Sturm über Japan von Hotepneith (Leg dich nie mit Inu Yasha an) ================================================================================ Kapitel 2: Hundetaktik ---------------------- Nahe des unbefestigten Schlosses im Westen, Nishijo, lag der Trainingsplatz. Kaum einer sah zu, als der schwarzhaarige Waffenmeister seinen noch jugendlich aussehenden Gegner zu Boden schickte. Dessen rote Kleidung war ebenso auffällig wie das lange, dichte, weiße Haar und die Ohren, die anders, als bei den allermeisten Dämonen nicht seitlich am Kopf platziert waren, sondern darauf. Inu Yasha war ein Halbdämon und der zweite Sohn des Hundefürsten, des Inu no Taishou. Er wusste, was von ihm erwartet wurde und stand auf, sein Übungsschwert auf dem Boden liegen lassend, ehe er sich höflich verneigte, möglichst, ohne seine Verbitterung erkennen zu geben.   Sein Lehrer, Waffenmeister Toyomaru, erwiderte die Verneigung. „Euer Unterricht ist für heute beendet, Inu Yasha-sama.“ Er war aus dem Heer in die direkte Schlosswache berufen worden, zuerst wie zuvor als Unterführer, dann als Waffenmeister und damit auch Ausbilder. Und ihm war für die Waffentechnik der Jüngere der beiden Fürstensöhne zugewiesen worden. Die dunklen Augen des dämonischen Kriegers folgten dem Halbdämon als der wortlos abseits ging, sein dort liegendes eigenes Schwert aufnahm und in den Gürtel schob, ehe er mit weiten Sätzen den Übungsplatz verließ. Toyomaru konnte sich nur zu gut vorstellen warum. Er hatte den Kampf der Halbbrüder vor zwei Tagen gesehen. Inu Yasha hatte verloren, natürlich, aber diesmal war der Erbprinz weiter gegangen als sonst, hatte mit dem Gesicht des Jüngeren buchstäblich den Sand poliert. Dass das jetzt wieder in dem Jungen hochkam, war nur zu klar. Und, das gab der Waffenmeister zu, ihm war nicht so ganz bewusst, warum der Herr immer wieder beide Söhne gegeneinander üben ließ. Wusste der sonst so gut informierte Hundefürst nichts darüber, dass Sesshoumaru den Jüngeren nicht nur nicht leiden konnte, sondern, natürlich stets in Vaters Abwesenheit, teilweise wirklich misshandelte? Nun gut, der Halbdämon war oft vorlaut, impulsiv und da mochte Sesshoumaru-sama meinen in der Erziehung nachhelfen zu sollen, aber … Ja, aber. Toyomaru traf eine Entscheidung.   Inu Yasha war weit gelaufen, weg vom Schloss, wo ihn momentan keine Pflichten mehr hielten, und setzte sich auf eine Bergkuppe, an der er gerne verweilte. Von hier aus ging der Blick über die weiten Ebenen und sanften Hügel, die die fruchtbaren Felder gegen Westen von dem Berglanden unterschieden, dort unten, wo Menschen Teefelder und auch Reis anbauten. Weit entfernt war das Meer, noch weiter weg lag das Festland. Manchmal war er schon versucht gewesen dorthin zu gelangen, aber das würde weder gelingen noch zu ihm passen. Er lief doch nicht weg. Er hörte den leichten Schritt hinter sich und wusste, wer da kam, auch ohne den Kopf zu wenden. „Meine Lehrstunde ist vorbei!“ Das klang bitter, hatte er doch wieder einmal verloren. „Also, verschwinde, Waffenmeister!“ „Nein.