Zwischen Alltagschaos und Liebesleben von ZerosWolf (Tausend Ideen in einer FanFiction) ================================================================================ Kapitel 35: Tränenflut ---------------------- Eifersüchtig beobachtete Lucy ihre Kinder. Im Trubel der Gilde konnte ihnen so leicht etwas geschehen! Es musste nur wieder zu einer Meinungsverschiedenheit kommen damit die Stühle flogen, aber sie konnte ihre Kleinen auch nicht ewig für sich behalten. Ab und zu musste sie auch raus. Jeden dritten Morgen begleitete sie Natsu zur Gilde, verabschiedete ihn, wenn er zu einem Auftrag aufbrach und empfing ihn abends zurück. An den anderen Tagen kümmerte sie sich um ihren Haushalt. Es tat unheimlich gut, wieder unter Menschen zu sein. Die Einsamkeit ihrer vier Wände lastete schwer auf Lucy, sobald Natsu das Haus verließ. In der Gilde sprach sie mit ihren Freunden, tauschte Neuigkeiten aus und sammelte Ideen für ihre Romane. Zuhause gab es nur sie, die Kinder und das Chaos, welches Natsu ihr täglich hinterließ. Levy lenkte Lucy von ihren Sorgen ab, indem sie ihr von den Ruinen erzählte, die sie gemeinsam mit ihrem Team für einen Auftrag erkunden durfte. Ruinen einer längst untergegangenen Zivilisation, die erst vor kurzem durch einen Erdrutsch zutage gefördert wurden. Lucys Freundin beschrieb gerade die Wandmalereien im Innere, als Gray ungewohnt nervös in die Gilde kam. Er ließ den Blick über die Anwesenden schweifen als suche er dringend jemanden, den er einfach nicht finden konnte. In langen Schritten eilte er zur Bar. „Mira, hast du Juvia heute schon gesehen?“, fragte er hektisch, den Blick auf die Eingangstür gerichtet. „Sie war noch nicht hier“, berichtete Mirajane. „Ist etwas passiert?“ „Das möchte ich sie fragen“, murmelte Gray. „Ich bin heute morgen aufgewacht, das Bett klatschnass und Juvia weg.“ „Hast du unterm Bett nachgesehen?“, fragte Lucy mit der Überlegung, dass die Wassermagierin vielleicht unters Bett geflossen war. „Gleich als Erstes“, meinte Gray. „Dort lag nur ihr magieversiegelnder Talisman. Ich bin sehr gespannt auf die Erklärung, wie der dorthin gekommen ist.“ „Ich helfe dir, sie zu suchen“, sagte Lucy und war bereits dabei, ihren Kindern Jacken anzuziehen. „Sie kann nicht allzu weit sein, bestimmt ist sie irgendwo in der Stadt.“ „Irgendjemand hat sie bestimmt gesehen“, meinte Levy und machte sich ebenfalls bereit, loszugehen. „Hat sie irgendwelche Lieblingsorte?“ Gray blieb still. Nach einigen erwartungsvollen Sekunden sagte er langsam: „Ich weiß es nicht.“ Es klang, als würde ihn diese Tatsache erschüttern. „Du kriegst 'n Kind mit ihr und kennst nichtmal ihre Lieblingsorte?“, höhnte Cana. „Kennst du wenigstens ihre Vorlieben?“ „Ich habe nie gefragt“, gab Gray zu. „Juvia passt sich immer mir an und beklagt sich nicht. Mir ist noch gar nicht die Idee gekommen, dass sie eigene Vorlieben haben könnte.“ „Das kommt mit vage bekannt vor“, seufzte Lucy und dachte an Natsu, der auch häufig seine eigenen Interessen auf sie projezierte. Im Gegensatz zu Juvia kämpfte Lucy jedoch für ihre Freiheiten, egal wie beleidigt Natsu dann war. Obwohl er ihr dennoch selten eine Wahl ließ. „Ich sagte ja, die beiden sind sich zu ähnlich“, lächelte Mirajane vielsagend und Lucy nickte zustimmend. „Das glaube ich nicht“, grinste Cana vielsagend. „Natsu hat zwar nie gefragt, aber er weiß sehr genau, welche Interessen Lucy hat. Er ignoriert es nur gekonnte.“ Die Freundinnen lachten. Gray hingegen sah genervt aus. „Es geht hier nicht um Natsu“, erinnerte er. „Du hast recht.