboden zu sehen war. Diese Wege führten scheinbar sinnlos zwischen den Hügeln am Rande des Tales hin und her.

Es dauerte einen Augenblick, bis Gwyn die in den Flanken der Hügel, kaum merklich blinkenden, winzigen Fenster und die in der leichten Brise wehenden, grasgrünen Tücher, hinter denen sich offenbar die Eingänge zu den Höhlenwohnungen befanden, bemerkte.

"Wir sind da.", erklärte Carés zufrieden.

"Die Bemerkung war überflüssig.", murmelte Zen leise, aber deutlich.

Kayleigh kicherte verstohlen.

Gwyn verzog das Gesicht, sagte jedoch nichts. Sollten die anderen sich doch beschweren oder streiten, sie wollte sich nur noch ausruhen!

Ob es hier so etwas wie Betten gab?

"Und da wohnt ihr?", fragte Lis skeptisch von Gwyns Schulter hinunter.

"Ja.", bestätigte der Luchsmensch.

"Im Dreck?!" Die kleine Elfe schüttelte sich.

Der De´mhter warf ihr einen vernichtenden Blick zu, den das kleine geflügelte Wesen nicht einmal ansatzweise bemerkte.

"Und wo genau können wir uns nun ausruhen?", wollte Zen wissen. Ungeduldig schaute er sich um und seine Hand wanderte scheinbar unbewusst zum Griff seiner Axt.

Verwundert fragte Gwyn sich, warum er so aggressiv war. War er noch wütend, weil der Luchsmensch sie überrascht hatte? Oder war er ihm einfach nur unsympathisch?

Gwyn seufzte leise und schüttelte den Kopf.

Vor Müdigkeit fielen ihr beinahe die Augen zu und sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Über Zen und Carés würde sie sich ein anderes Mal Gedanken machen. Vor allem über Zen....Über ihn musste sie lange nachdenken.

Sie warf dem Schmiedelehrling einen verstohlenen Blick zu.

"Und in welchem Loch sollen wir schlafen?" Nach wie vor ein wenig verunsichert betrachtete Lis das still vor ihnen liegende Tal.

"Mein Haus ist dort drüben. Dort könnt ihr eine Weile bleiben." Carés deutete auf einen eher flachen Hügel zu ihrer Linken.

"Ich weiß nicht..." Die Elfe legte den Kopf auf die Seite und biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. "Nehmen wir da nicht den Regenwürmern den Platz weg? Nicht, dass ich was dagegen habe...es wird sicher lustig!"

Kayleigh gab ein ersticktes Keuchen von sich, fing sich aber schnell wieder. "Wir sollten besser sofort dorthin gehen.", sagte das Drachenweibchen. "Wenn sie es selbst sieht, gibt sie vielleicht endlich einmal Ruhe und stellt keine blöden Fragen mehr." Sie bewegte sich auf Gwyns Schulter und legte ihren geschuppten Schweif vorsichtig um Gwyns Hals. "Ich will nur hoffen, dass du Betten, Strohlager oder so etwas hast. Besonders Gwyn braucht etwas Ruhe."

Augenblicklich ruckte Zens Kopf herum und er betrachtete Gwyn besorgt.

Ein wenig verlegen, aber zu müde, um ihm zu beruhigen oder Kayleighs Behauptung generell abzustreiten, bat das Mädchen den De´mhter lediglich ebenfalls darum, weiter zu gehen.

Daher marschierte die Gruppe weiter, ging den Hang hinab und über die sandigen Wege schweigend durch das schlafende Dorf bis hin zu Carés Behausung.

Dort angekommen schlug der Luchsmensch den nicht nur grasgrünen, sondern tatsächlich aus frischen Halmen gewebten Vorhang vor dem Eingang zur Seite und machte eine einladende Geste in das Dunkel dahinter. "Willkommen in meinem Heim."

Ohne zu Zögern schritt Zen als erster in die dämmrige Höhle. Sein Gesicht war ruhig, aber seine Hand lag, wie so oft in den letzten Minuten, angriffsbereit in der Nähe seiner Waffe.

Gwyn hielt dies für übertriebene Vorsicht und folgte ihm auf dem Fuße. Sie trat durch den bogenförmigen Eingang, blieb jedoch nach zwei Schritten wieder stehen.