“ Toyomaru ließ sich neben seinem Schützling nieder, dessen Rechte unwillkürlich zum Schwertgriff zuckte. Nun, nichts was er wollte. Das, was der Fürstensohn trug, war ein magisches, dämonisches, Schwert, keineswegs zur Übung gedacht und selbst er würde sich dagegen mehr als hart tun. Tessaiga sollte so einige Fähigkeiten haben. Das glaubte er, man musste ja nur den dazu gehörigen Schmied kennen. Toutousai war alt, verrückt – aber seine Fähigkeiten legendär. Und die Anweisung zu verschwinden war eindeutig gewesen. Hier waren sie nicht mehr Schüler und Lehrer, sondern Fürstensohn und Waffenmeister – unmissverständlich in der Rangstellung. „Inu Yasha-sama, hört mich an. Danach mögt Ihr mich selbst bestrafen, den Fürsten darum bitten, ich werde kein Wort verlieren. Aber hört mich bis zum Ende an.“ Der Halbdämon sah geradeaus. Er war ein wenig, nun, mehr als ein wenig, ärgerlich an seinem Rückzugsort gefunden und belästigt zu werden. So viele hatte er nicht. Aber der Waffenmeister klang so eigen, nun ja, für einen Dämon fast … mit Gefühl? „Rede.“ „Danke, Inu Yasha-sama.“ Das wurde jetzt heikel, aber irgendwie musste er den schwierigen Jungen doch einfangen. Nicht auszudenken, was geschehen mochte, wenn die Brüder aneinandergerieten, ernsthaft, viel später, nach des Herrn Tod. Sie würden beide verlieren, das Fürstentum, alles. „Ich denke, Ihr wisst nicht, dass ich der Jüngste von vier Brüdern war. Als ich geboren wurde, war der Älteste bereits erwachsen, die Anderen nun ja, mehr oder weniger Jugendliche. Als ich in das Alter kam, in dem man trainiert, lernte ich natürlich ebenso den Waffengang. Auch, gegen meine Brüder. Ich verlor. Immer wieder, jedes Mal. Wieder und wieder. Ich konnte tun, was immer ich wollte.“ Er sah, wie die Ohren des Halbdämons zuckten und beeilte sich weiter zu sprechen. „Es war nicht einfach, wie Ihr Euch vorstellen könnt. Doch eines Tages war auch ich erwachsen. Und von uns allen wurde ich der einzige Offizier, bin nun der einzige anerkannte Waffenmeister. Ich war nie schwächer als sie, nie weniger wert – nur noch nicht erwachsen.“ Inu Yasha konnte nicht verhindern, dass er rot um die Nase wurde. Er wusste, warum Toyomaru ihm das erzählte. Der Waffenmeister hatte vorgestern zugesehen, als ihn sein Bruder, als ihn dieser verdammte Sesshoumaru so gedemütigt hatte! Der Mistkerl war immer gemein zu ihm, anders kannte er es gar nicht, manchmal sogar … grausam? Nur, um sich, sobald Vater den Raum betrat, in einen schwanzwedelnden, höflichen, netten Welpen zu verwandeln! Heuchler! Aber er sagte: „Klar, ich werde eines Tages erwachsen sein, bald sogar. Wenn ich das erlebe.“ Nach menschlichen Maßstäben wäre er bereits achtzehn Jahre geworden, alt genug um ihn für volljährig zu erklären. Der Hundedämon nickte ein wenig, froh, dass er doch Gehör fand. „Euch zu töten wäre Hochverrat, aber das wisst Ihr. - Meine Brüder waren nicht nett zu mir als Jüngstem, aber das ist in jedem dämonischen Wurf so. Das Verhältnis von Sesshoumaru-sama zu Euch ist allerdings vermutlich noch etwas schwieriger.“ Wollte der Waffenmeister ihm etwa erzählen, dass das unter Dämonen üblich war? Den Jüngeren zu scheuchen, zu misshandeln? Moment. Was war das jetzt? Diese letzte Bemerkung? Inu Yasha sah geradeaus. Er hatte gesagt, er höre zu, aber mehr musste er ja nicht machen. „Ich kann mir denken, gerade aus der dämonischen Sicht der Dinge, die Euch mit etwas ruhiger Überlegung klar sein dürfte, dass das Verhältnis eines Erbprinzen zum jüngeren Bruder oder Halbbruder immer sehr angespannt ist. Ich stelle es mir recht … ungemütlich vor an seiner Seite jemanden zu wissen, der sein Lebensziel nur durch den eigenen Tod erreichen kann.