Weihnachtsgeschichtensammlung 2004 von Elemmiire ================================================================================ Schneegestöber -------------- Schneegestöber (von Clemens Maier und Ernestine Weckend) Endlos schienen die Wolken ihre weiße Ladung über die Erde fallen zu lassen. Der Wind lies die Flocken in den verschiedensten Formationen durch den vorabendlichen Himmel gleiten. Irgendwo da draußen musste sie sein. Irgendwo da draußen, einsam und allein... "Ach Schwester...", nun wurden die Flocken dichter und einige blieben am Glas der Scheibe kleben. "Ach geliebte Schwester...", langsam stand er auf und löste seinen Blick vom Fenster. Er stellte seine Teetasse zu dem Silbergedeck auf dem kleinen Tischen und lies seinen Blick gedankenverloren durch das große Zimmer schweifen. Im Kamin an der Wand gegenüber loderte ein lustiges Feuerchen, welches den ansonst dunklen Raum spärlich mit Licht auskleidete. Eine grässliche Tapete und schwere Samtvorhänge zierten die Seitenwände. Außer zwei großen Lehnstühlen beim Feuer, und dem kleinen Teetisch beim Fenster gab es keine anderen Einrichtungsgegenstände. Ausgenommen dem alten Landschaftsbild über dem Kamin und den beiden Kerzenhaltern auf dem Sims. Er hätte den alten, modrigen Raum schon längst umgestalten lassen, wenn seine Schwester nicht so sehr daran gehangen hätte. Sie bestand darauf, diesen Raum unverändert zu lassen... Die Erinnerung an seine Schwester holte ihn von seinen Ausschweifungen zurück. Gestern Abend war sie verschwunden. Sie liebte die Nacht. Früher sind sie oft zusammen draußen unter dem alten Lindenbaum gesessen und haben die Sterne beim Aufgehen beobachtet. Er hatte sie liebevoll in seinen Armen gehalten und gewärmt, wenn die Nächte kühl wurden. Sehnsüchtig wünschte er die vergangenen Tage herbei. Dann musste sie weg. Schuljahr im Ausland. Weg. Soweit weg... Er hatte die Sekunden bis zu ihrem Wiedersehen gezählt. Er war der erste am Bahnhof. Doch als sie endlich wiederkam, hatte sich alles verändert. Seit sie aus dem Zug stieg, hatte er sie nie wieder Lächeln gesehen. Sie sah ihn nur traurig an. Ein junger Mann begleitete sie, ihr Freund. Sie haben sich in Paris getroffen und es hätte sofort gefunkt. In Paris... Er konnte es nicht fassen. Seine leibliche Schwester hatte ihn verraten. Wie konnte sie ihm das nur antun? Merkte sie nicht wie sehr sie ihrem Bruder wehtat? Merkte sie nicht, dass Luc sie täuschte? Er liebte sie nicht. Nein. Er nützte nur ihre Gutgläubigkeit aus. Er machte sie unglücklich. Nur er würde sie jemals ins ewige Glück führen können. Nicht dieser aufgeblasene Franzose, der es auf ihr Geld abgesehen hatte. Er schindet sie. Er macht sie kaputt. Gestern, als man ihm die Nachricht vom spurlosen Verschwinden seiner Freundin unterrichtete, lächelte er nur ungerührt. War er es? Hatte dieses Monster sie davongejagt? Er merkte wie sein Blutdruck erheblich stieg. Wenn Luc nur noch einmal zu Gesicht bekommen würde, er würde sich vergessen. Wieso hatte sie ihn sich nicht ausreden lassen? Er hatte es doch so oft probiert. Wieso konnte er ihr nicht seine ehrlichen Gefühle gestehen? Jedes mal wenn er dazu ansetzte konnte er die Worte nicht aussprechen. 3 Einfache Worte. Wieso brachte er es nicht zusammen? Sie war die Person der er am meisten vertraute, die er am Besten kannte. Wieso schaffte er es nicht? Vielleicht weil sie schon vergeben schien? Probierte der junge Bursche seine Frage zu beantworten. Und als er sie fragte was sie an Luc besonderes fände, antwortete sie mit ihrem traurigstem Lächeln: "Er liebt mich..." "Und ich lieb dich noch viel mehr", wollte er darauf antworten, konnte es aber erneut nicht über sein Lippen bringen. Nun war es zu spät. Nun war sie fort... Wer weiß ob sie jemals wieder zurückkommen würde? Sie war müde... so unsagbar müde. Ihre Augen schweiften zur Sonne, die langsam begann zu sinken um später hinter ein paar Bergen in blutrot zu verschwinden. Die Schneeflocken wehten ihr ins Gesicht und schien den Stoff ihres Mantels zu durchdringen. Es war kalt... und die Kälte kam nicht nur vom Schnee und der klaren, schneidenden Luft. Nein es war nicht der Winter, der sie mit kalten Händen umfangen hielt und ihr langsam die Luft abschnürte. Es war sie selbst. Von innen heraus kam dieses furchtbare Gefühl aus Angst, Einsamkeit und einer tiefen Traurigkeit. Ein sanftes, kaum wahrnehmbares Lächeln huschte über ihre Lippen. Ihr Bruder hätte sie jetzt bestimmt gewärmt, wie früher. So schön dieser Gedanke auch schien, wusste sie nicht ob er stimmte. Immerhin hatte sie seinen Ausdruck auf dem Gesicht gesehen als er sie abgeholt hatte vom Zug. Tieftraurig. Verletzt. Dennoch hatte er sie angelächelt, aber es war nur am Anfang echt, spätestens seit Luc besitzergreifend einen Arm um sie gelegt hatte, war es vollkommen falsch gewesen. Vorsichtig fuhr sie mit ihrer Zunge über die spröden, eiskalten Lippen und suchte den Horizont etwas ab. Nur schemenhaft erkannte sie das Gesuchte im dichten Schneegestöber vielleicht noch 500 Meter über ihr. Ihre Schritte waren langsam und nur schwer kam sie gegen den Wind an, der jetzt noch stärker zu sein schien, fast so als wolle er sie aufhalten, die rettende Jagdhütte ihres Onkels zu erreichen. Kaum noch ein anderer Gedanke von den vielen in ihrem Kopf schien so prägnant und wichtig als einen Fuß vor den anderen zu setzen. Erst als sie gegen etwas Festes stieß, bemerkte sie, dass sie die kleine Hütte erreicht hatte und holte mit zittrigen Händen den Schlüssel hervor um aufzuschließen. Knarrend öffnete sich die starke Holztür und schneller als eigentlich gewollt trat sie ein. Kurz wurde ihr schwarz vor Augen und vorsichtig stützte sie sich an der Wand ab. Erst nach etlichen Momenten fühlte sie sich bereit, wieder aufzusehen und die Tür mit Kraft wieder zu schließen, immerhin war schon genug von der weißen Pracht draußen in die Hütte gelangt. Schließlich schaffte sie es sogar ein kleines Feuer in den Kamin zu entzünden und wärmend sich die schon etwas tauben Hände dagegen zu halten. Ihr Aufbruch war viel zu überstürzt gewesen und eigentlich war sie nur stundenlang durch die weiße Winterlandschaft gelaufen ohne irgendein Ziel und irgendeinen Anhaltspunkt wo sie war. Nur eine schwache Erinnerung hatte sie hierher geführt. Eine Erinnerung an bessere Zeiten in ihrem Leben. An die Zeiten als noch alles so idyllisch und klein schien. Sie hatte ihre kleine Welt geliebt, immerhin hatte sie ihren großen Bruder immer an ihrer Seite gehabt. Niemand anderes hatte sie gebraucht und so erschreckend war der Wunsch gekommen von ihren Eltern ein Jahr im Ausland zu verbringen. Ein Jahr bei den Franzosen um etwas Kultur aufzunehmen und neue Kontakte zu knüpfen. Zuerst war ihr der Gedanke zuwider gewesen ihren Bruder zu verlassen. Beim ihm fühlte sie sich sicher und geborgen. Mehr hatte sie nie in ihrem Leben gewollt. Aber als ihr auffiel wie egoistisch sie damit doch war, hatte sie sich gefügt. Dann trat er in ihr Leben. Warb um sie. Beschenkte sie. War die ganze Zeit in der Nähe. Luc. Jeden Tag hatte er ihr wie ein Pfarrer gepredigt, dass er sie doch liebte und um ihre Gunst gekämpft. Schlussendlich war sie der Illusion erliegt, als sie bemerkte, wie sie anfing nur noch an ihren Bruder zu denken. Es waren falsche Gedanken gewesen. Gedanken die sich für sie nicht ziemte. Das war auch der Grund gewesen, warum sie zu Luc gerade zu geflüchtet war. Er bot ihr eine heile Illusion und eine Illusion war für sie besser gewesen als Nichts. Sie schluckte schwer und wischte sich einzelne Tränen aus dem blassen Gesicht. Er hatte sie nur belogen und betrogen. Eigentlich hatte sie es schon immer in ihrem Herzen gewusst, aber seit sie diese Briefe gesehen hatte durch Zufall, war die Illusion zerplatzt wie eine Seifenblase. Es stimmte... sie war nie glücklich an seiner Seite gewesen, aber was hatte sie sonst noch gehabt? Einen Bruder den sie liebte, wie es sich nicht gehörte, und deswegen nicht mehr in seiner Nähe verweilen konnte. Eine Mutter und einen Vater, die nie für sie da gewesen waren und ein altes Haus, welches nur noch verblasste Erinnerungen von einer glücklichen Familie kannte. Am Ende hatte sie sich selbst aus ihrem dunklen Loch getrieben, nur um jetzt in die Ungewissheit zu fallen. Und ein dennoch blieb der einzige Wunsch in den Armen ihres Bruder zu liegen... Langsam rollte sie sich auf dem Boden zusammen, drückte den Mantel fester an sich und fiel bald in einen traumlosen Schlaf... Wo? Wo bist du nur... Langsam fing er an in dem geräumigen Raum auf und ab zu gehen. Noch immer hatte man keine Spur von ihr gefunden. Wohin konnte sie nur gegangen sein? Wieso tat sie ihm das bloß an? Er konnte es einfach nicht verstehen. Schwester, wo bist du nur? Mit dem dumpfen Klicken der Türklinke, wurde er aus seinen Gedanken zurück in die Realität geworfen. Es war Meranda die Haushälterin, die gerade das Zimmer betrat. Wie immer trug sie ihr dunkelblaues Kostüm mit der weißen Schürze. "Sir. Die Herrschaften wünschen sie zum Nachmittagstee im Salon zu sehen.", verkündete sie mit einer leichten Verbeugung. Danach setzte sie an den Raum wieder zu verlassen, wurde jedoch von ihm zurückgerufen. "Meranda." "Ja, Sir?". fragte sie untertänig wie immer. "Sagen sie bitte meinen Eltern, dass ich noch eine Weile allein sein möchte." "Wie sie es wünschen.", sie verbeugte sich erneut und verlies dann das Zimmer. Wann würden seine Eltern bloß mit diesem total veralteten Adelsgetue aufhören? Schlimm genug schon, dass sie ihr hochrangiges Blut bis ins tiefste Mittelalter zurückführen konnten, aber mussten sie sich unbedingt an all die alten Traditionen mit Hausangestellten und 5 Uhr Tee halten? Kein Mensch außer ihnen leistet sich noch diesen unangebrachten und überheblich wirkenden Luxus. Es waren kaum 5 Minuten vergangen als Meranda erneut eintrat. Anklopfen war in diesem Haus seit jeher nie üblich gewesen und es würde sich wahrscheinlich nie einbürgern lassen. "Der werte Herr Luc Dablic möchte sie sprechen.", meldete sie gehorsamste. "Sagen sie ihm, dass ich keine Zeit für ihn habe.", antwortete er verärgert. "Ich werde es ihm sofort ausrichten.", verschwand das Hausmädchen durch die Tür. Es war nicht nötig dem Freund seiner Schwester die Botschaft zu überbringen, denn dieser betrat im selben Moment das Zimmer als die Angestellte es verlassen wollte. "Was willst du hier? Ich hab dich nicht gebeten einzutreten." fuhr er Luc barsch an. "Aber liebster Schwäger, du wirst mir doch nicht Zutritt zu meinen Gemächern verwehren wollen?", säuselte er mit gespielter Empörung. "Erstens, bist du nicht mit ihr verheiratet, und zweitens sind das hier nicht deine Gemächer.", antwortete er gereizt. "Wie voreilig von mir, natürlich. Noch sind sie es nicht..." "Was soll das bedeuten? Noch sind sie es nicht?", funkelte er ihn böse mit seinen smaragdgrünen Augen an. "Hast du es noch nicht gehört? Man hat ihren roten Mantel und ihren Lieblingsschal im Fischweiher gefunden. Wahrscheinlich hat sie sich aus Kummer darin ertränkt, weil du sie mit deiner brüderlichen Fürsorge in den Wahnsinn getrieben hast.", antworte Luc gelassen. "Wie du ja weißt, hat sie für den Fall, dass ihr was zustoßen sollte ein Testament für mich hinterlassen...", er grinste diabolisch und holte zum nächsten Schlag aus. "Wahrscheinlich konnte sie es einfach nicht mehr länger ertragen mit ihrem gefühlsdusseligen und vergangenheitsbezogenem Bruder in einem Haus zu leben." Obwohl er wusste, dass Luc ihn nur provozieren wollte, und er kein einziges dieser Worte glauben schenken konnte, verfehlten sie ihre Wirkung nicht. Sie trafen ihn hart, und lösten ein komisches Gefühl in seiner Magengegend aus. Als Luc erneut den Mund öffnen wollte kam er ihm zuvor. " Wie kannst du es wagen meine Schwester in so schlechte Nachrede zu stürzen? Hinaus! Verschwinde! Verschwinde aus diesem Haus, verschwinde aus meinem Leben. GEH MIR AUS DEN AUGEN!", die letzten Worte brüllte er Luc ins Ohr um auch sicherzugehen, dass der unterbelichtete Volltrottel sie verstehen würde und ihn endlich in Ruhe lies. Sein Blut kochte nun, und wenn Luc nicht sofort verschwindet, würde er sich wohl oder übel vorgesessen und zuschlagen. Wenn nur seine Mutter nicht soviel auf den perfekten Schwiegersohn halten würde, hätte er ihn schon längst fortgejagt. Aber so musste er seine Beleidigungen dulden, und durfte ihm nicht mal mit dem Fehdehandschuh ins Gesicht schlagen, ohne aus dem Haus, und fort von seiner Schwester, verwiesen zu werden. "Nun reg dich doch nicht mal so auf, ich geh ja schon.", tadelte ihn Luc herablassend. "Schließlich werde ich ja zum Tee erwartet.", dann verschwand er aus dem Zimmer. Mit den Lippen formte sie lautlos den Namen ihres Bruders und starrte wie gebannt ins Feuer. Sie war erst vor wenigen Augenblicken wieder aufgewacht, aber ihr Gedanken umschlangen nach wie vor nur ihn. Selbst hier in der Einöde, schien er sich nicht vergessen zu lassen. Ihr Herz schmerzte, drohte zu zerspringen und langsam kamen ihr Zweifel ob sie nicht doch zurückgehen sollte. Zurück zu ihm... Sie könnte diesen Bastard, der sich ihren Verlobten nannte, aus dem Haus jagen. Aber was würde es am Ende nutzen? Wahrscheinlich fand ihr Bruder später oder früher eine passende Frau, heirate sie und gründete eine glückliche Familie. Am Ende würde sie zurück bleiben... einsam. Eine einzelne Träne lief ihre blassen Wangen hinab und verschwand im Stoff des schwarzen Schals, der dicht um ihren Hals geschlungen war. Der Schal der ihren Bruder gehörte und nach ihm roch. Genauso wie der Mantel... Er war ihr viel zu groß, weil er nun mal ihm gehörte, aber irgendwie hatte sie etwas von ihm mitnehmen wollen. Der Duft von dem Älteren hatte sie bisher immer beruhigt, diesmal nicht. Diesmal schien er sie mehr aufzuwühlen, verlocken zu wollen. Dennoch... nachgeben würde sie nicht. Auch wenn jetzt Zweifel an ihr nagten und sie sich wünschte doch ihren roten Mantel jetzt hier zu haben und nicht den großen Schwarzen. Ein Schauer jagte über ihren Rücken als vor ihrem Augen ein Bild erschien, was gar nicht mal so alt war. Vor ein paar Tagen waren sie beide allein spazieren gewesen. Zwar hatten sie so gut wie kein Wort miteinander