Marriage von writer ================================================================================ Kapitel 27: Veränderungen (Teil 1) ---------------------------------- "Du siehst traumhaft aus", sagte er. Sakura lächelte und ließ sich von ihm in ihren Mantel helfen. "Du siehst auch sehr gut aus", sagte sie ein wenig belustigt. Obwohl sie normalerweise nicht gerne auf ihr Aussehen angesprochen wurde, freute sie sich gerade seltsamerweise über sein Kompliment. Sobald sie im Auto saßen und das Anwesen verlassen hatten, fragte sie nach, um was es heute Abend eigentlich gehe. "Es ist ein Empfang für die Botschafter verschiedener Länder", antwortete er. "Morgen sollen ein paar wichtige Verträge ausgehandelt werden und man möchte es wohl ein bisschen entspannt angehen, um für gute Stimmung zu sorgen und vielleicht heute Abend schon das ein oder andere Vorgespräch zu führen. Und selbstverständlich ist es wie immer eine Gelegenheit für die gesellschaftliche Elite Kontakte zu knüpfen und Geschäfte zu machen", fügte er hinzu. "Das kennst du ja." "Ja", sagte sie nachdenklich. Sie hatte dieses Geklüngel der Oberschicht - so hatte ihre Großmutter es immer abfällig genannt - nie besonders gemocht. Sie fand es unfair. So vielen Menschen ging es nicht gut. Manche hatten Geldprobleme und andere kauften sich eine zweite Luxusjacht. Nicht, weil sie sie brauchten, sondern bloß, um zu zeigen, dass sie reicher und damit mächtiger waren, als die anderen. Sie verstand wirklich nicht, wie man sein eigenes Ego so derart wichtig nehmen konnte und wieso man seinen Wert als Mensch unbedingt über Besitz definieren musste. "Gehst du dort heute auch hin um Geschäfte zu machen?", fragte sie ihn, als sie fast da waren. "Hauptsächlich um ein paar Gespräche zu führen, von denen ich mir in Bezug auf meine Arbeit zukünftig erleichterte Bedingungen erhoffe", sagte er. "Aber sicher, wenn sich etwas anbietet, das mir gelegen kommt, dann werde ich mir das ansehen." "Also machst du deine eigenen Geschäfte?", fragte sie. "Oder macht ihr das immer zusammen als Familie?" "Manches schon, aber nicht alles", sagte er. "Meistens besitzen alle von uns Anteile bei größeren Unternehmen, die sind dann sozusagen in Familienbesitz. Solche Dinge wie Grundstücke, Immobilien oder Hotels, so wie das, in dem wir waren, gehören meistens einem von uns alleine." "Ich verstehe", sagte sie. "Ich finde es immer noch erstaunlich, dass du in deinem Alter schon all diese Dinge machst", fügte sie schließlich doch hinzu. "Erst deinen Job und dann auch noch diese Geschäfte!" Er lachte leise, während er sich in die kurze Autoschlange einreihte, die vor einem der Regierungsgebäude wartete, das wohl ihr Ziel zu sein schien. Dort fanden häufig Festlichkeiten statt, Sakura wusste gar nicht mehr, wie oft sie dort schon gewesen war. Erst mit ihrer Familie und dann auch einige Male mit ihm. "Ich bin ziemlich intelligent", sagte er sachlich. "Und du kannst zehn bis fünfzehn Jahre Erfahrung zu dem dazu addieren, was in meinem Alter normal wäre. Itachi und ich hatten keine allzu lange Kindheit. Und ich habe sogar noch früher angefangen als er. Obito, Shisui und Itachi sind schließlich alle älter als ich. Ich habe ihnen immer nachgeeifert. Es gab sonst niemanden bei uns, der ungefähr in meinem Alter gewesen wäre. Also hatte ich schon mit etwa zehn niemanden zum Spielen mehr und habe quasi da schon angefangen die anderen zu beobachten, Fragen zu stellen, mir anzuschauen, wie man sich in gewissen Situationen am besten