Marriage von writer ================================================================================ Kapitel 28: Veränderungen (Teil 2) ---------------------------------- Niemand sagte ein Wort. Sasuke sah immer noch ihren Vater an, der ihn ebenfalls anblickte. Ihre Mutter sah einfach nur völlig entsetzt aus. Und Sakura selbst fühlte sich verwirrt und überwältigt und bekam sich gerade kaum sortiert. Sie empfand zum einen tiefe Dankbarkeit, weil er sie unterstützte. Denn darum schien es ihm zu gehen. So wie er sich ausgedrückt hatte, glaubte sie wirklich, dass es ihm um sie ging. Sie war zudem ein wenig erschrocken und verstört wegen der Heftigkeit seiner Worte. Und sie war auch besorgt. Und zwar befürchtete sie, dass Fugaku so etwas zu verhindern gehofft hatte, als er sie dazu aufgefordert hatte, Sasuke heute Abend zu begleiten. Aber sie hatte es wohl eher schlimmer gemacht. Würde das nun Probleme geben? Sasuke hatte seinen Standpunkt gerade sehr deutlich gemacht. Aber sie hatte keine Ahnung wie der Rest seiner Familie dazu stand. Sie war sich ziemlich sicher, dass Sasuke seine Familie hinter sich brauchte, um so mit ihrem Vater umgehen zu können. Doch hatte er sie hinter sich? Wären sie und ihr Seelenfrieden für Fugaku und Madara wirklich ein Grund Streit oder Probleme zu tolerieren? Irgendwie konnte sie das nicht so recht glauben. Ihr Vater sah Sasuke immer noch an. Es kam ihr so vor, als versuchte er abzuschätzen, wie ernst es ihm war. Aber Sasuke sah mit festem Blick zurück, er wirkte vollkommen selbstsicher. Und dann, immer noch ohne seinen Blick von Sasuke abzuwenden, sagte ihr Vater schließlich: "Nein Sakura. Ich habe sie nicht abgeschickt." Sie brauchte einen kurzen Moment, bis die Worte zu ihr durchdrangen. Doch so richtig überrascht war sie wohl nicht mehr. Sie spürte, wie Sasuke seinen Arm um sie noch ein wenig mehr anspannte. "Ich verstehe", sagte sie leise und niedergeschlagen. Sie fühlte sich wirklich schrecklich traurig. Sie schien ihrem Vater überhaupt nichts zu bedeuten. "Sakura", sagte ihre Mutter rasch und ein wenig flehentlich, "das war doch nur zu deinem besten! Bitte versteh doch, du bist immer so emotional und zart besaitet, du könntest doch gar nicht-" Aber Sakura wollte das einfach nicht mehr hören. "Mama", sagte sie leise, "ich möchte nicht mehr, dass du mir sagst, was ich in der Lage bin zu tun oder nicht zu tun. Ich möchte das ab jetzt ganz alleine herausfinden." Ihre Mutter verstummte und sah zu ihrem Mann, aber Sakuras Vater musterte immer noch Sasuke. "Wenn ich das nicht getan hätte", sagte ihr Vater leise und kalt, "dann hätte sie dich nicht genommen Sasuke. Das weißt du, oder? Du wolltest sie unbedingt, das habe ich dir immer deutlich angesehen. Überlege dir also gut, ob du mich jetzt wirklich dafür verurteilen willst. Wir beide haben bekommen, was wir wollten." "Ich hätte es anders versuchen können", sagte Sasuke ebenso kalt und leise. "Ich habe es so gemacht, wie meine Familie das schon immer gemacht hat. Bisher gab es nie Probleme. Aber in diesem Fall war das falsch." "Du hättest sie nicht überzeugen können!", zischte ihr Vater. "Das werden wir wohl nie herausfinden, nicht wahr?", erwiderte Sasuke eisig. "Bitte hört auf", sagte Sakura leise. Sasuke sah zu ihr und ihr Vater endlich auch. "Ich fühle mich schrecklich!", sagte sie und sah ihren Vater an. "Offenbar bin ich dir wirklich vollkommen egal. Du hast mein Vertrauen missbraucht. Einfach so. Hattest du vor mir jemals vor die Wahrheit zu sagen? Oder hättest du mich für immer in dem Glauben gelassen, dass es einfach niemand für nötig gehalten hat mir zumindest eine Absage zu schreiben?" "Sakura...", sagte ihre Mutter vorsichtig. "Ich bin schrecklich traurig", sagte Sakura ohne ihre Mutter zu beachten, "aber ich bin auch froh. Denn das bedeutet, dass ich nicht abgelehnt wurde. Das bedeutet, dass nicht alles umsonst war und dass ich mich trauen und es wieder versuchen kann. Und ihr könnt dieses Mal nichts dagegen tun, weil ich das nun nicht mehr mit euch zu klären brauche." Sie schob Sasukes Hand von ihrer Hüfte und er nahm seinen Arm weg. "Sakura", sagte er behutsam, "bitte lass mich-" Aber sie wollte nicht, dass er irgendetwas unternahm. "Ich möchte nicht mehr reden, außer, es gibt etwas Berufliches zu besprechen", sagte sie deutlich. "Ist dem so?" "Nein", antwortete Sasuke. "Und ich bin auch fertig für heute Abend." "Dann lass uns bitte gehen", sagte sie. "Wie du möchtest", sagte er höflich und machte eine Geste mit seinem Arm, um ihr den Vortritt zu lassen. "Sakura...", sagte ihre Mutter wieder. Aber sie drehte sich einfach um und ging. Sie musste nicht mehr zuhören. Und sie wollte es auch nicht mehr. Sie wollte Abstand zwischen sich und ihre Eltern bringen. Sowohl emotional als auch physisch. Also ging sie einfach entschlossen, wenn auch ziemlich ziellos, durch die Halle. Sie hörte, dass Sasuke hinter ihr her ging. In der Nähe des Eingangs blieb sie schließlich stehen. Ein Kellner hielt ihr ein Tablet mit Getränken hin und sie griff sich einfach ein Glas, zwang sich als Dank kurz zu einem Lächeln und trank einen großen Schluck. Es war Champagner. "Hast du nun vor dich zu betrinken?", fragte Sasuke und blieb mit einem leichten Lächeln vor ihr stehen. "Ich bin mir nicht sicher, ob das der richtige Weg ist, um zu damit umzugehen, dass du verletzt bist." Sie trank noch einen Schluck. Dann stellte sie das Glas zur Seite. Eigentlich hatte sie das nur getan um einfach irgendetwas zu tun. Sie hatte gar nicht unbedingt etwas Alkoholisches erwischen wollen. "Ich bin nicht verletzt", sagte sie ruhig. "Was dann? Wütend?", fragte er. "Ich bin schrecklich wütend. Ich möchte, dass du zulässt, dass ich-" Aber irgendwie fand sie, dass es hier gerade nicht um ihn ging. "Nein", sagte sie leise. "Ich möchte das nicht Sasuke. Ich möchte nicht, dass jemand bestraft wird. Und ich bin auch nicht wütend. Also schon. Und verletzt bin ich natürlich auch. Aber vor allem bin ich wohl-" Sie brach ab und er sah sie aufmerksam an, während sie darüber nachdachte, wie sie sich eigentlich fühlte. "Erleichtert", flüsterte sie. "Ich bin erleichtert!" Sie sah ihn an und lächelte. "Danke, dass du zu mir gehalten hast", sagte sie. "Das war sehr schön für mich. Es hat mich wirklich glücklich gemacht!" "Auch wenn dein Vater wohl gar nicht erfreut sein wird", fügte sie ein wenig besorgt hinzu. Er sah sie fragend an. "Er hat doch heute morgen gesagt, dass du nichts Unüberlegtes-" "Sakura", unterbrach er sie, "Mein Vater hätte genau das Gleiche getan. Und Madara auch. Mein Vater hatte bloß ein bisschen Sorge, dass ich irgendetwas tun könnte, das nach außen so wirkt, als hätte ich mich nicht unter Kontrolle. Soetwas darf nicht passieren. Und ich muss gestehen, ich hatte auch ganz schön mit mir zu kämpfen." "Denkst du das wirklich?", fragte sie und sie hörte selbst wie verwirrt und hoffnungsvoll sie klang. Außer ihrer Großmutter hatte sich noch nie jemand vor ihrem Vater für sie eingesetzt. Und nun hatte er das für sie getan. Und er glaubte sogar, dass sein Vater und Madara das auch für sie getan hätten? Sie hatte plötzlich das Gefühl, dass sie vor lauter Glück und Erleichterung gleich anfangen müsste zu