gewechselt, aber allein seine Nähe hatte sie ruhiger gemacht, ihren dunklen Alltag etwas erhellt. Als sie dann am zugefrorenen See standen, der Wind eine Kühle Brise aus dem Norden schickte und sie zu ihm aufsah, war sie in dem Moment verloren gewesen. Seine hellbraunen, etwas längeren Haare waren vom Wind ganz zerzaust und seine smaragdgrünen Augen hatten, wie durch ein inneres Feuer, geleuchtet. Sie war viel zu fasziniert gewesen um den Blick von ihm zu nehmen und hatte zuerst nicht bemerkt, wie er ihren Blick gespürt und erwiderte hatte. Damals war sie fast bereit gewesen, sich in seine Arme zu schmeißen und ihn zu bitten, mit ihr wegzugehen. Einfach nur weg aus dieser kleinen Welt, die für sie, wie ihr es jetzt schien, einem Käfig gleich war. Aber es wäre einfach nur egoistisch gewesen. Damit hätte sie sein Leben... seine Zukunft zerstört. Deswegen war sie jetzt hier allein... allein in dieser Hütte geplagt von der Vergangenheit, die sie am liebsten nur noch vergessen wollte. Hol mich zurück... Nur dieser einzige Wunsch brannte sich in ihre Seele und immer mehr Tränen fanden ihren Weg aus den dunkelbraunen, fast schwarzen Augen. Wirsch wischte sie über ihre Augen, ihre Wangen... wollte das salzige Nass vertreiben. Doch es wollte nicht weg. Gehetzt sprang sie auf, sie musste hier raus. Der Wind... die Kälte würden sie schon vergessen lassen. Mit einiger Anstrengung öffnete sie wieder die Tür, ließ sich in den Schnee fallen. Vielleicht sollte sie unter einer weißen Decke begraben ihr Glück finden? Obwohl der Gedanke verlockend schien, raffte sie sich auf und lief weiter. Die Richtung schien egal. Nur weg... weg... Sie lief... Rannte... Versuchte zu vergessen... Alles um sie herum flimmerte... schien ihr höhnisch entgegen zu funkeln... Ihr Hals brannte... ihre Glieder schmerzen... die Kälte zog sich tief in ihre Haut... wollte sie vollkommen einnehmen... Ein verzweifelter Schrei rang aus ihren Mund. Sie konnte nicht mehr... Hilflos fiel sie auf die Knie. Noch immer war er da... noch immer sah sie ihn vor sich. Sie konnte ihn einfach nicht vergessen... aus ihrem Kopf verbannen... Alles war so aussichtslos. Wie schaffte er das immer nur? Erneut hatte Luc seiner Mutter erfolgreich ins Gewissen geredet. Ist sie wirklich schon so alt? So alt, dass sie von all seinen Intrigen nichts mehr mitbekommt? Oder möchte sie ganz einfach nur ihre Ruhe und mit all dem nichts mehr zu tun haben? Er konnte nur Mutmaßungen anstellen. Der Verlobte seiner Schwester hatte erneut ihn, ihren leibhaftigen Bruder als den Schuldigen, den Verbrechen hingestellt. Angeblich soll sie sich nur aus Angst und Morddrohungen umgebracht haben. Er hätte sie auf dem Gewissen. Sie, die einzige Person, welche er seit jeher beschützte und ewig lieben würde. Seine Mutter hatte geschwiegen, aber ihre leeren Augen verrieten, dass sie Luc mehr als ihrem eigenen Sohn vertrauen schenkte. Er hatte seinen Tee so schnell wie möglich getrunken und hatte sich dann in dieses kleine Zimmer im Obergeschoss zurückgezogen. Er wollte nicht dabei sein, als sie begannen die Vorbereitungen für das Begräbnis seiner Schwester zu treffen. Sie konnte unmöglich tot sein. Niemand würde sie dazu bringen so etwas zu tun. Kein Mensch der Erde, wäre jemals in Stande ihre Vernunft soweit zu verwirren, dass sie sich freiwillig töten würde. Er kannte seine Schwester. Wahrscheinlich als einziger in diesem ganzen Haus. Sie war sich noch am leben, es ging gar nicht anders. Sie musste einfach noch leben. Ein resignierter Seufzer entrang seiner Kehle. Was wenn sie wirklich tot ist...? Wenn sie wirklich wegen ihm gegangen war...? Lucs gestreuter Samen des Zweifels begann nun in ihm zu Keimen. Vielleicht hatte sie ihn geliebt und war gesprungen, weil sie sich dafür schämte? Hatte sie nicht bei ihrem letzten Spaziergang nicht das erste Mal seit ihrer Rückkehr gelächelt, als er sie vor dem See in die Arme schloss? "Sei nicht dumm! Gibt dich keinen Illusionen hin!", funkte sein Verstand dazwischen. "Nur weil du sie liebst, heißt das noch lange nicht, dass sie dich auch lieben muss." Außerdem wäre es sowieso zu spät. Wenn sie ihn geliebt hatte, dann hätte sie sich wahrscheinlich wirklich umgebracht, war sie aber noch am Leben, dann wird sie wegen ihm gegangen sein. Schließlich hätte sie sich ihm anvertrauen können, wenn es wegen Luc gewesen wäre. Gemeinsam wären sie in das nächste Flugzeug gestiegen und schon säßen sie irgendwo anders auf der Welt. Weit, weit weg von all dem Kummer hier. Erneut begann er sich falsche Hoffnungen zu machen und sich eine utopische Zukunft auszumalen. Wo? Wo bist du nur? Total verzweifelt lies er sich auf den alten Stuhl im Eck fallen. Er hatte sich schon oft hier in dieses kleine Zimmer zurückgezogen. Man hatte es schon vor Jahrzehnten zugemauert, und nur er und seine Schwester wussten, wie man es noch durch einen Geheimgang erreichen konnte. Hier war er vorerst mal sicher, dass ihn keiner aus seinen Gedanken riss. Früher hatten sie sich hier oben oft gemeinsam versteckt. Er und sie... Alleine... Waren das noch Zeiten. Als sie noch miteinander Sprachen und sich allen Kummer anvertrauten. Eine einsame Träne bahnte sich ihren Wag über sein Gesicht. Hier konnte er weinen, ohne dass ihn jemand sah, hier musste er nicht den starken Spielen. Hier konnte er so sein wie ihm zumute war und seine Schwester hatte ihn hier immer verstanden. Hier im alten Jagdzimmer ihres längst verstorbenen Onkels. Einzeln hingen noch Trophäen des alten Jägers an der Wand. Er war ihr Lieblinksonkel gewesen. Als sie noch 5 oder 6 waren, wohnte er ebenfalls in dem Anwesen. Gemeinsam mit seiner bösen Frau, Tante Irma. Seine Schwester und er waren sich sicher, dass sie es war wieso der sonst so lebensfrohe Onkel auf einmal still und krank wurde. Sie hatte ihn unter ihrer Kontrolle, plante sein Leben und stelle sich über alles andere. Nur durch seine alte Leidenschaft, das Jagen bekam er etwas Freiheit aus diesem einschnürenden Leben. Er hatte ihnen auch von diesem Zimmer erzählt und ihnen den geheimen Zugang verraten. Erneut verlor er eine Träne. Er hatte seinen Onkel gemocht. Er hatte ihm die Liebe geschenkt, welche er niemals durch seine Eltern erhalten hatte. Wieso musste er so früh, so jung, sterben? Würde er wissen wo sich seine Schwester nun aufhielt? Zum Glück wurde seine Frau sofort nach dem Tod ihres Mannes aus dem Haus geworfen. Er hätte es sichern ich ausgehalten mit so einer schrulligen, heimtückischen und durchtrieben bösen Frau in einem Haus zu leben. Noch dazu besaß sie großen Einfluss auf seinen Vater und hätte ihn sicher unter ihre Gewalt gebracht wenn sie geblieben wäre. Er konnte den Onkel gut verstehen, wenn er sich immer auf seiner Jagdhütte zurückzog um seine Ruhe ... Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Die Jagdhütte im Wald. Wie konnte er sie nur vergessen? Aufgeregt sprang er aus dem Sessel und lief zum kleinen Waffenschrank am anderen Ende des Zimmers. Er öffnete ihn und ein erleichtertes Japsen drang aus seinem Mund. Der Schlüssel! Er war weg! Dass konnte nur heißen, dass sie zur Jagdhütte wollte. Schließlich hatte der Onkel sie beide einmal mitgenommen und ihnen den weg erklärt. Nur sie beide wussten von der Hütte und nur sie beide wussten wo der Schlüssel dazu aufbewahrt wurde. Schnell verließ er das Zimmer, um sich sofort auf den Weg zur Hütte zu machen. Schwester, geliebte Schwester, bald sind wir wieder vereint. Guter alter Onkel, wie kann ich dir jemals dafür danken? Erneut erhellst du meine dunklen Tage. Danke. Sie hatte sich nicht mehr bewegt, saß noch immer dort. Ihre Augen vollkommen ausdruckslos und leicht gerötet von den Tränen, die ihre Wangen immer noch hinunter liefen. Der Wind umwehte sie und langsam begann der Schnee sie zuzudecken. Sie wusste nicht was sie machen oder tun sollte. Als sie ging war alles so einfach gewesen... Durchs Schneegestöber zum Haus ihres Onkel, dort sich ausruhen und dann weiter hinunter ins Dorf und dort in einen Zug steigen. Egal wohin, egal wieweit... nur weg. Dem Käfig entfliehen und von neuem beginnen. Sie hatte ihr Erspartes in einem Schließfach am Bahnhof, sowie den Abschiedsbrief für ihre Familie mit ihrem Siegel und einem Foto von ihrem Bruder mit sich. Warum schien so etwas einfaches nur so schwer? Ihr Finger waren schon steif gefroren, als sie diese hob und zur ihrer Wange führte, die warmen Tränen berührte und sich fragte, wie sie diese noch vergießen konnte. Nun nahm sie auch die andere Hand, fuhr über ihre Wangen und wollte den Strom stoppen. Es brachte nichts, machte es nur noch schlimmer. Jetzt erst bemerkte sie, wie sie doch eigentlich erbärmlich fror. Ihre Sachen waren durchnässt und klebten schon an ihrem Körper. Sie versuchte aufzustehen, aber erst nach einigen Anläufen klappte es. Ihre Lage wurde ihr nach und nach mehr bewusst: sie stand allein im Wald, halb erfroren. Aber sterben wollte sie nicht. Alles in ihr sträubte sich dagegen. Was brachte es einfach aufzugeben und sich damit selbst zu verraten? Ganz langsam setzte sie einen Schritt vor dem anderen. Wo sie war, wusste sie nicht, genauso wie sie nicht wusste, wohin sie musste. Alles schien besser als am Boden zu liegen und in Selbstmitleid und Erinnerungen zu zerfließen. So ging sie weiter, ohne ein Zeitgefühl, dennoch wurde ihr immer kälter und die Aufsicht auf ein Wunder kleiner. Sie kam erst aus dem Tritt als sie ein lautes Bellen hörte. Verschreckt drehte sie sich so schnell es ging um, verlor das Gleichgewicht und landete ziemlich unelegant auf den Hintern. Leise fluchte sie und fand den Auslöser für ihr Ungeschick in Form eines grau-weißen Hundes, der immer schneller angerannt kam und sie schließlich ganz umwarf. Ein leises Lachen entfloh ihren Lippen als der Hund begann sie abzulecken. "Schon gut... ich lebe noch...", brachte sie nach Luft ringend hervor und drückte das Tier von sich. Dessen braune Augen schienen besorgt auf sie herab zu sehen. "Was machst du hier überhaupt, Frechdachs?!", fragte sie nach einigen Augenblicken und strich über das feine Fell. Der Mischling gehörte ihrer Familie und müsste jetzt eigentlich faul vor irgendeinem Kamin im Haus liegen und sich ausruhen. Aber anscheinend hatte er es interessanter gefunden ihr hinterher zu laufen. Das jedenfalls hoffte sie. Sie liebte ihren Frechdachs, wie sie ihn betitelte, über alles, war sie doch bei seiner Geburt dabei gewesen und hatte damals dieser kleine Welpe gleich sie als seine Herrin angenommen. Ja... damals war er ihr immer hinterher getapst, mehr schlecht als recht und hatte leise gejault, war sie mal aus seinem Blickfeld verschwunden. Selbst ins Bett war er ihr gefolgt, auch wenn das ihre Eltern nicht gerne gesehen hatte. Langsam setzte sich sie sich wieder auf und zog den Hund zu sich, der sich sofort zu ihr legte und leise wimmerte. Anscheinend spürte er, dass es ihr nicht besonders gut ging. Obwohl ihr einerseits furchtbar kalt war, war ihr auch heiß. Wahrscheinlich hatte sie Fieber. Ihre Hände verloren sich in dem dichten Fell und vorsichtig bettet sie ihr Gesicht nah an ihm. Irgendwie war sie vollkommen ausgelaugt und müde. Der warme Körper neben ihr lockte sie leise sich auszuruhen und etwas zu schlafen. "Wachst du über mich, Frechdachs?", leise glitten die Worte über ihr Lippen und sie schloss die Augen. Der Hund jedoch stupste sie mit der Nase an, wollte sie wach halten. "Es tut mir leid...", flüsterte sie leise und der Hund begann zu jaulen, wollte Hilfe rufen, versuchte sie immer energischer wach zu halten, sie zum aufstehen zu bringen. Ihre Kräfte reichten dafür nicht mehr, auch wenn sie wieder die Augen öffnete. Das Jaulen wurde immer lauter und ängstlicher. Ihre Augenlieder wurden immer schwerer und eine verlockende Taubheit machte sich in ihrem Innern breit, rief ihr zu sich treiben zu lassen. Nur noch ein verzweifeltes ,Bruder' kam über ihr Lippen, bevor sie nachgab. Leise knirschend zerberste die Schneeschicht unter seinen schnellen Tritten. Keuchend vor Erschöpfung beschloss er sein Tempo etwas zu mäßigen, als er vom Wald her Frechdachs Geheule wahrnahm. Konnte es sein? War es denn die Möglichkeit, dass der Hund sie gefunden hatte? Nur keine falschen Hoffnungen. Er war bereits erleichtert, als sie Rauch aus dem Hütten Schornstein hatten steigen sehen. Anscheinen waren sie aber zu spät gekommen. Sie war weg. Einfach weg. Nicht mehr dort. Vielleicht gerade gegangen, vielleicht bereits seit Stunden verschwunden. Jetzt ärgerte es ihn, dass er nicht auf das Feuer im Kamin geachtet hatte. War es bereits heruntergebrannt, oder loderte es noch munter. Vielleicht hatte sie eine Nachricht in der Hütte zurückgelassen. Wieso war er nur sofort, als er merkte, dass sie nicht mehr dort war, mit dem Hund zurück ins Freie gelaufen? Sicher war es toll, dass Frechdachs sofort die Fährte seiner Herrin gewittert und ihr gefolgt war. Dennoch hatte es auch einiges an Leichtsinnigkeit an sich, einfach so Hals über Kopf in ein Schneegestöber davonzulaufen. Es war der helle Wahnsinn. Andererseits waren jetzt die Spuren noch zu sehen, wer weiß wie es in einer Stunde aussehen würde? Vielleicht wäre es trotzdem besser die Rettung oder die Polizei einzuschalten. Ob ein Suchtrupp mit dem Helikopter sie schneller finden könnte? Gedanken und Zweifel überschlugen sich mehrmals in seinem Kopf und drängte von neuem immer und immer wieder in sein Bewusstsein. Verdammt noch mal. Was dachte er eigentlich soviel darüber nach? Sie ist seine Schwester, sie ist alleine hier in der bitteren Kälte. Es war seine Pflicht als Bruder sie zu finden und ihr beizustehen. Sie könnte sich verlaufen haben, oder gar verletzt sein. Er musste sie finden. Um jeden Preis. Sie ist seine Schwester, sie ist seine Liebe. Erschöpft kam er zu der Stelle an welcher der Hund sein Geheule veranstaltete. Er konnte es kaum glauben, aber dort lag sie. Eingebettet in Schnee. Ihr Dunkles Haar hob sich von der weißen Schneeschicht etwas ab, aber ansonsten waren ihre Konturen schon merklich mit ihrer Umgebung verschmolzen. Erleichtert, dass er sie gefunden hatte und gleichzeitig besorgt, sie nur noch tot bergen zu können, lies er sich neben ihr auf seine Knie fallen. Er zog seine Handschuhe aus, und wischte