So many more Feelings von Hypsilon ================================================================================ Kapitel 10: Freiheit -------------------- Jänner, irgendwo Ein Wochenende. Otogi und Bakura hatten sich genau ein Wochenende aus ihrem Alltag herausgenommen, in dem sie sich Zeit nur füreinander nahmen. Mitte Jänner war es soweit. Gerade bevor die Arbeiten für den Jahresabschluss anfingen und genau nach der ersten Prüfung des neuen Jahres auf der Uni. Just waren die beide in den Audi gestiegen, drehten sie bedeutungsschwer ihre Smartphones ab und legten sie in das Handschuhfach. Diese beiden Geräte wollten sie erst wieder anrühren, wenn sie in ungefähr 48 Stunden wieder in der Garage des Wohnhauses angekommen waren. Nun gut, vielleicht nicht gleich. „Ich brauch die Adresse noch fürs Navi“, sagte Otogi und frischte sein Handy nochmal aus dem Fach um in der Reservierungsbestätigung in seinen eMails die Anschrift herauszusuchen und diese im Bordcomputer einzugeben. „Aber jetzt“, sagte er, drehte wieder ab und verstaute es im Handschuhfach. Bakura schmunzelte, nahm ihm aber deutlich das Versprechen ab, dass sie die Dinger nun wirklich nicht mehr benötigen würden. Die Fahrt in den frühen Morgenstunden verlief soweit gemütlich, auch wenn Otogi zugeben musste, zu wissen, dass er mit dem abgedrehten Smartphone absolut von der Außenwelt abgeschnitten war, war beunruhigend. Irgendwie hatte er stets das Gefühl, etwas Wichtiges zu verpassen und dabei ging es nicht einmal um Soziales. War jemand in den Laden eingebrochen? Funktionierte das mit den Retouren alles gut? Immerhin war es nicht lange nach Weihnachten, Dinge wurden umgetauscht und zurückgegeben, so war das nun einmal. „Haben wir-“, begann er seine Frage, aber Bakura redete direkt dazwischen. Ja, sie hatten alle Steckdosenverteiler abgedreht, der Herd wurde, ob gleich er selten verwendet wurde, drei Mal gecheckt, dass er abgedreht war, das Glätteisen lief nicht mehr, denn das war abgesteckt im Koffer im Hinteren des Wagen. Die Fenster waren alle zu und die Alarmanlage aufgedreht. Wenn der Alarm losging, würden sie im Ressort kontaktiert und alle ihre Freunde wussten Bescheid, dass sie sich keine Sorgen machen mussten. Otogi lachte amüsiert auf. Sein Freund wusste sofort, worauf er hinaus gewollt hatte und wie man ihn beruhigen konnte. „Du bist ein Goldstück, weißt du das?“, fragte er ihn und sah für einen kurzen Augenblick zu ihm hinüber, doch wurde direkt ermahnt, weiterhin auf die Straße zu schauen. „Aber ja, ich weiß“, sagte der Jüngere frech und machte es sich nun am Beifahrersitz richtig bequem. Auf Otogis Lippen blieb ein beherztes Lächeln zurück, sein Blick war nun wieder auf die Straße gerichtet, dafür legte er seine dank Automatikgetriebe und der geraden Strecke unbeschäftigte Hand locker auf Bakuras Oberschenkel hinüber und streichelte ihn sanft. Ein kurzer Blick verriet ihm dann, dass Bakura kurz zögerte ehe er seine Hand darauf legte und schließlich beim Fenster hinaus sah. Irgendwann hatten sie ihr Ziel, ein kleines durchaus familienunfreundliches Resort erreicht, in dem sie sich für die nächsten zwei Tage verbarrikadieren wollten. Ohne Geschrei, ohne Verpflichtungen und ohne Störungen. Dafür mit viel Liebe, Erholung und – „Massagen, Room Service All Inclusive, Kutschenfahrt, Sauna…”, die Dame an der Rezeption gab eine kleine Einführung zu den Möglichkeiten, die in verschiedenen Kombinationen in Anspruch genommen werden konnten. Otogi ließ sie aber in ihren Ausführungen innhalten und erklärte ihr, dass sie gerne einfach nur einchecken wollten, sie würden eine Broschüre mit nach oben nehmen und entsprechend wählen. Dem Wunsch wurde nachgegangen, wobei Bakura etwas rosa anlief, da ihm schon ganz klar war, was die Frau nun von ihnen dachte. Die Kreditkarte des Älteren wurde hinterlegt und das Zimmer zügig bezogen. Kaum war die Tür hinter ihnen zu gefallen ließ Otogi vom Koffer ab und zog seinen Freund, der eigentlich gerade die Suite begutachten wollte in einen intensiven leidenschaftlichen Kuss. Umsehen konnten sie sich später noch, das Wichtigste – nämlich das Bett – hatte er bereits ausgemacht, wo er den Jüngeren dann auch schon unter stetigen innigen Küssen hin lenkte. Seine flinken Finger kümmerten sich um die Kleidung und als Bakura das großzügige Bett in den Kniekehlen spürte, wurden auch seine Hände endlich tatkräftig und entkleideten den Jungunternehmer für ein heißes Willkommen auf dem Zimmer. „Jetzt, wo das geklärt wäre, möchtest du durch die Broschüre blättern?