Finsterste Nacht von Flordelis ================================================================================ Kapitel 1: Wo ist Delion? ------------------------- [LEFT]Das dynamaximierte Raffel schien in einem grellen Licht zu explodieren, dann schrumpfte es auf seine ursprüngliche Größe zurück. Verwirrt blickte es sich um. »Raf~?«[/LEFT] [LEFT]Ich beugte mich zu ihm herunter. »Na, Kleiner, schon besser, oder?«[/LEFT] [LEFT]Es hob den Blick, um mich anzusehen, dann strahlte es und gab ein zustimmendes »Raf!« von sich. Ich widerstand der Versuchung, es zu tätscheln und lachte stattdessen nur leise. »Genau. Wenn man seine normale Größe beibehält, ist das viel schöner.«[/LEFT] [LEFT]Plötzlich kamen mehrere Raffels und auch ein Schlaraffel angerannt, um ihren Kumpan wieder bei sich willkommen zu heißen. Die zufriedenen Geräusche, die sie alle von sich gaben, verrieten mir, dass ich gute Arbeit geleistet hatte.[/LEFT] [LEFT]»Dann geht jetzt nach Hause«, sagte ich. »Und seid vorsichtig, wenn das nächste Mal ein Blitz einschlägt. Zu viel Neugier bringt nur noch einmal dasselbe Ergebnis. Und ich kann nicht immer da sein, um zu helfen.«[/LEFT] [LEFT]Die Raffels nickten mir zu und trabten dann auf allen Vieren davon. Nur Schlaraffel blieb zurück, um mir eine Beere entgegenzuhalten. Anfangs hatte ich derartige Geschenke noch abgelehnt, aber inzwischen war mir bewusst, dass es vielen Pokémon wichtig war, sich erkenntlich zu zeigen, besonders in diesen harten Zeiten. Also gab es keinen Widerspruch von meiner Seite. »Awww, kommt die aus deinem Vorrat? Danke, Schlaraffel.«[/LEFT] [LEFT]Nachdem ich ihm die Beere abgenommen hatte, folgte Schlaraffel glücklich seinen Freunden – oder vielleicht Familie – und verschwand damit bald aus meinem Blickfeld.[/LEFT] [LEFT]Ich wandte mich Liberlo zu, der inzwischen auch wieder seine alte Größe innehatte, und tauschte einen High Five mit ihm. »Gut gemacht, Junge! Damit haben wir heute wieder einige Pokémon gerettet.«[/LEFT] [LEFT]Liberlo strahlte glücklich über dieses Lob, und aß Schlaraffels Beere, die ich ihm reichte.[/LEFT] [LEFT]Ich holte mein Handy heraus, um zu sehen, wie spät es war. Durch die Neue Finstre Nacht war der Himmel inzwischen immer mit schwarzen und roten Wolken bedeckt, die keinerlei Sonnenlicht durchließen. So blieb einem nur eine Uhr, wenn man einen gewissen Rhythmus beibehalten wollte. Es war schon nach acht abends, im Moment gab es keine weiteren Dynamax-Pokémon in der Nähe, also dürfte nichts gegen Feierabend sprechen.[/LEFT] [LEFT]»Dann haben wir uns jetzt auch eine Pause verdient, oder?«[/LEFT] [LEFT]Liberlo nickte vergnügt.[/LEFT] [LEFT]Zum Glück waren wir an einem guten Ort für ein Lager. Es war reiner Zufall, dass ich an diesem Tag am Sitz des Giganten war, aber hier waren wir nicht nur durch eine Bergkette vor Ostwind oder Angriffen aus dem Hinterhalt geschützt, es gab auch genug Wasser, mit dem ich kochen, Geschirr spülen und später das Feuer löschen konnte.