Der Untergang der Isekai von stardustrose ================================================================================ Kapitel 17: Haous Entschluss ---------------------------- Die Hufe unserer Pferde klackerten über die mir so vertrauten Wege unserer Stadt. Als wir am Palast ankamen, wies ich Yusei an sie abzusatteln und sich dann bei Madame Tredwell einzufinden. Seit Tagen sprachen wir kein Wort mehr miteinander. Anfangs hatte ich gehofft, er würde von selbst zu mir kommen und mir die Wahrheit erzählen, doch er blieb eisern. Es hatte keinen Zweck. Natürlich war ich enttäuscht von ihm, aber ein kleiner Teil von mir vertraute darauf, dass er das Richtige tat. Zweifelsohne hatte sein Drache ihm mehr erzählt, aber wenn es dem Schutz des Landes diente… Ob ich selbst auf ihn zugehen sollte? Ich schüttelte den Gedanken ab. Wenn wir im Streit auseinander gehen, wird es ihm sicher leichter fallen unter Jesses Verantwortung zu stehen. Zumindest hoffte ich darauf. Bei meiner Hofzauberin angekommen, schlug mir der Geruch von verschiedenen Kräutern entgegen. Überrascht sah sie auf und verneigte sich. „Mein König, Ihr seid zurück. War eure Reise erfolgreich?“ Sie sah suchend an mir vorbei, doch ich beantwortete ihre unausgesprochene Frage. „Yusei wird gleich hier sein.“ Die Tür öffnete sich erneut und ich blickte überrascht zurück. Er konnte unmöglich bereits fertig mit den Pferden sein. Doch statt seiner schob sich ein blauer Haarschopf ins Zimmer. Jesse grinste. „Ich habe gehört, dass ihr wieder da seid. Wie lief es denn?“ Ich seufzte lautlos, sein Blick wurde ernst. „Was ist passiert?“ Wie macht er das jedes Mal? Ich war mir sicher, meine Gefühle versteckt zu haben, aber er sah mir meine Stimmung immer an. „Schön, dass du auch da bist“ umging ich seine Frage. „Dann muss ich es nicht mehrmals erzählen. Die Reise war erfolgreicher als gedacht. Yuseis Schutzgeist gehört der Klasse S an.“ „Was?“ kam es wie aus einem Mund von beiden und ich konnte mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Jesse hatte nie daran geglaubt, dass Yusei sich überhaupt mit einem Schutzgeist verbinden konnte. Sein Gesicht schenkte mir ein wenig Genugtuung. „Ja, ihr habt richtig gehört. Ich konnte es selbst nicht glauben als ich es gesehen habe, aber sein Schutzgeist ist ein Drache.“ Jesse bemühte sich nicht einmal ein gefasstes Gesicht zu machen. Madame Tredwell sah eher versteinert aus. Letztere war die erste, die sich wieder im Griff hatte. „Aber… Regenbogendrache war doch der letzte seiner Art“ erwiderte sie konfus. Ich nickte. „Das dachten wir alle, aber ich habe das Gegenteil gesehen. Allerdings behauptet Sternenstaubdrache ebenfalls der letzte seiner Art zu sein. Yusei sagte, er sei aus den Wolken aufgetaucht, als er die Spitze erreicht hatte.“ „Wow“ murmelte Jesse. „Na schön, Ihr habt gewonnen. Er hat es wirklich geschafft. Aber warum verbindet sich ein Drache ausgerechnet mit einem Menschen?“ „Nicht diese Diskussion schon wieder“ sagte ich genervt. „Er ist würdig, einen mächtigen Schutzgeist an seiner Seite zu haben. Das hat er wohl eindeutig bewiesen. Erkenne sein Potential einfach an! Sonst überlege ich mir unsere Vereinbarung wieder!