Kannst du gegen mich gewinnen, Seto? von Azra ================================================================================ Kapitel 4: Weakness ------------------- Vorwort: Öhm, mir will heut weder fürs Vor- noch fürs Nachwort was Ordentliches einfallen. Also bedanke ich mich einfach für eure liebe Unterstützung *alle umarmt*! WEAKNESS Schwerfällig und grau bewegten sich dicke Regenwolken über die Stadt hinweg. Die Straßen glänzten im Scheinwerferlicht der vorbeirasenden Autos, als wären sie aus Gold. Schneidender Wind und ekelhafter Nieselregen, für diese Jahreszeit ungewöhnlich kalt, trieben die Menschen in ihre Wohnungen. Gut, wenn sie dann so luxuriös ausgestattet waren wie die Kaibavilla. Am liebsten hätte sich der Besitzer dieses kleinen Imperiums heute gar nicht aus den Tiefen seines warmen, weichen Bettes gequält, doch ihn fragte natürlich niemand. Mürrisch zog Seto sich das Shirt über den Kopf. Das miese Wetter hatte seine Stimmung gen Null gedrückt- Tendenz fallend. Der Anlass, zu dem seine Sekretärin ihn aufgescheucht hatte, war keineswegs erfreulicher. Schlimm genug, dass es sich um ein Geschäftsessen handelte, er konnte diese gekünstelten Treffen auf den Tod nicht ausstehen, er war auch noch eingeladen worden, von niemand geringerem als dem Leiter der DUC (Double U Corporation). Als wäre er bereits auf irgendwelche Almosen angewiesen. Als könne er sich nicht selber ein Essen leisten. Warum ging er überhaupt hin? Ein Seufzen entfloh den schmalen Lippen. Es ging ja nicht nur um ihn. Er durfte nicht immer nur an sich denken. Die Firma bestand aus mehr, auch wen er das nur zu gerne vergaß. Hunderte Angestellte verließen sich darauf, dass ihr Arbeitsplatz auch noch am nächsten Morgen existierte. Ob sie wussten, wie kritisch die Lage im Moment war? 49 Prozent, er war bereit 49 Prozent seines Lebenswerkes an einen kleinen, hinterhältigen Bastard abzutreten, der über Nacht aus dem Boden geschossen war. Es war zum Heulen und am liebsten hätte er seinen Emotionen freien Lauf gelassen, allein sein Stolz hielt ihn davon ab. Was hatte er davon, wenn er jetzt Tränen verschüttete? Die konnte er sich für das furiose Ende aufheben, für Wheeler, wenn es gar nicht mehr anders ging, obwohl Seto nicht glaubte, dass das den Blonden sonderlich beeindrucken würde. Viel eher würde es ihn befriedigen, ihn gebrochen zu sehen. Aber diesen Gefallen würde er ihm erst tun, wenn alle Seile gerissen, alle Türen verschlossen und das letzte Boot gesunken war- vorher nicht! Missmutig schloss er den obersten Knopf der schwarzen Hose und trottete ins Bad. Ein Blick in den Spiegel bestätigte ihm, dass er genauso aussah, wie er sich fühlte: beschissen. Dunkle Stoppeln hatten sich auf Kinn und Wangen breit gemacht. ,Wie ein Penner,' schoss es ihm durch den Kopf. Die beinah schwarzen Augenringe taten ihr Übriges. Und er schaute nicht nur krank aus, er fühlte sich auch so. Selbst das Zähneputzen vermochte den schlechten Geschmack in seinem Mund nicht zu vertreiben, während ein lästiges Kratzen im Hals jeden Atemzug zu einer kleinen Qual machte. Na fantastisch, genau das hatte ihm noch gefehlt, eine Grippe wo er eigentlich alles Kraft brauchte, um sich diesem Psychopaten in Engelsgestalt zu stellen. Mit fahrigen Bewegungen rasierte er sich und hätte es beinahe geschafft, sich an dem hochsicheren und modernen Apparat zu schneiden. Nach einer Katzenwäsche