Zum Inhalt der Seite

The wrong one?

Wer kann das schon sagen?
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

"Hey!", begrüßte ihn Sarah, als er mit den Stöcken wild wedelnd herumlief. Diese Dinger waren ihm noch nie geheuer gewesen. Zwar hatte ihre Lehrerin ihnen kurz erklärt, wie sie wirklich zu benutzen waren, aber in seinen Händen schienen sie ein Eigenleben entwickelt zu haben. Sie taten nicht das, was sie sollten.

Robert blieb stehen und zog etwas ruppig einen der Stöcke aus dem Loch des Gullys, in dem er gelandet war. Schon wieder. Sie waren tatsächlich draußen unterwegs und die verwunderten Blicke der Passanten passten ihm gar nicht. Besonders, weil seine Lehrerin beschlossen hatte, heute alle, die nicht richtig mitmachten, lautstark zu ermahnen. Zweimal hatte sie ihn schon aufgefordert, schneller zu gehen.

"Jürgens, Sie sollen nicht alle verschiedenen Gullydeckel untersuchen, sondern sich nach vorne bewegen!", erscholl es auch schon von hinten. Einige seiner Mitschülerlachten verhalten.

Er rollte mit den Augen. "Ja", sagte er lediglich und stiefelte nach vorn, mittlerweile wieder mit beiden Stöcken an seinen Seiten. Sarah hielt mit Leichtigkeit mit ihm Schritt und erwischte nie eine der Stolperfallen, welche auf dem Weg lagen. Scheinbar versuchte sogar sie, sich ein Grinsen zu verkneifen. Das war definitv nicht Roberts Tag.
 

"Sag mal, wie machst du das?", fragte er nach einer Weile, in der er das junge Mädchen beobachtet hatte. Hatte sie schon Erfahrung damit? Sarah sah auf. "Meine Mutter ist gesundheitsverrückt. Sie hat mich schon ein paar Mal mitgenommen. Da musste ich auch mit den Dingern hier laufen." Erklärend hob sie die Metallstöcke hoch. Er wollte gerade darauf antworten, als von hinten erneut ein Kommentar erscholl: "Keine Kaffekränzchen! Das hier ist immer noch Unterricht! Müller, lenken Sie Jürgens nicht ab, der soll das lernen! Sie könnten auch mal etwas zulegen, anstatt hier eine Tanzstunde vorzuführen!"

Diesmal lachten mehr Leute, als es bei ihm gewagt hatten. Und Sarah blieb abrupt stehen, drehte sich auf dem Absatz herum und funkelte die Lehrerin an. Diese blieb stehen und blinzelte verwundert. "Ich glaube", begann das Mädchen völlig wütend und bemüht leise, "dass ich mir sowas nicht sagen lassen muss. Ich bemühe mich, führen Sie mich also bitte nicht vor den anderen Mitschülern vor!" Sie schnaubte leicht, was die ältere Frau dazu brachte, sich tatsächlich zu entschuldigen. Es sei nicht so gemeint gewesen, sie wolle sie doch nur anspornen. Wenn sie wolle, könne sie natürlich auch die Geschwindigkeit wählen, die ihr selbst zusage.
 

Verwundert hob Robert die Augenbrauen, als Frau Meier weiter nach vorne rauschte und einige andere Klatschtanten ermahnte. "Wo hast du gelernt, dich so durchzusetzen?", fragte er. Nicht, dass er es nicht auch konnte, aber er war nie so direkt. Im richtigen Moment kniff er doch, aus Angst, seine Eltern würden davon erfahren und sich ber ihn ärgern. Nicht, dass er sich vor seinen Eltern fürchtete - er wollte sie bloß nicht enttäuschen. So blieb er lieber der höfliche, ruhige Junge und überzeugte liebe durch Leistung, als durch harte Worte.

Sarah warf den Kopf in den Nacken und lachte. "Erzähl mir nicht, du wirst nie sauer!" Der Lilahaarige hob die Schultern. "Nicht so." Wieder lachte sie. "Jetzt haben wir immerhin erst einmal unsere Ruhe. Wer kommt auch auf die Idee, in Berlin mit einer Schulklasse Nordic Walking quer durch die Stadt zu machen?" Da konnte er nur zustimmen - am liebsten hätte er die albernen Stöcke irgendwo versteckt und hätte einen schnellen Ausdauerlauf vorgezogen.

"Nur unsere Verrückte dort vorne", brummelte er und sah zur Spitze der Sportklasse, die gerade von Frau Meier angeraunt wurde, nicht zu schnell zu rennen, damit die anderen auch noch mitkamen. Er brachte Sarah erneut zum Lachen. "Du bist witzig, Jürgens!" Er grinste schief und konzentrierte sich wieder darauf, die Bewegungne richtig zu machen, damit er nicht den nächsten Gully erwischte.
 

"Sag, kommst du zum Tanzfest?", fragte sie, als die Sporthalle wieder in Sicht kam. Die verbleibende Zeit hatten sie hin und wieder über belanglose Dinge geplaudert. Dinge wie Hausaufgaben, AGs und verrückte Ideen von Freunden. Sie hatte ihn mit einer Geschichte erheitert, als eine ihrer Freundinnen beim letzten Sportfest sich den Diskus auf den Fuß fallen lies und den Lehrer tatsächlich auf Schmerzensgeld verklagen wollte. Lebhaft hatte sie erklärt, wie sie den armen Mann vor einer Klage gerettet hatte.

Aus seinen Gedanken gerissen, hob er den Blick, aber sie sah ihn nicht an. "Denke schon. Jedenfalls hatte ich das beschlossen." Sie schob seinen Arm mit den Worten "Achtung, nächster Gully!" zur Seite und er grinste erneut. "Danke", meinte er leise, "Die Dinger haben es heute auf mich abgesehen."

"Ich denke, ich werde auch kommen", meinte sie plötzlich, "Ich hab irgendwie Lust drauf, mal wieder was anderes als die Charts zu hören. Hälst du mir einen Tanz frei?"

Er hob die Augenbrauen. Das ging ihm jetzt doch zu weit. Sarah war witzig, klar. Man konnte Spaß haben, wenn sie dabei war, aber er war nicht an ihr interessiert. Das sollte er ihr wohl langsam mal klar machen. "Uhm, weiß nicht. Wir...sind als Team da. Johnny wird wahrscheinlich schon alles reservieren, was ich an Tänzen zu bieten habe." Sein Versuch, es so beiläufig wie möglich klingen zu lassen, klappte leider nicht ganz, aber Sarah schien es nicht zustören. "Wir werden sehen", zuckte sie mit den Schultern. Sie machte sich auf zu ihrer Umkleide, drückte dabei der Lehrerin die Stöcke in die Hand, als sei das ihre Angestellte und rief über die Schulter: "Ich seh dich morgen, Jürgens!"

Er hatte das Gefühl, mal wieder irgendwas falsch gemacht zu haben.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück