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Paul MacLain der Privatschnüffler

Ein ehemaliger SAS-Offizier als Privatdetektiv
von

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28. Fall - Versicherungsbetrug in Christchurch

28. Fall - Versicherungsbetrug in Christchurch

Am Montag, den 24.08.2020, hatte uns der Alltag wieder. Jelena und ich waren wieder mit Brit Olson unserer Sekretärin zu unserer allmorgendlichen Joggingrunde im Park aufgebrochen. Wir waren gerade im Büro, als das Telefon klingelte. „Detektivbüro MacLain-Romanova. Sie sprechen mit Brit Olson.“, sagte Brit, als sie den Anruf entgegennahm. „Mein Name ist Lorena West. Ich arbeite bei Christchurch Insurance Limited, einer neuen Versicherungsgesellschaft in Neuseeland. Unser Firmensitz ist, wie es der Firmenname sagt, in Christchurch. Wir bräuchten die Hilfe Ihrer Brötchengeber.“ „Einen Moment, ich verbinde.“ Dann stellte sie die Anruferin zu mir durch. „Detektivbüro MacLain-Romanova. Paul MacLain am Apparat.“ „Guten Tag, Mr. MacLain. Mein Name ist Lorena West. Mein Arbeitgeber bräuchte Ihre Hilfe und die ihrer Partnerin.“ „Worum geht es?“ „Haben Sie von der Betrügerbande gehört, die hier in Christchurch ihr Unwesen treibt?“ „Ich habe einen Artikel in der Frankfurter Rundschau gelesen.“ „Mir wurde gesagt, Sie und Miss Romanova wären die besten ihrer Branche. Ich bin morgen in Deutschland. Kann ich um 10:30 Uhr zu Ihnen ins Büro kommen?“ „Das geht klar. Wir erwarten Sie um 10:30 Uhr.“, sagte ich.

Am nächsten Tag hatten wir die Joggingrunde etwas verkürzt, da wir zeitig im Büro sein wollten. Jelena und ich hatten gerade unsere Laptops hochgefahren, als es an der Eingangstür unten klingelte. Brit betätigte den Türöffner. Nur kurze Zeit später hörten wir Schritte auf der Treppe. Dann klopfte es an der Tür unseres Büros. „Herein!“, sagte ich. Die Frau, die eintrat, erinnerte mich an unseren Fall in Marrakesch. Sie sah der Spanierin ähnlich, die wir damals befreit hatten.

Sie war 1,70 m groß und hatte einen schlanken, sexy Körper mit sexy Beinen. Zugegeben was die Oberweite angeht, war unsere Besucherin nicht gerade glücklich gesegnet. Aber wer es klein und handlich mochte, dürfte bei dieser Frau an der richtigen Adresse sein. Auch das ovale Gesicht mit den braunen Augen war ein Hingucker. Die dünne Nase fügte sich ebenso harmonisch ins Gesicht ein, wie die sinnlichen Lippen. Ihre braunen Haare trug Lorena West offen, sodass sie bis zur Oberkante ihrer Brüste reichten. Bekleidet war sie mit einem schwarzen Rock und einer schwarzen Weste. Dazu trug sie schwarz-gelbe High Heels ohne Halteriemen.

„Bitte Miss West, setzen Sie sich.“, sagte ich freundlich. „Muchas Gracias, Señor MacLain.” „Bevor wir weiterreden, habe ich eine Frage.” „Bitte.“ „Waren Sie im Mai vergangenen Jahres vielleicht in Marrakesch?“ „Si, Señor. Ich erinnere mich gut an Sie und ihre Partnerin. Es ist schön Sie beide wieder zu sehen.“ „Die Freude ist ganz auf unserer Seite. Was hat Sie nach Neuseeland verschlagen?“ „Die Liebe und die Arbeit. Mein Mann Aaron ist Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei. Ich bin gelernte Versicherungskauffrau. Aaron hat mich an die neu gegründete Versicherungsgesellschaft in Christchurch verwiesen. Und das war auch naheliegend, denn wir haben dort auch unseren Wohnsitz.“

„Verstehe. Sie sagten gestern am Telefon, dass Ihr Brötchengeber unsere Hilfe benötigt.“ „Ja, das ist richtig. Sehen Sie, diese Betrügerbande macht uns 397

ganz schön zu schaffen.“ „Nun ja, wenn man es richtig betrachtet, ist die Palette für Versicherungsbetrug recht breit gefächert. Es gibt ja allein schon die verschiedensten Arten von Sachschäden.“, sagte Jelena. „Das stimmt. Unsere Versicherungsgesellschaft ist auf Luxusautos und Luxusjachten spezialisiert. Sie können sich denken, von welchen Summen wir hier reden.“ „Von Summen im zweistelligen Millionenbereich. Und die sind bei Versicherungsobjekten wie in ihrem Fall, soweit ich weiß an der Tagesordnung.“, sagte ich. „Das stimmt. Wie gesagt, die Christchurch Insurance Limited gibt es erst seit 4 Monaten.“ „Das bedeutet, dass die Rücklagen Ihrer Gesellschaft noch nicht ausreichen, um einen Schaden zu regulieren.“ „Das ist korrekt. Einen Großbildfernseher könnten wir noch bezahlen, aber keinen komplett zerstörten Lamborghini.“ „Haben Sie keinen hauseigenen Detektiv?“ „Unser Etat gestattet keine solche Stelle. Wir sind zum Glück in der Lage, Ihnen beiden pro Kopf 20.000 Euro zu bezahlen.“ „Das ist schon etwas. Aber verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Wir haben einfach noch keine Fakten, mit denen wir arbeiten können.“, sagte Jelena. „Man warnte mich, dass Sie so etwas sagen würden. Ich habe hier einen Zeitungsartikel, der sich mit der Pleite eines Konkurrenten beschäftigt. Das Unternehmen war in Australien, genauer gesagt, in Melbourne. Anfang des Jahres ging die Gesellschaft schließlich pleite.“

Ich nahm die Zeitung, die Lorena West mitgebracht hatte und las mir den Artikel durch. „Interessant.“, meinte ich, als ich den Artikel gelesen hatte und gab die Zeitung Jelena. „Was meinst du, Jelena?“ „Wir sollten den Fall übernehmen.“ „Na dann. Aber vorher brauchen wir schon ein paar konkrete Fakten, mit denen wir arbeiten können. Sonst müssten wir ablehnen.“ „Viel ist es aber nicht, was ich Ihnen beiden sagen könnte.“ „Dann teilen Sie uns mit, was Sie wissen.“ „Unser Unternehmen wurde am 14.04.2020 gegründet. Die wirtschaftliche und finanzielle Elite der Stadt hat ihre Besitztümer bei uns versichert.“ „Also die Reichen und Schönen.“ „Ganz genau. Im Mai sind wir dann ins Visier der Betrüger geraten.“ „Können Sie sich noch erinnern, wie der Kontakt zustande kam?“ „Am 3. Mai kamen zwei Männer zu uns ins Büro. Der eine war etwas älter. Der andere ein Jungspund im Alter von 25 Jahren. Ein Musterexemplar vom Typ Sunnyboy.“

„Welcher von den beiden? Der Alte oder der Junge?“ „Der Junge natürlich.“ „Können Sie uns diese beiden Herren genauer beschreiben?“ „Zumindest den Jungspund.“ „Wie sieht er aus?“ „Er ist 1,85 m groß und hat einen athletischen Körperbau. Das Gesicht ist oval geschnitten und seine Haut stark gebräunt.“ „Scheint wohl mit Vorliebe Sonnenstudios zu besuchen.“ „Woran erinnern Sie sich noch?“, fragte Jelena. „Der Sunnyboy hatte blonde Haare und blaue Augen. Außerdem trug er einen Kinnbart.“ „Kleidung?“ „Ich weiß, dass er ein Seidenhemd getragen hat, dass bis zum Brustansatz aufgeknöpft war. Dann hat er eine weiße Leinenhose getragen und weiße Segeltuchschuhe. Socken hat er keine an gehabt.“ „War sonst noch was auffällig?“ „Si. Er hat eine Sonnenbrille getragen, wie sie die Piloten der U.S. Airforce zu tragen pflegen. Ich glaube das war eine Rayban.“ „War sonst noch was Auffälliges an dem Burschen?“ „Nur noch sein Goldkettchen.“

„Na schön. Das ist ja schon einiges. Was können Sie uns noch berichten?“, 398

fragte ich. „Die beiden Herren haben getrennt voneinander zwei Objekte versichert. Der Jungspund einen Lamborghini Huracan. Der Senior eine Yacht.“ „Gibt es Dokumente, die die Abschlüsse beweisen?“ „Ich habe die Dokumente über den Abschluss für den Lamborghini mitgebracht. Immerhin war ich diejenige, die diesen Auftrag bearbeitet hat.“ Mit diesen Worten reichte mir Lorena West einen C4-Umschlag. Ich öffnete ihn und nahm die Dokumente heraus. Ich sah mir jedes Dokument genau an. Bei der Höhe der Versicherungssumme wurde ich allerdings stutzig. „Wieso wurde der Wagen für 750.000.000 Dollar versichert? Das ist für ein solches Fahrzeug normalerweise gar nicht üblich.“ „Wenn Sie den Artikel richtig gelesen haben, dann wird Ihnen nicht entgangen sein, dass die Betrüger die Sportwagen immer mit einer solch hohen Summe versichern. Und ja, unsere Gesellschaft verfügt nicht über die Summe, um den Schaden zu regulieren, sollte der Lambo beschädigt werden.“

„Ich denke, die Informationen reichen, um den Auftrag anzunehmen. Ich möchte Ihnen allerdings sagen, dass Sie unsere letzte Klientin sind. Wenn dieser Fall abgeschlossen sein wird, setzen meine Partnerin und ich uns zur Ruhe. Wir haben genug Geld verdient, um ein sorgenfreies Leben führen zu können.“ „Die Unterwelt wird sich freuen, wenn die Nachricht von Ihrer beider Karriereende bis zu den Bossen vordringt.“ „Aber vorher werden wir der Unterwelt noch einmal einen ordentlichen Schock versetzen, wenn wir diese Bande hoch gehen lassen.“ „Außerdem wird jemand anderes dieses Büro übernehmen. Wir haben seit Beginn unserer Partnerschaft ein junges Ermittlerduo aufgebaut. Bernd Köhler und Tina Kraus.“ „Ich habe von den beiden gehört. Die beiden sollen nach Ihnen beiden, die Besten der Branche sein.“ „Kein Wunder, wenn man bei uns lernt.“, sagte Jelena.

„In Ordnung. Wir kommen am Mittwoch. Das ist der 26.08.“ „Gibt es ein Hotel, das Sie uns empfehlen könnten?“, fragte Jelena. „Das Crowne Plaza. Ist zwar ein Betonklotz, aber Ihren Ansprüchen würde es genügen.“ In diesem Moment klopfte es an der Tür unseres Büros.“ „Herein!“, rief ich. Die Tür öffnete sich und ein junger Mann und eine junge Frau traten ein. Tina Kraus war eine 1,65 m große rothaarige mit einem sexy Körper und ebenso sexy Beinen. Ihre roten Haare trug sie offen und als Dauerwelle, so dass sie bis zur Oberkante ihrer üppigen Brüste reichten. Das ovale Gesicht mit den blauen Augen war ebenfalls ein Hingucker. Die grazile Nase und die sinnlichen Lippen rundeten das schöne Äußere ab. Bekleidet war Tina mit einem magentafarbenen Kleid und magentafarbenen High Heels.