Blinzelnd schaute sie sich um.

Viel erkennen konnte sie nicht.

Es war fast stockdunkel im Raum, der offenbar recht groß war. Nur wenig Helligkeit sickerte durch den Eingang hinter ihr und durch drei oder vier kleine Fenster. Die Decke des Raumes war gewölbt und passte sich somit der Form des Hügels an.

Als sich die Augen des Mädchens an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, erkannte sie an der linken Seite einen kleinen, hölzernen Tisch mit zwei Stühlen und zu ihrer Rechten befanden sich eine hölzerne Truhe und einige Regale. An der gegenüberliegenden Wand entdeckte sie eine Art Feuerstelle.

Verwirrt runzelte Gwyn die Stirn und ihr Blick wanderte zur Decke der Höhle.

Ein einzelner, dünner Lichtstrahl fiel durch eine anscheinend abgedeckte Öffnung in der Decke. Der Rauchabzug.

"Der Schlafraum ist dort hinten." Carés zeigte auf einen neben der Kochstelle gelegenen Durchgang. "Dort befinden sich Decken, Strohmatratzen und alles andere, was ihr benötigt. Ich werde euch bei Sonnenaufgang abholen, sobald der Schamane mit euch reden will. Bis dahin könnt ihr euch wie Zuhause fühlen und euch ausruhen." Damit ließ der Halbmensch den Grasvorhang fallen und es wurde schlagartig noch dunkler um sie herum.

"Na großartig! Hätte er nicht wenigstens eine Kerze anzünden können? Man sieht ja die Hand vor Augen nicht.", beschwerte sich Kayleigh.

"Können De´mhter nicht im Dunkeln sehen? Vermutlich brauchen sie mit ihren Katzenaugen keine Kerzen und Laternen, sie sehen auch so genug." Vorsichtig tastete sich Gwyn voran in die Richtung, in der der Durchgang zum zweiten Raum liegen musste.

"Zen?", fragte sie.

"Ich bin auch unterwegs. Eigentlich müsste ich gleich...Autsch!" Zen fluchte mit schmerzverzehrter Stimme.

"Alles in Ordnung?", erkundigte sich das Mädchen besorgt, während sie weiter voran schlich.

"Ja, es geht schon wieder. Mir stand nur die Wand im Weg.", brummte Zen eine Spur verlegen.

Lis´ glockenhelles Lachen ertönte direkt neben Gwyns Ohr.

"Ich wusste doch, dass es lustig wird!", freute sich die Elfe."Und ich sehe auch keine Regenwürmer oder hässliche Käfer."

Auf Gwyns anderer Schulter prustete Kayleigh so laut los, dass das Mädchen vor Schreck zusammen zuckte.

"Siehst du hier überhaupt etwas?", wollte das Drachenweibchen von Lis wissen.

"Ja." Gwyn glaubte das heftige Nicken der Elfe regelrecht zu hören.

"Was denn?", fragte Kayleigh argwöhnisch.

"Alles ist schwarz."

"Grr!", machte Kayleigh.

"Hört auf ihr beiden! Jetzt ist Schlafenszeit!" Gwyn wusste selbst wie lächerlich das klang, doch im selben Moment ertasteten ihre ausgestreckten Finger den Türbogen, so dass sie sich keine weiteren Gedanken darüber machte.

"Ah, ich bin da."

"Sag mal, Gwyn, warum hast du eigentlich nicht mit Magie...", begann Kayleigh vorsichtig.

"Oh.", entfuhr es Gwyn verlegen.

Warum hatte sie nicht selbst daran gedacht?

Das machte sicher die Müdigkeit.

Sie machte eine schnelle Handbewegung und in der Luft vor ihr erschien eine strahlend weiße Kugel, die ein stetiges helles Glühen von sich gab. In dem farblosen Licht erkannten sie die von dem Luchsmenschen erwähnten Strohmatratzen und einige Decken.

"Na dann...", sagte Zen. "Nehmt ihr die Ecke dort hinten, ich bleibe hier vorne am Eingang. Sicher ist sicher." Er warf einen grimmigen Blick zurück.

