Smaragdener Fluch von Nightingale (Schwarze Nemesis I) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Kapitel I Der Mond schien hell in dieser Nacht, als der Mord geschah. Die weiß gekleidetete Gestalt schaute vom Balkon aus auf die erstaunten Gesichter im Garten, jemand schrie seinen Namen, als die Tür aufging und ein kleiner Junge mit gefaßter Miene hereinkam. "Gut gemacht, mein kleiner Detektiv!" lobte der elegante Dieb den Kleinen. "Wo ist Ran?" entgegnetete der nur aufgebracht. "Sie schläft friedlich im Zimmer nebenan. Ich hätte ihr...selbstverständlich nie etwas tun können..." "Du bist wirklich erstaunlich!" meinte der Junge anerkennend, "Genau wie dein Pseudonym ankündigt, vermagst du immer wieder zu verblüffen!" "Es war eigentlich gar nicht meine Absicht, großartig zu verblüffen. Ich war nur stutzig geworden, weil "Illusion Kid", der ja eigentlich tot war, weiterhin im Zauberforum mitmachte. "Illusion Kid" war nämlich der Name, unter dem Fuden Harui damals sein Bühnendebüt feierte" erklärte der Weißgekleidete das Geschehen, "Als ich sie sah, war mir klar, dass sie Haruis Enkelin war, und auch Hamanos Zaubertrick konnte ich durchschauen, aber ich hatte keine Ahnung, dass es hier zu einem Mord kommen würde. Ich bedaure zutiefst, dass ich dafür zu lange gebraucht habe..." Er seufzte ehrlich bereuend. "Ein emotionaler Charakter kann manchmal den Verstand überschatten und die Wahrheit verschleiern... Natürlich wollte auch ich diesen tragischen Mord diesmal verhindern!" erwiderte der Grundschüler trocken. "Ich bin kein Detektiv und du lagst mit Grippe im Bett. Wir konnten einfach nichts machen!" Der Dieb grinste wieder gefährlich. "Wir sehen uns wieder, mein kleiner Meisterdetektiv... Noch bevor die Glocken zum Ausklang dieses Jahrhunderts läuten..." Mit derselben fließenden Geste, mit der er noch einmal zum Gruß die Krempe seinens weißen Zylinders antippte, ließ er etwas Kleines auf den Boden fallen. Noch während die Rauchbombe explodierte, sprang der Meisterdieb Nr.1412 athletisch über die Balkonbrüstung, doch bevor die Schwerkraft ihren Tribut fordern konnte, entfalteten sich schon die Flügel seines Drachengleiters aus seinem Cape, und er schwebte elegant durch die Lüfte. Hinter ihm hörte er noch das Husten des kleinen Detektivs, sowie das Schrappen des Polizeihubschraubers, das sich mit hoher Geschwindigkeit dem Anwesen im Wald näherte. Doch es war schon zu spät, der junge Zauberer schraubte sich schon von lokalen Luftauftrieben gestützt in den Himmel, immer weiter weg vom Schauplatz, der ihn unerwarteterweise mit seinem scharfsinnigsten Gegner zusammenstoßen ließ. Außerdem wußte er, dass die Polizei momentan andere Prioritäten hatte, als die Verfolgung des meistgesuchtesten Langfingers Japans, nein, der ganzen Welt, aufzunehmen. Er war wieder entkommen! Während die Luftströme an ihm vorbeiglitten, fiel der junge Mann in einen gefühlsmäßigen Höherausch. Er dachte an den seltsamen kleinen Jungen, der ihm schon einmal seinen sorgsam geplanten Coup zunichte gemacht hatte. Damals war er nur mit allergrößter Mühe geflohen, mit leeren Händen! Das war das erste Mal in seinem Leben, dass ihm jemand tatsächlich geistig gleichrangig, wenn nicht sogar überlegen war, das erste Mal, dass jemand der Herausforderung würdig war, die er jedes Mal vor seinen Raubzügen stellte: Hier ist mein Plan, haltet mich auf, wenn ihr es vermagt! Sicher, ein paar Polizisten hatten gelegentlich seine Rätsel geknackt, Kommissar Nakamori, dessen Lebensaufgabe er im Laufe der Zeit geworden war, war zum Beispiel etwas heller als seine Kollegen, doch besonders gefährlich wurde er dadurch auch nicht! Doch dieser Junge, Conan Edogawa, wie er sich vorgestellt hatte, war etwas Besonderes, nur ein Grundschüler, dem Anschein nach, und doch... Er mußte plötzlich breit grinsen, als ein vollkommenes Glücksgefühl ihn durchströmte, und hoch im Himmel gleitend, lachte ein weißer Schatten auf. Es machte so einen Spaß "Kaitô KID" zu sein! *~*~*~* "Kaitô? Kaitô-kun! Hörst