Zwischen Alltagschaos und Liebesleben von ZerosWolf (Tausend Ideen in einer FanFiction) ================================================================================ Kapitel 5: Übereinkunft ----------------------- Vorsichtig löste Lucy den Verband an Natsus Arm. Die Haut unter dem Stoff, wenige Stunden vorher noch stark verbrannt, war ganz neu, noch weich und rosa, wie bei einem neugeborenen Baby, dabei hatte Lucy die Salbe wirklich nur hauchdünn aufgetragen, immerhin würde sie als gewöhnliche Magierin sich diese niemals leisten können. Ihre Familie besaß stets ein Set Liebesapfel-Medikamente, jedoch waren die Reste nach der Firmenpleite ihres Vaters gepfändet worden. „Wenn ich ein Gramm davon verkaufen würde, könnte ich meine Schulden bei Narcy abbezahlen.“, seufzte Mirajane neidisch. Natsu, der bis eben noch seine geheilten Hände kritisch betrachtet hatte, griff den Salbentiegel, den Lucy auf dem Tisch neben ihm hingestellt hatte, und verstaute diesen sicher in seiner Manteltasche. Das Geschenk seiner Mutter war ihm wohl wichtig, überlegte Lucy, bevor sie sich wieder Mirajane zuwandte. Diese hatte sich an diesem Morgen sehr viel anhören müssen von diversen Gildenmitgliedern inklusive dem Meister. Von diesem jedoch durften auch Natsu, Lucy, Gray, Juvia, Gajil, Levy und Happy eine Standpauke ertragen. Er hatte ihnen schließlich gesagt, dass sie erst um Mitternacht auf dem Friedhof sein sollten. Dem Anschein seiner Augenringe nach hatte Narcy ihn dafür noch in der Nacht zur Schnecke gemacht. „Opa, wusstest du, dass sie meine Mutter ist?“, hatte Natsu ernst gefragt. „Nein“, hatte Makarov geantwortet, „aber ich habe es vermutet.“ „Jedes Mal wenn sie hier war hat sie sich nach dir erkundigt, wie es dir geht, was du erlebt hast, soetwas alles“, hatte Mirajane erklärt. „Ihre Blicke haben mich immer wieder an Natsu erinnert, besonders wenn sie freudig aufgeregt war oder sauer.“ Sie hatte zu Natsu gesehen, der die Arme verschränkt und nachdenklich mit zusammengezogenen Augenbrauen den Kopf schief gelegt hatte, und hatte lachen müssen. „So hat sie auch häufig dagesessen, wenn sie über etwas nachgedacht hat. Ihr seid euch sehr ähnlich.“ Lucy konnte aus Natsus Verhalten nicht erkennen, ob er seiner Mutter nun positiv oder negativ gegenüber stand. Zum Einen freute er sich wie ein kleines Kind, wenn er mit ihr verglichen wurde oder hörte, dass sie sich nach ihm erkundigt hatte, zum Anderen wirkte er beleidigt, dass sie ihn nicht an sich ran ließ und Geheimnisse vor ihrem eigenen Sohn hatte. Es war schon süß zu beobachten, wie er mit der Situation umging. Aber das Süß war ein Problem. Irgendwann im Laufe dieses Tages musste Lucy sich ihren eigenen Problemen stellen. Das größte war, dass sie Natsu liebte und, nach dem was sie in der letzten Nacht erfahren hatte, Natsu sie auch liebte. Nicht nur mochte, wie eine Freundin, sondern liebte, wie eine potenzielle Lebensgefährtin. In der Nacht zuvor hatte Lucy dem Thema ausweichen können indem sie sagte, sie wäre müde und müsse ersteinmal schlafen. Geschlafen hatte sie nicht wirklich. Die ganze Nacht über hatte sie sich im Bett hin und her gewälzt und dabei nachgedacht, was sie aus dieser Situation, aus ihrem Wissen über ihre und seine Gefühle machen sollte. Ihr