[/LEFT] [LEFT]Nachdem ich das Lager errichtet hatte, ließ ich meine aktuellen Pokémon aus ihren Pokébällen frei. Feelinara setzte sich direkt zu mir, um darauf zu achten, dass Dedenne keine Beeren stahl. Dedenne selbst saß ein wenig abseits, um mich zu beobachten. Silembrim stand neben dem Zelt, um sich auf Schwingungen zu konzentrieren; sie konnte genau spüren, wenn in der Nähe ein roter Blitz aus der Dyna-Wolke einschlug oder wenn Endynalos nicht weit entfernt war; bislang hatten wir aber noch nicht wieder gegen ihn gekämpft. Wolly hüpfte durch das Lager und hielt immer wieder inne, um am Boden zu schnuppern. Was genau da interessant genug für sie war, um anzuhalten, wusste ich aber nicht, obwohl ich schon mehrmals entsprechende Stellen in Augenschein genommen hatte. Liberlo und Gorgasonn patrouillierten um das Camp, damit sie jede Gefahr sofort melden könnten. Neben dynamaximierten Pokémon gehörten heutzutage leider auch andere Trainer dazu, denen die Vorräte ausgingen. Aus Ermangelung der zentralen Städte, in denen man sich wieder eindecken konnte, sahen manche keine andere Möglichkeit, als lagernde Trainer zu überfallen. Mir war das glücklicherweise erst zweimal geschehen, andere schienen schon im Vorfeld zu wissen, dass ich kein leichter Gegner war. Ich verstand die Verzweiflung, aber es war dennoch nicht in Ordnung, andere Trainer zu überfallen.[/LEFT] [LEFT]Während ich die Beeren vorbereitete, warf ich immer wieder einen Blick auf mein Handy. Mit jeder verstreichenden Minute wuchs meine Nervosität. Was, wenn einem der anderen etwas geschehen war? Inzwischen waren wir ohnehin nicht mehr sehr viele, die versuchten, dem Chaos Einhalt zu gebieten, wenn noch mehr Trainer ausfielen … nein, ich wollte nicht einmal daran denken.[/LEFT] [LEFT]Nachdem ich das Feuer angefacht hatte, rührte ich im Curry und währenddessen kamen endlich die ersten Nachrichten auf mein Handy. Ich sah sie immer nur, während sie als neu auf dem Display angezeigt wurden, aber auf den ersten Blick bekam ich den Eindruck, dass es allen gut ging, so dass ich aufatmen konnte.[/LEFT] [LEFT]Erst als all meine Pokémon versorgt waren, nahm ich mein Handy, noch bevor ich selbst aß. Ich musste mich erst vergewissern, dass alle in Sicherheit waren. Die ehemaligen Arenaleiter hatten mit den letzten Challengern eine Chatgruppe eröffnet, um sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. Roy hatte wie üblich ein aktuelles Selfie gepostet, die anderen schrieben in kurzen Sätzen, dass der Tag für alle mehr oder weniger erfolgreich gewesen war. Niemand hatte sich aus einem Kampf zurückziehen müssen, also war zumindest heute alles in Ordnung.[/LEFT] [LEFT]Ich bin echt erschöpft, klagte Kate in einer Nachricht. Hat heute jemand Endynalos gesehen?[/LEFT] [LEFT]Alle verneinten dies, ich auch. Darauf folgte ein genervter Smiley von ihr. So wird das nie enden.[/LEFT] [LEFT]Roy versicherte ihr, dass sie das schon regeln würden, aber sie glaubte ihm wohl nicht so recht. Wir anderen auch nicht.[/LEFT] [LEFT]Ohne den Champ wird das schwer, gab Yarro zu bedenken.[/LEFT] [LEFT]Hör doch auf, erwiderte Roy. Delion ist weg, wir können uns nicht mehr auf ihn verlassen.[/LEFT] [LEFT]Ich verzog mein Gesicht. Am liebsten hätte ich mich in die Diskussion eingemischt, aber Mary übernahm das schon für mich: Denkt daran, dass Hop und Raelene hier mitlesen.