Krieger, Magier und Diebe von Arianrhod- (AU, Science Fantasy) ================================================================================ Kapitel 23: Gericht ------------------- Titel: Krieger, Magier und Diebe Teil: 23/24 Autor: Lady Silverwolf Anime: Beyblade Warning: OOC Disclaimer: Die Hauptcharaktere gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dieser Fanfic. "..." reden //...// denken ~~~~~~~ Hier bin ich mit einem neuen Kapitel, etwas spät zwar, aber besser spät als gar nicht. ^^''''' Wie ihr im letzten Kapitel schon gemerkt habt, ist das Ende ein wenig anders, als man erwarten könnte. Ich hoffe, ich habe die Sache mit dem Gericht und der Verhandlung und so richtig ins Bild setzen können. Mir kommt es etwas zu...unintensiv(?) vor. -.- Aber ich hab ewig an der Szene rumgeschrieben und keine Ahnung, was ich noch ändern könnte. Also hab ich's gelassen. Im Übrigen hatte ich die Szenen erst vollständig, hab mich aber dann doch zur Trennung entschieden. 'Spannung aufbauen' nennt man sowas wohl. ** @ Spellmaster: Ich finde, man kann bei Fantasy schon von Realismus sprechen. Wenn ich zum Beispiel schreibe, einer kann in der Luft laufen, ist das unrealistisch. Wenn ich sage, er kann in der Luft laufen, weil er besondere Schuhe hat, die ihm diese Fähigkeit verleihen, ist das okay. Die schwarzen Mäntel haben dich an was erinnert? Ich steh grad auf dem Schlauch. Außer den Nazgul und den Dementoren fällt mir da niemand ein, aber die haben nix mit dem hier zu tun. ?.? Ein Gespräch gibt es. Ganz am Schluss, aber nur ganz kurz. @ Katzengirl: Jo, ohne Realität geht's nüscht. @ Sesshi-Chan: Ne, das hier war nur ein Übergangskapitel. Ich kann sie ja nicht plötzlich nach Nijan zurücksetzen. Aber es war wichtig, von wegen Dizzy und so. Was die dem Richter verzählen erfährst du gleich. Mit der Frage, ob es realistisch ist, meinte ich eher die Sache mit den Mänteln und so. He, was glaubst du, wie Kenny kucken sollte? >Ob der letzte Dialog realistsich war? O.o >Hast du dir ma deine FF angeguckt? XD ?.? Wie soll ich das jetzt verstehen? Ist es jetzt realistisch oder nicht? @ schwarzer_nebel: Ich hatte auch erst einen ganz klassischen Showdown vor. So von wegen bringen die Magiertürme zum Einsturtz und so. Hab das aber dann doch gelassen. Klar freuen die sich. XDDDD Kai hat nicht mehr die Gelegenheit. Aber Yuriy. Und Olivier. Ich mag's nicht, wenn es zuuu abgedreht ist. Ich will einen Grund haben und wenn der noch so an den Haaren herbeigezogen ist. ** ~~~~~~~ Gericht "Ob die wirklich eine Verteidigung für deinen Großvater vorbereiten?", murmelte Max. "Die streiten sich doch nur!" "Ich hätte nie gedacht, dass das so schwer ist.", meinte Hilary und goss das heiße Wasser durch den Teesieb. Sie lauschten mit einem Ohr in das Wohnzimmer hinüber, wo mehrere bedeutende Persönlichkeiten Nijans heftig stritten. Judy sowie Kennys Eltern und Hilary hatten schon seit längerem kein Wort mehr zu der Diskussion beigetragen, die in Wirklichkeit nur noch ein kindischer, unwürdiger Streit war. Wenn die am nächsten Tag die Verteidigung Takerus übernehmen würden - na dann, gute Nacht! Die Verhandlung würde zu einer einzigen Farce verkommen und die Magier den Zuspruch in der Tasche haben! Ungeduldig klopfte Kai mit den Finger auf den Tisch. Wenn die nicht bald zu irgendeiner Entscheidung oder zumindest zu einem Fortschritt - mehr verlangte er doch gar nicht! - kommen würden, würde er explodieren! "Aber, aber, meine Liebe, das ist doch nicht..." "Ich sagte Ihnen aber, das wird nicht..." "Ihre Idee ist doch nicht durchzuführen! Ich denke, wir sollten..." "Was Sie da vorhaben, kann nicht..." Jeder unterbrach jeden und alle redeten durcheinander. Man konnte kaum ein Wort, geschweige denn einen ganzen Satz hören. Wie wollten die zu einer Entscheidung kommen?! Wie wollten die wirkungsvoll gegen die einträchtige Front der Magier ankommen?! Die hatten ja nicht einmal einen Wortführer! Es war klar, warum diese Leute gegen die Magier kämpften. Wenn sie tatsächlich siegten, müssten sich die Türme aus dem öffentlichen und vor allem aus dem politischen und wirtschaftlichen Leben Nijans herausziehen und es würde ein enormes Machtvakuum entstehen, da sie natürlich allen Einfluss verlieren würden. Jeder der Männer und Frauen wollte dieses Vakuum füllen, aber alle arbeiteten gegeneinander, so dass es wahrscheinlich gar nicht erst entstehen würde. Es war doch klar, dass die so und auf diesem Wege nichts erreichen konnten! Denen waren die Hatesit und ihr Schicksal und auch Takeru völlig egal! Alles, was sie sich davon versprachen, war Macht. Diese angebliche Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft war doch nur ein Vorwand. Keiner von ihnen hätte auch nur den kleinen Finger gekrümmt, wenn nicht Einfluss und Macht als Preis für den Sieger gewunken hätten! "Wie lange wollen die den noch reden?", murmelte Takao unglücklich. Auch er hatte gemerkt, dass das alles nicht so lief, wie es eigentlich sollte. Dann kam Judy in die Küche. Sie seufzte. Alle Zuversicht war aus ihrem Gesicht gewichen. "So war es schon die letzten Tage.", meinte sie leise. "Abends, wenn sie gehen, ist man total geschafft, aber am nächsten Morgen sieht die Welt wieder ganz freundlich aus und man glaubt, es könnte endlich eine Besserung stattfinden! Aber man wird immer wieder enttäuscht. Heute sind sie noch immer so weit wie am Anfang. Das ist unglaublich!" Sie raufte sich die Haare und nahm Hilary den Tee ab. "Nein.", grummelte Kai. "Politik. Wenn die nicht bald mit ihren lächerlichen Streitereien aufhören, werde ich sie dazu zwingen." "Nein! Tu das nicht!" "Schon gut. Noch kann ich