Weihnachtszauber von Tarima (Michi Adventsprojekt) ================================================================================ Kapitel 1: Mistelzweig ---------------------- Ich greife nach dem Gestrüpp, welches über meiner Bürotür baumelt und reiße es ab - das dritte Mal jetzt in dieser Woche. Muss das sein, Mimi? Sie ist zwar eine gute Freundin, aber nur, weil sie jetzt hier arbeitet, muss sie noch lange nicht irgendwelche kitschige Weihnachtsdeko aufstellen. Genervt schaue ich auf den Mistelzweig in meiner Hand und werfe ihn in den Mülleimer, neben der Tür. Genau in dem Moment kommt Mimi um die Ecke gebogen. Als sie sieht, was ich getan habe, erstarrt sie zur Salzsäule, während sie die Luft einsaugt. »Du!« Wütend kommt sie auf mich zugelaufen. »Was fällt dir ein?« »Fahr mich nicht so an, das ist unhöflich«, sage ich tonlos und weiche einen Schritt zurück. Sie ist stinksauer! »Ach, und das ist nicht unhöflich?« Sie holt den Mistelzweig aus dem Mülleimer. »Du bist wirklich undankbar, Taichi.« Ich schnaufe. »Ich hatte dir gesagt, keine Weihnachtsdeko in der Firma.« »Und ich hatte dir gesagt, dass es das Arbeitsklima verbessern würde.« »Und ich hatte dir gesagt, dass ich dich nur einstelle, wenn du dich hier benimmst wie jeder andere Mitarbeiter auch.« »Wie denn? Unterwürfig?« Ich seufze. Dieser Schlagabtausch bringt nichts. Mimi wirkt verletzt, dreht sich um und geht. Ich komme mir vor wie der Grinch. Nachdem ich den Laptop hochgefahren habe, schreibe ich ihr eine Mail. »Ich wollte nicht so mit dir reden… like a Boss… du weißt schon. Entschuldige bitte.« Mehrere Stunden vergehen, in denen sie nicht antwortet. Als ich zur Mittagspause gehen will, steht sie plötzlich vor meiner Tür. »Mimi?« »Entschuldigung angenommen.« Sie lächelt. Dann stellt sie sich auf die Zehenspitzen und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Während ich noch völlig perplex dastehe, ist sie auch schon weg. Was war das? Ich schaue nach oben und da hängt er wieder… der Mistelzweig. Klar, was auch sonst? Kapitel 2: Adventskranz ----------------------- „Etwas davon, etwas davon und dann noch etwas davon“, dirigierte mich Mimi umher und ich legte einfach nur noch Blumen, Kerzen und irgendwelchen Dekokram in den Einkaufskorb. Es war einfach unglaublich, was diese Frau alles für einen Adventskranz brauchte. Reichen da nicht ein paar Kerzen, die man auf ein bisschen Gestrüpp steckt? Von letzterem sollte sie doch noch genug haben, nachdem sie das Büro damit vollgehängt hat? Zumindest etwas Gutes hatte ihre Aktion ja… Wir waren seit diesem Tag glücklich zusammen. „Tai? Tai! Sag mal hörst du mir überhaupt zu?“, schnaubte Mimi und sah mich empört an. „Ähm, Sorry“, murmelte ich und legte schnell die Nussknacker-Figur vor der wir standen in den vollen Einkaufskorb. „Ich glaube, jetzt habe ich alles.“ Zufrieden lächelte sie. „Das macht dann 12000 Yen.“ Mir fiel die Kinnlade hinunter. 12000 Yen? Für einen Kranz, den wir in wenigen Wochen wieder wegschmeißen? Doch Mimi schien das alles kalt zu lassen. Freudestrahlend hielt sie der Kassiererin die Bankkarte entgegen. Ich hörte, wie der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde. Mimi war vor einigen Stunden zu Sora aufgebrochen. Die beiden wollten gemeinsam Kränze herstellen. Ich genoss in der Zeit die Ruhe. Ich liebe Mimi wirklich sehr, aber in der Weihnachtszeit war sie einfach zu viel. Keine fünf Sekunden stand Mimi vor mir – oder vielmehr ein riesiger Adventskranz. „Schau mal. Ist der nicht wunderschön geworden? Passend zum ersten Advent. Wir können gleich eine Kerze anzünden.“ Ohne eine Reaktion abzuwarten holte sie ein Feuerzeug und steckte die erste Kerze an. „Wunderschön“, sagte ich und starrte auf das überdimensionale, kitschige Ding. Zufrieden kuschelte sich Mimi zu mir auf die Couch. Einige Zeit später ertönte ein unerträglich nervtötendes Piepsen und ich hörte Mimi schreien. Ich blinzelte ein paar Mal. Mist, wir waren auf der Couch eingeschlafen – und die Kerze brannte noch. Schnell löschte ich das Feuer. „Mensch, der schöne Kranz.