verhält. Und als sie das bemerkt haben, haben Fugaku und Madara mich einfach direkt mit in die Ausbildung einbezogen." "Wünschst du dir manchmal, dass du länger hättest Kind sein können?", fragte sie neugierig. "Nein", sagte er. "Ich bin zufrieden." "Du hast nicht das Gefühl etwas verpasst zu haben?" "Das habe ich mit Sicherheit", sagte er. "Aber jeder hat jeden Tag die gleiche Menge an Zeit zur Verfügung. Und jeder entscheidet, was er damit anfängt und was nicht. Und egal, für was man sich auch entscheidet, irgendwas verpasst man auf jeden Fall." Er sah zu ihr und lächelte leicht. "Wirklich. Ich habe immer alles bekommen, was ich haben wollte." Sie waren nun an der Spitze der Autoschlange angekommen und Sakura ergriff die Hand des Mannes, der ihr die Tür geöffnet hatte und ihr nun beim Aussteigen behilflich war, während Sasuke seinen Autoschlüssel übergab, damit man das Auto für ihn parken würde. Er reichte ihr seinen Arm, sobald er um das Auto herumgegangen war und sie stiegen gemeinsam die mit rotem Teppich ausgelegten Steinstufen zum Eingang des Gebäudes hinauf. Sobald sie ihre Mäntel losgeworden waren, man ihnen ein Getränk gereicht hatte und sie einen Moment Zeit hatten, um sich in dem großen Saal umzusehen, beugte er sich zu ihr und gab ihr einen Kuss. "Danke, dass du mitgekommen bist", sagte er und musterte ihr Gesicht. Sie fand, dass er glücklich aussah. "Das hier ist Arbeit und Pflicht für mich", fuhr er fort. "Durch deine Gesellschaft wird es zu etwas Schönem." Sie lächelte verlegen. Irgendwie war er manchmal wirklich ziemlich gut darin Komplimente zu machen. "Das sollte ich vielleicht nicht sagen, weil es so schrecklich egoistisch von mir ist", sagte er leise und er strich mit seiner Hand sanft ihren Unterarm hinab und schloss dann ganz leicht seine Finger um ihre, "aber du machst dir keine Vorstellung davon, wie glücklich es mich macht, dich an meiner Seite haben zu können, nach all den Jahren, in denen ich dich nur aus der Ferne habe anschauen können." Er schwieg kurz. "Macht es dich wütend und traurig, wenn ich so etwas sage?" Sie musste wieder lächeln. Sie umschloss auch seine Hand ein wenig mit ihren Fingern. "Nein", sagte sie sanft. "Ich habe in den letzten Tagen viel nachgedacht. Und ich denke, dass ich mir wohl eingestehen muss, dass ich nach dem anstrengenden Studium, dem Tod meiner Großmutter, der Trennung von Naruto und seinen Freunden und der erfolglosen Jobsuche in einem psychisch so labilen Zustand war, dass ich gegen die ständige Beeinflussung meiner Familie ohnehin nicht angekommen wäre. Ich denke mittlerweile, dass mein Vater mich unbedingt verheiraten wollte. Offenbar gab es ja viele Interessenten und er ist niemand, der sich eine für ihn günstige Gelegenheit entgehen lässt. Und ich denke, dass er es eilig hatte. Hätte ich einen Job gefunden, dann wäre ich vielleicht psychisch wieder stabiler gewesen und ich hätte das möglicherweise nicht mehr mit mir machen lassen. Ich will damit bloß sagen: Ich fürchte, dass ich in meiner Verfassung und wegen dem ständigen Druck aus meiner Familie ohnehin irgendeiner Hochzeit zugestimmt hätte. Und ich bin froh, dass du es geworden bist. Du gibst dir wirklich Mühe. Ich bin froh, heute Abend nicht an der Seite eines Anderen hier sein zu müssen." Er sah sie an und sein Ausdruck, halb kontrolliert von seiner üblichen Beherrschung, war neu für sie. Sie konnte ihn nicht richtig einordnen. "Was hast du?", fragte sie besorgt. "Haben dich meine Worte verletzt? Das war nicht meine