Ein letztes Geheimnis von Sharry ================================================================================ Kapitel 42: Kapitel 42 - Aufbruch --------------------------------- Kapitel 42 – Aufbruch   -Zorro- „Verdammt nochmal, Dulacre! Jetzt reiß dich zusammen, du Mistkerl!“ „Jiroushin…“ „Leb wohl, mein Freund.“ Dulacre hob seine Hand. Ein Tropfen fiel zu Boden. „Als könnte ich dich töten.“ „Was?“ Ein weiterer Regentropfen fiel auf Zorros noch ausgestreckte Hand. „Als könnte ich den einzigen Menschen auf der Welt, der ein Monster wie mich stets als Freund akzeptiert hat, töten.“ „Hawky?“ Dann zog Dulacre Jiroushin in seine Arme. Schwer atmend hockte Zorro auf dem Boden, verstand nicht, was hier vor sich ging, während Dulacre vor ihm Jiroushin im Arm hielt, der sich nicht regte und den Samurai aus dem Augenwinkel misstrauisch beäugte. Versiegende Tränen rannen noch sein Gesicht hinunter und ganz langsam hob Jiroushin seine Hände und klopfte Dulacre fast schon zaghaft auf den Rücken. Als hätte seine Berührung irgendetwas ausgelöst, sank Dulacre auf die Knie, sämtliche Spannung aus seinem Körper verschwunden. Yoru rutschte aus seiner Halterung heraus und schepperte zu Boden. „Hey… hey Hawky, was ist denn los?” Jiroushin versuchte, ihn festzuhalten und ging mit ihm in die Hocke, griff ihn an beiden Schultern. „Was hast du?“ Mühsam brachte Zorro sich in eine sitzende Position, gab es auf, sich hinstellen zu wollen. Kaum zwei Meter vor ihm und doch gefühlt unerreichbar holte Dulacre zittrig Luft. Dann hob er den Kopf. „Ich danke dir, Jirou, mein Freund.“ Und dann bebten Jiroushins Lippen und neue Tränen bahnten sich ihren Weg. „Oh, Hawky!“ Im nächsten Moment stürzte er sich auf den Samurai und begann bitterlich zu weinen. „Ich bin ja so froh!“ Zorro saß einfach nur da, während einzelne Regentropfen auf ihn fielen, und starrte die beiden an, verstand nicht wirklich, was gerade passierte und warum Jiroushin wie ein Schlosshund heulte, obwohl sie sich doch gerade mitten auf einem Schlachtfeld in feindlichem Gebiet befanden. „Könnte mir mal jemand erklären, was los ist?“ Überrascht schauten ihn beide Männer an, Dulacre beinahe ausdruckslos, Jiroushin immer noch am Heulen, während Zorro nach Wado-Ichi-Monji griff und es zurück in dessen Scheide steckte; die anderen Schwerter lagen außerhalb seiner Reichweite. „Ich komm nicht mehr mit.“ Einen Moment sahen die beiden anderen einander an, dann wandte Dulacre sich ihm zu und schenkte ihm ein herablassendes Schmunzeln. „Als wäre das bei dir eine Überraschung, Lorenor.“ Zorro konnte es ganz deutlich sehen, konnte es in seinen Augen sehen. „Du hast dich wieder unter Kontrolle?“, murmelte er, woraufhin Dulacre nickte und sich schwerfällig erhob, Jiroushin tat es ihm gleich. „Ja, dank Jiroushin, ich kann endlich wieder klar denken.“ Dulacre hob sein Schwert hoch, dann sah er zu Zorro hinab. „Was hockst du da noch so unglücklich auf der Erde, Lorenor? Es ist an der Zeit für uns zu gehen.“ „Du bist ja lustig“, knurrte Zorro. „Du Mistkerl hast irgendetwas mit meinem Knie gemacht, ich kann es kaum bewegen.“ Die Augen des anderen weiteten sich für einen Moment. „Ach ja, ich habe deine Kniescheibe verschoben. Ein effektives Mittel, um jemanden am Weglaufen zu hindern.“ „Ja, ganz toll“, murrte Zorro, während der andere sich zu ihm hockte und Yoru neben sie legte. „Aber ist beschissen damit zu kämpfen.“ „Das nanntest du kämpfen?“ „Hör auf dich so aufzuspielen!“ Jiroushin gab Dulacre einen Klaps auf den Hinterkopf und ließ dann Zorros Seesack neben ihm zu Boden fallen, ehe er Zorro seine Schwerter reichte. „Das ist alles deine Schuld, weil du hier wie ein besitzergreifender Wahnsinniger auftauchen musstest. Wie viele Menschen hast du heute umgebracht, Dulacre?“ Mittlerweile tröpfelte es immer mehr um sie herum, bald würde der Regen kommen. „Niemanden“, murrte Dulacre entnervt, der unter Zorros Grunzen sein Bein positionierte. „Was?!“, entkam es Jiroushin. „Aber… aber die Häfen…?“ „Hast du mir nicht zugehört, Jiroushin – Achtung, Lorenor, das wird jetzt etwas wehtun, versuche, dich zu entspannen – ich hatte mich bemüht, besonnen zu handeln. Hätte Kong nicht so irrational reagiert, wäre meine Gier gar nicht erwacht, nicht, dass er es wert gewesen wäre. Aber er hat mich aufgeregt, weil er so getan hat, als wäre meine Forderung unverschämt.