“ „Keh! Als ob ich Fürst werden will.“ Nun ja, er hatte noch nie darüber nachgedacht, was er eigentlich wollte. Er war eher der aufbrausende als der nachdenkliche Typ, das wusste er sehr gut. Wäre es möglich, dass Toyomaru recht hatte? Sesshoumaru sei mehr oder weniger besorgt – im Zusammenhang mit dem ein unmögliches Wort – dass er ihn eines Tages ausstechen würde? Gar umbringen würde, um selbst Fürst zu werden? So doof konnte der doch gar nicht sein. Oder? War das Ganze nur eine Demonstration: du bist die Nummer Zwei, ich die Eins? Nein, der Halbbruder verabscheute Menschen – und Mutter war nun einmal ein Mensch gewesen. Es ging um Mama. Er warf einen Blick zum Himmel und erkannte einen großen, weißen Hund, der gerade tiefer ging, seine Pranken kurz vor dem Schloss in den Boden schlug. „Na, jedenfalls, wenn man den Dämon an die Wand malt...“ Er hätte gedacht, Sesshoumaru solle an der Nordgrenze mal die Wachen kontrollieren. Da schien wohl etwas vorgefallen zu sein. Naja, nichts, was man ihm erzählen würde, vermutlich. Für Vater war er eben immer noch der Kleine. Und für Sesshoumaru? Sollte der Waffenmeister recht haben und der sah ihn als Konkurrenz? Das wäre ja glatt schmeichelhaft. Aber dann sollte er mal wirklich richtig nachdenken. Vor allem, wie er Vater dazu bekommen konnte ihm Aufgaben zu geben, an denen sich der Bruder, Halbbruder, nicht stören würde, dem aber klar machten, dass er nützlich war. Und etwas wert! Wertloser Bastard hatte er ihm oft genug um die Ohren gehauen. Toyomaru neigte den Kopf, ehe er sich erhob. Er hatte alles gesagt, was er glaubte sagen zu dürfen, als Lehrer. Inu Yasha sah zu ihm, als er ebenfalls aufstand. Er sollte wohl Richtung Schloss, wenn da was los war. Manchmal, nun, immer öfter, bezog ihn Vater ein. „Meine Strafe?“ erkundigte sich der Waffenmeister prompt mit einer Verbeugung. „Keh. Ich habe dich immer für einen meiner besten Lehrer gehalten,“ sagte der Halbdämon leise, zumindest hatte dieser Ausbilder nie die Vollblut-Halbblutsache auch nur erwähnt, geschweige denn heraushängen lassen. „Gerade hast du es mir bewiesen.“ Toyomaru verneigte sich noch einmal tiefer. Das hätte der Fürstensohn nicht sagen müssen, sich bedanken. Der Verzicht auf Strafe war in der strikten Hierarchie hier in Nishi schon genug.   Diese rigide Rangordnung kannte auch der Erbprinz seit seiner Geburt und auch wenn Sesshoumaru sie meist als Nummer Zwei durchaus positiv fand, auch, dass er unverzüglich zum Arbeitszimmer des Fürsten durchgelassen wurde, nur Sekunden warten musste, ehe Vater den jetzigen Besucher herausschickte und er hinein durfte - er kannte seinen Platz. Der Hundefürst saß auf einem niedrigen Hocker auf einem Podest, auf dem rechts und links seitlich Kissen lagen, die Plätze der Söhne. Sesshoumaru hütete sich dorthin zu gehen. Er war in militärischem Auftrag weggeschickt worden und nun eigenmächtig hier – das erforderte auch militärischen Bericht. So kniete er vor dem Podest nieder und senkte den Kopf. Seine beiden Schwerter hatte er selbstverständlich, wie es üblich war, in den Schwertständer direkt vor der Tür gesteckt. Niemand ging bewaffnet zu einem Fürsten. Die goldfarbenen Augen des Inu no Taishou musterten seinen Ältesten ebenso ruhig wie seine Stimme klang. „Es scheint an der Nordgrenze Wichtiges geschehen zu sein, dass du bereits wieder hier bist.