[/LEFT] [LEFT]Ich konnte Kabus Stimme regelrecht hören, als er etwas darauf erwiderte: Nach sechs Jahren sollten selbst die beiden verstanden haben, dass Delion endgültig fort ist.[/LEFT] [LEFT]Diese Diskussion führten wir nicht zum ersten Mal. Normalerweise verteidigten Hop und ich den Champ dann leidenschaftlich – aber inzwischen musste ich einsehen, dass die anderen möglicherweise recht hatten. Er war in sechs Jahren nicht zurückgekommen, um uns zu helfen, niemand hatte ihn gesehen, niemand etwas von ihm gehört. Falls er noch lebte, interessierte er sich offenbar nicht für unsere Situation.[/LEFT] [LEFT]Der Gedanke frustrierte mich zwar, da ich ihn stets bewundert und als unfehlbar gesehen hatte, aber Kabu hatte nun einmal recht: Irgendwann musste man es verstehen und loslassen.[/LEFT] [LEFT]Ohne jede Hoffnung auf einen Champ war es zwar schwer, jeden Tag aufzustehen und erneut zu kämpfen, aber ich liebte Galar und würde es unter keinen Umständen im Stich lassen. Egal, wie lange es dauerte.[/LEFT] [LEFT]Hop schwieg ebenfalls zu der Diskussion, was verriet, dass es ihm ähnlich ging. Als Delions Bruder musste ihn das noch viel mehr treffen. Aber es gab nichts, was ich tun konnte, um zu helfen.[/LEFT] [LEFT]Ich legte das Handy beiseite, da ich nun wusste, dass es allen gut ging, und kümmerte mich nicht weiter um die restliche Unterhaltung, die sich ohnehin nur im Kreis drehen würde, wie so oft. Stattdessen konzentrierte ich mich auf mein Essen, das inzwischen kalt geworden war. Es kümmerte mich nicht, solange es mich sättigte und das tat es auch.[/LEFT] [LEFT]Im Anschluss erledigte ich den Abwasch im nahegelegenen See, um alles wieder in meinem Gepäck zu verstauen, damit ich sofort aufbrechen könnte, falls etwas geschah. Das Feuer ließ ich noch brennen, damit mir nicht kalt wurde, während ich meiner Mutter eine Nachricht schrieb. Sie war mit den meisten anderen Zivilisten in die Kronen-Schneelande geflohen, wo die Dyna-Wolke nicht hinreichte. Seitdem schrieb ich ihr jeden Abend, damit sie auch wusste, dass es mir gut ging und sie sich zumindest für den Moment keine Sorgen machen müsste. Würde die Wolke irgendwann auch dorthin gelangen, wenn wir hier aufgaben? Allein schon deswegen musste ich weiterkämpfen.[/LEFT] [LEFT]Ich legte das Handy beiseite, zog die Knie an meinen Körper und schlang die Arme darum. Wolly hüpfte zu mir herüber und kuschelte sich mit einem leisen Laut an mich. Das letzte Stückchen Heimat in dieser Welt, die sich damals so schlagartig verändert hatte. Und das nur wegen Präsident Rose …[/LEFT] [LEFT]Ich schnaubte leise. Das Lagerfeuer flackerte ein wenig.[/LEFT] [LEFT]Wenn wir seine Absichten nur früher durchschaut hätten, wäre das alles nicht passiert. Und wenn wir Delion nicht egal wären, hätte er uns bestimmt längst gerettet.[/LEFT] [LEFT]»Es war einfach eine dumme Idee, uns nur an diesen Champ zu klammern«, flüsterte ich. »So sind wir unselbständig geworden.«[/LEFT] [LEFT]Selbst nach sechs Jahren hatte sich das nicht verbessert.[/LEFT] [LEFT]Ich legte den Kopf in den Nacken. Die finsteren Wolken verdeckten natürlich den Himmel.[/LEFT] [LEFT]»Mir fehlen die Sterne«, sagte ich seufzend.[/LEFT] [LEFT]Niemand antwortete mir, also sah ich wieder ins Feuer.