mich beherrschen." "Ich hoffe, das bliebt so! Ich weiß nicht, wie sie reagieren werden, wenn plötzlich ein Hatesit vor ihnen steht! Auch wenn sie vorgeben, euch helfen zu wollen, sie werden..." "Ich weiß selber, was die wollen!" "Dann ist ja gut!" Judy winkte Hilary. "Komm mit, bevor denen auffällt, dass du ziemlich lange in der Küche herumwerkelst." "Ach. Das kriegen die doch nicht mit! Die sind viel zu sehr mit ihren kindischen Streitigkeiten beschäftigt." Judy seufzte. "Da magst du wohl recht haben. Am Anfang habe ich mir viel mehr davon versprochen." Judy zuckte die Schultern und ging wieder zurück, gefolgt von Hilary. "Bitte, meine Damen und Herren, wir sind hier doch nicht auf dem Fußballplatz!" "Frau Mizuhara, bitte, Sie sind wohl kaum in der Lage, zu entscheiden, was in einer solchen Situation angebracht ist.", protestierte jemand. "Herr Ikegawa, was auch immer angebracht ist, diese würdelose Debatte sicher nicht. So kommen wir nicht zu einer Entscheidung und falls es Ihnen entfallen ist, meine Herrschaften, morgen ist bereits die Verhandlung. Falls wir also wirklich etwas für Takeru und die Hatesit tun wollen, müssen wir heute entscheiden, was. Also, bitte, bewahren sie Ruhe." "Frau Mizuhara, ich sage es nur ungern, aber..." "Seien Sie still, Ikegawa, ich bin sicher, Judy..." "Miss, ich darf doch wohl sehr bitten..." "Frau Mizuhara hat sicher..." "Jetzt geht das schon wieder los!", fauchte Takao und fuhr auf. "Ich kann da nicht länger zuhören! Es geht um das Leben meines Großvaters und was tun die?! Sie zanken sich!" "Takao...!" Kai wollte den Jüngeren am Arm packen, aber dieser war an ihm schon vorbei. Kurz darauf begann er zu brüllen, dass das Haus bebte: "Was denken Sie sich eigentlich alle?! Warum stehen Sie hier herum und zanken sich?! Sie benehmen sich wie kleine Kinder, während das Leben von meinem Großvater auf dem Spiel steht! Was denken Sie eigentlich, was das hier ist? Ein Spiel?! Sie sind doch...!" "Junge, wer..." "Was suchst du hier, Takao? Ich dachte..." "Aber du bist doch..." "Fangen Sie schon wieder an?", empörte sich der Blauhaarige. "Setzen Sie sich gefälligst hin und schreiben Sie auf, wie Sie meinen Großvater verteidigen wollen!" "Er geht ja richtig energisch an die Sache ran.", murmelte Kai belustigt und folgte ihm. Max und Rei kamen rasch hinterher um sich Takaos bizarre Vorstellung genauer anzusehen. Der Blauhaarige stand mit zu Fäusten geballten Händen vor einer Gruppe gut gekleideter Männer und Frauen und funkelte sie streitlustig an. Judy sah etwas verzweifelt aus und Hilary grinste schadenfroh, auch wenn sie es hinter ihrer Hand verbergen wollte, während die Gäste verdutzt und beinahe entsetzt den Jungen anstarrten. Ihre Gesichter entgleisten zu fassungslosen Mienen, als Kai mit überkreuzten Armen hinter Takao trat und sie aus kalten Augen anblickte, und schließlich auch noch Rei und Max dazukamen. "Was...hat das zu bedeuten, Judy?", wollte eine Frau wissen. Kai erkannte sie an der schrillen Stimme sofort als die erste Besucherin, Malinda Fitzroy. Judy seufzte. "Ich glaube nicht, dass ich Ihnen erklären muss, wer oder besser gesagt, was diese vier Jugendlichen sind. Bitte setzen Sie sich und lassen Sie uns endlich zur Sache kommen." Tatsächlich folgten die Anwesenden ihrem Befehl - nichts anderes war es gewesen - und ließen sich wieder auf die Sessel, Stühle und Sofas nieder. "Die vier sind heute Morgen bei mir angekommen.", erklärte Judy. "Sie sind auf der Suche nach dem Amulettdieb, der bei den Magiern in Nijan Unterstützung gefunden hat. Wenn sie die Amulette nicht zurückerhalten, werden viele Bündniskrieger sterben aufgrund des Zaubers, den der Dieb durchführen will." "Also, das ist ja unerhört!", empörte sich jemand und der dickliche Mann schien es tatsächlich so zu meinen. "Was nehmen die sich eigentlich heraus?" Diesmal schienen alle Anwesenden seiner Meinung zu sein. "Ich muss ihnen zustimmen, Herr Yoshiro. Das ist nicht länger zu dulden.", ereiferte sich Malinda Fitzroy. Sie klopfte sich ungeduldig mit einem Fächer auf den Handrücken. "So etwas muss unterbunden werden. Ich fürchte, du hast recht, Judy, meine Liebe, dass wir uns unwürdig verhalten haben in den letzten Tagen, aber..." "Aber Frau Fitzroy, ich darf doch sehr bitten!", protestierte eine Frau und Kai verdrehte die Augen. "Geht das jetzt schon wieder los?" "Junger Mann, Sie sollten sich aus Dingen, die Sie nicht verstehen, heraushalten und uns nicht kritisieren." Kai grinste kalt. "Ich verstehe durchaus, was hier abläuft, Miss. Hier geht es darum, wer die Macht erhält, nachdem die Magier weg vom Fenster sind. Stimmt' s oder habe ich Recht?" Einen Moment starrte ihn alle an, dann lachte Fitzroy etwas zu hoch. "Nein, natürlich nicht! Hier geht es um die Rechte von Mitmenschen, die von den Magiern verfemt werden. Um nichts anderes!" "Verkaufen Sie uns nicht für dumm.", verlangte Kai. "So blöd sind wir nämlich auch wieder nicht um die offensichtlichen Dinge zu übersehen!" "Aber, ich darf doch sehr bitten!" "Wer bist du überhaupt, Junge?", fragte ein Mann abschätzig, Ikegawa, wenn Kai sich richtig erinnerte. Der Rotäugige schenkte ihm einen eisigen Blick. "Man nennt mich Feuerrabe. Das sollte genug sein." Der Name, den er nach Bel Hélen erhalten hatte, war auch hier wohlbekannt, dass merkte er an der Reaktion, die wie gewünscht und erwartet ausfiel. Die Atmosphäre im Raum änderte sich schlagartig. Vorher hatten sie ihn wie einen unmündigen Jungen behandelt, jetzt sahen sie in ihm, was er wirklich war: ein Krieger, der nicht zu unterschätzen war. "Wenn das jetzt geklärt wäre, können wir ja beenden, was ihr nicht beginnen