Marriage von writer ================================================================================ Kapitel 29: Veränderungen (Teil 3) ---------------------------------- "Wen?", fragte sie überrascht. Aber er war schon halb ausgestiegen und antwortete nicht und sie beeilte sich, es ihm gleichzutun. Sie schloss die Tür und er schloss sein Auto ab und kam zu ihr herüber, weil ihre Seite näher an der Haustür war. Er streckte ihr mit einem leichten Lächeln seine Hand entgegen und sie ergriff sie und folgte ihm an der Reihe der parkenden Autos der Uchihas vorbei. Sie hatten auf beiden Seiten des großen Hofes Garagen, aber einige der Autos standen trotzdem meistens draußen. Doch Sasuke ging nicht weiter bis zur Haustür sondern blieb am Ende der Reihe stehen. "Das ist für dich", sagte er und deutete auf eines der Autos. "Für mich?", fragte sie ein wenig perplex. "Das Auto?" "Ja", sagte er. "Du wolltest Fahrerfahrung sammeln. Und mein Auto habe ich immer mit bei der Arbeit. Außerdem ist das hier geeigneter, weil es kleiner ist. Wenn du damit in die Innenstadt fährst, ist es praktischer so. Du kannst dir aber gerne ein anderes aussuchen, dann tausche ich es um." "Das- Das ist wirklich- Danke!", sagte sie und musste vor Überraschung und Verblüffung lachen. "Das ist toll!" Sie freute sich wirklich. Dabei ging es ihr gar nicht so sehr um das Auto. Aber sie freute sich sehr darüber, dass er sich das gemerkt hatte und dass er offenbar versuchte ihre Wünsche und Bedürfnisse ernst zu nehmen. Er lächelte kaum merklich. Es schien ihn zu freuen, dass sie sich freute. Er zog sein Smartphone aus seiner Tasche und tippte kurz eine Nachricht. Dann steckte er es wieder weg. "Selbstverständlich hilft dir das nur bedingt weiter, wenn du das Anwesen eigentlich nur in Begleitung verlassen sollst", sagte er. Sie sah ihn überrascht an. Das hatte sie sich eben auch gedacht, bloß hatte sie nicht so richtig damit gerechnet, dass er das nun von sich aus ansprechen würde. "Es war dir heute morgen unangenehm bei mir nachfragen zu müssen, als du zum Friedhof wolltest, nicht wahr?", fragte er. "Deshalb hast du mir geschrieben anstatt anzurufen." Sakura strich sich ihre Haare zurück und sah ihn nachdenklich an. "Ich- ja", sagte sie langsam. "Hauptsächlich wollte ich dich wohl nicht wieder bei der Arbeit stören. Aber ja, es hat sich irgendwie merkwürdig angefühlt. Ich kam mir sehr abhängig vor. Ich habe mit deiner Mutter gesprochen. Sie scheint damit überhaupt kein Problem zu haben." Er lächelte wieder. "Das ist, weil du denkst, dass du fragen müsstest und eine Erlaubnis bekommen müsstest. Aber so macht das meine Mutter bei meinem Vater nicht. Und die anderen auch nicht, denke ich. Man kann es wohl so und so sehen. Aber meine Mutter sieht es eher so, dass sie irgendwo hin möchte, ihm diese Information gibt und dann erwartet sie, dass er es möglich macht. Sie will damit vermeiden im Detail über irgendwelche Dinge bescheid wissen zu müssen, die sie bloß beunruhigen würden. Du musst bedenken, dass meine Eltern schon lange verheiratet sind. Wenn sie etwas will, dann weiß sie, dass er alles tun wird, um ihr das zu geben. Und wenn die Sicherheitslage einmal so ist, dass das unklug wäre, dann sagt er ihr das und sie verlässt sich darauf. In gewisser Weise, hat sie also sogar die bequemere und angenehmere Position." So hatte Sakura das noch nicht betrachtet. Wieder überraschte es sie, wie falsch sie die Situation hier manchmal einschätzte. "Allerdings", fuhr Sasuke fort, "kennen wir uns noch nicht so lange, du vertraust mir noch nicht so wie meine Mutter meinem Vater vertraut. Und Madara hat dir noch nicht alles erklärt, daher verstehst du ohnehin nur halb, warum das alles nötig ist. Und weil ich dachte, du würdest vor Angst umkommen, wenn ich dir sage, was dir passieren könnte, habe ich dich hier mehr oder weniger monatelang eingesperrt. Aber du bist sehr viel mutiger, als wir alle dachten und es ist vollkommen verständlich, dass du dir etwas mehr Eigenständigkeit wünschst. Allerdings muss ich darauf bestehen, dass du aus Sicherheitsgründen begleitet wirst. Doch damit du nicht das Gefühl haben musste, dass du jedes Mal deinen Mann um Erlaubnis bitten musst, wird er hier dich in Zukunft begleiten." Er hatte leicht seine Hand gehoben und hinter sie gedeutet und sie drehte sich ein wenig erschrocken um und zuckte zusammen, als sie bemerkte, dass jemand hinter ihr stand. Dafür, dass er so groß war, konnte er sich offenbar unglaublich leise bewegen. Er schien einer der Security Leute zu sein, zumindest trug er den gleichen Anzug. Sein Gesicht war ausdruckslos und abgesehen von seiner Größe waren seine orangenen Haare das Auffälligste an ihm. "Guten Abend", sagte der Mann zu ihr. "Hallo", erwiderte sie ein wenig atemlos und überfordert. Sasuke trat einen Schritt nach vorne, sodass er eben ihr stand. "Sakura, das ist Juugo", sagte er. "Er ist ab sofort für deine Sicherheit verantwortlich. Er wird ab jetzt ebenfalls auf dem Anwesen wohnen. Wenn du also in die Stadt fahren möchtest und dich mit Freunden treffen möchtest oder wenn du zum Friedhof möchtest, dann schickst du ihm eine Nachricht und er wird dich begleiten. Du kannst ihn fahren lassen oder selbst fahren. Ich weiß, das ist nicht ganz das, was du dir wünschen würdest, aber ich habe versucht einen Kompromiss zu finden, damit du dich nicht ganz so abhängig fühlst von mir." "Ich- Das ist wirklich nett von dir!", sagte sie überrascht und überfordert und warf erst Sasuke und dann dem Mann namens Juugo einen unsicheren Blick zu. Sie freute sich einerseits sehr darüber, dass Sasuke sich so eine Mühe gab und dass er sich irgendwie ziemlich einfühlsam verhielt, andererseits würde sie sich an diese neue Situation wohl erst etwas gewöhnen müssen. "Es freut mich sehr Sie kennenzulernen Sakura Uchiha", sagte Juugo höflich und neigte leicht den Kopf. "Sollen wir Nummern austauschen?" "J-Ja!", sagte Sakura und zog rasch ihr Smartphone aus ihrer Tasche. "Bitte sehr", sagte Juugo sobald das erledigt war höflich und er hielt ihr einen Autoschlüssel hin. Sie nahm ihn ihm zögernd ab. "Danke Juugo, das war alles", sagte Sasuke. Juugo nickte ihnen zu, drehte sich dann auf dem Absatz um und ging davon, vermutlich zu einem der Nebengebäude, in denen die Angestellten wohnten, die nicht nur zu regulären Arbeitszeiten auf dem Anwesen waren. Sakura sah ihm einen Moment überfordert nach, dann wandte sie sich zu Sasuke zu. "Ich danke dir", sagte sie. "Du hast mich etwas überrumpelt und ich glaube ich muss mich noch an all das gewöhnen, aber das ist wirklich sehr aufmerksam von dir!" "Pass einfach auf, dass du Gegelmäßigkeiten vermeidest", sagte Sasuke. Er trat einen Schritt an sie heran, berührte mit seiner Hand ihre Wange und musterte wieder ihr Gesicht. "Also geh nicht allzu oft hintereinander an immer den selben Ort. Und möglichst immer zu unterschiedlichen Zeiten und Tagen. Daran musst du dich halten." "Ja. In Ordnung!", sagte sie. Nachdem sie den ersten Schock langsam verwunden hatte, sah sie darin ganz neue Chancen für sich. Das war eigentlich wirklich ein Fortschritt! "Also...", sagte sie zögerlich, "wenn ich Regelmäßigkeiten vermeide und wenn ich mit ihm zusammen bin, dann kann ich mich frei bewegen, ohne dir vorher bescheid sagen zu müssen?" "So ziemlich", sagte er nach kurzem Zögern. "Er wird sich aus allem heraushalten, was du tust. Aber wenn er aus irgendeinem Grund etwas von dir möchte, dann will ich, dass du auf ihn hörst. Und zwar sofort, ohne erst Zeit mit Nachfragen zu verschwenden. Wirst du das tun?" "J-Ja!", sagte sie. Das war alles ziemlich merkwürdig, aber sie wollte diese neue Möglichkeit der Freiheit unbedingt behalten. Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen kurzen Kuss. Dann wich er zurück und musterte sie wieder. Seine Finger wanderten zärtlich über die Haut an ihrem Hals. "Gut", sagte er leise. "Dann werde ich mal versuchen mich daran zu gewöhnen und meinen Wunsch nach Kontrolle ein wenig hintenanzustellen. Schließlich bist du mit mir auch unterwegs und mit ihm ist es für dich mindestens genauso sicher wie mit mir. Er ist bestens ausgebildet." "Und- und du vertraust ihm?", fragte sie vorsichtig. Er war für sie ein völlig fremder Mann und es verunsicherte sie, dass sie nun mehr Zeit mit ihm verbringen würde. Bisher hatte sie mit Männern einfach immer eher unschöne Erfahrungen gemacht. "Ja", sagte Sasuke leise und schob seine Hand ein wenig weiter unter ihren Mantelkragen, damit er mehr von der Haut an ihrem Hals berühren konnte. Sein Blick hatte schon wieder dieses leicht Verschleierte, das sie glauben ließ, dass er eigentlich gerade an etwas ganz anderes dachte. "Ich vertraue ihm vollkommen", sagte er ruhig und sein Blick wanderte wieder zu ihren Lippen. "Er würde dir niemals etwas antun. Und er würde genau wie ich alles tun um dich zu schützen." Sie überlief ein Schaudern. Teils, weil das alles so unheimlich war und teils wegen der Art wie er sie gerade ansah. Wieder gab er ihr einen kurzen Kuss. "Lass uns nach oben gehen", sagte er leise ihn ihr Ohr. In der Eingangshalle wurden sie allerdings kurz aufgehalten, als sie an dem Wohnzimmer vorbeikamen, in dem die Männer immer zusammensaßen. "Schon zurück?", fragte Madara beiläufig und alle sahen zu ihnen hin. Sasuke ging zu ihnen hinüber, trat über die Schwelle und setzte sich dann einfach entspannt in einen der freien Sessel. Sakura war ihm nachgegangen und dann zögernd an der Schwelle stehen geblieben. "Komm ruhig", sagte Itachi aufmunternd zu ihr. "Falls du möchtest." Sasuke streckte seinen Arm nach ihr aus. "Nur zwei Minuten", sagte er mit einem leichten Lächeln. Also ging sie zu ihm und setzte sich ein wenig zaghaft auf den gepolsterten Hocker, der neben seinem Sessel stand. "Shisui ist noch dort?", fragte Izuna. "Ja", sagte Sasuke entspannt, "ich war mit allem durch, was es zu erledigen gab und Sakura wollte gehen, nachdem sie erfahren hat, dass ihr Vater ihre Bewerbungen, die sie damals nach dem Studium geschrieben hat, einfach absichtlich zurückgehalten hat. Offenbar um sie einfacher dazu bringen zu können in die Hochzeit mit mir einzuwilligen. "Wie bitte?", fragte Itachi. "Ich hoffe du hast dich dennoch beherrscht?", frage Fugaku mit gerunzelter Stirn. "Selbstverständlich", erwiderte Sasuke ruhig. "Auch wenn es unerträglich war mir das anzuhören. Als Sakura sie mit dieser Frage konfrontiert hat, haben sie tatsächlich versucht sie wieder zu verunsichern und zu unterdrücken anstatt ihr eine Antwort zu geben. Also habe ich ihnen klar gemacht, dass sie sie nicht mehr so behandeln können. Ich habe ihnen gesagt, dass wir alles wissen und dass sie es nur Sakura zu verdanken haben, dass ihr Verhalten bisher keine Konsequenzen hatte." "Gut", sagte Fugaku. "Möchtest du immer noch nicht, dass wir sie für ihr Verhalten dir gegenüber zur Rechenschaft ziehen Sakura?", fragte Madara ruhig an sie gewandt. "Nein!", sagte sie sehr rasch. "Aber ich bin wirklich dankbar, dass ihr so nett zu mir seid", fügte sie eilig etwas leiser hinzu. "Das ist ein sehr schönes Gefühl für mich." Es herrschte einen Moment Stille. "Ich habe nicht das Gefühl, dass wir bisher besonders nett waren", sagte Izuna schließlich. "Müsstest du nicht eigentlich finden, dass wir dir bisher ganz schön zugesetzt haben?" Sie sah sie alle verwirrt an und fühlte sich nicht besonders wohl, weil sie alle sie nachdenklich betrachten. "Sie ist anderes gewohnt", sagte Sasuke schließlich und irgendwie war sie froh, dass er damit ein wenig die Aufmerksamkeit von ihr nahm. "Ich sagte doch, sie ist misshandelt worden. Alle was besser ist als das, empfindet Sakura als positiv." Sie warf ihm einen schnellen Blick zu und er streckte seinen Arm nach ihr aus und nahm ihre Hand. "Ist es dir unangenehm, dass wir darüber reden Sakura?", fragte Itachi freundlich. Sie sah ihn an. "Ein bisschen", flüsterte sie leise. "Du hast absolut nichts falsch gemacht, das muss dir nicht unangenehm sein", sagte Fugaku ruhig zu ihr. "Wir teilen hier immer alles. Für uns ist das normal. Wir haben hier keine Geheimnisse voreinander. Und du bekommst auch bald alles erzählt. Wir sind jetzt deine Familie. Und du kannst immer zu uns kommen, wenn du ein Problem hast." Sie sah ihn vollkommen überfordert an. "Danke", flüsterte sie. So etwas hatte sie nicht erwartet. Von ihnen schon gar nicht. So etwas war sie nicht gewohnt und sie wusste überhaupt nicht, wie sie mit damit umgehen sollte. "Tja, ich denke ich verstehe langsam was du meinst Sasuke", sagte Izuna. "Sie bedankt sich für Dinge, die vollkommen selbstverständlich sein sollten." "Bevor wir noch mehr Schaden anrichten", sagte Madara, "würde ich ganz gerne wissen, wie ich mir die Situation genau vorstellen muss Sakura. Wie hat dich deine Familie denn misshandelt?" Sie sah ihn vollkommen überfordert an und sagte rasch: "Sie haben mich nicht misshandelt!" "Doch Sakura", sagte Sasuke neben ihr leise und verstärkte leicht seinen Griff um ihre Hand. "Ich glaube, das haben sie. Sie haben dich vorsätzlich unterdrückt und manipuliert. Sie haben dir vorgeschrieben, wie du sein sollst, was du tun darfst und zu wem du Kontakt haben darfst. Vorhin haben sie wieder versucht dir einzureden, dass du falsch wärst, nur um nicht auf deine Frage antworten zu müssen. Ich denke dein Vater hat früh gemerkt, was du für eine schöne Frau werden würdest und er hat dich bewusst kleingehalten, damit er irgendwann davon profitieren konnte. Was er mir vorhin gesagt hat bestätigt das." "Wie hat denn deine Familie darauf reagiert, wenn du dich nicht so verhalten hast, wie sie das für richtig gehalten haben Sakura?", fragte Madara beinahe sanft. Sie sah von Sasuke wieder zu Madara. Sie fühlte sich schrecklich durcheinander. Sie hatte solche Angst vor ihm gehabt und sie hätte nie damit gerechnet, dass er so sein könnte, wie er es gerade war. "So schlimm war es wirklich nicht! Ich wurde nicht geschlagen oder so etwas", sagte sie rasch. "Sondern?", fragte Madara freundlich. "Ich musste auf mein Zimmer gehen", sagte sie leise. "Aber das ist doch normal oder?" "Du wurdest dazu aufgefordert auf dein Zimmer zu gehen und dann hast du dem Folge geleistet?", fragte Madara ruhig. Sie zögerte einen Moment und sah wieder zu Sasuke. Aber der blickte sie bloß ernst und aufmerksam an. "Manchmal nicht." Sie zögerte wieder. "Nein, meistens nicht", sagte sie leise und sah wieder zu Madara. "Meistens fand ich den Grund sehr unfair. Dann habe ich versucht darüber zu reden und mich zu erklären. Aber das mochte mein Vater nicht. Dann hat er mich auf mein Zimmer gebracht." "Er hat dich begleitet?", frage Madara ruhig. "Ja", sagte sie vorsichtig. "Wie lief das genau ab?" Sie atmete ein. Sie verstand nicht, warum er das unbedingt wissen wollte. Aber sie riss sich zusammen. "Er hat- also, er hat mich am Arm gefasst und dann ist er mit mir-" Sie brach überfordert ab. An diese Momente dachte sie so selten wie möglich. Und das war schwierig genug, denn es hatte viele davon gegeben. "Also ist er grob geworden?", fragte Madara ruhig und sachlich. "Ja", flüsterte