Gwyn seufzte resigniert.

Männer!

Sie ließ die Kugel gerade so lange im Raum schweben, bis sich alle hingelegt und zugedeckt hatten, dann ließ sie die Dunkelheit zurück kehren und kurz darauf schliefen alle vier tief und fest.
 

Es mochten nicht viel mehr als eine oder anderthalb Stunden vergangen sein, als Carés sie wieder weckte.

Schlaftrunken standen sie auf und während Gwyn und Zen sich ihre Kleider glatt strichen, grummelte Kayleigh schlaftrunken vor sich hin, besonders, als Lis auf die Idee kam, das Drachenweibchen am Schwanz zu ziehen, um sie endgültig wach zu bekommen.

"Wenn ich dich erwische, du zu groß geratene Motte!" Wütend schlug Kayleigh mit ihren Flügeln und hob ab. Mit einem schrillen Quietschen sauste Lis quer durch den Raum davon, Kayleigh dicht hinter ihr. Gleich darauf raschelte es und die Morgensonne ergoss sich in einem Schwall in die Höhle, als die beiden hinaus huschten.

"Du hast sehr interessante Begleiter." Carés lächelte dem Mädchen still zu.

"Was dagegen?", knurrte Zen ihn sofort an.

Gwyn überging die Bemerkung. "Der Schamane will uns also sprechen?"

Der Luchsmensch nickte.

"Dann lasst uns gehen."

Zu dritt verließen sie die Höhlenwohnung.

Wie bei ihrer Ankunft lag das Dorf still da, der Sonnenschein brach sich glitzernd auf dem lustig gurgelnden Bach und ließ die sandigen Wege hin und wieder golden aufschimmern.

Auch Kayleigh und Lis waren nirgends zu sehen, aber einmal glaubte Gwyn hinter einem der Hügel heftiges Geschrei zu hören.

Hoffentlich tat Kayleigh der kleinen Elfe nichts...

Sie würde einmal ein ernstes Wort mit ihr reden müssen.

Hinter vorgehaltener Hand gähnte Gwyn einmal herzhaft. Sie war noch immer müde, doch sie fühlte sich schon wesentlich besser als vor ihrem kleinen Nickerchen. Jetzt war sie gespannt darauf, was der Schamane ihnen zu sagen hatte.

Leesha hatte sie hierher geschickt und offenbar hatte ihre Lehrmeisterin auch mit den De´mhter gesprochen.

Worum es wohl ging?

Diese Ungewissheit war furchtbar!

Hoffentlich bekam sie endlich ein paar Informationen darüber, in was sie hier hinein geraten war. - Oder besser: Von Leesha hinein geschickt worden war.

Unterdessen führte der Halbmensch sie zielsicher durch das Dorf, über den Bach hinweg und zu einem Hügel, der sich rein äußerlich nicht von den anderen unterschied. Er schlug das aus Gras gewebte Tuch zurück und trat ohne ein weiteres Wort ein.

Zen und Gwyn warfen sich einen kurzen Blick zu.

"Der Junge ist nicht sehr gesprächig, oder?", meinte Kayleigh.

Überrascht sah Gwyn auf. Direkt über ihr flatterte das Drachenweibchen in der Luft, die blau-silbernen Schuppen glänzten im Morgenlicht.

"Wo ist Lis?", fragte Gwyn zurück.

"Entwischt.", brummte das Drachenweibchen, offensichtlich enttäuscht. Gleich darauf ließ sie sich wie immer auf Gwyns Schulter nieder. Anschließend folgten sie Carés ins Innere des Hügels.

Im Gegensatz zu Carés' Wohnung tat sich hier hinter dem Eingang eine nicht sehr große, kreisrunde Höhle auf. Mitten in der Decke befand sich ein geöffneter Rauchabzug, auf dem Boden darunter, lag ein Haufen noch glühender Kohlen, vermischt mit Asche.

Auf der anderen Seite dieses herunter gebrannten Feuers hockte der Schamane.

Wie Carés war der Mann sehr groß und schlank, beinahe mager. Die Haut war bräunlich und bildete einen scharfen Kontrast zu den langen grau-weißen Haaren. Wie bei allen Luchsmenschen schaute ihnen ein Paar schräg geschnitte, goldene Augen entgegen. Das Gesicht war runzlig und die länglichen, spitzen Ohren, die durch das Haar lugten, hingen beinahe traurig herab.