“ Ein neutraler Satz, noch keine Wertung, aber der Erbprinz wollte sich nicht zu sicher fühlen. Sicher war er nie, solange es den zweiten Sohn, wenngleich Bastard, gab. „Ja, chichi-ue.“ „Bericht.“ „Daimyo Higurashi von Aoi starb vor wenigen Stunden.“ Sesshoumaru berichtete knapp. „Ich kam unverzüglich her, um Euch es zu ermöglichen Menschen und Dämonen vorzugreifen. Es wird dauern, ehe die Menschen ihren Daimyo suchen.“ Und gar finden würden. „Die Falken berichteten dir unverzüglich. Beide konnten diese seltsame Feuerwitterung nicht einordnen.“ Und Sesshoumaru hatte es sich gespart ebenfalls dorthin zu gehen, da die Spur schon verflogen war. „Nein, chichi-ue. Es sei jedenfalls nicht das gewöhnliche Vulkanfeuer gewesen.“ „Hole deinen Bruder und kommt in das Kartenzimmer. Bis dahin zu niemandem ein Wort.“   Der Erbprinz verneigte sich wortlos, ehe er aufstand. Als ob er mit irgendwelchen niederrangigen Hunden einen Plausch hielt. Immerhin schien seine Nachricht wichtig genug gewesen zu sein, da noch kein Tadel gekommen war. Warum allerdings sollte ausgerechnet der Bastard … Nun ja. Er war eben auch Vaters Sohn und irgendwie wollte der den immer mehr mitspielen lassen. Vielleicht eine gewisse Ablenkung auch, bis der endlich verstand, dass er nie der Herr der Hunde werden konnte. Nun, nicht, ohne zuvor ihn, Sesshoumaru, zu töten. Undenkbar folglich, schlicht. Im Vorzimmer wollte er schon einen Beamten um den zweiten Fürstensohn schicken, als ihm klar wurde, dass der Befehl des verehrten Vaters eindeutig gewesen war. Hole Inu Yasha. Sollte er diese lästige Aufgabe nicht wirklich selbst übernehmen, gäbe es Ärger. Leider. Aber, nun gut. Das Kartenzimmer. Hm. Dort befand sich nicht nur ein fast hüfthoher Tisch, auf dem sich eine ausführliche Karte ganz Japans zeigte, sondern es lag auch noch hinter Vaters Arbeitszimmer und war damit selbst für Dämonenohren nicht abhörbar. Dort tagte eigentlich nur der Fürst mit seinen Beratern, wenn es um sehr geheime Dinge ging, aber von denen war nicht die Rede gewesen. Wo steckte denn jetzt nur der Bengel? Sollte er etwa Diener befragen?   Sesshoumaru hätte durch nichts seine Erleichterung gezeigt, als er die rot-weiße Gestalt über den Schlossvorhof schlendern sah. Mit einem Satz stand er vor ihm und bemerkte zufrieden ein gewisses Zusammenzucken. „Komm mit, unser Herr und Vater möchte uns im Kartenzimmer sprechen.“ Der Jüngere glaubte zwar fast sich verhört zu haben, wartete aber nur bis der Halbbruder sich umdrehte um an dessen Seite weiterzugehen. Da war was passiert, eindeutig, denn das klang nach Taktikbesprechung und da durfte er selbst nur in den wenigsten Fällen teilnehmen. Überdies: dass sich der hochwohlgeborene Herr Erbprinz dazu herabließ eigenpfötig den Boten zu machen, war sicher auf Vaters Anweisung zurückzuführen. Strafe für den oder Geheimhaltung? Am besten sollte er erst einmal den Mund halten, nicht, dass er sich Ärger einhandelte, ohne zu wissen warum, wenigstens.   