sie. "Er hat dich gewaltsam auf dein Zimmer gebracht und dir dabei wehgetan?" "Ja." Sasukes Hand verkrampfte sich ein wenig um ihre. Aber sie achtete kaum darauf. Sie sah nur Madara an. Sein Blick war fesselnd und es schien auf einmal leicht ihn anzusehen. "Und wie lange musstest du dort bleiben?", fragte Madara immer noch mit dieser Ruhe, die ihr das Gefühl gab antworten zu können. "Lange", sagte sie leise. "Bis zum nächsten Morgen. Dann hat er immer aufgeschlossen und ich durfte zum Frühstück kommen." "Aufgeschlossen?", fragte Madara. "Also warst du eingesperrt?" "Ich- ja", sagte sie leise. "Und dann?" "Und dann habe ich mich entschuldigt. Weil ich frühstücken wollte." "Hast du, während du in deinem Zimmer warst, etwas zu essen gebracht bekommen?", fragte Madara ruhig. Sie spürte wie ihre Augen anfingen zu brennen. Sie schüttelte den Kopf. "Also ist es vorgekommen, dass du auch mal bis zu vierundzwanzig Stunden keinen Zugang zu Lebensmitteln hattest?" Sie nickte. "Aber du hattest etwas zu trinken?" "Ich konnte trinken", sagte sie leise. "Ich hatte ein eigenes Badezimmer." Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr wie Fugaku sich in seinem Sessel zurechtsetzte. Sonst war alles sehr still und sie sah einfach weiter Madara an. "Und wenn du dich am nächsten Morgen entschuldigt hast, dann war alles wieder in Ordnung?", fragte er weiter. "Nein", flüsterte sie. "Meistens nicht " "Meistens nicht?" "Ich habe es manchmal nicht richtig gemacht", sagte sie leise und sah ihn immer noch wie gebannt an. "Eigentlich oft. Ich fand oft, dass ich nicht im Unrecht war und dann wollte ich mich nicht entschuldigen. Aber ich hatte Hunger. Doch wenn ich die Entschuldigung nicht ernst gemeint habe, dann hat niemand mehr mit mir gesprochen." "Du konntest dann also frühstücken und dein Zimmer verlassen, aber niemand hat mit dir gesprochen?" Sakura nickte. "Bis auf meine Großmutter." "Wie lange?" Sie sah ihn verständnislos an. "So lange bis ich mich richtig ernsthaft entschuldigt habe", antwortete sie leise. "Und das hast du wann getan?", fragte Madara nach wie vor vollkommen ruhig und sachlich. "Manchmal wollte ich es einfach nicht tun", antwortete sie leise. "Doch meistens konnte ich es nach einigen Tagen nicht mehr aushalten. Die Blicke und das Schweigen." "Sasuke, lass ihre Hand los", sagte Madara. Sasuke ließ sie sofort los. "Entschuldigung", sagte er sehr leise. Erst jetzt fiel ihr auf, dass ihre Hand ein wenig schmerzte. "Sieh mich an Sakura", sagte Madara und sie hob wieder den Blick von ihrer Hand. "Wie lange lief das so?", fragte er ruhig. Sie sah ihn verständnislos an. "Also schon immer? Und bis du hier her kamst?", fragte Madara. Sie nickte. "Und wie oft ist das vorgekommen?" "Oft", sagte sie leise. "Wie oft in einem Jahr?" Sie sah ihn bloß ein wenig hilflos an. "Wie oft in einem Monat?", fragte er. "Einmal oder zweimal", sagte sie leise. "Dein Vater hat jeden Monat deines Lebens einen Grund gefunden, dich so zu behandeln?" Sie nickte langsam. "Und niemand hat etwas dagegen unternommen?" "Meine Großmutter hat immer versucht mir beizustehen, wenn sie es mitbekommen hat." "Hat sie es oft mitbekommen?" Sakura schüttelte den Kopf. "Wollest du es ihr nicht erzählen?" "Sie hat sich dann immer so aufgeregt und dann gab es Streit", flüsterte Sakura. "Ich wollte nicht, dass es ständig meinetwegen Streit gab." Madara schwieg und musterte sie nachdenklich. "Und du denkst so etwas wäre normal? Du denkst so etwas wäre keine Misshandlung?", fragte er schließlich. "Ich- Ich weiß nicht", sagte sie überfordert. "Sie waren eben immer sehr streng und ich war eben nie so wie ich-" "Das ist nicht streng Sakura", unterbrach Madara sie ruhig aber entschieden. "Das ist Misshandlung. Sasuke hat recht. Und