verließ er den Raum mit dem viel zu großen Spiegel, der ihm sein Elend noch mal richtig vor Augen führte. Lustlos nahm er die Schlüssel von Haken. Sein kleiner Bruder schlief noch und Seto hatte vor, es dabei zu belassen. Mokuba hätte sich nur Sorgen gemacht, wenn er erfuhr, wo er hin wollte, eher musste. Kein Vogelgezwitscher begrüßte ihn, als er vor die Tür trat. Nicht, dass er besonders viel darauf gegeben hätte, doch die drückende Stille ermattete ihn zusätzlich. Der junge Mann war erleichtert, als er hinter das Lenkrad seines Wangens sank. Ausgelaugt und fertig, so fühlte er sich. Außerdem hatte er Kopfschmerzen. Hauptsache, dieses Essen war bald vorbei! Seine Hände zitterten kaum merklich, als er den Zündschlüssel drahte und langsam aus der Einfahrt rollte. Die Straßen waren fast menschenleer und selbst der rege Verkehr, der sonst in der Millionenstadt herrschte, schien sich heute zurück gezogen zu haben. Wie ein großes Tier, das Schutz vor dem Unwetter suchte. Warum wollte Wheeler sich nur um eine derart unchristliche Zeit mit ihm treffen? Seto wünschte sich zurück in sein Bett. Wie gerne hätte er sich wieder zwischen den flauschigen Kissen verkrochen und so getan, als würde außerhalb seiner vier Wände keine Welt auf ihn warten, keine Firma auf sein Verhandlungsgeschick und Taktik hoffen. Es war schon unfair, warum musste er sich immer mit allem herumschlagen? Warum nahm ihm nicht jemand diese Last ab? Warum konnte man nur nicht alles für Geld kaufen? Doch die Götter schienen ihn noch nicht genug gequält zu haben, vor den verdammten Laden, in dem Wheeler sich mit ihm treffen wollte, war kein einziger Parkplatz frei. Nicht einmal zweite Reihe. So war er gezwungen erst drei Straßen weiter zu fahren, um sich dann unerlaubter Weise in eine Ausfahrt zu stellen. Der kalte Wind stach in seine empfindliche Haut und trieb ihm die Farbe ins Gesicht. Seine Sicht verschwamm und das lag nicht nur am Regen. Schwankend kämpfte er sich vorwärts, nun vollends überzeugt, dass es eine dumme Idee gewesen war zu kommen. Sein Schädel wummerte, er hätte ein Aspirin gut gebrauchen können, aber von jemandem, der noch nicht einmal ein Taschentuch mit sich führte, konnte man soviel weise Voraussicht auf diesem Gebiet nicht erwarten. Als er endlich die Glastür des "Britz" erreicht hatte, taten ihm einfach alle Glieder weh. Seto hätte es gar nicht für möglich gehalten, dass man so viele Schmerzen auf einmal verspüren konnte. Das kleine Café war noch nicht sehr voll. Am Tresen saß eine alte Frau, die starr geradeaus schaute und sich mit einem für andere Menschen nicht sichtbaren Mann unterhielt, vielleicht ihr untreuer Ehemann, denn soeben betitelte sie ihn als "verdammten Hurensohn". Ein junges Pärchen steckte an einem Ecktisch die Köpfe zusammen und flüsterte. Er konnte sehen, wie ihre Blicke immer wieder zu ihm wanderten. Wie beruhigend zu wissen, dass sich trotz seines miserablen Zustandes seine Wirkung auf andere nicht verändert hatte. Der Barkeeper musterte ihn als einziger nicht aufdringlich oder mit verholender Neugierde, sonder desinteressiert und schläfrig. Wahrscheinlich wartete er auf seine Bestellung, doch die würde nicht erfolgen, denn wenn er jetzt etwas trank, konnte er sich auch gleich begraben lassen, zusammen mit seinen Aktien. Er entdeckte seinen Konkurrenten an einem etwas abgelegenen Tisch am Fenster. In einen geschmackvollen, dunkelroten