So lehnte der jüngere Fürstensohn sein Schwert neben die Klingen des Halbbruders, vor dem bereits die Tür zum fürstlichen Arbeitszimmer bereits wieder hastig aufgeschoben wurde – sicheres Zeichen, dass es einen Befehl gab. Auch die Menge der Besucher schien deutlich geschmolzen. Bittsteller müssten sich wohl auf morgen vertrösten. Immerhin gab Vater fast drei Tage in der Woche Audienzen sogar für die Menschen in seinem Fürstentum. Auch die seitliche Tür im hinteren Arbeitszimmer stand offen. Die Bemalung der Papierbespannung verriet, wohin sie führte: hier allerdings nur eine Karte des Fürstentums.   Der Inu no Taishou stand vor der hüfthohen Platte, auf der Seite, die nach Westen zeigte und betrachtete sein Fürstentum ebenfalls. Da Inu Yasha ohne Aufforderung die Tür hinter sich zuzog, um dann neben den Halbbruder auf die andere Seite des Tisches zu treten, blickte er auf. Er hatte durchaus von dem Zwischenfall vor zwei Tagen gehört und sich fest vorgenommen einzuschreiten: Brüder zankten sich manchmal und rivalisierten – das war in Ordnung, nur so konnte sich das ganze Volk weiter entwickeln. Er hatte allerdings nicht die Absicht nach seinem Tod sein gesamtes Fürstentum in Schutt und Asche liegen zu haben, dazu beide Söhne auf dem Scheiterhaufen gemeinsam bei Leichenbegängnis verbrannt. Nein, soweit sollte es nie kommen. Sesshoumaru beachtete den Jüngeren nicht, sondern musterte angelegentlich die Karte, zu streng erzogen seinem Vater und Fürsten in das Gesicht zu sehen. Er hatte ihn mit Absicht so strikt erzogen und gehalten – unter Dämonen war eine Herausforderung zu einem Duell um die Herrschaft auch zwischen Vater und Sohn nicht unmöglich und er wollte das hinausschieben bis sein Ältester reif genug wäre. Inu Yasha riskierte natürlich einen Blick in sein Gesicht, ehe er dem Beispiel folgte. Auch die strengste dämonische Erziehung vermochte manche menschliche Eigenheiten nicht auszutreiben und er selbst hatte lernen müssen, dass sein zweiter Sohn eben kein Dämon war, aber auch kein Mensch. Und, dass er sogar hier, unter seiner schützenden Pfote, ein durchaus hartes Leben führte. Sesshoumaru war nicht der Einzige, der das Halbblut nicht für voll nahm. Und doch standen die Beiden jetzt nebeneinander vor ihm und nicht einmal der sonst so impulsive Inu Yasha guckte den Älteren böse an. Der Kleine ….Nein, korrigierte sich der Hundefürst. Das war kein Kind mehr. Nicht nur im Alter, sondern auch im Gesicht. Der Junge war praktisch zum Mann geworden – und er hatte es nicht so richtig bemerkt.   Das konnte seiner Idee nur förderlich sein, dachte dann der erfahrene Stratege sachlich und deutete etwas auf die Karte. „Aoi. Sesshoumaru, wiederhole für deinen Bruder die Meldung.“ Der Erbprinz gehorchte, nicht begeistert, aber die Notwendigkeit einsehend. Der Hundefürst wusste, dass sie nicht reden durften, wenn er nicht fragte. „Eure Meinung dazu? Sesshoumaru?