weinen. Schnell versuchte sie sich wieder zusammenzunehmen. Offenbar gab es ja schon Gerüchte darüber, dass sie Eheprobleme hätten und wenn sie nun hier anfing zu weinen, würde das wahrscheinlich eine Art Skandal geben. "Du brauchst dir darüber wirklich keine Sorgen zu machen", sagte Sasuke ruhig. "Ich nehme an, mein Vater hat dich hauptsächlich mitgeschickt, weil er weiß, dass ich mich vor dir niemals gehen lassen würde. Und wohl auch um mich daran zu erinnern, dass es allein deine Entscheidung ist, ob deine Familie Konsequenzen befürchten muss oder nicht. Denn wenn es nach mir ginge, dann wäre dein Vater seine Position los und deine Familie ihr Anwesen. Und am liebsten würde ich noch Schlimmeres tun. Es ist unerträglich für mich mit anzusehen wie sie dich-" Sakura trat einfach einen Schritt vor, hob ihre Hand und legte behutsam ihren Zeigefinger auf seine Lippen. Er verstummte überrascht. "Ich danke dir", flüsterte sie und nahm ihren Finger langsam wieder weg. Seine dunklen Augen waren so schön und so voller Emotionen. Sie wusste nicht warum, aber gerade verspürte sie ein so starkes Bedürfnis danach. Also trat sie vorsichtig noch einen kleinen Schritt an ihn heran, sodass sie sich nun beinahe berührten. Sie streckte sich ein wenig. Nur ein ganz klein wenig. Wegen ihrer hohen Schuhe war er kaum größer als sie. Seine Lippen waren nun nur noch ein paar Millimeter von ihren entfernt. Sie hob kurz ihren Blick und sah in seine Augen und nun schienen in dem tiefen Schwarz noch mehr Emotionen zu sein. Sie schloss ihre Augen, sie legte eine Hand an seine Brust, überwandt das letzte kleine bisschen Distanz und ganz ganz zaghaft gab sie ihm einen Kuss. Er rührte sich nicht. Sie legte vorsichtig auch ihre andere Hand an seine Brust und küsste ihn nochmal ganz kurz. Und nochmal. "Hör auf." Sie nahm sofort ihre Hände weg, wich einen Schritt zurück und sah ihn verlegen und verwirrt an. "Sakura", sagte er. "Das geht nicht." "Bitte entschuldige!", sagte sie rasch und senkte ein wenig beschämt ihren Blick. Sie war gerade so dankbar gewesen, sie hatte sich ihm gerade so verbunden gefühlt und sie hatte gerade einfach vergessen, dass sie mitten in einem riesigen Saal voller wichtiger Menschen waren. Wahrscheinlich war das furchtbar unangebracht gewesen. Bestimmt war es das! Ihre Eltern waren hier irgendwo. Und Menschen, vor denen Sasuke seriös erscheinen musste, Menschen, die mit ihm arbeiteten und mit denen er Geschäfte machte! Er hatte sie zwar auch geküsst. Aber nicht so, wie sie es getan hatte. Er hatte es kurz und beinahe förmlich getan. Sie eben war voller Gefühle und tiefer Hingabe an ihn gewesen, sie hatte für einen Moment alles außer ihm einfach vergessen. Sie sah ihm prüfend ins Gesicht. Allerdings wirkte er nicht verärgert. Vielmehr hatte sie wieder das Gefühl, dass er ein wenig mit sich zu kämpfen hatte, um seine Fassung zu wahren. "Gehen wir", sagte er ruhig und entschieden. Er setzte sich ohne Umschweife in Richtung Ausgang in Bewegung und sie folgte ihm rasch. Am Eingang zum Saal blieb er stehen, um auf sie zu warten. Er legte seine Hand an ihren Rücken und dirigierte sie in Richtung Gaderobe, wo man ihnen die Jacken reichte und an den Parkservice durchgab, dass sein Auto vorgefahren werden sollte. "Bist du verärgert?", fragte sie, als er ihr in ihren Mantel half. "Nein. Ganz und gar nicht. Komm." Er stieg mit ihr die Stufen vor dem Gebäude hinunter und keiner von ihnen sagte etwas, bevor sie im Auto saßen. Sie warf ihm einen vorsichtigen Blick zu. "Willst du dich nicht anschnallen?", fragte sie unsicher. War er doch verärgert und