Gwyn vermochte nicht zu schätzen, wie alt der Schamane war, aber er war ALT.

"Unser Schamane.", stellte Carés leise vor. Er war neben dem Eingang stehen geblieben und hatte den Kopf ehrerbietig gesenkt.

"Willkommen, Reisende." Die Stimme des alten Mannes war leise und klang, als striche jemand über altes, rauhes Pergament.

"Wir danken euch für die Einladung." Auch Gwyn senkte den Kopf und Zen tat es ihr eilig nach.

"Setzt euch doch." Der Schamane deutete auf den Boden vor dem Feuer.

Die beiden Menschen taten, wie ihnen geheißen.

"Carés sagte, Ihr wollt uns sprechen?", fragte Gwyn vorsichtig.

"Das ist richtig." Der alte Mann nickte. "Hat Carés euch schon berichtet, um was es geht?"

Das Mädchen verneinte.

Der Schamane nickte.

Kurzes Schweigen folgte.

"Ich möchte euch eine Geschichte erzählen.", erklärte der Alte plötzlich.

"Was für eine?", erkundigte sich Kayleigh misstrauisch.

"Über das Böse. Das Böse und die Priesterkaste."

Gwyn zuckte zusammen.

Priester.

Nachtmahre.

Das Blut...

Mühsam riss sie sich zusammen.

"Das Böse?", wiederholte Kayleigh ungläubig. "Das klingt eher wie ein Märchen."

"Das ist es aber nicht, glaubt mir." Der Schamane lächelte traurig.

"Meinetwegen. Aber warum wollt Ihr das ausgerechnet uns erzählen? Was hat das mit uns zu tun?" Das Drachenweibchen musterte den alten Luchsmenschen genau.

"Weil es ihre Aufgabe sein wird." Der Schamane deutete auf Gwyn und sah sie aus seinen goldenen Augen ruhig an.

"Ich?", echote das Mädchen mit dünner Stimme.

"Das hat Leesha gesagt." Der Schamane nickte.

"Leesha? Wenn wir sie wieder sehen, werde ich diese verschlagene Geheimnsikrämerin beißen!", verkündete Kayleigh aufgebracht. "Was denkt sie sich nur dabei?! Sie hetzt uns durch die Gegend, von einer seltsamen Situation zur nächsten und sie selbst hält sich fein raus!"

Gwyn pflichtete ihrer Freundin im Stillen bei.

Aber immerhin schien der Schamane der De´mhter etwas zu wissen.

Und was noch wichtiger war: er würde es ihr berichten.

"Erzählt.", bat sie.
 


 


 


 

******************
 

Nihao!
 

Das wäre also das nächste Kapitel meiner Geschichte.

Im Moment läuft es sehr gut, drei Geschichten parallel zu schreiben. Und endlich - ENDLICH - stehen im nächsten Kapitel einige Erklärungen an...wenn alles so bleibt, wie geplant. Auf jeden Fall gibt es endlich mehr Fakten und etwas zum Hintergrund der Reise.

Mal sehen, wie das wird.

Ich hoffe mal, dass euch dieses Kapitel gefiel.

Es ist ein Stück länger als sonst, oder?

Ich bin richtig stolz darauf. ^^
 

Bis dann!
 

Eure Pitri
 

P.S. Wer ein Bild von Gwyn sehen will, vorne auf der Übersichtsseite ist der Link zu einem Bild von ihr, gezeichnet von Caith. *knuffel*

Erzählung

"Ich werde euch einiges erklären müssen...", sagte der Schamane ruhig und betrachtete sie einen nach dem anderen.

"Das glaube ich auch.", knurrte Kayleigh. "Das wird auch höchste Zeit. Erst recht nach dieser Sache mit dem ominösen Bösen." Sie schnaubte abfällig.

Der alte Luchsmensch lächelte milde. "Es ist nicht immer gut, zu früh zu viel zu wissen. Oftmals ist es hilfreicher, eine Geschichte ohne eigene Vorurteile, Sorgen, Hoffnungen und Ziele zu betrachten."