“, fragte Otogi nachdem sich Bakura erschöpft in seinen Arm legte und sich mit einem wohligen Seufzen an ihn schmiegte. „Kuscheln“, war die knappe Ablehnung. Otogi streichelte seinem Freund liebevoll durchs Haar. „In Ordnung“, sagte er und küsste ihm den Schopf, während er ihn mit dem anderen Arm unter ihm und um ihn geschlungen näher an sich heran zog um ihm diesen Wunsch zu erfüllten. Langsam schloss er die Augen und genoss die unglaubliche Stille, die sich nun ausbreitete. Man hörte noch nicht einmal jemanden am Gang. Kein Kindergeschrei, keine nervigen Nachbarn. Hier kamen vorrangig Leute her, die eine Auszeit brauchten, wie Otogi und Bakura. Womit die beiden aber nicht gerechnet hatten, war, dass ihnen mit der Zeit, die sie ganz alleine und unter sich verbrachten, bedacht darauf, nicht über die Arbeit oder die Uni zu reden, irgendwie langweilig wurde. „Wir könnten uns eine Massage genehmigen“, schlug Otogi vor, als er später durch das Angebot blätterte. „Hmm…“, kam es von Bakura. Er überlegte wirklich, denn Otogi wusste, dass er Dinge direkt unmissverständlich ablehnte, die er nicht wollte. Was Bakura nicht mochte, waren Berührungen fremder Leute, doch eine Massage war wohl irgendwie etwas anderes. Er überlegte. Otogi gab in der Zwischenzeit eine kleine Auswahl an Alternativen. Sauna? – Fremde nackte Leute? Das wurde dankend abgelehnt, vor allem, weil man selbst nackt sein sollte. Golf, Tennis oder Badminton? – War das sein ernst? Sport? Sicher nicht. Therme? – Schon besser. Viel lieber wollte Bakura aber die große Badewanne in der Suite mit Otogi testen. Ein Versprechen, das er diesem auch direkt abnahm. Nach dem Abendessen, wenn sie sich gut genährt eine schöne Auszeit gönnen konnten und sich dann übergangslos wieder im Bett miteinander beschäftigen konnten ehe sie den ersten Tag bei einem Film abschließen würden. Der Abend war soweit also bereits verplant. „In einer Stunde gibt es im Speisesaal Suppentopf und Salatbuffet, willst du hinuntergehen oder sollen wir uns was vom Zimmerservice bringen lassen?“, fragte Otogi und bekam als Antwort prompt ein breites Grinsen von unten. Zimmerservice. Bakura meinte, er wollte das auch nutzen, wenn es schon einmal inkludiert war und Otogi würde einen Teufel tun, ihm das zu verweigern. Langsam richtete sich Bakura auf, streckte sich und sah zur großen Balkontür hinaus. Draußen war es grau in grau und somit genau das Wetter, von dem Otogi wusste, dass sein Freund es gerne mochte. Bedeckt war es und etwas Nebel hing in den Bergen. Der Ausblick hinaus, so fand es auch Otogi, war ein ausgesprochen schöner. Das perfekte Wetter, sich daheim auf der Couch mit einer Decke einzuwickeln und den ganzen Tag zu kuscheln. Wäre da nicht dieses schreckliche nagende Gefühl in seinem Nacken, dass er am Abend des nächsten Tages sein Smartphone aufdrehen würde und einer Flut an Nachrichten und unechten Katastrophen entgegenblicken würde. Sofort machte er sich wieder Gedanken, ob vor allem an diesem Tag, im Laden alles gut lief. Es war der letzte Samstag an dem die Weihnachtsretouren gemacht wurden, immerhin war dann ein Monat um und die Umtausch- und Rückgabefrist war abgelaufen. Ob man den Jungs wie in den letzten Jahren die Türen eintreten würde? Im übertragenen Sinne natürlich nur. Vermutlich. Aber Otogi konnte ihnen dabei sowieso nicht viel helfen, die Arbeit war da und außer ihm war auch niemand auf Urlaub. Oh nein, hoffentlich wurde nicht überraschend jemand krank. „Kannst du mit deiner Aufmerksamkeit bitte wieder zurück zu mir kommen?“, würde er plötzlich in seinen Gedanken und Sorgen unterbrochen. Otogi hatte gar nicht gemerkt, dass Bakura aufgestanden war und sich in einen der bereitgelegten Bademäntel gehüllt hatte. Er stand nun bei der Terassentür und wollte von Otogi wissen, ob sie nach draußen gehen wollten, den Schneeflocken beim Fallen zusehen, die gerade aus den Wolken brachen. Ertappt. Otogi strich sich mit der gesamten Hand über das Gesicht, dann sah er seinen wundervollen Freund an und nickte. Er hatte jetzt andere Verpflichtungen. Der Laden lief auch ohne ihn, das Schlimmste würde er auch nicht verhindern können, wäre er vor Ort. „Natürlich“, sagte er und tat es ihm mit dem Bademantel gleich. Kurz darauf stand Bakura draußen an die Brüstung gelehnt, Otogi hatte von hinten seine Arme um ihn gelegt und stützte seit Kinn an dessen Schulter ab. „Es tut gut abzuschalten“ – „Du musst das noch üben“ Da hatte er recht. Aber er würde sich dennoch mühen, ihre selbstgeschaffene Freiheit zumindest für diese zwei Tage zu erkennen und sie zu genießen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)