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Metamorphose

Aus dem Selbst zurück zu Uns
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Mein zweiter Versuch einer Fanfiction.
Einmal mehr hab ich Respekt vor denen die hier regelmäßig super lange Kapitel verfassen.
Zum Einstieg (für mich :'D) aber erst einmal was kurzes. Sagt mir gern, was ihr davon haltet. :)

Inspo Songs: Allein - Die Ärzte Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Es wird wohl doch etwas langatmiger, als ich mir das vorgestellt habe. Ich hoffe ihr könnt noch mit etwas mehr Kai Solo Action-oder eben nicht ganz so viel Action leben. So richtig viel passiert dieses Kapitel noch nicht.
Zur Einordnung:
Ich hab mich entschieden mich mit Kais Hintergrund an den Anime zu halten und die dort vorhanden Lücken mit Headcanons zu füllen. Was mit dem Manga überein stimmt ist, dass sein Vater auch hier ein wahrer Beybladefanatiker ist. Aber dazu später sicher mehr.

Inspo Songs: My December - Linkin Park & nightmares - Easy Life Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Diesmal ein Ausflug zurück in das Chaos, das Kai hinterlassen hat. Und ein kleiner Einblick in Voltaires Gedankenwelt. Vielleicht unnötig zu erwähnen, aber die jeweiligen (An-)Sichten der Figuren stellen natürlich nicht immer die tatsächliche Realität dar.

Lied Inspo: Home is for the heartless Komplett anzeigen

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Allein

Stille lag wie eine schwere Decke über ihm, nachdem er die Tür zu seiner neuen Wohnung geschlossen hatte. Bis eben hatte er noch das wenige Hab und Gut, welches er besaß, fein säuberlich in Kartons und Taschen gepackt, hier in den dritten Stock getragen und es spärlich in den ansonsten leeren Räumen verteilt. Diese waren entgegen des altehrwürdigen Internats und erst recht des alten Hiwatari Anwesens, ungewohnt niedrig und modern, wollten sich noch nicht so richtig in die Vorstellung seines neuen Zuhauses einfügen. Der Boden war zu großen Teilen mit hellem Laminat ausgelegt und die Wände nur glatt verputzt und weiß gestrichen worden. Von der Wohnungstür aus konnte er durch den Flur direkt gegenüber in das Wohnzimmer sehen, welches eine große Fensterfront mit Balkon besaß. Der Himmel hatte ein sattes Blau und die wenigen Wolken hatten keine Eile, sich über ihn hinfort zu bewegen. Wäre die Balkontür geöffnet gewesen, hätte man sicher den Wind, den mäßigen Verkehr und vielleicht sogar die Vögel zwitschern hören. Doch sie war geschlossen und ließ die sommerliche Aussicht eher wie ein Abbild erscheinen, ein Blick in eine Welt, in der die Kühle und Stille der Wohnung nicht dazu gehörte. Fahrig ließ er die Hand von der Klinke gleiten und lehnte sich an die Tür in seinen Rücken, mit der anderen Hand hielt er noch immer den Schlüsselbund und drehte unbewusst den Schlüsselring in seinen Fingern.
 

Ihr Sieg gegen die BEGA war nun 3 Monate her. Takaos Sieg.

Die BBA war noch immer in Trümmern und würde sich so schnell nicht mehr erholen. Wahrscheinlich würde es sie in dem Maß, wie sie war, nie wieder geben. Metal Blades hatten eine neue Ära des Bladens eingeläutet und seine letzten Sommerferien waren zu Ende gegangen. War es nach der Weltmeisterschaft noch eine Frage gewesen, war es nun zur Gewissheit geworden: Seine Zeit als Beyblader war vorbei. Er war sich bis zuletzt nie sicher gewesen, ob er das Bladen liebte oder hasste. Doch das waren sowieso Emotionen, dem in seinem Leben nie ein Platz zugestanden worden war-etwas zog sich bei dem Gedanken in seiner Brust zusammen. Um dem Gefühl zu entgehen, schüttelte er leicht den Kopf und stieß sich von der Tür ab um…ja, um was?

Er war beinahe aus Japan geflohen, sobald sich die Gelegenheit ergeben hatte. Entschlossen das Kapitel Beyblade, das Kapitel Voltaire, die Bladebreakers und…alles was sich damit verband, hinter sich zu lassen. Er hatte das Gefühl gehabt zu ersticken, wäre er noch einen weiteren Tag in den dunklen Wänden der Villa seines Großvaters gefangen gewesen. Kurz um, er hatte mal wieder einen typischen Kai Hiwatari gemacht. Keine Notiz an niemanden, einfach weg von dem, was ihn zu halten versuchte. Lediglich die Suche nach einer Wohnung und die nötigen Papiere, die mit sich kamen, wenn man seinen Wohnsitz in ein anderes Land auslagerte, sorgten dafür, dass er nicht direkt nach der Weltmeisterschaft verschwunden war. BEGA und die Eignungstests der Universitäten, an denen er sich beworben hatte, trugen jedoch gut dazu bei, dass beim Warten keine Langeweile aufkam. Nun war das so noch sehr euphemisiert ausgedrückt, denn eigentlich hatte schon die Weltmeisterschaft ihren Tribut verlangt. Seine Verbindung zu Dranzer war ein zweischneidiges Schwert, je enger sie wurde, je mehr er von ihr nutzen konnte, je mehr sog auch sie an seiner Energie, seinem Körper und seinem Geist. Ohne Frage war er mehr über sich hinausgewachsen denn je, doch auch dieses Training hatte unweigerlich an ihm genagt, und nachdem er alles, was er hatte, in das finale Match gegeben hatte, war nicht mehr übrig geblieben als ein Zustand totaler Erschöpfung. Rückblickend kam es ihm lächerlich vor, dass er für diesen Sport diese Wege ging, dass er selbst dann noch weiter machte und Brooklyn schlussendlich besiegte…für einen teuren Preis.