“ Lucy wendete den Kinderwagen Richtung ausgang. „Gehen wir sie suchen!“ Der Tag war herrlich. Einer dieser perfekten frühen Frühlingstage. Klarer Himmel, ein noch etwas kühlender Wind aber dafür eine wärmende Sonne. Lucy schlenderte durch die Geschäftsstraßen der Stadt und fragte nach Juvia. Die Hinweise waren rar, aber besonders die Kanalschiffer konnten Berichte der Wassermagierin nennen. Langsam folgte Lucy der Spur aus ungewöhnlich wässrigen Ereignissen, bis sie an ein Lagerhaus kam, in dem es regnete. Sie erschauderte. Dies war das Lagerhaus, in dem Peggy sie nur wenige Monate zuvor hatte leiden lassen. Unschlüssig betrachtete sie den Eingang, aus dem ein kleiner Bach zum angrenzenden Kanal floss. Es war nicht so, dass ihr das Gebäude Angst machte, sie konnte nur ihre Babys nicht alleine lassen. Bei dem klaren Himmel hatte sie natürlich kein Regenverdeck mitgenommen. Langsam trat Lucy ohne Wagen ein paar Schritt auf den Eingang zu. „Juvia?“, rief Lucy hinein und fluchte, als sie in einem Matschloch einsank. Genervt zog Lucy ihre neuen Schuhe aus. Ruiniert. Klasse. „Juvia!“, wiederholte Lucy ihren Ruf. „Komm raus, ich weiß, dass du da drin bist!“ Besorgt blickte sie hinter sich. Alles ruhig im Kinderwagen. Lucy trat an den Eingang. Der Regen auf dem Betonboden spritzte gegen ihre nackten Füße. „Geh weg!“, erklang die klagende Stimme Juvias aus dem Inneren. Sie weinte, ganz sicher. „Gray macht sich Sorgen um dich, Juvia!“, rief Lucy eindringlich und steckte den Kopf durch die Regengrenze. In sekundenschnelle waren Gesicht und Haare klatschnass. Großartig. Lucy kam nicht drumherum. Sie beschwor Virgo, damit diese auf die Kinder aufpasste, während sie nach ihrer Freundin sah. Schritt für Schritt arbeitete sie sich durch den Regen. Er war so dicht, sie konnte kaum die Hand vor Augen sehen. „Juvia!“, rief sie. „Geh weg!“, war wieder die Antwort. Lucy lauschte und wandte sich nach rechts. Durch den Regenschleiher glaubte sie, einen Haufen Blau zu erkennen. Vorsichtig bewegte sie sich auf dem rutschigen Boden weiter vor. Sie irrte sich, das Blaue stellte sich als besprayte Trümmer heraus. Sie watete weiter. Alle Vorsicht half nichts, nach ein paar Schritten landete Lucy wie so oft auf ihrem Po. So langsam hatte sie die Nase voll! „Zeig dich, Juvia!“, verlangte sie. „Juvia will alleine sein!“, kam die gequälte Antwort. „Sag mir wenigstens, was los ist!“, rief Lucy und watete weiter durch die Strömung. Sie erhielt keine Antwort. Immer weiter bahnte sie sich ihren Weg, immer nach einem Anzeichen ihrer Freundin Ausschau haltend. Hinter einer Ecke erblickte Lucy einen geschmolzenen Haufen Mensch, der so gruselig aussah, dass sie vor Schreck aufschrie. Natürlich handelte es sich nur um Juvia, die wortwörtlich in ihrem Leid zerfloss, aber es war nicht erkennbar, was die Wassermagierin in diesen Zustand gebracht hatte. Lucy kniete sich neben sie und legte ihr eine Hand auf den flüssigen Arm. Es fühlte sich glitschig glibberig an. „Juvia, was ist denn passiert?“ „Geh weg!“, wiederholte Juvia schluchzend. „Juvia will Lucy nicht sehen.“ „Soll ich dann Gray holen?“, schlug Lucy vor. „Auf keinen Fall!“ Juvia sah Lucy mit horrorerfüllten Augen an. „Gray darf es nicht wissen. Gray wird Juvia hassen!“ Sie brach in Sturzbachtränen aus. „Was soll Gray nicht wissen?“, drängt Lucy und streichelte Juvia beruhigend über den Arm. „Nein, nein!“ Juvia schüttelte heftig den Kopf. „Gray wird Juvia hassen.“ „Gray würde dich auf keinen Fall hassen, egal was los ist“, versuchte Lucy sie zu beruhigen. „Juvia hasst sich aber selbst!