konntet." "Bist du sicher, dass das klappt?" "Warum nicht? Wenn die schon wissen, dass ich übergelaufen bin, merke ich das sofort. Wir haben Yuriy und Michael im Rücken, Unicolyon und Dizzara als Verstärkung. Meinst du, die wären tatsächlich schnell genug, uns irgendetwas zu tun?" "Nun, nein, aber...ich habe trotzdem kein gutes Gefühl bei der Sache." "Das liegt daran, dass es gefährlich ist. Kein Zweifel. Aber anders kommen wir nicht in den Turm hinein." "Das versteh ich ja, aber trotzdem..." "Mach dir keine Sorgen. Wir müssen die Amulette unbedingt wieder beschaffen! Oder nur Drigers. Und wäre ein besserer Zeitpunkt als die Gerichtsverhandlung, wenn die meisten Magier nicht im Turm sind?" "Ich sagte doch, ich verstehe das. Aber..." "Still jetzt. Sonst hören sie uns." Olivier zügelte sein Pferd und rutschte aus dem Sattel. Die letzten fünf Schritte zum Tor des Turmes der Donnersteine führte er es. Kenny tat es ihm gleich. Die beiden sahen so aus, als wären sie gerade erst in Nijan angekommen. Staubig, verdreckt und müde, kein Wunder, sie waren den ganzen Morgen durch die Wüste geritten um eben diesen Eindruck zu schaffen. Es war bereits Mittag, die Gerichtsverhandlung sollte bald beginnen. Währenddessen sollten Olivier und Kenny die Amulette - zumindest Drigers, damit sie die Macht der Göttlichen anwenden konnten - beschaffen, direkt aus dem Turm unter der Nase Calaminus' weg. Jetzt blieb nur zu hoffen, dass der Magier tatsächlich in der Schule war und nicht in einem der anderen Türme. Es bestand eine ziemlich hohe Chance, dass dem eben nicht so war, aber sie hatten hin und her überlegt und die Berichte von Judy und Hilary so ausgelegt, dass Calaminus mit seinen Getreuen im Turm der Donnersteine Unterschlupf gesucht hatte. Das war logisch, denn die meisten Gäste der Magier aus Nijan kamen in der Schule unter. Etwas anderes hätte Aufsehen erregt und laut Oliviers Aussage steckten nicht alle Magier mit den Dieben unter einer Decke. Olivier klopfte. Kurz darauf wurde das kleine Sichtfenster geöffnet und ein altes Gesicht schaute heraus. Es ließ sich nicht unterscheiden, ob es ein Mann oder eine Frau war. "Ja?", quäkte eine Stimme. Olivier lächelte freundlich. "Guten Tag. Ich bin auf der Suche nach Calaminus. Mein Name ist Olivier LesDemondes und..." "Ah! Herr Olivier!", unterbrach der - oder war es doch eine Frau? - Alte. "Sie werden schon erwartet! Herr Calaminus ist zur Zeit beschäftigt, aber er wartet auf Ihre Nachrichten!" Olivier hätte sich beinahe gegen die Stirn geschlagen. Den Auftrag, den er von Calaminus erhalten hatte, hatte er vollkommen vergessen! Das hätte gefährlich werden können. Aber das war jetzt egal. Calaminus war beschäftigt - mit was wohl? - und konnte ihn nicht empfangen. Sie würden die Amulette beschaffen und auf schnellstem Wege wieder verschwinden. Calaminus würde dann sowieso wissen, dass er ein Verräter war. Die Tür wurde geöffnet, so dass Kenny und Olivier mit ihren Pferden eintreten konnten, und hinter ihnen sofort wieder geschlossen. Sie standen auf einem kleinen Innenhof. Gegenüber von ihnen befand sich der eigentliche Eingang zum Turm, links und rechts befanden sich Holzgebäude, wahrscheinlich Stallungen und über sich konnte Olivier einen schmalen Streifen des blauen Himmels erkennen. "Seien Sie gegrüßt, seien Sie gegrüßt!", quäkte der Pförtner. "Mein Name ist Alfrun und ich bin die Meisterin des Tores im Turm der Donnersteine." Also doch eine Frau! Sie musterte Kenny kurz. "Man hat mir nicht gesagt, dass sie Begleitung haben." "Das ist nur mein Diener, Kenny." "Verbürgen Sie sich für ihn?" "Natürlich. Ich lege für ihn die Hand ins Feuer. Er wird nichts tun, was gegen meinen Willen ist." "Dann ist alles in Ordnung! Ich werde jemanden rufen lassen, der sich um ihn kümmern kann." "Nein, danke. Er bleibt bei mir. Lassen Sie jemanden die Pferde versorgen, aber wir werden so schnell wie möglich weiterreisen. Ich möchte, dass die Pferde bereit sind, wenn es soweit ist. Meine Familie erwartet mich." "Oh! Ich verstehe! Wie Sie wünschen. Aber Calaminus wird noch eine Weile beschäftigt sein! Er ist schon seit gestern mit diesem Ritual beschäftigt." "Was ist mit Karmaat?" "Dessen Hilfe wird benötigt. Ebenfalls die von Chargrin und Scaramak." "Oh. Dann werde ich wohl warten müssen." "Man wird eine Mahlzeit für sie servieren. Da kommt schon ein Schüler, der Sie ein Zimmer führen kann." Der Junge war klein, pickelig und blond. Er war in die Kleidung des Magieschülers gehüllt und wirkte sehr aufgeregt. Immerhin durfte er - er! - einen Spössling aus der berühmten Familie LesDemondes führen und helfen! Er macht seine Aufgabe trotz seiner Nervosität recht gut und brachte Olivier und Kenny rasch in ein Zimmer, in dem schon ein Mahl aufgetragen war, das verführerisch duftete und beinahe noch besser aussah. Aber Olivier und Kenny wussten, dass sie dafür keine Zeit hatten. Sie mussten die Amulette finden und das möglichst schnell! Anscheinend begann Calaminus gerade, seinen Zauber durchzuführen! Sie mussten das unter allen Umständen unterbinden. Wer mochte schon wissen, was er bewirkte! Die Amulette vieler Hatesit waren dabei und auch die von Rei, Lee, Kevin, Sergej und Bryan. Kenny blieb bei der Tür stehen und sah sich nach etwas Schwerem um, während Olivier Platz nahm. "Wo führt Calaminus den Zauber durch?", wollte er geradeaus wissen. "Ich habe noch etwas für ihn." "Ich glaube nicht, dass Meister Calaminus das jetzt noch braucht.", murmelte der Junge schüchtern und gutgläubig. "Aber ich kann es Ihnen gerne nachher zeigen, wenn Sie wollen. Es ist im Silbernen Saal im fünften Stock." "Danke.", antwortete