“ „Urgh!“ Zorro rammte seine Hände in den Boden, als Dulacre sein Knie wieder richtete. „Du willst mir sagen, dass du die Häfen zerstört hast, ohne auch nur eine Person umzubringen?“ „Natürlich, ich habe wie sonst auch perfekt kalkuliert. Wobei ich keine Verantwortung für herumfliegendes Geröll übernehme, oder was diese Idioten sich antun, wenn sie versuchen, den Schutt beiseite zu räumen. Vom Red Port habe ich auch nur die Gondel zerstört, was hätte es mir auch gebracht, die Stadt anzugreifen? Darf ich das mal bitte?“ Er griff nach Zorros Schärpe und begann, sie um sein Knie und Oberschenkel zu wickeln. „Ich wollte nur sichergehen, so wenig Kollateralschaden wie möglich zu produzieren. Meine Absicht war, Lorenor abzuholen. Ich habe kein Interesse daran, einen Putsch durchzuführen. Weißt du, wie viel Arbeit das zur Folge hätte? Warum meinst du, habe ich diese Schwächlinge dahinten alle bewusstlos werden lassen und Yoru im Kampf nicht gezogen?“ Zorro würde sich gerne am Gespräch beteiligen und betonen, dass Dulacre gegen ihn sehr wohl Yoru eingesetzt hatte, aber er musste sich darauf konzentrieren gegen den Schmerz anzuatmen. Warum auch immer tat dieses Bein mehr weh als der ganze Rest seines Körpers. Was zur Hölle hatte Dulacre damit gemacht?! Kniescheibe verschoben, ja sicher! Jiroushin neben ihnen verschränkte seine Arme und schnaubte laut auf. „Seit wann vermeidest du Tote? Dir ist doch egal, wen du umbringst.“ „Ist es mir auch“, bestätigte Dulacre direkt und betrachtete sein Werk mit einem zufriedenen Nicken, „aber dir nicht. Ich weiß, dass du es nicht magst, wenn ich deine Kameraden grundlos umbringe. Also versuche ich, es zu vermeiden, wenn mir danach ist.“ „Ich mag es generell nicht, wenn du meine Kameraden umbringst, selbst wenn du meinst, einen Grund zu haben“, murrte Jiroushin unbeeindruckt. Mit einem zweiten Nicken richtete Dulacre sich wieder auf, verstaute Yoru sicher hinter seinem Rücken und reichte Zorro eine Hand, um ihn auch wieder auf die Beine – oder eher auf das eine belastbare Bein – zu ziehen. Vorsichtig mutete er seinem Knie Gewicht zu. Es tat weh, aber nichts, was er nicht aushalten konnte, und der Druck des Verbandes tat sein Übriges. Solange dieser Mistkerl eines Samurais nicht wieder auf die Idee kam, mit ihm Tanzen zu wollen, würde es das schon tun. „Außerdem kann Issho dahinten nun allen die atemberaubende Geschichte des friedvollen Kriegers erzählen, der nur wenige Tage vor der Reverie den Untergang Mary Joas und den Tod unzähliger Soldaten verhinderte, indem er geistreich mit dem Samurai Falkenauge aushandelte, dass dieser von seinem Putschversuch absehen würde, zum Preis eines einzigen Gefangenen, nicht wahr, Issho?“ Zorro sah auf, mit klackendem Stock kam der Admiral näher. „Du bist immer noch so gerissen wie früher, Mihawk. Nun gut, meinetwegen, um das Gesicht der Weltregierung zu wahren, werde ich deinem Vorschlag folgen und alles genauso sagen. Aber merke dir für die Zukunft, wir sind nun quitt, nächstes Mal werde ich dir nicht so zurückhaltend gegenübertreten.“ Zorro hatte keine Ahnung, was der Admiral meinte, aber der Samurai neben ihm grinste nur. „Ich bitte darum, Issho. Vielleicht wird es dann mal ausnahmsweise interessant. Anders als der Generalkommandant oder deine anderen Kollegen bist du einer der Wenigen, von denen ich mehr erwarte. Ich wäre arg enttäuscht, wenn das heute Gezeigte schon deine Bestleistung wäre. Schließlich war dieser ganze Kampf nicht viel mehr als eine Schmierenkomödie.“ Ach, war es das? Zorro merkte, wie eine Ader an seiner Schläfe pulsierte, und das lag nicht am Adrenalin der Schmierenkomödie. „Und auch immer noch so arrogant wie früher“, bemerkte der Admiral leichtfertig. „Allerdings muss dir bewusst sein, dass eine Vielzahl von Augen uns gerade beobachtet. Niemand innerhalb dieser Mauern wird deine Erklärung fraglos als die Wahrheit akzeptieren.“ Dulacre zuckte mit den Schultern. „Das müssen sie auch nicht. Es reicht mir, wenn du dich für Jiroushin verbürgst und dies die Wahrheit für die Massen ist. Die Herrschaften dort oben werden die wahre Botschaft auch so verstanden haben.“ „Die da wäre?“, fragte der Admiral nach. „Dass sie nicht noch einmal versuchen sollen, zu nehmen, was mir gehört!“, flüsterte Dulacre mit einem gefährlichen Ton. „Hey, Pfoten weg!