niemand hier in diesem Raum ist anderer Meinung. Du musst versuchen das als Tatsache zu akzeptieren. Du bist von deinem Vater und deiner Familie misshandelt worden. Und dass du es trotzdem schaffst weiter zu funktionieren, bei dem, was du dann auch hier erfahren musstest, ist bewundernswert. Du kannst stolz auf dich sein. Doch du kannst dir ganz sicher sein, dass dir so etwas hier nicht passieren wird. Auch wenn es für dich vermutlich bisher ganz genau so rüber kam. Doch niemand wird dich hier auf dein Zimmer zerren und einschließen. Wir dachten du seist von Natur aus schüchtern und ängstlich und wir wollten dir nicht noch mehr Angst einjagen, indem wir dir unsere Gesellschaft aufzuzwingen und dir Geschichten über Entführungen erzählen. Aber dieser Versuch dich zu schonen war offensichtlich absolut kontraproduktiv." "Du kannst stolz auf dich sein Sasuke", sagte Fugaku ruhig. "Du beherrschst dich sehr gut. Ich weiß wie viel sie dir bedeutet." Sakura sah kurz zur Seite und blickte Sasuke an. Sein Gesicht war ziemlich versteinert, aber er lächelte leicht, als sie ihn ansah. Er streckte wieder seine Hand aus und strich ihr sanft über ihr Finger. "Eigentlich sollten wir ihren Vater bestrafen", sagte Itachi verärgert. "Wir sollten ihm alles wegnehmen. Sakura ist verstört und deshalb viel zu nachsichtig!" Madara lächelte leicht. "Aber das wäre gegen ihren Willen und ich denke man hat wohl schon genug über ihren Kopf hinweg entschieden. Also werden wir alle nichts unternehmen, auch wenn wir das gerne würden." "Allerdings", sagte Fugaku, "werden wir, nach dem, was wir eben gehört haben, ihren Vater und ihre Familie ab sofort wohl alle unsere Missbilligung spüren lassen. Dann bekommt er das zurück, was er mit ihr gemacht hat. Er ist abhängig von unserem und ihrem Wohlwollen und muss ertragen, dass er einfach nur ausharren und es ertragen kann, ohne zu wissen, ob Konsequenzen folgen werden oder nicht." "Ja, das war auch mein Plan", sagte Sasuke. "Gut", sagte Madara. "Danke für deine Offenheit und dein Vertrauen Sakura. Wir werden es dich nicht bereuen lassen. Du bist vollkommen sicher und niemand wird dir etwas antun. Und niemand hat vorsätzlich vor dich zu unterdrücken. Wenn du dich ungerecht behandelt fühlst, dann kannst du das äußern und wir werden versuchen eine Lösung zu finden." "Erst war ich dagegen, dass du Juugo von seinen Aufgaben abgezogen hast Sasuke", sagte Izuna. "Ich fand wir könnten ihn weit sinnvoller einsetzen. Aber nach dem, was ich gerade gehört habe, sehe ich das anders. Sakura braucht dringend ein Gefühl von so viel Autonomie wie möglich und mit ihm kann man das riskieren. Das ist aus emotionaler Sicht das Richtige. Und rational betrachtet auch. Wenn Sakura sich hier nicht wohl fühlt, dann kommen wir mit dem Nachwuchsthema nicht weiter. Wir können es in ihrem Fall unmöglich mit Zwang lösen. Ich halte mich ja für ziemlich skrupellos, aber auch ich habe meine Grenzen." "Ja", sagte Madara ruhig. "Sakura hat wirklich genug durchgemacht. Ich hätte das Thema gerne rasch erledigt gehabt, aber es ist noch nicht allzu dringend und unter diesen Umständen gibt es Wichtigeres. Normalerweise stellen wir das Glück eines einzelnen nicht über das Ganze. Aber hier machen wir vorerst eine Ausnahme. "Ja", sagte Fugaku. Alle schwiegen einen Moment. "Shisui sagte eben zu mir, dass Hato ab morgen kein General mehr ist", sagte Sasuke schließlich. "Bringen wir einen von unseren Leuten in die Position?" "Ja. Aktuell wäre es wohl ratsam unsere Kontrolle über die Armee auszuweiten", sagte Madara ruhig. "Wir besprechen das nochmal mit ihm sobald er kommt. Ich informiere dich dann morgen. Du möchtest jetzt sicher in Ruhe etwas Zeit mit deiner Frau verbringen." "Ja", sagte Sasuke und stand auf. "Oder