“, fuhr die Wassermagierin sie plötzlich an. „Gray wird Juvia auch hassen, weil Juvia sich selbst dafür hasst! Lucy kann das nicht verstehen! Niemals verstehen!“ Vorsichtshalber nahm Lucy etwas Abstand. Sie wusste, wie aufbrausend ihre Freundin in einem solchen Zustand sein konnte. „Möchtest du mit jemand anderem sprechen? Mirajane vielleicht? Sie hat immer viel Verständnis.“ „Mira kann es auch nicht verstehen!“, jammerte Juvia. „Niemand wird es verstehen können. Niemand ist wie Juvia.“ Sie presste ihre gefalteten Hände enger an ihre Brust. Bei genauerem Hinsehen erkannte Lucy, dass sie mit ihnen einen Hohlraum bildete. Hielt sie etwas fest? „Was hast du da?“, fragte sie vorsichtig und wollte Juvias Hände berühren, doch diese schob ihren Rücken zwischen ihre Hände und Lucy. „Nimm es Juvia nicht weg!“, zischte die Blauhaarige. „Das hatte ich gar nicht vor“, verteidigte Lucy sich. „Aber was ist es?“ Juvia sah auf ihre Hände. „Juvias Herz, Juvias Leben“, murmelte diese und öffnete langsam ihre Handflächen. Darauf lag ein winziges Etwas von einer fast menschlichen Form. Lucy blieb der Atem weg, als sie Begriff. Das Ding war Juvias Kind. Ihre Freundin hatte im wahrsten Sinne des Wortes ihr Kind verloren. Lucy schluckte, bevor sie wieder sprechen konnte. „Wie ist das passiert?“, brachte sie heiser hervor. „Juvia weiß es nicht!“ Juvia schloss wieder ihre Hände und drückte sie an ihr Herz. „Juvia ist als Wasser aufgewacht, ohne Talisman. Gray schlief noch. Es“, sie schluchzte laut auf, „lag einfach auf dem Bett, wo Juvia hätte liegen müssen.“ Eine neue Welle aus Tränen drang aus ihren Augen heraus. Behutsam schloss Lucy ihre Freundin in die Arme. Gerne wollte sie ihr sagen, dass alles gut würde, ab sie brachte es nicht über sich. Juvia hatte recht behalten, Lucy konnte ihren Schmerz nicht nachvollziehen. Was sollte sie nun tun? Hilflos sah Lucy zum Ausgang der Ruine. Sie machte sich Sorgen um ihre Kinder. Sollte sie gehen und ihre Freundin sich selbst und ihrem Schmerz überlassen? „Es wäre ein Junge geworden“, flüsterte Juvia plötzlich. „Ich hätte ihn Blue Silver genannt. Zu ehren Grays Vater.“ Sie schluchzte laut. „Er wäre bestimmt Nukas Freund geworden. Vielleicht Laylas Liebster.“ Juvias Stimme wurde immer erstickter und brach ab. „Sofern die Väter das zugelassen hätten“, merkte Lucy an und entlockte Juvia ein schwaches Lachen. Sie kannte das wilde Vorstellungsvermögen der Wassermagierin nur zu gut. Bestimmt lag der Zukunftsplan schon lange vor, für jegliches Geschlecht. Juvia tat ihr so Leid. Lucy fühlte sich hilflos, konnte sie doch wirklich gar nichts für ihre Freundin tun. „Juvia!“, hallte Gray Stimme durch die Ruine. Die Gerufene zuckte stark zusammen. „Versteck mich!“, flehte sie Lucy an. Diese zeigte zu den Regenwolken unter der Decke. „Du hast dich schon verraten.“ Sie glaubte, durch das Regenprasseln eine zweite Person sprechen zu hören, aber diese war viel leiser und nicht zu erkennen. „Juvia!“, wiederholte Gray seinen Ruf. „Lucy!“ „Wir sind hier!“, antwortete Lucy ihm und richtete sich auf, sodass sie einfacher auszumachen war. Der Regen wurde wieder stärker. „Was tut Lucy da?