“, murmelte Mimi traurig. Genau, der schöne Kranz. Kapitel 3: Nikolaus ------------------- Mimi hatte Weihnachten schon immer geliebt. Jede einzelne Tradition wurde zelebriert. Der Mistelzweig in der Firma war nur der Anfang gewesen, allerdings war das der Moment, indem sich bei uns alles verändert hatte. Wir waren seit dem Kuss auf die Wange unzertrennlich und waren auch zeitnah zusammengezogen, obwohl Mimi beim nächsten gemeinsamen Weihnachtsfest beinahe unsere Wohnung mit ihrem selbstgemachten Adventskranz in Brandt gesteckt hatte. Doch das war wieder ein ganzes Jahr her und heute war Nikolaus. Mimi hatte natürlich ihre Ugg-Boots vor der Schlafzimmertür aufgestellt und mich gezwungen einen Turnschuh dabei zu stellen. Obwohl ich eher ein Weihnachtsmuffel war, fieberte ich diesem Tag schon seit Wochen hinterher. Denn ich hatte ein ganz besonderes Geschenk für sie. Kaum waren wir beide aus dem Bett gestiegen, rannte Mimi wie ein begeistertes Kind zu ihrem gefüllten Stiefel. „Oh mein Gott, sind das Mochis mit Zimtgeschmack?“, fragte sie begeistert als sie die erste Süßigkeit entdeckte. Ich lehnte mich lässig gegen die Wand und versuchte mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Doch je länger sie brauchte mein eigentliches Geschenk zu finden, desto nervöser wurde ich. „Möchtest du nicht auch in deinen gutgefüllten Stiefel schauen?“, hakte sie grinsend nach, doch ich wank nur kurz ab. „Gleich. Guck du erstmal in Ruhe in deinen Stiefel.“ Sie verdrehte die Augen, runzelte aber gleichzeitig die Stirn als sie eine kleine Samtschachtel hervorholte. Mein Herz schlug kraftvoll gegen meine Brust als ich mich zu ihr hinkniete und sie mich mit ungläubigen Augen betrachtete. „Taichi“, flüsterte sie kaum hörbar. Ich grinste nur verlegen und nahm ihr die Schachtel geschickt aus den zitternden Händen. Ich atmete tief ein und erinnerte mich an all die schönen Momente, die wir in den letzten zwei Jahren als Paar erlebt hatten. Bei ihr fühlte ich mich sicher. Sie war meine Seelenverwandte. „Willst du mich heiraten?“ Kapitel 4: Christbaumkugel -------------------------- Es war kaum zu glauben, wie schnell die Zeit vergeht. Es kommt mir vor als hätte ich ihr gestern den Heiratsantrag gemacht, dabei ist es nun schon ein ganzes Jahr her. Und seit ein paar Tagen sind wir nun auch glücklich verheiratet. Da die Weihnachtszeit die Zeit war, in der sich unsere Beziehung von Freunde zu einem Paar hin zu Verlobten geändert hatte, hatten wir beschlossen, auch am Nikolaustag zu heiraten. Das war jetzt genau elf Tage her. Elf Tage, in denen wir auf Wolke sieben schwebten, keine Streits, kein Stress, nur wir zwei. Ich hätte wissen müssen, dass diese Ruhe und Seligkeit nur von kurzer Dauer war. Seit den frühen Morgenstunden lag mir Mimi nun schon in den Ohren, dass wir einen Weihnachtsbaum kaufen müssten. Weihnachten bla, Tradition bla, Platz für Geschenke bla. Ich weiß wirklich nicht, was sie immer mit diesem Weihnachtskram hat. „Meinetwegen, dann gehen wir halt einen Baum kaufen“, lenkte ich schließlich ein. Freudestrahlend sprang Mimi auf und klatschte dabei in die Hände. Doch statt eines Lächelns schaute sie plötzlich besorgt. Ehe ich etwas sagen konnte, hatte sie sich schon umgedreht. „Na dann komm jetzt“, und mit diesen Worten zog sie sich an. „War das jetzt alles“, fragte ich und blickte auf die Kartons, die ich eben alleine aus dem Keller tragen durfte. Mimi hatte nur dirigiert. Irgendwie war das wohl unsere typische Rollenverteilung.. aber ich wollte mich nicht beschweren. Ich machte es ja auch gerne für sie. Und irgendwie machte mir dieses ganze Weihnachtsgedöhns ja langsam auch Spaß – auch wenn ich Mimi das niemals verraten würde. Wir hatten eben den Stern auf unseren Baum gesetzt und ich begutachtete gerade unser Meisterwerk, als Mimi sich räuspert. „Ich habe noch eine Christbaumkugel“, verkündet sie schüchtern und holt aus einer Schachtel eine Christbaumkugel, auf der Kinderfußabdrücke aufgedruckt sind. Kapitel 5: Festessen -------------------- Alle sehen sie angewidert an, einschließlich mir. »Was tut sie da?