möchtest du etwas anderes?", fragte Sasuke an sie gewandt. "Nein", sagte sie rasch und erhob sich ebenfalls. "Ich würde gerne mit dir nach oben gehen." "Versuch den Gedanken anzunehmen, dass dir Unrecht widerfahren ist Sakura", sagte Itachi zu ihr. "Es ist eine Sache, wenn du nicht willst, dass jemand bestraft wird. Es ist eine andere, wenn du dir selbst nicht eingestehst, dass du zu Unrecht dein Leben lang sehr sehr schlecht behandelt worden bist." "Es gibt aber viel Schlimmeres", erwiderte sie leise und sah Itachi ein wenig unsicher an. Sie war es nicht gewohnt sich selbst so wichtig zu nehmen. "Schlimmeres gibt es leider immer Sakura", sagte Madara. "Aber das vermindert nicht dein eigenes Leid. Versuch das anzuerkennen. Versprichst du mir das?" Da hatte er wohl irgendwie recht. Einen Moment stand sie da und fühlte sich merkwürdig verwirrt, erleichtert und dankbar zugleich. "Ja", sagte sie daher. "Ich werde es versuchen." Dann ging sie mit Sasuke nach oben. Sie beeilte sich nicht besonders die Stufen hochzusteigen und den Gang entlangzugehen, da sie nicht so recht wusste, was sie sagen sollte, sobald sie ihm alleine sein würde. Eigentlich, so dachte sie, fühlte sie sich ganz gut. Madaras Fragen waren sehr unangenehm für sie gewesen. Es war auch unangenehm gewesen, dass alle zugehört hatten. Doch irgendwie war auch genau das angenehm gewesen. Sie hatten sie und ihre Gefühle ernst genommen. Und es fühlte sich gut an, dass ihr einmal jemand so deutlich gesagt hatte, dass sie nicht 'dramatisch' war, wie man ihr das immer eingeredet hatte. Es fühlte sich gut an einmal von jemand völlig Unbeteiligtem eine Beurteilung der Situation bekommen zu haben. Es fühlte sich gut an, dass sie offenbar alle zu ihr hielten. Das war vollkommen neu für sie. Sasuke hielt ihr die Tür. Er trat hinter ihr ein und schloss die Tür hinter sich. Sie drehte sich zu ihm um und einen Moment standen sie da und sahen sich an. "Wie fühlst du dich?", fragte er sie schließlich. Sie lächelte ein wenig erschöpft. "Ganz gut, denke ich", sagte sie. "Und du?" Er lächelte ebenfalls ein wenig. "Ich bin wütend", sagte er. "Und ich fühle mich machtlos." "Machtlos?", fragte sie. "Ich würde gerne etwas für dich tun, aber ich weiß nicht was." Sie lächelte wieder. Sie legte ihre kleine Tasche auf der Komode neben sich ab. Dann zog sie ihren Mantel aus und schlüpfte aus ihren hohen Schuhen. "Du hast heute eine ganze Menge für mich getan Sasuke", sagte sie und sah ihn an. "Und machtlos ist kein Begriff, den ich für dich verwenden würde", fügte sie ein wenig belustigt und im Spaß hinzu, auch wenn sie natürlich verstanden hatte, was er damit hatte ausdrücken wollen. "Ich würde nun gerne ganz in Ruhe eine heiße Dusche nehmen", sagte sie. "Der Tag war sehr auffwühlend." Er nickte. "Mach das. Lass dir Zeit. Dann gehe ich kurz eine Runde trainieren, das bringt mich runter." "Das klingt gut", sagte sie lächelnd. "Dann bis gleich?" "Ja." Als sie wieder aus dem Bad kam, war er noch nicht zurück. Sie hatte sich Zeit gelassen und sich ein wenig um sich gekümmert. Diese Zuwendung sich selbst gegenüber hatte ihr gut getan. Als sie ihre kleine abendliche Tablette in der Hand gehalten hatte, hatte sie das erste Mal kurz gezögert. Kurz hatte sie erwogen sie einfach nicht zu nehmen. Doch dann hatte sie sich im Spiegel betrachtet und sich gesagt, dass das nicht der richtige Moment für so eine Entscheidung war. Sie war sehr aufgewühlt und fühlte sich aufgrund der Ereignisse dieses Tages emotional instabil. Sie fühlte sich ein wenig entwurzelt und verloren. Und sie sehnte sich danach sich nun einfach in seine Arme zu flüchten, dorthin, wo es ihr momentan so sicher vorkam. Sie sehnte sich danach einfach alles ihm und seiner Familie zu überlassen, die