Absicht, ich-" "Nein!", sagte er rasch. Er räusperte sich. "Ich bin dankbar, das ist alles. Deine Worte haben mir ein bisschen von meiner Last abgenommen, die ich aufgrund meiner Schuldgefühle dir gegenüber mit mir herumtrage." Sie hob ein wenig zögerlich ihre Hand und berührte ganz leicht seine Wange mit ihren Fingerspitzen. "Lass es gut sein", sagte sie sanft. "Ich werfe dir nichts vor." Er griff rasch nach ihrem Handgelenk, als sie gerade ihre Hand hatte zurückzuziehen wollen und er berührte kurz mit gesenktem Blick ihre Finger mit seinen Lippen. "Ich danke dir", sagte er sehr leise und nun war von seiner Kontrolliertheit nichts mehr da. Sie hörte ganz deutlich, wie sehr er gerade mit sich kämpfte. "Du tust mir weh Sasuke", sagte sie lächelnd und er ließ sofort ihr Handgelenk los. Sie zog ihre Hand zurück. Er räusperte sich nochmal. Er hatte seinen Ausdruck nun wieder vollkommen unter Kontrolle. Und das offensichtlich gerade rechtzeitig, denn im nächsten Moment wurden sie von jemandem angesprochen. Aber Sasuke reagierte gewohnt souverän und er wirkte wieder wie jemand, der überhaupt keine Emotionen hatte. Danach folgte wieder das, was Sakura schon kannte. Erst gab es den offiziellen Teil mit ein paar Reden von Mitgliedern der Regierungen beider Länder. Auch ihr Vater sagte in seiner Position als Innenminister ein paar Worte. Ihre Mutter stand weiter vorne bei einigen Kabinettsmitgliedern. Sie hob kurz grüßend ihr Champagnerglas in Sakuras Richtung, als sie ihrem Blick begegnete. Sobald die Reden vorbei waren, kamen wie immer der Smalltalk, die Komplimente ihr gegenüber in Bezug auf ihre Schönheit und die üblichen Schmeicheleien Sasuke gegenüber. Dennoch stellte Sakura fest, dass sie diesen Abend als weit weniger unangenehm empfand, als alle davor. Sie war sich nicht ganz sicher, woran das lag. Vermutlich spielten dabei mehrere Faktoren eine Rolle. Einer davon war, dass sie sich Sasuke mittlerweile so viel näher fühlte. Er war ihr nicht mehr so fremd. Und daher fühlte sie sich etwas geborgener und sicherer und nicht so verloren. Ein anderer war, dass Shisui und Mira auch hier waren und sie sich ein wenig mit Mira unterhalten konnte, während Sasuke und Shisui mit Gesprächen beschäftigt waren. Zwar waren sie nicht die ganze Zeit zusammen, aber es war nett, auch mal kurz mit einem Menschen sprechen zu können, der sie nicht nur als Sasukes Anhängsel betrachtete. Immerhin wohnten sie zusammen, sie teilten einen ähnlichen Alltag und kannten die gleichen Leute, sodass es sehr einfach war sich ein wenig mit ihr zu unterhalten, weil sich immer ganz leicht ein paar unverfängliche Themen fanden. Das war neu, denn zuvor hatte Sakura sich so sehr zurückgezogen, dass man sie bisher in Ruhe gelassen hatte. "Wie läuft es für dich?", fragte sie Sasuke schließlich, als sie gerade einen Moment Ruhe hatten und er ihr ein neues Getränk reichte, das er gerade von einem Tablet genommen hatte. Da Sakura keine Ahnung hatte, womit er sich eigentlich genau beschäftigte, wusste sie das nicht einzuordnen. Sie konnte aus seinen Gesprächen nicht einmal genau heraushören, ob es dabei um seine Arbeit ging, oder ob er irgendwelche anderen Interessen verfolgte. Alles erschien ihr keinen besonderen Zusammenhang zu haben. Sie nahm bloß wie immer wahr, dass sich alle ihm gegenüber sehr höflich und respektvoll verhielten. "Alles verläuft wie erwartet", sagte er bloß. "Keine negativen Überraschungen." "Oh, das ist dann wohl gut", sagte sie mit einem Lächeln. "Störe ich dich heute