Olivier und nickte Kenny zu. Dieser hatte inzwischen etwas gefunden, was seinen Zwecken dienen würde. Ein schwerer, goldener Kerzenhalter. Er hatte ihn von der Kommode neben der Tür genommen und baute sich hinter dem pickligen Schüler auf. In seinem Bauch hatte er ein etwas mulmiges Gefühl. So etwas hatte er noch nie gemacht. Alle körperlichen Auseinandersetzungen hatte er immer Takao überlassen. Der wüsste immer besser, wo genau er hinschlagen musste, aber Takao war jetzt in Sepun und musste für seinen Großvater sprechen. Also blieb diese Aufgabe an ihm hängen. Er holte aus. "Ach, und Junge.", begann Olivier. "Ja?", wollte der Schüler wissen. Olivier lächelte liebenswürdig. "Tut uns Leid." "Was?" Dann krachte der Kerzenhalter mit solcher Wucht auf den Hinterkopf des armen Schülers nieder, dass ein dumpfer Laut ertönte. Der Junge brach sofort zusammen. "War...war das nicht zu fest?", fragte Kenny unsicher und stellte seinen Prügel auf die Kommode zurück. Olivier war währenddessen neben dem Jungen in die Hocke gegangen und tastete prüfend über dessen Hinterkopf. "Nein. Ich denke nicht. Gute Arbeit." Kenny wurde rot vor Freude über dieses Lob. "Komm. Fünfter Stock, Silberner Saal. Wir werden ihn schon finden." Vorsichtig öffnete der Magier die Tür und spähte nach draußen. Der Flur war menschenleer. Rasch schlüpften sie nach draußen und schlossen die Tür hinter sich. Olivier fühlte sich etwas unwohl. Für einen Magier verbot es sich eigentlich von selber, ohne Führer in einem fremden Turm oder Magierhaus herumzuspazieren. Es gehörte sich einfach nicht, weil jeder Turm, jedes Haus ihre eigenen Geheimnisse und Zauber hatten, die natürlich niemand erfahren durfte. Aber wenn jemand allein herumstrolchte, konnte er doch etwas herausfinden, sei es aus Absicht oder durch Zufall. Olivier schob seine Bedenken beiseite. Dafür war jetzt kein Platz. Außerdem war er ja nicht hier um die Geheimnisse des Turms der Donnersteine herauszufinden, sondern um die gestohlenen Amulette seiner Freunde und Verbündeten zu finden und zurückzubringen! Da konnte man sich solche Heimlichkeiten schon erlauben! Rasch gingen Kenny und Olivier den Flur zurück zur Treppe. Sie befanden sich im dritten Stock, Kenny hatte mitgezählt. Rasch stiegen sie zwei Treppen nach oben um ihn einem langen Flur zu stehen. Der Boden war mit einem dicken, flauschigen Teppich ausgelegt, der alle ihre Schritte schluckte und an der Wand waren in regelmäßigen Abständen magische Lichter befestigt, die den fensterlosen Flur erhellten. Hin und wieder war eine Tür in der Wand eingelassen und der Gang verlief leicht gebogen, so dass sie sein Ende nicht sehen konnten. "Und jetzt?", fragte Kenny leise. "Wie sollen wir bloß den Silbernen Saal finden? Ich meine, wir können doch nicht in jede Tür hineinschauen! Was wäre, wenn wir die falsche erwischen?!" Olivier zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Wir sollten jemanden finden, der es uns sagen kann." "Und wen? Hier ist niemand!" Statt einer Antwort setzte Olivier sich in Bewegung und ging zur ersten Tür. Er hob die Hand um anzuklopfen, hielt aber dann inne. Mit einem seltsamen Lächeln betrachtete er die Schnitzereien auf der Holztür. "Beziehungsweise, wir lesen, was an der Tür steht." Kenny warf einen skeptischen Blick auf die verwirrenden Muster und Ornamente der Schnitzerein. "Da...steht etwas?" "Ja. Es ist die Geheimschrift der Magier und sehr schwer zu erlernen. Viele wissen überhaupt nicht, dass es sie gibt. Darum ist sie auch so praktisch. Komm." Olivier ging zur nächsten Tür. "Meinst du, er hat mit dem Zauber schon begonnen?", fragte Kenny leise. Sorge und Angst schwang in seiner Stimme mit. Er wollte nicht, dass die Hatesit starben. Außerdem waren ja auch Freunde darunter. "Ich bin ganz sicher. Die Pförtnerin hat doch gesagt, dass sie schon seit einiger Zeit daran hocken. Hoffentlich können wir das Schlimmste verhindern." Endlich blieb Olivier stehen. "Hier. Silberner Saal." Er nickte zur Tür. "Was jetzt? Einfach hineinplatzen?", fragte Kenny unsicher. "Nein. Das wäre das Dümmste, was wir tun können. Sie würden sich zu schnell gefasst haben, als dass wir die Situation überschauen, die Amulette holen und dann wieder verschwinden können." "Aber was dann?" Statt einer Antwort drückte Olivier das Ohr an die Tür. "Halte Wache!", zischte er dem Anderen zu. "Es wäre eine schwer zu erklärende Situation, sollte mich so jemand sehen!" Sofort richtete Kenny seine Aufmerksamkeit auf den Gang. Olivier konzentrierte sich, etwas zu hören, aber außer hin und wieder einem Zauberwort, dessen Macht er durch die Tür spüren konnte, erfuhr er nichts. Was nun? Die gesamte Stadt schien auf den Beinen zu sein. Die Straßen waren vollgestopft mit Leuten, die alle ein Ziel hatten: den Platz vor dem Rathaus, auf dem die Gerichtsverhandlung stattfinden würde. Auf den Straßen waren Lautsprecher und Bildschirme verteilt worden, damit auch ja alle Zuschauer die Verhandlung mitbekommen würden. Auf dem Rathausplatz waren lange Reihen von Bänken aufgestellt worden und weitere Lautsprecher würden dafür sorgen, dass auch der hinterste Zuschauer jedes Wort verstehen würde. Vor dem Rathaus war ein Podest errichtet worden, links und rechts je eine Tribüne, in der Mitte die Sitze und Tische der Richter, Geschworenen, Kläger und Verteidiger. Den Richtersesseln gegenüber befand sich der Stuhl für die Aussagenden. Die Bühne konnte man über eine Treppe erreichen, die an ihrer Rückseite angebracht war. Auf den beiden Tribünen saßen - natürlich getrennt - die Magier und Takerus Verteidiger. Kai erkannte viele von denen, die am letzten Tag in Judys Haus gewesen waren und noch ein paar mehr. Sie hatten einstimmig Judy zur Wortführerin gewählt, die nun neben Max und Takao saß. Die beiden Hatesit - so wie auch die anderen aus ihrer Gruppe, falls nötig - hatten sich so vermummt, dass man sie nicht erkennen konnte. Jetzt warteten alle Anwesenden ungeduldig auf die drei Richter, die das Verfahren einleiten würden, und die sechs Geschworenen. Die Richter waren zwei Männer und eine Frau, die zwar unparteiisch sein sollten, dies aber ganz sicher nicht waren. Doch auf welcher Seite sie - und die sechs Geschworenen standen - wusste niemand. Kai versuchte das Zittern seiner Hände zu unterdrücken, in dem er seine Schwertgriffe umklammert hielt, so dass seine Knöchel weiß hervortraten. //Wann fangen die endlich an? Wenn es noch lange dauert, explodier ich!