Anzug gekleidet aber im Moment scheinbar nicht ganz bei der Sache. Seto straffte die Schultern, atmete tief durch und bemühte sich seinen Schritten ein gemäßigtes, würdevolles Tempo zu verleihen. Um den Erfolg seiner Bemühungen war er sich nicht ganz sicher, doch wenigstens schwankte er nicht mehr... ganz so stark. Wheeler, der bis jetzt mir leerem Blick nach draußen geschaut hatte, richtete seine Aufmerksamkeit nun auf ihn. Wahrscheinlich sah man es ihm an, wie es um seine Verfassung bestellt war, denn der Blonde verzichtete auf jede hämische Begrüßung und musterte ihn nur misstrauisch, so als hätte er Angst, er würde sich gleich übergeben. Ganz unbegründet schien Seto diese Furcht nicht einmal. Tatsächlich begann sein Magen zu murren und zu grummeln. Ein Frühstück wäre wohl nicht das Verkehrteste gewesen, auch wenn er sich momentan außer Stande sah, Essen auch nur zu berühren, geschweige denn zu verzehren. "Morgen, Wheeler," begrüßte er den anderen schwach. Von dem sonst so schneidenden Ton seiner Stimme, war nicht mehr viel übrig. "Guten Morgen, obwohl ich mich bei deinem Anblick frage, ob er wirklich so gut ist." Seto zog es vor, ihm die Antwort schuldig zu bleiben und wollte sich gerade setzten, als ihn eine Welle so heftiger Übelkeit überkam, dass er beinahe die Hand vor den Mund gepresst hätte. Unter Aufbietung all seiner Willenskräfte brachte er es fertig, diese reflexartige Geste zu unterdrücken und sich sogar noch ein gequältes Lächeln abzuringen. "Du entschuldigst mich kurz." Er wartete nicht ab, bis der andere Zeit hatte, etwas zu erwidern, sondern stürzte so schnell es ging ohne panisch zu wirken, zur Herrentoilette. Es war wie in einem schlechten Film. Sein Blickfeld schrumpfte immer weiter zusammen. Die Welt minimierte sich auf ein kleines Rechteck und schließlich verschwand auch das. Keuchend krallte er sich am Rande des Waschbeckens fest, spürte die kühle Keramik unter seinen heißen Finger. Er glaubte eine Tür klappen zuhören, aber sicher war er sich da nicht mehr. Seine Sinne schienen in Watte gepackt zu sein. Lautlos brach er zusammen. Mit gerunzelter Stirn verfolgte er das Schauspiel. Seto, der um jeden Preis seine Würde wahren wollte, Seto, der verzweifelt am Waschenbecken Halt suchte, Seto, der kollabierte. Er fing den jungen Mann auf, bettete dessen Kopf an seine Brust und schlang einen Arm um den schmalen Oberkörper, damit er die andere frei zum Telefonieren hatte. Es würde nicht lange dauern, bis sein Chauffeur hier war. Bis dahin hatte er Zeit, den anderen zu betrachten, die feinen Gesichtszüge nachzuziehen und durch das dichte Haar zu fahren. Joseph musste zugeben, dass das Schicksal ihm ganz schön in die Hand gespielt hatte. Den anderen schon so bald so hilflos in den Händen zu haben, und das im wahrsten Sinne des Wortes, das hätte er nicht erwartet. Dennoch war es ein berauschendes Gefühl zu wissen, dass der selbstherrliche, großspurige Herr nun allein auf seine Gnade angewiesen war. Der Brustkorb hob und senkte sich unter dem flachen Atem, das ebenmäßige Gesicht war angespannt, als träume er schlecht, dabei wusste Joseph ganz genau, dass Ohnmächtige nicht träumten. "Aber wenn du es gerade doch könntest, was würde es sein, Seto? Was wagst du nur zu träumen und niemals auszuleben?" flüsterte er dem Dunkelhaarigen ins Ohr, der, wie konnte es anders sein, natürlich keine Antwort gab. Obwohl der