du eigentlich überhaupt zu?!" "Mmh? Hast du was gesagt?" Etwas verwirrt blinzelte ein sehr müder Kaitô Kuroba das Mädchen in Matrosen-Schuluniform an. "Nur seitdem die Pause angefangen hat! Ach ja, und kurz im Unterricht, als ich dich vergeblich um einen Radiergummi gebeten hab, ganz zu schweigen vom Schulweg, wo du mich zuhause abholen wolltest und ich dir stattdessen die ganze Zeit schnaufend hinterhergelaufen bin, du hast natürlich auch nicht gehört, dass ich deinen Namen mindestens hundertmal gerufen habe..." Aoko hatte angefangen ihre Finger zu benutzen, um ihre Aufzählung zu betonen. "Ja, klar, und den Lehrer darf ich auch nicht vergessen, der dich drei Mal aufrufen mußte, bis du dich mal gemeldest hast, irgendwann hat er's wohl aufgegeben..." "Jajaja, ist ja gut, es tut mir ja leid!" versuchte Kaitô den Redefluß seiner Jugendfreundin zu unterbrechen. "Tut mir leid, hab wohl die letzte Nacht nicht besonders viel geschlafen..." fügte er etwas zerknirscht hinzu. "Das wäre Uns allerdings auch aufgefallen! Ich will gar nicht wissen, was du nachts alles anstellst, während anständige Leute brav in ihren Betten liegen!" Mmh, das wollte sie vermutlich wirklich nicht wissen, grinste der Oberschüler in sich hinein, brav war er auf jeden Fall nicht, und wenn es nach vielen verschiedenen Leuten ginge, auch nicht besonders anständig. Wie sollte er auch irgendjemandem erzählen, dass er erst sehr spät - oder früh?! - von einem kleinen "Ausflug" nach Hause gekommen war, und die letzten Stunden der Ruhe statt zu schlafen über seinen mysteriösen jungen Kontrahenten gegrübelt hatte, wie er es auch jetzt noch tat. Je mehr er über diesen außergewöhnlich scharfsinnigen Miniatur-Detektiven nachdachte, desto merkwürdiger erschien er ihm. Der kleine Conan verhielt sich die meiste Zeit kein bißchen seinem Alter entsprechend, und wenn er es doch tat, brauchte man kein Meister der Verkleidung zu sein, um zu sehen, dass er sich verstellte, und das auch nicht besonders geschickt! Im Grunde genommen spielte er bisher hauptsächlich immer dann ein Kind, wenn es darum ging, die Leute zu überzeugen, dass er eben nicht mehr war als das, ein kleiner unschuldiger Junge, der niemals dazu fähig wäre, solch komplizierten Gedankengängen nachzugehen. Nur bei ihm schien er seine wahre Natur zu zeigen... Eindeutig die Natur eines Erwachsenen, um genau zu sein, eines genialen Erwachsenen, der in Kaitô KID auch so etwas wie eine Herausforderung erkannt hatte, die es zu knacken galt! Dieser Gedanke brachte Kaitô zum schmunzeln. Wenn dem tatsächlich so war, dann hatten sich wohl zwei Seelenverwandte gefunden! Wieder stierte er nachdenklich ins Leere, den Unterricht bekam er nur am Rande mit, selbst Aoko gab es irgendwann entnervt auf, ihren Freund auf sich aufmerksam machen zu wollen. Diese Überlegung ließ ihn nicht mehr los: Conan Edogawa war bestimmt nicht der, der er zu sein vorgab, denn welchen Grund sollte ein Grundschüler -wie intelligent er auch sein mochte- haben, seine geistige Reife zu verbergen?! Egal, wie er darüber nachdachte, er kam einfach auf keine logische Begründung! Doch widersinnigerweise freute ihn das: er mochte vielleicht kein Detektiv sein, doch auch er liebte Herausforderungen, und die nahm er glücklich an! Nach der Schule entschied er sich zuallererst ins örtliche Zeitungsarchiv zu gehen, er meinte den Namen des Kleinen schon mal in der Zeitung gesehen zu haben. Spätestens seit dem Vorfall auf der "Queen Sallybeth", dem Schiff der Familie Suzuki, auf der er die Perle "Black Star" stehlen wollte, sollte es doch einen Artikel über ihn geben... Unter dem Namen "Conan Edogawa" wurde er tatsächlich fündig, neben dem erwarteten Bericht tauchte er noch ein paar Mal auf, mal im Anhang des berühmten Meisterdetektiven Kogoro Môri, mal im Zusammenhang mit einer Grundschulclique namens "Detective Boys", wie der Journalist schmunzelnd notierte, die Verbrechern auf die Schliche kamen... Eindeutig zu oft für ein paar Kinder, wie Kaitô