// Unruhig rutschte er auf seinem Platz ganz hinten auf der Tribüne hin und her und ließ seinen Blick über die Menschenmasse schweifen. Auch sie war unruhig, aber sie warteten gespannt auf das große Ereignis. Viele von ihnen sahen aus, als würden sie die Gerichtsverhandlung für ein tolles Schauspiel halten, nicht allerdings für etwas Wichtiges, das in die Geschichte eingehen würde, sollten die Verteidiger den Zuspruch erhalten. Vielleicht sogar, wenn die Magier gewinnen würden. Wer wusste das schon? Auf jeden Fall hatte es noch nie eine solche Initiative zu Gunsten der Hatesit gegeben. Kai konnte rasch einige bekannte Gesichter in der Menge ausmachen. Rei, Mao und Kevin, die zusammen auf einer hohen Mauer hockten, zwischen anderen Jugendlichen. Lee und Gaou ganz in der Nähe des Podestes und weiter hinten Sergej, Ivan und Bryan. Robert und Jonny befanden sich ebenfalls in der Nähe der Tribüne. Max und Takao saßen bei Judy, Hitoshi direkt neben Kai. Olivier und Kenny waren auf dem Weg zum Turm der Donnersteine - wahrscheinlich hatten sie ihn schon erreicht. Michael und Yuriy würden ihnen Rückendeckung geben und Zeo hatten sie im Haus der Mizuharas im Keller eingeschlossen. Kai fragte sich, ob die Sache heute schnell genug über die Bühne gehen würde, um Stahlklaue am Abend schon wieder sein Amulett in die Hand zu drücken und ihn gehen zu lassen. Aber nein, das glaubte er nicht. Wahrscheinlich würde sich diese Verhandlung ewig hin ziehen. Kai sollte es egal sein - solange Olivier und Kenny Erfolg hatten und die Amulette stehlen konnten. Endlich war es soweit, als die Türen des Rathauses geöffnet wurden. Der Bürgermeister führte den Zug an, der rasch auf das Podest stieg und sich auf die Plätze verteilte. Die drei sahen aus, als verstünden sie ihr Geschäft, souverän und geschäftig. Ob sie hielten, was ihr Aussehen versprach? Bei den Geschworenen - vier Männern und zwei Frauen - verhielt es sich ebenso. Der Bürgermeister erklomm den Aussagestuhl und nahm ein Mikrofon von einer Helferin in Empfang. In seiner kurzen Rede - ein Politiker, der es tatsächlich schaffte, sich kurz und klar auszudrücken! - begrüßte er die Richter, die Magier, die Verteidiger, das Volk und alle anderen Anwesenden und stellte kurz die Sachlage klar. Aus seinen Sätzen entnahm Kai, dass der Mann tatsächlich verstanden hatte, worum es ging. Nicht nur um Takerus Schicksal - sondern um das Schicksal der Hatesit und der Insel. Um den Weg, den die Zukunft nehmen würde. Dann gab er das Wort an den Ersten Richter weiter und stieg von seinem Podest, um sich auf den für ihn bereit gestellten Platz zu setzen, unter die anderen Mitglieder des Rates, die einen Teil der Magiertribüne erhalten hatten. Der Richter war ein älterer, hochgewachsener Herr mit graumeliertem Haar und ernstem Gesicht. In der schwarzen Richterrobe wirkte er noch strenger und sachlicher. Sein Name war Oda Yoshida und er war schon sehr lange in seinem Fach und bekannt für seinen Gerechtigkeitssinn und Sachlichkeit. Das zeigte auch seine Stimme, die kühl und beherrscht war. Er begrüßte noch einmal alle Anweisenden der Reihe nach, ehe er die Anklageschrift vorlas, die gegen Takeru Kinomiya vorgebracht war. "Der Angeklagte wird vorgeworfen, Bündniskrieger gedeckt und ihnen zur Flucht verholfen haben. Des weiteren ist er des Verrats an Nijan und Gefährdung der Insel und der Bevölkerung angeklagt. Wir bitten den Angeklagten Takeru Kinomiya nun auf die Anklagebank." Seine Worte dröhnten von Dutzenden Lautsprechern wiederholt über den Platz und durch die Straßen. Die Menschen waren still, seit er gesprochen hatte, nur hin und wieder hörte man ein Tuscheln oder Flüstern, das aber kaum störte. Kurz darauf wurde erneut die Tür des Rathauses geöffnet und einige Polizisten, die Takaos Großvater in die Mitte genommen hatten, traten heraus und führten den alten Mann auf das Podest auf seinen Platz. Takeru hielt sich gerade und verzog keine Miene, aber man sah ihm deutlich seinen Stolz und den Willen, sich nicht den Magiern zu unterwerfen an. Als er zu sehen wurde, hörte man einige Rufe, die sowohl die Missbilligung ihm gegenüber, als auch die Sympathie bekundeten. Pfiffe und Schreie wurden laut, Gegröle und Gebrüll hallte über den Platz und es dauerte eine Weile, bis der Richter die Ruhe wiederhergestellt hatte. Es war deutlich, dass die Meinung der Bevölkerung gegenüber den Bündniskriegern geteilt war. "Takeru Kinomiya.", begann der Yoshida. "Sie sind angeklagt, Bündniskrieger gedeckt und zur Flucht verholfen zu haben, Verrat an Nijan begangen zu haben und die Insel und ihre Bevölkerung gefährdet zu haben. Die Kläger sind die Magier von Nijan, des Turms der Donnersteine, des Turms des Windflusses und des Turms der Blitzwolke. Sie waren nunmehr einen Monat in Untersuchungshaft und ein Teil der Bevölkerung, allen voran einige