Dunkelhaarige angesichts seiner Größe sicher zuwenig wog, wurde er Joseph auf die Dauer doch zu schwer. Auch wenn es ihm bitterleid tat, sich mit dem neuen Anzug gegen die keimbefallenen, gefliesten Wände zu lehnen, machte ihm sein Rücken unmissverständlich klar, dass es höchste Zeit dazu war, wollte er es sich mit ihm nicht verscherzen. Behutsam ließ er sich gegen die Keramik sinken, zog den Ohnmächtigen enger in seine starke Umarmung, immer darauf bedacht, ihn nur nicht zu verlieren. Sein Blick blieb an den leicht geöffneten Lippen Kaibas hängen. Er konnte der Versuchung nicht widerstehen und strich mir den Daumen langsam über die volle Unterlippe, fuhr hinauf und zeichnete den schmal geschnittene Mund nach als ginge es darum ihn nie wieder zu vergessen. Wie nicht anders erwartet, brannte die Haut der jungen Mannes, wahrscheinlich hatte er Fieber, hohes Fieber. Feuchter Atem strich über Josephs perfekt manikürte Finger. Er musste all seine Willenkraft aufbringen, um Setos Kopf nicht nach hinten zu schieben um besser an diese verheißungsvollen Lippen zu kommen, doch er befürchtete den anderen durch solch eine unbedachte Aktion zu ersticken, deshalb begnügte er sich damit, über die seidige Haut zu streicheln. Er überließ den Firmenchef zwei seiner Bodyguards. Er hatte ihn lange genug gestützt, sich satt gesehen, er brauchte ein Pause. So schnell, wie das Interesse am anderen gekommen war, so war es auch wieder verflogen. Zur Zeit konnte er dessen hübsches Gesicht nicht mehr sehen! Ohne sich nach der schlaffen Gestalt, die jetzt zwischen den muskelbeladenen Armen seiner Helfer hing, noch einmal umzusehen, schloss der Blonde die Tür hinter sich. Man würde sich schon um seinen (unfreuwilligen) Gast kümmern. Er hatte wichtigere Dinge zu klären! Nervös tapste Mokuba von einem Raum in den nächsten. Wo war sein Bruder nur? Es war doch sonst nicht seine Art, einfach zu verschwinden und schon gar nicht, ohne ihm eine Nachricht zu hinterlassen. Als er heute Morgen aufgewacht war, war ihm das Haus bereits seltsam leer vorgekommen und er hatte seinen Verdacht bestätigt gesehen, als er in dem großen, menschenleeren Zimmer seines Bruders stand. Das Laken war noch zerwühlt, Setos Krawatte lag auf dem Tisch und neben ihr, leise vibrierend, seine schwarzes Handy. Mokuba hatte den Anruf nicht entgegen genommen, er war zu sehr damit beschäftigt gewesen, gegen die Tränen anzukämpfen. Mit unsicheren Schritten ging er zum Bett. Der Stoff war weich, angenehm, jedoch eiskalt. Seto war schon seit längerem weg. Die weißen, transparenten Vorhänge bewegten sich sacht in der kühlen Morgenbriese, die Sonne hatte es noch nicht geschafft sich einen Weg durch die dicken Wolken zu kämpfen. Der weite Rasen vor der Villa glänzte, vom Regen nass und rutschig. Ärgerlich wischte der Junge sich mit dem Handrücken über die Augen. Er benahm sich kindisch, sein Bruder würde wiederkommen! Aber er hätte ihm wenigstens Bescheid sagen können, er wusste doch, dass er sich Sorgen machte! Mokuba bedacht das klingelnde Telefon mit der gleichen Ignoranz, die er auch schon dem Handy entgegengebracht hatte. Er wollte jetzt mit niemandem reden, er hatte genug eigene Unannehmlichkeiten, als dass er sich um die anderer Leute kümmern konnte. Wütend schmiss er den Hörer zurück auf die Gabel. Dann eben nicht! Wenn der junge Kaiba nicht wissen wollte, was mit seinem Bruder war, er würde