«, fragt Matt ganz offen in die Runde, während Sora nur verstört grinst und versucht, sich weiter auf ihr Essen zu konzentrieren, was ihr nicht so leichtfällt. Was uns ALLEN nicht leicht fällt. Ich sehe meine Frau an und frage mich, ob es sein kann, dass er gerade ihren Körper übernommen hat? Vor einer Woche haben wir erfahren, dass es ein Junge wird. Deshalb haben wir unsere besten Freunde einen Tag vor Heilig Abend zu einem Festessen eingeladen. Leider bleibt für uns anderen nicht allzu viel von dem Mahl übrig, denn Mimi vertilgt gerade alles, was ihr vor die Nase kommt. Unsicher sehe ich meine Frau an. Plötzlich blickt sie auf, als sie spürt, dass alle Blicke auf ihr ruhen. »Was ifft?«, nuschelt sie mit vollem Mund. »Mimi«, sage ich und lege ihr eine Hand aufs Bein. »Schling nicht so, dir wird noch schlecht.« Wie auf Kommando springt Mimi auf und rennt ins Bad. Es folgen Würgegeräusche. Das kenne ich schon, seit sie schwanger ist, wird ihr immer wieder übel. »Schade ums Essen«, meint Matt nur und ich nicke zustimmend. Nachdem ich Mimi ins Bett gebracht und Matt und Sora verabschiedet habe, möchte ich die Küche aufräumen. Doch als ich sie betrete, erstarre ich. Mimi sitzt mit dem Rücken zum Kühlschrank gelehnt auf dem Boden - schlafend - mit einer Hähnchenkeule in der Hand. Ich rüttle sie sanft wach. »Was ist?«, schreckt sie hoch und lässt dabei die Keule fallen. »Nichts«, lache ich. »Du hattest wohl noch Hunger.« »Einen Bärenhunger!« »Natürlich, wie könnte es anders sein?« Lachend schnappe ich sie mir und hebe sie hoch, doch als ich sie zurück ins Schlafzimmer tragen will, beschwert sie sich. »Halt! Meine Keule!« Ich drehe um. »Klar, Schatz.« Kapitel 6: Bescherung --------------------- Ich sah in seine großen braunen Augen, die vor Neugier funkelten. Er brabbelte aufgeregt und gluckste zufrieden, während wir uns unter dem Baum zusammengefunden hatten. Mimi saß direkt darunter und trug ein rotes Kleid mit Spitze, während sie ihre Haare locker zu einer Hochsteckfrisur gebunden hatte. „Kannst du das glauben?“, fragte sie liebevoll und strich sanft über die Wange unseres Sohnes, der auf meinem Schoss saß. „Unsere erste Bescherung als Familie.“ Auch ich lächelte zufrieden. Ja, in den letzten Jahren hatte sich so viel verändert. Wir waren zusammengewachsen. Erst als Paar, dann als Eltern. Unser Sohn entwickelte sich prächtig und konnte sogar schon krabbeln und zog sich an den Möbeln hoch, weil er einfach die Welt entdecken wollte. Wahrscheinlich kam er ganz nach mir. „Weißt du“, begann Mimi schüchtern. „Ich glaube, dass hier ist bisher unser schönstes Weihnachten.“ „Ach wirklich? Ich fand unsere Weihnachten immer schon besonders“, lachte ich. „Aber jetzt sind wir kleine Familie und ich glaube, es wird Zeit, dass du dein Geschenk aufmachst.“ Sie grinste und hielt mir eine längliche Schachtel hin. Ich runzelte die Stirn, balancierte unseren Sohn auf meinem Schoss und öffnete das kleine Päckchen, dass mir sofort die Sprache verschlug. Ich riss ungläubig die Augen auf und sah zu Mimi, die nur bestätigend nickte. „Scheinbar, wird unsere Familie nächstes Jahr um ein Mitglied größer.“ „Ich dachte, wir wollten uns zuerst einen Hund anschaffen“, witzelte ich, ging aber sofort zu ihr auf die Knie. Sie nahm unseren Sohn entgegen, während ich sie in eine tiefe Umarmung zog und liebevoll ihre Stirn küsste. „Also bald Weihnachten zu viert?“ „Vielleicht auch Weihnachten zu fünft, wenn du noch einen Hund holen möchtest.“ Sie kicherte und drückte unseren Sohn an ihre Brust, während ich nicht glücklicher sein konnte. Weihnachten würde wohl immer eine ganz besondere Zeit für uns bleiben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)