[/LEFT] [LEFT]Plötzlich hielten meine Pokémon alle inne. Sogar Dedennes Schnurrhaare zuckten, während sie sich umsah. Nach einem kurzen Moment der Verwirrung wandten sich alle gleichzeitig in Richtung der Berge und sahen nach oben.[/LEFT] [LEFT]»Was ist los?«, fragte ich leise.[/LEFT] [LEFT]Mit meinen Pokémon fühlte ich mich sicher, also war ich nicht alarmiert. Ich stand auf und folgte ihren Blicken. Fliegende Pokémon waren nicht selten, vielleicht war wieder einmal eines vom Feuer oder dem Geruch des Currys angelockt worden. Meistens gaben sie sich dann damit zufrieden, etwas vom übriggebliebenen Curry zu bekommen, manchmal mussten wir kämpfen. Aber noch nie waren alle Pokémon so fokussiert darauf gewesen.[/LEFT] [LEFT]In der Dunkelheit erschien eine kleine Flamme, die sich uns näherte. Zuerst glaubte ich an ein Geister-Pokémon, aber dafür erschien es mir dann doch zu regelmäßig. Als das fremde Pokémon in den Schein des Lagerfeuers kam, erkannte ich, dass es sich um ein Glurak handelte. Das war schon eher ungewöhnlich, diese flogen nicht wirklich in der Wildnis herum. Und den einzigen Trainer, den ich kannte, der ein Glurak besaß, war ...[/LEFT] [LEFT]In mir breitete sich eine Mischung aus Vorfreude und Ärger aus. Endlich bekäme ich die Gelegenheit, Delion zu sagen, was ich davon hielt, dass er einfach abgehauen war. Ich war bereit, ihm all den Schmerz entgegenzuschleudern, den er uns – vor allem Hop – damit zugefügt hatte.[/LEFT] [LEFT]Aber als Glurak landete, erkannte ich, dass er allein war. Niemand saß auf seinem Rücken, nicht mal ein gut gelaunter Delion, der einfach sechs Jahre übersprungen hatte und nichts von unseren Problemen wusste. Dabei hätte ich ihm das sogar zugetraut; Delion, der sich immer verirrte, sogar in der Zeit.[/LEFT] [LEFT]Meine Pokémon begrüßten Glurak freundlich, während er ein Schnauben ausstieß und dabei nur mich ansah. Ich musterte ihn nachdenklich. Vielleicht war es doch nicht Delions Partner. Die Möglichkeit bestand doch, auch wenn sie verschwindend gering war, oder? Irgendwo musste er sein Glumanda ja auch einmal herbekommen haben, also warum sollte es kein wildes Glurak geben?[/LEFT] [LEFT]Aber während ich mich noch mit diesen Gedanken plagte, entdeckte ich etwas in seiner Klaue. Es war eine schwarze Kappe, auf der Unterseite des Schirms war eine goldene Krone angedeutet. Damit war eindeutig klar, was ich schon vermutet hatte.[/LEFT] [LEFT]»Du bist Delions Glurak, nicht wahr?«, fragte ich.[/LEFT] [LEFT]Er nickte stumm.[/LEFT] [LEFT]Wieder war da diese Wut, die sich endlich Bahn brechen wollte, all die Frustration, die Enttäuschung, alles wollte einfach raus. Aber es sollte nicht das Pokémon treffen, sondern Delion. Immerhin hatte er uns im Stich gelassen, nicht Glurak.[/LEFT] [LEFT]»Wo ist Delion?«[/LEFT] [LEFT]Glurak hob den Kopf und blickte in Richtung der Berge. Ich konnte da oben nichts entdecken, aber es bestand durchaus die Möglichkeit eines Verstecks. Irgendwo musste er ja die ganze Zeit gewesen sein. Aber warum verriet er mir das?[/LEFT] [LEFT]»Was willst du von mir?«, fragte ich.[/LEFT] [LEFT]Glurak sah mich wieder an, dann beugte er sich in Richtung Boden und senkte auch einen Flügel. Es sah ganz danach aus als wollte er, dass ich aufsitze. Ich fragte ihn deswegen, er nickte.