“ „Aoi ist die am stärksten militärisch gesicherte Provinz des menschlichen Kaiserreiches, chichi-ue. Sie grenzt an dieses Fürstentum und das von Ayama, das nun Fürst Naraku untersteht. Zu uns bilden der Pass von Toyama und nach Ayama die Pforte der Ronin Einfallstore, durch das ein menschliches Heer eindringen könnte, natürlich auch andersherum. Der Tod des Daimyo dieser Provinz, so er nicht doch ein Unfall war, spielt jemandem in die Hände. Da ich an Euch keinen Zweifel hege, chichi-ue, könnte es nur Fürst Naraku gewesen sein, der sich solcher Art die Kontrolle über diese Provinz sichern will. Oder jemand anders, der sich diese reiche und strategisch wichtige Provinz als Fürst erobern will. Immerhin liegt nur sie zwischen uns und der neunten Provinz mit der Residenzstadt.“ Heiyokyo. „Inu Yasha?“ Der Halbdämon war weitaus ungeübter in solchen Fragen, aber er meinte: „Dass Aoi wichtig ist, weiß ich auch, aber der Daimyo hat doch einen Erben? Wieso sollte jemand den Vater umbringen, nur um einen anderen Menschen hinzusetzen?“ „Der Erbe des Daimyo ist kaum zwölf Jahre alt und kann nicht regieren,“ antwortete der Taishou prompt. „Seine Schwester, eine gewisse Kagome, ist allerdings im heiratsfähigen Alter. Es ist davon auszugehen, dass der Kaiserliche Rat einen Vormund für Souta schicken wird und dieser zumindest bis zur Volljährigkeit als Daimyo agiert. Immerhin sind alle menschlichen Daimyos nicht Regenten aus eigenem Recht, sondern Lehensmänner des Kaisers.“ Er sah zu seinen Söhnen, die noch immer auf die Landkarte starrten. „Allerdings müsste ich mich sehr in Menschen irren, wenn der Vormund nicht früher oder später Kagome heiratet und Souta, nun, krank wird oder einen Unfall hat. Eine andere, durchaus wahrscheinliche, Möglichkeit ist es, dass der Kaiserliche Rat Souta in die Residenzstadt beruft um ihn dort auszubilden und ihn in die militärischen Ämter einzusetzen, die sein Vater wahrnahm, ehe er Daimyo wurde. Dann wird ein neuer Fürst ernannt, der dann auch sicher Kagome heiraten wird.“ „Verzeiht, chichi-ue,“ meinte Inu Yasha unbehaglich. „Das hört sich so an, als ob diese Kagome alles heiratet, was nicht bei drei auf dem Baum ist, ich meine… verzeiht.“ „Sie hat keine Wahl.“ Damit war für Sesshoumaru die Sache erledigt. Der gemeinsame Vater war so angetan über diese schlicht sachliche Zwischenbemerkung, dass er den Tadel für beide Söhne strich. „Menschenmädchen und -frauen haben ebenso wie die unseren keine Wahl. Sie werden nicht gefragt mit wem sie ihr Leben teilen wollen. Und schon gar nicht die Tochter eines Fürsten oder Daimyo. Und auch nicht eine junge Dame aus dem Kaiserhaus.“ Inu Yasha wusste, dass Vater auf Mutter anspielte. Ja. Die hätte sich bestimmt auch etwas anderes, jemand anderen, gewünscht als einen Dämonenfürsten nehmen zu müssen. Zunächst zumindest, denn diese Ehe war, soweit er seinen Kindheitserinnerungen trauen durfte, doch recht angenehm für beide verlaufen. Der Hundefürst fuhr fort: „In jedem Fall haben wir einen neuen Nachbarn. Und zwar jemanden, den entweder der Kaiserliche Rat oder sogar Fürst Naraku ausgesucht hat, denn ich gehe nicht davon aus, dass diese Gerölllawine ein Zufall war. Diese Witterung, so rasch verblasst… jemand steckt dahinter. Umso wichtiger ist es den Geschehnissen zuvor zu kommen und sie in meinem Sinn zu beeinflussen. Ein Bote soll nach Burg Higurashi fliegen und dort von der Steinlawine berichten. Natürlich nur so, dass man etwas hörte, besorgt ist, dass noch etwas vorkommt, die Berge