Verantwortung abzugeben, sich fallen zu lassen und sich endlich irgendwo einmal sicher und geborgen zu fühlen. Ihm wäre das wohl recht. Das war es, was er am liebsten wollte. Doch dann, so dachte sie, würde sie vielleicht nie herausfinden, wer sie wirklich war und was sie wirklich wollte. Sie würde von einer Abhängigkeit direkt in die nächste geraten sein, auch wenn diese wohl um einiges besser war. Das wollte sie nicht. Also hatte sie die kleine Tablette doch hinuntergeschluckt. Sie legte wie schon so oft ihre Hand auf den Griff der Balkontür und sie zog sie auf. Sie trug wie immer nur eines ihrer kurzen, seidenen Nachthemden, die wohl mehr Dekoration waren als sonst einen anderen Zweck zu erfüllen und Kälte umfing sie, als sie hinaus auf den Balkon trat. Der Sommerwind war nun nicht mehr. Der Herbstwind war viel kühler. Doch der Anbruch der kalten Jahreszeit erfüllte sie nicht mehr so mit Schrecken. Denn die Kälte, die sie einst in diesem Haus verspürt hatte, war nicht so real gewesen, wie sie geglaubt hatte. Hier draußen auf dem Balkon war es kalt. Drinnen war es warm. Warm und sicher. Wie schon so oft, hörte sie die Tür, als er hereinkam. Sie hörte wie er abschloss und dann seine Sachen auf seinem Nachttisch ablegte. Sie drehte sich nicht nach ihm um. Aber dieses Mal nur, weil sie wollte, dass er zu ihr kam, so wie er es immer tat, wenn sie hier stand. Und das tat er auch. Er trat hinter sie. Er strich ihre zu einem lockeren Zopf geflochtenen Haare zur Seite und küsste sie auf ihren Hals. Dann legte er von hinten seine Arme um sie. Er roch nach Duschgel. Wahrscheinlich hatte er eines der anderen Badezimmer benutzt. Heute fühlte sie sich in seinem Griff nicht gefangen. Heute fühlte sie sich geborgen. "Komm rein", sagte er nach einem kurzen Moment. "Es ist kalt." Er nahm seine Arme weg und zog sie nach drinnen. Dann schloss er die Balkontür und die schweren Vorhänge. Er trug bereits ein Shirt und eine seiner dunklen Stoffhosen, wie er es immer zum Schlafen tat. Sie lächelte ihn an, als er sich zu ihr umdrehte. "Hat das Training gut getan?" "Ja. Hat es. Das Duschen auch?" "Ja." Sie trat wieder einen Schritt auf ihn zu. Sie hob ihre Hand, legte sie auf seine Brust und strich leicht über den Stoff seines Shirts. Sie hob den Blick und sah ihm ihn die Augen. Dann streckte sie sich leicht und hauchte einen Kuss auf seine Lippen. Sie wich wieder ein kleines Stück zurück. Er musterte sie mal wieder. "Bist du sehr müde?", flüsterte sie fragend und hob ihre andere Hand, um über seinen Oberarm zu streichen. "Eben war ich es", sagte er leise. "Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, ob mich das noch interessiert." Er hob seine linke Hand und berührte mit seinem Zeigefinger den Träger ihres Nachthemds. Er schob ihn langsam von ihrer Schulter. Sakura lächelte und trat einen Schritt zurück. Sie drehte sich um und ging die drei Schritte zum Bett hinüber. Dabei schob sie sich auch den anderen Träger von ihrer Schulter. Sie hörte, wie er sich hinter ihr sein Shirt über den Kopf zog und ihr nach kam. Sie musste lächeln. Seit Samstag Mittag, seit sie wegen des Jobthemas gestritten hatten, hatten sie nicht miteinander geschlafen. Heute war Montag. Vielleicht war es auch schon spät genug um Dienstag zu sein. Eigentlich war nicht viel Zeit vergangen. Doch sie spürte, dass sie sich sehr nach ihm sehnte. Und wieder, so wie vorhin, als sie sich in der Dunkelheit der Seitenstraße geküsst hatten, spürte sie auch jetzt, dass sich zwischen ihnen etwas verändert hatte. Da war mehr als nur Verlangen. Da war nun noch etwas anderes. Etwas, das viel bedeutungsvoller war und das sich kaum fassen und schon gar nicht beschreiben ließ. Sie war glücklich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)