[/LEFT] [LEFT]Mein Blick ging wieder den Berg hinauf. Die Strecke wäre nicht weit, aber mir behagte dennoch nicht, sie fliegen zu müssen. Warum kam er nicht einfach runter?[/LEFT] [LEFT]»Hat Delion Probleme?«[/LEFT] [LEFT]Glurak nickte noch einmal.[/LEFT] [LEFT]Wenn er Hilfe benötigte, konnte ich nicht einfach die Hände in den Schoß legen. Also bat ich Glurak kurz zu warten. Ich baute mein Zelt wieder ab, löschte das Feuer und ließ all meine Pokémon in ihre Bälle zurückkehren. Erst als meine gesamte Ausrüstung verstaut war, kletterte ich ungeschickt auf den Rücken des wartenden Glurak. Ich war sicher, dass ich ihn mehr als einmal unabsichtlich verletzte, aber er schien sich nicht darum zu kümmern.[/LEFT] [LEFT]Als ich endlich oben saß, beugte ich mich vor, klammerte mich an seinen Hals und schloss die Augen. »Okay, wir können los. Aber vorsichtig, ja?«[/LEFT] [LEFT]Ich hoffte, ich würde diesen Flug überleben, aber falls nicht, gäbe es vielleicht wenigstens ein angemessenes Begräbnis – oder mein Geist würde selbst ein Pokémon werden.[/LEFT] [LEFT]Glurak stieg in die Luft. Vielleicht achtete er wirklich auf meine Worte, denn mir schien, dass er nicht so schnell flog, wie er könnte. Möglicherweise tat er das aber auch nur deswegen, weil wir ohnehin innerhalb weniger Minuten da waren.[/LEFT] [LEFT]Ich wartete, bis Glurak ganz sicher wieder auf festem Boden stand, bevor ich meine Augen öffnete. Genauso unelegant wie beim Aufstieg zuvor, kletterte ich wieder hinunter und beschloss, den Rückweg zu Fuß zurückzulegen. Selbst als ich entdeckte, wie glatt und steil die Bergwände waren, änderte ich meine Meinung erst einmal nicht. Fliegen war einfach nicht mein Ding.[/LEFT] [LEFT]Jedenfalls bemerkte ich so auch, dass wir auf einem Felsvorsprung standen, direkt neben einem Höhleneingang; gedämpftes Licht aus dem Inneren verriet mir, dass weiter hinten ein Feuer brennen musste, noch war aber niemand zu sehen oder zu hören. Glurak nickte in Richtung dieser Höhle.[/LEFT] [LEFT]War das eine Falle? Nein, was sollte das bringen? Oder fraßen Gluraks Menschen und er war schon derart verzweifelt?[/LEFT] [LEFT]Ich schüttelte den Gedanken rasch ab. Dafür war einfach keine Zeit.[/LEFT] [LEFT]Ich betrat die Höhle und folgte der Biegung, bis ich zum Lagerfeuer kam. In einer Ecke waren Vorräte (hauptsächlich Essen und Wasser) und Hilfsmittel aufgestapelt, direkt daneben lagen Decken und Kleidung, unter anderem auch das Champ-Cape, das nach sechs Jahren zerschlissen wirkte. Obwohl ich wütend sein wollte, wurde mein Herz schwer.[/LEFT] [LEFT]Zuletzt fiel mein Blick auf eine improvisierte Schlafstätte – und darauf lag eindeutig ein schlafender Delion. Als ich ihn sah, überkam mich eine Woge verschiedenster Emotionen: Bewunderung, Wut, Frustration, Erleichterung – und vor allem Verwirrung.