Bernd Köhler war ein junger Mann im Alter von 28 Jahren. Er war 1,76 m groß und besaß einen athletischen Körperbau. Das runde Gesicht mit den braunen Augen ließ Entschlossenheit erkennen. Seine dunkelbraunen Haare hatte er an den Seiten kurz geschoren. Den Rest hatte Bernd mit Haargel in Form gebracht. Seine etwas breite Nase passte irgendwie zu Bernds Gesicht. Allein schon die gesamte Erscheinung von Bernd Köhler beeindruckte. Bekleidet war mein Nachfolger in Spe mit einem schwarzen Hemd, auf dem der Schriftzug „ICEMAN“ zu lesen war, einer schwarzen Hose, schwarzen Socken und schwarzen Herrenschuhen. „Bernd, Tina, was führt euch her?“, fragte Jelena. „Wir wollten wissen, ob Ihr zwei noch zu eurem 399

Wort steht. Ihr wisst, was ich meine.“, sagte Bernd. „Haben wir euch je enttäuscht?“ „Nein, Paul.“ „Na also. Bei diesem Fall werdet Ihr mit uns zusammenarbeiten. Jetzt könnt Ihr beweisen, dass Ihr es wert seid, mit uns in einem Atemzug genannt zu werden.“ „Wann geht’s los?“, fragte Tina. „Übermorgen. Wir buchen im Crowne Plaza. Um den Mietwagen kümmern wir uns vor Ort.“ „Die Kosten dafür würden wir übernehmen.“, sagte Lorena. „Nur Unterkunft oder nur Mietwagen?“ „Für beides zusammen.“

Am 26.08. trafen wir uns mit Bernd und Tina schon um 0:05 Uhr am Flughafen im Terminal 1. Tina war schon ganz aufgeregt. Irgendwie hatten Jelena und ich es hinbekommen einen Direktflug mit Air New Zealand von Frankfurt nach Christchurch zu ergattern. Wir gingen zusammen mit Kelly und Anastasia zur Sicherheitsschleuse, wo wir uns verabschiedeten. „Passt gut auf Paul und Jelena auf.“, sagte Anastasia zu Tina. „Keine Bange. Die beiden kommen schon wieder heil nach Hause.“ „Hoffentlich seht Ihr ein bisschen was von Neuseeland.“, sagte Kelly. „Allzu viel wohl nicht. Denn wir fliegen hin, um zu arbeiten und nicht um am Pool Däumchen zu drehen.“

Die Sicherheitsschleuse brachten wir ohne große Probleme hinter uns. Auch Bernd und Tina kamen durch. Nur bei der Frau hinter Tina schlug der Scanner an. Sie wurde von den anderen separiert und von einer FRASEC-Mitarbeiterin einer Leibesvisitation unterzogen. Die Sicherheitsbeamtin fand einen Dolch mit einer 15 cm langen und gewellten Klinge, der im Saum ihres Rocks versteckt war. Sofort klickten die Handschellen.

„Jede Wette, die wollte uns ans Leder.“, sagte Bernd. „Davon könnt Ihr ausgehen. Und eins steht jedenfalls fest.“ „Und was, Jelena?“, wollte Tina wissen. „Die Gegenseite weiß Bescheid, dass wir kommen.“

Wir begaben uns in den Transitbereich. Und während Jelena, Bernd und Tina aufmerksam das Geschehen verfolgten, suchte ich nach dem Gate von dem aus unser Flug starten sollte. Schließlich fand ich ihn. „Okay, Leute. Es geht los. Auf zum Gate.“, sagte ich. „Zu welchem Gate müssen wir eigentlich?“, fragte Tina. „C12.“ Dort angekommen suchten wir uns vier Sitzplätze nebeneinander. Bernd und Tina beobachteten das Geschehen. Plötzlich knuffte sie ihren Partner in die Seite. Bernd nickte. „Stimmt irgendwas nicht?“, fragte Jelena. Bernd Köhler senkte die Stimme. „Kuck mal unauffällig zwei Reihen weiter vorne. Siehst du die Blondine mit der Catcherfigur? Die hängt an uns dran, seit wir losgefahren sind.“

Ich folgte Jelenas Blick und entdeckte eine 1,75 m große Frau mit blonden Haaren, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Das ovale Gesicht mit den sinnlichen Lippen und der grazilen Nase war hübsch anzusehen. Die Augen hatte sie hinter einer Carrera-Sonnenbrille verborgen. Auffällig war auch der durchtrainierte, athletische Körper. Auch die sexy Beine fielen sofort auf. Bekleidet war die Unbekannte mit einem schwarzen Tank-Top und silbernen Hotpants. Dazu trug sie schwarze halterlose Nylonstrümpfe und Sportschuhe der Marke PUMA. 400

Offenbar hatte die Blondine gemerkt, dass wir sie entdeckt hatten, denn sie stand auf und suchte einen anderen Sitzplatz. Nach weiteren 10 Minuten Wartezeit kam dann endlich die Durchsage für das Boarding. „Achtung! Alle Passagiere des Fluges NZ 505 nach Christchurch werden gebeten an Bord der Maschine zu gehen.“

Wir zeigten unsere Boardingpässe und gingen durch den Eingang an Bord des Flugzeugs. Ganz Techniknerd hatte ich unsere Maschine schnell identifiziert. Es handelte sich um eine 777-300ER aus dem Hause Boeing.

Wir saßen schon auf unseren Plätzen, als die blonde Catcherin an Bord kam. Sie setzte sich direkt hinter Bernd, der sofort sehr wachsam war. Sollte diese Frau nämlich auf krumme Gedanken kommen, musste es schnell gehen.

Um 5:00 Uhr startete unser Flieger. Der Pilot schob die Gashebel der Triple Seven nach vorn und beschleunigte die Maschine. Und dann waren wir in der Luft. Der Pilot ging in den Steigflug, um die Boeing auf ihre vorgeschriebene Reiseflughöhe zu bringen. Und solange das so blieb, rührte sich die Blondine nicht vom Fleck. Erst als sich die Maschine im Horizontalflug befand, trat sie in Aktion.

„Sie wollen bitte mitkommen.“, sagte die Blondine, als sie neben uns stand. So schnell, wie mein Nachfolger reagierte, konnte ich nicht mal meine Walther ziehen. Denn im nächsten Augenblick hatte Bernd die Frau überwältigt und sie mit dem Polizeigriff am Boden fixiert. „So, jetzt ist aber Ruhe im Karton. Du setzt dich wieder schön brav auf deinen Platz und hältst die Knochen still, oder du kriegst die Acht umgelegt.“, sagte er.

Die Dame wusste nur zu gut, was Bernd Köhler meinte. Er würde nicht zögern und ihr Handschellen anlegen. Also setzte sie sich wieder auf ihren Platz. Aber nicht, ohne meinem Nachfolger in Spe einen tödlichen Blick zuzuwerfen. Um 4:50 Uhr landeten wir auf dem Christchurch International Airport.

Doch den nächsten Aufreger gab es beim Verlassen des Flugzeugs. Die Blondine versuchte sich aus dem Staub zu machen, doch Bernd hatte wieder aufgepasst. Er packte sie an ihrem linken Arm und drehte ihn auf den Rücken. „Einen Moment mal Püppi! Du bleibst schön hier. Denn das letzte Wort in dieser Angelegenheit ist noch nicht gesprochen. Auf dich wartet jede Menge Ärger!“

Nachdem wir unsere Koffer geholt hatten, brachten Bernd und ich die blonde „Catcherin“ zu einer am Flughafen befindlichen Polizeistation. Jelena und Tina gingen zu einer Autovermietung. Dort trafen wir uns dann. Jelena und ich entschieden uns für einen BMW 840 D, während sich Bernd und Tina für einen Mercedes E200 Coupé´ Avantgarde entschieden.

Unser Wagen hatte den Dieselmotor mit 320 PS, während der Mercedes, den Bernd und Tina gemietet hatten, von 197 PS straken Benzinmotor und einem 14 PS starken Hybridmotor befeuert wurde. Der BMW war in Tansanitblau metallic lackiert, der Benz in designo-hyazintrotmetallic. Bernds und Tinas Mietwagen hatte noch das 401

9G-tronic-Getriebe an Bord. Bei unserem BMW waren noch die 19-Zoll Leichtmetallfelgen im Vielspeichendesign Bi-Color, erwähnenswert. Und während in unserem Mietwagen das Interieur in schwarzem Leder ausgekleidet war, hatte Bernds und Tinas Mercedes im Innenraum die Ledernachbildung ARTICO spendiert bekommen. Bei unserem Mietwagen hatte der Autovermieter die Einstiegsleisten mit BMW Individual Schriftzug mitbestellt, beim Mercedes das Spurpaket, das aus Totwinkel-Assistent und aktivem Spurhalte-Assistent bestand. Die Zierleisten in unserem Wagen waren in Edelholzesche Schwarz ausgeführt, in Bernds und Tinas hatte man designo Klavierlacklines schwarz verbaut. Zu guter Letzt möchte ich noch das Innovationspaket erwähnen, das Jelena und ich im 8er vorgefunden hatten. Auch das Spiegelpaket im Benz, bei dem die Innen- und Außenspiegel seitlich abblendbar und die Außenspiegel elektrisch anklappbar waren, soll nicht unerwähnt bleiben.

Vom Flughafen fuhren wir 12 Minuten zu unserem Hotel. Doch die Gegenseite hatte andere Pläne. Sie wollten einen von uns in einen Verkehrsunfall verwickeln, um die Versicherungssumme für den Huracan zu kassieren. Doch die Betrüger hatten nicht damit gerechnet, dass wir eine andere Route wählen würden. Allerdings waren die Brüder nicht auf den Kopf gefallen. Im Stadtzentrum von Christchurch wollten sie uns als dann schließlich abfangen. Doch auch dieser Plan schlug fehl. Denn statt das die Bande einen von uns erwischte, traf es am Ende einen Postboten mit seinem Auto, der gerade auf dem Weg zur Arbeit war.

Das Crowne Plaza war ein Betonklotz mit 16 Stockwerken. Vom vierten bis zum siebten Stockwerk waren die Zimmer in einem dreieckigen Vorbau untergebracht. Ab dann wies das Gebäude eine Sicke auf. Die Fenster der Zimmer waren nicht die größten, ließen aber dennoch genügend Licht herein. Der Eingangsbereich bestand aus einer riesigen Glasfront, die sich über die ersten drei Stockwerke erstreckte.

Als wir die Lobby des Hotels betraten, sah die Mitarbeiterin an der Rezeption von ihrem Computer auf. Als sie uns erkannte, strahlte sie über das ganze Gesicht. Kein Wunder, handelte es sich doch um unsere gute Freundin Kattie. „Paul! Jelena! Na das ist aber eine Überraschung!“, sagte sie und kam hinter dem Empfangstresen hervor und drückte uns herzlich. „Lang nicht gesehen und doch wiedererkannt.“ „Wie darf ich das verstehen?“, fragte Kattie. „Na ja, zwischen Brasilien und jetzt liegt noch ein Fall, der mich und Jelena nach Kanada verschlagen hat.“ „Was hattet Ihr zwei hübschen denn im schönen Kanada verloren?“ „Ich musste mich noch einmal den Dämonen meiner Vergangenheit stellen.“ Kattie sah mich mit vor Schreck geweiteten Augen an. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“ „Doch Kattie. Aber ich war ja nicht alleine. Jelena hat mich begleitet. Und die beiden Cousinen waren ebenfalls in meiner Nähe.“

Kattie atmete erleichtert auf. Dann fiel ihr Blick auf Bernd und Tina. „Und wen habt Ihr dieses Mal mitgebracht?“, fragte sie. „Das sind Bernd Köhler und Tina Kraus. Sie werden unsere Nachfolge antreten.“ Kattie sah uns fragend an. 402

„Du hast schon richtig gehört. Paul und ich setzen uns zur Ruhe. Dieser Fall ist unser letzter. Danach übernehmen Bernd und Tina unser Büro.“, sagte Jelena. „Kann ich euch auch mal besuchen kommen?“ „Klar kannst du das. Ich würde mich freuen, wenn du zu meiner Hochzeit kommst, Kattie.“ „Klar komm ich.“ „Braver Hund.“ „Wuff!“, erwiderte Kattie.