ihr ein paar Flocken aus dem wunderschönen Gesicht. "Schwester...endlich habe ich dich gefunden!" Es war warm... so schön warm. Langsam stieg sie aus ihrem traumlosen Schlaf auf. War sie tot? Leise hörte sie im Hintergrund das Knistern von einem Feuer, neben ihr lag ein warmer Körper, presste sie fest an sich. Leise seufzte sie und kuschelte sich näher an ihre Wärmequelle. Sie fühlte sich in diesem Moment vollkommen beschützt und frei. So sollte es für immer bleiben. Etwas Nasses war auf einmal an ihrer Hand uns sie hörte ein leises ,Wau' von einem ihr sehr bekannten Wesen. Widerwillig öffnete sie die Augen und sah in die großen dunklen Augen von ihrem Frechdachs. Vorsichtig streckte sie die Hand mit Hundesabber aus um ihn über das Fell zu streicheln. "Na wie geht's dir?", fragte sie heiser. Ihre Stimme war fast nicht vorhanden und ein stechender Schmerz ging von ihrem Hals aus. Ein starker Husten stieg auf und sie krümmte sich leicht unter dem Schmerzen, die jetzt auf sie eindröhnten. Ihr Kopf tat schrecklich weh, nebenbei war ihr auch noch schwummerig und sie konnte nicht genau ausmachen, was ihr noch alles weh tat oder besser gesagt nicht wehtat. Neben ihr war ein leises sorgenvolles Geräusch zu hören und vorsichtig drehte sie sich zum Verursacher von diesem um. Etwas ungläubig sah sie ins Gesicht ihres Bruders. Kurz schien alles andere vergessen und stumme Tränen stiegen in ihren Augen auf. Rein aus Reflex zog sie sich näher zu ihm und weinte leise an seiner Brust, immer wieder stieg dabei ein leises schmerzvolles Schluchzen aus ihrer Kehle auf. Es tat weh. Eigentlich wollte sie doch ihren Gefühlen für ihn entfliehen und jetzt wurde sie von ihnen übermannt. Dennoch... nie wieder würde sie ihn verlassen... verlassen können. Das wurde ihr schlagartig klar. Nie wieder... Er hatte sie in seine Arme genommen, und drückte sie nun fest gegen seine Brust. Langsam wischte er ihr mit einer Hand die Tränen aus dem zerbrechlichen Gesicht. Dann legte er ihr eine Hand an die Wange und sah ihr tief in die Augen. Er schien sich schon fast endgültig darin verloren zu haben, als er langsam aber klar und deutlich zu sprechen begann. "Von nun an, werde ich immer bei dir sein. Ich werde auf dich aufpassen, dir zur Seite stehen und dich von weiteren Dummheiten bewahren. Nicht nur wie ein Bruder, sondern...", seine Stimme geriet langsam ins Stocken. Man konnte in seinen Augen lesen, wie schwer ihm die nächsten Worte fielen. Er rang mit sich selbst. Mit all dem Ekel und den Einwänden seines Verstandes. Er verdrängte sie alle bis nur noch eine Gedanke übrig blieb. Und selbst diesen konnte er nur schwer formulieren. Langsam öffnete er seinen Mund. Seine Lippen formten Wörter. Leise, im Flüsterton kaum vernehmbar, aber laut genug für ihre Ohren. Diese Worte waren nur für sie bestimmt. "Nicht nur wie ein Bruder, sondern auch wie dein Geliebter. Ich werde dich immer lieben, egal... egal was die Zukunft uns bringt." Jetzt war es heraus. Hoffentlich hatte er sie nicht damit erschreckt. Aber er konnte es unmöglich noch länger verschweigen. Jetzt wo er mit sich selbst im Klaren war, musste er es wissen. Hatte sein Leben noch einen Sinn, oder würde sie ihn mit Abscheu von ihr stoßen. Sie lächelte leicht und versank langsam in seinen Augen. Vorsichtig strich sie ihm eine hellbraune Strähne aus dem Gesicht und hauchte einen federleichten Kuss auf seine Lippen. "Danke...", flüsterte sie leise, hauchte noch einen Kuss auf die Lippen vor sich. "Ich liebe dich auch.", fügte sie dann mit festerer Stimme hinzu und schmiegte sich nur noch enger an ihn. Arm in Arm schliefen sie langsam ein, nur beobachtet von einem grau-weißen Hund und ein paar Sternen... ~Ende~ Augenblicke ----------- Augenblicke (von Ernestine Weckend) Leise streift die Zeit um mich herum Aus Sekunden werden Stunden Und immer wieder flehe ich So leben will ich nicht Sag mir, wie man den Augenblick lebt Ob irgendetwas das Leid aufhebt Wie wird man von der Maske befreit Und gibt es einen Stern für mich? Führ mich fort von dieser Nacht Die mein ganzes Leben macht Befrei mich endlich aus den Ketten Schließ meinen Käfig auf Ich will weinen Ich will lachen Ich will frei sein Sag mir wie bekommt man ein neues Leben? ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "Aufstehen!", die Stimme klang nur schwer zu ihr hindurch, dennoch richtete sie sich sofort auf, ließ vorsichtig ihre Füße auf den von Schulheftern und Büchern, Filmartikeln, Drehbüchern und anderen eigentlich unnötig erscheinenden Sachen bedeckten Boden gleiten und suchte ihren Weg durch die kurze Dunkelheit ihres Zimmers zu Tür. All das ohne eine Regung auf dem Gesicht. Für diese Momente brauchte sie nicht denken, handelte nur, wie immer durch Gewohnheit, und wachte erst auf als sie den frischen Morgenwind auf dem Gesicht spürte. Ihre Trance wich dem unguten Gefühl der Erkenntnis wieder Aufgewacht zu sein. Ohne ihr Zutun... ohne den Wunsch dazu, einfach weil es nicht anders ging. Ihr Mund öffnete sich zu einen Seufzen, aber es war lautlos, nur in ihrem Kopf vorhanden. Sie würde sich nie beschweren. Heutzutage tat man das nur leise und im Scherz. Ein anderes Leben gab es nicht für sie oder die anderen. Jeder würde am Ende erkennen, dass es ein einsames Leben war mit wenig wirklich schönen Augenblicken und vielen düsteren und schrecklichen, aber es war nun mal so und sich darüber aufzuregen, würde es nie besser machen. Mit einem plötzlich aus dem Nichts auftauchenden Tatendrang ging sie los. Es war dunkel und irgendwie noch wie tiefe Nacht obwohl es schon 6.30 Uhr war, aber trotzdem schön. Die Sterne strahlten ein kaltes, fahles Licht aus, das die Straßen nicht erhellte und den Schatten ein eigenartiges Leben einhauchte. Sie liebte diese Jahreszeit. Es war Winter... ein paar Tage vor Weihnachten, aber das war ihr im Moment so ziemlich egal, weil ihr Wunsch, den sie seit drei Jahren schon hegte, nicht in Erfüllung gehen würde... gehen konnte. Weihnachten war nicht ihr Fest. Die Liebe, die dabei empfunden wurde, war nicht die ihre. Okay irgendwas kleines Warmes verband sie noch mit ein paar ihrer Mitmenschen, sie liebte auf eine trübsinnige und traurige Art ihre Familie, mochte ihre Freunde, wie sie ihre Python mochte und bewunderte leicht ein paar andere Menschen. Mehr aber auch nicht. Das Leben war so ziemlich das sinnloseste Unterfangen, was sie sich eigentlich vorstellen konnte, und wenn es nach ihr ginge, hätte es sie selbst nie gegeben. Was brachte es auch bitte eine angeblich vorhandene Größe namens Zeit in einer verschmutzen, skrupellosen und von allen Geheimnisen beraubten Welt zu verbringen um am Ende abzukratzen, sei es durch angeblich unnatürliche Ursache oder Natürliche, mit der Erkenntnis nichts gewonnen oder verloren zu haben. Nebenbei verschandelte man noch die anderen Lebewesen, stellte sich über alles und jeden und bettete einen wahrscheinlich gar nicht existierenden Trottel für das ganze Desaster an. Im Grunde also das wirklich absolut Sinnloste was es gab, weil diese dummen Geschöpfe, die sich übrigens Menschen nannten, die Schöpfung an sich sinnlos fanden. Und allein das die Schöpfung den Menschen die Eigenschaft gab sie sinnlos zu finden, war schon wieder sinnlos. Vielleicht hatte sie grade die bedeutendste und wichtigste Entdeckung der gesamten Menschheit gemacht, ach des ganzen Universums plus jedes Staubkorns was sich noch außerhalb dieses befand, den Sinn des Lebens: die Sinnlosigkeit. Jedoch war das nicht wirklich die beste Ausrede um zu spät zur Schule zu kommen. Vielleicht sollte sie sich doch angewöhnen eine Uhr zu tragen, obwohl sie dann sicher jede Woche eine neue brauchte, wegen ihre planlosen Vergessenheit und der Angewohnheit alles dort liegen zu lassen, wo man es bestimmt nicht gebrauchte. Sie beschleunigte merklich ihr Schritttempo um am Ende dann doch 15 Minuten zu früh dran zu sein. Wie immer. Lächelnd begrüßte man sie mit einer leichten Umarmung und man begann ein unwichtiges Gespräch über das Wochenende, was am Ende dann doch ergab, dass eigentlich Nichts passiert war und es deswegen nichts zu bereden gab. Es war eine kleine, gute Ablenkung von dieser Welt, die sich jeden Tag enger um sie herum zu schließen schien und nicht wie es eigentlich sollte, neue Möglichkeiten preisgab. Ob sie später auch ihren Kindern diesen Scheiß von unbegrenzten Möglichkeiten, wahr werdenden Träumen und den ganzen anderen tollen Sachen erzählen würde? Aber im Grunde war sie sich da ziemlich sicher, dass dies nicht passieren würde. Immerhin würde sie sich nie so ein Balg anschaffen! Wäre ja noch schlimmer die Zeit, die sich so schön friedlich schlafen konnte, durch ein aus ihren Körper mit Schmerzen herausgepresstes Kind zu geben und ganz nebenbei ihre unheilvollen Erbanlagen zu verbreiten. Selbst wenn man dadurch ein weiteres Wesen zu einem unglücklichen Leben verdammen konnte, war es das bestimmt nicht wert, egal wie masochistisch sie veranlagt war. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Seine grüngrauen Augen verfolgten jeden Schritt von ihr. Sahen das feine Lächeln auf ihren Zügen und konnten fast schon die nach Apfel und Zimt duftenden Haare selbst riechen. Dabei strahlte ihre Seele ein unglaublich feines, silbriges und durchdringendes Licht aus, das gerade dazu verlockte, sie zu stehlen. Er wollte dieses Licht, dann müsste er nicht mehr weiter sein Dasein allein fristen, er würde angesehen werden, weil er eines der reinsten Wesen der Schöpfung das Kostbarste gestohlen und verschlungen hatte. Förmlich konnte er schon die Energie, die dadurch gewinnen würde, durch seine Adern rauschen spüren, aber er würde abwarten müssen. Eigentlich war es viel zu gefährlich, weil jemand wie Sie einen hohen Schutzengel haben musste, aber entweder war dieser gerade auf merkwürdige Art verschwunden oder die Dreckskerle da oben hatten noch nicht ihre Aura bemerkt, was übrigens seltendämlich wäre. Wie konnte man nur den Menschen, der die Wiedergeburt von Ihr war, so schutzlos dastehen lassen? Okay... auf den brutalen Weg konnte man nicht an ihre Seele gelangen, dafür wäre sie im Tode zu flüchtig und würde sofort gen Himmel entschweben. Aber wofür gab es dann bitteschön die Verträge mit Dämonen? Und selbst jemand wie dieses Mädchen würde doch wohl Wünsche und Träume haben, die auf normalen Wegen nicht erreichbar schienen. Ohja... er würde das bekommen was er wollte! Ganz am Rande bemerkte er, dass sie nicht mehr dort war, wo sie stehen müsste und auch durch einen schweifenden Blick, blieb sie einfach verschwunden. Na toll... musste er halt warten bis sie wieder auftauchte. Wo sie wohnte, wusste er ja eh schon. Am besten er verschwand erstmal und ging schlafen. Immerhin würde bald die Sonne aufgehen und auch wenn sie in dieser Jahreszeit eher blass war, hasste er sie noch immer aus tiefsten Herzen und nicht nur weil er ein Dämon war. Also hüpfte er vom Gartenzaun auf dem er, für Menschen unsichtbar, gehockt hatte und streckte sich etwas gähnend um schließlich einfach in einer Feuersäule zu verschwinden. Er würde wohl erstmal ein ausschweifendes Schläfchen halten um an neue Kräfte zu kommen, den ganz ehrlich, die ganze Nacht über einen schlafenden Menschen zu beobachten, war nicht gerade das was er unter Spannung verbuchte, ganz zu schweigen von der Nähe zu Schnellstraße, die in weniger Entfernung vorbeizog wo dieser Mensch wohnte... Diese metallenen Ungeheuer namens Auto waren viel zu laut, dass es eh einem Wunder glich, dass man dabei überhaupt schlafen konnte. Gott sei Dank hatte er damals in einer Zeit gelebt, als die Dinger noch nicht existierten. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wie konnte man soviel Müll auf einmal erzählen? Starke Kopfschmerzen kündigten sich schon an und sie verzog mies gelaunt den Mund. Irgendwie ging ihr das ganze Gerede über Zukunft und Möglichkeiten auf den Sack, wenn sie den einen hätte. Sie wusste doch eh schon, dass sie später in irgendeiner Wohnung leben würde, allein, vielleicht noch mit einer Python, einen undankbar bezahlten Job nachginge und ihre Depressionen im Suff ertränken würde, nur um morgens mit einem gewaltigen Kater aufzuwachen und ein ,Nie wieder...' zu murmeln. Gott schütze die Alkoholindustrie! Als ihr Name fiel, sah sie falsch lächelnd auf. "Wie Bitte?", fragte sie schleimerisch höflich, immerhin hatte sie nicht die geringste Lust, sich mit dieser Ausgeburt von Minderwertigkeitskomplexengeprägten Frau auseinander zu setzen. "Was wohl so wichtig ist, dass sie gar nicht meinen Ausführungen lauschen?", wiederholte sich die Lehrerin mit kalter Stimme. "Es tut mir Leid, aber als sie anfingen uns unsere Zukunftsmöglichkeiten mitzuteilen, musste ich unwirklich mir meine vorstellen.", noch immer zu höflich und in der stillen Hoffnung, dass sie jetzt wieder ihre Ruhe hätte. Leider falsch. "Und was denken sie, werden sie später erreichen?", die schon in die Jahre gekommene Frau vor ihr und musterte sie kalt, aber irgendwie auch lauernd. "Ich hoffe, dass ich an einer guten Uni mein Traumfach studieren kann um anschließend einen guten Job zu bekommen.", wurde lächelnd geantwortet. Stirb! "Das hoffen wir ja alle für sie und deswegen ist es vielleicht besser, auch wenn sie diesmal fachbezogen weggetreten sind, unsere Sinne im Hier und Jetzt zu behalten und gut zu zuhören, damit sie später ein erstklassiges Abitur abliefern." Sterben war zu gut für diesen Menschen. Sie sollte erstmal elendig gefoltert werden und dann verrecken, aber langsam und sehr, sehr grausam! Innerlich zählte sie bis zehn und schluckte eine bissige Antwort hinunter. Ihr Lächeln lag immer noch auf ihren Zügen und für sie war es schon beängstigend, wie sie diese Maske ohne Probleme aufbehalten konnte. Kurz nickte sie und endlich ließ man von ihr ab. Dennoch blieb sie noch einige Sekunden reglos sitzen, nur ihre Hände, die sich in den Stoff ihres langen Oberteils krallten, zeugten von ihrer aufgestauten Wut, bis sie schließlich wieder etwas zusammensackte und interessiert die Uhr ihres Banknachbarn anstarrte. Vielleicht würden sich die Zeiger ihr zuliebe schneller bewegen? Falsch gedacht, aber trotzdem endete die Stunde nach weiteren zwei Minuten und schnell machte sie sich auf dem Weg aus dem engen Klassenzimmer. Sie brauchte jetzt erstmal etwas frische Luft und ein Aspirin, denn die angekündigten Kopfschmerzen waren jetzt schon mit voller Wucht da. "Kommst du?", sie sah irritiert auf. Eine etwas größere, vollkommen in schwarz gekleidete Person stand vor ihr und lächelte sie wissen aus ihren grauen Augen an. Sie gab dennoch nur ein sehr sinnvolles ,Häh?' von sich und schluckte die Tablette in ihrer Hand hinunter mit Wasser. "Falls es dir mal wieder entfallen sein sollte, wir haben heute AG, Inuchan." "Schon wieder?", sie seufzte kellertief. "Ja... und wenn ich dich daran erinnern darf, war unsere letzte AG-Stunde vor einer Woche.", wurde ihr jetzt selbst etwas genervt geantwortet. Prompt schoss eine Hand im schwarzen Handschuh vor um sie am Handgelenk zu packen und zurück in Richtung Schulgebäude zu ziehen. Sie ließ sich brav hinterher schleifen. "Wie du meinst, Hotori...", murmelte sie nur etwas abwesend und musterte, wie schon so oft zuvor, das ,Wesen' vor sich. Mensch konnte man Hotori schon lange nicht mehr schimpfen. Die schwarzen Haare waren nach oben gesteckt, die tiefen grauen Augen mit rot umrandet, was sich auffällig von der schneeweißen Haut abhob, genauso wie die dunkelroten Lippen. Eigentlich hatte sie vollkommen vergessen ob Hotori ein Mann oder eine Frau war, irgendwie schien es beides zu sein und beides gleichzeitig nicht. Dennoch war für sie diese in schwarz gekleidete Versuchung einfach nur wunderschön und unerreichbar. Von den meisten anderen wurde dieser ,Vampir', wie Hotori in der Schule genannt wurde, gemieden, sie jedoch hatte sich ihr, irgendwie schwebte in ihrem Hinterkopf das Hotori doch eine Frau war, nie entziehen können und schnell die Nähe des anderen gesucht. Hoffnungen machte sie sich jedoch gar keine, leider. Tja... scheiß Pessimismus! Irgendwie versaut der das ganze Leben... Jedoch kann man dafür nie enttäuscht werden... Kurz blickte sie aus einem Fenster. Obwohl es erst Nachmittag war, verschwand wieder am Horizont das fahle Licht der Sonne. Wann war sie eigentlich das Letzte mal bei Tageslicht nachhause gekommen? ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Systematisch ging er noch einmal den ganzen Vertrag durch und war mehr als zufrieden mit sich. Da konnte doch gar nichts mehr schief gehen! Wieder hob er seinen Blick um ihn die Straße Langschweifen zu lassen. Obwohl schon vor einigen Stunden die Sonne untergegangen war, blieb bis jetzt das Haus dunkel. Seine Zielperson musste immer noch in der Schule sein und er wartet schon gut zwei Stunden auf dieser Laterne auf ihre Rückkehr, nebenbei bemerkt, war es auch noch saukalt und sein Hintern schien abgefroren, aber ein Dämon spürt natürlich keinen Schmerz. Unruhig spielte er mit einem Stift in seiner Jackentasche. Woher seine Ungeduld rührte, wollte er gar nicht wissen, aber irgendetwas drängte ihn diesen Vertrag so schnell wie möglich zu besiegeln. Er hob den Kopf leicht zum blassen Mond. Vielleicht war die Aussicht auf Weihnachten, so genanntes ,Fest der Liebe' und ein reines Kapitalfest für die meisten, der Grund. Wahrscheinlich hatte er nur Angst, dass er sie nach diesem Ereignis nicht überzeugen konnte zu unterschreiben. Immerhin könnte sie durch dieses Familienliebegewäsch manipuliert werden und so schneller der Deal unter Dach und Fach war, so schneller konnte er sich ihrer Seele sicher sein. Fast als hätte sie sein stummes Flehen gehört, kam sie um die Ecke der Straße gebogen und schloss in vollkommener Dunkelheit das kleine Gartentor auf. Anscheinend kannte sie diese Prozedur mehr als auswendig um dafür Licht zu benötigen. Elegant ließ er sich auf den Weg fallen, machte dabei keine Geräusche und musterte sie interessiert, jetzt konnte sie ihn noch nicht sehen. Dennoch schienen ihre Augen ihn gerade zu durchlöchern, aufzusaugen, einfach sein ganzes Dasein zu verschlingen und das Gefühl zu Brennen stieg in seinen Körper hoch. Sie sah ihn nicht, oder? Aber warum dann dieser zielgerichtete, von Verachtung gefüllte und trotzdem so leere Blick? Der Zweifel wurde hinweggewischt als sie ihren Blick abwandte und langsam zum Haus stiefelte. Ein leichter Schneefall setzte ein und kurz erschauderte ihr Körper. Fasziniert konnte er nicht seine Augen von ihr lassen. Was so normal und nebensächlich bei den meisten Menschen erschien, blieb hier überaus bedeutend für ihn. Ihre ganze Körpersprache war ein einziges Rätsel. Obwohl er sie lachen gesehen hatte, es schien ihn nicht echt, obwohl er sie lächeln gesehen hatte, es war falsch, jede noch so glückliche oder überhebliche Geste schien bei dieser Figur falsch, einfach nicht für sie geschaffen. Nur Traurigkeit war richtig und dieses verschwand nie aus ihren Zügen, Bewegungen oder Augen, nein, sie war allgegenwärtig. Dennoch... er wollte sie lächeln sehn, ehrlich, ohne jede Spur von Falschheit. Er wollte sehen, wie die Freude doch zu ihr passen konnte. Eilig fuhr er sich über die Stirn. Hatte er Fieber? Solche Gedanken waren falsch! Er sollte sie unter Übermüdung weglegen, wahrscheinlich waren sie nur durch die zwei Stunden sinnlosen herumfristen in seinem Leben auf einer Laterne bei -8 °C hervorgerufen worden. Was interessierte ihn auch schon an einem Menschen außer der Seele? Gar nichts. Sollte sie doch weinen, wimmern, leiden. Hauptsache er bekam ihr Licht und Sein. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Sie fühlte sich leicht beobachtet, aber dieses Gefühl kannte sie schon seit einiger Zeit und verdrängte es einfach. Kurz sah sie verachtend zu dem Haus, es war dunkel, leer. Fast wollte sie wieder umdrehen und einfach verschwinden. Unwohlsein stieg auf, aber was sollte sie tun? Es war das einzige Zuhause was sie hatte. Langsam machte sie sich auf den kurzen Weg zur Wohnungstür. Ein leichter Schneefall setzte ein und die kalten Flocken auf dem Gesicht ließen sie erschaudern, es war wie die Berührung durch eiskalte Hände. Das Außenlicht ging automatisch an und mit einer schnellen Bewegung war die Tür offen und sie spürte einen warmen Schwall Luft ihr entgegen kommen. Sie klopfte sich den Schnee von den Stiefeln und trat ein. Automatisch zog sie ihren Mantel und Schuhe aus, stopfte den Schall in den Mantelärmel und hing diesen an die Kleiderständer. Vorsichtig sah sie auf, der Spiegel zeigte ein Gesicht mit leicht geröteten Wangen, langen dunkeln Haare, die unordentlich in ihr Gesicht fallen, und traurigen Augen. Leicht schlug sie mit der Hand gegen den Glas, sie hasste diesen Anblick, schnell wandte sie sich ab und schloss die Tür, weil die kalte Luft langsam Einzug ins Haus hielt. Ein leises Gähnen stieg aus ihrer Kehle und um die Müdigkeit aus ihren Gliedern zu bringen, streckte sie sich erstmal ausgiebig beim Weg zur Küche. Erstmal durchwühlte sie einen Schrank nach Fertiggerichten, aber sie fand nur irgendwas mit grünen Nudeln, Milchreis und Grießbrei, aber soweit sie wusste, hatten sie keine Milch mehr und Hunger hatte sie darauf auch nicht. Sie ließ ab vom Schrank und wandte sich zum Tiefkühlschrank. Auch nichts wirklich, was ihr Hunger machte. Frustriert ging sie zu ihrer Brotbox und holte sich etwas Käse um sich eine Stulle zu schmieren. Eigentlich hatte sie überhaupt keinen Hunger mehr, aber die Gewohnheit ließ sie trotzdem etwas essen. Mit dem angefangen Stück Brot mit einer lieblos draufgelegten Scheibe Käse wurde das Wohnzimmer aufgesucht um erstmal eine CD einzulegen und sie so laut aus den Boxen schallen zu lassen, damit sie ihre eigenen Gedanken nicht mehr hören konnte. Ein bitteres Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Jetzt wollte sie sogar sich sogar nicht mal mehr selbst bei sich haben. Sie hatte sich wohl wirklich verloren in dieser Welt, ihre Träume verblassten auch immer mehr. Frustriert schluckte sie den Rest ihres Mittags hinunter und schloss die Augen. Wippte mit dem Fuß den Takt der Musik mit, formte mit den Lippen lautlos den Liedtext und ließ sich fallen. Nur kurz... ganz kurz... wollte sie frei sein von allem. "Ich erfüll sie dir... deine innigsten Wünsche...", flüsterte leise eine unbekannten Stimme in ihr Ohr. Jetzt fantasierte sie also auch schon. Gut zu wissen. Verzweifelte Tränen stiegen aus. Jetzt bildete sie sich also Stimmen ein um die Dunkelheit in ihrer Seele zu verdrängen. "Was würdest du tun, wenn ich deine Wünsche erfülle?", fragte die Stimme. Sie fuhr mit einer Hand durch ihre unordentlichen Haare. Sollte sie antworten? "Alles...", erwiderte sie schließlich doch. Plötzlich wurde ihre Hand aus den Haaren gezogen und jemand ergriff ihr Kinn, zwang sie dadurch ihre Augen zu öffnen. Tiefe grüne Augen erwarteten ihren Blick. Erschreckt wollte sie aufspringen, aber plötzlich fühlte sie eine bleierne Schwäche in ihren Gliedern. Schnell verschloss sie die Augen wieder und die Tränen brachen aus. "Schttt... ganz ruhig. Ich werde dir nichts tun.", flüsterte der Fremde fast zärtlich. "Ich bin hier um dir zu helfen." "Verschwinde!", donnerte ihre Stimme ihm entgegen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Er betrat das Haus durch die noch offen stehende Tür und sah sich um. Nett. Mehr konnte man nicht sagen und mehr war wohl auch nicht nötig. Die junge Frau schien nebenbei fast mechanisch ihre Gewohnheiten nachzugehen, behielt dabei doch eine gewisse Geschmeidigkeit in den Bewegungen. Ein feines, fieses, selbstsicheres Lächeln trat auf seine Züge. Jetzt wusste er endlich, warum sie ihn von Anfang an so komisch vorgekommen war. Sie war frustriert! Eindeutig überfordert mit der Welt und ihrem Sein. Wahrscheinlich wäre das fast jeder, der in sich eigentlich einen starken Freiheitswillen hatte. Bestes Beispiel war er selbst dafür, nur dass er für sich damals einen Schlussstrich gezogen hatte. Seine Leiche lag noch immer auf dem Grund des Meeres und sein Tod war jetzt gut dreihundert Jahre her, dreihundert einsame Jahre. Er stritt ja nicht mal ab, dass er sich jetzt Gesellschaft wünschte, aber im war der Tod trotzdem lieber als das Leben. Als Bösewicht also Dämon hatte man einfach viel mehr Spaß und die Existenz schien nicht mehr ganz so sinnlos. Immerhin hatte er eine feste Lebensaufgabe: Böse sein. Seine fein geschwungene Augenbraue schoss nach oben als sie sich nur ein belegtes Brot machte. Sollte so ihr Mittag aussehen? Er kannte ja ihre Einstellung zu Schulessen durch ein langweiliges Gespräch mit den Eltern, das er vor zwei Tagen aufgeschnappt hatte. Aber darum ging es jetzt nicht, nein, es ging darum, dass kein normaler Mensch von einer Scheibe Brot mit Käse satt wurde! Okay... sie war eindeutig nicht normal, aber er blieb trotzdem bei seinem Plan. Sie biss lustlos in die Stulle und verschwand in Richtung Wohnzimmer. Wieder folgte er ihr nur, war ein teilnahmsloser Beobachter der ganzen Szenerie, die sich wohl Leben taufte. Kopfschüttelnd über die lautstarke Musik und ihr leicht verzweifeltes Gesicht, entschied er sich, jetzt seinen Plan in die Tat umzusetzen. Was gab es den besseres als einen zutiefst verstörten und frustrierten Menschen, der sich anscheinend sehr einsam fühlte. Das war doch mehr als nur einfach ihr so einen Vertrag anzudrehen. Seine unsichtbare Fassade fiel und flüchtig strich er sich eine wilde Ponysträhne aus dem Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen, vielleicht erstmal besser so. Er konzentrierte sich um in die richtige, leicht melancholische Stimmung zu kommen und sprach dann mit sanfter, leiser Stimme. "Ich erfüll sie dir... deine innigsten Wünsche..." Das Mädchen zuckte leicht, eine tiefe Spur Verzweiflung legte sich in ihre Züge. Vielleicht war das doch nicht der richtige Moment?! Schwachsinn! Wahrscheinlich gehörte das zur nicht verständlichen Welt, weiblicher Individuen. Einfach weitermachen! "Was würdest du tun, wenn ich deine Wünsche erfülle?", gespannt wartete er auf eine Antwort. Erst nach ein paar Augenblicken wurde sie ihm endlich gegeben. "Alles...", antwortete ihm eine leise, fast schon irgendwie schwermütig klingende Stimme. Am liebsten hätte er jetzt einen Luftsprung gemacht. Jetzt konnte es doch nur ein Kinderspiel sein, sie zum Unterschreiben zu bringen. Wieder erfühlte er den Stift in seiner Tasche und holte leise Luft, jetzt musste er ihre Aufmerksamkeit erregen und zwar so, dass sie ihn für real hielt. Außerdem wäre etwas Vertrauen aufbauen nicht schlecht. Seine linke Hand zitterte leicht als er ihre rechte Hand aus dem dunklen Haarschopf befreite, dafür war seine rechte Hand umso sicherer als er ihr Kinn zu sich drehte. Ihre Augen öffneten sich, weiteten sich kurz in Überraschung, während sie diese schnell wieder schloss und die ersten Tränen ihren Weg fanden. Mit Tränen hatte er nicht mal zu Lebzeiten umgehen können, wie sollte er es jetzt. Irgendetwas in ihm schrie, jetzt vorsichtiger zu sein als zuvor. Ihr Mut zu machen. Sie zu umgarnen um sie für sich zu gewinnen. "Schttt... ganz ruhig. Ich werde dir nichts tun.", fast zärtlich flüsterte er das um sich nicht zu verschrecken. "Ich bin hier um dir zu helfen." Er zuckte heftig zusammen als er ihre eiskalte Stimme hörte. "Verschwinde!" Natürlich meldete sich auch sofort sein natürlicher Trotz. "Nein.", erklärte er sachlich. "Ich bin hier um dir einen Handel vor zu schlagen und ich werde nicht eher gehen bis du ihn dir angehört hast.", und eingegangen bist, aber das verschwieg er lieber. "Wer bist du?", ihre Stimme war immer noch auf Tiefkühlschrankmodus, aber dafür nicht mehr ganz so hart wie vorher. Außerdem öffnete sie wieder zögernd die Augen, in ihnen flackerte unterdrücktes Interesse, ihre Tränen waren versiegt. "Man nennt mich Raven, den Raben.", meinte er ruhig, aber sie sah ihn nur noch weiter an. "Was für einen Handel schlägst du mir vor? Willst du die Wohnung ausräumen und mich fesseln, während ich mucksmäuschenstill bin und zusehe?" Unwillkürlich musste er schmunzeln. "Als wenn ich ein Dieb wäre, nein, ich muss dich enttäuschen. Ich bin so etwas wie ein Bote der Unterwelt, ein Dämon knapp formuliert, und bekunde Interesse an einer Kleinigkeit von dir." Warum hatte er nur das Gefühl, dass sie ihm nicht glaubte? Lag es vielleicht an dem verdrehen der Augen oder den komischen Funkeln in ihren Augen, die ihn amüsiert musterten. "Klar