der kleinen Rotzgöre nicht hinterherlaufen! Mit einer kraftvollen Bewegung erhob er sich aus dem übergroßen Sessel und verließ den Raum. Vier Stunden war Seto nun schon bewusstlos. Eine pflichtbewusste Sekretärin, und er war sich sehr sicher, dass es nicht Annette gewesen sein konnte, hatte bereits einen Arzt geholt, der Überarbeitung, schwache Nerven und Schlafmangel diagnostiziert hatte. Joseph lächelte. So eine Wirkung hatte er also auf den anderen. Woran er wohl dachte, wenn er sich unruhig im Bett hin und herwälzte, vergebens auf der Suche nach süßer Ruhe. Ob er sich die verschiedensten Möglichkeiten für seinen, Wheelers, Tod überlegte? Eine schmerzvoller als die andere. Oder dachte er über die richtige Taktik nach, wie er seine Firma vor dem feindlichen Übergriff schützen konnte? Zu gerne hätte er einmal in dem entzückenden Köpfchen Mäuschen gespielt! Sein Verlangen war wieder geweckt und das stärker denn je, jetzt, wo er wusste, dass Seto sich in seiner unmittelbaren Nähe befand. Es war warm und weich, außerdem roch es gut, nach frischer Wäsche. Seto genoss das Gefühl zwischen Schlafen und Wachen zu schweben noch ein wenig länger. Sein Atem ging ruhig und tief, sein ganzer Körper fühlte sich wohlig schwer und betäubt an. Stoff raschelte leise, als er eine Hand aus den flaumigen Decken an die Oberfläche wühlte und sich über die Augen fuhr. Er hatte gar nicht gewusst, dass sein Bett so bequem sein konnte... sein Bett? War er heute nicht schon einmal aufgestanden? Mit einem Schlag war er wach. Als Seto ruckartig die Lider öffnete, stach grelle Helligkeit in seine empfindlichen Nerven. Gepeinigt schloss er sie wieder und wagte nach wenigen Sekunden einen neuen, vorsichtigeren Versuch. Die grelle Helligkeit entpuppte sich als Mittagssonne, die durch die hellen Vorhänge direkt in sein Gesicht leuchtete. Er selbst lag in einem mit weißen Laken bezogenen Bett, das der Tür gegenüber an der Stirnseite der Raumes stand. Es schien sich um ein Gästezimmer zu handeln, denn es war zweckmäßig und unpersönlich eingerichtet, mit hellgrauem Teppich ausgelegt und beige getünchten Wänden. Nicht einmal die obligatorische Blume auf dem niedrigen Glastisch fehlte. Leises Rascheln, wie es beim Umschlagen einer Buchseite entstand, lenkte seine Aufmerksamkeit auf einen breiten Ledersessel, keine drei Schritt von seiner Lagerstätte entfernt. Jetzt, wo er sie einmal bemerkt hatte, fragte er sich, wie er die andere Gestalt nur hatte übersehen können, die sich in ihrem roten Anzug prächtig von ihrer Umgebung abhob. Wheeler starrte weiterhin konzentriert auf sein Buch, weshalb Seto sich nicht sicher war, ob er bemerkt hatte, dass er nicht mehr schlief. Anscheinend nicht und sollte es doch der Fall sein, schien er es ihm überlassen zu wollen, den ersten Schritt zu tun. Der junge Mann war dankbar für den kurzen Aufschub, denn er gestattete ihm eine flüchtige Analyse seiner Lage. Er, allein mit seinem ehemaligen Schulkameraden, der noch verrückter geworden war, als zuvor. Er wusste weder, wo er sich befand, noch wie er hier her kam, von einem Ausgang ganz zu schweigen. Wenigstens, und dass rechnete er dem anderen hoch an, trug er noch all seine Sachen, nur die schwarzen Schuhe standen am Kopf des Bettes, und er war nicht gefesselt, zweiter Pluspunkt. Gegen euphorische Ausbrüche sprachen die bleierne Schwäre in seinen Gliedern und die Tatsache, dass Wheeler