denn gar nicht?", fügte sie hinzu. Aber in diesem Moment kamen Shisui und Mira wieder zu ihnen und Sasuke sah sie entschuldigend an und wandte sich Shisui zu. "Hato ist übrigens ab Morgen kein General mehr", sagte Shisui leise. "Er weiß es allerdings noch nicht. Ich habe mich beim Ausschuss über ihn beschwert und er ist seinen Job los. Er war seit langem nicht mehr tragbar, das war überfällig. Aber pass ein bisschen auf Sasuke, er könnte auf den Gedanken kommen, dass das alles deine Schuld ist." "Verstanden", sagte Sasuke bloß und wandte sich dann sofort wieder ihr zu. "Wieso solltest du mich stören?", fragte er. "Ich dachte ich sollte in der Vergangenheit nicht die ganze Zeit bei dir sein, damit ich deine Gespräche nicht störe", antwortete sie verwirrt. "Sonst hast du mich doch immer zu meiner Mutter gebracht." "Aber doch nicht, weil du gestört hättest", sagte er ein wenig überrascht. Sie sah ihn verwirrt an. "Sakura, das habe ich getan, weil ich immer dachte, dass du Angst vor mir hast und dass du mich verabscheust. Ich dachte immer, du möchtest lieber den Abend mit deiner Mutter verbringen. Rückblickend betrachtet und mit dem, was ich heute weiß, scheint das allerdings vielleicht ein Trugschluss gewesen zu sein." "Oh", sagte sie, nun ebenfalls überrascht. "Also, nunja, du hast damit wohl irgendwie recht gehabt. Am Anfang hatte ich viel Angst vor dir und da war das wohl so. Du warst mir so fremd. Ich verstehe, wie du darauf gekommen bist. Aber ich finde es schön, dass ich dich offenbar nicht störe. Ich bin lieber bei dir." "Das ist gut", sagte er. Er streckte seine Hand aus und strich ihr zärtlich über die Schulter. "Allerdings", fügte er mit einem kurzen Blick zu einem Punkt hinter ihr hinzu, "müssen wir uns nun wohl mit deinen Eltern auseinandersetzen." Sie wandte sich um und sah die ihren Vater und ihre Mutter auf sie zukommen. Sie warf Sasuke rasch einen Blick zu, aber er wirkte vollkommen gefasst, als er ihrem Vater die Hand gab. Wie immer begrüßten ihre Eltern zuerst Sasuke und danach sie. Und ihr Vater fragte auch bloß Sasuke wie es ihm gehe. Bei ihr schien ihn nicht besonders zu interessieren. "Hattet ihr ein schönes Wochenende zusammen?", fragte ihre Mutter. "Sakura hat erzählt, dass ihr in die Berge gefahren seid! Wie nett, dass du dir etwas Zeit für sie genommen hast Sasuke!" "Es war sehr schön", antwortete Sakura, aber sie hatten beide bloß einen beiläufigen Blick für sie über, denn offenbar wollten sie lieber wissen, wie Sasuke das empfunden hatte. Aber Sasuke schwieg beharrlich, obwohl ihn beide erwartungsvoll ansahen. Er legte bloß seinen Arm um sie und seine Hand an ihre Hüfte. "Nun, das ist wohl auch eine Antwort", kommentierte ihre Mutter seine Bewegung lächelnd. "Es ist jedenfalls schön euch beide zusammen hier zu sehen. Ich muss sagen, wir waren nicht sehr erfreut Sakura, dass du ihn in letzter Zeit so wenig begleitet hast. Man spricht schon darüber, ob ihr vielleicht Eheprobleme hättet. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass so manch einer der Herren sich so etwas beinahe wünschen würde!" "Wir haben keine Eheprobleme", sagte Sakura deutlich. "Trotzdem solltest du an seiner Seite sein", sagte ihr Vater tadelnd. "Das genügt." Ihre Eltern sahen rasch zu Sasuke. Er hatte eindeutig kalt und verärgert geklungen. Und Sakura spürte, dass er sich angespannt hatte, weil sein Griff fester geworden war. "Sakura verhält sich wunderbar. Sie braucht keine Zurechtweisung." "Wie schön!", sagte ihre Mutter fröhlich. Aber