“, grummelte Zorro, als der andere einen Arm um seine Hüfte legte und ihn an sich zog. „Und sag nicht so einen Mist!“ „Das nächste Mal werde ich mich nicht aufhalten lassen.“ „Jetzt lass mich los!“, knurrte Zorro und versuchte, sich wegzudrücken, ohne Erfolg. Warum war dieser Mistkerl denn nur so stark? Ebengenannter Mistkerl wandte sich dann einfach um, zog Zorro mit sich, als wäre er nicht mehr als eine Spielzeugpuppe. „Nun gut, ich denke, es ist an der Zeit für uns zu gehen, bevor Sakazuki doch noch eintrifft und die Dinge unnötig kompliziert macht. Jiroushin, meinen Dank. Ruf mich an, wenn alles erledigt ist.“ „Natürlich, passt auf euch auf.“ „Tze, wir beide wissen, dass du wohl den gefährlicheren Teil übernimmst“, murrte Dulacre, trat Zorros Seesack in die Luft und fing ihn mit seiner freien Hand auf. Zorro hingegen vergaß einen Moment, sich zu wehren. Er konnte Dulacre eine Unzufriedenheit anhören, die er nicht erwartet hatte. Aber natürlich hatte er Recht. Jiroushin würde nun seinen Vorgesetzten Rede und Antwort stehen müssen und wahrscheinlich wussten diejenigen sehr genau, was für eine Geschichte den Vizeadmiral mit Falkenauge verband. Leise lachte Jiroushin auf, während der Regen langsam zu prasseln anfing, die Spannung in der Luft löste sich. „Ach, du solltest doch mittlerweile wissen, dass solche Gespräche für dich zwar ein Graus sind, ich sie aber immer unbeschadet überstehe. Und wenn sogar ein Admiral für mich bürgt, dann werde ich nichts zu befürchten haben.“ Dann grinste er Zorro und Dulacre offen an. „Also bis dann, Hawky, Zorro.“ „Bis dann, Jirou.“ „Lass mich…“ Im nächsten Moment sprang Dulacre in die Luft und zog Zorro einfach mit sich. „Hör auf dich zu wehren, Lorenor. Du bist verletzt, nicht, dass du dir noch mehr wehtust.“ „Wessen Schuld ist das wohl?“, murrte Zorro und verschränkte als unfreiwilliger Passagier die Arme, während Dulacre ihn mit einem Arm festhielt und ohne Zögern einfach die Red Line hinabrannte, als würde die Schwerkraft für ihn nicht gelten; eisige Böen und Regentropfen rissen an Worten und Kleidern. „Es tut mir leid, Lorenor“, murmelte Dulacre nach einigen Sekunden, ohne ihn anzusehen, sah beinahe unbekümmert auf den Abgrund unter ihnen, während Zorro ihn anstarrte. Er mochte es einfach nicht, wenn der andere sich bei ihm entschuldigte. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hätte dich beinahe getötet, so knapp wie heute war es noch nie. Wäre Jiroushin nicht gekommen, dann hätte ich dich…“ „Hör auf.“ Zorro stieß seinen Ellenbogen in die Seite des anderen. „Hör auf, so einen Stuss zu labern.“ „Aber Lorenor, ich…“ „Ich hatte echt Spaß“, murmelte er dann und sah aufs Meer unter ihnen hinab. „Ganz ehrlich, ich hatte schon echt lange nicht mehr einen solchen Spaß beim Kämpfen wie heute. Es ist der erste Kampf seit Kuraigana, bei dem ich mich nicht zurückhalten musste. Ja, ich bin dir noch nicht gewachsen und es war viel zu kurz, aber verdammt nochmal, hatte ich Spaß. Also wage es nicht, dich dafür zu entschuldigen.“ Er sah zum anderen auf, der immer noch viel zu ernst auf das Meer unter ihnen starrte, tiefe Furchen auf seiner Stirn. „Oder muss ich mich etwa entschuldigen? Konnte ich dich etwa doch nicht unterhalten?“ Der andere sah ihn an und für einen Moment schienen sie in der Luft stehen zu bleiben, als er aufhörte zu laufen. „Sag mir, Dulacre, war der Kampf für dich interessant?“ Nun fielen sie die Red Line hinab, aber alles, was Zorro sehen konnte, waren diese leuchtenden Augen. „Ja, auch ich hatte Spaß.“ „Ich dachte, der ganze Kampf wäre für dich nicht viel mehr als eine Schmierenkomödie gewesen“, hakte er ein bisschen misstrauisch nach, konnte nicht verhindern, beleidigt zu klingen. Dulacre sah ihn kurz mit großen Augen an, dann senkte er beinahe bescheiden den Blick. „Das galt doch nur für diese Geplänkel mit der Marine. Weder Issho noch ich hatten einen ernsthaften Kampf beabsichtigt; das hätte Mary Joa nicht überstehen können – er überdies auch nicht. Deshalb habe ich Ryokugyu und Kong so schnell aus dem Weg geräumt, denn sie hätten einen echten, aber ach so langweiligen, Kampf führen wollen.