Das Drachenweibchen schnaubte noch einmal. "Wir sind wirklich sehr gespannt, was Ihr zu sagen habt.", erklärte Gwyn. "Leesha hat sich in dem Punkt sehr bedeckt gehalten."

"Das ist nicht verwunderlich. Die Angelegenheit ist sehr kompliziert." Der De´mhter wiegte bedauernd den Kopf.

"Sie wollte sich also davor drücken?", zischte Kayleigh. "Das sieht ihr ähnlich!"

"Möglicherweise wollte sie auch nichts dazu sagen, da sie in die Angelegenheit verwickelt ist." Wieder das nachsichtige Lächeln.

"WELCHE Angelegenheit?" Kay schlug ungeduldig im Sekundentakt mit ihrem geschuppten Schwanz auf den festgestampften Erdboden.

Der Schamane holte tief Luft.

Einen Moment lang blickte er Gwyn fest in die Augen.

Sie erwiderte den Blick äußerlich gelassen, aber innerlich bis zum Äußersten angespannt.

Endlich etwas Licht im Dunkeln.

Ein Ende der Unwissenheit.

Der alte De´mhter zwinkerte ihr kaum merklich zu. Gleich darauf begann er zu erzählen. "Das alles begann vor langer Zeit, wie die meisten Dinge. Lebewesen sagen oder tun etwas, nur eine winzige Kleinigkeit und doch verändern diese Kleinigkeiten die Geschichte und können Großes bewirken. Vermutlich ist das auch der Grund, warum ich euch nicht genau sagen kann, wie es begann. Nur Leesha...sie hat es wohl gespürt."

"Gespürt?", echote Gwyn.

Der De´mhter lachte leise.

"Wie alt ist Leesha?", fragte er unvermittelt.

Verwundert runzelte Gwyn die Stirn. "Wie alt? Ich verstehe nicht..."

"Wie alt ist sie?", wiederholte der Alte.

"Woher sollen wir das wissen?", brummte Kayleigh grob. "Sie ist eine Magierin. Die können gut einhundert Jahre alt werden, ohne dass man es ihnen ansieht. Da sie Gwyn großgezogen hat, ist sie sicher über fünfzig."

"Ein halbes Jahrhundert...", sinnierte der Schamane. "Und dazu zwei weitere."

"Noch zwei Jahre? Also ist sie zweiundfünfzig?", fragte Zen irritiert.

"Nein. Zwei weitere Jahrhunderte. Leesha ist etwa zweihundertfünfzig Jahre alt."

Fassungsloses Schweigen folgte.

"Das...das kann nicht sein. Selbst Magier werden nicht so alt, selbst so mächtige wie Leesha nicht!"

Der Schamane schüttelte mitfühlend den Kopf. "Sie ist nicht nur eine Magierin."

"Was ist sie noch?", wollte Gwyn leise wissen.

"Das weiß selbst ich nicht genau. Ein Mitglied einer alten Familie...eine alte Gemeinschaft. Ebenso wie der Wolf. Wenn auch bei ihm in anderer Weise."

Ivas auch?

Gwyn glaubte zu wissen, dass ihr die Geschichte nicht gefallen würde. Ein Gefühl, eine Ahnung regte sich in ihr, ohne dass sie wusste, woher dies kam.

"Weiter.", bat sie.

"Es gab nie viele von ihnen, doch sie waren mächtig. Wie Leesha. Leesha und Darinus."

Gwyn bemerkte, wie Kayleigh das Maul öffnete, um etwas zu sagen, doch das Mädchen hielt ihr mit einer schnellen Bewegung die Schnauze zu. Dumpfe, erstickte Protestlaute ertönten. Aber Gwyn blieb unerbittlich, sie wollte keine weiteren Unterbrechungen.

"Darinus war ebenso stark im Umgang mit der Magie wie eure Freundin, aber er....er hatte andere Ziele, andere Wünsche. Während die anderen seiner Sippe sich zurück hielten, in aller Stille lebten und damit zufrieden waren, war Darinus das bekannte schwarze Schaf. - Wenn auch nicht im negativen Sinne, wie man erwarten würde. Im Gegenteil. Er wurde nicht glücklich mit diesem Leben in der Abgeschiedenheit. Er wollte mehr. Er wollte unter Menschen, in Städte und Dörfer, um mit seinen Fähigkeiten etwas zu bewirken. Darinus wollte helfen, statt sich zu verstecken, wollte nutzen, was er hatte.