“ „Schon gut“ lenkte er ein. Ein Klopfen. Die Tür knarzte, doch ich wollte mich nicht umdrehen. Ich wusste, dass es Yusei war. Und ich wollte seinen traurigen Blick nicht mehr sehen. Ich wollte nicht einknicken. Meine Vereinbarung mit Jesse war der Richtige Weg und es war besser, wenn er sauer auf mich war. So würde ihm die Umstellung leichter fallen. Nur war es jetzt Jesse, der es ihm beibringen musste. „Komm rein und schließ die Tür“ erklang Madame Tredwells Stimme. „Wie ich gehört habe, war dein Aufstieg erfolgreicher, als wir gehofft hatten. Meinen Glückwunsch.“ Verdammt, ich hatte es nicht geschafft ihr die Kehrseite zu erzählen. „Er hat versucht Magie anzuwenden, scheiterte aber schon bei einem einfachen Lux Zauber.“ „Es gab nie eine Garantie, dass es funktioniert“ bemerkte Jesse. Madame Tredwell schüttelte den Kopf. „Wir werden sehen. Wie schon gesagt, vielleicht ist der Energiefluss einfach blockiert. Wir werden einige Tests machen.“ „Tests?“ vergewisserte sich Yusei unsicher. Ich konnte nicht verhindern, ihm einen kurzen Blick zuzuwerfen. Auch sein Blick wanderte zu mir. Er sah verletzt aus. Jetzt bloß nicht einknicken. Madame Tredwell nickte. „Ich habe schon alles vorbereitet. Folge mir.“ Vorbereitet? Woher um alles in der Welt wusste sie, dass diese Untersuchungen notwendig sein würden? Hatte sie etwa geahnt, dass Yusei es schaffen würde sich mit einem Schutzgeist zu verbinden? Sie war es auch, die damals den Artikel über die Auswirkungen von Schutzgeistern auf magieunbegabte Dämonen gefunden hatte. Für einen kleinen Moment musste ich schmunzeln. Die Tür fiel ins Schloss und ich war wieder allein mit Jesse. Unwillkürlich landete mein Blick bei ihm. Er starrte nur nachdenklich ins Leere, schien irgendwie konzentriert. Schließlich bemerkte er meinen Blick und sah zu mir. „Ist irgendwas?“ fragte er. Ich zögerte. „Was meinst du? Ob es wirklich nur an einer Energieblockade liegt?“ „Keine Ahnung“ sagte er und stemmte dabei eine Hand in die Hüfte. „Aber reicht es dir nicht, wenn er jetzt einen Klasse S Schutzgeist hat? Noch dazu einen Drachen? Wenn es hart auf hart kommt, macht er mit den Menschen kurzen Prozess. Das war es doch, was du wolltest. Seinen bestmöglichen Schutz.“ Ich mied seinen Blick, wägte meine Worte ab. Zum Zeitpunkt unseres letzten Gesprächs war das vielleicht sogar wahr, aber es steckte mehr hinter meinem Wunsch, dass er Magie erlernen sollte. „Oder hat sich daran etwas geändert?“ Ich seufzte, sah ihn ernst an. „Ich habe nachgedacht. Nehmen wir mal an, er schließt seine Mission erfolgreich ab und wir müssen uns nie wieder Sorgen um einen Angriff durch die Menschen machen. Was wird dann aus ihm?“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich nehme mal an für seine Verdienste kann er ein normales Leben wie jeder andere Dämon führen, ohne Angst von den anderen Dämonen abgelehnt zu werden. Er will doch Soldat werden. Wir könnten ihn auch als Palastwache anstellen.“ Ich schmunzelte. Hat er sich wirklich Gedanken darüber gemacht oder ist ihm das alles spontan eingefallen? „Ich will nicht, dass er sein restliches Leben als einfacher Soldat oder als Wache verbringt.“ Jesse zog fragend seine Stirn in Falten. „Was hast du jetzt wieder vor?“ „Ich will ihn als meine rechte Hand an meiner Seite wissen.“ „Was?