Seine freie Hand griff nun nach dem Anhänger seiner Kette, in welchem die Splitter von Dranzers Bitship eingearbeitet waren. Auch das hatte ihn nicht abgehalten, am nächsten Tag einen weiteren Eignungstest zu schreiben. Erst später verstand er, dass dies das letzte Mal gewesen war, dass er die Wärme der schützenden Schwingen Dranzers um sich gespürt hatte. Stattdessen hinterließen ihre Flammen eine dunkle, wabernde Leere, die an ihm zog und ihn betäubte. Es herrschten selbst hier in Sankt Petersburg sommerliche 28°C, dennoch blieb in ihm das Gefühl zu frieren, dass er nicht abschütteln konnte. Es gab kaum Erinnerungen an eine Zeit ohne ihre Wärme zu spüren und er hatte nie darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, wenn sie ging.

Er wusste, dass sie hatte gehen müssen, immerhin hatte er sie gehen lassen, doch ein Teil von ihm hatte es dennoch nicht verstehen wollen, hatte sich verraten, im Stich gelassen gefühlt, wollte wütend auf sie sein. Inzwischen war jedoch auch dieser Teil von der Taubheit aufgefressen worden und mit ihm, hatte er das Gefühl, war auch Dranzers letztes Glühen in ihm erloschen. Nun war er tatsächlich allein.
 

Ist das nicht das, was du immer gewollt hast?

I don't need to know

Ein rotes Glühen umgab ihn. Es war warm und feucht, aber nicht auf eine unangenehme Weise. Sein Körper fühlte sich leicht und schwerfällig zugleich an. War er unter Wasser? Noch immer leicht benommen von der wohligen Wärme sah er sich um. Langsam zeichneten sich feine Äderchen auf der rötlichen Umgebung ab, welche nun gleichmäßig zu pulsieren schien. War das…? Unwillkürlich streckte er die Hand danach aus, doch hielt inne als er seine Hand erblickte…irgendwas war anders, doch konnte er nicht ausmachen, was nicht stimmte. Da ihn kritische Blicke nicht weiter brachten, schob er den Gedanken jedoch vorerst beiseite und vollendete die Bewegung. Haut. Fast hätte er bei der Berührung zurückgeschreckt, hätten nicht just in dem Moment Stimmen hinter dem Gewebe anfangen zu sprechen, die ihn erstarren ließen. Eine weibliche Stimme, die er zwar gut wahrnahm, jedoch nicht verstehen konnte, als würde man all ihre Worte augenblicklich verwischen, und eine männliche, die zwar aufgebracht die weibliche zu übertönen versuchte, allerdings nur unzusammenhängende Worte von sich gab: “Pass auf du…!-Vibrationsfrequenz-..niemals..-Frostbite…-vergiss-Startgeschwindigkeit-mehr..mehr…mehr…!”

Erneut pulsierte die Haut, diesmal allerdings so stark, dass sie sich aus seinem Griff löste und drückte ihn ein Stück von ihr weg. Doch er fiel nicht, er schwebte eher davon. Eindeutig, er schien in irgendetwas zu schwimmen. Mit dieser Erkenntnis merkte er plötzlich, dass ihm die Luft ausging. Panik stieg in ihm auf, als er sich umsah und nichts als eben jenen hautartigen Kokon erblickte. Instinktiv schwamm er in die Richtung der Stimmen. Wie funktionierte Schwimmen noch einmal? Unkoordiniert bewegte er Arme und Beine um voranzukommen, hatte das Gefühl, unterzugehen, würde er nur kurz aufhören. Die Wärme der Substanz, in der er schwamm, umschmeichelte ihn noch immer, doch schien sie ihn nun mit sich ziehen zu wollen. Mit aller Anstrengung und wilden gepaddel schaffte er es gerade so, dass seine Fingerspitzen die Membran wieder berührten und krallte sich sofort mit aller Macht an ihr fest; versuchte

sie zu zerreißen mit seinen…viel zu kleinen Händen, wie er nun feststellte. Aber es war egal wie sehr er an dem Gewebe zog, es gab kein Stück nach. Seine Arme fühlten sich kraftlos an, als hätte man seine Muskeln betäubt. Verzweifelt schrie er nach den Stimmen, die ihn nicht zu bemerken schienen, doch mehr als ein paar Luftblasen kamen nicht aus ihm heraus. Sein Blick begann zu verschwimmen, als sich hinter der Membran Silhouetten formten. Die Frau, der die weibliche Stimme zugehörig war, befand sich im Gehen, während sich die männliche Figur abwandte. Ihre Stimme hatte beinahe etwas wimmerndes angenommen, während er weiterhin, allerdings nun mehr zu sich selbst, seinen Kauderwelsch sprach.

Nein. Verzweiflung machte sich in ihm breit. Er wusste, was passieren würde.

Erneut streckte er seine Hand nach der Membran aus, nur um zu merken, dass er inzwischen weit von jener zurückgetrieben war. Noch einmal versuchte er zu schreien, dorthin zu schwimmen, zu ihr. Doch sein Körper war kraftlos und seine Lippen wollten sich nicht öffnen, als wären sie vernäht. Einzig seine kleine Kinderhand streckte sich dennoch der Silhouette entgegen. Sein Blick verschwamm und das nächste Blinzeln wurde so schwer, dass sich die Lider nicht mehr heben ließen…
 

Als er die Lider wieder öffnete, war es immer noch warm, aber nicht mehr feucht. Auch der Anblick hatte sich verändert; genau genommen sah er nichts. Doch Kai gab seinen Augen nicht die Möglichkeit, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, um vielleicht die Konturen der Zimmerdecke wahrnehmen zu können. Resigniert hatte er sich das Kissen, welches wieder einmal längst nicht mehr unter seinem Kopf weilte, ins Gesicht gedrückt. Es überraschte ihn nicht mehr. Nicht die Träume und nicht der Fakt, dass er doch immer wieder nur allein, mitten in der Nacht in seinem Zimmer aufwachte. Auch nicht der Schrecken, der noch in seinem Körper saß. Die meisten Träume ließen keine Bilder zurück, doch ihr Nachbeben bescherte ihm dennoch genug Adrenalin, sodass weitere Einschlafversuche danach zwecklos waren. Ein Murren verließ seine Kehle und wurde je von dem noch immer dort verweilenden Kissen verschluckt. So schwer wie sich sein Körper anfühlte war ihm klar, dass er nicht lange geschlafen hatte. 1-2 Stunden vielleicht. Krampfhaft versuchte er, die Emotionen wegzuwischen und wieder einzuschlafen, aber eigentlich war ihm klar; diese Nacht war vorbei. Wieder einmal.
 