ihr Vater musterte Sasuke nachdenklich. "Du bist doch verärgert, weil ich deinen Antrag von Freitag ablehnen musste", stellte er nüchtern fest. "Du musstest ihn nicht ablehnen", erwiderte Sasuke kühl. "Du hast dich bloß dafür entschieden." "Ich hätte dafür die Verantwortung übernehmen müssen Sasuke, die Beweislast war einfach zu-" "Es hätte funktionieren können", sagte Sasuke. "Du hast bloß lieber das getan, was für deine Karriere am förderlichsten war, anstatt etwas zu riskieren." "Willst du mir das wirklich vorwerfen?", fragte ihr Vater verärgert. "Nein", sagte Sasuke. "Ehrlich gesagt hatte ich nichts anderes erwartet. Und das Problem hat sich ohnehin erledigt." "Erledigt?", fragte ihr Vater rasch. "Was meinst du mit 'erledigt'?" "Ich meine damit, dass der Fall nicht mehr aktuell ist", sagte Sasuke nüchtern. "Aber- wie das?", fragte ihr Vater irritiert. "Wie kann das sein?" "Beenden wir das Thema", sagte Sasuke bloß. Sakura sah gespannt zwischen beiden hin und her. Was war los? Es ging um das, weswegen sie im Auto auf dem Weg in die Berge telefoniert hatten, so viel verstand sie. Und ihr Vater hatte nicht die Verantwortung für etwas übernehmen wollen, was mit Sasukes Job zu tun hatte. Als Innenminister war ihr Vater der oberste Dienstherr der Polizei. Vielleicht hatte er etwas absegnen müssen und hatte das nicht tun wollen? Im Auto hatte Sasuke gesagt, er würde eine andere Lösung finden. Und dann hatte er kurz mit Madara gesprochen. Aber sie konnte sich nicht mehr richtig erinnern. Sie sah ihre Eltern an und die schienen nach wie vor genauso gerne wissen zu wollen, was das zu bedeuten hatte. Aber Sasuke wirkte vollkommen abgeklärt und schien nicht bereit oder gewillt irgendeine Erklärung zu geben. "Beenden wir das Thema", wiederholte er seine Worte, weil ihn alle ansahen. "Sasuke, du kannst nicht so mit mir-", setzte ihr Vater an. "Kann ich nicht?", fragte Sasuke. Nun klang er sehr kalt. "Was ist denn los Sasuke?", fragte ihre Mutter sehr behutsam. "Bitte", sagte Sakura rasch und legte sanft ihre Hand an seine Schulter. "Bitte hör auf." Ihre Mutter sah nun allerdings sie an. "Gibt es ein Problem Sakura?" Sasuke verfestigte erneut seinen Griff um sie und zog sie noch ein Stück näher an sich. Einen Moment überlegte Sakura ihren Eltern zu sagen, dass die Uchihas alles wussten. Dass sie nun alle wussten, dass sie gelogen und manipuliert hatten, was ihren angeblichen Kinderwunsch und ihre beruflichen Ambitionen anging. Sie dachte darüber nach ihnen zu sagen, dass Sasuke - es war für sie nach vor schwer das selbst richtig zu glauben, obwohl ihr das alle ständig sagten - sie wirklich mochte, und dass es ihn verärgerte, wie sie sie behandelten. Sie überlegte auch ihnen zu sagen, dass sie die ganze Zeit über verhütet hatte und dass sie ihre Mutter beim Frauenarzt hinters Licht geführt hatte. Bestimmt, so dachte ein Teil von ihr, bestimmt wäre es befriedigend ihre schockierten Gesicher zu sehen, wenn sie ihnen das sagen würde. Doch würde das nirgendwo hinführen. Wenn sie das nun tun würde, dann würde sie das bloß tun, um sich zu rächen. Und dann würde es bloß noch mehr negative Gefühle in der Welt geben. Und das wollte sie nicht. So etwas wie der Wunsch nach Rache und Bestrafung lag ihr fern. Auch ihre Eltern waren nur zwei Menschen, die ihre Probleme hatten und versuchten durchs Leben zu kommen. Dabei hatten sie sich sehr egoistisch verhalten und ihr sehr wehgetan. Doch vielleicht nur, weil man mit ihnen auch immer so umgegangen war. Sie