Inu no Game von Lady_of_D ================================================================================ Kapitel 12: ------------ Nachdem der Morgen ein frustrierendes Ende genommen hatte, hoffte ich, heute Abend einmal meinen Kopf frei zu bekommen, und was half besser, als ein sechs Stunden Parkourlauf durch Dominos nobelsten Night Club? Spontan hatte ich einen Anruf von meinem Chef erhalten. Eine Reservierung für den VIP-Bereich wäre heute kurzfristig reingegangen und Kameda-san, eine der fest Angestellten des Night Clubs, hatte sich heute Morgen krank gemeldet. Da stand ich also nun. Mitten in der Woche, am Smooth-Wednesday, an dem sich die High Society von Domino zu versammeln schien. Jeder, der sich für den heißesten Shit hielt, kam mindestens alle drei Monate hierher. Die einzelnen Lounges waren nobel und exquisit, der >einfache Pöbel<, wie mein Boss die Wochenendbesucher bezeichnete, hatte am Mittwoch keinen Zutritt. Es war kurz vor zehn. Gleich würde Sanji, unsere Security, den Haupteingang aufschließen. Mir ging so langsam der Stift. Es war mein erster VIP-Abend. Zwar hatte ich schon die ein oder andere Persönlichkeit kennen lernen dürfen, aber bedienen durfte ich bisher noch keinen von ihnen. Mein Chef hatte da zu wenig Vertrauen in mich, und ich selbst bekam bei dem Gedanken ganz schwitzige Hände. "Nur keine Angst, Kazuha." Suzuki-senpai klopfte mir auf die Schultern. "Mach' es einfach so wie immer, dann kann nichts schief gehen." "Danke, Senpai", stöhnte ich und krallte mir das Tablett. Nach und nach füllte sich der Club. Die Musik wurde von Gelächter und hitzigen Gesprächen übertönt. Ich versuchte mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Zum Beispiel darauf, nicht über meine eigenen Beine zu stolpern. Das war zwar für den ein oder anderen Gast ganz amüsant, aber nicht für meinen Boss, der mir finstere Blicke zuwarf. Der Chef des Night Clubs stand für gewöhnlich hinter den Kulissen, aber heute half er unserer Barkeeperin hinter dem Tresen. Wie Suzuki-senpai mir erzählt hatte, hatte er viele Connections. Darunter zählten auch Verbindungen zu der Geschäftswelt und eine Reihe von Politikern. Das ein oder andere Gesicht kam mir bekannt vor, ein paar Models hatten es sich auf eine der Sitzecken bequem gemacht und eine Schmalzlocke aus den Abendnachrichten fläzte zwischen zwei heißen Blondinen. Viel Zeit zum Gucken blieb nicht. An den Wochenenden war der Night Club fast doppelt so voll wie heute. Dafür verlangten die Gäste des Smooth-Wednesday eine Sonderbehandlung, als wäre ich ihr persönlicher Betreuer für den heutigen Abend. Ich erledigte Aufgaben, die ich nicht gerade in die Kategorie Kellnerin einordnen würde. Einmal wies mich eine der überkandidelten Weiber an, sie auf die Toilette zu begleiten. Eine halbe Stunde hatte ich damit zu kämpfen, den Latexanzug einmal zurück über ihren Körper zu zwängen. Am Ende musste ich in die nächste Drogerie flitzen und eine Tube Gleitgel kaufen, was mich weitere zwanzig Minuten gekostet hatte. Und zum Dank beschwerte sich die Tussi auch noch, dass ich ihre Frisur zerstört hätte. Dabei war nur eine Strähne aus ihrem Dutt gerutscht. War doch eh egal, wenn sie sich von diesem reichen Muttersöhnchen abschleppen lassen wollte. Stöhnend lehnte ich mich an den Tresen. "Nur eine Minute", seufzte ich, als unser Boss außer Reichweite war. "Du schlägst dich super", machte mir Suzuki-senpai Mut. Ich hob den Daumen und lächelte breit. Von ein paar reichen Schnöseln ließ ich mich doch nicht klein kriegen! Erst recht nicht von diesen Pseudo Erwachsenen, von denen die meisten kaum älter als ich waren. Die gaben doch bloß das Geld ihrer Eltern aus. Solche Leute konnte ich nicht ernst nehmen. "Erzählst du mir nachher, was es mit dem Halsband auf sich hat?", Suzuki-senpai lächelte verschmitzt. Sie war nicht die erste im Club, die mich darauf angesprochen hatte. Die Männer, die etwas mit meinem Accessoire anzufangen wussten (ich fragte erst gar nicht woher), versuchten mehr über mich und meinen >Beziehungsstatus< herauszufinden. Statt meine üblichen Sprüche rauszuhauen, tat ich das, was mir Suzuki-senpai beigebracht hatte - einfach lächeln und nichts sagen. Dank Kaibas fragwürdigen Erziehungsmethoden fiel es mir nicht sonderlich schwer, meinen Mund zu halten. Na toll! Hatte es Kaiba