Sich seines Schicksals ergebend schob er sich das Kissen wieder vom Gesicht und setzte sich auf. Fahrig strich er sich die silberne Mähne aus dem Gesicht, während er darauf wartete, dass aus der schwarzen Masse, die ihn umgab, wieder so etwas wie seine Wohnung wurde. Viel gab es hier jedoch noch nicht zu erblicken. Einzelne Taschen, in denen er seine Kleidung untergebracht hatte, standen an der Wand neben der Tür, während er selbst in der Mitte des Zimmers auf seinem Futon aufsaß. Selbst wenn er eigene Möbel besessen hätte, hätte er sie wohl nicht aus Japan bis hier nach Sankt Petersburg gebracht, lediglich den Futon hatte er sich noch vor seiner Abreise angeschafft.

Er brauchte sich nicht die Mühe machen, nach dem Lichtschalter zu tasten, als er aufstand. Erleuchten würde dies zumindest nichts, denn auch Glühbirnen standen noch auf der To-Do Liste. Da es Sommer und die Tage noch lang waren, hatte er verzichtet, direkt am Einzugstag noch einmal dafür loszugehen. Und auch jetzt erhellten das schummrige gelborangene Licht der Straßenlaternen noch indirekt die Wohnung, als er aus dem Schlafzimmer hinaus in den Flur trat. Das Laminat fühlte sich kühl unter seinen nackten Füßen an und ließ ihn ungewohnt geräuschlos ins Wohnzimmer tapsen. Seltsam beunruhigt von der betäubenden Geräuscharmut, die diese Wohnung umgab, beschleunigte er seine letzten Schritte zu der Balkontür und öffnete sie fast schon hektisch. Das leise Knarzen der Tür, als sie sich aus ihrem Rahmen bewegte und der Lärm des Mopeds, welches gerade vorbei fuhr, ließen ihn unweigerlich aufatmen. Kurz zögerte er, dann trat er auf den Betonboden des Balkons hinaus. Im Vergleich zur Wohnung sah man ihm an, dass es sich doch nicht um den Neubau handelte, dass es einem vorgaukeln wollte zu sein. Zwei weiße Plastikstühle und ein runder weißer Tisch standen weiter links neben ihm als einzige Zierde des ansonsten kahlen Balkons. In dem gelben Licht war es nicht auszumachen, doch er war sich sicher, zuvor gesehen zu haben, wie sehr das Plastikmobiliar schon den Kampf gegen die Sonne verloren hatte und er sah davon ab, die Stabilität der Stühle testen zu wollen.

Stattdessen legte er seinen Unterarm auf dem ebenso betonierten Geländer ab, welches wohl mal einen schöneren Handlauf getragen hatte, dieser jedoch wohl schon seit längerem nicht mehr Teil des ganzen war. Zumindest ließen die mittelmäßig zugespachtelten Löcher, die gleichmäßig auf dem Rand verteilt waren, darauf deuten. Die Gegend in die er gezogen war, war bei weitem nicht so elitär wie bei seinem Großvater, dennoch gehörte sie doch zu den angenehmeren Vierteln. Direkt gegenüber an der Straßenecke stand ein großer Baum, der einem das Gefühl gab, nicht ganz so tief in der Betonwüste zu wohnen, wie es eigentlich der Fall war. Dahinter war ein flaches Gebäude, das irgendwas mit Kindern zu tun hatte, kein Kindergarten oder Schule, so viel wusste er, aber genauer hatte er sich damit nicht befasst. Schräg gegenüber an der Kreuzung war eine Tankstelle, die bläulich vor sich hin schummerte. Nicht hell genug, um gegen den penetranten Gelbstich der Straßenlaternen, der der Nacht unweigerlich einen Sepiafilter verpasste, anzukommen. Auch nicht hell genug, um die nächtliche Atmosphäre zu stören, so wie er es aus Japan gewohnt war. Stattdessen fügte sie sich stimmig in das verschlafene Stillleben ein. Es musste zwei, vielleicht drei Uhr sein, doch genau konnte er es nicht sagen, da im Umfeld keine Uhr zu erkennen war. Erst jetzt fiel ihm ein, dass er sein Handy noch immer ausgeschaltet hatte. Es gab niemanden den er momentan erreichen wollte und um der Nachrichten und Anrufflut, die so ein Spontanumzug mit sich brachte, zu entgehen, hatte er es gleich ausgeschaltet. Jetzt aber ging er zu einem der Kartons im Wohnzimmer, auf welchen er seinen Rucksack abgelegt hatte, und kramte nach dem Gerät, welches praktischerweise genauso schwarz war wie das Innenleben der Tasche. Tatsächlich konnte er es aber recht zügig ertasten und nahm es wieder mit auf den Balkon, während es langsam hochfuhr. 02:27 Uhr leuchtete ihm daraufhin die ernüchternde Uhrzeit entgegen, während sich darunter die Benachrichtigungen über entgangene Anrufe und Nachrichten immer länger auflisteten. Unzufrieden sperrte er den Bildschirm und sah noch einmal in die Nacht. Es war immer noch warm, aber lange nicht mehr so heiß wie am Tag. Eigentlich die besten Voraussetzungen, um das zu tun, was er immer tat: Trainieren. Kurz entschlossen stand er also wenig später in Sportsachen vor der Haustür. Sein Haar war lang geworden, sodass er den dunklen Teil in einen, zugegebenermaßen momentan nicht allzu ordentlichen, Zopf gebunden hatte; auch ein–zwei Strähnen seiner silbernen Mähne hatten sich darin verirrt. Er war nicht der größte Fan des Joggens und mitten in der Stadt war auch wirklich nicht die optimale Umgebung dafür, doch in Ermangelung anderer Möglichkeiten nahm er nun erst einmal damit Vorlieb. So konnte er sich zumindest auch gleich ein besseres Bild von der Umgebung machen.