Bernd räusperte sich. „Ich finde, du hast genug Süßholz geraspelt, großer Meister.“, sagte er. „Kattie ist nicht nur eine gute Freundin von Jelena und mir. Sondern auch eine gute Informantin.“ „Und Saboteurin.“, ergänzte Kattie. „Wir erzählen euch später mehr. Aber jetzt sollten wir erst mal einchecken.“ Kattie ging wieder hinter den Tresen. „Mr. MacLain, Zimmer 506, Miss Romanova, Zimmer 508, Mr. Köhler, Zimmer 510 und Miss Kraus, Zimmer 512. Ich wünsche einen angenehmen Aufenthalt in unserem Haus.“

Nach dem Abendessen trafen wir uns auf Tinas Zimmer. „So, großer Meister. Jetzt spuck mal aus. Woher kennt du und Jelena diese heiße Meduse?“, sagte Bernd. „Kattie ist uns bei unserem Einsatz in Malta zum ersten Mal begegnet. Sie hat uns sogar bei der Versenkung der „Whistler“ geholfen. Die Kleine ist Gold wert.“ „Bist du dir da so sicher, Paul?“, fragte Tina. „Und ob wir uns da sicher sind. Kattie ist eine der besten Informationsquellen, die Ihr finden könnt. Auch die beiden Cousinen, Hera Arnakis und Alejandra Valderrama gehören dazu. Es ist unglaublich, was diese drei an Informationen beschaffen können. Vergrätzt die Mädels nicht.“ „Macht euch da mal keinen Kopf. Ihr selbst habt uns diese Regel immer wieder eingetrichtert.“, sagte Bernd.

In diesem Moment klopfte es an der Zimmertür. „Wer ist da?“, fragte ich. „Hera Arnakis und Alejandra Valderrama.“, hörte ich Heras Stimme. „Kommt rein, Ladies.“ Die Tür öffnete sich und die beiden Cousinen betraten das Zimmer. Kaum war die Tür zu bedachte mich Alejandra mit einem bitterbösen Blick. „Stimmt was nicht?“, fragte ich. „Die beiden Jungspunde sollen verschwinden.“ „Moment! Das sind unsere Nachfolger! Und es ist unsere Sache, ob sie uns begleiten, oder nicht.“ „Wie vertrauenswürdig sind die beiden?“, fragte El Doberman. „Wir haben die beiden ausgebildet. Ich denke, das spricht für sich.“ Bernd wollte aufbrausen, doch Tina hielt ihn zurück.

„Ich denke, du solltest dich bei den beiden entschuldigen, Cousine. Du kannst vom Glück sagen, dass die Nachfolgerin von Jelena Romanova ihren Partner zurückgehalten hat. Wer weiß, was sonst passiert wäre.“, sagte Hera. „Ich kann deiner Cousine nur beipflichten. Bernd Köhler und Tina Kraus wurden von uns von Beginn unserer Partnerschaft an ausgebildet und aufgebaut. Sie sind bereit, in unsere Fußstapfen zu treten. Außerdem haben wir ihnen versprochen, dass sie uns bei unserem letzten Fall begleiten dürfen. Und bis jetzt bereuen wir es keine Sekunde, die beiden mitgenommen zu haben.“

Hera und Alejandra sahen uns fragend an. Jelena erzählte, was sich bisher ereignet hatte. Dann wandte sich El Doberman an Bernd. „Ich denke, es ist nur rechtens, 403

wenn ich mich für mein rüdes Benehmen Ihnen gegenüber entschuldige, junger Mann.“ „Das will ich auch hoffen. Denn das hätte sonst ordentlich Ärger gegeben.“ „Bernd! Es ist gut jetzt! Alejandra hat sich bei dir entschuldigt. Und damit ziehen wir einen Schlussstrich.“, sagte Jelena streng. „Ist der Junge immer so ein Hitzkopf?“ Hera hatte diese Frage gestellt. „Nur wenn man ihm quer kommt. Ansonsten ist mein Partner ein netter Kerl. Und absolut zuverlässig.“, sagte Tina.

„Ich denke, die Sache ist jetzt geklärt. Jetzt sollten wir uns aber unserem Fall zuwenden.“, sagte ich. „Seh ich auch so, Towarischtsch.“ „Bevor wir damit anfangen, großer Meister, hätte ich gerne eines gewusst.“, sagte Bernd. „Und was wäre das?“ „Woher Ihr die beiden Cousinen kennt?“ „Ich war die Klientin der beiden, als der Drogenhandel in Famagusta Überhand genommen hat. Das El Doberman, wie man meine Cousine Alejandra auch nennt, mit mir verwandt ist, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht.“, beantwortete Hera die Frage. „Es hat sich auch erst im Laufe des Falles durch einen DNA-Test herausgestellt.“ „Und dadurch wurde aus der vermeintlich Bösen letzten Endes doch eine gute.“, sagte Tina. „Ganz genau. Seitdem haben uns die beiden Cousinen immer unterstützt, wo immer es nur ging. Auf die beiden ist Verlass.“ Bernd blickte beschämt zu Boden. „Dann ist wohl auch von meiner Seite eine Entschuldigung, fällig.“ „Es sei verziehen.“

„Also, Paul, dann lass mal hören, mit was für kriminellen Elementen Ihr es dieses Mal zu tun habt.“, sagte Alejandra. „Wir arbeiten für eine Versicherungsgesellschaft. Die Christchurch Insurance Limited. Ein neu gegründetes Unternehmen, das jetzt im Visier einer Bande von Versicherungsbetrügern steht.“ „Habt Ihr irgendwelche Namen?“ „Nein. Ich habe nur eine Personenbeschreibung, die mir unsere Klientin vor zwei Tagen mündlich gegeben hat.“

Am nächsten Morgen trafen wir uns mit den Cousinen zum Frühstück. „Was hatte es eigentlich mit dem Verkehrsunfall auf sich?“, wollte Hera wissen. „Der war fingiert. Der hatte nur den Zweck uns aufzuhalten und uns als Verursacher in ein schlechtes Licht zu rücken.“ „Jetzt wären Fotos von dem Lamborghini nicht schlecht. Dann wüsste ich, ob die PS-Schleuder in den Unfall verwickelt war.“, sagte Tina. „Nein, Tina. Der Unfallgegner war eine S-Klasse. Ich hab ein bisschen drauf geachtet, während du gefahren bist. Das war eine Warnung an uns, uns nicht zu tief in diese Sache einzumischen.“ „Ob der Benz auch bei unseren Klienten versichert war?“ „Dann hätte uns Lorena West auch die Dokumente für diesen Vertrag vorgelegt.“, warf ich ein.

Wir hatten uns gerade in die Lounge zurückgezogen, als Lorena West zu uns kam. „Haben Sie von dem Verkehrsunfall gestern gehört?“, fragte sie, nachdem sie sich gesetzt hatte. „Wir waren sogar Augenzeuge. Der Unfallgegner war ein Mercedes Benz 300 SD, wie er auf dem amerikanischen Markt angeboten wird.“ „Mich würde jetzt eines interessieren.“, sagte Bernd. „Und was?“ „War der Wagen bei Ihrer Gesellschaft versichert?“ Nein. Der Benz ist bei Berkshire Hathaway versichert.“ „Weiß man denn, wer der Besitzer dieses Fahrzeugs ist?“ „Klar weiß ich das, Señores. Der Mercedes gehört Lionel Debrett. Er ist der Vater von Nick Debrett. 404

Und diesem gehört der Huracan, der bei uns versichert ist. “ „Und was ist mit der Yacht, die Debrett Senior bei Ihnen versichert hat?“ „Sie meinen die „Ocean Breeze“? Als Eigentümerin ist Corinne Debrett eingetragen.“ „Was hat Berkshire Hathaway eigentlich wegen der Schadensregulierung unternommen?“ „Die Debretts haben heute den Antrag auf Schadensregulierung gestellt. Aber da man in Omaha, Nebraska 17 Stunden zurück ist, wird man dort mit der Bearbeitung erst heute beginnen. Bei uns wäre das dann schon morgen.“

„Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten, Miss West.“, sagte ich. „Welchen?“ „Sobald Sie eine Rückmeldung von Berkshire Hathaway bekommen, melden Sie sich bitte bei mir.“, sagte ich und gab Lorena West meine Visitenkarte. „In Ordnung.“

Nachdem Miss West gegangen war, erstellten Jelena und ich zusammen mit unseren Nachfolgern unseren Schlachtplan. „Also Leute. Aufgabenverteilung. Wer hängt sich an die Debretts?“, fragte ich. Jelena und Tina hoben die Hand. „Okay. Dann sehen wir uns im Yachthafen um, Bernd.“ An die beiden Cousinen gewandt sagte ich: „Und Ihr zwei Hübschen sprecht bei der Versicherungsgesellschaft vor. Sagt denen, dass sie ein Gutachten anfordern sollen, wenn der Lambo einen Unfall verursacht.“ „Ich denke, dass wissen die dort selbst. Aber wir werden mal mit dem Leiter der Werkstatt sprechen, in der der Benz steht.“, sagte Hera. „In Ordnung.“

Im Yachthafen von Christchurch sahen Bernd und ich uns um. „Was meinst Du, wo könnte die „Ocean Breeze“ ihren Liegeplatz haben?“, fragte Bernd. „Wenn es eine Hochseeyacht ist, dann dürfte sie bei den größeren Booten zu finden sein.“ „Das heißt also, den ganzen Hafen abklappern.“ „Nicht unbedingt Bernd. Der Hafenmeister wird uns weiterhelfen.“ „Und wenn er uns nicht helfen will? Schon mal daran gedacht, Du Stratege?“ „Geht nicht, gibt’s nicht. Zumindest nicht bei mir.“, sagte ich.

„Kann ich Ihnen in irgendeiner Weise behilflich sein, Gentlemen?“, hörten Bernd und ich eine Frauenstimme hinter uns. Wir drehten uns um und standen einer 1,57 m großen Frau mit braunen Haaren, die bis zu den Brüsten reichten gegenüber. Auffällig war auch das ovale Gesicht mit der grazilen Nase und den braunen Mandelaugen. Auch die prallen Brüste sorgten sicher dafür, dass so mancher Mann auf schmutzige Gedanken kam. Auch die sexy Beine und der schlanke sexy Körper sorgten bestimmt für manches Brett in der Hose. Auch die sinnlichen Lippen waren durchaus ein Hingucker. Bekleidet war die unbekannte Schöne mit einem schwarzen Kleid und schwarzen High Heels mit elfenbeinfarbenen Absätzen.