“ Dann sah Dulacre ihn wieder an und Zorro bekam eine Gänsehaut. „Doch der Kampf gegen dich war nicht geplant, weder als Schauspiel noch als echte Auseinandersetzung. Du musstest ausbaden, dass Kong meine Gier erweckt hat, und das hast du. Du hast so viel mehr als das. Für einen Moment dachte ich wirklich, dass du schon so weit wärest.“ Zorro schluckte, er kannte diese Tonlage des anderen zu gut und er wusste, dass sie allein ausreichen konnte, um Zorros eigenes Monster unruhig werden zu lassen. Gleichzeitig besänftigten diese Worte seine Unzufriedenheit. „Sag mal“, murrte er dann und senkte seinen Blick wieder aufs Meer unter ihnen, welches rasend schnell näher kam, als er diesen Augen nicht länger standhalten konnte, ohne dass seine Gier aufwachen würde, obwohl er sie gerade erst befriedigt hatte, „warum stürzen wir gerade eigentlich die Red Line hinab? Jiroushin sagte, das wäre eine Hinrichtungsmethode.“ Dulacre sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an, nerviger Weise – aber auch irgendwie beruhigend – innerhalb von Sekunden erneut so herablassend, wie Zorro ihn kannte. „Warum meinst du, ist diese Methode abgeschafft worden? Als würde so etwas mir gefährlich sein. Nein, einst habe ich sogar ein Wettklettern mit Rothaar abgehalten. Die Red Line zu erklimmen, ist wahrlich kein Kunststück, auch wenn manche Geschichten anderes behaupten wollen.“ „Aha, aber wir fallen gerade und warum höre ich davon jetzt zum ersten Mal?“, murrte Zorro und weigerte sich, beeindruckt zu sein. „Warte mal, kann es sein, dass du verloren hast?“ Der andere entgegnete nichts, sondern starrte auf die Wellen unter ihnen. „Du hast verloren!“ „Tze, er hat geschummelt, hatte einen unfairen Vorsprung.“ „Alles, was ich höre ist, dass du ein schlechter Verlierer bist.“ „Soll ich dich ins Meer fallen lassen?“ Zorro grinste ihn an und nach einer Sekunde seufzte Dulacre und zeigte ebenfalls ein leises Schmunzeln. „Du bist wirklich unmöglich, Lorenor. Nun gut, halte dich gut fest. Wir sind fast da.“ Bevor Zorro auch nur irgendetwas sagen konnte – oder sich festhalten, nebenbei bemerkt – drehten sie sich um die eigene Achse und der andere schickte mit einem Tritt eine Schockwelle Richtung Meer. Durch den Druck schienen sie beinahe in der Luft stehen zu bleiben, als würde Dulacre den Sky Walk des Kochs beherrschen. Im nächsten Moment prasselte Wasser auf sie nieder und bevor Zorro überhaupt wusste, was geschah, prallten sie irgendwo auf. Unfreiwillig an Dulacres Brust gepresst sah Zorro auf das Holz zu ihren Füßen. „Wie erwartet“, feixte Dulacre. „Nun sag mir, wie fühlt es sich an, die Marine zu verraten, Vater?“ Zorro wirbelte herum. Sie standen auf dem Bug eines noch wankenden Marineschiffs, in ihrem Rücken die Red Line, das Deck vor ihnen mit Soldaten gefüllt und mit ihnen am Bug stand Mihawk Gat in seinem weißen Marinemantel. „Oh, verdammt“, murmelte Zorro. „Keine Sorge, Lorenor. Diese Soldaten sind nicht hier, um gegen uns zu kämpfen – nicht, dass sie auch nur den Hauch einer Chance hätten – sie sind auf meinen Wunsch hier.“ „Was?“ Fassungslos starrte Zorro den anderen an. Was meinte er bitte damit? Auf seinen Wunsch? „Aber das sind Marinesoldaten und wir sind Piraten.“ Nun zeigte Dulacre ihm sein typisches Schmunzeln. „Natürlich, aber auch, wenn die Anwesenden uns verachten, so haben alle Soldaten unter der Führung meines Vaters eines gemeinsam. Sie stammen von meinen Inseln und mein Name bietet ihnen und ihren Familien Schutz. Ob sie wollen oder nicht, sie werden dir helfen, genauso wie dieser Nichtsnutz eines Vaters.“ Zorro folgte den Falkenaugen und sah in die vielen verbitterten Gesichter, verstand, dass Dulacre all diese Soldaten gerade dazu zwang, Hochverrat zu vergehen. „Du hast mir ja keine Wahl gelassen, mein Sohn. Wie du nur zu gut weißt, muss ich als Mitglied der Familie Mihawk den Befehlen des Familienoberhauptes Folge leisten, und deine übermittelte Botschaft war eindeutig. Du wolltest, dass ich meine Reputation beschmutze, um dir zu helfen.