Es war wirklich keine schlechte Gegend; die Straße, an dem auch sein Wohnhaus stand, führte weiter in die Wohngegend, die insgesamt ziemlich aufgeräumt und, vielleicht nicht neu, aber saniert aussah. Er konnte sich vorstellen, dass es die Mieten hier ganz schön in die Höhe getrieben haben musste, doch war Geld nun wirklich nichts, worüber er sich Sorgen machte. Bereits zur Geburt war ihm Kapital überschrieben worden, um ihn schon im Kindesalter möglichst schnell in das Thema Finanzen einführen zu können, und was motivierte besser als wenn es das eigene Geld war, das mehr wurde? So zumindest der Gedanke. Dass er dadurch bereits sehr früh finanziell unabhängig war, war offensichtlich auch nicht zu seinem Nachteil.
 

Nach einer Weile bog er ab, um sich den hinter der Wohngegend liegenden Teil anzusehen. Auf Google Maps hatte er im Vorab gesehen, dass nicht unweit ein Park sein sollte, sogar mit anliegenden Fitnessstudio. Tatsächlich lugten auch bald die ersten dunklen Baumkronen zwischen den Häusern hervor. Der Park war überschaubar, schon beim Reingehen konnte man das komplette Ausmaß der Grünfläche erkennen. Er war rechteckig angelegt und mit Bäumen und Wegen umsäumt, während in der Mitte große Rasenflächen grünten. Auf einer Seite gab es einen eingezäunten Basketballplatz und auf der anderen schien ein Teich zu sein, welcher momentan nur als schwarze Vertiefung darlag. Es waren zwar Laternen vorhanden, doch war ihr Licht sehr gedimmt und reichte gerade so für die Wege. Nachdem er fast schon eine ganze Runde um den Park gejoggt war, erkannte er hinter dem Basketballplatz auch das Fitnesscenter. Es schien ein umgebautes Wohnhaus zu sein, welches um eine moderne, gläserne Front in Richtung des Parkes erweitert worden war. Ehrlich gesagt, eher ein ein fehlgeschlagener Versuch, dem Gebäude neuen Pepp zu geben, denn es wirkte eher wild zusammengesetzt. Kai verlangsamte seinen Schritt, um einen Blick in das immer noch erleuchtete Innere zu erhaschen. Es schien modern, leicht industriell eingerichtet, wie die meisten neuen Fitnessstudios. Auch die Geräte schienen, zumindest vom Weiten, noch recht neu zu sein. Zufrieden damit dehnte er sich etwas und blickte erneut auf die Uhr seines Smartphones. 03:57Uhr, fast vier. Trotz des 24h Betriebes würde nun sicher keiner im Studio sein, um mit ihm einen Mitgliedschaftsvertrag abzuschließen, er beschloss das später am Tag nachzuholen. Dann durchfuhr ein plötzliches Stechen seinen Kopf und ließ ihn kurz helle Flecken sehen. Kurz stützte er sich auf den Knien auf, um das Gleichgewicht zu behalten, ehe es so schnell verging, wie es gekommen war. Lediglich der leichte Schwindel hielt noch an. /Kein Wunder/, dachte er bei sich, immerhin hatte er einen, dank der Zeitzonendifferenz umso längeren, Tag inklusive Flug und Umzug hinter sich; getoppt von ganzen 2 Stunden Schlaf. Dennoch fiel ihm nichts besseres ein als Laufen zu gehen, verdrehte er innerlich über sich selbst die Augen. Dennoch wusste er, dass er es wieder genauso machen würde. Wenn er nichts zu tun hatte, trainierte er, wenn er entspannen wollte, trainierte er, wenn er einen stressigen Tag hatte…trainierte er. Es war ein Automatismus, den er nicht gewollt war zu hinterfragen. Immerhin war Sport persé nichts schlechtes und sein Körper konnte sich allemal sehen lassen. Für diese Eitelkeit war er gewillt, die Hintergründe dazu großzügig zu verdrängen.
 

Als er den Schlüssel im Schloss der Haustür umdrehte, schickte die Sonne bereits ihre ersten Strahlen über die Dächer und auch die Stadt schien langsam zu erwachen.

Er nahm immer gleich zwei Treppenstufen mit einmal, bis er wieder vor der Tür seines neuen Zuhauses stand. Selbst von außen wirkte es noch unbewohnt aufgrund des Fehlens einer Fußmatte und eines Klingelschildes. Auf letzteres würde er wohl auch gut und gerne verzichten, immerhin war der Name Hiwatari auch in Russland kein unbekannter Begriff.
 

Als er diesmal eintrat, kam ihm Vogelgezwitscher entgegen. Er hatte die Balkontür offen gelassen und eine morgendliche Brise brachte frische Luft in die Räume, die noch den Geruch von frisch gemalerten Wänden innehatten.

Allerdings bekam er dies kaum mit, sein Fokus lag darauf, sich aus den Schuhen und dann auf dem Weg ins Bad aus seinen Laufklamotten zu schälen, die sich daraufhin auf dem Toilettensitz als Ablage wiederfanden. Jetzt merkte er, dass er seinem Körper zu viel zugemutet hatte. Erneut verdeckten weiße, tanzende Flecken seine Sicht,während er sich zur Dusche tastete. Kurz darauf stellte er das heiß ersehnte Nass an, welches sogleich auf seinen verschwitzten Körper niederprasselte. Seine Hände begannen zu kribbeln, als wären sie eingeschlafen und er beschloss die Augen einfach zu schließen, in der Hoffnung, dass es gleich vorbei gehen würde. Fahrig seifte er sich ein und duschte es länger als nötig ab, denn er hatte das Gefühl, dass seine Beine nachgeben würden, würde er nun einen Schritt wagen. Er wollte grinsen, es musste lächerlich aussehen, wie er, fit und muskulös wie er war, gerade aus der Dusche ausstieg wie ein alter Opa, doch auch seine Mimik wollte ihm nicht mehr so recht gehorchen.
 