„Wir suchen den Hafenmeister.“, sagte Bernd. „Sie haben ihn gefunden. Was kann ich für Sie tun, Gentlemen?“ „Können Sie uns sagen, an welchem Liegeplatz die „Ocean Breeze“ liegt?“ „Kommen Sie mit in mein Büro.“, sagte die Dame und ging voraus zu einer Wellblechbaracke, die am Ende eines Steges im Zentrum des Hafenbeckens lag. „Von hier aus habe ich den besten Blick auf den Hafen. Und mir entgeht nicht die kleinste Bewegung.“, sagte die Lady, als wir eintraten. „Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Frau…“ „Stone. Cataline Stone.“ „Nun Frau Stone. Sie sehen aus, als wären sie auf dem Weg zu einem Rendezvous. Mich würde 405

interessieren warum.“, sagte Bernd. „Nein, ich komme gerade von einer Party.“ „Nun Miss Stone. Ich würde vorschlagen, wir kommen zum Hauptgrund unseres Besuches zurück. Der „Ocean Breeze“.“, sagte ich. „Natürlich. Aber beantworten Sie beide mir bitte eine Frage, Gentlemen. Wieso interessieren Sie sich so für dieses Boot?“

„Wir sind Privatermittler und arbeiten für ein hier ansässiges Versicherungsunternehmen. Sie werden sicher verstehen, Miss Stone, dass wir uns nicht näher äußern dürfen.“, sagte ich. „Haben Sie Dienstausweise oder ähnliche Dokumente?“ Bernd und ich zeigten Cataline Stone unsere Ausweise. „Paul MacLain und Bernd Köhler. In Ordnung, Gentlemen. Ich helfe Ihnen. Die „Ocean Breeze“ hat Liegeplatz 15.“ „Gehört das Boot Corinne Debrett?“ „Ja.“ „Um was für ein Boot handelt es sich?“, wollte ich wissen. „Es ist ein italienisches Modell. Eine Pershing 140.“ „Hören Sie, Miss Stone…“ „Cat. Nennen Sie mich bitte Cat.“ „Ganz wie Sie wollen. Also Cat. Ich denke, wir können Ihnen ein bisschen mehr verraten. Die „Ocean Breeze“ wurde bei unserem Klienten von Lionel Debrett versichert.“ „Deswegen also Ihr Interesse. Na schön. Dann mal weiter im Text. Die Pershing Boote werden aus Aluminium gefertigt und können bis zu 38 Knoten schnell werden.“

Dann zog Cataline Stone eine der oberen Schubladen ihres Schreibtisches auf, und holte mehrere Fotos des gesuchten Bootes heraus. Dazu reichte sie uns ein Datenblatt. Auf diesem waren alle technischen Daten der „Ocean Breeze“ aufgelistet. Anhand dieses Blattes erfuhren Bernd und ich, dass die Yacht am 4. März 2020 in Forli, Italien vom Stapel gelaufen war. Das Boot war 43,30 m lang und 36,38 m breit. Die Maschine, ein MTU 16V2000 M96L leistete 2.600 PS. 18 Mann Besatzung wurden für diese Bootsklasse benötigt.

Dann sahen Bernd und ich uns die Fotos der Yacht an. Dort war ein Boot mit einem eleganten Rumpf und ebenso eleganten Aufbauten abgebildet. Auffällig war die Kante am Bug in der Nähe der Wasserlinie. „Danke für Ihre Hilfe, Cat.“, sagte ich und gab Miss Stone die Fotos und das Datenblatt zurück. „Keine Ursache. Wollen Sie sich noch an Bord umsehen?“ „Geht das denn so ohne weiteres?“, fragte Bernd. „Wenn das Boot zur Inspektion ansteht, dann schon.“ „Zur Inspektion?“ „Ja, Mr. Köhler. Die Sache ist die, wir müssen die Boote, die hier im Hafen ihren Liegeplatz haben auf ihre Sicherheit überprüfen. Wenn ein Boot in Ordnung ist, bekommt es die Freigabe. Andernfalls habe ich das Recht eine Festhalte für das betroffene Boot anzuordnen.“

„Müssen wir eine Uniform tragen?“ „Wenn Sie beide keinen Verdacht erregen wollen, wäre diese Maßnahme sinnvoll.“ Bernd meldete sich zu Wort. „Wie kooperativ ist Corinne Debrett in diesem Punkt?“, fragte er. „Sie wird uns keinerlei Schwierigkeiten bereiten. Sie weiß, was auf sie zukommt, wenn sie quer schießt.“ „Heißt im Klartext?“ „Ich kann verschiedene Arten von Strafmaßnahmen verhängen. Das kann eine Geldstrafe sein, oder eine Gefängnisstrafe.“, sagte Cat Stone. „Mussten Sie schon mal gegen Miss Debrett eine Strafe verhängen?“, fragte Bernd. „Gegen sie nicht. Aber gegen ihren Bruder Nathan Cunningham.“ „Was haben Sie gegen Mr. Cunningham unternommen?“ „Ich habe ihn festnehmen und sein Boot 406

beschlagnahmen lassen.“ „Haben Sie das Boot durchsucht?“ „Das erübrigt sich ja wohl von selbst. Wenn wir ein Boot beschlagnahmen, dann haben wir auch die Befugnis es zu durchsuchen.“

„Bevor wir uns weiter mit dem Thema befassen, Cat, wäre es nicht naheliegender, zu überprüfen, ob die „Ocean Breeze“ zur Inspektion fällig ist, oder nicht?“ „Das ist schnell erledigt, Mr. MacLain.“, sagte Cat und fuhr ihren Laptop hoch. Nach dem Anmelden öffnete sie das Register der im Hafen liegenden Yachten. Dann tippte sie den Namen des Bootes in die Suchmaske ein. Sofort erschien der entsprechende Eintrag. „Ah ja! Da haben wir es. Also Gentlemen. Die „Ocean Breeze“ ist seit gestern zur Inspektion fällig.“ „Wie lange wird es dauern, bis der Inspektionstermin feststeht?“, fragte ich vorsichtig. „Drei Tage mindestens. Aber eher vier oder fünf.“ „Warum denn so lange?“, wollte Bernd wissen. „ich muss die Inspektion beim Eigentümer anmelden. Dann brauchen wir das ganze Equipment. Und das braucht Zeit. Ansonsten geht die Inspektion relativ flott.“

Zurück im Hotel trafen wir uns mit den anderen. „Und, wie ist es so gelaufen?“, fragte ich in die Runde. Hera und Alejandra berichteten als erste. „Der Benz hatte schon mal einen Unfallschaden. Wurde aber wieder zusammengeflickt. Der hätte eigentlich gar keine Zulassung haben dürfen.“, sagte Hera. „Also wurde nur halbherzig gearbeitet.“ „Dito.“ Tina meldete sich als nächstes zu Wort. „Wir haben die Familie Debrett beschattet. Lionel und sein Sohn Nick haben sich mit in einem Nobel-Restaurant mit einem Mann getroffen. Jelena hat Fotos gemacht.“ „Habt Ihr Erkundigungen über den Burschen eingezogen?“ „Haben wir. Der Mann heißt Burt Saxby. Er ist eine Art Versicherungsberater.“ „Ist das alles?“ „Mehr wollte uns der Besitzer des Restaurants nicht verraten. Aber ich hatte das Gefühl, dass er Angst hatte, Towarischtsch.“, sagte Jelena. „Na schön. Dann ist es jetzt an uns zu berichten. Die „Ocean Breeze“ ist ein italienisches Fabrikat aus dem Hause Pershing. Es handelt sich um das Topmodell 140. Das Boot ist seit gestern zur Inspektion fällig.“

„Außerdem wurde uns vom Hafenmeister, einer Frau namens Cataline Stone, versichert, dass uns Corinne Debrett keinerlei Schwierigkeiten machen wird.“, sagte Bernd. „Und was macht diese Person in diesem Punkt so sicher, Partner?“ „Miss Stone ist mal gegen den Bruder von Miss Debrett vorgegangen. Der Mann heißt Nathan Cunningham.“ Bei der Erwähnung dieses Namens wurde El Doberman hellhörig. „Der Name ist mir nicht ganz unbekannt.“, sagte Alejandra. „Kennst du ihn?“ „Na und ob. Das ist ne ganz linke Kanalratte. Nathan Cunningham hat für Hernando Guzman spioniert und ihn gewarnt, wenn Aktionen gegen sein Kartell geplant waren. Durch seine Informationen war es dem Pitbull möglich, rechtzeitig wichtige Beweise zu vernichten.“ „Und dafür wurde er von deinem Peiniger wahrscheinlich fürstlich belohnt.“, sagte Tina. „Das kannst du laut sagen. Hernando Guzman hat Nathan Cunningham ein Strandhaus in Tecura Bay geschenkt und unter anderem eine französische Hochseeyacht. Eine Couach 5000 Fly. Die Yacht trägt den Namen „Matauri Bay“.“ 407

„Ich gehe mal stark davon aus, dass dieses Boot hier in Christchurch seinen Liegeplatz hat.“ „Du bist sehr scharfsinnig, Bernd. Hätte ich so einem Jungspund wie dir gar nicht zugetraut.“ „Ich hab noch ganz andere Talente.“

„Ich denke, wir sollten die Aufgaben neu verteilen und die Teams wechseln. Bernd. Unsere Aufgabe wird sein, mehr über diesen Versicherungsberater herauszufinden.“ „Einverstanden, großer Meister.“ „Wer übernimmt die Inspektion der „Ocean Breeze“?“ Hera und Alejandra meldeten sich. „Gut. Jelena, Tina. Ihr zwei fragt Miss Stone, ob sie bei ihrer Aktion gegen Nathan Cunningham besagte Yacht, die „Matauri Bay“ beschlagnahmt hat. Außerdem solltet Ihr versuchen in Erfahrung zu bringen, was Miss Stone und ihre Leute bei der Durchsuchung des Bootes gefunden haben.“ „Geht klar.“

„Ich denke, für heute ist Feierabend, großer Meister.“ „Warum Bernd?“ „Die Sache ist doch die, vor morgen tut sich überhaupt nichts. Du vergisst, dass die Amis 17 Stunden zurück sind. Außerdem würde es Verdacht erregen, wenn wir Miss Stone noch einmal aufsuchen.“ „Und wie kommst du darauf?“, fragte Jelena. „Überlegt doch mal. Die Debretts werden uns im Auge behalten. Ich meine, die Familie wird ja wohl mittlerweile wissen, dass die Aktion mit dem Unfall ein Rohrkrepierer war.“ „Und sich zu einem Boomerang entwickeln könnte, der zu ihnen zu zurückkommt.“, ergänzte Tina. „In einem Punkt hast du Recht, Bernd. Viel können wir heute nicht mehr tun. Aber wir können versuchen, etwas über diesen Saxby rauszufinden.“, sagte ich.