konnte einfach nicht anders, als sich immer in andere Menschen und Lebewesen hineinzufühlen. Und zumindest ihre Mutter glaubte vielleicht wirklich, dass sie es besser wusste, dass sie das Richtige für sie getan hatten. Deshalb sagte sie nichts von diesen Dingen. Und doch war ihre Situation nicht mehr dieselbe wie früher. Nur weil sie sich nicht an ihnen rächen wollte, bedeutete das nicht, dass sie weiter erdulden musste, dass sie so mit ihr verfuhren, wie sie es gerade wollten. "Selbst wenn es ein Problem geben sollte", antwortete sie daher auf die Frage ihrer Mutter und sah ihr fest in die Augen, "dann muss ich euch davon nichts erzählen. Denn das ist mein Leben. Das ist meine Ehe und Sasuke ist mein Mann. Es ist nicht nötig, dass ihr euch einmischt." Sie starrten sie beide an. "Aber", fügte sie leise hinzu und sah nun zu ihrem Vater, "seit einigen Tagen habe ich eine Frage an dich, auf die ich mir sehr eine Antwort wünsche." "Was redest du da Sakura?", fragte er leise und er klang drohend. "Schämst du dich nicht für dein Benehmen?" Doch zur Abwechslung tat sie das nicht. Sasuke stand ruhig neben ihr und das gab ihr Sicherheit. Sie selbst gab sich Sicherheit, weil sie endlich einmal das sichere Gefühl hatte, nicht im Unrecht zu sein oder zu zweifeln. Sie wusste dieses Mal, dass ihr Vater sie nicht wieder tagelang strafend und missbilligend würde anschauen können, bis sie sich so elend fühlte, dass sie sich bei ihm entschuldigte, nur, damit er und der Rest ihrer Familie wieder mit ihr sprechen würden. Das Schweigen war immer am schlimmsten für sie gewesen. Er würde sie auch nicht wieder in ihr Zimmer zerren und sie einen ganzen Tag darin einsperren können, denn sie würde mit Sasuke nach Hause fahren und nicht mit ihm. Und Sasuke, das hatte sie mittlerweile verstanden, würde ihr so etwas nicht antun. Die Uchihas bestraften sie nicht. Das hatten sie nicht einmal getan, als sie weggelaufen war, oder als sie das von der Antibabypille erfahren hatten. Sie war nach wie vor nicht vollkommen zufrieden mit ihrer Situation. Sie fand es nicht richtig, dass sie Sasuke erst um Erlaubnis bitten musste, um das Anwesen verlassen zu dürfen. Dafür wollte sie eine andere Lösung. Sie glaubte nicht, dass sie jemals in der Lage sein würde, so damit umzugehen, wie Mikoto es offenbar tat. Aber Sasuke war vollkommen anders als ihr Vater. Das hatte sie nun wirklich verstanden. Und seine Familie war auch anders als die Ihre. "Ich möchte wissen", fuhr sie also ruhig fort, ohne auf ihren Vater einzugehen, "ob du damals meine Bewerbungsunterlagen abgeschickt hast oder nicht." Ihr Vater starrte sie an. "Wie bitte?", fragte er und nun klang er ganz eindeutig drohend. "Sakura!", sagte ihre Mutter entsetzt. "Was redest du denn da?" Sie war am Wochenende auf diese Idee gekommen. Sie war darauf gekommen, nachdem Sasuke sich wegen ihres Wunsches Arbeiten zu gehen so schrecklich verhalten hatte und er ihr gesagt hatte, was er tun würde, um dafür zu sorgen, dass sie wieder entlassen werden würde, falls sie sich gegen seinen Willen bewerben würde. In diesem Moment hatte sie verstanden, dass sie wirklich vollkommen naiv war. Wieder jeder andere Mensch auch neigte sie dazu von ihrem Verhalten auf das Verhalten anderer zu schließen. Und da sie so etwas niemals, unter gar keine Umständen, tun würde, wäre sie nie darauf gekommen, dass andere so weit gehen könnten. Doch der Gedanke, der ihr mit dieser Erkenntnis gekommen war, hatte sie nicht mehr losgelassen. Und sie musste darauf