Ob er doch noch einmal versuchen sollte zu schlafen? In einem frischen Shirt und neuer Unterhose lehnte er sich an die zum Glück schon existente Küchenzeile, nachdem er die Herduhr mit seiner abgeglichen hatte. 7:43Uhr. Er merkte, wie alles in ihm danach schrie. Dennoch saß das unangenehme Gefühl vom Aufwachen noch tief genug, um dem gleichzeitig zu widerstreben. Außerdem war es eigentlich zu spät, sich nun noch einmal hinzulegen. In ein paar Stunden würde es wieder heiß werden und die Zeitdifferenz zwischen Japan und Russland würde weiterhin an ihm nagen. Um dem Jetlag zu entgehen, entschied er sich letztendlich dagegen, also half nur eins: Kaffee.
 

/Eigentlich hilft da nur noch Espresso in Literform intravenös in die Blutbahn/, dachte er sich ernüchtert, als er an dem wässrigen Kaffee des kleinen Bäckers, der sich ebenfalls nicht unweit von der Tankstelle befand, nippte. Er hatte sich eine schwarze, bewusst verwaschene Jeans und Sneaker angezogen und seine Haare zumindest halbwegs wieder in den Griff bekommen. Auch wenn das vielleicht nicht ganz reichte, um von seinem übernächtigten Gesicht abzulenken, reichte es dennoch, dass die junge Verkäuferin ihm freiwillig den Kaffee und das Gebäck, das nun ebenfalls auf dem kleinen Tisch vor ihm stand, an den Platz gebracht hatte. Es war Freitag und es wurde zunehmend mehr Betrieb in der kleinen Backstube. Von seinem Platz in der Ecke beobachtete er wie Mütter, genervt von ihren Kindern noch eilig was für die Pausen der Kleinen holten, gestresste Angestellte mit dem Handy am Ohr “das Übliche” bestellten und dann mit Kaffee und meist einer kleinen Tüte mit irgendeinem Gebäck von dannen schritten-wahrscheinlich die Gattung, der er in nicht allzu ferner Zukunft auch angehören würde- und alte Männer, die aus unerfindlichen Gründen anscheinend auch zur Rush hour unbedingt ihre 3 Brötchen und drei Stück Kuchen brauchten. Es war noch ungewohnt, überall russisch zu hören. Hätte die Frau vor ihm vorher nicht in russisch bestellt, hätte er wohl gewohnheitsmäßig in japanisch angefangen. Erneut vibrierte sein Handy, um ihm anzuzeigen, dass er angerufen wurde. Missmutig stellte er die Tasse des schwarzen Lebenselixiers ab und holte es aus der Hosentasche. “Kinomiya” stand in japanischen Lettern auf dem Display. Erneut drückte er es weg.
 

Du musst besiegen, was du nicht ignorieren kannst.

Home is for the heartless

Ungewohnt viel Fußgetrappel ließen das Hiwatari Anwesen an diesem Vormittag eigentümlich aufgescheucht wirken. Eine Nachricht schien sich wie ein Lauffeuer unter den Bediensteten zu verbreiten, eine, die vor allem dem leitenden Butler den Schweiß auf die Stirn trieb, welcher diesen nun schon zum wiederholten Male mit seinem Einstecktuch weg tupfte. Unwirsch steckte der ergraute Mann den zerknautschten Stoff in die Gesäßtasche seiner Anzughose und hielt einen der vorbei eilenden jüngeren Bediensteten an. “Und?”, fragte er gewohnt streng, doch war offensichtlich, dass sein Nervenkostüm längst zu bröckeln angefangen hatte. "Flughafen. Nachts um 3.”, bekam er die knappe Antwort, auch sein Gegenüber schien alles andere als erfreut über die Lage. “Ja, na und wohin?!”, fuhr es doch etwas lauter aus ihm heraus, als er gewollt hatte und er räusperte sich korrigierend, “Wo ist er jetzt?”. “Wissen wir noch nicht. Vielleicht finden die Zimmermädchen noch was.”-”Geh und frag nach”, damit ließ er seinen Kollegen seinen Weg fortsetzen und das Einstecktuch fand wieder den Weg an seine Stirn. Es war nicht so, dass es unüblich war, den Hiwatari Spross nicht anzutreffen, sie hatten zwar ein paar Punkte im Zeitplan, an die auch er sich zu halten hatte, jedoch waren diese in der Regel spärlich genug gesät, als dass sofort auffallen oder stören würde, wenn er mal eine Weile nicht im Hause weilte. Ein ausgeräumtes Zimmer plus fehlendem Bewohner war jedoch eine ganz andere Sache und er kam nicht ganz umhin dies auch mit der neuerlichen Häufung der vom Familienkopf beanstandeten Treffen in Verbindung zu setzen. Letzendlich waren die beiden Hiwataris Pole vom gleichen Schlag, kamen sie sich zu nah, stießen sie sich ab. Das alles änderte nur leider nichts daran, dass die Schuld dennoch bei ihm gesucht und gefunden werden würde. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass in zwei Stunden ein weiteres dieser Treffen anberaumt war. Zwei Stunden, bis er wohl einen Kopf kürzer gemacht werden würde.
 

In einem großen, mit wertigen, dunklen Holzmöbeln zugestellten Arbeitszimmer, kam das schon fast angrenzende Chaos nur gedämpft an. Voltaire stand mit dem Rücken zu Tür und Schreibtisch und sah nach draußen. Das Büro lag im ersten Stock direkt über dem Eingang und ließ so eine gute Aussicht auf den gesamten Vorgarten, die Einfahrt und ,dank der generell erhabenen Lage des Villenviertels, auch über die Stadt zu. Er war schon ein ganzes Stück weiter als seine Dienerschaft und eine Mischung aus Genervtheit und Amusement zierte sein im Alter umso mürrischer gewordenes Gesicht.