einflussreiche Industrielle, haben sich für Sie eingesetzt. Des weiteren haben sich mehrere Gruppen aus der Bevölkerung für oder gegen Sie ausgesprochen. In dieser Verhandlung soll entschieden werden, ob den Magiern stattgegeben wird oder Ihrer Verteidigung. Sollte das Urteil gegen Sie gefällt werden, so werden Sie noch am Tage darauf hingerichtet. Sollte jedoch zu ihren Gunsten entschieden werden, sind die Magier der drei eben genannten Türme dazu verpflichtet, sich aus dem öffentlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben Nijans herauszuziehen." Yoshida sah sich um, blickte erst zu den Magiern, dann zu den Verteidigern. Das noch mehr auf dem Spiel stand, als der Richter eben erklärt hatte, war jedem auf dem Platz klar. Die Industriellen, die sich für Takeru eingesetzt hatten, würden pleite gehen. Niemand würde ihnen mehr etwas anvertrauen, wenn sie jetzt versagen würden. "Der Tatablauf besteht wie folgt: Sie sollen ihren Enkel Takao Kinomiya, der laut ihrer Aussage seit etwa vier Jahren ein Bündniskrieger ist, bis zu jenem Tag, an dem er geflohen ist, gedeckt haben. Des weiteren sollen sie einen durchreisenden Bündniskrieger, von dem nur der Name Hiwatari bekannt ist, einige Tage lang versteckt und nach der Entdeckung durch die Magier ihm und ihrem Enkel Takao sowie dessen beiden Freunden Max Mizuhara und Ken Kyoujyu, die ebenfalls Bündniskrieger sind, zur Flucht verholfen haben. Ist das so richtig?" "Das ist alles wahr.", stimmte Takeru mit fester Stimme zu. "Bis heute hat man von diesen vier Personen nichts mehr gehört. Am nächsten Tag sind Sie, Herr Kinomiya, von den Magiern befragt und in Gewahrsam genommen worden. Sie haben es lediglich dem Glück zu verdanken, dass Sie nicht sofort hingerichtet worden sind, sondern erst in das Staatsgefängnis von Nijan kamen, wo mehrere einflussreiche Persönlichkeiten auf Sie und Ihren Fall aufmerksam geworden sind und sich für Sie eingesetzt haben. Ist das so richtig?" "Das ist wahr." "In Folge dieser Ereignisse hat es viel Aufruhr in Nijan gegeben, bei dem mehrere Menschen verletzt worden und viele Streitigkeiten aufgekommen sind, was natürlich alles nichts mit Ihnen zu tun hat. Darum hat der Rat von Nijan entschieden, die Sache in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zu entscheiden, damit die Fronten ein für alle Mal geklärt sind." Jetzt sprach Yoshida wieder direkt zu der Bevölkerung. "Es muss allerdings auch gesagt sein, dass im Gesetzbuch von Nijan keine Gesetze für oder gegen die Bündniskrieger stehen. Darum kann dieser Anklage nicht stattgegeben werden." Sofort gellten Pfiffe und Buh-Rufe über den Platz. Ein Teil der Zuschauer machte sich lautstark bemerkbar, wurde aber von dem anderen überschrieen. Yoshida machte eine Pause, bis die aufgeheizten Gemüter sich wieder beruhigt hatten und es erneut still auf dem Platz war. "Bitte, Sie haben das Wort, Herr Kinomiya. Was haben Sie zu den Vorwürfen zu sagen?" Takeru nahm das Mikrofon, das man ihm reichte, und erhob sich. "Ich sage nur, dass alles stimmt, was Sie da erzählt haben, Herr Yoshida, und dass ich nie daran gedacht habe, anders zu handeln." Abfällige Rufe wurden im Publikum laut, verstummten aber rasch wieder, so dass der alte Kampflehrer weitersprechen konnte: "Sie müssen wissen, dass mein einziger Sohn und seine Frau bei jenem schiefgelaufenen, leichtsinnigen Experiment der Magier vor acht Jahren ums Leben kamen, wie viele Angehörige der hier Anwesenden." Zustimmende Rufe und Bekundungen des Beileids wurden laut, aber Takeru ignorierte sie. "Es hat mich wie viele Andere auch, tief getroffen, noch tiefer, da die Schuldigen nie bestraft wurden. Ein Jahr später ist mein ältester Enkel auch noch abgehauen, eine weitere Folge des Experiments." Kai spürte, wie Hitoshi sich neben ihm anspannte und legte ihm die Hand auf den Arm. "Bleib ruhig. Du willst uns die Überraschung doch nicht vermasseln, oder?" Sturmvogel schüttelte den Kopf. "Schon in Ordnung. Ich werde jetzt nicht aufspringen und Wiedersehen feiern." "Dann ist ja gut." "Da blieb mir nur noch Takao. Hätte ich ihn den anzeigen sollen? In der Gewissheit, dass er hingerichtet worden wäre? Ich bin sicher, wenn Sie gründlich über meine Situation nachdenken, werden Sie zu dem Schluss kommen, dass es für mich keinen anderen Ausweg gab.", beendete Takeru seine Verteidigung. "Sie hätten ihn bekannt machen können!", ereiferte sich einer der Magier. Takeru wandte sich ihm zu. "Sie haben mir nicht zugehört, mein Herr.", erklärte er höflich. "Und auch nicht nachgedacht." Er setzte sich wieder. "Wir haben nun die Sichtweise des Angeklagten gehört.", meinte Yoshida. "Bitte, Herr Kinomiya, setzen sie sich zu ihren Verteidigern." Takeru wurde von seiner Wache zu einer Bank vor der Tribüne geleitet und ließ sich auf ihr nieder. "Jetzt bitte ich die Ankläger das Wort zu ergreifen." Der Hohe Meister des Turms der Blitzwolke erhob sich. Es war ein für diese Position junger Mann, auch wenn er die Fünfzig bereits überschritten haben musste. Er war groß, breitschultrig und wirkte eher wie ein Krieger denn ein Magier. Trotzdem trug er eine die weite Robe des Magiermeisters und sein Gesichtsausdruck war freundlich. Alles in allem wirkte er weise und intelligent, nicht wie jemand, der so verbohrt war, dass er keine andere Meinung zuließ. Kai wusste nichts außer seinen Namen - Milan Selai - von ihm, was daran lag, das die Industriellen und Judy ebenfalls nichts wussten. Er war erst seit wenigen Monaten im Amt. "Ich habe den Standpunkt des Angeklagten gehört und kann ihn bis zu einem gewissen Maße auch verstehen, bis auf den, einen Bündniskrieger - beziehungsweise in