Herz war so ein verdammter Verräter! Sie wusste doch, dass Natsu nicht zu ihr passte, warum hatte sie sich dann in ihn verliebt? Lucy war eine logische Frau, sie würde sich nicht Hals über Kopf ins Unglück stürzen, indem sie eine Partnerschaft mit einem Mann einging, der ihr keine Sicherheit im Leben bieten konnte. So sehr sie sich Abenteuer wünschte, sie wollte irgendwann, wenn sie älter war, ein ruhiges Leben führen können. Mit Natsu wäre so ein ruhiges, gewöhnliches Leben niemals möglich. Niemals! Sie würde Natsu vertrösten müssen, selbst ein bisschen leiden, bis Lucys Herz sich einen besseren Partner für sie ausgesucht hatte. Einen Mann, wie sie ihn sich immer gewünscht hatte. Ob Natsu das verstehen würde? Er gab sich wie immer, scherzte und stritt sich, als ob nichts gewesen wäre, auch mit ihr. Lucy fiel zum ersten Mal auf, wie viel Aufmerksamkeit er ihr zukommen ließ im Gegensatz zu anderen Gildenmitgliedern, und dass sie ständig unbewusst seine Nähe suchte. Dieses stellte sich gerade als großer Fehler heraus, denn eine übliche Zankerei war soweit ausgeartet, dass wieder Stühle durch die Gegend flogen. Deckung suchend duckte Lucy sich hinter den Bartresen, wo auch Mirajane sich verkroch und versuchte, den Meister zu beruhigen. Die monatlichen Reparaturkosten der Gilde waren enorm. Gerade zerbarst ein Tisch unter Elfman, den Natsu dorthin geschleudert hatte. Eigentlich müsste Natsu ja für den Verlust aufkommen, überlegte Lucy. Dabei fiel ihr ein, dass Narcy monatlich Geld an die Gilde überwies. „Könnte das Geld von Narcy kommen, um die von Natsu verursachten Schäden zu beseitigen?“, überlegte Lucy laut. „Die Vermutung hatte ich auch schon.“, meinte Mirajane und zog Asca hinter den sicheren Holzwall, deren Eltern bald folgten. „Welche Narcy?“, wollte Bisca wissen und behielt ihr Kind scharf im Auge, dass vor einem zerbrochenen Glas am Boden kniete. „Natsus Mutter, sie ist die Anführerin von Team Second-Chance“, erklärte Mirajane. „Sie überweist jeden Monat Geld um von Natsu verursachte Schäden zu decken.“ „Vermutlich“, fügte Lucy hinzu. „Sie ist eine merkwürdige Frau. Sie kommt wohl aus dem Ausland, hat so einen komischen Akzent, durch den sie die S-Laute sehr betont.“ „So jemanden haben wir gestern Nachmittag im Park getroffen“, meinte Alzack nachdenklich. „Eine Frau nicht viel größer als Levy. Wir konnten aber ihr Gesicht nicht sehen, weil sie eine Kapuze trug.“ „Das könnte sie gewesen sein, Narcy trug einen Kapuzenumhang, soweit ich das erkennen konnte“, bemerkte Lucy nachdenklich. „Sie war sehr nett“, erinnerte sich Bisca. „Sie meinte, Asca würde sie an ihre eigenen Kinder erinnern. Wenn sie damit Natsu meinte, mache ich mir ein bisschen Sorgen.“ Lucy konnte das trotz Kinderlosigkeit nachvollziehen. Das war auch ein Grund, warum sie ungern mit Natsu zusammen sein wollte. Wenn sie jemals ein Kind bekommen sollte und es hätte seine Persönlichkeit, Lucy war sich sicher, sie würde komplett an der Erziehung verzweifeln. Narcy konnte es früher nicht leicht gehabt haben, wenn sie außer ihm noch weitere Kinder gehabt hatte? „Bist du dir sicher, dass sie 'Kinder' gesagt hat?“ Bisca nickte. „Heißt das nicht, dass Natsu Geschwister hat?“ „Jep, hab ich!