“ Für einen Moment hatte Zorro keine Ahnung, was hier vor sich ging, doch dann sahen die vergilbten Augen ihn an und Zorro erinnerte sich an sein letztes Gespräch mit dem alten Mann, als dieser ihn zu den fünf Weisen gebracht hatte, und an die Worte, die Dulacre ihm eingetrichtert hatte zu sagen. Herr Eizen ist ein vielbeschäftigter Mann, ich wollte nicht, dass es auf ihn zurückfällt, falls ich keinen guten Eindruck vor den fünf Weisen hinterlassen sollte. Aber Sie scheuen sich nicht davor das Risiko einzugehen, dass es auf mich negativ zurückfällt? Mir scheint, mein Sohn hat keinen guten Einfluss auf Sie, werte Lady Loreen. Sie bauen darauf, dass ich mitspielen werde, nicht wahr? Konnte es sein, dass Dulacre… hatte er das alles hier geplant? Hatte er gewusst, dass die fünf Weisen Zorro nie gehen lassen würden? Hatte er deshalb Zorros Crew so unmissverständlich klar gemacht, dass er gehen würde? Weil er gewusst hatte, dass es passieren würde, ganz gleich was Zorro geplant hatte? „Ganz recht“, bestätigte Dulacre mit einem herablassenden Ton, „und immerhin hast du zumindest das verstanden, doch keine komplette Enttäuschung.“ „Willst du mich so bestrafen, mein Sohn?“, fragte der alte Mann. „Erst verrätst du die Weltregierung und gibst so deinen Titel als Samurai auf, und als wäre das noch nicht genug, zwingst du mich nun auch noch, meine Lehnsherren zu hintergehen?“ „Ach, hör auf dich so aufzuspielen. Du bedeutest mir nicht genug, als dass ich mir über deine Bestrafung Gedanken machen würde. Außerdem dürftest selbst du nicht dumm genug sein, um zu verkennen, dass die Zeit der Samurai so oder so zu einem Ende gekommen ist.“ Geschockt starrte Zorro den anderen an. Hatte er es etwa doch gewusst? War er deshalb so bereitwillig diese ganzen Risiken eingegangen? Erst Zorro zu verfolgen und dann Mary Joa anzugreifen? Weil er wusste, dass sein Titel mit der Reverie so oder so fallen würde? Was hatte er noch alles geplant und gewusst? Dann schnalzte Dulacre laut mit der Zunge und unterbrach Zorros Gedankengang: „Nun, wie dem auch sei, wir haben genug Zeit vergeudet. Ich werde mich nun für eine halbe Stunde mit Lorenor zurückziehen. Macht euch bereit, danach aufzubrechen.“ Zorro mochte nicht so einfühlsam sein wie Robin oder der Koch, dennoch konnte selbst er nicht die angespannte Stimmung ignorieren und er wusste ganz genau, wie sehr es den Soldaten gegen den Strich gehen musste, von einem Samurai, der gerade erst Mary Joa angegriffen hatte, Befehle erteilt zu bekommen. „Wie du wünschst, mein Sohn.“ Doch Dulacre schenkte seine Aufmerksamkeit längst nicht mehr seinem Vater, sondern sah mit seiner üblichen überheblichen Miene, die er immer an den Tag legte, wenn er seinen sozialen Status ausnutzte, zu Zorro hinab. „Nun komm, Lorenor. Ich möchte deine Verletzungen versorgen.“ „Mir geht es gut“, murrte Zorro, trottete jedoch dem anderen hinterher, durch den Regen und zwischen den Soldaten hindurch, die sie alle argwöhnisch beäugten. Ob ihnen bewusst war, in was sie hineingeraten waren? Vermutlich nicht. Immerhin wusste selbst Zorro immer noch nicht wirklich, was genau geschehen war. Entnervt rieb er sich dem Hinterkopf, während er Dulacre durch die Gänge des Marineschiffs folgte. „Was soll das überhaupt? Ich verstehe um ehrlich zu sein nur…“ „Warte bitte noch einen Moment mit deinen Fragen, Lorenor.“ Nun klang Dulacre nicht mehr so herablassend, wie zuvor, sondern überaus ernst, und da verstand Zorro, dass sein Sozius kein ungefährliches Spiel zu spielen schien. Er tat überheblich, aber so sicher schien die Lage dann doch nicht. Ruhig folgte Zorro ihm in ein üppig ausgestattetes Zimmer, dessen Art Zorro von seinen Reisen als Lady Loreen bereits gewohnt war. „Warum ziehst du deinen Vater und diese Soldaten mit hinein?“, murrte Zorro dann, als die Tür hinter ihm zufiel. „Sie schienen nicht wirklich glücklich, dazu gezwungen zu werden, die Marine zu hintergehen. Wer weiß, ob sie nicht doch was planen.“ „Na und, was schert mich der Gemütszustand von Komparsen? Aber sei unbesorgt, diese Soldaten sind daran gewöhnt, die Marine zu hintergehen. Ob sie es wissen oder nicht.“ „Was?“ Zorro hielt in seiner Tätigkeit inne, den Raum auf Abhörgeräte zu untersuchen, und sah Dulacre an, der unbeeindruckt ein Bild von der Wand nahm und danach wieder zurückhing. „Wie meinst du…?“ Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihn. „Wie erwartet“, murrte der Samurai, ehe sich die Tür öffnete und Mihawk Senior hineinkam. Für einen unangenehm langen Moment sahen Vater und Sohn einander an und Zorro hatte das sichere Gefühl, fehl am Platz zu sein. „Nun denn“, sprach Dulacre schlussendlich, „was hast du mir zu sagen?“ „Vieles“, antwortete Mihawk Gat, „aber deshalb bin ich nicht hier.