“ Jesses Stimme überschlug sich fast. „Bist du wahnsinnig? Du glaubst doch nicht, dass der Rat dem zustimmen würde!“ Ich stöhnte ergeben. „Wie oft habe ich mich über den Rat dieser Tattagreise hinweggesetzt? Dass wir Yusei im Palast aufnehmen, konnte ich damals auch aushandeln.“ „Mit der Aktion setzt du dich vielleicht einmal zu oft über ihre Köpfe hinweg. Unterschätze nicht die Macht dieser alten Säcke. Sie könnten dich einstimmig absetzen!“ „Solange ich nur eine Person im Rat habe, die hinter mir steht, wird dieser Fall nicht eintreten.“ „Lyman ist auch nicht mehr der Jüngste. Wenn er mal nicht mehr ist, gibt es niemanden im Rat, der uneingeschränkt hinter dir steht! Du weißt, was sie von Yusei halten. Davon mal abgesehen: was wird aus Yubel, wenn Yusei ihren Platz einnehmen soll?“ „Ich sehe keinen Grund sie zu ersetzen.“ „Was?“ fragte er konfus. „Aber du hast doch-“ „Du weißt, wie sehr ich sie schätze und ihr vertraue. Das gleiche gilt für Yusei und dich. Was spricht dagegen diesen Posten doppelt zu besetzen?“ „Sei doch nicht albern.“ „Jesse.“ Ich atmete tief ein, geräuschvoll aus. „Ich habe seit geraumer Zeit das Gefühl, dass hier im Palast irgendetwas im Verborgenen vor sich geht. Ich habe Yubel schon darauf angesetzt sich ein wenig umzuhören.“ Sein Blick wurde ernst, er senkte seine Stimme. „Wie kommst du darauf?“ „Ich weiß nichts genaues, aber ich spüre etwas auf uns zukommen. Deswegen will ich die wenigen Personen, denen ich vollends vertraue auf sicherem Posten an meiner Seite wissen. Bei der nächsten Ratsversammlung schlage ich dich als meinen persönlichen Berater vor.“ Sein Blick schien überrascht. Ich grinste. „Ach komm, das kann doch nicht wie aus heiterem Himmel für dich kommen. Wir haben doch als Kinder einen Pakt geschlossen.“ „J-Ja aber… so schnell? Was ist mit Stone?“ Ich winkte ab. „Der schwärmt seit ich auf dem Thron sitze von der Rente. Außerdem…“ Ich grinste verschmitzt. „Gehst du mir mit deinen Ratschlägen viel häufiger auf den Geist als er. Warum es nicht zum Beruf machen?“ Einen Moment sah er mich perplex an, schließlich schnaufte er belustigt. „Als ob du je auf meinen Rat gehört hättest“ sagte er provokant und kam mir näher. Legte seine Hand in meinen Nacken und seine Lippen auf meine. Ich schmunzelte in den sanften Kuss hinein, genoss ihn einen Augenblick, dann löste ich mich von ihm. Er lächelte noch immer zufrieden. „Aber danke für die Beförderung.“ Ich erwiderte sein Lächeln. „Die Krönung des Ganzen ist natürlich, dass auch du damit automatisch einen Platz im Rat innehättest.“ „Und du somit noch jemanden hättest, der uneingeschränkt hinter dir steht“ beendete er meinen Gedanken. Ich nickte. „Und deinen Plan, Yusei einen so hohen Posten zu geben, hast du dir gut überlegt?“ Mein Blick war fest entschlossen. Das schien ihm als Antwort zu reichen. „Na schön. Das hat es in der Geschichte des Königreichs zwar noch nie gegeben, aber dich Dickkopf umzustimmen hat bisher auch noch keiner geschafft. Also könnte es vielleicht sogar klappen.“ Ein kleines Lachen konnte ich mir nicht verkneifen. In diesem Moment hörten wir eine sich öffnende Tür und Jesse brachte schnell etwas Platz zwischen uns. Die Hofzauberin schloss die Tür leise und kam auf uns zu. „Und?