und ich bin Gott...", murrte sie ernst. Okay... sie glaubte ihn wirklich nicht. Warum waren alle Menschen nur solche Zweifler geworden? Früher war das viel einfacher als die meisten noch einfache Bauern waren und vor Schreck auf die Knie sanken als er nur das Wort Dämon sagte. Wo war bitte die gute, alte Zeit geblieben? Aber bitte! Musste er es halt beweisen. "Ich beweis es dir. Sag mir nur wie!" "Himbeereis aus Italien." Irritiert sah er sie an. Wie jetzt? "Guck nicht so als würde ich russisch sprechen! Ich will Himbeereis aus Italien, für einen Dämon wie dich, müsste das ja wohl kein Problem sein.", ihre Zunge schien sehr locker und anscheinend war sie auch total entspannt. Wo bitte nahm dieses Menschenwesen jetzt diese Sicherheit her?! Aber bitte... würde sie halt ihr Eis bekommen! Um das Ganze etwas dramatischer zu machen, erschien das Eis mit einem Knall in den Händen und lässig reichte er ihr es. Sie probierte erst zaghaft, vielleicht dachte sie, er hätte es vergiftet. "Hmn... schmeckt wie das Original. Okay... ich nehme jetzt mal an, dass du ein Dämon bist. Was willst du dann wirklich von mir? Welche Kleinigkeit, die ich wahrscheinlich gar nicht vermissen würde, willst du denn von mir haben?" Warum war ihr Ton eigentlich immer noch so verdammt ironisch?! Er musste doch jetzt hier die Überlegenheit in Perfektion darstellen! Irgendwie brachte ihn dieses Mädchen allein durch ihre Art zu Weißglut. "Deine Seele.", sie verschluckte sich, hustete und irgendwas Nasses war in seinem Gesicht. Ein leichter Rotschimmer bildete sich auf ihren Wangen. "Sorry...", nuschelte sie leise, aber irgendwie lag in ihrem Gesicht ein Lächeln. Er lächelte nur süffisant zurück und wischte es sich erstmal mit einem Taschentuch aus einer Tempobox, die auf dem kleinen Wohnzimmertisch in der Nähe stand, das Gesicht ab. "Du willst also meine Seele... ich wusste gar nicht das ich so was besitze...", das Lächeln war immer noch nicht gewichen. Er zog merkwürdig eine Augenbraue hoch. "Was dachtest du denn, was dich ausmacht. Dein ganzes Sein ist?" "Die Ironie der Schöpfung?", stellte sie die Gegenfrage. Irgendwie hatte dieser Mensch doch etwas Sympathisches an sich. "Wahrscheinlich das auch.", lenkte er ein. "Also was ist?" Sie sah ihn fragend an. "Was jetzt?" Ein theatralisches Seufzen stieg seine Kehle hoch. "Ob du bereit bist mir meine Seele zu geben, wenn ich dir deine Wünsche erfülle." Ihr Blick wurde ernster und sie drehte ihren Kopf zum Fenster, schien einen unbekannten Punkt zu fixieren. "Vielleicht... wenn du mir ein paar Fragen beantwortest." Schon wieder war sie in diesen Kältemodus gewechselt. Wie konnte man nur so schnelle Gefühlsschwankungen haben?! "Okay, frag.", irgendwie kehrte wieder diese Unruhe zurück. Was war jetzt denn schon wieder mit ihm los?! Er war ein gefühlskalter, berechnender, egoistischer Dämon, die Überlegenheit in Person. Nichts und niemand konnte ihm gefährlich werden. "Warum ich?" Oder vielleicht doch? Wo waren diese verdammten Geistesblitzes, wenn man sie mal brauchte?! "Das ist so... wie soll ich es sagen..." Verflucht! Jedes Wort über den wahren Grund könnte alles zunichte machen. Was sollte er jetzt also sagen? Langsam drehte sie ihren Kopf wieder zu ihm, ihre Augen blitzen komisch auf. "Gut. Ich habe verstanden." Wie jetzt? Wusste sie ES etwa? "Nächste Frage: Wie viele Wünsche erfüllst du mir?" "Sieben." Okay... sie war mehr als nur merkwürdig. "Welche Art von Wünsche?" "So gut wie jeden.", antworte er ehrlich. "So gut?", hackte sie nach. Sein Blick wurde fester und er versuchte mit seinen Augen ihre gefangen zu halten. "Die Gefühle der Menschen sind unberechenbar. Du kannst dir wünschen, dass dich jemand liebt. Er würde es für einen Augenblick tun, aber es kann so schnell wie ein Wimpernschlag wieder vorbei sein. Das sind die Schranken, die nicht mal Gott oder der Teufel brechen können." Sie nickte. "Ich verstehe." Ihre Augen schien wieder etwas aufzuleuchten und irgendwie kam es ihm vor als würde sie mitten in seine schwarze Seele sehen. "Ich bin einverstanden." Sprachlos sah er sie an. Sie war einverstanden? Leicht schüttelte er den Kopf um ihn wieder frei zu bekommen und holte schnell den Vertrag hervor um ihn ihr zu reichen. Ihre Augen überflogen ihn und sie schien ihn sorgfältig durchzulesen. Dann setzte sie den Stift an und begann mit gewohntem Schwung ihren Namen zu schreiben, jedoch verschwanden die geführten Linien sofort wieder. Verwundert sah sie auf. "Irgendwas stimmt mit dem Stift oder dem Papier nicht." Er schüttelte den Kopf. "Das ist es nicht. Nur du unterschreibst falsch." Ihr Mund öffnete sich zum Protest, aber er schnitt jeglichen Einwand mit einer wirschen Handbewegung ab. "Du wolltest mit dem Namen unterschreiben, den dir deine Eltern gegeben haben. Aber das ist nicht der Name, den du für dich im Herzen trägst. Du musst mit DEINEM Namen unterschreiben." Immer noch lag der verwunderte Blick auf ihren Gesicht, aber dann schloss sie die Augen und unterschrieb blind mit drei Buchstaben: Inu. Als sie die Augen wieder öffnete waren sie noch da. "Gut... dann nenne ich dich Inu.", er nahm ihr das Stück Papier weg und holte einen Dolch hervor. Ihre von Schreck geweiteten Augen beachtete er gar nicht und schnitt sich in die Hand um etwas dunkelrotes Blut auf den Vertrag zu träufeln. Sie schwieg, aber er sah in ihren Augen die Frage. "Uns Dämonen steht es nicht zu einen Namen zu besitzen. Raven nennt man mich, aber er ist nicht MEIN Name, nur eine Art Synonym. Ich habe mit meinem Blut den Vertrag besiegelt, jetzt bin ich an dich gebunden und du an mich." Er hob die Hand um sich kurz über die Wunde zu lecken, das Blut zu schmecken. Es war eiskalt, nicht warm wie bei einem Menschen und lange nicht so süß. Aber allein das er Blut hatte, erzählte die Geschichte von seinem früheren Menschsein. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "Du siehst blass aus... geht es dir wirklich gut?", Hotori musterte sie eindringlich, aber Inu nickte nur geistesabwesend, wie den ganzen Vormittag bereits. "Aber du hörst mir gar nicht zu! Oder?" Wieder nur ein Nicken. "INU!" Verschreckt sah sie zu Hotori. "Was ist?", fragte sie dann leise. Ein theatralisches Seufzen antwortete ihr. "Was ist nur mit dir los?! Du scheinst mit deinen Gedanken tausende von Kilometern entfernt und nicht bei mir.", kam es vorwurfsvoll. "Sorry...", wurde ihr entgegengenuschelt, aber eigentlich sah Inu schon wieder woanders hin. Nein... sie war nicht mit ihren Gedanken tausende von Kilometern entfernt, höchstens zehn. Das mochte an dem grinsenden Dämon liegen, der für alle anderen unsichtbar auf dem Lehrertisch hockte und sie schon seit heute morgen verfolgte. "Entschuldigst du mich kurz?", sie hielt es nicht mal nötig Hotori anzusehen oder eine Antwort abzuwarten. Mit schnellen Schritten verließ sie nur das Klassenzimmer und ging kurz darauf in das Leere daneben, wohl wissend, dass Raven ihr folgte. "Warum gehst du nicht endlich?!", fauchte sie ihn wütend an, als sie sich vergewissert hatte, dass auch wirklich keiner da war. Raven legte den Kopf schief, aber das Grinsen blieb. "1. Weil man auf dich aufpassen muss, ich erinnere dich nur an heute morgen." Kurz schoss ihr das herannahende Auto durch den Kopf, aber sie war doch noch gut ausgewichen. "2. Weil mir sonst langweilig wird.", er machte eine spannungsaufbauende Pause, bevor er fort fuhr. "Und 3. weil ich dich einfach zu gerne ärgere." "Blöder Dämon.", knurrte sie nur sauer. "Ich kann sehr gut ohne deine Anwesenheit überleben, also such dir jemand anderes zum Nerven. Ich bin eh noch schlecht drauf wegen dir.", meinte sie barsch. "Daran bist du selbst schuld. Ich hab es dir doch gesagt. Exakt! Was kann ich dafür, dass du deinen Wunsch nicht exakt formuliert hast?" Ihre Augenbraue zuckte nach oben. "Ich wusste nicht, dass man bei ,Ich wünsche mir eine ruhiges, idyllisches Leben als Musikerin.' soviel auslegen konnte." "Es war doch ruhig und idyllisch.", kam es gereizt zurück. "Klar... als Musikerin eines kleinen Stammes auf ner gottverdammten Insel am Arsch der Welt. War ja auch nicht schlecht. Vielleicht hätte man es nur lassen können, dass ich zuerst fast als Raubtierfutter geendet hätte und diese Fastvergewaltigung von Tarzan kam.", ihre Stimme wurde immer lauter. Raven winkte mit einer Hand ab. "Immerhin hab ich dich da noch rechtzeitig rausgeholt.", verteidigte er sich schwach. "Sei froh. Irgendwann hätte ich dich sonst eh gefunden und dann hätte ich dir schon irgendwie das Leben zur Hölle gemacht." "Ich komm aus der Hölle.", wurde nur sarkastisch erwidert. Was er bestimmt auch gleich bereute als das irre Funkeln in ihren Augen sah. Jedoch hatte er wenigstens etwas Glück als die Schulglocke die nächste Stunde eröffnete und Inu sich beeilen musste in zur Geographie zu kommen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Erschöpft ließ sie sich am Küchentisch nieder und beobachtete verwundert, wie Raven anfing den Kühlschrank zu durchsuchen. "Was machst du da?" "Mittag.", antwortete er ihr als wäre es das Natürlichste auf der Welt. "Aber irgendwie sieht euer Kühlschrank so aus, als wäre er nicht dafür gemacht.", wurde grummelnd hinzugefügt. "Ich ernähre mich ja auch sonst von Mikrowellengerichten aus dem Tiefkühlschrank.", erklärte sie ihm nur sachlich. "Außerdem hab ich eh keinen Hunger. Diese tropischen Früchte oder was das war liegen mir noch schwer im Magen." Mit einem Ruck schlug der Dämon die Kühlschranktür zu und sah sie dann schuldig an. "Jetzt fang nicht wieder damit an. Nobody is perfect! Außerdem musst du was Warmes in den Magen bekommen, du isst ja schon fast gar nix zum Frühstück und der krüpplige Apfel in der Schule ist nun wirklich nicht ausreichend." "Warum machst du dir Sorgen um mich?", verwundert hatte sie seinen Worten gelauscht und sah ihn jetzt ernst an. "Mach ich nicht, aber stell dir mal vor du stirbst vor Neujahr. Unser Vertrag ist damit ungültig und ich bekomm nicht deine Seele.", kam es schnell vom Schwarzhaarigen. Inu schmunzelte nur. "Verstehe." "Ist so!" "Okay." Nervös sah er zu ihr. Warum machte sie ihn jetzt schon wieder so wuschig. Und warum fühlte er sich auf einmal wieder unterlegen? Mist! "Lass uns Essen gehen.", murmelte er leise und stand auf. Zögerlich nur folgte das Mädchen seinem Beispiel. "Das hab ich mir nicht gewünscht, obwohl ich es für eine gute Idee halte." "Sieh es einfach als Bonus.", lange musterte er sie. "Dabei könnten wir gleich einen Einkaufsbummel machen und dir nettere Klamotten besorgen. Gebrauchen könntest du es." "Vielen Dank!", beleidigt verschränkte die Dunkelhaarige die Arme von der Brust. "Ich mag meine Klamotten." "Was wahrscheinlich kein normaler Mensch verstehen kann...", flüsterte Raven leise zu sich selbst. Ein leises Knurren ließ ihn dann doch etwas zusammenschrecken. "Das hab ich gehört!" Wirklich... manchmal glaubte er, dass die Rollen vertauscht waren. Sie der Dämon und der das arme Opfer. Leise seufzte er und hob beschwichtigend die Hände. "Nimm's locker. Jede Frau freut sich doch über neue Sachen zum Anziehen und erstmal gehen wir eh Essen. Danach können wir ja immer noch darüber streiten. In Ordnung?" "Ja.", wurde ihm kühl geantwortet. Anscheinend wechselte Inu wirklich von einer Gefühlslage zu anderen. Irgendwie Angst einflössend, wie der Dämon fand. Seine Hand umfasste ihre und wie schon gestern wurde ihr schwummrig zumute. Für kurze Zeit schien sie alles zu fühlen und mit jeden Wesen auf diesem Planeten zu verschmelzen, nach wenigen Sekunden wurde sie aber schon aus dieser Gefühlslage gerissen. Etwas betäubt blinzelte sie und fand sich am Meer wieder. Das blaue Wasser glitzert in der untergehenden Sonne und eine leichte Brise fuhr durch ihre Haare, ließ das seidene schwarze Kleid, was sie anhatte, stärker ihren Körper umschlingen. "Hübsch hier.", Raven lächelte sie munter an und zog sie mit sich. Er selber hatte eine kurze schwarze Hose und ein offenes Hemd an, das einen guten Einblick auf seine fast weiße Haut ließ. Ein leichter Rotschimmer legte sich auf ihre Wangen als sie bemerkte, dass sie gerade den Dämon eingehend gemustert hatte. "Ja...", murmelte sie leise. "Aber schon wieder Meer?", wurde zweifelnd hinzugesetzt. Seine Hand drückte leicht ihre und er deutete mit einem Nicken auf ein kleines Restaurant am Strand. "Wegen einer schlechten Erfahrung sollte man nichts verurteilen. Außerdem sind wir hier nicht mehr in deiner Welt. Ich hab diesen Ort extra für dich erschaffen, also solltest du jetzt einfach mal dein Leben genießen." "Okay.", wurde ihm munter geantwortet. "Ich denke zuviel nach... du hast ja Recht. Leben tut man ja nur einmal." "Jedenfalls weißt du nicht, wenn du wiedergeboren wirst, dass du schon einmal gelebt hast. Dafür kann man für immer sterben...", er wuschelte ihr leicht durchs Haar. Wenigstens schien sich jetzt ihre Laune etwas gebessert zu haben. Mittlerweile erreichten sie auch das kleine Haus und setzten sich auf eine kleine Veranda um noch etwas den Anblick vom Meer zu erreichen. Bedient wurden sie von einer grünen, spitzohrigen Dame mit funkelnden feuerroten Augen und Haaren. Raven kannte sie wohl, denn er grinste sie immer wieder frech an als sie am Tisch vorbeikam, was ihm ab und zu auch einen wütenden Blick von der Rothaarigen einbrachte. Inu ließ ihn für sich beide bestellen und genoss einfach das Gefühl vollkommener Sorglosigkeit, das sich in ihr breit gemacht hatte. Der Schwarzhaarige hatte ihr mal erklärt, dass sie sich fallen lassen konnte, wenn er bei ihr war. Er war so etwas wie ein Schutzgeist für sie. Etwas verwundert bemerkte sie auch, dass mit der Zeit auch weitere Gäste kamen. "Bei uns Dämonen gibt es die Regel, dass jeder in eine erfunden Welt eindringen darf. Keiner ist wirklich besser als ein anderer. Alles geht nur nach der Kraft und den Willen bei uns.", antwortete er ihr als sie eine entsprechende Frage gestellt hatte. "Aber das ist das Schöne an uns. Wir sind schon ein lustiger Haufen." Mit der Hand deutete auf die Kellnerin. "Gresia zum Beispiel war mir noch einen Gefallen schuldig, nachdem ich für sie auf ihre kleine Nichte, einen Werwolf, aufgepasst habe. Deswegen bedient sie uns jetzt. Für sie ist das als