[/LEFT] [LEFT]Glurak blieb neben mir stehen und brummte. Er nickte in Richtung Delion, was für mich eine Einladung darstellte, mich neben die Schlafstätte zu knien. Erst aus der Nähe sah ich, wie sehr Delion schwitzte. Ich legte eine Hand auf seine Stirn. Sie glühte etwa so heiß wie das Feuer eines Gluraks. Kein Wunder, dass sein Partner sich Sorgen gemacht hatte, selbst in mir erwuchs dieses Gefühl nun. Immerhin konnte ich mir nun aber vorstellen, was in etwa geschehen war: Delion war krank geworden, Glurak hatte sich um ihn gekümmert, so gut es ging – aber seine Möglichkeiten waren eben eingeschränkt gewesen. Dann hatte er mein Lager in der Nähe gesehen und seine Chance ergriffen, zusätzliche Hilfe für seinen Partner zu holen. Nun musste ich etwas unternehmen – und ich wusste auch schon, was.[/LEFT] [LEFT]Ich nahm mir einen Eimer, der bei den Vorräten stand, und reichte ihn Glurak. »Bitte hol mir etwas Wasser aus dem See.«[/LEFT] [LEFT]Damit würde ich kein Trinkwasser verschwenden, das die beiden bestimmt dringend brauchten.[/LEFT] [LEFT]Glurak verstand sofort. Er ließ die Kappe zu Boden gleiten und griff sich stattdessen den Eimer, dann verließ er die Höhle wieder.[/LEFT] [LEFT]Da ich zwischen der Kleidung keinerlei Stofffetzen fand, die sich dafür eigneten, Delion mit dem Wasser zu kühlen, holte ich einen Waschlappen aus meinem eigenen Gepäck heraus. Glurak kehrte in dieser Zeit auch zurück. Ich bedankte mich bei ihm, als er den Eimer neben Delion abstellte. Dann zog er sich wieder zurück, um mich in Ruhe arbeiten zu lassen.[/LEFT] [LEFT]Ich begann damit, sein Gesicht von dem Schweiß zu befreien, in der Hoffnung, dass das Wasser ihn auch direkt abkühlte. Kaum berührte ich ihn atmete er plötzlich schwerer. Seine Augenlider flatterten ein wenig, aber er schaffte es nicht aufzuwachen.[/LEFT] [LEFT]Dabei hatte ich so viele Fragen. Wieso war er verschwunden? Wo war er die ganze Zeit gewesen? Warum hatte er uns nicht geholfen? Und weswegen war er nun krank?[/LEFT] [LEFT]Als ich mit dem Waschlappen über seinen Hals fuhr, bemerkte ich kleine blaue Adern, die sich in Richtung seines Gesichts erstreckten. Ich runzelte meine Stirn. Ein Blick über die Schulter verriet mir, dass Glurak mich genau beobachtete; er nickte noch einmal, also vertraute er mir weiterhin.[/LEFT] [LEFT]Ich zog die Decke bis zu seinem Schlüsselbein herunter. Die Verästelungen roter und blauer Adern erzeugten ein lila-farbenes Muster, das seine Haut zu bedecken schien. Es war gruselig und fühlte sich unangenehm unter meinen Fingerspitzen an. So etwas hatte ich noch nie gesehen oder gefühlt – was war das?[/LEFT] [LEFT]Glurak brummte, als wollte er mich anweisen, weiterzumachen.[/LEFT] [LEFT]Mein Herz schlug inzwischen bis zum Hals. Keine Spur mehr von Wut, weil ich nun sah, wie schlecht es ihm ging, und ich konnte nur erahnen, wie das in den letzten sechs Jahren gewesen sein musste. In den Jahren, in denen er, abgesehen von seinen Pokémon, allein gewesen war.[/LEFT] [LEFT]Ich schluckte, dann zog ich die Decke von seiner Brust. Erschrocken atmete ich tief ein.[/LEFT] [LEFT]Auch hier war seine Haut so sehr von Adern durchzogen, dass sie lila aussah und damit nicht mehr menschlich. Gleichzeitig fand ich auch das, was ich als Quelle dieser Änderung und damit der Krankheit ansah: Auf seiner Brust prangten mehrere Reihen von blauen und roten Kristallen, die im Rhythmus seines Herzschlags pulsierten.[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)