Falls Kai dies als einen Akt der Rebellion sah, war dies ein ziemlich kläglicher. Noch bevor sein Enkel es wusste, hatte das Hiwatari Oberhaupt gewusst, wo es Kai hin verschlagen würde. Ein dreckiges Grinsen zog seine Mundwinkel nach oben. Ob der Junge sich auch für die Universität Sankt Petersburgs entschieden hätte, wenn er gewusst hätte, dass auch er selbst dort studiert hatte? Mit Sicherheit nicht. Doch auch ihm steckte ein Hiwatari im Blut, und sie würden sich nicht mit etwas Zweitklassigen zufriedengeben. Auch unbewusst fiel der Apfel nicht weit vom Stamm. Allerdings hatte es Voltaire nicht halb so viel Detektivarbeit gebraucht, um dies herauszufinden, denn die Uni hatte es sich nicht nehmen lassen, wenn so ein bekannter Name ein zweites mal in ihren Unterlagen auftaucht, der alten Zeiten Willen (und nicht zuletzt natürlich der Spenden und PR Willen), Kontakt aufzunehmen.

Es war amüsierend mit anzusehen, wie sein Enkel meinte, ihn so zu verabscheuen und abzulehnen und doch dabei genau den Weg ging, den er gehen sollte, den, den er für ihn vorgesehen hatte. Es war durchaus das effektivste, sie glauben zu lassen, sie würden nach ihrem eigenen Willen handeln. Halte einen Vogel in einem Karton fest und er wird sich in der Voliere fühlen, als wäre es die Welt. Er wusste, er hatte ihn viel stärker im Griff, als sich sein Nachfolger wohl jemals eingestehen oder verstehen würde.

Dass er für den Aufruhr im Haus gesorgt hatte, stellte ihn im gleichen Maßen zufrieden und unzufrieden. Es sollte schon das Mindeste sein, dass Kai es schaffte, ein paar niedere Bedienstete und Freunde komplett zu überlisten. Dennoch war es natürlich höchst ärgerlich, dass sein teures und gut ausgebildetes Personal es nicht einmal schaffte, die zwei Personen, die hier im ganzen Anwesen hausten, genug im Auge behalten zu können, um so etwas Großes wie einen Umzug einer der beiden Personen mitzubekommen.

Der Grauhaarige war durchaus überzeugt von Kais Potenzial. Es war offensichtlich, dass der Junge gewitzt und unglaublich zielstrebig war. Richtig gefördert würde er die Firma definitiv ohne Schande leiten können. Da konnte auch so ein angeheirateter Versager wie sein Schwiegersohn nichts mehr ruinieren. Doch bis es soweit war, musste er noch einiges an Arbeit in den Nachkömmling stecken. Leicht verklärte sich sein Blick und ein stummes Seufzen entrann ihm. Auch für seine Tochter…

Ein Klopfen ließ ihn wieder etwas mehr Haltung annehmen und sich zur Tür umwenden. Hatte sein Gesicht eben noch eine Weichheit innegehabt, die hinter den Zornesfalten tatsächlich so etwas wie einen Großvater vermuten lassen hätte, so war es nun wieder so hart und streng wie eh und je. “Herein”, bellte seine murrige Stimme durch das protzige Arbeitszimmer. Ein wahrscheinlich gleichaltriger, schmaler Mann mit Schnauzer und etwas buschigen Augenbrauen, aber fein säuberlich zurück gegelten ergrauten Haar trat ein.
 

Auch nachdem sie die Kameras im Schnelldurchlauf durchgesehen und die Zimmer des jungen Hiwataris auf den Kopf gestellt hatten, hatten sie nichts gefunden, was genaueres zu seinen Absichten und seinem Aufenthaltsort aussagte. Auch ihm war bewusst, wie durchaus peinlich und versagend die Situation für sie war und das milderte seine Nervosität kein bisschen.

Während er seine Hände knetete und sich länger verbeugte als er musste, begann er zu sprechen: “Herr Hiwatari, es gibt ein Problem.” Er war beinahe überrascht, dass überhaupt ein Ton, trotz des Kloßes in seinem Hals, aus ihm herauskam. Allerdings auch nur fast, immerhin war dies nicht sein erster Tag als Butler in diesem Haus. Ein schroffes Brummen seines Gegenüber deutete ihm fortzufahren: “Der junge Herr Hiwatari hat den Anschein nach das essentiellste seines Hab und Guts eingepackt und ist fortgegangen..nunja, wohl eher geflogen...wir wissen leider nicht wohin. Es geschah in der Nacht und es gelang ihm, unbemerkt zu verschwinden. Im Haus und in den Videoaufzeichnungen waren leider keine weiteren Hinweise zu finden. Wir würden uns als nächstes zum Flughafen begeben, um weiteres herauszufinden.-” Eine Handgeste seitens Voltaires ließ ihn verstummen. “Unfug! Wieso stelle ich 20 Leute an, die es dann nicht einmal schaffen, einen Bengel im Blick zu behalten! Eure Inkompetenz lässt mich wirklich zweifeln, ob hier auch nur einer sowas wie ein bisschen Verstand hat! Ich könnte euch alle rauswerfen und einen Köter anstellen und der würde einen anständigeren Job machen!”, ließ Voltaires prominente Stimme auch die im Gang stehende restliche Belegschaft zusammenzucken. Umso überraschender war die Ruhe, die nach einer kurzen Pause wieder in der Stimme des alten Herren lag, wenngleich sie auch vor Spott triefte: “Zu eurem Glück weiß ich genau, wo Kai sich aufhält. Räumt sein Zimmer auf und deckt die Möbel ab. Wenigstens dazu solltet ihr im Stande sein.”