Feuerdämonin ziemlich beschämend und deswegen, kannst du mir glauben, ist die Küche schon mindestens drei Mal abgefackelt." Seine Augen suchten die Leute, die alle vollkommen verschieden waren (wahrscheinlich nicht nur vom Äußeren), ab und er zeigte nun auf einen Mann mit Vogelflügen. "Oder der dort. Er war früher ein Engel, gab aber sein Leben im Himmel für seine hübsche Begleiterin auf. Übrigens kann er mehr Alkohol trinken als jeder andere, den ich kenne. Sein Magen scheint ein schwarzes Loch. Leider nur ein furchtbarer Modegeschmack und ziemlich störrisch, aber für Marzipan tut er alles." Raven erzählte noch von ein paar anderen und ab und zu musste die junge Frau lachen als er anfing von einem Sockenfetischisten zu erzählen oder von Mene, einer Dämonin, deren Lieblingsbeschäftigung im Mittelalter war sich verbrennen zu lassen. Schließlich kam auch die von Raven bestellte Pizza. Sie aßen schweigend bis Gin, ein hebräischer Kobold, sich zu ihnen setzte und begann über den Streit mit seiner Freundin, einer Elfe, zu erzählen. Der Schwarzhaarige Dämon stellte sich dabei als guter Zuhörer heraus und schließlich überhäuften sie beide den Kobold mit Tipps die Angebetete zu beruhigen. Inu fühlte sich wie noch nie zuvor. Niemand interessiert sich wer sie war oder wie sie aussah. Jeder war gut drauf, lachte, trank, aß und machte sich Späße daraus andere zu ärgern. Es war ein komisches Gefühl von Zusammenhörigkeit entstanden in ihrem Innern, eine Wärme, die sie anscheinend schmerzlich vermisst hatte. "Lass uns gehen.", ihr Schutzdämon war aufgestanden und hielt ihr auffordernd eine Hand hin. Sie hatte gerade etwas vor sich hin geträumt und irgendwie fiel es ihr schwer jetzt aufzustehen. Es war gerade so schön. "Könnten wir nicht noch kurz?", fragte sie leise. "Nein... das hier ist nicht deine Welt. Hier kannst du nicht bleiben.", er hockte sich auf Augenhöhe. "Wie schön es jetzt auch scheint... glaub mir. Es wäre nur so schön für einen Augenblick. Also behalt doch diesen Augenblick in deiner Erinnerung und verwisch ihn nicht durch Andere... Traurigere." Inu nickte. Warum sollte es hier besser sein als in ihrer Welt? Wahrscheinlich würde sie nicht mal im Himmel dieses Gefühl festhalten können. Langsam stand sie auf und wieder führte sie Raven den Strand entlang. "Was du finden möchtest, kannst du nie. Da will ich dich nicht belügen.", sein Blick war auf das dunkle Meer gerichtet. "Aber du kannst es annähernd in deiner Welt finden und festhalten, hier wäre es dir nie möglich." Er schien aus Erfahrung zu sprechen, aber es klang mehr als nur melancholisch und gleichzeitig so voller Versprechen. "Bring mich nach Hause, Raven.", auch sie schien in ihren Gedanken im Meer versunken. Dennoch konnte man etwas ihren Augen glitzern sehen, mit einer Hand fuhr sie sich übers Gesicht. Das Glitzern verschwand. Wie eine alte Statute stand sie am Strand und schaute ins Nirgendwo. Er umarmte sie von hinten. "Schade... ich dachte wir gehen noch einkaufen.", flüsterte er ihr leise ins Ohr. Ein Kopfschütteln antwortete ihm und er verstand. Dennoch war er zufrieden. Zufrieden damit, dass sie ihm vollkommen vertraute. So etwas gab es zwischen Dämonen nicht. Jeder würde zu Not jeden töten um zu Überleben. Deswegen würde sie in einer erschaffenden Welt nicht leben können. Es wäre ein Verrat an ihrer reinen Seele und nicht mal er würde sich das erlauben. Undeutlich murmelte er die richtigen Worte. Sie erschien von Feuer eingehüllt in ihrem Zimmer und Inu ließ sich auf ihrem Bett nieder. Kurz darauf schien sie eingeschlafen. Eine Nebenwirkung von Traumwelten, Normalsterbliche wurde durch ihren Zauber müde. Dennoch war sich Raven sicher, dass das Mädchen schöne Träume haben würde. Auch er würde sich etwas ausruhen, langsam ließ er sich im Schneidersitz nieder und schloss die Augen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Mitten in der Nacht weckte ihn ein Rascheln der Bettdecke. Man hörte das Geräusch von nackten Füßen auf Teppich und sofort öffneten sich seine Augen. Inu ließ sich ihm Gegenüber nieder. "Ich will es noch einmal versuchen.", kam es ernst von ihr. "Du hast einen Wunsch?", fragte er leicht neugierig. Ein schwaches Nicken antwortete ihm. "Ich wünsche mir eine bekannte Regisseurin zu sein." "Bist du dir sicher? Das wäre dein dritter Wunsch." Nicht das er sie davon abhalten wollte, nein, es war sogar sehr gut. Aber wenn sie wieder so einen Ausraster hatte, wie nach ihrem zweitem Wunsch... dann gute Nacht. Eindeutig der merkwürdigste und anstrengenste Mensch, den er jemals kennen gelernt hat. Sie grinste ihn nur fröhlich an. "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt." "Wie du willst." Wenn sie es wollte. Er musste ja nur am Ende ihre Launen ertragen, aber vielleicht konnte er ihr den Wunsch so erfüllen, dass sie vollkommen zufrieden war? Einen Versuch war es wert. Seine Hand berührte sanft ihre Stirn und in einer Feuersäule verschwand ihre Gestalt. "Bye bye... Hündchen." Inu fand sich auf einer schwarzen Bettdecke wieder. Verschlafen rieb sie sich die Augen und sah sich in den großen, dunkelrot gestrichenen Raum um. Nett hier. "Bist du endlich wach?", Hotori, jedenfalls sah der Mensch, der da gerade das augenscheinliche Schlafzimmer betrat, so aus, lächelte sie sanft, aber irgendwie traurig an und legte einen Anzug auf die Bettdecke. "Du solltest dich schnell anziehen. Sonst verpasst du noch deine eigene Filmpremiere. Oder willst du noch den ,Besten Film unseres Jahrhunderts' verpassen?", meinte sie noch neckisch weiter, aber es wirkte aufgesetzt. "Ich beeil mich.", nuschelte die Regisseurin sofort und stand aus dem Bett aus um im angrenzenden Bad zu verschwinden. Es hatte schon etwas Gutes in einer Wohnung auf zu wachen, die man selbst erträumt hatte. Obwohl das weit aus Beste war, in einer Wohnung auf zu wachen, wo Hotori auch war. Hatte es Raven wirklich so gut mit ihr gemeint? Und warum dachte sie jetzt an den Dämon, wenn der Traum ihrer schlaflosen Nächte auf sie wartete? Moment mal... hieß das sie war lesbisch? Wahrscheinlich... Aber liebte sie die andere auch? Bestimmt. Sonst würde sie doch nicht so fasziniert von ihr sein, oder? Erstmal war es auch egal. Sie würde sich später damit befassen. Fröhlich machte sie schnell eine Katzenwäsche und begann dann die ausgesuchten Sachen anzuziehen. Als sie endlich fertig war, zog ihre Angebetete noch den Knoten ihrer Krawatte etwas zu recht, betrachtete sie noch einmal kritisch mit ihren grauen Augen und nickt dann zufrieden. Sie verließen die Wohnung durch einen langen, grüngestrichenen Flur. Dabei lief Hotori immer vor ihr her und stieg auch vor ihr in die wartende Limousine, ziemlich angespannt folgte ihr nur Inu. Irgendetwas stimmte nicht. Nur konnte sie nicht einordnen was. Noch immer grübelnd stiegen sie schließlich aus, um von einem Blitzgewitter erwartet zu werden. Hotori griff ihre Hand, lächelte freundlich in die Menge und blieb hier und da öfter mal stehen um für ein Foto Pose zu stehen. Sie wusste gar nicht wie ihr geschah und so unterzeichnete sie, irgendwie komisch routiniert, ein paar Fotos bis sie endlich ins Kino kamen. Laut holte sie Luft, für sie schienen Stunden vergangen zu sein, obwohl es sicherlich nur Minuten gewesen waren. Die Schwarzhaarige ließ ihre Hand los und lief ohne sie weiter zu beachten zu ein paar bekannten Schauspielern. Inu blieb alleine zurück, sehnsüchtig ihrem ,Vampir' hinterher starrend. Irgendwann wurde sie mit einem Filmkritiker in ein Gespräch gezogen und sie war mehr als froh, als man den Beginn des Films durch einen Gong ankündigte. Sie entschuldigte sich und ging in Richtung des Saals. Dort traf sie auch wieder auf Hotori, die sie wieder aufgesetzt anlächelte und mit ihr zu den zugewiesenen Plätzen ging. Irgendwie fühlte sie sich schlecht, warum konnte sie nicht sagen. Das Licht wurde gedämpft und der Film begann ohne jegliche Werbung vorher. Ein Wunder für jeden natürlichen Kinogänger. Anscheinend gab es noch Hoffnung für die Filmindustrie oder es lag einfach daran, dass es eine Premiere war. Sie tippte auf Letzteres. Der Film interessierte sie nach zwei Minuten auch nicht mehr, immerhin kannte sie die ganze Story. Ein junger Mann trifft auf einer Klippe seine große Liebe, einen bekannten Schriftsteller. Sie trennen sich bald wieder und das einzige was dem jungen Mann bleibt ist das signierte Buch vom anderen. Als er am nächsten Morgen aufwacht, findet er sich in einer anderen Welt wieder und so weiter und so fort. Nichts Weltbewegendes oder etwas was man als gute Story verkaufen könnte, aber anscheinend standen die Menschen auf so einen Schrott. Mehr als nur gelangweilt beschloss sie ein kleines Nickerchen zu machen. Sie wachte auch erst auf als tosender Applaus erschallte. Ein Scheinwerfer wurde ausgerechnet auf ihren Platz gerichtet und alle sahen sie erwartungsvoll an, während man weiter klatschte. Unsicher stand sie auf und auch die mitspielenden Schauspieler taten es ihr gleich, alle lächelten glücklich in die Kameras, winkten, warfen lustige Kommentare einander zu und lachten. Aber all das berührte sie keineswegs. Es fühlte sich einfach nur falsch an. So falsch wie die eindeutig gespielte Zuneigung von Hotori. Gerade als sie zu der sah, war diese schon aufgestanden und pressten ihre Lippen auf ihre. Inu wollte sich dem Kuss hingeben, aber er fühlte sich unecht an. Es lag keinerlei Liebe darin. Nur die vollkommene Bestätigung ihres Gefühls blieb. Hotori liebte sie nicht einmal ansatzweise, wurde ihr klar. Raven hatte es ihr gesagt: ,Die Gefühle der Menschen sind unberechenbar. Du kannst dir wünschen, dass dich jemand liebt. Er würde es für einen Augenblick tun, aber es kann so schnell wie ein Wimpernschlag wieder vorbei sein.' Und nicht einmal diesen Augenblick hatte Hotori sie geliebt. Eine komische Taubheit machte sich in ihren Gliedern breit. Ohne auf die anderen zu achten verließ sie schnurstracks den Saal und verließ das Kino schließlich durch den Hinterausgang. Einmal atmete sie tief durch und machte sich dann auf. Wohin war erst einmal egal. Die Straßen und Gassen verschwommen durch einen Schleier aus Tränen und endlich brachen die Gefühle aus. Verzweiflung, Angst, Einsamkeit und auch Hass. Hass auf sich und die ganze Welt. Warum gab es kein Glück für sie. Dieser Wunsch würde sich auflösen, Raven würde bald hier sein und sie abholen, dass war ihr klar. Aber er hatte sie angelogen, nicht einmal in dieser Welt würde sie auch annäherungsweise glücklich werden. Durch keinen Wunsch der Welt. Hier gab es kein glückliches Schicksal für sie. Nur die verdammte Einsamkeit. "Hey...", eine dunkle Gestalt kam aus einer noch dunkleren Gasse gebogen und ein leicht trauriges Lächeln lag auf den feinen Zügen. "Wie geht's dir?" "Beschissen.", war die klare Antwort ihrerseits. Warum war er jetzt schon hier, und warum stellte er diese dumme Frage, obwohl sie wirklich die Antwort denken konnte? "Ich will was trinken. Nein... ich wünsche mir etwas zu trinken!" Er winkte ab. "Das bekommst du auch ohne einen Wunsch von mir." "Mir egal, buch ihn trotzdem ab. Ich will brauche keine Wünsche mehr.", sie steuert auf eine gerade entdeckte Kneipe zu. Unverständlich sah Raven ihr hinterher. Was war mit der den los. "Warte!", kam es wütend von ihm. Warum musste er jetzt schon wieder ihre schlechte Laune aushalten und was sollte dieses ,Ich brauche keine Wünsche'?! Inu hörte nicht auf ihn, sondern verschwand in der kleinen Kneipe und bestellte sich erst einmal einen Whisky. Toll... wenigstens mit dem Alkohol hatte sie recht gehabt. Als ihr der Barkeeper das Getränk rüber geschoben hatte, setzte sie sich erst einmal an einen Tisch in der hintersten Ecke. Sie brauchte Ruhe. Angespannt schloss sie die Augen "Was sollte der Mist? Was hast du?", Raven ließ sich jetzt auch sichtlich gereizt ihr gegenüber auf den Stuhl plumpsen. Ihm wurde nicht geantwortet. Sie ignoriert ihn erstmal. Vielleicht würde er dann erst einmal den Mund halten. "Inu!" Wieder keine Antwort. "Inuchan!" Die Hand von der Angesprochenen verschloss sie zu einer Faust. Anscheinend hatte sie sich geirrt. Er war eindeutig nervender als ihr kleiner Bruder und das war schon schwer zu toppen. "Jetzt sprich endlich mit mir oder ich vergesse dich hier.", wütend starrte er sie an. Und seine Worte zeigten Wirkung. Zwei dunkle Augen brannten sich in seine Hellen. "Weißt du noch was mein erster Wunsch war?", fragte sie ihn leise. "Das ich dich nie belüge." "Warum hast du es dann doch getan?", traurig wendete sie den Blick ab. Verständnislos sah er auf das Häufchen Elend vor sich. Was hatte er jetzt den schon wieder verbockt?! "Das hab ich nicht!", verteidigte er sich. "Doch... du hast mir gesagt, dass ich hier wenigstens etwas Glück finden könnte. Das war gelogen.", zwei Tränen fielen glitzernd auf den dunklen Holztisch. "Du hast gesagt, dass es auch schöne Seiten an dieser Welt gäbe. Das ein gutes Erlebnis, tausende schlechte aufheben könnte. Das war alles gelogen!" Ihre Fingernägel krallten sie schmerzend in ihre Hände. Ihr ganzer Körper zitterte heftig. Irgendwie wollte alles um sie zusammenbrechen zu einem Scherbenhaufen. Sie fühlte sich allein und nackt der Welt ausgeliefert. Keine Träume beschützten sie mehr von der Welt. Raven schluckte und irgendwie wurde er selbst traurig. Sie schien langsam zu zerbrechen an ihren Vorstellungen und Pflichten. "Aber das war die Wahrheit. Nur wegen eines Rückschlags darfst du nicht aufgeben. Wir finden den Ort wo du hingehörst. Ja?" Er musste ihr Mut machen, sonst könnte sein Auftrag in Gefahr sein. Nein... das war nicht wirklich der Grund. Eher das ihr Leben in Gefahr war. Seelische Wunden waren viel schlimmer als physische. Ein Schluchzen antwortete ihm. Er war eindeutig überfordert. Wie tröstete man einen Menschen, der jetzt schon in der Midlife Chrisis zu sein schien? "Inu..." "Lass mich in Ruhe... Ich will nicht... VERSCHWINDE ENDLICH!", ihre von innen gebrochenen Augen sah ihn voller Hass an. Er erkannte diesen Hass. Er erkannte dieses Gefühl, was sich in ihr breit machte. "Nein... Ich habe es dir schon einmal gesagt: Ich werde nicht gehen.", seine Stimme klang scharf und sanft zugleich. "Jedenfalls nicht ohne dich.", mit diesen Worten stand er auf und zog sie unsanft hoch, sie wehrte sich vergeblich gegen seine Arme, die sich fest um sie schlossen. "Lass uns von hier verschwinden." Und endlich gab sie nach und ließ sich in seine Arme sinken. Sie merkte kaum, wie sich ihre Umgebung wieder änderte. Noch lange weinte sie sie an seiner Brust bis sie schlussendlich an ihn gekuschelt einschlief, völlig erschöpft. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Erst langsam wachte sie wieder auf. Die angenehme Wärm noch einige, winzige Augenblicke genießen. Alle Erinnerungen waren da und sie wusste, dass sie sich gerade an den Dämon kuschelte. Genauso wie sie wusste, dass dieses Gefühl von Geborgenheit nur kurz bleiben würde. "Du bist wach.", stellte die dunkle Stimme sachlich fest. Gezwungenermaßen öffnete sie die Augen und sah hoch in die grüngrauen ihres Wärmekissens. "Morgen...", nuschelte sie ruhig, machte aber keinerlei Anstrengungen sich von ihm zu lösen. "Geht's dir wieder besser?", fragte er leicht besorgt. Sie nickte leicht. "Hab mich wieder eingekriegt." Ihr Blick löste sich wieder von seinen Augen und fixierte einen unbekannten Punkt. "Ich wollte dich nicht anschreien... aber manchmal ist dies Gefühl der Hilflosigkeit einfach so übermächtig und... und..." "Ich weiß..." Er zog sie wieder näher zu sich. Immerhin war er auch einmal ein Mensch gewesen und dieses Menschsein verfolgte ihn jetzt mehr den je. Inu hatte alte Erinnerungen aufgeweckt, die er versucht hatte zu verdrängen. Erst jetzt schien die Dunkelhaarige die Umgebung wahr zu nehmen. Sie waren in einem dunklen, ramponierten Zimmer. Ein Bett mit vielen kaputten Kissen und einer zerschlissenen Decke stand an der einen Wand. Ein alter Schreibtisch mit Mal- und Zeichenutensilien befand sich am Fenster, das von Gardinen verhangen war. Auf den Boden lagen unzählige Bücher oder nur einzelne leere Seiten. Ab und zu entdeckte sie eine Skizze oder ein begonnenes Bild, aber keines von ihnen schien fertig. An der Wand gegenüber dem Bett stand eine alte Staffelei auf der noch ein Bild auf seine Beendung wartete. Sonst waren nur alte Schränke noch da, manche fehlten eine Tür, andere schienen mehrerer Wutausbrüche eingesteckt zu haben. "Wo sind wir?", leicht besorgt sah sie zu Raven auf. "Das war mein früheres Zimmer. Hier bin ich aufgewachsen.", antwortete er ihr leise. "Ich ziehe mich immer hier her zurück, wenn es mir schlecht geht." "Dein Zimmer... warum ist alles kaputt?" Verstört kuschelte sie sich enger an ihn. Hier fühlte sie sich vollkommen fehl an Platz. Nur der Dämon gab ihr etwas Sicherheit an diesem Ort. Raven sah mit traurigem Blick zu dem unbeendeten Bild auf der Staffelei. "Mein Vater hatte damals einen Wutausbruch..." "Warum? Was hast du denn getan?", fragte sie vorsichtig weiter. Der Dämon fuhr mit einer Hand über ihre Haare und begann dann mit einer Strähne von diesem zu spielen. "Weißt du... ich war früher ein Mensch, genauso wie du. Ich kam aus einer reichen Händlerfamilie. Mein Vater meinte früher immer stolz, dass ich ja so klug sei und später sein Geschäft übernehmen sollte. Er gab mir immer alles... nur keine Aufmerksamkeit oder Liebe. Meine Mutter war dauernd krank und interessierte sie nur für meinen kleineren Bruder. Mir war es egal, immerhin liebte ich meinen Bruder doch auch. Ich dachte es ist so richtig. Aber innerlich hat es mich total zerfressen, glaub ich.", kurz schwieg er und es erschienen ihn alte Bilder aus seiner Vergangenheit. Sein Vater im Geschäft, wie er die Kunde bediente. Sein Bruder, wie er von seiner Mutter einen kleinen Welpen bekam. Sie stimmten ihn merkwürdig traurig. "Jedenfalls entdeckte ich mit zwölf meine Leidenschaft fürs Malen. Meine Eltern schienen nichts dagegen zu haben und mit der Zeit, wurde es meine Kraft fürs Leben. Ich konnte dann immer vollkommen abschalten... mich treiben lassen in eine andere Welt. Dennoch fehlte mir irgendetwas. Mein Vater begann mich dann mit 16 in sein Geschäft einzuweisen und mir blieb immer weniger Zeit zum Malen und immer mehr Gedanken stiegen in meinen Kopf hoch. Ich wollte mehr als mein Leben in einem Geschäft zu fristen und Kunden zu bedienen, immer heuchlerisch auf freundlich tun. Das war einfach nicht ich. Ich begann zu der Zeit viele Bilder, doch keins konnte ich beenden, irgendwann fehlte mir immer die Kraft. Der Zauber vom Malen wurde schwächer. Mit 18 lernte ich dann eine junge Frau kennen, sie war 20 und studierte Kunst. Sie war meine erste, wirkliche Liebe. Es war so schön und endlich konnte ich auch wieder malen, wieder eindringen in den Zauber der Farben. Bis... Bis halt mein Vater davon erfuhr...", er stockte, schien innerlich zu kämpfen. Die wütenden blauen Augen seines Vaters wie er ihn voller Hass und Abneigung ansah, aus der Tür stürmte um ihn nicht mehr sehen zu müssen. Inu hatte bis jetzt sprachlos gelauscht und bemerkte jetzt die Spannung die ihn ergriffen hatte. Vorsichtig setzte sie sich etwas auf, löste aber nicht die Umarmung und legte ihre Stirn gegen seine. Leicht kraulte sie ihm in Nacken. Versuchte ihn wieder etwas zu beruhigen. "Er lauerte ihr auf, beschimpfte sie und sie weinte dauernd. Ich konnte sie nicht mehr beruhigen... Irgendwann war sie einfach verschwunden. Sie hatte wohl die Uni gewechselt. Sie war einfach gegangen ohne sich zu verabschieden, ohne mich mit zu nehmen. Und wieder war ich alleine. Ich konnte nicht mehr Zeichnen oder Malen, ich war so vollkommen hilflos. An meinem 19. Geburtstag verkündete ich dann meinen Vater, dass ich weggehen würde um woanders Kunst zu studieren. Er ist vollkommen ausgerastet und in mein Zimmer gerannt um meine Bilder zu vernichten. Ich bin natürlich hinterher. Aber es hat nichts gebracht. Er schlug mich bis ich bewusstlos war und als ich wieder zu mir kam, sah es so aus. Komischerweise ließ er die unfertigen Bilder einfach liegen, aber alle anderen waren weg. Für mich war es irgendwie wohl zu viel. Ich liebte ihn doch. Aber gleichzeitig hasste ich ihn so abgrundtief dafür was er getan hatte und ich hasste meine Mutter und meinen Bruder, weil sie zugesehen hatten. Mich hat nichts mehr hier gehalten. Alles war tot." Stille senkte sich über Beide. "Das war der Tag an dem ich meinen Leben ein Ende setzte. Nicht wegen meiner Familie, sondern wegen mir. Ich war es nicht wert." "Das stimmte doch nicht!", kam es sofort protestierend von seiner Zuhörerin, aber er legte ihr gleich einen Zeigefinger auf die Lippen. "Selbstmörder kommen in die Hölle. Dort wurde mir dann die Frage gestellt ob ich Wiedergeboren werden möchte. Ich habe damals verneint, weil ich zu feige war mich noch einmal dem Leben zu stellen. Dadurch wurde ich zum Dämon.", er strich mit einer Hand über ihre Wange. "Und ich habe mir geschworen nie wieder Gefühle für jemand anderes zu entwickeln außer negative." Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Woher auch, sie war noch nie in so einer Situation gewesen. Sie kannte doch das Leben so wenig, wie sollte sie ihn verstehen? "Und du bist so verdamm nah dran, genauso wie ich zu enden... und das will ich nicht.", er schloss wieder seine Arme um sie. "Bitte nicht." "Entschuldige... ich wollte dir nicht irgendwie... wehtun.", flüsterte sie leise, flehend. Wütend löste er sich von ihr und hob mit der Hand ihren Kopf damit sie ihm ins Gesicht sehen musste. "Verstehst du es denn nicht?! Du sollst dich nicht entschuldigen! Es ist dein Recht nach so etwas wie Glück zu suchen oder zu weinen, wenn du traurig bist, aber du darfst einfach nicht aufgeben oder verzweifeln. Im Tod wirst du nie Erlösung finden... nur unendliche Qualen.", er ließ ihren Kopf wieder los und sie ließ ihn einfach hängen. Er seufzte. "Ich wollte dir nicht wehtun. Du bist nur so verdammt kompliziert. Ich weiß nie wie du reagieren wirst, du verunsichert mich damit. Bis vor kurzem dachte ich, du würdest das tun um mich zu ärgern, aber jetzt glaube ich es war ein Maskenspiel." Wieder schwieg er, ließ die Worte wirken. Und sie verstand, dass er sie durchschaut hatte. Ja... es gab eine Maske, die sie vor allen beschützen sollte. Vielleicht sogar mehrere. Sie kamen und gingen ohne ihr zutun, aber sie kamen ihr auch so eine verdammte Sicherheit, einen Schutz vor den anderen Menschen. "Ich will nicht sagen, dass ich der Beste bin um seine um... na ja... die Maske fallen zu lassen... aber... wenn du jemanden zum Reden brauchst... ich hör zu.", fügte er leise seinen Worten hinzu. Ihm fiel dieser Satz unendlich schwer. Immerhin war das ein Zugeständnis von Sympathie, es war ein deutlicher Bruch seines Schwurs, aber Inu war ihm irgendwie wichtig, nicht wegen ihrer Seele, sondern wegen ihres puren Daseins. Weil sie so verdammt hilflos und gleichzeitig überlegen schien, weil sie ihn einfach ans sich selbst erinnerte. Wie er einmal war und vielleicht noch tief in seinem Innern ist. Vielleicht war auch er ein Maskenträger? Plötzlich schmiegte sie sich wieder an ihn. "Darf ich dann bei dir sein... nur für eine Weile?" Stellten sie unsicher die Frage. Die Wärme, die ihr Schutzgeist abgab, wollte sie nicht mehr missen, aber mehr als nach einem Augenblick konnte sie ja nicht fragen. Das wäre unfair. "Klar du Dummkopf!", er drückte sie kurz und stand dann auf. "Aber nicht hier." Mit diesen Worten hob er sie einfach hoch und sie verschwanden. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Lachend lag sie im Bett und hörte gerade Raven Auszügen aus einem Goblinkochbuch. Ihr Kopf lag auf einem Kissen auf seinen Schoss während er mit dem angebliche üblichen Gesichtsausdruck eines Goblin, ein höllisches böses Grinsen, dasaß und sich durch die Seiten des Kochbuchs vorarbeitete. "Denken sie dran! Menschen können ziemlich zäh sein, außerdem ist die Zubereitung nur in frischer Form empfehlenswert. Wenn sie jedoch keinen Passenden finden, nehmen sie einfach Elfe und geben etwas Salz dazu. Das ergibt fast denselben Geschmack.", lass er gerade aus dem Kapitel: ,30 Gute Rezepte mit Menschen' vor, er ließ das Buch etwas sinken und sah dann zu ihr. "Also wenn ich dich etwas Einzuckere müsstest du wie ne Elfe schmecken. Gut zu wissen." "Keine Ahnung. Ich kenn mich ja nicht mal mit menschlicher Küche aus. Außer natürlich man schiebt sie irgendwo rein oder tut nur Wasser dazu.", sie grinste leicht, "Darin bin ich eine wirkliche Expertin." Eine schwarze Augenbraue hob sich elegant. "Das ist nun auch wirklich nicht schwer." "Hey... das ist eine schwere Kunst!" "Wie du meinst." "Ich meins ernst. Das ist wirklich schwierig!", hackte sie weiter nach. Immerhin glaubte er ihr eindeutig nicht. "Ich glaub dir ja.", wurde ihr versichert, nur leider hörte es sich gar nicht überzeugt an. Kurz darauf landete auch schon ein Kissen in seinem Gesicht. "Lüg nicht." "Kann ich doch gar nicht.", verteidigte er sich. Ein weiteres Kissen folgte. "Achja?" "Ja!", damit ließ er ein Kissen auf ihren Kopf plumpsen. So etwas ließ er sich doch nicht von einem kleinen Menschen gefallen! Nicht ein gemeiner Dämon wie er. Das rief gerade zu nach Rache. Inu schreckte etwas zurück griff sich das nächste Kissen und begann einen erneuten Angriff, doch auch Raven blieb nicht untätig. Also flogen die Kissen von einem zum anderen und ab und zu kamen auch ein paar verlorene Federn dazu. Raven schaffte es sogar einen Moment sie abzukitzeln, aber sie konnte sich schnell wieder befreien und fliehen. Leider nur war ihr Zimmer zu klein um große Fluchtmöglichkeiten zu bieten und so näherte er sich unheilvoll mit einem Kissen. Ein erneuter Kampf brach aus, bis sich beide mit einander ringend am Boden wieder fanden. Schlussendlich triumphierte die Dunkelhaarige und grinste fies auf ihren ,Gefangenen' hinunter, da sie auf seinen Beinen saß. "Genieß es solange es geht.", knurrte der Dämon. Sie beugte sich etwas zu ihm hinunter. "Glaub mir... das tue ich vollkommen." Plötzlich schrie sie erschreckt auf als sich alles drehte und sie sich auf einmal auf den Boden wieder fand. "Entschuldigen, aber ich wollte dir nur deinen rechtmäßigen Platz zeigen.", säuselte der andere ihr ins Ohr und sah sie schmollend zu ihm. "Ich glaub, dich braucht man nicht mal mehr süßen.", flüsterte er dann leise und verpasste ihr damit einen leichten Rotschimmer. Dann hauchte er einen federleichten Kuss auf ihre Nase, grinste noch mal überlegen und stand von ihr auf. "Lass uns einen Spaziergang machen." Die Dunkelhaarige blieb noch einen Moment perplex am Boden liegen, lächelte dann aber fröhlich und stand auf. "Bist du diesmal sichtbar?" "Klar. Es ist zwar unter meiner Würde mich vor euch menschlichen Würmern zu zeigen, aber ausnahmsweise tue ich es mal.", er lief die Treppe hinunter und streckte sich leicht, wobei sich sein Outfit so änderte, dass er jetzt einen langen schwarzen Wintermantel anhatte und die passenden Lederstiefel dazu. Er betrachtete sich kurz im Spiegel. Er sah wirklich unwiderstehlich gut aus in Schwarz, fiel zu gut für Menschenaugen. "Beeil dich!", rief er leicht die Treppe hinauf als Inu noch immer nicht den Weg nach unten gefunden hatte. "Jaja... ich kann ja nicht hexen, sowie du.", sie lief jetzt endlich die Treppe hinunter, verlor leicht den Halt und wurde von Raven aufgefangen. Sie schlitterte weiter zu ihrem Kleiderständer, rutschte leicht auf den Fliessen aus und schaffte es sich gerade noch an ihrem Zielobjekt festzuhalten. "Schussel." Herausfordernd streckt sie Raven die Zunge raus und begann sich den Schall umzulegen und in ihren Wintermantel zu schlüpfen. Was konnte sie für ihre Tollpatschigkeit manchmal? Sollte er doch einmal versuchen mit Nylonsocken sich zu beeilen auf glatten Oberflächen. Schlussendlich fiel sie noch einmal hin, nachdem sie verglich versucht hatte in ihre Turnschuhe zukommen ohne die Schnürsenkel zu öffnen. Trotz dieses Rückschlags schaffte sie es sich in Rekordzeit anzuziehen und stand nach wenigen Sekunden fertig neben dem Schwarzhaarigen. Dieser griff nach ihrer Hand, wie er es immer tat, wenn sie gemeinsam unterwegs waren, und zog sie hinaus auf die Straße. Leider war es nur spiegelglatt geworden, sodass sich Inu krampfhaft an ihrem Begleiter festkrallte. "Zurück... das wird eh nichts, ohne dass ich mich mindestens 100 Mal hinlege." "Hey... ich bin ein Dämon. Etwas mehr