“ fragte ich. „Woran liegt es?“ Sie zögerte einen Augenblick. „Um ehrlich zu sein, weiß ich es selbst nicht.“ „Was?“ Jesse schien ebenso überrascht wie ich es war. „Ich habe seinen Energiefluss untersucht, seine neuronale Plastizität, selbst seinen körperlichen Allgemeinzustand. Alles ist völlig in Ordnung und es sollte ihm ein Leichtes sein, Magie anzuwenden.“ „Aber was kann es dann sein?“ „Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es eine psychische Barriere.“ „Und was jetzt?“ fragte ich, verschränkte dabei meine Arme. „Wenn er körperlich dazu in der Lage ist, muss es doch eine Möglichkeit geben, wie er Magie anwenden kann.“ Ihr Blick schweifte ab, sie schien zu überlegen. Schließlich sah sie mich ernst an. „Mir fallen zwei Möglichkeiten ein. Die theoretischen Grundlagen der Magie beherrscht er bereits. Ich könnte mit ihm ein intensives Aufbautraining beginnen, in dem ich mich vordergründig seinem geistigen Zustand widme. Der Prozess ist allerdings sehr langwierig und verzögert seine Ausbildung vielleicht um einige Jahre. Genau kann ich es nicht sagen.“ Einige Jahre? Ich hatte keine Ahnung, ob uns so viel Zeit überhaupt bleiben würde. Außerdem würde es meiner Argumentation im Rat bezüglich seines neuen Postens ungemein helfen, wenn er in der Lage dazu wäre, Magie anzuwenden. „Und die zweite Möglichkeit?“ „Die ist etwas radikaler. Eine Art Schlüsselmoment. Es wäre das genaue Gegenteil der ersten Methode. Yusei muss so stark an seine Grenzen gebracht werden, körperlich wie emotional, dass er die Magie als eine Art letzten Ausweg anwenden kann. Ich habe von einigen erfolgreichen Versuchen gelesen, es gab aber ebenso viele Fälle, in denen der Schüler zusammengebrochen ist und die Magie nie erlernt hat.“ Ich starrte Madame Tredwell an, bekam keinen Ton heraus. Entweder lernt Yusei erst in einigen Jahren mit seiner Magie umzugehen, oder wir bringen ihn an den Rand des Wahnsinns? Und dann gibt es nicht einmal die Gewissheit, dass es klappen würde? „Tut mir leid, mein König“ beteuerte die Zauberin sanft und sah mich mitfühlend an. „Das ist alles, was mir einfallen würde. In seinem jetzigen Zustand wird er andernfalls nicht in der Lage dazu sein, Magie anzuwenden.“ „Dann ist es doch klar wie wir vorgehen, oder?“ sagte Jesse leise. Ich sah zu ihm, schüttelte irritiert den Kopf. Sein Blick wurde weicher. „Der Rat wird nicht zustimmen, nur weil Yusei einen mächtigen Schutzgeist hat. Er muss Euch in allen Situationen beschützen können. Deswegen muss er die Magie so schnell wie möglich beherrschen.“ Meine Augen wurden immer größer. Schlägt er etwa die zweite Möglichkeit vor? „Auf keinen Fall!“ donnerte ich aufgebracht. „Ich stimme dem König zu“ sagte Madame Tredwell, flüsterte schon fast. Sie sah ebenso besorgt aus wie ich mich fühlte. „Wir können seinen geistigen Zustand nicht anhand von Vermutungen gefährden.“ „Also geht ihr lieber das Risiko ein, eine Absage des gesamten Rats zu erhalten?“ Ich sah Jesse durchdringend an. Das letzte was ich wollte war Yusei unnötig zu verletzen. Mit dem Rat konnte ich auch allein fertig werden. „Es ist jetzt deine Verantwortung“ sagte ich ernst. Er nickte. Hoffentlich war er sich dem wirklich bewusst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)