Und er tat es.

Jahrelang war er unterwegs. Tat, was er konnte und er fand unzählige Bewunderer, überall im Land." Der Schamane lachte leise. "Wie der Held aus einer Kindergeschichte.

Mehr und mehr Leute wandten sich mit ihren Problemen an ihn. Er tat, was er konnte, doch es liegt in der Natur der Dinge, dass Magie nicht der Schlüssel zu allem ist und sogar nicht sein darf. Aus diesem Grund suchte er Hilfe bei anderen."

"Wer könnte einem so mächtigen Magier bei etwas helfen, was er selbst nicht kann?" Mit einem Ruck hatte Kayleigh ihren Kopf befreit und unterbrach mit ihrer Frage die Rede des Alten.

Eine gute Frage.

Gwyn schloss einen Moment die Augen.

Sie erinnerte sich deutlich daran, was der Schamane zu Beginn ihrer Unterredung gesagt hatte.

"Das Böse?", murmelte sie kaum hörbar.

Doch der Luchsmensch schüttelte den Kopf. "Nein. Das nicht. Darinus wollte tatsächlich nur Gutes für alle Lebewesen, egal welcher Rasse sie angehörten. Er suchte daher Verbündete, die ihn unterstützen konnten."

Die Härchen an Gwyns Unterarmen richteten sich auf. "Die Priester."

Dieses Mal nickte der Alte bedächtig. "Ja."

Ein Schauer lief durch den Körper des Mädchens.

Wie konnte eine Geschichte, die so gut begann nur so enden?

Vor ihrem inneren Auge sah sie wieder das Geschehen in der Halle tief unten im Felsen.

Wollte sie das Ende der Geschichte überhaupt wissen?

Aber der Schamane sprach bereits weiter. "Lange Jahre arbeiteten Darinus und die Priester für das Wohl Anderer. Dann, vor etwas mehr als einhundertdreißig Jahren starb das bis dahin amtierende Oberhaupt der Priesterkaste und ein Nachfolger musste gewählt werden. Er war es, der alles veränderte."

Gwyn schluckte mühsam. "Die Nachtmahre."

Der De´mhter nickte. "Das neue Oberhaupt begann schon kurz nach seiner Ernennung damit, Pläne zur Mehrung des Einflusses der Kaste zu entwickeln. Darinus war ein Teil dieser Pläne, ohne dass er es gemerkt hätte. Er war wohl einfach zu gutgläubig. Solange man ihm versicherte, dass was er tue sei zum Besten der Menschen, war er bereit alles zu tun. Vielleicht war dies eine Auswirkung der selbstgewählten Isolation seiner Sippe, wer weiß das schon.

Mit Hilfe von Darinus Macht gelang es dem Oberpriester jedenfalls mehr und mehr Einfluss zu gewinnen, vor allem in den großen Städten des Landes. Der Kontakt der Priester zu den Göttern ist eine Sache, doch weltliche, magische Kräfte auf seiner Seite zu haben, macht nicht weniger Eindruck. Im Gegenteil. Die Götter sind fern, doch die Magie...Sie überzeugte die Bevölkerung. Warum nicht direkt bei den Priestern Hilfe suchen, statt selbst zu den Göttern zu beten oder die Priester zu bitten, selbst das Beten für sie zu übernehmen? Magie wirkt sicher, im Gegensatz zu Bitten an unsichtbare Götter.

Im Interesse Aller wäre es besser gewesen, wenn sich die Priesterkaste und ihr Oberhaupt mit dem Erreichten zufrieden gegeben hätten: Große Tempel, Einfluss auf einfache Bauern wie auch auf mächtige Herrscher, umfangreiche Tempelschätze und überall Bewunderung.

Nicht lange darauf ersann der Oberspriester einen weiteren Plan, um ihre Macht noch weiter auszubauen."