In dem Augenblick betraten zwei Frauen die Lobby des Crowne Plaza. Es waren die Richardais-Zwillinge, die wir zuletzt in Rio de Janeiro wieder gesehen hatten. Nach einer herzlichen Begrüßung stellte ich Claire und Sylvie unsere Nachfolger vor. „Schade, dass Du und Jelena schon aufhört.“, sagte Sylvie. „Wir haben genug verdient. Ganz abgesehen davon, bin ich verlobt. Und ich will Kelly nicht zur Witwe machen, ehe sie verheiratet ist.“ „Ganz abgesehen davon haben wir mit Bernd und Tina zwei hervorragende Nachfolger aufgebaut.“ „Seit wann habt Ihr die beiden ausgebildet?“ „Seit Beginn unserer Zusammenarbeit.“

Später am Nachmittag trafen wir uns in der Cocktailbar. „Also Paul. Können wir euch irgendwie helfen?“, fragte Claire. „Wenn Ihr etwas über einen Mann namens Burt Saxby wisst, dann schon.“ „Wie sieht er denn aus?“ Jelena drehte ihren Laptop um, auf dem ein Bild unserer Zielperson zu sehen war. Das Foto zeigte einen Mann, der 1,88 m groß war und über einen athletischen Körperbau verfügte. Auffällig waren auch seine eiskalten braunen Augen. Das ovale Gesicht schindete ebenfalls Eindruck. Seinen Mund hatte Mister Saxby zu einem Lächeln geöffnet, sodass ein paar blendend weiße Zähne erkennbar waren. Seine langen dunkelbraunen Haare trug er offen. Der Bart an seinem markanten Kinn begann, an einigen Stellen zu ergrauen. Bekleidet war der Mann mit einem dunkelblauen Anzug, einem weißen Hemd, schwarzen Socken und schwarzen Herrenschuhen. Dazu trug er eine rot-gold gestreifte Krawatte.

Die Zwillinge sahen sich das Bild genau an. Dann nickten sie. „Die Type ist 408

uns nicht ganz unbekannt. Burt Saxby nennt er sich also jetzt?“ „Ja.“ „Das ist nicht sein richtiger Name. Und bevor Ihr auf die Idee kommt danach zu fragen, müssen wir euch leider enttäuschen. Den richtigen Namen weiß niemand. Und wer ihn kennt, schweigt.“ „Warum denn dieses?“, fragte Bernd. „Weil der Kerl jeden, der seine wahre Identität preisgibt, an den Füßen einbetonieren und versenken lässt. Und niemand will so ein Ende riskieren.“ „Verstehe. Aber was hat Mr. Saxby mit den Versicherungsbetrügern zu tun?“, wollte Jelena wissen. „Er ist der Kopf der Bande.“ „Wisst Ihr sonst noch etwas über ihn?“ „Das einzige, was wir euch noch sagen können, ist, dass er eine Versicherungsagentur betreibt.“

Jelena und ich tauschten einen wissenden Blick, der Bernd nicht entging. „Lasst uns an eurem Wissen teilhaben, großer Meister.“, sagte er. „Es ist nur eine Vermutung. Und du weißt selbst, dass Vermutungen nicht halbes und nichts Ganzes sind, Junior.“ „Trotzdem.“ „Ich gehe davon aus, dass unser Mann mit anderen Versicherern ein Kartell gründen will.“ „Das leuchtet ein. Aber was ich nicht verstehe, ist, warum er seine Konkurrenten in den Ruin treibt.“, sagte Tina. „Da Burt Saxby die Gründung eines Kartells anstrebt, passt es ihm nicht in den Kram, wenn ein neues Versicherungsunternehmen gegründet wird. Neue Unternehmen könnten ihm Marktanteile streitig machen.“ „Du meinst also, dass dieser miese kleine Stricher Angst davor hat, als Mitbegründer eines möglichen Versicherungskartells von einem neuen Konkurrenten ausgestochen zu werden.“ „Hast du eine bessere Erklärung, Junior?“ „Ich denke, dass Herr Saxby keine weiteren Mitglieder im Kartell gebrauchen kann. Denn sonst müsste er den „Neuen“ ja auch Teile von dem Kuchen zugestehen.“, sagte Bernd. „Auch nicht schlecht.“ „Und genau so einleuchtend.“, sagte Tina.

„Ich denke, die Theorie mit dem Kartell ist die plausibelste Variante. Und dazu passt Bernds These, dass Burt Saxby keine weiteren Mitglieder im Kartell will. Aber ich habe den Verdacht, dass das Kartell für Burt Saxby nur die Vorstufe zum Monopol sein könnte.“, sagte Alejandra. „Wie kommst du darauf, Cousine?“ „Im Moment kommt Mr. Saxby an die großen nicht ran. Beziehungsweise ist finanziell nicht stark genug, um sie zu vernichten. Er muss sich also mit ihnen zu einem Kartell zusammenschließen, um nicht selbst zerstört zu werden. Aber wenn er finanziell stark genug ist, wird er seinen Kartellpartnern in den Rücken fallen.“ „Mann, du bist ja so scharfsinnig, wie du sexy bist.“, warf Bernd ein. „Danke für das Kompliment, Blanquito.“

Während wir in der Cocktailbar unseres Hotels saßen, hatte sich Burt Saxby mit Lionel Debrett getroffen. „Nun, Mr. Debrett, können Sie mir positive Nachrichten berichten?“ „Sie meinen bezüglich des Unfalls?“ „Nicht nur das. Mich interessiert viel mehr, wer die beiden Frauen waren, die Ihnen und ihrer Familie gefolgt sind.“ „Wie meinen?“, fragte Lionel Debrett überrascht. „Sie haben mich schon verstanden, Lionel. Sie und ihre Familie werden beschattet. Jede Wette, das sind Privatermittler.“ „Haben Sie schon eine Ahnung, wer uns an den Hacken klebt?“ „Die rothaarige habe ich noch nie gesehen. Aber die Brünette habe ich erkannt. Das ist Jelena Romanova. Die Juniorpartnerin von Paul McLain. Und wo sie ist, ist er nicht weit.“ 409

„Die beiden gelten als der Schrecken der Unterwelt.“, sagte Lionel Debrett. „Die beiden gelten nicht nur als der Schrecken der Unterwelt, sie SIND der Schrecken der Unterwelt. Nicht mal der Pate und El Pitbull konnten mit ihnen fertig werden.“ „Wie wäre es, wenn wir die Romanova und den Rotfuchs entführen, dann lässt uns Paul McLain in Ruhe.“, schlug Lionel Debrett vor. Doch Burt Saxby gefiel der Vorschlag gar nicht. „Geben Sie sich keinen Illusionen hin, Lionel. Paul McLain wird seine Juniorpartnerin nicht im Stich lassen. Das ist einer von der harten Sorte.“, sagte er. „Ein Befreiungsversuch?“ „Ja. Und zwar einer, der Erfolg haben wird. Paul McLain hat viele Freunde. Das mit der Entführung schlagen Sie sich lieber gleich aus dem Kopf.“ „Aber was können wir tun, um uns diese beiden Schnüffler vom Hals zu halten?“

„Da fällt mir schon was ein. Aber jetzt sollten wir uns um das naheliegende kümmern. Hat Berkshire Hathaway schon reagiert?“ „Noch nicht. Wir haben den Antrag auf Regulierung erst heute eingereicht. Außerdem weigert sich die Versicherung des Briefträgers zu zahlen.“, sagte Lionel Debrett. Burt Saxby ließ beinahe seine Kaffeetasse fallen. „Warum denn das?“, wollte er wissen. „Sie behaupten, dass der Unfall absichtlich herbei geführt wurde.“ „Haben die Brüder denn Beweise, die diese Behauptung stützen?“ „Es liegt ein Gutachten der Werkstatt vor, in die der Wagen gebracht wurde.“ „Unsere?“ „Nein, Sir. Es ist nicht die Werkstatt mit der wir zusammen arbeiten.“ „Das ist ärgerlich, aber nicht zu ändern. Aber warum hat man bei Berkshire Hathaway noch nicht reagiert?“ „Weil man in Omaha, Nebraska von der Zeit 17 Stunden hinter uns ist. Und außerdem wird es noch ein bisschen dauern, bis die Unterlagen beim zuständigen Sachbearbeiter liegen.“ „Eine kleine finanzielle Zuwendung sollte ausreichen, um zumindest die Bearbeitung zu beschleunigen.“, sagte Burt Saxby.

Kurz vor dem Abendessen kam Cataline Stone zu uns ins Hotel. Fragt nicht, wie sie herausgefunden hat, in welchem Hotel wir abgestiegen waren. „Ich hab ein bisschen Druck gemacht. Der Termin für die Inspektion der „Ocean Breeze“ ist am Montag. Werden Sie und Mr. Köhler pünktlich sein?“ „Hören Sie Cat. Aus taktischen Gründen haben wir die Teams gewechselt. Miss Arnakis und Miss Valderrama werden Ihr Inspektionsteam unterstützen.“ „Verstehe. Seid bitte um 8:30 Uhr morgens am 30.08. bei mir im Büro. Ruft an, wenn Ihr euch auf den Weg macht, Ladies.“ Mit diesen Worten drückte Cat Hera eine Visitenkarte mit ihrer Büronummer in die Hand.

„Bevor wir unser Abendessen einnehmen, würde ich gerne noch eines wissen.“, sagte ich. „Und was wäre das?“ „War die „Matauri Bay“ die Yacht, die Sie beschlagnahmt haben?“ „Ja. Warum wollen Sie das wissen?“ „Weil mich interessiert, was bei der Durchsuchung des Bootes herausgekommen ist.“ „Wir konnten einen Laptop sicherstellen. Allerdings war er durch eine Software geschützt, die den gesamten Inhalt der Festplatte verschlüsselt, sobald ein Unbefugter versucht, auf die gespeicherten Daten zuzugreifen.“ „Konnten Sie den Code knacken?“, fragte Bernd. „Das ist uns gelungen. Allerdings haben wir drei Wochen gebraucht, bis wir den Schlüssel geknackt hatten. Sie müssen wissen, dass sämtliche Algorithmen in Maori programmiert wurden. Und die Sprache beherrscht nicht jeder 410

in Wort und Schrift.“ „Können wir die Dokumente mal bei Gelegenheit einsehen?“ „Sie können sich heute Abend noch damit rumprügeln. Ich hab die Akte mitgebracht.“ „Vielen Dank.“ Nun schaltete sich Tina in unser Gespräch ein. „Ach bevor ich es vergesse: Eine Frage noch.“ „Ich höre.“ „Was wissen Sie über einen Mann mit Namen Burt Saxby?“ „Sie meinen Lionel Debretts Busenfreund? Über den weiß ich so einiges. Ihm gehört eine der Yachten hier in Christchurch. Das Boot trägt den Namen „Hephaistos“ und ist ein Modell von Astondoa. Eine 185 Steel. Diese Yacht ist knappe 184 Meter lang.“ „Nobel geht die Welt zu Grunde.“ „Was kostet so eine Yacht?“, wollte Jelena wissen. „Da geht unter 500.000 Dollar nichts.“ „Und das dürfte der Basispreis sein. Ich bin mir sicher, dass Extras aufpreispflichtig sind.“, sagte Bernd. „Da gebe ich dir Recht, Junior.“ „Leute, ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mir hängt der Magen bis zu den Kniekehlen.“, sagte Jelena. „Esst erst mal etwas. Dann berichte ich euch, was die Sichtung der entschlüsselten Dokumente ergeben hat.“