“ „Natürlich nicht“, entgegnete Dulacre mit einem falschen Schmunzeln der Überheblichkeit. „Nun gut, meinetwegen, ich erlaube es. Allerdings nur unter meiner Anwesenheit.“ „Worum geht’s?“, murrte Zorro misstrauisch. Er mochte nicht, wie diese beiden vieles sagten, ohne es auszusprechen. Denn das bedeutete, dass er es nicht verstand, und er verstand schon so zu viel nicht. „Die Vorgesetzte meines Vaters möchte mit dir sprechen“, erklärte Dulacre und sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Ich habe keine Einwände, du?“ „Vorgesetzte?“, wiederholte Zorro. „Du kennst sie, wenn ich nicht irre.“ Doch, was auch immer Dulacre damit meinte, blieb ungesagt, als ein leises Böllebölle durch den Raum hallte. Ohne seinen Sohn aus den Augen zu lassen, zog Mihawk Senior eine Teleschnecke aus der Anzugtasche und drückte den Knopf. „Pünktlich auf die Minute“, grüßte sie die unheilverheißende Stimme Rihakus. „Eine der großen Tugenden eines Mihawks, Pünktlichkeit.“ Zorro verstand überhaupt nichts mehr. Vorgesetzte? Aber… aber offiziell war Rihaku nur eine Verwaltungsangestellte in Eizens Dienst und inoffiziell… Schließlich bin ich Rihaku Minekura, Befehlshaberin von Cipherpol. Zorro hatte das ungute Gefühl, dass ihm etwas entging, aber er wusste nicht genau was, doch dann, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Hätten wir Rihaku persönlich früher hinzugezogen, wäre Eizen dieser Fauxpas vor über 15 Jahren nicht geschehen. Außerdem hat mein Vater viele Jahre für Eizen gearbeitet und eigens die Soldaten für dessen Leibgarde ausgewählt. Ich habe meinem Sohn gesagt, dass er dieses Wissen nicht an sich nehmen solle und es für die Welt besser wäre, wenn Lorenor Zorro in Vergessenheit geraten würde. Die Geschichte ließ uns alle glauben, dass Lorenor Zorro unmöglich ein wahrer Lorenor sein könne. Verdammt, konnte es sein, dass Mihawk Senior ebenfalls Cipherpol angehörte? Konnte es sein, dass er all die Jahre für Rihaku gearbeitet und Eizen ausspioniert hatte und so an dieses Wissen gelangt war? Beziehungsweise, dass Eizen über ihn überhaupt an sein Wissen gekommen war? Wenn ja, dann bedeutete das doch, dass… „Wir haben die Red Line soeben hinter uns gelassen und werden in einigen Minuten Kurs auf Wa No Kuni nehmen“, erläuterte der Soldat kühl, seine vergilbten Augen weiterhin auf seinen Sohn gerichtet. „Wir befinden uns derzeit in den Gemächern. Anwesend sind neben meiner Wenigkeit mein Sohn, Mihawk Falkenauge Dulacre, Samurai der Meere, und Piratenjäger Lorenor Zorro, Mitglied der Strohhutpiratenbande.“ „Natürlich, wie es besprochen war. Eine weitere Tugend der Mihawks, die absolute Einhaltung eines Plans.“ Die Teleschnecke zeigte ein süffisantes Grinsen. „Nun denn, ganz schön viel Aufwand Ihrerseits, nur um in die Tiefen Mary Joas zu gelangen, nicht wahr, Lorenor Zorro?“ Sie wusste es also, nicht, dass es Zorro jetzt noch überraschte. Denn, wenn er den Gedanken richtig zu Ende dachte, hatte erst Mihawk Senior Eizen überwacht und irgendwann hatte es Rihaku selbst übernommen. Aber Zorro wusste trotzdem nicht, was er jetzt sagen sollte. Schließlich hatte er nie vorgehabt, in die Tiefen Mary Joas zu gelangen. Was sollte er antworten? „Ganz schön viel Aufwand Ihrerseits, nur um Lorenor in die Tiefen Mary Joas gelangen zu lassen, nicht wahr, Rihaku Minekura, Befehlshaberin von Cipherpol“, entgegnete Dulacre unbeeindruckt. Die Teleschnecke gackerte, aber Zorro starrte seinen ehemaligen Lehrmeister einfach nur an, der viel zu breit grinsend seinem Blick begegnete. Also hatte Dulacre es gewusst? Also hatte Dulacre alles gewusst? „Chachacha, ich denke, wir alle wollten dasselbe herausfinden, nicht wahr, Falkenauge? Sie waren doch auch neugierig, oder? Sonst hätten Sie doch nie so fügsam mitgespielt und Ihren werten Sozius in eine solche Gefahr gebracht.“ Nun lachte auch Dulacre leise auf, während Zorro keine Ahnung hatte, was hier Charade war und was nicht. „Sie glauben ernsthaft, dass Lorenor auch nur eine Sekunde irgendeiner Gefahr ausgesetzt war? Wie naiv.“ „Vielleicht bin ich auch nur bescheiden genug, die eigenen Fähigkeiten nicht zu überschätzen“, entgegnete Rihaku und ihre Teleschnecke spiegelte Dulacres falsches Schmunzeln fast zu gut. „Wie dem auch sein, wir haben solide zusammengearbeitet, um Lorenor Zorro in der Gestalt von Lady Loreen Zugang zum Untergrund zu gewähren und uns dieser lästigen Klette Eizen zu entledigen, aber nun würde ich gerne meine Frage beantwortet wissen. Lorenor Zorro, befriedigen Sie doch bitte die Neugierde aller Anwesenden. Handelt es sich bei dem seltsamen Gebilde in den Tiefen Mary Joas wirklich um Uranos? Oder ist es vielleicht etwas ganz anderes?