diesem Fall mehrere - zu decken, da jeder weiß, wie gefährlich diese sind. Es hätte alles mögliche geschehen können, weil diese drei Bündniskrieger unerkannt unter uns lebten. Von den Kriegern ging nie etwas gutes aus." "Ha! Rede du nur von der Magie. Das ist wenigstens etwas, das du verstehst!", zischte Kai erbost. Hitoshi nickte bedächtig. Aus dem Publikum kamen einige Rufe. Anscheinend stand er nicht allein mit dieser Meinung da. Selai fuhr fort, nachdem alles wieder ruhig war: "Auch wenn es sein einziger, noch verbliebender Verwandter war, so war es doch seine heilige Pflicht, ihn zu melden, da er eine Gefahr für Nijan darstellte. Darum..." "Also, ich darf doch sehr bitten!", explodierte Takeru und sprang auf. "Takao hat Nijan niemals etwas Schlechtes gewünscht und..." "Herr Kinomiya, beruhigen Sie sich!", rief die Richterin. "Sie haben nicht das Wort." Nur widerwillig setzte der alte Kampflehrer sich. Man konnte ihm seine Wut und seine Empörung deutlich ansehen. Schließlich sprach Selai weiter: "Darum war die Deckung der Bündniskrieger eine Gefährdung für Nijan und die Bevölkerung der Insel. Stellen Sie sich nur vor, was geschehen wäre, wenn er und seine Freunde ihre Bündnistiere gegen Sepun gelenkt hätten! Sie hätten die halbe Stadt zerstören können, bevor ihnen durch die Magier hätte Einhalt geboten werden können!" Zustimmende Rufe und Hohngelächter ertönten. Darüber schienen die Zuschauer eine sehr geteilte Meinung zu haben. Sehr gut! "Das glauben Sie doch wohl selber nicht!", ereiferte sich Takeru. Diesmal blieb er sitzen, doch Judy erhob sich. "Bitte, darf ich etwas sagen?", bat sie mit klarer Stimme und wandte sich direkt an Yoshida. Dieser blickte Selai an. "Sind Sie fertig?" Der Magier nickte. "Fürs Erste.", erklärte er knapp und kehrte auf seinen Platz zurück. "Bitte, Frau Mizuhara." Judy nahm Selais Platz ein und erklärte: "Das, was Herr Selai gerade gesagt hat, stimmt nur bedingt. Sie wären niemals weit gekommen mit der Zerstörung der Stadt oder der Insel, auch wenn sie es versucht hätten - was sie natürlich niemals tun würden. Max, Takao und Kenny sind erst seit kurzer Zeit Bündniskrieger und völlig ungeschult im Umgang mit ihren Partnern. So weit ich weiß, hat keiner der drei seinen Partner jemals gerufen in den Jahren. Für Kenny war dies obendrein gar nicht möglich, da sein Partner in einem Spiegel eingesperrt war..." "Gut so!", brüllte jemand aus der Magiertribüne, aber Judy überging den Einwurf einfach. "...was wiederum die Schuld der Magier war. Denn dies geschah bei diesem Experiment vor acht Jahren. Damit möchte ich sagen, dass von den drei Jugendlichen keinerlei Gefahr ausging. Es mag stimmen, dass die Bündniskrieger - ob in Gruppen oder allein - Nijan vernichten könnten. Aber das gilt natürlich auch für die Magier. Auch ihre Macht ist groß genug und ich..." "VERLEUMDUNG!", brüllte jemand. "Nie würden wir dies tun!" "Diffamierung! Das ist üble Nachrede!" "RUFMORD!" "Nijan liegt uns sehr am Herzen!", beteuerten die Magier. Mehr Stimmen ertönten, die dem zustimmten oder die Aussagen bekräftigten. Judy nickte und lächelte freundlich. Sie sprach erst weiter, als alles wieder still war. "Sehen Sie, werte Magier, das habe ich auch niemals geglaubt. Aber das selbe gilt auch für meinen Sohn und seine Freunde. Auch Sie haben nie daran gedacht, Nijan zu schaden. Ja, im Gegenteil, sie hätten die Kraft und die Macht ihrer Bündnispartner ohne zu Zögern in die Reihen Nijans gestellt, wäre sie von Nöten gewesen." "Das...das glauben Sie doch wohl selber nicht!", rief Selai aus, doch Judy schüttelte den Kopf. "Doch. Natürlich glaube ich das. Ich kenne doch meinen Sohn." "Das steht hier nicht zur Debatte.", meinte Yoshida scharf. Er blickte etwas verwirrt drein. "Darf ich Sie fragen, woher Sie so genau über die Bündniskrieger bescheid wissen? Ich meine, Sie sagten da einige Einzelheiten, die für Uneingeweihte eigentlich nicht zu kennen sind." Judy blickte kurz den Verteidigern hinüber. Einige nickten entschlossen. Kai fragte sich einen Moment, was das zu bedeuten hatte, dann begriff er. Sie wollte die Hatesit jetzt schon ins Spiel bringen! "Sehen sie, wir hatten gestern einen sehr interessanten Tag. Er begann mit einem unverhofften, aber für mich sehr erfreulichen Besuch früh am Morgen." "Bitte, es tut nichts zur Sache, dass Sie gestern ein freudiges, nicht eingeplantes Ereignis hatten, Frau Mizuhara.", unterbrach Selai. "Und wenn Besuch war, der mit Ihrer Meinung über die Bündniskrieger übereinstimmte, dann will ich ihn gar nicht kennen lernen." "Das müssen Sie auch nicht.", bestimmte Judy, noch immer freundlich, aber Kai spürte ihre Angespanntheit. Sie wusste so gut wie er, dass das, was sie vorhatten, sehr gefährlich war. "Jedenfalls hat dieser Besuch die ganze Sache durcheinander gebracht und auch unsere Planung. Ich hoffe, er wird nicht gelyncht, wenn er gleich hier sprechen wird." Sie ließ ihren Blick kurz über das Publikum schweifen, ehe sie weitersprach und sich dabei direkt an die Richter wandte. "Wir wissen ja alle, dass es in dieser Verhandlung nicht darum geht, ob Takeru Kinomiya lebt oder stirbt, sondern darum, ob die Bündniskrieger in Zukunft in Nijan willkommen sind oder weiterhin die meisten bewohnten Inseln meiden müssen. Es gibt ja nur wenige Inseln, in denen sie willkommen sind - Canih, Railen, Syrillion und seit drei Jahren auch Bel Hélen, nur um einige Beispiele zu nennen. Ich glaube, es ist an der Zeit, das zu ändern und ihnen auch andere Inseln zugänglich zu machen." "Bitte, Frau Mizuhara, kommen Sie zur Sache.", unterbrach Yoshida. Während Judys Rede waren immer öfters zustimmende, aber auch