A fairy-tale von abgemeldet (=> Kapitel 29 ist da) ================================================================================ Erzählung --------- "Ich werde euch einiges erklären müssen...", sagte der Schamane ruhig und betrachtete sie einen nach dem anderen. "Das glaube ich auch.", knurrte Kayleigh. "Das wird auch höchste Zeit. Erst recht nach dieser Sache mit dem ominösen Bösen." Sie schnaubte abfällig. Der alte Luchsmensch lächelte milde. "Es ist nicht immer gut, zu früh zu viel zu wissen. Oftmals ist es hilfreicher, eine Geschichte ohne eigene Vorurteile, Sorgen, Hoffnungen und Ziele zu betrachten." Das Drachenweibchen schnaubte noch einmal. "Wir sind wirklich sehr gespannt, was Ihr zu sagen habt.", erklärte Gwyn. "Leesha hat sich in dem Punkt sehr bedeckt gehalten." "Das ist nicht verwunderlich. Die Angelegenheit ist sehr kompliziert." Der De´mhter wiegte bedauernd den Kopf. "Sie wollte sich also davor drücken?", zischte Kayleigh. "Das sieht ihr ähnlich!" "Möglicherweise wollte sie auch nichts dazu sagen, da sie in die Angelegenheit verwickelt ist." Wieder das nachsichtige Lächeln. "WELCHE Angelegenheit?" Kay schlug ungeduldig im Sekundentakt mit ihrem geschuppten Schwanz auf den festgestampften Erdboden. Der Schamane holte tief Luft. Einen Moment lang blickte er Gwyn fest in die Augen. Sie erwiderte den Blick äußerlich gelassen, aber innerlich bis zum Äußersten angespannt. Endlich etwas Licht im Dunkeln. Ein Ende der Unwissenheit. Der alte De´mhter zwinkerte ihr kaum merklich zu. Gleich darauf begann er zu erzählen. "Das alles begann vor langer Zeit, wie die meisten Dinge. Lebewesen sagen oder tun etwas, nur eine winzige Kleinigkeit und doch verändern diese Kleinigkeiten die Geschichte und können Großes bewirken. Vermutlich ist das auch der Grund, warum ich euch nicht genau sagen kann, wie es begann. Nur Leesha...sie hat es wohl gespürt." "Gespürt?", echote Gwyn. Der De´mhter lachte leise. "Wie alt ist Leesha?", fragte er unvermittelt. Verwundert runzelte Gwyn die Stirn. "Wie alt? Ich verstehe nicht..." "Wie alt ist sie?", wiederholte der Alte. "Woher sollen wir das wissen?", brummte Kayleigh grob. "Sie ist eine Magierin. Die können gut einhundert Jahre alt werden, ohne dass man es ihnen ansieht. Da sie Gwyn großgezogen hat, ist sie sicher über fünfzig." "Ein halbes Jahrhundert...", sinnierte der Schamane. "Und dazu zwei weitere." "Noch zwei Jahre? Also ist sie zweiundfünfzig?", fragte Zen irritiert. "Nein. Zwei weitere Jahrhunderte. Leesha ist etwa zweihundertfünfzig Jahre alt." Fassungsloses Schweigen folgte. "Das...das kann nicht sein. Selbst Magier werden nicht so alt, selbst so mächtige wie Leesha nicht!" Der Schamane schüttelte mitfühlend den Kopf. "Sie ist nicht nur eine Magierin." "Was ist sie noch?", wollte Gwyn leise wissen. "Das weiß selbst ich nicht genau. Ein Mitglied einer alten Familie...eine alte Gemeinschaft. Ebenso wie der Wolf. Wenn auch bei ihm in anderer Weise." Ivas auch? Gwyn glaubte zu wissen, dass ihr die Geschichte nicht gefallen würde. Ein Gefühl, eine Ahnung regte sich in ihr, ohne dass sie wusste, woher dies kam. "Weiter.", bat sie. "Es gab nie viele von ihnen, doch sie waren mächtig. Wie Leesha. Leesha und Darinus." Gwyn bemerkte, wie Kayleigh das Maul öffnete, um etwas zu sagen, doch das Mädchen hielt ihr mit einer schnellen Bewegung die Schnauze zu. Dumpfe, erstickte Protestlaute ertönten. Aber Gwyn blieb unerbittlich, sie wollte keine weiteren Unterbrechungen. "Darinus war ebenso stark im Umgang mit der Magie wie eure Freundin, aber er....er hatte andere Ziele, andere Wünsche. Während die anderen seiner Sippe sich zurück hielten, in aller Stille lebten und damit zufrieden waren, war Darinus das bekannte schwarze Schaf. - Wenn auch nicht im negativen Sinne, wie man erwarten würde. Im Gegenteil. Er wurde nicht glücklich mit diesem Leben in der Abgeschiedenheit. Er wollte mehr. Er wollte unter Menschen, in Städte und Dörfer, um mit seinen Fähigkeiten etwas zu bewirken. Darinus wollte helfen, statt sich zu verstecken, wollte nutzen, was er hatte. Und er tat es. Jahrelang war er unterwegs. Tat, was er konnte und er fand unzählige Bewunderer, überall im Land." Der Schamane lachte leise. "Wie der Held aus einer Kindergeschichte. Mehr und mehr Leute wandten sich mit ihren Problemen an ihn. Er tat, was er konnte, doch es liegt in der Natur der Dinge, dass Magie nicht der Schlüssel zu allem ist und sogar nicht sein darf. Aus diesem Grund suchte er Hilfe bei anderen." "Wer