“ Sie wusste es! Es sollte Zorro vielleicht nicht schockieren, aber das tat es trotzdem. Er hatte das Gefühl, dass alle um ihn herum mehr wussten als er selbst und dieses Gefühl war wirklich beschissen. Zorros Blick fiel auf Mihawk Senior und er erinnerte sich an die Blätter, die alten Aufzeichnungen, die er damals mehr schlecht als recht überflogen und dann verbrannt hatte. Natürlich, wenn Mihawk Senior ihr Untergebener war, dann hatte er ihr natürlich auch alle Informationen weitergeleitet, die er selbst ermittelt oder über Eizen herausgefunden hatte. „Nicht so schnell“, entgegnete Dulacre, nun ebenfalls messerscharf. „Auskunft gegen Auskunft.“ Zorro sah ihn an, doch Dulacres Blick lag kühl auf der Teleschnecke. Was für Informationen wollte er denn bitte von ihr haben? „Natürlich, damit habe ich gerechnet“, entgegnete sie ohne Zögern. „Sie wollen selbstverständlich wissen, ob ich meine Leute zurückziehe. Wie Sie selbstredend bereits vermuten, habe ich die vergangenen zwei Jahre nur die Strohhüte und Ihre Wenigkeit unter Überwachung gestellt – der Rest wäre viel zu aufwendig und kostspielig gewesen - und natürlich bin ich gewillt meine Leute abzuziehen. Tatsächlich habe ich dies als Zeichen meines Wohlwollens bereits veranlasst, und zwar direkt, nachdem ich Eizen verhaftet hatte.“ Ungläubig wollte Zorro nachfragen, doch er verstummte mit offenem Mund auf Dulacres Kopfschütteln hin. Als würde er ihr das einfach so glauben. „Und das soll ich Ihnen ohne Beweis einfach glauben?“, hinterfragte auch Dulacre sie unbeeindruckt. Erneut lachte sie gackernd auf. „Chachacha, Sie sind tatsächlich genauso misstrauisch, wie ich erwartet habe, das gefällt mir, aber ich denke, Sie müssen mir einfach vertrauen oder habe ich mich die vergangenen zwei Jahre auch nur einmal fehlverhalten. Ich habe Sie und Ihren Sozius immer unterstützt und gedeckt, verhelfe ihm gerade sogar zur Flucht. Ich habe Eizen noch nicht mal etwas von Ihrem kleinen Ausflug erzählt, Falkenauge, wie Ihnen Ihr Sozius mit Sicherheit beteuern kann. Sollte das nicht als Zeichen meines Wohlwollens ausreichend sein?“ Für einen Moment dachte Zorro nach und begegnete Dulacres berechnendem Blick. Selbst wenn sie log, was für einen Unterschied würde es machen? Schon vor der G6 hatte die Marine immer eine grobe Ahnung gehabt, wo sie sich gerade… Zorro dachte zurück an den Tag, als Jiroushin Dulacre und ihm streng geheime Informationen über den Aufenthalt der anderen kurz nach dem Sturz der G6 verraten hatte und selbst jetzt hatte Mihawk Senior gewusst, wo Zorro hinmusste, ohne dass er oder Dulacre auch nur ein Sterbenswörtchen über Wa No Kuni verloren hatten. So oder so wurden sie anscheinend beschattet, aber aus welchem Grund? Aber das bedeutete auch, dass Rihaku - zumindest noch - nicht vorhatte, Eizens Drohung in die Tat umzusetzen, oder? Der Samurai schien dasselbe zu denken – oder auch nicht, woher sollte Zorro das schon wissen – denn nach einem weiteren Moment nickte er Zorro zu. „In Ordnung“, sagte Zorro und nickte ebenfalls, „und ja, Ihre Zweifel sind berechtigt, Rihaku. Das, was die fünf Weisen in Mary Joa versteckt halten, ist nicht Uranos, die antike Waffe.“ Dulacres Gesicht verriet gar nichts, während er Zorro aufmerksam musterte. „Ah, Sie können ja doch für sich selbst sprechen.“ Doch Rihakus Stimme erzitterte beinahe unter einer Anspannung, die Zorro arg an Dulacre erinnerte, wann immer sie über Alciel sprachen. „Und diese Antwort gefällt mir sehr gut. Aber sie reicht mir nicht. Ich will mehr wissen. Was ist es?“ „Das erfahren Sie beim nächsten Mal“, scherzte Dulacre tonlos, noch bevor Zorro auch nur irgendetwas sagen konnte. „Lorenor hat Ihre erste Frage beantwortet. Eine Zweite war nicht Bestandteil der Abmachung. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es ein nächstes Mal geben wird, vielleicht erfahren Sie es dann.