unbedingt eine Antwort haben. Sie hatte sich im Studium so sehr bemüht, sie hatte überall Bestnoten gehabt. Und sie hatte auf keine ihrer drei Bewerbungen auch nur eine Reaktion bekommen. Nicht einmal eine Absage. Dabei war sie sich so sicher gewesen, dass es gute Bewerbungen gewesen waren. Und das, mehr als alles andere, hatte sie so sehr verunsichert, dass sie schließlich zugelassen hatte, dass sie sie in diese Ehe gedrängt hatten. "Ich wollte die Umschläge zur Post bringen", sagte sie leise, ohne ihren Vater aus den Augen zu lassen. "Und dann hast du gesagt, dass du du ohnehin etwas wegschicken müsstest und du hast sie mitgenommen. Du hast gesagt, dass es albern von mir wäre, sie unbedingt selbst abgeben zu wollen. Und ich habe es zugelassen, weil ich dir vertraut habe. Aber jetzt frage ich mich, ob das sehr naiv von mir war." "Sakura! Was ist denn nur in dich gefahren?", fragte ihre Mutter nun vollkommen entsetzt. "Was für eine schreckliche Unterstellung! Wie kommst du nur auf so etwas? Das passt gar nicht zu dir! Schämst du dich denn gar nicht?" "Hast du die Bewerbungen abgeschickt?", fragte Sakura noch einmal leise und sah einfach weiter ihren Vater an, der sie kalt musterte. "Du blamierst gerade dich selbst und auch uns vor Sasuke", sagte ihr Vater kalt. "Dein Verhalten ist beschämend Sakura." "Kannst du mir nicht einfach antworten?", fragte sie traurig. "Ich muss das wissen. Das ist wichtig für mich." "Sakura", sagte ihre Mutter beschwichtigend. "Es sollte eben einfach nicht sein. Du bist nun verheiratet und brauchst keinen Job. Das Thema ist doch längst passé. Wieso sich mit so etwas grämen! Bestimmt waren deine Bewerbungen gut, du hast dir sicher Mühe gegeben. Sie haben sich halt einfach für jemand anderen entschieden und das muss man akzeptieren. Du solltest wirklich-" "Ich möchte, dass sie eine Antwort bekommt." Alle sahen sie Sasuke an. Er musterte ruhig ihren Vater. "Sasuke, dieses Drama tut mir wirklich Leid!", sagte ihre Mutter rasch. "Es ist mir sehr unangenehm, dass du das gerade mitbekommen musst! Sakura, du hättest dafür wirklich einen anderen Zeitpunkt-" "Lasst mich etwas deutlicher werden, damit ihr mich auch richtig versteht", sagte Sasuke kalt. "Wir wissen von euren Lügen über ihren Kinderwunsch. Wir wissen, dass ihr sie bewusst auf eine Art erzogen habt, dass sie zu verängstigt und verunsichert sein würde, um mir zu erzählen, wie sie sich fühlte. Wir wissen seit kurzem, dass sie aus lauter Verzweiflung heimlich seit der Hochzeit verhütet hat. Meine Familie ist sehr verärgert. Ich bin sehr verärgert. Und der einzige Grund, warum ihr dafür bisher keine Konsequenzen erfahren habt, ist, dass Sakura so bewundernswert sanft, gutmütig und großherzig ist. Und deshalb solltet ihr euch sehr gut überlegen, ob ihr ihr die Antwort auf ihre Frage wirklich verweigern wollt. Denn ihr seid ihr gegenüber nicht mehr in einer Machtposition. Sie hat nun Macht über euch. Seit dem Moment, in dem ich ihr diesen Ring angesteckt habe, ist sie eine von uns. Sie ist nun meine Frau. Und wenn ihr euch ihr gegenüber in Zukunft nicht anders verhaltet, dann werdet ihr es vielleicht sehr bereuen. Denn Sakura muss bloß zu mir kommen und nur einen einzigen Satz sagen. Wenn sie das tut, dann werde ich euch das ganze Ausmaß meiner Wut spüren lassen." Seine Worte waren kalt und vollkommen frei von Emotionen gewesen. Und das erste Mal erlebte Sakura, dass ihr Vater vollkommen sprachlos zu sein schien. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)