Nach dem Abendessen trafen wir uns mit Cat in der Cocktailbar unseres Hotels. „Nun Cat, was haben Sie für uns?“, fragte Bernd ohne Umschweife. „Die Dokumente, die wir entschlüsselt haben, enthalten mehrere Zahlungseingänge im zweistelligen Millionenbereich. Und bevor ihr fragt, dass besagte Konto wird von einer Bank auf den Cayman Inseln geführt.“ „Also ein Steuerhinterzieher.“ „Mich würde vor allem eines interessieren.“, sagte Tina. „Und was wäre das, Partner?“ „Von wem die eingegangenen Zahlungen getätigt wurden.“ „Ein Name, der mehrfach aufgetaucht ist, ist ein gewisser Hernando Guzman.“ „El Pitbull.“, sagte Alejandra. „Sie kennen ihn?“ „Ja, ich habe ihn gekannt. Leider, muss man sagen.“ Tina wollte nachhaken, doch Jelena gebot ihr mit einer gebieterischen Geste zu schweigen. „Ich erzähl dir die Geschichte, wenn wir mal allein sind, Tina.“, sagte El Doberman. „Sind noch mehr Namen aufgetaucht?“ „Nur zwei sind uns noch aufgefallen. Weil auch von denen mehrere Überweisungen getätigt wurden. Einer ist ein gewisser Dr. Michael Moriarty, der andere heißt Alain Prior.“ „Haben Sie sonst noch etwas gefunden?“, fragte ich. „Na und ob. Wir haben Kaufverträge für mehrere Immobilien überall auf der Welt gefunden. Für unsere Steuerbehörde stellt sich die Frage, wofür Nathan Cunningham so fürstlich bezahlt wird.“ „Ich denke, dass ich diese Frage beantworten kann. Zumindest was Hernando Guzman angeht.“

„Nathan Cunningham hat für Hernando Guzman spioniert. Er hat Informationen an ihn weitergegeben und ihn so vor Razzien gewarnt.“ „Und jetzt, wo der Pitbull in der Hölle schmort, sucht Mister Cunningham nach neuen Klienten.“ „Was ist eigentlich mit Dr. Moriarty und Alain Prior?“, stellte Tina eine nicht unerhebliche Frage. „Die sind hier in Neuseeland ein unbeschriebenes Blatt.“ „Was sind das eigentlich für krumme Vögel?“ „Bei dir ist wohl jeder verdächtig, Partner.“, sagte Tina. „Mein Instinkt sagt mir, dass die beiden Dreck am Stecken haben.“

Auf Jelenas Zimmer befassten wir uns mit der Akte, die uns Cataline Stone überlassen hatte. Tina suchte über Jelenas Laptop nach Informationen über den Doktor und Alain Prior. Über letzteren fand sie nichts. Wohl aber über Dr. Moriarty. „Ich hab was über unseren Doktor gefunden.“, sagte sie. „Dann lass mal hören, 411

Tina.“ „Dr. Michael Moriarty. Geboren am 14.10.1961 in Rayleigh, in der Grafschaft Essex. 1983 Medizinstudium an der Universität von Oxford mit Schwerpunkt Kardiologie. Hat Ende der 80er Anfang der 90er Jahre als Jahrgangsbester abgeschlossen. Von 91 bis 2000 Leiter der Kardiologie beim Charing Cross Hospital in London.“

„Und was ist danach aus ihm geworden?“ „Ab hier wird’s interessant. 2001 ist Dr. Moriarty unter mysteriösen Umständen verschwunden.“ „Einfach so?“, fragte Jelena. „Nein. 3 Tage vor seinem Verschwinden ist während einer Herz-Op eine Patientin verstorben. Der Assistenzarzt war sternhagelvoll wie eine Haubitze.“ „Hat wohl zu tief ins Glas geschaut.“ „Wohl eher in die Flasche. Dr. Trimble, so hieß der assistierende Arzt, hat sich an dem Tag so richtig volllaufen lassen. Die Gründe kamen nie ans Licht.“ „Und was macht Dr. Moriarty heute?“, fragte Bernd. „Er führt eine Kardiologieklinik auf den Cayman Inseln. Auf Little Cayman, wenn ihr es genau wissen wollt.“ „Der Mann muss ja Geld scheffeln wie Heu, wenn er sich über einen Zeitraum von 3 Jahren ein Honorar in Höhe von 2 Millionen Dollar monatlich für Mister Cunningham leisten kann.“ „Sein Vermögen wird derzeit auf 750 Milliarden Dollar geschätzt. Für den sind zwei Mille Peanuts. Das zahlt der mal eben aus der Portokasse.“

Hera hielt sich die Hand vor den Mund und gähnte hinein. „Leute, ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich kann kaum noch die Augen offen halten.“, sagte sie. Ich sah auf meine Uhr. Sie zeigte 22:45 Uhr. „In Ordnung. Schluss für heute. Wir haben genug gearbeitet.“, sagte ich. Am nächsten Morgen trafen wir im Restaurant auf die Zwillinge. „Bon Matin, Paul. Ca va?“, fragte Sylvie. „Kann mich nicht beklagen. Und bei euch zwei Grazien?“ „Alles im grünen Bereich. Wie kommt Ihr eigentlich mit eurem Fall voran?“, fragte Claire. „Dank der Hilfe von Cat Stone konnten wir einige Zahlungen an Nathan Cunningham zurückverfolgen. Darunter auch der Pitbull, möge Gott seiner Seele nicht gnädig sein.“ „Und wer sind die beiden anderen?“, wollte Sylvie wissen. „Dr. Michael Moriarty, ein Kardiologe mit Praxis auf den Cayman Islands und ein Mann mit Namen Alain Prior.“ Bei der Erwähnung dieses Namens wurden die Zwillinge hellhörig.

„Sagt bloß, den kennt Ihr auch.“ „Nicht persönlich. Aber wir wissen so einiges über ihn.“ „Was haltet Ihr davon, wenn wir uns nach dem Abendessen am Pool treffen?“, fragte Jelena in die Runde. „Solange du deinen Laptop nicht IM Pool versenkst, kein Problem.“ Tina räusperte sich laut. „Was denn? Hab ich was Falsches gesagt?“ „Sei mal nicht so vorwitzig, Junior.“

Nach dem Frühstück trafen wir uns mit Lorena West in ihrem Büro. „Also, Señores. Berkshire Hathaway hat sich mit uns in Verbindung gesetzt. Die E-Mail kam heute morgen.” „Und was sagt man dort?“, fragte Tina. „Sie werden den Schaden am Benz nicht bezahlen. „War nicht anders zu erwarten.“ „Die Versicherung des Briefträgers zahlt auch nicht.“ „Auch das war vorauszusehen.“, sagte Jelena. „Sonst noch etwas, das wichtig sein könnte?“ „Ja. Lionel Debrett war gestern hier und hat einen BMW 750 Li bei mir versichert. Die Höhe der Versicherungssumme beträgt 412

500.000 Dollar.“ „Haben Sie auch Informationen bezüglich der Yacht?“ „Da müssten Sie mal meinen Kollegen Alan Painter fragen.“ „Wo finden wir ihn?“ „Sein Büro ist zwei Türen den Flur runter. Ich sage ihm, dass Sie kommen.“

Als wir das Büro erreichten, fanden wir die Tür verschlossen vor. In meinem Kopf schrillten sämtliche Alarmglocken. „Irgendetwas ist hier faul.“, sagte Bernd. Zum Glück kam gerade Lorena West, die mit Hilfe ihres Generalschlüssels die Tür öffnete. Der Anblick, der sich uns bot, als wir das Büro betraten, war entsetzlich. Alan Painter saß leblos an seinem Schreibtisch. Schaum lief aus seinem geöffneten Mund. „Zyankali.“, stellte Tina fest. „Das versteh, wer will.“ Auf dem Tisch entdeckte Jelena eine Akte. „Ich schätze, das hier ist der Grund.“, sagte meine Juniorpartnerin und hielt die Akte in die Höhe. „Können wir die mal mitnehmen?“ „Klar. Aber Wiedersehen macht Freude.“ „Sie können die Akte schon morgen wieder haben.“

Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten, trafen wir uns auf meinem Zimmer und beschäftigten uns mit der Akte, die wir auf Alan Painters Schreibtisch gefunden hatten. Tina sah sich gerade das Datenblatt des Bootes an. Dann pfiff sie leise durch die Zähne. „Was ist?“, fragte Bernd. „Der Kerl muss ja Geld haben wie Heu, wenn er sich eine Mondo Marine Classic 63 leisten kann.“ „Was kostet so ein Teil überhaupt?“ „Also hier musst du 1,5 Millionen hinblättern. So ein Modell ist immerhin 62,1 Meter lang und hat 2 MTU-Dieselmotoren.“ „Wir sollten versuchen herauszufinden, auf welche Weise Lionel Debrett seinen Lebensstil finanziert.“, schlug Bernd vor. „Ich sehe, du hast deine Hausaufgaben gemacht, Junior.“

„Wäre es nicht geschickter, erst mal Informationen über die Familie Debrett zu sammeln?“, warf Jelena ein. „Keine schlechte Idee.“ „Wir sollten aber diskret vorgehen. Nicht, dass die Debretts unsere Ermittlungen behindern.“, wandte Bernd ein. „Fragen wir doch mal eure Busenfreundin Kattie. Die kriegt bestimmt viel mit.“ „Einen Versuch ist es wert.“

Kurz vor dem Abendessen sprach ich mit Kattie. „Tut mir leid, Babe. Aber über die Familie Debrett weiß ich nada Granada. Aber ich kenne jemanden, der euch helfen könnte. Nikita Adams. Aber ich befürchte, sie wird euch nicht helfen wollen.“ „Warum denn dieses Kattie?“, fragte ich. „Weil sie wegen dir und Bernd zwei Tage im Knast geschmort hat.“ „Du meinst…“ „Genau. Die blonde Catcherin, der ihr noch in Frankfurt begegnet seid, war Nikita.“ „Deine Bekannte hat aber eine merkwürdige Art sich vorzustellen.“ „Zugegeben, Nikita hat sich auch nicht korrekt verhalten.“ „Na also.“ „Ich würde sagen, dass ganze war ein Missverständnis.“

Im Restaurant trafen wir die beiden Cousinen und die Zwillinge. „Also Freunde, wie stehen die Aktien?“, fragte Claire. „Wir machen Fortschritte. Allerdings hat sich ein Mitarbeiter der Versicherungsgesellschaft mit einer Zyankalikapsel selbst gerichtet. Wir haben aber die Akte sicherstellen können.“ „Außerdem habe ich vor dem Essen noch den Namen einer möglichen Kontaktperson in Erfahrung bringen können.“, sagte ich. „Wieso „möglichen“, Großer Meister?“ „Weil wir dieser Dame ziemlich übel mitgespielt haben. Du weißt, wen ich meine, Junior.“ Bernd, Tina und Jelena 413

starrten mich mit offenen Mündern an. „Die Kleine heißt Nikita Adams. Welche Rolle sie in diesem Fall spielt weiß ich nicht. Noch nicht.“ „Fakt ist, Miss Adams hätte uns reinen Wein einschenken sollen, und uns von vornherein sagen sollen, wer sie wirklich ist.“, sagte Tina. „Hat sie aber nicht getan.“ „Das habe ich Kattie auch gesagt.“ „Und was hat Kattie geantwortet?“, fragte Jelena. „Sie war dafür, diese Angelegenheit als Missverständnis zu behandeln.“