Er brach ab und zögerte einen Augenblick, bevor er fortfuhr. "Einer der sichersten Wege Respekt oder zumindest etwas ähnliches zu erlangen war von jeher die Furcht. Wer Angst hat, ist schneller bereit, denen zu geben und zu gehorchen, die angeblich helfen können. Aus diesem Grunde durchsuchten die Priester die alten Bücher der Zauberei und holten auch an anderen Stellen Informationen ein. Dabei gelangten sie irgendwann an eine fast vergessene Beschwörungsformel, die es ihnen ermöglichte, Nachtmahre jederzeit und an jedem Ort erscheinen zu lassen und diese dunklen Kreaturen ihrem Willen zu unterstellen. Mit Hilfe der Nachtmahre riefen sie Angst und Schrecken in ihren Gemeinden hervor, nur um die Geschöpfe kurze Zeit später vor den Augen der Bewohner zu verjagen oder zu vernichten. Der Ruhm, den sie dadurch erwarben, war unbeschreiblich. Davon angestachelt suchten die Priester mehr und mehr dieser Beschwörungsformeln, um auch andere, noch gefährlichere Geschöpfe der Finsternis zu rufen."

"Und Darinus?"

"Es dauerte lange, bis er erkannte, was vor sich ging. Und als er es begriff, war er zutiefst verstört und getroffen. Er wollte nicht weiter mit den Priestern arbeiten, sondern wollte zurück zu Seinesgleichen. Der Oberpriester wiederum wollte nicht zulassen, dass sein bisher so williger Gehilfe sich zurückzog und vielleicht sogar das Geheimnis verriet. Also beschwor er eine weitere Schattenkreatur, die sich auf Darinus stürzte, als er in der Nacht vor seiner Reise zu seiner Sippe tief schlief.

...Im Schlaf überrascht und unfähig sich zu verteidigen blieb von Darinus nicht viel mehr übrig als ein blutiger Klumpen Fleisch..." Der Schamane räusperte sich. "Die anderen Mitglieder seiner Sippe erfuhren selbstverständlich, dass er ermordet worden war und begannen das Geschehene zu untersuchen. Sie hatten sich nie sonderlich für Darinus´ Handeln interessiert, aber sein Tod änderte alles. Allen voran eure Freundin Leesha machte sich daran, das Geheimnis zu ergründen und so erkannte sie bald, was vor sich gegangen war..."

Der De´mhter seufzte. "Das ist im Grunde die Geschichte. Eure Freundin weiß, was die Priester nach wie vor tun. Inzwischen nutzen sie die Kreaturen sogar für Raub und Mord. - So lange es nur ihren Interessen hilft, ist ihnen jedes Mittel recht. Die Priesterkaste ist verkommen und skrupellos geworden, es gibt sicher kaum einen unter ihnen, der noch so den Göttern dient wie zu den Zeiten der Gründung ihres Ordens."

Nachtmahre...

Und Schlimmeres.

Was mochte schlimmer sein als eine dieser gesichtslosen Gestalten?

"Und was ist....was ist meine Rolle dabei?", fragte sie mutig und geradeheraus.
 


 


 

**********************************
 

Hallo!
 

Und wieder ein Kapitel!

Es hat leider wieder länger gedauert...aber dafür kam nun endlich der erste Teil der Auflösung! Im nächsten Kapitel geht es dann weiter.

Mal sehen, was ihr von meinen Ideen haltet. Ich hoffe, es klingt nicht zu platt teilweise...wenn doch liegt das am Weihnachtsessen und meiner Unfähigkeit danach noch etwas zu Stande zu bringen. ;O))
 

Bis zum nächsten Mal!
 