Etwas verdattert sah der hagere Mann seinen Arbeitgeber an. Es dauerte einen Moment, bis er sich wieder fing und verstand, was die Worte bedeuteten. “Jawohl, wir werden sogleich beginnen.”, verbeugte er sich knapp und trat dann zügig wieder aus dem Büro. Sobald die große Holztür wieder in ihr Schloss gefallen war und ihm seine Belegschaft erwartend ansah-obwohl er sich sicher war, dass sie alles gehört hatten, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Tatsächlich hatte er heute mit mindestens einer Entlassung gerechnet. Vielleicht wurde selbst der alte Hiwatari im Alter mild. Ein kurzes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, welches auch seine Kollegen selten zu Gesicht bekamen, ehe er sich straffte: “Das Zimmer des jungen Herren ist aufzuräumen und einzumotten, hopp. Wir haben einen großen Fehler auszugleichen. Ich erwarte Perfektion.” Die Ansage ließ wieder Leben in der Belegschaft aufkommen und so löste sich der Pulk schnell in beide Richtungen des Ganges auf; und auch wenn die Schritte nach wie vor zügig waren, merkte man ihnen die Erleichterung dennoch an.

Insgeheim wurden jedoch schon die ersten Theorien gesponnen, wo Kai denn abgeblieben sein könnte, dass Voltaire so ruhig blieb, beinahe schon gut gelaunt schien.
 

Die Tage vergingen und der Alltagstrott hatte sich bald wieder eingestellt. Die Nachforschungen zu Kai hatten sie sobald eingestellt, wie herausgekommen war, dass Voltaire Bescheid wusste, aber abgesehen von der Info, dass sich von nun an fähigeres Personal um ihn kümmern würde, hatte der nun einzige Resident der Villa nichts weiter darüber Preis gegeben. Während der leitende Butler noch darüber grübelte, ob dies nun seine Strafe war und er sich das Vertrauen erst wieder erarbeiten müsste, brodelte unter ihm die Gerüchteküche. War der junge Herr wieder Teil eines von Voltaires experimentellen Projekten geworden? Oder hat das Oberhaupt ihn beseitigen lassen?! Die Tante von einer Freundin soll ihn ja neulich im Urlaub am Strand gesehen haben. Wann das genau war? Also…Nein, er wurde in Russland einberufen für den Militärdienst. Quatsch, nachdem er aus dem Kreisel spielen rausgewachsen ist, arbeitet er jetzt heimlich an seinem Debut als Sänger. - Genau, als ob das Herr Hiwatari jemals gutheißen würde…

Lautes Gezeter und energisches Klopfen unterbrachen das Getuschel im Foye und ließen die zusammengesteckten Köpfe der vier Dienstmädchen auseinanderfahren. Auch das hatte sich fast zum Alltäglichen entwickelt. Seufzend richtete sich die älteste unter ihnen ihre Uniform und schritt zur Tür, um sie zu öffnen, nur um sofort einen Schritt zurückzugehen und so knapp der Faust, die eigentlich die Tür als Ziel hatte, auszuweichen. “Herr Kinomiya.”, begrüßte sie mit wenig amüsiertem Gesicht den ungebetenen Gast, welcher von einen der Torsecurities festgehalten wurde, um ihn am ungefragten Eindringen in die Villa zu hindern. Der Angesprochene zeterte und kampelte, als ginge es um sein Leben. Als er jedoch merkte, dass ihn das nicht voran brachte, stellte er zumindest das Rumgehampel ein, der Griff des Wachmeisters blieb jedoch-aus Erfahrung-eisern. Wütend blitzten ihr nun zwei Augen, dessen blaugrau gerade eher an eine stürmische See erinnerten, entgegen. “Wo ist Kai?! Was habt ihr mit ihm gemacht? Ihr könnt ihn nicht hier einsperren!” , echauffierte sich der dunkelhaarige. “Ich weiß nach wie vor nicht, wie du darauf kommst, dass wir ihn einsperren. Geschweige denn, dass er überhaupt hier ist.”, sah sie leicht genervt auf den kleineren Japaner herab, ihr war bewusst, dass ihr Chef nicht immer sauber spielte, aber sich selbst würde sie sich nicht so etwas abstruses unterstellen lassen. “Hören Sie endlich auf, uns zu belästigen, bei so etwas penetranten kann ich verstehen, dass der junge Herr den Kontakt zu ihnen abgebrochen hat. Sehen Sie es ein und gehen Sie endlich nach Hause!”,ergänzte sie noch mit Nachdruck, ehe sie die Tür wieder vor seiner Nase ins Schloss fallen ließ. “Ups”, schämte sie sich kurz, die Beherrschung verloren zu haben, auf Türenknallen reagierte man hier im Hause ziemlich allergisch. Allerdings waren es nur ihre Kolleginnen, die nun bestärkend zu ihr liefen. “Wie lang er das noch durchziehen will?”, fragte eine. “Er muss doch mal merken, dass es zu nichts führt", entrüstete sich eine andere. “Vor allem, weil wir wirklich nichts wissen…”, fügte sie leiser hinzu. Vor der Tür nahm der Lärm wieder ab, anscheinend hatte die Security es geschafft, den Wildfang wieder zum Ausgang zu bewegen. “Fünf Mäuse, dass er morgen wieder kommt.”,kommentiere die dritte die aufkommende Stille trocken, gefolgt von einem Seufzen und Nicken der anderen.
 

“Ich weiß, was hier gespielt wird”, zischte Takao den jungen Mann an, der ihn nun wieder vor das Tor setzte. Diese hob nur unbeeindruckt die Augenbraue. Auch diese Geschichte hörte er sich nicht zum ersten Mal von dem Beybladechampion an. Der andere konnte ehrlich froh sein, dass sie im Jugendsport nicht derartige Paparazzi hatten, ansonsten hätte er sonst schon längst mit Negativzeilen gepunktet. Das Ganze hier war doch einfach nur noch irre. “Egal welche miesen Machenschaften Voltaire schon wieder im Schilde führt, ich falle da nicht drauf rein! Hast du gehört Kai?! Ich helfe dir! Ich vergess dich nicht, Kumpel!", schrie Takao beherzt in Richtung des Anwesens, bis der Wachtmeister ihm auch noch das Tor vor der Nase ins Schloss fallen ließ.. Ob die beiden wirklich Freunde waren? Irgendwie war das schwer für ihn vorstellbar.
 