sagte es bloß nicht? "Nein." Sie warf ihm einen irritierten Blick zu, aber sie schwieg. Allerdings fuhr er bloß um die Ecke und hielt auf der Hälfte der nächsten Seitenstraße schon wieder an, direkt neben einer steinernen Mauer, die, wie sie wusste, auf der anderen Seite eine kleine Grünfläche mit einem Springbrunnen umschloss. Alles hier war dunkel, abgesehen von dem Licht der Straßenlaternen. Alles war vollkommen ausgestorben. Niemand war zu sehen. "Was tust du?", fragte sie verwirrt. Aber er löste bloß ihren Gurt wieder und dann öffnete er seine Tür, stieg aus und schlug sie zu. Irritiert zog sie sich den schon gelösten Gurt von ihrem Körper und ein wenig zögerlich und unsicher stieg sie nun ebenfalls aus. Er stand bloß da, die Hände in den Taschen seines teuren dunklen Mantels und sah ihr dabei zu, wie sie um das Auto herum ging, zu ihm kam und unsicher vor ihm stehen blieb. "Sasuke, ich verstehe nicht was-" Er zog eine Hand aus seiner Manteltasche, griff an ihren Hinterkopf und zog sie ein wenig zu sich, sodass sie noch einen Schritt auf ihn zumachen musste und ihre Gesichter wieder nah beieinander waren. "Tu das nochmal", verlangte er leise. "Was?", fragte sie verwirrt. Was sollte sie tun? "Du hast mich eben das erste Mal von dir aus geküsst. Es war- Das war-" Er brach ab. "Wir mussten dort weg", sagte er ruhig, während er ihr Gesicht musterte. Sein Blick wanderte von ihren Augen zu ihren Lippen. "Wir mussten weg, weil ich kurz davor war doch etwas zu tun, was nach außen hin gewirkt hätte, als hätte ich mich nicht unter Kontrolle. Und das geht nicht. Diese Leute dort müssen mich für berechnend, kalt und unantastbar halten. Ein Teil unserer Macht beruht darauf, dass Menschen Angst vor uns haben und wir nicht einschätzbar sind." "Es tut mir leid", flüsterte sie. Er kam ihr ein Stück näher und verfestigte seinen Griff ein wenig. "Das muss es nicht", sagte er leise. Seine Stimme klang angenehm. Er grinste leicht. "Eigentlich war das perfekt. Das hat mir ziemlich gut gefallen. Die Gerüchte um unsere Eheprobleme sollten damit wohl vom Tisch sein. Alle konnten sehen, wie hingebungsvoll du mir gegenüber warst. Ich wette, jeder Mann im Saal, der das gesehen hat, hat mich beneidet!" Er zog sie noch ein kleines Stück näher zu sich. "Du hast keine Ahnung wie glücklich du mich eben gemacht hast und wie leid es mir tat das zu unterbrechen", sagte er sehr leise. "Tu das nochmal." Aber sie sah ihn bloß vollkommen irritiert an. "Ich habe dich schon einmal von mir aus geküsst", sagte sie. "In der ersten Nacht in dem Hotel, als wir- ich meine, auf dem Bett- als wir an diesem Abend das zweite Mal-" "Da hattest du Lust auf Sex. Du hast mich geküsst, weil du ein sexuelles Interesse an mir hattest", unterbrach er sie. Nun klang er ungeduldig. Sein Blick wanderte erneut über ihr Gesicht. "Das war etwas anderes. Eben hast du es das allererste Mal getan, weil du Gefühle für mich hattest. Das war-" Er brach wieder ab. "Tu es nochmal!", sagte er bloß. Und obwohl er es so formulierte, klang es dieses Mal mehr nach einer dringenden Bitte, als nach einem Befehl. Er lockerte langsam den Griff seiner Hand an ihrem Hinterkopf. Dann ließ er sie los. Offenbar wollte er, dass sie es ganz von sich aus tat. Sie fühlte sich verwirrt und überfordert. Aber zur Abwechslung fühlte sich das nicht unbedingt schlecht an. "Sasuke", flüsterte sie und sie hob zum zweiten Mal an diesem Abend ihre Hand und berührte seine Wange leicht mit ihren Fingerspitzen. Seine Haut fühlte sich warm und angenehm an. Sie betrachtete sein schönes Gesicht. "Bedeute ich dir wirklich so