also geschafft, in meine Gedanken vorzudringen. Die letzten drei Stunden waren so reibungslos über die Bühne gegangen und jetzt lenkte mich ein einziger Gedanke von der Arbeit ab. Den halben Tag hatte ich mir den Kopf zerbrochen. Dabei hatte es dieser arrogante Geldsack gar nicht verdient. Ich wurde einfach nicht schlau aus ihm, und das machte mich rasend. Sobald sich Kaiba von seiner halbwegs netten Seite zeigte, machte er es in derselben Minute wieder kaputt. Immer wenn in mir die Hoffnung hochkam, dass Kaiba, im Grunde seines Herzens, kein so schlechter Typ war, bewies er mir das Gegenteil. Ich hatte die Schnauze voll, mich von diesem selbstgefälligen Fatzke durcheinander bringen zu lassen. Ich knallte den Long Island Icetea und den doppelten Bourbon auf das Tablett und stampfte davon. "Blöder Seto Kaiba", murmelte ich in mich hinein und wäre beinahe in einen Herren in Nadelstreifenanzug hineingerannt. "Verzeihen Sie vielmals", ich verneigte mich und huschte an zwei weiteren Kerlen vorbei, die gerade ihre Garderobe abgaben. "Jonouchi", knurrte mein Boss, als ich gerade ein Pärchen abkassiert hatte, "Bereich Platin übernimmst du." "Ich?!" Der Platin Bereich war für ganz besondere VIPs. Hauptsächlich für Leute mit ordentlich Schotter. Im Gegensatz zu den restlichen Sitzplätzen, war der Bereich Platin in einem gesonderten Raum. Ich hatte ihn nur einmal zu Gesicht bekommen. Ganz zu Anfang, als man mir die Räumlichkeiten gezeigt hatte. Der Boss ließ nur seine besten Mitarbeiter dort arbeiten. Aus den Geschichten meiner Kollegen wusste ich, dass dort alles erlaubt war. Wollte man Drogen nehmen - bitte schön! Hatte man sich eine Nutte bestellt, hinterfragte das keiner und bestellte einfach noch zwei dazu. Der Platin Bereich war wie die Pforte in eine andere Welt. Ich schluckte schwer. Nicht, weil mich eines dieser Dinge schocken würde. Aber die Gäste waren alle stinkreich und hatten einen enormen Einfluss in der Stadt, dass ich mich nur blamieren konnte. Solche Leute verlangten nach einer professionellen Kellnerin. Nicht nach einer tollpatschigen Aushilfe. "Kann das nicht Satori übernehmen?", fragte ich. "Nein, du machst das. Zwei von den Herren haben darauf bestanden, von einer Frau bedient zu werden. Nanami hab ich schon für den vorderen Bereich eingeplant. Du bist die einzige, die frei ist. Also schwing' deinen Arsch hier rauf und mach deinen Job." "Kreuzigen Sie mich aber nicht, wenn ich es vermassel." Damit stieg ich die Treppe hinauf. Ich war kein wirklich schreckhafter Mensch (wenn man meine Angst vor Geisterbahnen mal ignorierte), aber ich hätte fast einen Sprung zurück in den Flur gemacht und die Tür hinter mir zugeknallt, wenn mich das Überraschungsmoment nicht in eine Salzsäule verwandelt hätte. "G-guten Abend, d-die Herrschaften", begrüßte ich die vier jungen Männer, inklusive Seto Kaiba. Was hatte der denn hier verloren?! Ich starrte Kaiba an. Meine Farbe hatte die Haarfarbe von Bakura angenommen. Langsam schob ich den Mund zu. Ich konnte nicht einmal lächeln. Alle meine Muskeln verkrampften. "Oh, my beautiful flower." Die Stimme brachte mich dazu, meinen Kopf zu bewegen. So ein schwarzhaariger Kerl im weißen Anzug lächelte mich an. Ich erinnerte mich an ihn. Er war neulich auf einer der Wochenendpartys, hatte ständig von sich und seinem ach so wichtigen Job geschwärmt. Keine Ahnung, was er machte. Solchen Typen hörte ich nicht wirklich zu. Ich erinnerte mich nur noch daran, dass er ursprünglich aus Amerika kam, weshalb ich auch nur die Hälfte seiner Sätze verstanden hatte. Sein Japanisch war fehlerhaft und die Worte, die er nicht kannte, hatte er mit englischen Phrasen gefüllt. Wie es schien, hatte ich ihm meinen Vornamen verraten. Im Kanji setzte sich mein Name aus >schön< und >Blume< zusammen - daher die Anspielung…außer er kloppte einfach nur dumme Flirtsprüche heraus. Ich konzentrierte mich auf die drei Herren, in dem ich Seto Kaiba bis zum Schluss ignorierte. Als ich seine Bestellung entgegennahm, sah ich direkt in seine eiskalten Augen - was definitiv ein Fehler war. Ich geriet ganz durcheinander. Taumelte zurück zum Tresen und ratterte die Bestellungen runter. "Alles okay, bei dir?, fragte Suzuki-senpai, "du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen." Ich wurde wohl eher von einem verfolgt. Mit den Bestellungen kehrte ich zurück in den Platin Bereich. Es passierte, was passieren musste - ich hatte ein falsches Getränk gebracht. "Kein Problem", lächelte mich einer von ihnen an, "dir verzeihe ich alles." Dabei starrte er zwischen meinem Ausschnitt und dem Halsband hin und her. Stumm lächelte ich und stellte die restlichen Getränke an ihre Plätze. Kaiba hatte etwas Alkoholfreies bestellt. Auch sonst wirkte er völlig fehl am Platz. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen ihm und diesen Typen war ihr Alter. Keiner von denen war älter als fünfundzwanzig. Da konnten ihre Anzüge noch so erwachsen aussehen. "Your Collar ist wirklich hübsch - very nice." Wie ich mir gerade wünschte, den Kopf in der Kloschüssel zu versenken! Ich lächelte und stellte eine Flasche Wodka auf den Tisch, sowie einen Eimer voll Eiswürfel. Bloß weg hier, bevor mich einer von denen zu ihrer Party einlud. So ging das über die nächsten zwei Stunden. Ich servierte, ertrug es, mich dumm anbaggern zu lassen und behielt mein dämliches Lächeln bei. Alles nur, um diesen Job nicht zu verlieren. Zum ersten Mal fragte ich mich, ob es das wert war. Wenn ich mich dafür vor reichen Kids erniedrigen musste. Die altbekannte Wut drückte sich durch mein falsches Lächeln. "Bleib' doch ein bisschen hier, my little flower." Meine Mundwinkel begannen zu zucken. "Sorry, aber das geht nicht." "Oh no", wedelte Mister Wichtigtuer mit dem Finger, "das ist der Platin Bereich. Es werden alle wishes wahr." Er hielt mich am Handgelenk fest. Dieser… "Bedienung." Es war Kaiba. Ich ergriff die Chance und befreite mich. "Haben Sie nicht etwas vergessen?" "Äh-" "Was für ein Laden ist das, der mit so unfähigem Personal arbeitet?! Wenn Ihnen an dem Job etwas liegt, sollten Sie das ganz schnell wieder geradebiegen." Mit einem Nicken deutete er auf seinen Drink. "Verzeihen Sie", sagte ich und schnappte mir das Glas. Mir rutschte das Herz in die Hose. Warum hatte er das gesagt? Hatte er überhaupt eine Ahnung, was er damit anrichten konnte?! Wenn mein Boss davon Wind bekam, war ich für die längste Zeit Aushilfskellnerin gewesen. Ich stolperte aus dem Raum, fragte mich, was Kaibas Problem war? Warum er einen auf mies gelaunten Geldsack machen musste? Etwa weil er noch wütend wegen heute Morgen war? Oder doch wegen seiner Begleiter, die mir viel zu nahe kamen und meinten, sie könnten mich wie ihr süßes kleines Schoßhündchen behandeln. Sollte er doch denen mal die Meinung geigen! Was waren das überhaupt für Typen? Kaiba konnte mir nicht weismachen, dass er mit Freunden einen Trinken gegangen war. Kaiba hatte keine Freunde. Selbst wenn, wären das sicher nicht solche Einfaltspinsel wie diese drei Lackaffen. Zurück an den Tresen, kippte ich Kaibas Drink in die Spüle. "Dieser reiche Pinkel! Glaubt, er kann sich alles erlauben!" Ich fluchte vor mich hin und kümmerte mich selbst um die Getränke. "Ärger mit unseren Gästen?" Suzuki-senpai klang besorgt. Sie wusste, was hinter verschlossenen Türen abgehen konnte. Wer sich kein dickes Fell anlegte, der konnte hier nicht lange überleben. "Alles gut", grummelte ich. Dabei knöpfte ich meine schwarze Bluse noch etwas mehr auf. Kaiba hatte meine Stelle gefährdet, hatte mich in aller Runde für unfähig erklärt. Ich musste jetzt die anderen vom Gegenteil überzeugen. Normalerweise biederte ich mich nicht so an, aber ich war wütend und ein klein wenig verzweifelt. Immerhin war mein Gast Seto Kaiba und wenn er etwas zerstören wollte, dann tat er das auch. Also spielte ich dieses widerliche Spiel. Gab mein bestes, um die Jungs zufrieden zu stellen, egal wie sehr mir das gegen den Strich ging. Die Kerle waren angetan, es regnete saftiges Trinkgeld. Nur einer starrte voller Hass zu mir herüber. "Geschafft!" Ich legte den Kopf auf den Tresen und hätte ihn dort am liebsten gleich liegen gelassen. Suzuki-senpai und ich klatschten uns ab, bevor ich mich aufrappelte und meine Sachen einsammelte. Jetzt nur noch ins Bett fallen. Das hatte ich mir verdient. Ich nahm den Hintereingang, der gleich zur Hauptstraße führte. Keine zwei Meter weiter, direkt an einem der Laternenmaste gelehnt, erwartete mich niemand geringeres als Seto Kaiba. So schnell würde ich wohl doch nicht in mein wohlverdientes Bettchen kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)