“ Lucy sah erschrocken nach oben, wo Natsu sich über die Theke beugte. Bei genauerem Hinhören waren die Kampfgeräusche verstummt, aber Erzas Stimme zu hören. Die Rüstungsmagierin war wohl von ihrem Auftrag zurück und hatte für Ordnung gesorgt. „Einen kleinen Bruder hab ich noch“, fuhr Natsu fort, „Ich wüsste zu gern, was aus ihm geworden ist.“ Aha, so kam's also raus. Natsu war kein Einzelkind und obendrein war er auch noch der Ältere. Wenn er sich wenigstens dementsprechend verantwortungsbewusst verhalten würde, dass man ihm das anmerken könnte! Lucy seufzte und kam hinter dem Tresen hervor. Sie konnte ein großes Gähnen nicht unterdrücken. Sie war eindeutig nicht in der Verfassung zu arbeiten. Am besten ging sie nach Hause und legte sich noch eine Stunde aufs Ohr, bevor sie sich an ihre Hausarbeit machte. Aus einer Stunde wurden mehrere und als Lucy aus einem traumlosen Schlaf erwachte ging die Sonne bereits unter und tauchte ihr Zimmer in ein rotgoldenes Licht. In dem Lichtschein konnte sie Natsu ausmachen, der ganz still neben ihrem Bett im Schneidersitz auf dem Boden saß und sie mit blankem Gesichtsausdruck ansah. Für gewöhnlich hätte Lucy geschrien und einen Aufstand gemacht, aber nicht heute, nicht nach dem Erfahrenen der letzten Nacht. Sie setzte sich auf und rieb sich die Augen. „Wie lange bist du schon hier?“, fragte sie verschlafen. „Zwei Stunden oder so“, meinte Natsu und zuckte mit den Schultern. „Hab nicht auf die Uhr geschaut.“ „Warum hast du mich nicht geweckt?“, seufzte Lucy und setzte sich auf die Bettkante. Dann wäre es jetzt nicht zu spät, um ihr Zimmer noch zu putzen. Wenn sie jetzt anfing würde ihre Vermieterin ihr die Hölle heiß machen. Natsu sah sie unverwandt an. „Ich sehe dich gerne schlafen“, meinte er und es klang eindeutig ehrlich, das verriet seine Stimme. „Keine Ahnung wieso. Vielleicht wegen dem was Mutter gemeint hat, Liebe und so. Ich hab keine Ahnung, was das sein soll, Liebe.“ Lucy musste ein wenig Lächeln. Das klang nach ihrem Natsu, so wie sie ihn kannte. „Ich kann mir nicht erklären, was du mit mir machst, darum bist du für mich merkwürdig.“ Lucy hob eine Augenbraue. „Heißt das, immer wenn du mich 'merkwürdig' genannt hast, meintest du eigentlich etwas anderes?“, forschte sie nach. Das würde bedeuteten, dass diese Beleidigungen eigentlich Komplimente waren. Natsu nickte, kaum sichtbar, nur eine ganz kleine Bewegung. „Ich verstehe es nicht, die Art wie mein Körper auf dich reagiert, was ich fühle. Wenn das Liebe ist, dann ist sie merkwürdig. Mir reicht es eigentlich, wenn wir nur Freunde sind.“ „Mir auch“, pflichtete Lucy ihm bei. „Ich glaube auch nicht, dass wir als Liebespaar funktionieren würden.“ Sie lachte, vielleicht ein bisschen bitter, als Natsu zustimmend nickte. „Wir sind einfach zu verschieden. Als Freunde macht es Spaß zusammenzusein und ich möchte das nicht riskieren. Unsere Freundschaft meine ich.“ „Das sehe ich auch so“, meinte Natsu. „Auch wenn ich zugeben muss, dass es sehr schwer ist, mich zurückzuhalten.“ Erst jetzt fiel Lucy auf, wie verkrampft Natsus Hände seine Schienbeine umklammerten. „Wenn ich ehrlich bin, würde ich gerade am liebsten über dich herfallen, aber damit würde ich alles endgültig kaputt machen. Es wird schwer, aber ich werde mich zusammenreißen, auch wenn Happy nicht da ist.