viel?" "Ja", sagte er ruhig. "Das tust du." Er strich ihr eine ihrer Haarsträhnen nach hinten über ihre Schulter. "Vertrau mir", sagte er leise. "Hab keine Angst mehr. Nicht mehr vor anderen und nicht mehr vor mir. Ich bin an deiner Seite. Bitte sei du auch an meiner. Das ist etwas, das ich nicht erkaufen und erzwingen kann. Aber ich will es unbedingt." Und irgendwie hatte sie plötzlich das Gefühl, dass das einem Eheversprechen viel mehr gleich kam, als das, was sie beinahe sachlich während der Trauungszeremonie zueinander gesagt hatten. Und weil sie nun wieder empfand, was sie schon eben im Saal empfunden hatte, überwand sie erneut den Abstand zwischen ihnen und küsste ihn noch einmal. Ein bisschen unsicher und vorsichtig und - wie er gesagt hatte - wohl tatsächlich ohne ein besonderes sexuelles Interesse dahinter. Sie tat es einfach nur, weil sie sich ihm nahe fühlte und weil sie es wollte. Dieses Mal, anders als eben im Saal, küsste er sie zurück. Erst ebenso sanft wie sie, aber dann spürte sie sein Verlangen und nun verstand sie, warum er sie eben aufgehalten hatte. Denn dass sie ihn auf diese Art geküsst hatte, schien ihm unglaublich viel zu bedeuten. Sein Verlangen, das sie eigentlich schon zu kennen geglaubt hatte, fühlte sich plötzlich noch einmal ganz anders an. Plötzlich war da so viel mehr als nur Verlangen. Er griff nach ihr und zog sie an sich und sie spürte plötzlich, dass er sich die ganze Zeit noch zurückgehalten hatte. Sie spürte, dass dort so viel Liebe und so viele Gefühle für sie in ihm waren. Das überraschte und faszinierte sie. Und noch viel überraschter und faszinierter war sie, als ihr klar wurde, dass das nicht nur ein Gefühl war, dass von ihm ausging. Denn so war es nicht. Es war vielmehr so, dass dort etwas war, das zwischen ihnen beiden entstand und das für seine Existenz etwas von ihnen beiden brauchte, um vorhanden sein zu können. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und nun war sie sehr froh, dass er sie aus diesem Saal weggebracht hatte und dass sie nun hier ganz alleine und nur zu zweit in der Dunkelheit waren. Sie wusste nicht, ob viel oder wenig Zeit vergangen war, als er sie schließlich sanft aber bestimmt von sich schob. "Du zitterst", sagte er. "Dir muss sehr kalt sein mit diesen Schuhen und nur diesem dünnen, leichten Kleid unter dem Mantel." Er hatte recht. Das war ihr bis eben gar nicht aufgefallen. Sie lächelte. "Fahren wir nach Hause?", fragte sie. Er griff wieder nach ihrem Gesicht, zog sie noch einmal kurz zu sich und gab ihr noch einmal einen kurzen Kuss. "Ich freue mich, dass du 'nach Hause' sagst." "Ein anderes Zuhause habe ich wohl nicht mehr", sagte sie ein wenig traurig. "Aber ich denke mittlerweile, dass ich nun ein sehr viel Besseres habe." "Das hast du", sagte er voller Überzeugung. "Du wirst dich irgendwann wohl fühlen bei uns!" Er ging um sein Auto herum, um ihr wieder die Beifahrertür aufzuhalten. Also stieg sie ein. Im Auto wurde es schnell warm. Aus der Innenstadt zum Anwesen brauchte man nur gut zwanzig Minuten. Sasuke schwieg und sie sagte ebenfalls nichts. Sie wollte ein wenig zu sich kommen, die Ereignisse des Abends hatten sie emotional sehr aufgewühlt. Doch das Schweigen zwischen ihnen hatte nichts mehr von dem Schweigen, das ihr einmal solche Angst gemacht hatte, weil sie es mit der Bestrafung verknüpft hatte, die sie von ihrem Vater und ihrer Familie immer erfahren hatte. Nun fühlte sie sich dennoch verbunden mit ihm. Sie genoss sogar die Ruhe und dass sie aus dem Fenster schauen, sich alles ansehen und sich etwas sortieren konnte. Und wieder einmal