unruhig sind. Dann werden die Menschen schon suchen und rascher finden, als es manchem lieb ist. Ein zweiter Bote geht zum Göttlichen Kaiser höchstselbst. Ich biete ihm, zusätzlich zu dem mit seinen Vorfahren seit Jahrhunderten bestehenden Nichtangriffspakt, einen gegenseitigen Bündnis- und Beistandspakt an. Wer auch immer hinter dem Tod des Daimyo steckt hat damit kaum gerechnet. Dazu biete ich ihm an, als, sagen wir Zusicherung meines Friedenswillens, soll Inu Yasha Aoi als Daimyo übernehmen.“ Der Halbdämon wurde blass. „Was….?“ krächzte er wenig protokollgerecht , sicher, sich irgendwie gerade verhört zu haben. Der Taishou fuhr gelassen fort. „Damit ist sichergestellt, dass diese Provinz von jemandem beherrscht wird, der eine entsprechende Ausbildung erhalten hat, mir gegenüber verpflichtet ist, und auch militärisch mit einigen Dämonen mithalten kann. Du hast Tessaiga, mein Sohn.“ Das klang beruhigend, war ihm doch nicht entgangen welchen Schreck sein Junge bekommen hatte. „Ja, aber, ich müsste dem Kaiser doch Treue schwören, oder?“ war alles, was der schockierte Inu Yasha herausbrachte. Ah, er sah den potentiellen Zwiespalt. „Ja. Aber, das macht nichts, ich denke nicht, in Anbetracht unserer Verträge, dass der Kaiser dir befiehlt mich anzugreifen.“ „Und … und diese Kagome als Dreingabe?“ Irgendwie suchte sein Gehirn nach einem Halt, ohne ihn zu finden. „Ja, diese Heirat wird die Basis für das Bündnis bilden. Übrigens, überseht ihr beide noch einen Punkt. Jahrhundertelang hütete die Familie Higurashi das so genannte Juwel der vier Seelen, das shikon no tama. Ein sehr mächtiges, magisches, Juwel. Die letzte Hüterin verbarg es kurz vor ihrem Tod und angeblich soll es nur jemand aus dem Higurashi-Clan wieder beschaffen können. Momentan gibt es wohl niemanden mehr in der Familie mit spirituellen Eigenschaften, aber womöglich dein Kind, Inu Yasha.“ „Ähm…“ Was sagte man dazu? Wie lehnte man den klaren Befehl eines Fürsten ab ohne dafür postwendend den Kopf von den Schultern getrennt zu bekommen? Inu Yasha konnte sich in diesem Moment vorstellen, wie sehr sich diese Kagome dann über den Befehl freuen musste. Das war ja toll. Sein Leben lang, oder korrekter, ihr Leben lang, wenn sie ein Mensch war, gebunden an eine Frau, die ihn hasste? Sicher, mit Mama war es gut gegangen, aber musste Vater gleich derart optimistisch sein?   Sesshoumaru dagegen fand diese Idee brillant. Neben allen strategischen Erwägungen, die chichi-ue bereits getroffen hatte, bedeutete der Plan auch, dass er selbst den Bastard los war. Und das Ganze auch noch ehrenvoll für die Familie, denn es wäre sicher keine Schande, wenn der jüngere Sohn Daimyo würde. Das klang doch gut. Vater dachte an alles. Er sollte ihm wirklich noch mehr zuhören und von ihm lernen.   „Dann dürft ihr gehen. Ich brauche zwei Boten. Inu Yasha, geh in dein Zimmer. Ich werde dir Myouga schicken, damit du noch einiges über die Verwaltung lernst.“ „Äh, mit Verlaub, aber der Kaiser …“ Irgendeinen Grund, bitte, irgendeine Entschuldigung! „Ich glaube nicht, dass mein Angebot abgelehnt wird.“ Da hatte er vermutlich recht, dachte sein kompletter Nachwuchs, angetan der Eine, resignierend der Andere. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)