Nach dem Essen trafen wir uns am Pool. „Also. Machen wir Bestandsaufnahme. Wir wissen, dass Berkshire Hathaway den Schaden am Benz nicht reguliert.“, sagte ich. „Und wir wissen, dass Nathan Cunningham von mehreren Personen Zahlungen in Millionenhöhe erhalten hat. Darunter ein kolumbianischer Drogenbaron und ein englischer Herzspezialist.“ „Außerdem wissen wir, dass die Debretts zwei Megayachten besitzen, die in der oberen Preisklasse rangieren.“, sagte Bernd. „Dann wäre da noch der Suizid von Alan Painter mit der Zyankalikapsel.“ „Was hat das mit der Akte zu tun, die wir in seinem Büro sichergestellt haben?“ „Wahrscheinlich hatte er vor sie zu vernichten.“, sagte Jelena. „Woraus schließt du das?“ „Weil auf dem Schreibtisch ein Feuerzeug lag, Towarischtsch.“ „Wäre es nicht einfacher gewesen, die Unterlagen im Aktenvernichter zu shreddern?“ „Dann wären Papierschnipsel übrig, die wir wieder zusammensetzen können.“, meinte Tina. „Zu dumm, dass wir vergessen haben, das Smartphone sicherzustellen und den Festnetzanschluss von Mr. Painter zu überprüfen.“ „So, und warum, wenn man fragen darf?“ „Weil wir dann wüssten, mit wem Alan Painter zuletzt telefoniert hat.“

In diesem Augenblick tauchte Nikita Adams auf. Im Gegensatz zum Anreisetag trug sie nun einen dunkelblauen Badeanzug und ihre Haare offen. Offenbar suchte sie jemanden, denn sie sah sich aufmerksam um. Als sie uns dann entdeckt hatte, kam sie direkt zu uns an den Pool. „Sie können sich sicher vorstellen, dass ihre Majestät die Königin nicht gerade erfreut war, als sie von diesem unangenehmen Zwischenfall erfahren hat.“, sagte Nikita. „Hätten Sie uns gesagt, wer Sie sind, dann hätten wir uns diese Unannehmlichkeiten ersparen können.“ „Das sagen Sie so einfach, Mr. MacLain. Versetzen Sie sich mal in meine Lage. Ich hätte keinem von Ihnen sagen können, dass ich vom MI6 bin, ohne gleich das ganze Flugzeug zu informieren. Deshalb wollte ich Ihnen das Ganze unter zehn Augen eröffnen.“ „Warum diese Vorsichtsmaßnahme, Nikita?“, fragte Jelena. „Hat schon mal jemand von euch etwas von Mahmoud gehört?“ Bernd wurde hellhörig. „Ist das nicht ein weltweit gesuchter Terrorist?“ „Dito. In der Unterwelt nennt man ihn auch „Die Hyäne“.“ „Lassen Sie mich raten. Dieser Rotarschpavian war an Bord der Maschine.“, sagte Tina. „Volltreffer ins Schwarze.“ „Könnte es sein, dass Mahmoud es auf Sie abgesehen hat, Nikita?“, fragte ich. „Sie haben es erraten. Vor zwei Monaten habe ich einen Anschlag auf den mongolischen Präsidenten vereitelt. Mahmoud ist leider entkommen.“ „Bernd, jetzt hast du die Gelegenheit ein bisschen Wiedergutmachung zu leisten.“ „Halb so wild, ich konnte ja nicht ahnen, dass Sie Privatermittler sind.“

„Sie arbeiten also beim britischen Geheimdienst. In welcher Funktion?“ „Ich bin Agentin mit Doppel-Null-Status.“ Bernd und Tina sahen mich fragend an. „Diese Lady hat die Lizenz zum töten und darf getötet werden.“ „Diese Beauty in die ewigen 414

Jagdgründe schicken? Wer das vorhat, dem hau ich eine Bratpfanne aus Gusseisen in die Fresse.“, sagte Bernd. „Na, na, na. Was sind denn das für Töne, Junior.“ „Eine Frage, Mister MacLain. Wieso nennen Sie Mister Köhler eigentlich „Junior“?“ „Er wird mein Nachfolger im Detektivbüro.“

Nikita Adams stützte sich am Beckenrand ab und kam zu uns in den Whirlpool. „Kattie sagte uns, dass Sie etwas über die Familie Debrett wissen.“ „Und da hat sie Ihnen nichts falsches erzählt. Aber wie alles haben diese Informationen ihren Preis. Sie wissen doch: Umsonst ist nichts. Noch nicht einmal Gevatter Tod. Der kostet nämlich das Leben.“ „Achtung Sarkasmus.“, sagte Bernd. „Ich schlage Ihnen einen Deal vor. Sie schaffen mir Mahmoud vom Hals und ich arbeite mit Ihnen zusammen.“ „Du wolltest doch jemandem, die Fresse einbeulen, Junior. Bitte. Tob dich ruhig aus.“, sagte ich. „Ist schon so gut wie erledigt.“ „Wissen Sie in welchem Hotel, sich diese räudige Hyäne aufhält?“, wollte Tina wissen. „Diese Information ist Top Secret. Versprechen Sie mir, dass Sie niemandem den Aufenthaltsort von diesem Arschloch verraten.“ „Sie haben mein Ehrenwort“, sagte ich. „Gut. Mahmoud residiert in der Ashford Motor Lodge.“

„Tina?“ „Ich bin dabei, Partner.“, sagte Tina. „Okay. Aber jetzt mal zurück zu unserem Fall. Sylvie, Claire. Was wisst Ihr über Alain Prior?“ „Monsieur Prior ist Börsenmakler an der Bourse de Paris. Der Mann gehört zu den Brokern. Er wurde am 24.12.1970 in Nizza geboren. Hat 1990 eine Ausbildung als Bankkaufmann gemacht und zeitgleich ein Studium in BWL an der Sorbonne Universite´ absolviert.“ „Da er auch über einen Zeitraum von zwei Jahren die Dienste von Nathan Cunningham in Anspruch genommen hat, muss da ja auch etwas vorgefallen sein, was ihn zu diesem Schritt veranlasst hat.“ „Oh ja. 2008 haben eine Menge Franzosen viel Geld durch die Finanzkrise verloren. Alain Prior wurde dafür zu Unrecht verantwortlich gemacht. Er hat es zwar geschafft, sich irgendwie wieder nach oben zu arbeiten, aber der Makel von 2008 hat seine Glaubwürdigkeit erschüttert. Bis er Nathan Cunningham engagiert hat.“

Die Besprechung dauerte bis 23:30 Uhr ehe sich jeder auf sein Zimmer zurückzog. Am nächsten Morgen, es war der 30.08.2020, machten sich Hera Arnakis und ihre Cousine schon nach dem Frühstück auf den Weg. Bernd und Tina befassten sich mit dem Terroristen Mahmoud. Jelena und ich versuchten mehr über Nathan Cunningham herauszufinden. Die Zwillinge wollten sich ausruhen und hatten sich auf ihr Zimmer zurückgezogen.

Ich ging nach draußen um ein bisschen frische Luft zu schnappen, als mir eine junge Frau mit braunen Haaren auffiel. Sie stand auf der anderen Straßenseite und blickte sich nervös um. Die Frau war 1,67 m groß und hatte einen sexy Körper und ebenso sexy Beine. Ihre braunen Haare trug sie offen und schulterlang. Das ovale Gesicht mit den braunen Augen und den sinnlichen Lippen war ebenfalls hübsch anzusehen. Auch die breite Nase, fügte sich harmonisch in dieses Antlitz ein. Auch die prallen Brüste dieser jungen Dame waren ein Hingucker. Bekleidet war die unbekannte schöne mit einem schwarzen Kleid mit weißen Trägern und schwarzen High 415

Heels.

Die Dame überquerte rasch die Straße und kam auf mich zu. Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern, als sie mich ansprach. „Wo können wir ungestört miteinander reden?“ „Von mir aus auf meinem Zimmer. Aber bevor wir gehen, möchte ich eines klar stellen. Ich habe vor meiner Juniorpartnerin Jelena Romanova keine Geheimnisse. Alles was Sie mir zu sagen haben, kann sie ruhig mithören.“ Die Frau seufzte. „Wenn es unbedingt sein muss.“, sagte sie und verbarg die Enttäuschung nicht. „Wie gesagt, ich habe vor meiner Partnerin keine Geheimnisse. Jelena Romanova genießt mein uneingeschränktes Vertrauen.“ „Na schön. Machen wir es wie Sie wollen.“

Auf meinem Zimmer kam unsere unbekannte Besucherin zur Sache. „Zuerst sollte ich mich wohl vorstellen. Mein Name ist Alyssa Wilcox. Ich bin die Nachfolgerin von Alan Painter.“, sagte sie. „Was führt Sie zu uns, Miss Wilcox?“ „Ich habe heute Morgen den E-Mail-Verkehr von meinem Vorgänger durchgesehen. Da mir die ganze Sache etwas spanisch vorkam, bin ich damit zu meiner Kollegin Lorena West gegangen und die hat mich an Sie verwiesen.“ „Warum wollten Sie dann nicht, dass meine Partnerin mithört?“ „Ich war etwas nervös. Das werden Sie sicher verstehen.“ „Kann ich Ihnen nicht verdenken. Also, was haben Sie für uns?“, sagte Jelena. Alyssa Wilcox gab mir zwei Schnellhefter mit ein paar Dokumenten. „Was ist das?“ „Was Sie und Ihre Partnerin da in den Händen halten, ist der gesamte E-Mail-Verkehr von Alan Painter aus den letzten drei Wochen und die Telefonprotokolle seines Festnetzanschlusses und seines Smartphones aus demselben Zeitraum.“ „Sie wissen schon, dass Sie sich mitten ins Fadenkreuz der Betrügerbande manövriert haben.“, sagte ich.

Alan Painters Nachfolgerin sah mich fragend an. Doch es war Jelena, die an meiner Stelle die Frage beantwortete. „Was mein Partner Ihnen damit sagen will, ist, dass diese Betrüger nicht davor zurückschrecken werden, Sie zu töten, wenn sie herausfinden, dass Sie uns wichtige Informationen zugespielt haben, die uns helfen, die Bande hochgehen zu lassen.“ „Lange Rede, kurzer Sinn. Sie schweben in Lebensgefahr, Alyssa.“ „Und was raten Sie mir, jetzt zu tun?“ „Verlassen Sie Neuseeland. Noch heute.“ „Und was ist mit meinem Job?“ „Keine Sorge, wir regeln, das mit Ihrem Brötchengeber.“, sagte Jelena.

Gesagt, getan. Nach einem kurzen Anruf beim COO der Christchurch Insurance saß Alyssa Wilcox in Alejandras 747-8 und war auf dem Weg nach Kreta. El Doberman hatte das gerne veranlasst, hatte sie uns doch einiges zu verdanken.

Um 11:00 Uhr trafen wir uns mit den anderen auf Heras Zimmer zu einer kurzen Besprechung. „Also Freunde. Heute scheint unser Glückstag zu sein. Alan Painters Nachfolgerin hat uns heute mit ihrem Besuch beehrt und uns den gesamten E-Mail-Verkehr und die ganzen Telefonprotokolle vom Festnetz und vom Smartphone mitgebracht. Deswegen diese Blitzaktion.“ „Warum ist Frau Wilcox dieses Risiko überhaupt eingegangen? Das will mir nicht in den Kopf.“, sagte Tina. „Über ihre 416

Beweggründe können wir nur spekulieren, Tina. Fakt ist aber, dass sie uns die Bande mehr oder minder auf dem Silbertablett serviert hat.“ „Was ist eigentlich bei der Inspektion der „Ocean Breeze“ herausgekommen?“ „Miss Debrett hat keinerlei Probleme bereitet. Sie war sogar so freundlich und hat uns das hier mitgegeben.“, sagte Alejandra und gab mir eine Akte. „Damit befassen wir uns später. Bernd, Tina. Was habt Ihr herausgefunden?“ „Mahmoud hat sich in einem Cafe´ mit zwei Männern getroffen. Einer davon war Burt Saxby.“, sagte Tina. „Und der andere?“ „Das war mit 100%iger Sicherheit Lionel Debrett.“ „Woraus schließt Du das, Junior?“ „Wurde Debrett Senior von Miss West nicht als älterer Herr beschrieben?“ „Stimmt da war was.“ „Jede Wette, die Familie Debrett finanziert Mahmouds Attentate.“, sagte Tina.