Eure Pitri



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Von: abgemeldet
2007-04-15T12:33:34+00:00 15.04.2007 14:33
also......*sprachlos ist*.......spannung ist drin das kann ich dir sagen, nur okay es las sich ein bisschen holprig wegen der fehler, aber ansonsten würde ich sagen, ich halte mich nicht weiter mit dem kommi auf sondern lese gleich weiter


PS: danke für die ENS^^
Von: abgemeldet
2007-04-13T14:08:33+00:00 13.04.2007 16:08
ich habe einen fehler gefunden^^ stiefel schreibt masn groß *sich duck* sorry hätt ich ja nicht unbedingt sagen müssen....gerade ich ich mein liest man sich ma meine kommies durch.....sry aber ansonsten war das ma wieder ein tolles kapitel^^


Ein Drache *quiek* ^^
Von: abgemeldet
2007-04-13T14:03:01+00:00 13.04.2007 16:03
Ein Drache *megafreu* und ich würde auch zu gerne da löeben als in der stadt....okay aber so ganz ohne Menschen....
dein Schreibstil gefällt mir...möglichst nicht alles am anfang erzählen des find ich besser, so das man selber noch ein bisschen die fantasie laufen lassen kann

hör bloß nie auf zu schreiben!!!!!!
Von: abgemeldet
2007-04-13T13:54:34+00:00 13.04.2007 15:54
ieder einmal sehr gut...okay bei dem dialog mussste ich mehrmals nochmal nachlesen wer da jetzt was sagt aer sonst.....der wolf erinnnert mich stark an meine kleine katze

okay ich will nicht noch länger warten
weiter gehts im abenteuer^^
Von: abgemeldet
2007-04-13T13:49:02+00:00 13.04.2007 15:49
brrrrr mir ist richtig kalt......will mehr!!! gut geschrieben!
so gut das ich ne decke brauche.

bin schon total neugierig was nnoch kommt....also weiter gehts *riesenlob von mir geb*
Von: abgemeldet
2007-04-13T13:43:27+00:00 13.04.2007 15:43
okay was soll ich sagen...... hammer!!! aber zu kurz...egal ich kann ja jetzt weiter lesen^^ auf zum nächsten kapitel^^
Von: abgemeldet
2007-04-13T13:38:55+00:00 13.04.2007 15:38
okay..................*sprachlos ist* hammer prolog^^ freu mich auf die nächsten kapitel okay bin ein recht später fan wie ich bemerke aber ich hol auf^^

ach ja hammer atmosphäre. ich weiß nicht irgendwie wurde es in meinem zimmer dunkel und nebelig und wir haben mittag!!!!

cu ich les jetzt weiter^^
Von:  RayDark
2006-10-28T10:23:05+00:00 28.10.2006 12:23
Ich hab endlich diese Geschichte zu Ende gelesen, was davon bisher da ist. Nyo, ich muss zugeben, am Anfang wusste ich nicht, was ich damit anfangen sollte, aber es wurde nach und nach immer spannender, sodass ich gar net mehr aufhören konnte, zu lesen. Schade nur, dass du bisher noch nicht weiter geschrieben hast, deshalb warte ich jetzt sehnüchtig auf das nächste Kapitel^^

Ich bin froh, dass ich diese FF angefangen habe, zu lesen^^
Von: abgemeldet
2006-04-29T17:31:27+00:00 29.04.2006 19:31
Hi!
Mensch jedes mal wenn ich irgendwas von dir lese bin ich total hin und weg und bekomme von der Welt um mich herum überhaupt nix mehr mit! Du hast echt talent im schreiben!
Nur hab ich bei diesem Kapitel den Satz
"Vor dem zweiten Wagen, nahezu unversehrt, bleiben sie stehen." net ganz verstanden, was meinst du mit nahezu unversehrt, den Wagen oder das Mädchen und den Wolf??
Na vielleicht hab ich ja au grad nurn Brett vorm Kopf^^
Egal auf jeden Fall nochmal Lob, Lob, Lob!^^
Shizuka
Von:  Yalene
2006-01-09T13:51:01+00:00 09.01.2006 14:51
Ich hab schon geahnt, das so eine Szene draus werden würde...
Und ich hab mich köstlich amüsiert. x3

Nur etwas hat mich bisschen verwundert.
>Wie groß er wohl war? Im Immergrüne
Wieso 'wie groß er wohl war'? Sie hatte ihn doch in seiner halbnackten Glorie direkt vor sich stehen, oder nicht? Da hat sie ihn doch sicher mehr als gut beäugen können.

Besonders herrlich fand ich auch diesen Satz:
>Und warum, beim Licht der zwei Monde bewegte er sich kein Stück von der Stelle?
Herrlich. ^^

Yalene
[FFFZ]


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