“ Lucy spürte die Spannung zwischen ihnen, spürte auch dieses Verlangen, welches Natsu gerade unterdrückte. Aber sie durften nicht schwach werden, nicht jetzt, wo sie übereingekommen waren, dass sie das Risiko einer Liebesbeziehung nicht eingehen würden, dass sie Freunde bleiben würden. Gut, dass Happy für gewöhnlich an Natsu klebte wie eine Klette. „Wo ist Happy eigentlich gerade?“, fragte Lucy und fühlte sich unsicher. Natsu stand auf, was Lucy ein wenig, nur ein paar Zentimeter, zurückweichen ließ. „Er wartet in der Gilde auf mich. Ich wollte dieses Gespräch ohne ihn führen, das ist noch nichts für ihn.“ Er kramte in seiner Hosentasche und zog einen Schlüssel hervor, den Lucy auf den ersten Blick erkannte. „Das ist mein vermisster Zweitschlüssel!“, rief sie aufgebracht. „Wo hast du den her?!“ Natsu warf ihr den Schlüssel entgegen, der unpraktischer Weise in ihrem Ausschnitt landete und zwischen ihre Brüste rutschte. Wenigstens war er dank Natsus Körperwärme nicht eiskalt. Sie würde ihn später wieder herausholen, wenn Natsu gegangen war. Natsu wandte ihr den Rücken zu, ging Richtung Tür. „Den habe ich mir genommen als ich das erste Mal den Wunsch verspürt habe, in deiner Nähe sein zu können wann immer ich will“, erklärte er und seine Stimme klang nicht ganz so sorglos und frei wie sonst, als er die Wohnungstür öffnete. „Es ist besser, wenn ich ihn nicht mehr habe. Zumindest bis ich mir wieder sicher bin, dass ich dir nichts antun könnte, was zu nicht willst.“ Lucy errötete bei diesen Worten und musste an ihre verlorene Jungfräulichkeit denken. Ihr Herz würde sich freuen, aber ihr Kopf wusste, dass es falsch wäre. „Ich werde jetzt gehen, Happy wartet auf mich“, meinte Natsu und zog die Tür hinter sich zu, ohne sich noch einmal umzudrehen. „Tschüss.“ Und schon war die Tür im Schloss und Lucy alleine in ihrem Zimmer. Als würde die fehlende Spannung ihr jeglichen Halt nehmen, kippte Lucy wieder auf ihr Bett, rollte sich auf den Rücken und starrte die Decke an. Es war eine gute, logische Abmachung, die sie dort getroffen hatten. Warum fühlte sie sich dann so elend? Warum saß ihr ein dicker Kloß im Hals? Warum wünschte sie sich gerade nichts sehnlicher, als von Natsu in den Arm genommen, vielleicht sogar von ihm geküsst und geliebt zu werden, obwohl sie genau wusste, dass es das Falsche wäre? Dieses verdammte Herz! Warum besaß der Mensch überhaupt so ein unsinniges, Gefühle erschaffendes Organ, das einem nur Ärger bereitete? Lucys Kopf drehte auch gerade unter dem Einfluss ihres Herzens durch. Sie phantasierte. Sie phantasierte von Natsu. Sie phantasierte von Natsu, wie er ihren Körper berührte, verwöhnte und liebte – bis sie merkte, dass es ihre eigenen Hände waren, die dies mit ihr taten. Sie drehte sich auf den Bauch und umklammerte fest ihr Kissen, während sie ihr knallrotes Gesicht darin vergrub. Lucy hatte gewusst, dass sie unter dieser Lösung leiden würde, aber sie war sich sicher, dass es nur von begrenzter Dauer war. Aber bis dahin gab sie sich hemmungslos ihrem Leid hin und weinte still all ihren Kummer in ihr Kissen, damit sie am nächsten Tag Natsu ein fröhliches Gesicht präsentieren konnte. Es würde alles gut werden, bestimmt! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)