„Und wie willst Du deine Theorie untermauern, Partner?“ „Sehen wir uns doch einfach mal die Dokumente an, die man uns zugespielt hat.“ Und wie Recht Tina mit ihrer Vermutung hatte, zeigte sich, als Jelena auf eine E-Mail von Mahmoud an Alan Painter stieß. Dummerweise war der Text verschlüsselt. Den jedoch eindeutigen Beweis entdeckte allerdings Alejandra. „Wann war der letzte Anschlag von Mahmoud?“, fragte sie in die Runde. „Vor anderthalb Monaten. Da hat er ein Attentat auf die Firmenzentrale der National Bank of Kenya in Nairobi verübt. Warum fragst Du?“ „Ratet mal, von wem er die Kohle für den Anschlag bekommen hat.“ „Von den Debretts nehme ich an.“, sagte Bernd. „Bingo! Und nicht nur den Anschlag. Die Familie hat Mahmoud auch die Gelder für den Anschlag auf das Kreuzfahrtschiff „Olympic“ im Jahr 2018 beschafft.“ „Und die Kohle verdienen die Debretts mit Versicherungsbetrug.“ „Danach sieht es aus.“

„In Ordnung. Bernd, Tina. Ihr zwei seid ja an Mahmoud dran. Habt Ihr schon einen Plan, wie Ihr ihn eliminieren wollt?“ „Erst mal müssen wir wissen, was er vorhat. Mahmoud gibt sich nicht damit zufrieden, nur Sachschaden anzurichten. Er will möglichst viele Menschen in den Tod reißen.“ Tina recherchierte mit Jelenas Laptop, welche Großveranstaltungen demnächst stattfinden sollten. „Ich glaub, ich hab was.“, sagte sie schließlich. „Was hast Du?“ „Jetzt am Wochenende findet ein Segelwettbewerb statt. Die Christchurch Sailing Classics. Die Veranstalter rechnen mit 80.000 Besuchern.“ „Ein lohnendes Ziel für Mahmoud.“

In dem Moment klopfte es an der Zimmertür. „Wer ist da?“, fragte ich. „Zimmerservice.“ „Ich habe nichts bestellt.“, antwortete Hera. „Darf ich trotzdem reinkommen?“ „Du bleibst draußen, Freundchen.“, sagte ich. „Na schön. Ganz wie Sie wollen. Dann eben auf die harte Tour.“, sagte die Männerstimme. Bernd und Tina postierten sich links und rechts von der Tür. Mein Nachfolger sah seine Partnerin an. Sie nickte. Bernd griff nach der Klinke und öffnete die Tür. Draußen stand ein Mann mit einer Heckler & Koch SFP9M. Der Typ hätte einfach nur abdrücken brauchen, um uns in die ewigen Jagdgründe zu schicken, aber er war sich seiner Sache wohl sehr sicher. Gemächlichen Schrittes betrat er Heras Zimmer. Allerdings schaute er weder nach rechts, noch nach links, als er durch die Tür ging. Bernd reagierte blitzschnell und zog dem Mann die Beine weg. Noch bevor er wieder auf die Beine kam, hatte ihn Tina mit einem Handkantenschlag ins Genick ins Reich der Träume geschickt. Bernd verpasste ihm die Acht und setzte ihn auf den Stuhl, der am 417

Schreibtisch gegenüber dem Bett stand.

Als der Kerl 10 Minuten später wieder zu sich kam, war er vollkommen orientierungslos. „Wo bin ich?“, fragte er benommen. „Ey! Mach dich ma grade, Du Fleischwurst!“ „Du bist ja wieder sehr feinfühlig, Partner.“, meinte Tina. „Der singt uns gleich ein schönes Lied wirst sehen.“ „Das kommt überhaupt nicht infrage!“, schrie der Mann. „Also an deiner Stelle würde ich das Maul aufmachen. Mein Partner kann nämlich ganz schnell ganz schön raubeinig werden.“, sagte Tina. In diesem Moment klopfte es erneut an der Tür. Hera öffnete einen Spalt breit. Draußen stand Nikita Adams. „Darf ich reinkommen?“ „Nur zu.“, sagte Hera und öffnete ganz.

Kaum war die Tür zu, staunte die MI6-Agentin nicht schlecht, als sie unseren Gefangenen sah. „Da ist euch aber ein dicker Fisch ins Netz gegangen.“ „Wie meinen Sie das?“, fragte Jelena. „Wisst Ihr, wer das ist?“ „Nein. Aber ich nehme an, SIE wissen es.“ „Klar weiß ich das. Das ist Kebir al Bakr. Spitzname „The Ferret“. Er ist nach Mahmoud einer der am meisten gesuchten Terroristen weltweit.“ „Der Typ sieht ja wirklich aus wie ein Frettchen.“

„Eine Frage, Miss Adams. Wissen Sie ob Mahmoud in der näheren Zeit einen Anschlag geplant hat?“ „Ja. Er will einen Anschlag auf die Christchurch Sailing Classics verüben. Viel Zeit bleibt nicht.“ „Tina?“ „Ab an die Arbeit.“ „Habt Ihr schon einen Plan, Junior?“, fragte ich. „Klar haben wir den. Tina, bist du so freundlich?“ Tina Kraus griff in ihre Handtasche und fischte einen Kugelschreiber heraus. „Was ist das denn?“, wollte Jelena wissen. „Äußerlich sieht es aus wie ein gewöhnlicher Kugelschreiber. In Wirklichkeit ist das ein raffiniertes Mordinstrument. Ein leichter Druck auf den Auslöser genügt und eine Nadel kommt zum Vorschein. Bei einem Einstich wird dem Opfer ein Gift injiziert. Es wirkt nicht sofort, aber nach einer gewissen Zeit stirbt das Opfer an Herzstillstand.“

„Was machen wir eigentlich mit unserem Frettchen?“, fragte Alejandra. „Wenn wir ihn den Behörden übergeben, lassen die ihn wieder laufen.“ „Aber bevor wir ihn ziehen lassen, drehen wir „The Ferret“ noch ein bisschen durch den Fleischwolf.“ Kebir al Bakr schluckte. Er wusste genau, was ihm bevorstand.

Nach einer halben Stunde wussten wir, was wir wissen wollten. Laut seiner Aussage beschaffte ein Mann namens Osbourne Manning den Sprengstoff für Mahmoud. Wie uns Kebir weiter verriet, war der Codename dieses Mannes „Sphinx“. „Wo finden wir ihn?“, fragte Bernd. „Im Club „Wunderbar“.“ „Na bitte. Geht doch auch ohne viel Schisslaweng.“, sagte Tina. Als wir Kebir al Bakr ziehen ließen, begleitete Jelenas Nachfolgerin den Terroristen noch zur Tür.

In dem Moment, als „The Ferret“ durch die Tür ging, verpasste ihm Tina mit dem Kugelschreiber einen Stich in den Allerwertesten. Offenbar hatte der Kerl davon nichts mitbekommen, denn er ging fröhlich pfeifend zum Fahrstuhl. „Ick jarantiere euch, wenn er det Hotel verlassen hat, jeht er druff.“, sagte Tina. „Was ist denn jetzt los? So hab ich ja noch nie reden hören, Tina.“ „Det is meene Berliner Kodderschnauze, Jelena. „Wie meinst Du das?“ „Wie ick dat meene? Ick bin 418

eene Berliner Göre.“ „Und aus welchem Stadtteil kommst Du?“, wollte ich wissen. „Kreuzberg.“ „Auch noch das Kiezviertel.“ „Ick kann nüscht für meene Herkunft.“ „Und was ist mit deinen Eltern? Wie haben die reagiert, als Du nach Frankfurt gegangen bist?“ „Det war die Idee von meener Mutter. Sie meente, det et besser is, wenn ick bei Tante Clarissa in Frankfurt lebe. Da würde ick nich so schnell uff die schiefe Bahn jeraten.“ „Was macht deine Mutter eigentlich beruflich?“, wollte Bernd wissen. „Det willste nich wissen, Partner.“ „Hätte ich sonst gefragt?“ „Okay, okay. Is jut. Meene Mutter is ne Bordsteinschwalbe.“ „Eine was?“ „Eine Prostituierte.“, erklärte Alejandra.

„Und was ist mit deinem Daddy?“ „Meen Alter? Den kann der Teufel holen.“, sagte Tina. „Warum denn dieses?“ „Weil er meene Mutter und mich an meinem 5. Geburtstag verlassen hat. Kam von der Arbeit, hat seinen ganzen Klumpatsch zusammengerafft und hat gemeint, wir wären nich mehr seine Familie. Wir müssten zusehen, wie wir alleene klar kommen. Er hätte ne neue Freundin und nur die wär wichtig. Seitdem hab ick ihn nich mehr jesehen.“ „Und wie war er als Mensch?“ „Meen Alter war ein richtiges Arschloch. Er hat Mama dat Leben zur Hölle jemacht. Nach außen hin Friede, Freude Eierkuchen. Aber hinter den Kulissen war er janz anders. Er hat Mama auf Übelste beleidigt und beschimpft. Sogar jeschlagen hat er sie. Und wenn sie im Bett nich so wollte, wie er wollte, dann hat er sie vergewaltigt. An dem Tag, als ick Jelena jetroffen habe, hatte ick grad die Nachricht erhalten, dat meen Alter ins Gras jebissen hat.“ „Was war denn passiert?“, wollte Jelena wissen. „Jemand hat ihn mit Blei volljepumpt. Meen Alter hat zuletzt als Schuldeneintreiber malocht. Und offenbar isser an jemanden jeraten, der keenen Spaß versteht. Geschieht ihm Recht, wenn man bedenkt, wat er Mama anjetan hat.“ „Hast du ein gutes Verhältnis zu deiner Mutter?“ „Ick liebe sie, so wie sie ist. Sie war immer für mich da, wenn ich jemanden brauchte, der mir zuhört. Sie hat mich wenigstens ernst jenommen. Und ick erinnere mich noch, wat sie jesagt hat, als sie mich zu Tante Clarissa jeschickt hat. Sie sagte: „Es ist besser, du ziehst weg aus Kreuzberg. Ick will nicht, dat du ooch ne Nutte wirst, wie icke. Du sollst es einmal besser haben.“ Det waren ihre letzten Worte.“

Tina setzte sich aufs Bett, schlug ihre Hände vors Gesicht und fing an zu weinen. Und wer jetzt glaubt, dass dieses Seelengeständnis von ihr ihren Partner kalt gelassen hat, der irrt sich gewaltig. Bernd setzte sich zu ihr und nahm sie in den Arm. „Sieh mich an, Tina.“, sagte er. Tina Kraus hob den Kopf, und sah ihrem Partner ins Gesicht. „Es ist mir egal, woher du kommst, oder ob deine Mutter eine Nutte ist oder nicht. Mir ist wichtig, dass ich mich auf dich verlassen kann und dass ich dir ohne Vorbehalte vertrauen kann. Und ich weiß, dass kann ich.“, sagte er. „Danke, Partner.“

Unten auf der Straße verspürte Kebir al Bakr einen leichten Krampf in der Herzgegend. Er hatte gerade die Straße überquert und eine Telefonzelle angesteuert, als sein Herz erneut