“ Juvia klang panisch. „Er wird es verstehen“, lächelte Lucy aufmunternd und drückte Juvia kurz an sich, bevor sie sie losließ. Grays Schatten kam durch den Regen näher. Langsam erkannte Lucy seine Konturen, dann sein Gesicht, als wenige Schritte vor seiner Frau stehen blieb. Sie siegte über ihre Neugierde und stand auf. „Ich lasse euch alleine“, meinte sie. Sie kannte Gray. Solange jemand dabei war, würde er nicht zu seinen wahren Gefühlen stehen. Vorsichtig bewegte Lucy sich über den überfluteten Boden. Zwischen sich und dem Ausgang entdeckte sie eine kleine, in einen Ellenbogenlangen Kapuzenumhang gekleidete Gestalt. „Hallo, Narcy“, grüßte Lucy ihre Schwiegermutter. Diese wandte ihren Blick von den Wolken an der Decke ab und zu Lucy. „Du siehst nass aus“, stellte sie fest. „Du auch“, entgegnete Lucy gelassen. Sie hatte sich an die direkte Art gewöhnt. „Faszinierend, nicht wahr?“ Narcy sah wieder zur Decke. „Ich hörte noch nie von einem Fall wie diesem, der Nachfahrin einer Nymphe und eines Menschen.“ Sie legte den Kopf nachtdenklich schief. „Nymphen beherrschen das irdische Wasser, doch nicht das himmlische. Jedoch durch den menschlichen Einfluss ist Juvia auch hierzu in der Lage. Welch Phänomen.“ „Ich fürchte, der nymphische Einfluss ist Schuld an diesem ganzen Desaster“, seufzte Lucy. Narcy sah sie fragend an. Lucy wollte die Situation erklären, aber sie wurde unterbrochen, noch bevor sie beginnen konnte. Nukas hungriger Schrei drang an ihr Ohr. Eilig schlitterte Lucy aus der Halle – sie schaffte es gerade so nicht nocheinmal hinzufallen – und sah nach ihrem Nachwuchs. „Sie schliefen wie die Engel, Prinzessin“, berichtete Virgo, noch während Lucy an ihr vorbei stürmte, um sich selbst davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung war. Nuka schrie hungrig, aber vollkommen normal. Layla stimmte ebenfalls wie sonst auch in den Chor mit ein. Lucy sah sich nach einem versteckten Ort zum Stillen um. „Worauf wartest du?“, fragte Narcy. „Na ja, ich kann doch hier nicht stillen“, meinte Lucy verlegen. „Warum nicht?“, entgegnete Narcy trocken. „Weil mich hier jeder sehen könnte!“, fauchte Lucy. „Mag ja sein, dass man das früher anders gemacht hat, aber...!“ „Leg einfach ein Tuch drüber“, unterbrach Narcy sie. „Du hast doch Spucktücher dabei, oder?“ Lucy verbiss sich eine Antwort. Natürlich hatte sie Tücher dabei. Die war nur noch nie auf die Idee gekommen, sie als Sichtschutz zu verwenden. Sie hob Nuka hoch und setzte sich mit ihm auf eine eingestürzte Mauer, die genau die richtige Höhe hatte. Geduldig ließ sie Nuka trinken, obwohl ihr kalt wurde an der frischen Frühlingsluft. Ihre Schwiegermutter beruhigte Layla. Lucy versucht, ihr Juvias Situation so knapp wie möglich zu erklären. Narcy war keine Freundin von umschweifenden Erklärungen. „Durchaus außergewöhnlich“, kommentierte Narcy nachdenklich. „Dies Phänomen lässt sich mit der natürlichen Magie der Nymphen erklären. Einst war es meine Magie, die Marvia feste Gestalt verlieh und den Grundstein legte. Nun ist es fraglich, wie Juvias Mutter mit diesem Faktor ein Kind gebären konnte.“ „Soweit ich weiß, ist Juvias Mutter wenige Wochen nach ihrer Geburt gestorben“, merkte Lucy an. Narcy nickte nachdenklich. „Reine Willenskraft kann viel bewirken, sogar Wunder. Doch eine solche Anstrengung erhöht den Verbrauch an Lebensenergie.“ „Du meinst also, dass Juvias Mutter ihren Körper während der Schwangerschaft mit Juvia durch reine Willenskraft beisammen gehalten hat, nur um anschließend schnell zu sterben?“, fasste Lucy unsicher zusammen. Narcy nickte nachdenklich. „Gibt es keinen anderen Weg?“, wollte Lucy wissen. Narcy beobachtete den Regen in der Halle nachdenklich. Ihr Ausdrucksloses Gesicht verriet nichts über das, was in ihr vorging. „Ein paar Ideen habe ich“, murmelte sie schließlich. „Ich werde einen Weg finden, dies bin ich ihr schuldig.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)