befand! Gelegentlich gab es auch Fotos, wo eine Bande von drei Jungen und einem Mädchen stolz mit Victory-Zeichen in die Kamera grinsten. Das heißt, zwei Jungen und ein Mädchen, der vierte im Bunde schien es eher peinlich berührt über sich ergehen zu lassen, so als wolle er eigentlich nicht erkannt werden, doch genau das tat der junge Mann: der unauffällige Junge auf dem Bild war mal wieder kein Geringerer als sein kleiner Gegner! Das jedes Mal Edogawa hinter den gelösten Fällen der Detective Boys steckte, war nicht schwer zu erraten, doch was war mit Môri? Konnte ein 7-Jähriger statt eines Erwachsenen Kriminalfälle lösen, ohne aufzufliegen? Môri hatte er bisher einmal über einen längeren Zeitraum getroffen, als Kaitô KID sich als dessen Tochter Ran ausgegeben hatte, und diesen schnell als absoluten Idioten entlarvt, der den wahren Täter bei einer Gegenüberstellung nicht einmal dann erkennen würde, wenn man mit einem Neon-Blinklicht-Pfeil auf ihn deuten sollte. Doch wie schob ihm der Kleine bloß immer die Lorbeeren in die Schuhe?! Kaitô grinste breit, als ihm die Lösung einfiel. Er war schließlich nicht umsonst ein meisterhafter Zauberer, somit sozusagen auf dem Gebiet des schönen Scheins zuhause! Warum war ihm das bisher nicht früher in den Sinn gekommen?! Ihm war schließlich gestern schon in der Verkleidung von "Toki Kida" aufgefallen, wie Edogawa Ran Môris Freundin Sonoko als Sprachrohr zur Aufklärung des Mordes benutzt hatte, der Trick war einfach: man benütze ein schnell wirksames Schlafmittel, vermutlich in Form einer Infusion verabreicht, und ahme die Stimme des Opfers nach, schon wäre die Illusion perfekt, solange die Umstehenden nicht allzu genau darüber nachdachten. Ob Conan Edogawa genauso wie er Stimmenimitator war? Nein, er bezweifelte es, er musste eher einen Stimmverzerrer benutzen, warscheinlich mit einem kleinen Lautsprecher, da sich der Detektiv während der Beweisführung auch bewegt hatte! Alle Achtung, dachte der Oberschüler anerkennend, du führst eine Menge Leute gehörig an der Nase herum! Doch dann dachte er wieder, wie frustrierend es sein musste, seine wahren Fähigkeiten nicht nur verstecken zu müssen, sondern sie auch noch unfähigen Marionetten zuschreiben zu lassen! Das könnte der Meisterdieb 1412 niemals zulassen, er sonnte sich viel zu sehr in seinem Ruhm, ja er lechzte regelrecht nach der Aufmerksamkeit, die man ihm zukommen ließ, süchtig nach einem bewundernden Publikum, dessen Mittelpunkt er sein wollte! Wie schwer musste es sein, darauf verzichten zu müssen... Kaitô schüttelte den Kopf, er konnte sich nicht vorstellen, welche Umstände ihn dazu zwingen könnten, sich unauffällig im Hintergrund zu halten, ohne von sich sprechen zu lassen... Was wiederum das Wörtchen "Warum?" in den Vordergrund stellt, jetzt, da das "Wie?" geklärt wäre. Warum nur, warum? Der Schwarzhaarige grübelte ein paar Minuten über diese Frage, bis er zum Schluß kam, das sie vermutlich über die Biographie des Jungen zu beantworten wäre. Dummerweise lieferten die Zeitungsartikel keinen Hinweis darauf. Es gab kein dramatisches Ereignis im Zusammenhang mit dem Namen "Edogawa", was auch immer er erwartet hatte (Einen Unfall? Mysteriöse Entführung? Wie auch immer...) Überhaupt, so alt waren die Artikel nicht, sie fielen alle noch in den Zeitraum von einem Jahr, ungefähr seitdem Môri plötzlich als Meisterdetektiv in alle Schlagzeilen rutschte. Môri?! Ja, natürlich, er war der Schlüssel! Oder auch nicht! Tatsächlich ließ sich auch dessen unerwarteten Erfolg auf einen zeitlich begrenzten Raum beschränken, doch war mit keinem Wort in einem Artikel aus dieser Zeit ein aussergewöhnliches Ereignis erwähnt worden, wie es zu diesen plötzlichen Wunderleistungen kam. Trotzdem war sich Kaitô ziemlich sicher, daß er auf der richtigen Spur war, wenn er das Umfeld der Detektei Môri untersuchte! Der junge Zauberer grinste breit voller Vorfreude: Er wußte schon ganz genau, wie er das anstellen würde! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)