Vor sich hin schimpfend, trat der blauhaarige ein weiteres Mal den Heimweg an. Eigentlich lief es doch zuletzt gut zwischen Kai und ihm, oder?! Er würde ihn nicht grundlos ghosten, oder?! Wo sie endlich Nummern ausgetauscht hatten, ein Schritt, den er von den verschlossenen Halbrussen längst nicht mehr erwartet hatte. Und auch Max und Rei, die doch etwas regelmäßiger mit ihm im Austausch gewesen waren, hatten von dem einen Tag auf den anderen nichts mehr von ihm gehört. Da war doch was im Busch. Frustriert raufte er sich die Haare. Er bildete sich zwar ein Kai inzwischen besser zu kennen, aber wenn er ehrlich zu sich war…verstehen tat er ihn immer noch nicht. Umso mehr hatte er sich gefreut, den Rest seiner und Reis letzten Schulsommerferien gemeinsam zu verbringen. Wie damals. Als Bladebreakers. Nein, noch besser, als Freunde. Er und Max hatten noch ein Jahr Schule vor sich, doch die älteren ihrer Vierergruppe standen vor der nächsten Etappe ihres Lebens und selbst er hatte verstanden, dass dies die letzte Gelegenheit sein würde. Nun waren die letzten Tage angebrochen, bevor Rei wieder nach China fliegen würde und von ihrem Lieblingsmuffel fehlte noch immer jede Spur. Richtig, sie hatten nichts. Rei hatte Kai zwar zufällig bei einer Aufnahmeprüfung für eine Uni getroffen, doch bei dieser und ähnlichen Unis hatte sich in ganz Japan kein Kai Hiwatari eingetragen, das hatte Kenny für sie, nachdem er ihn bekniet (und Rei ihm eine unterschriebene MingMing CD zugesteckt) hatte, ausgecheckt. Und was für Zukunftspläne hatte ein Kai Hiwatari sonst?

Nein, er konnte nicht daran glauben, dass Kai einfach abgehauen war, Voltaire musste einfach dahinter stecken.

Aber einfach war mit Kai ja sowieso nie was.

Erneut wählte er Kais Nummer, doch diesmal blieb der Warteton aus.

Kein Anschluss unter dieser Nummer.
 

If home is where the heart is, why do I feel so fucking heartless?



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  -Kai-
2023-08-07T19:43:23+00:00 07.08.2023 21:43
Alter Falter! Du schreibst so so so verdammt gut!!!!
Die Details sind der Wahnsinn und ich kann das alles sehr schön fühlen, während ich das lese! Ich bin so stolz auf dich!
Ich liebe es absolut!!!
Antwort von:  Phetonix
08.08.2023 21:05
Nawww, so viel Lob x) Dankeschööön~
Von:  Nesuki
2023-08-07T12:13:45+00:00 07.08.2023 14:13
Aaahhh da ist eees *___* Das nächste Kapi!
Damit hast du mir echt den Start in die Woche versüßt =w=

Sehr anschaulich geschrieben. Bei der Passage, die Kais Traum beschrieb, hat mich dieses Gefühl der Beklommenheit auch eiskalt erwischt |D *schüttel*
Kurzes Aufatmen als er durch seine Bude latscht aber... so richtig wohnlich ist's da ja nich, nech. Boah nichtmal ne Deckenleuchte alter X'D
Mich hat übrigens auch echt ergriffen, dass Kai die Stille nicht aushält. Und einfach irgendeine Art von Beschallung braucht weil er es sonst nicht ertragen kann .w. Ach Mensch, Kaaiiiii
Unser kleiner Eskapismus-Prinz <3 Braucht einfach nur ein paar schlaksige, sommersprossige Arme, die ihn kuscheln uwu

Mwahhh wie atmosphärisch du einfach die Szenen auf dem Balkon geschrieben hast... mit dem Handy ;u;
Morgens halb 3 ist Sportzeit. Wer kennt es nicht? Fällt mir übrigens auch immer als Erstes ein wenn ich um die Zeit wach werde.
Kuss geht raus für Kai mit Pferdeschwanz <3

>> es musste lächerlich aussehen, wie er, fit und muskulös wie er war, gerade aus der Dusche ausstieg wie ein alter Opa
xDD

Mwahhh Freue mich schon auf die nächsten Kapiiiiis dieser tolligen FF, die hooooffentlich nicht allzu lange auf sich warten lassen werden <3 <3 <3
Antwort von:  Phetonix
08.08.2023 21:12
Aw, ich bin froh, dass es so gut rüberkommt x)
Da sind wirklich einige Kuscheleinheiten nötig.
Bei so viel lieben Feedback für dieses Kapi kommen mir gleich die nächsten Zeilen für das zweite chapter in den Kopf x)
Von:  King_of_Sharks
2023-07-30T18:32:49+00:00 30.07.2023 20:32
Nach so vielen Jahren wieder schön, hier was von dir zu lesen :3
Freue mich schon auf mehr!

-Dein OG-Yuriy xD
Antwort von:  Phetonix
08.08.2023 21:01
Hehe, ja es ist wirklich eine Weile her :'D
Ich schreibe fleißig weiter uwu

>-Dein OG-Yuriy xD -Always and forever ;>
Von:  Creanima
2023-07-29T21:01:05+00:00 29.07.2023 23:01
Ich kann mich Nesuki da nur anschließen, es gefällt mir auch total gut! Und macht direkt Lust auf mehr!
Ohhh.. wo ich gerade das letzte Stück nochmal lese, wird mir das Herz direkt wieder ganz schwer 💔
Bin wirklich sehr sehr gespannt wie es weitergeht! ❤️
Antwort von:  Phetonix
08.08.2023 21:04
Ahhh, dankeschön x) Da bin ich direkt motiviert weiterzuschreiben.
Von:  Nesuki
2023-07-28T23:36:41+00:00 29.07.2023 01:36
OOOOOOHHHHJ ❤️❤️❤️❤️❤️
Ich liebs ;////; die Details... Dass er unbewusst den Schlüsselring steht ;3; und dann ist da ein bitchip Splitter eingearbeitet qq
Tolle Idee!!

Ach Mann, Kai... Man will ihn nur umärmeln ;;

Toller Einstieg ❤️ bin gespannt wie es weiter geht owo


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