ablehnende Rufe ertönt. Kai aber merkte, dass der Beifall überwog. Nur wenig, aber immerhin. Judy nickte. "Vielleicht sollten wir die Bündniskrieger in dieser Sache selber zu Wort kommen lassen." Das Getöse, das ausbrach, nachdem die Zuschauer und auch die anderen nicht Eingeweihten begriffen hatten, von was Judy sprach, überbot alles. Es dauerte wesentlich länger als vorher, bis sich alle wieder beruhigt hatten. Lautes Lob, üble Beschimpfungen, Hasstiraden und Beifall mischten sich zu einem ohrenbetäubenden Lärm. Judy stand ruhig da und wartete ab. Kais Hände verkrampften sich wieder um die Griffe seiner Schwerter. Jetzt gab es kein Zurück mehr. "Das ist viel zu gefährlich!", murmelte Hitoshi neben ihm und Kai verstand ihn trotz des Lärms. Er schüttelte den Kopf. "Es ist gefährlich, kein Zweifel. Aber wenn die uns lynchen wollen...wir würden davonkommen." "Bist du sicher?" "Ganz sicher. Sonst hätte ich dem nicht zugestimmt. Ich möchte nämlich nicht unter den Klauen eines wütenden Mobs sterben." "Hm." Endlich legte sich der Lärm wieder. Nur hin und wieder hörte man einige Ausrufe. Judy sprach weiter: "Am besten wäre es natürlich, wenn wir den Betroffenen das Wort übergeben." Yoshida nickte, überrumpelt. "Natürlich. Es ist Ihre Entscheidung." "Jungs. Bitte." Judy wandte sich an Max und Takao, die sofort in Bewegung kamen und zu ihr gingen - demaskiert natürlich. "Takao!", rief Takeru aus. Sein Enkel zwinkerte ihm zu und zeigte ihm den Daumen. Dann nahm er von Judy das Mikrofon entgegen. Die Blonde fuhr ihrem Sohn kurz durch die Haare und stellte sich abseits hin. Zwischen die Magier und die beiden Jungen. Auch Kai behielt die Zauberer im Blick von ihnen ging die größte Gefahr aus. "Also." Takao räusperte sich. Er wirkte nervös. "Es wissen hier ja alle, wer und was wir sind. Da brauche ich nichts mehr zu sagen, nur, dass wir wirklich stolz darauf sind." Höhnisches Gelächter folgte. "Lacht nicht, das ist wahr! Es ist toll, so einen Bündnispartner zu haben!" Dragoon grummelte, was natürlich nur Takao bemerkte. "Vorhin, als Meister Selai uns beschuldigte, wir wären gemeingefährlich und nur darauf aus, allen anderen zu schaden, da war ich wirklich gekränkt." Wieder das Gelächter. Diesmal sah der Junge wirklich verletzt aus deswegen. "Es ist wahr! Fragt die Magier, ob ich gelogen habe!" Erwartungsvoll richteten sich die Blicke auf die Tribüne mit den Zauberern. Eine Weile blieb es still. "Nun.", begann Selai. "Ich muss zugeben, in diesem Punkt haben wir uns wohl geirrt." Man konnte ihm ansehen, dass er sich unwohl fühlte. Takao grinste triumphierend. "Jedenfalls ist es kein Spaß, aus seiner Heimatinsel gejagt zu werden und dann unverhofft in einen Krieg hineinzustolpern, der zwischen uns Hatesit und den Magiern herrscht - insbesondere denen von Nijan - weil sie sich einer Diebesbande angeschlossen haben, die die Amulette stiehlt." Diesmal waren die empörten Rufe laut. Das riss natürlich viele mit. "Ja, sehen sie, man hat mir auch mein Amulett gestohlen, aber das habe ich zum Glück zurück. Ein paar Freunde von mir - die übrigens auch hier sind - hatten dieses Glück nicht." Takao warf einen feindseligen Blick zu den Zauberern. "Ihre Amulette haben die Magier immer noch. Und sie sind im Turm der Donnersteine!" Die Eröffnung brachte wieder eine Unterbrechung. Sogar einige der Magier schienen empört ob der Beschuldigung. Wenn auch nicht alle. "Das...das ist übelste Verleumdung!", rief Selai, doch Takao schüttelte den Kopf. "Wir wissen, dass nicht alle Magier daran beteiligt sind, aber es sind doch einige.", erklärte Takao. "Fragen Sie nur ihre Freunde da!" "Stimmt das?", forderte der Hohe Meister eine Antwort von seinen Freunden. "Nun, Meister Selai, es ist so..." "Stimmt das?!", donnerte Selai. "Nun,...ja, es stimmt." "Und warum erfahre ich erst jetzt, dass unsere Gäste gemeine Diebe sind?!" "Weil..." "Da haben Sie es!", brüllte Takao dazwischen. "Sehen Sie?" "Misch dich nicht ein, Junge!", befahl Selai kalt. "Das geht dich überhaupt nichts an." Er wandte sich wieder zu dem Magier um, der gebeichtet hatte. "Wir sprechen uns noch, Biniak! Ist das klar?" "Ja.", gab der Andere kleinlaut zurück und funkelte Takao wütend an. Takao starrte wütend zurück, so dass Max ihm das Mirkofon abnahm und weitersprach: "Wir sind jedenfalls hier, um zu verhindern, dass ein Zauber mit den Amuletten durchgeführt wird, der den Tod vieler Hatesit zur Folge hätte. Wenn es doch geschieht, können Sie sich auf etwas gefasst machen, Herr Selai! Wir haben die anderen Hatesit verständigt. Sie sind bereits auf dem Weg hierher, ebenso wie das Heer von Syrillion." "Bitte?", rief Yoshida. Er sprang auf. "Das ist interessant, was bei einer Gerichtsverhandlung so alles zu Tage kommt! Heißt das, wir stehen direkt vor einem Krieg mit den Bündniskriegern und auch Syrillion?" "Natürlich nicht." Max seufzte. "Nur die Magier hier, die die Diebe decken. Mit Sepun und Nijan hat das alles ja gar nichts zu tun." Kai ließ seinen Blick über die Zuschauer schweifen; sie blickten unbehaglich drein. Zum einen wussten sie, dass die Hatesit gefährliche Gegner waren und dann auch noch in solchen Massen! Zum anderen schienen die Magier - oder zumindest ein Teil von ihnen - nicht unbeteiligt an dieser Gefahr zu sein. "Ich bin sicher..." Max sprach nicht weiter, denn plötzlich bebte die Erde. Kai fühlte, wie sich enorme Mächte begannen zu sammeln und ihr Zentrum lag im Norden: dort, wo der Turm der Donnersteine war. ~~~~~~~ Wisst ihr was? Wir haben nur noch ein Kapitel vor uns. ;_; Lasst mir doch ein paar Kommis da, ja? Silberwölfin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)