“ „Gewiss“, stimmte sie leichtfertig zu, als hätte sie diese Antwort erwartet, und die Teleschnecke zeigte ein breites Grinsen. „Na gut, meinetwegen, verschieben wir diesen Plausch aufs nächste Mal. Wer weiß, was für Fragen ich bis dahin habe und die ein oder andere Antwort werde ich bis dahin auch herausfinden.“ „Da bin ich mir sicher“, murrte Zorro mit einem Augenrollen. Er mochte diese ganze Situation überhaupt nicht. „Gut, gut“, redete sie gutgelaunt weiter, „Mihawk, stellen Sie sicher, dass Sie unseren Gast wohlbehalten auf Wa No Kuni abliefern.“ „Selbstverständlich“, antwortete der altgediente Soldat nun kurzangebunden. „Und ich wurde gebeten, Ihnen auch mitteilen, dass wir sehr zufrieden mit Ihnen sind. Ihre Unzulänglichkeit von vor 15 Jahren wurde Ihnen nun vergeben. Sie werden offiziell für die Verhaftung Eizens und die Vermeidung seines Putschversuches ausgezeichnet.“ Ihre Stimme war weiterhin unbeschwert, aber Zorro fragte sich, wen sie mit wir meinte, die fünf Weisen? Auch was sie über Mihawk Senior sagte, konnte er nicht ganz abschütteln und er fragte sich, warum sie ihm das in Zorros und Dulacres Anwesenheit sagte, was mit Sicherheit kein Zufall war. Er hatte das Gefühl, als würde ihm etwas entgehen, aber das wäre ja in den vergangenen Stunden nicht das erste Mal. „Ich bitte Sie, nach Erfüllen Ihres Auftrages sich unverzüglich zurück in Mary Joa einzufinden und Eizens Prozess als Hauptzeuge beizuwohnen, welcher direkt im Anschluss an die Reverie stattfinden wird. Nach seiner Verurteilung werden Sie als Held von Mary Joa geehrt werden, auch wenn vermutlich weder Ihr Sohn noch dessen Verlobte an dieser Festivität werden teilnehmen können. Ich wünsche einen schönen Tag.“ Bevor Mihawk Senior auch nur irgendetwas entgegnen konnte, beendete ein leises Gotcha das Gespräch. Einen Moment war es unangenehm still, und es musste schon was heißen, wenn Zorro eine Situation als unangenehm empfand. „Na, dann herzlichen Glückwunsch“, feixte Dulacre mit einer Stimme, die töten wollte. „Held von Mary Joa, wenn das kein erstrebenswerter Titel ist.“ Der alte Soldat steckte die Teleschnecke weg. „Du bist wirklich grausam, mein Sohn.“ „Vor allem bin ich deine Anwesenheit leid“, entgegnete der Samurai mit einem herablassenden Wink seiner Hand. „Es waren deine Entscheidung, also lebe mit den Folgen eines Doppellebens. Und nun geh; ich habe weder Zeit noch Interesse an dich zu verschwenden.“ Mihawk Senior schnalzte hart mit seiner Zunge, doch Dulacre hatte sich bereits abgewandt und schritt durch den Raum, hatte das Gespräch offensichtlich beendet. Dann lagen diese vergilbten Augen auf Zorro, der alte Mann begutachtete ihn einmal von oben nach unten. „Was für eine Enttäuschung. Nicht nur irgendein windiger Pirat, sondern dann auch noch ein Lorenor. Wie tief bist du nur gesunken, mein Sohn?“ Der alte Mann klang nüchtern, resigniert, fast schon traurig und dennoch voller Verachtung. An der Türe zum Badezimmer blieb Dulacre stehen, eine Hand an der Klinke. „Ist es so schrecklich für dich, Vater? Die Wahrheit hinter Lady Loreen? Zu sehen, wie ich ein Pirat wurde, und nun zu sehen, wie viel mir ein anderer Pirat bedeutet? So viel mehr als du mir je wert sein könntest, obwohl dein Blut leider Gottes durch meine Adern fließt? Wäre es dir lieber, ich wäre eine respektable Liaison der Vernunft eingegangen, so wie du oder meine Schwester?“ Er wandte sich nicht um, aber seine Tonlage konnte nichts Gutes bedeuten. Normalerweise würde Dulacre solche Kommentare mit einem herablassenden Lachen abschütteln oder sich direkt provozieren lassen. Nun jedoch klang er ruhig, beinahe nachdenklich. „Dabei solltest du doch wissen, dass ich für so etwas viel zu egoistisch bin. Lorenor ist der einzige Mensch, den ich je an meiner Seite akzeptieren werde, er ist der zukünftige beste Schwertkämpfer der Welt, Crewmitglied des zukünftigen Königs der Piraten. Ich hätte keinen würdigeren Partner finden können. Aber ich erwarte nicht, dass du das verstehst, so wie du mich doch noch nie verstanden hast.“ „Nein, das verstehe ich nicht“, entgegnete der alte Soldat. „Ich werde dich wohl wirklich nie verstehen, mein Sohn. Ich hoffe nur, dass dein Schicksal dir gnädig ist.“ Nun schnaubte Dulacre laut auf, wieder ganz er selbst. „Du solltest lieber hoffen, dass ich dir gnädig bin, solltest du meine Geduld noch länger herausfordern. Verschwinde endlich, ich habe nicht ewig Zeit.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)