empfand sie, dass sie sich so vollkommen sicher fühlte in seiner Anwesenheit. Und eigentlich, so dachte sie, hatte sie es auf gewisse Weise gar nicht so schlecht getroffen, indem sie ihn geheiratet hatte. Ihr Vater war ein mächtiger Mann. Sie selbst stammte aus einer ziemlich reichen und mächtigen Familie. Hätte sie jemand anderen geheiratet, dann wäre sie vielleicht nie in eine Situation gekommen, in der sie wie heute Abend ihren Eltern einfach hätte den Rücken zukehren können, als sie das gewollt hatte. Sasuke und seine Familie waren scheinbar so derart reich und mächtig, dass ihr das überhaupt erst den Raum gab, so etwas tun zu können. Sicher hätte sie sich wohl mit der Zeit nach und nach ein wenig von dem Einfluss ihres Vaters befreien können. Aber er hätte vielleicht immer noch nach wie vor auf sie einwirken können. Entweder, weil ihr Mann ziemlich wahrscheinlich genauso gewesen wäre wie er und sie gemeinsam Geschäfte gemacht und sich bestens verstanden hätten, oder vielleicht wäre sogar das Machtverhältnis umgekehrt gewesen und ihr Mann wäre auf gewisse Weise abhängig von ihrem Vater gewesen. Aber so wie die Situation jetzt war, war sie offenbar wirklich frei von ihm. "Sasuke?", fragte sie leise. "Hm?" "Wenn ich das nicht wollen würde, müsste ich dann je wieder mit meinen Eltern sprechen?", fragte sie. "Nein", sagte er ruhig. "Falls du das nicht möchtest, dann würdest du das nie wieder tun müssen. Soll ich-" "Nein!", sagte sie rasch. "Ich wollte für mein weiteres Verhalten ihnen gegenüber bloß wissen, wie die Situation ist." Er lachte leise. "Ich habe das nicht nur gesagt, um ihnen Angst zu machen", sagte er. "Was mit ihnen passiert, liegt vollkommen in deiner Hand. Darauf kannst du dich verlassen." "Und du überschätzt dich da auch nicht?", fragte sie sehr behutsam. Männer schienen ihr manchmal ein bisschen zu Größenwahn zu neigen. Er lachte wieder leise. "Nein", sagte er. "Ich kenne meine Grenzen ganz genau. Und deine Familie wäre kein Gegner für mich." "Für dich?", fragte sie vorsichtig. "Oder für deine Familie?" "Für mich", sagte er ruhig. "Was meine Familie angeht, machst du dir gar keine Vorstellung." Sie schwieg wieder und versuchte das zu verdauen und erneut fragte sie sich, wie sie nur so reich und einflussreich sein konnten. Vielleicht, weil das schon seit vielen Generationen so war? Vielleicht waren die Uchihas eine sehr alte Familie. "Wenn du wirklich findest, dass meine Begleitung diese Abende für dich angenehmer macht", sagte sie schließlich, "dann kann ich dich gerne öfter begleiten." Er warf ihr einen raschen Blick zu. "Das wäre toll", sagte er und sah wieder nach vorne, wo man schon das Tor zum Anwesen sehen konnte. "Darüber würde ich mich sehr freuen! Dann werde ich dich nun öfter fragen." Nach wie vor mochte sie diese Abende nicht besonders. Aber es war nun sehr viel besser als es früher für sie gewesen war. Und vielleicht, so dachte sie, fühlte er sich auch manchmal etwas verloren, selbst wenn er so etwas wohl nicht zugeben würde. Vielleicht fühlte er sich wohler in Begleitung. Und nach dem, was er heute für sie getan hatte, hatte sie den Wunsch gehabt auch etwas für ihn zu tun. Als Sasuke auf den Hof fuhr und parkte, sagte er: "Ah, sehr gut!" Sie sah zu ihm und dann auf den Hof, um herauszufinden, was er gesehen haben mochte, das ihn zu dieser Aussage bewegt hatte. Aber sie sah nichts Besonderes. "Was ist sehr gut?", fragte sie ein wenig neugierig. "Steig aus", sagte er. "Dann zeige ich es dir. Und es gibt auch jemanden, den ich dir vorstellen möchte." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)