ihn wahrscheinlich nicht hergebracht hatte, um mit ihm über alte Zeiten zu plaudern. Entschlossen schlug er die Decke zurück und wollte gerade aufstehen, als der Blonde mit einem hörbaren Knall sein Buch zuschlug. "Bleib liegen, der Arzt hat gesagt, du brauchst Ruhe." Einen Moment hielt er inne, dann schwang er beide Beine über die Kante. Ihm schwindelte, als er sich hinstellte und automatisch griff seine Rechte nach den Pfosten um darin eine Stütze zu finden. Braune Augen schauten ihm misstrauisch zu. "Wem versuchst du hier eigentlich etwas zu beweisen, Seto?" "Ich werde jetzt gehen," bestimmte er und ignorierte die aufkommenden Kopfschmerzen gekonnt. Wheeler stöhnte genervt. "Ich wusste, dass du stur bist, aber seit wann bist du blöd? SO kommst du eventuell bis vor die Tür, optimistisch geschätzt. Was hindert dich daran eine Nacht hier zu bleiben?" "Wo soll ich da anfangen?" er hätte sich dafür schlagen mögen, dass man ihm seine Erschöpfung anhörte. Und dabei hatte er sich noch kein Stück bewegt! Wie sollte das erst aussehen, wenn er tatsächlich von hier zu verschwinden gedachte? "Liegt es daran, dass du dir generell zu fein bist, Hilfe anzunehmen, oder ist es meinetwegen?" Von Hilfe konnte nun keine Rede sein! Dieser Dreckskerl wollte ihm seine Firma stehlen! Das war nicht mit einem Bett und ein paar Stunden Obdach getan! Außerdem, und das musste er sich etwas widerwillig eingestehen, ärgerte es ihn ganz besonders vor dem anderen Schwäche zu zeigen. So lange sie sich gekannt hatten, war er der Starke, der Unbezwingbare gewesen. Mit diesen vertauschten Rollen konnte er sich einfach nicht anfreunden. Als seine Knie kaum merklich anfingen zu zittern, sah er jedoch ein, dass auch ein Held gegen eine Grippe machtlos war. Seufzend ließ er sich auf die Matratze zurücksinken. "Also schön," er bemühte sich seiner Stimme einen möglichst diplomatischen Klang zu verleihen, " was willst du?" "Aber das weißt du doch, Seto," kam es tadelnd zurück und dann nur noch ein Flüstern: "Dich." Er hätte geschockt sein sollen, doch seltsamer Weise war er das nicht. So etwas musste ihm ja passieren, früher oder später, er fiel einem Psychopathen in die Hände, warum auch nicht? Mehrere Milliarden hatten auch ihren Preis, ein Leben im Luxus bekam niemand umsonst und jetzt musste er beim Universum seine Schulden begleichen. ... was dachte er da nur für einen Schwachsinn? Ihm war nichts geschenkt worden, er hatte sich jeden müden Yen hart erarbeiten müssen, er schuldete niemandem etwas! Keine Rechenschaft und keine Begleichung! Wer hatte behauptet, dass das Leben fair war? Jeder war sich selbst der Nächste und wer nicht hart genug war, der musste sehen, wo er blieb! "Und einundfünfzig Prozent," fügte sein Gegenüber nonchalant hinzu. "Bei dir tickt es ja nicht richtig!" Niemals, NIEMALS würde er sein mühevoll aufgebautes Lebenswerk einem dreckigen, kleinen Betrüger überlassen! "Wie bis du eigentlich soweit gekommen?" das hätte ihn tatsächlich brennend interessiert, "Hast du dich hoch geschlafen?" Ein nachsichtiges Lächeln huschte über Wheelers dunkle Lippen. "Du solltest nicht immer von dir auf andere schließen, Seto." Nachwort: Hmm, was soll ich sagen? Das Ding entstand über drei Nächte hinweg, was auch erklären würde, warum es ein wenig substanzlos geworden ist. Man möge mir verzeihen *lieb anguck*. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)