Vertrauen in meine Eigenschaften.", er macht eine kurze Handbewegung und das Eis vor ihnen schmolz sofort. Er würde sich doch nicht von etwas Eis aufhalten lassen. "Hmn... bist du auch stubenrein und machst Männchen. Vielleicht darf ich dich ja dann behalten.", das Mädchen ließ den Arm von ihm wieder los und genoss erst jetzt richtig die frische Luft. Durch die Glätte war ihr gar nicht die weiße Welt um sie herum aufgefallen. Schön... alles funkelte um sie herum silbrig auf. "Sehr witzig.", er lief mit schnellen Schritten los. Als Inu ihn aber nicht folgte, blieb er stehen. "Jetzt komm endlich!", dabei klopfte er sich ein paar Mal ans Bein als wäre sie ein Hund. Trotz der unverschämten Geste kam sie seiner Aufforderung nach und nahm diesmal von sich aus seine Hand. "Braver Hund." "Bekomm ich jetzt ein Leckerli?", Raven sah aus den Augenwinkeln zu ihr hinunter. "Vielleicht später." "Wie du meinst Herrchen.", antworte sie brav und drückte leicht seine Hand. Wieder machte sich das schöne Gefühl von Geborgenheit und Wärme in ihr breit. Sie lächelte fröhlich. Sie gingen langsam in Richtung Innenstadt/-dorf und immer wieder zeigte Inu dabei auf besonders grässlich geschmückte Häuser nur um darüber herzuziehen. Auch Raven blieb dabei nicht wortlos und stimmte nicht nur einmal zu. Ab und zu ließ er sogar ein oder zwei Lichterketten durchschmoren, die ,erhängten' Miniweihnachtsmänner, wie die Dunkelhaarige sie liebevoll nannte, wegwehen und zwar genau in die Mülltonne oder machte sich einen Spaß daraus, gleich die ganze Elektrizität eines Hauses lahm zu legen. Ja... die Weihnachtszeit konnte doch echt spaßig sein. Als sie an einem Bäcker, von ungefähr acht in der Kleinstadt, vorbeikamen, sah die junge Frau zwei kleine Kinder sehnsüchtig auf die Kuchen und Kekse schauen. Die beiden sahen ziemlich mager aus und irgendwie war sie gerade viel zu sehr in Weihnachtsstimmung um das zu ignorieren. "Raven... ich möchte den Beiden da den Kuchen schenken.", mit großen Hundeaugen sah sie ihn an. So würde es schon klappen. Niemand widerstand diesem Blick "Abgelehnt. Ich bin kein Wohlfahrtsverein sondern ein verdammter Dämon. Das geht nicht. Ist gegen die Regeln.", seine Stimme hörte sich irgendwie wirsch an und er starrte die Straße entlang um den Blick von ihr nicht ertragen zu müssen. Das war eindeutig mehr als unfair ihm gegenüber. Außerdem war er doch nicht einer dieser heuchlerischen Engel und half Bälgern auf der Straße. Es gab doch eh schon Überbevölkerung auf der Welt! Da würden ein paar Kinder mehr oder weniger nicht auffallen. "Dann borg mir halt das Geld.", versuchte sie es weiter. "Ist das Gleiche in grün." Diesmal würde sie ihn bestimmt nicht rumkriegen. "Nagut... dann wünsch ich es mir halt.", kam es patzig von ihr. Jetzt hatte er wenigstens keinen Grund mehr nein zu sagen. Außerdem brauchte sie ihre Wünsche eh nicht mehr wirklich. Ein verstörter Blick antwortete ihr. Das war doch nicht ihr Ernst? "Du willst einen Wunsch für ein paar lausige Gören und etwas Gebäck opfern?! Ich bitte dich!" "Nein... ich wünsch es mir!", blieb sie dabei. "Mach schon!" Sein Blick verfinsterte sich und er nuschelte nur ein ,Wie du willst...' bevor er in die Bäckerei ging und den Kuchen kaufte, sowie anderes Gebäck. Als er raus kam sahen ihn die beiden Gören mit großen Augen an. "Hier.", meinte er barsch und drückte ihnen die Sachen in die Hand, bevor er wieder zu Inu ging und sie weiter zog. "Jetzt hast du nur noch drei Wünsche bei mir offen." Sie zuckte mit den Schultern. "Mag sein... aber ich habe eh nur noch einen Wunsch, den du mir nicht erfüllen kannst." "Welcher da wäre?" "Egal..." Er seufzte nur laut. "Wahrscheinlich willst du, dass dich diese komische Tusse liebt. Glaub mir... die ist es nicht wert." "Nein... und übrigens: Sie wäre es wert, aber ich habe kein Interesse an ihr. Ich glaube sie ist eher so was wie eine Schwester für mich, dass ist mir bei meinem dritten Wunsch klar geworden.", verteidigte sie sich. "Klar... das sah aber ganz anders aus als du in ihrer Nähe warst früher.", nuschelte er etwas bockig. Menschen waren doch komisch. "Eifersüchtig?" "Niemals!" Er war ein Bote der Hölle, so was kannte er gar nicht! Jedenfalls würde er es niemals zugeben! Inu lachte leise. Sie fühlte sich komisch befreit und das lag alles an der Nähe des Dämons. Ihres Dämons. Er zog es vor noch eine Weile sauer zu sein und sie größtenteils zu ignorieren, obwohl in das Lachen glücklich stimmte. Es war vollkommen echt und es passte gut zu ihr. Die junge Frau war eh seit ihrem Gespräch wie ausgewechselt. Sie versteckte sich nicht mehr hinter irgendeiner aufgesetzten Fassade und sie schien die jeden einzelnen Momente jetzt auszukosten. Ihm gefiel dieses Lachen, dieses Wesen was es von sich gab und das Gefühl, das es auslöste. Es war das Gefühl eine Heimat gefunden zu haben, eine Heimat bei einem Menschen. Vielleicht etwas was er schmerzlich vermisst hatte. Doch wie ein dunkler Schatten thronte über diesem so schönen Gefühl der Silverstertag, der jede Sekunde näher rückte. Ab diesem Zeitpunkt würde es keinen Grund mehr geben, sich in ihrer Nähe aufzuhalten. Er würde dieses Zuhause wieder verlieren. Erst bei ihrem Tod würde er ihr wieder in die Augen blicken können. Ohne es selbst zu bemerken hatte er sie an sich gezogen und seinen Kopf auf ihre Schulter gelegt. Sie roch angenehm nach Apfel und Zimt. "Hast du etwas?" Sie war verstummt, nachdem er sie umarmt hatte und lehnte sich leicht nach hinten. Eine angenehme Zufriedenheit breitete sich in ihr aus. Er schüttelte nur den Kopf und zog sie noch etwas enger an sich. "Was wünscht du dir wirklich?", fragte er leise flüsternd in ihr Ohr. "Ist das denn so schwer zu erraten.", wurde nur ebenso leise geantwortet. "Was ist wenn es der falsche Wunsch ist? Nichts hält für die Ewigkeit..." "Mag sein...", sie hatte nicht wirklich die Kraft ihn zu widersprechen. Wortlos schaute sie geradeaus. Langsam begann es wieder zu schneien und eine leise Melodie kam über ihre Lippen. Raven lauschte ihr nur. Vielleicht sollte er einmal nicht so weit denken, vielleicht sollte auch er endlich lernen, den Augenblick zu genießen... "Inuchan...", seufzte er leise und zog ihren Duft tief ein. "Du machst mich noch wahnsinnig." "Sind wir Menschen nicht dafür da, dass wir euch wahnsinnig machen?", kam es neckisch von ihr. Er lachte leise auf. "Wahrscheinlich hast du damit ausnahmsweise Recht." Nur schwer konnte er sich endlich von ihr lösen und nahm wieder ihre Hand um weiter zu gehen. Immerhin wartete die Zeit auf sie. ~Ende~ Mein Lied --------- Mein Lied (von Ernestine Weckend) Ich habe dich noch nie so gesehen. Deine Haare fallen dir wirr ins Gesicht und du atmest schwer. Ich habe gar nicht bemerkt, wie du mir hinterher gerannt bist. Erst als du mich am Arm berührt hast, bin ich aus meiner Trance erwachst. Jetzt stehst du hier vor mir. Vollkommen außer Atem und dennoch lächelst du mich an. Ich frage mich warum du mir gefolgt bist. Müsstest du jetzt nicht bei deinem Klavier sitzen und ihm die schönsten Töne entlocken, anstatt eigentlich fremden Menschen hinterher zu rennen? Vielleicht bin ich dir aber auch gar nicht so fremd, wie ich denke. "Danke.", erschrocken höre ich deine sanfte Stimme und sehe auf. Irgendwie merkwürdig... wir haben noch nie miteinander gesprochen. Obwohl ich dich doch schon seit Monaten kenne. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Gähnend laufe ich durch den spärlich beleuchteten Flur unserer Schule. Meine AG ist zu Ende und eigentlich will ich nur noch nach Hause. Langsam schließe ich den Reißverschluss meiner dünnen Strickjacke und fahre mir durch meine kurzen, wuschligen Haare. Irgendwie bin ich ziemlich müde obwohl es erst 19 Uhr ist und ich gewöhnlich frühestens 23 Uhr ins Bett gehe. Vielleicht bin ich einfach schon in meine Winterschlafphase gekommen. Obwohl es ja eigentlich erst September ist. Meine Schritte stocken am Musikraum. Wundernd sehe ich zu Tür. Mir ist noch nie vorher aufgefallen, dass jemand um die Uhrzeit Klavier spielt. Immerhin komme ich hier jede Woche um dieselbe Uhrzeit vorbei. Meine Neugier siegt und so öffne ich leise die Tür. Ich wollte nur kurz einen Blick hineinwerfen, aber dein Anblick hält mich sofort gefangen. Mit geschlossenen Augen sitzt du am Klavier und spielst ,Für Elise'. Du scheinst vollkommen verschmolzen mit den Tönen und bevor ich merke was ich tue, sitze ich auch schon auf einem Tisch und höre zu. Eigentlich bin ich kein Mensch, der so etwas macht, aber irgendetwas hält mich magisch gefangen. Leise seufze ich und schließe die Augen. Es ist schön so. Irgendwann endete das Klavierstück und ich öffne vorsichtig die Augen, sehe deinen fragenden Blick auf mir. Ich will schon was sagen, kann es aber nicht. Entschuldigend sehe ich dich an und will gehen. Leise beginnst du wieder zu spielen und ich bleibe stehen. Ich weiß nicht was du spielst, aber wieder kommt fängt mich deine Musik ein und ich will nicht gehen. Vorsichtig sehe ich zu dir und merke wie du sofort den Blick abwendest. Hast du mich beobachtet? Ich muss leicht lächeln und setzte mich wieder hin. Du sagst nichts, scheinst nichts dagegen zu haben, dass ich weiter zuhöre. Und ich bleibe bis du aufstehst und deine Sachen zusammen packst. Meine Uhr zeigt mir ein 20.30 und entgeistert starre ich auf die Ziffern. Die Zeit scheint wie in Trance an mir vorbei gezogen und ich habe nicht bemerkt, wie spät es doch geworden ist. Schnell renne ich aus der Tür und vergesse mich zu bedanken, aber der Gedanke an meine Eltern nimmt auf einmal alles ein. Sie machen sich immer so schnell Sorgen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Seit damals bin ich jedes Mal nach meiner AG im Musikraum geblieben und jedes Mal haben wir kein einziges Wort gewechselt. Ich wusste, dass du mich genauso beobachtest hast, wie ich dich im Geheimen. Irgendwie habe ich mich seit dem, jeden Tag auf den Abend mit dir gefreut. Deine Musik nahm mich jedes Mal gefangen, genauso wie die Leidenschaft mit der du sie spielst. Ich glaube es wurde zu einer stummen Liebe von meiner Seite und jedes Wort hätte den Bann gebrochen. Deswegen konnte ich mich niemals bedanken, obwohl ich es jedes Mal wollte. Aus dem Spätsommer wurde Herbst, aus dem Herbst wurde Winter und die Weihnachtszeit rückte näher. Zu der Zeit entdeckte ich auf einen Bummel über den Weihnachtsmarkt einen Händler für den Musikbedarf. Er hatte wunderschönes Notenpapier, das schon ziemlich alt aussah, und ich kaufte es. Ich wollte dir danken. Damit. Es war vielleicht nicht die originellste Idee, aber du liebtest doch die Musik und daher erschien es mir vollkommen richtig. Später fand ich sogar einen alten, passenden Füllfederhalter dazu und kaufte auch diesen. Bestimmt würdest du dich darüber freuen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ An dem Tag war ich nervös wie noch nie. Die AG verging viel zu langsam und ich konzentrierte mich überhaupt nicht. Eigentlich wollte ich nur noch, dass es endlich 19 Uhr wurde und ich dir mein Geschenk geben konnte. Diesmal würde ich nicht bleiben können. Meine Verwandten waren schon angereist und wir wollten mit mir zusammen Essen. Wieder glitt mein Blick zu meiner alten Armbanduhr. Endlich war es soweit und ich stürmte aus den kleinen Raum in Richtung Musikzimmer. Vor der Tür blieb ich stehen und lauschte ob du schon angefangen hattest. Es war still. Vorsichtig öffnete ich die Tür und sah dich am Klavier sitzen, die Hände auf den Tasten, dein Blick zu Tür. Ich lächelte dich an und ging zu dir. Es war das erste Mal, dass ich mich nicht gleich hinsetze und zuhörte. Zaghaft berührte ich kurz das dunkle Holz des Musikinstrumentes und du sahst mich verwundert über mein Verhalten an. Ich war doch noch nie so nah zu dir gekommen. Sofort zog ich die Hand wieder zurück und holte lieber aus der Tasche das Geschenk für dich. Es war mehr schlecht als recht verpackt, aber ich hatte mir dennoch Mühe gegeben. Mit viel zu großer Eile halte ich es dir hin und werde leicht rot. "Fröhliche Weihnachten.", nuschele ich leise in meinen nicht vorhandenen Bart und du siehst mich perplex an. Erst nach etlichen Sekunden hebst du die Hände um es anzunehmen, schaust es aber immer noch an als wäre es von einem anderen Planeten. Wahrscheinlich hast du nicht mit so etwas gerechnet. Eigentlich sollte ich jetzt gehen, aber ich warte bis du öffnest und es ungläubig ansiehst. Wieder vergeht einige Zeit bis sich dein Blick zu mir hebt und du mich warm anlächelst. Ich nicke dir noch einmal zu und renne fast aus dem Raum. Irgendwie hat mich dein Lächeln furchtbar nervös gemacht und außerdem bin ich viel zu spät dran. Völlig unvorsichtig stürme ich vom Schulhof und rutsche erstmal auf um hart auf meinen Hintern zu landen. Erst nach einigen Flüchen schaffe ich es wieder aufzustehen und werde mir wieder bewusst, wie spät ich doch dran bin. Schnell renne ich weiter, jedoch um einiges vorsichtiger jetzt. Ich hatte gar nicht bemerkt wie du mir gefolgt bist, bis du mich sanft am Arm berührst und ich abrupt stehen bleiben... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~*~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wir stehen uns immer noch gegenüber und haben uns seit deinem ,Danke' nicht vom Fleck berührt, weder verbal noch nonverbal. Ich weiß nicht was ich sagen soll, bin vollkommen überfordert mit der ganzen Situation. "Kommst du nächstes Jahr wieder?", fragst du mich plötzlich. Ich nicke. "Natürlich." Wieder folgt Schweigen. "Dann schreib ich bis dahin ein Lied für dich.", verlegen sieht er zu Seite und ich werde leicht rot. "Das musst du nicht, aber ich würde mich furchtbar darüber freuen. Du spielst immer so schön.", gebe ich dann endlich von mir. Dein Lächeln wird sogar noch breiter. "Dann bis nächstes Jahr." "Ja...", meine ich nur und du drehst dich um zum Gehen. Kurz bleibst du noch stehen und winkst mir zu, zögernd hebe ich die Hand um die Geste zu erwidern. Dann verschwindest du um die Ecke. Und ich habe es wieder verdammt eilig weiter zu kommen. Aber umso mehr freue ich mich auf nächstes Jahr, wenn ich dich wieder sehen darf. Wie es wohl klingt... mein Lied? ~Ende~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)