könnte einem so mächtigen Magier bei etwas helfen, was er selbst nicht kann?" Mit einem Ruck hatte Kayleigh ihren Kopf befreit und unterbrach mit ihrer Frage die Rede des Alten. Eine gute Frage. Gwyn schloss einen Moment die Augen. Sie erinnerte sich deutlich daran, was der Schamane zu Beginn ihrer Unterredung gesagt hatte. "Das Böse?", murmelte sie kaum hörbar. Doch der Luchsmensch schüttelte den Kopf. "Nein. Das nicht. Darinus wollte tatsächlich nur Gutes für alle Lebewesen, egal welcher Rasse sie angehörten. Er suchte daher Verbündete, die ihn unterstützen konnten." Die Härchen an Gwyns Unterarmen richteten sich auf. "Die Priester." Dieses Mal nickte der Alte bedächtig. "Ja." Ein Schauer lief durch den Körper des Mädchens. Wie konnte eine Geschichte, die so gut begann nur so enden? Vor ihrem inneren Auge sah sie wieder das Geschehen in der Halle tief unten im Felsen. Wollte sie das Ende der Geschichte überhaupt wissen? Aber der Schamane sprach bereits weiter. "Lange Jahre arbeiteten Darinus und die Priester für das Wohl Anderer. Dann, vor etwas mehr als einhundertdreißig Jahren starb das bis dahin amtierende Oberhaupt der Priesterkaste und ein Nachfolger musste gewählt werden. Er war es, der alles veränderte." Gwyn schluckte mühsam. "Die Nachtmahre." Der De´mhter nickte. "Das neue Oberhaupt begann schon kurz nach seiner Ernennung damit, Pläne zur Mehrung des Einflusses der Kaste zu entwickeln. Darinus war ein Teil dieser Pläne, ohne dass er es gemerkt hätte. Er war wohl einfach zu gutgläubig. Solange man ihm versicherte, dass was er tue sei zum Besten der Menschen, war er bereit alles zu tun. Vielleicht war dies eine Auswirkung der selbstgewählten Isolation seiner Sippe, wer weiß das schon. Mit Hilfe von Darinus Macht gelang es dem Oberpriester jedenfalls mehr und mehr Einfluss zu gewinnen, vor allem in den großen Städten des Landes. Der Kontakt der Priester zu den Göttern ist eine Sache, doch weltliche, magische Kräfte auf seiner Seite zu haben, macht nicht weniger Eindruck. Im Gegenteil. Die Götter sind fern, doch die Magie...Sie überzeugte die Bevölkerung. Warum nicht direkt bei den Priestern Hilfe suchen, statt selbst zu den Göttern zu beten oder die Priester zu bitten, selbst das Beten für sie zu übernehmen? Magie wirkt sicher, im Gegensatz zu Bitten an unsichtbare Götter. Im Interesse Aller wäre es besser gewesen, wenn sich die Priesterkaste und ihr Oberhaupt mit dem Erreichten zufrieden gegeben hätten: Große Tempel, Einfluss auf einfache Bauern wie auch auf mächtige Herrscher, umfangreiche Tempelschätze und überall Bewunderung. Nicht lange darauf ersann der Oberspriester einen weiteren Plan, um ihre Macht noch weiter auszubauen." Er brach ab und zögerte einen Augenblick, bevor er fortfuhr. "Einer der sichersten Wege Respekt oder zumindest etwas ähnliches zu erlangen war von jeher die Furcht. Wer Angst hat, ist schneller bereit, denen zu geben und zu gehorchen, die angeblich helfen können. Aus diesem Grunde durchsuchten die Priester die alten Bücher der Zauberei und holten auch an anderen Stellen Informationen ein. Dabei gelangten sie irgendwann an eine fast vergessene Beschwörungsformel, die es ihnen ermöglichte, Nachtmahre jederzeit und an jedem Ort erscheinen zu lassen und diese dunklen Kreaturen ihrem Willen zu unterstellen. Mit Hilfe der Nachtmahre riefen sie Angst und Schrecken in ihren Gemeinden hervor, nur um die Geschöpfe kurze Zeit später vor den Augen der Bewohner zu verjagen oder zu vernichten. Der Ruhm, den sie dadurch erwarben, war unbeschreiblich. Davon angestachelt suchten die Priester mehr und mehr dieser Beschwörungsformeln, um auch andere, noch gefährlichere Geschöpfe der Finsternis zu rufen." "Und Darinus?" "Es dauerte lange, bis er erkannte, was vor sich ging. Und als er es begriff, war er zutiefst verstört und getroffen. Er wollte nicht weiter mit den Priestern arbeiten, sondern wollte zurück zu Seinesgleichen. Der Oberpriester wiederum wollte nicht zulassen, dass sein bisher so williger Gehilfe sich zurückzog und vielleicht sogar das Geheimnis verriet. Also beschwor er eine weitere Schattenkreatur, die sich auf Darinus stürzte, als er in der Nacht vor seiner Reise zu seiner Sippe tief schlief. ...Im Schlaf überrascht und unfähig sich zu verteidigen blieb von Darinus nicht viel mehr übrig als ein blutiger Klumpen Fleisch..." Der Schamane räusperte sich. "Die anderen Mitglieder seiner Sippe erfuhren selbstverständlich, dass er ermordet worden war und begannen das Geschehene zu untersuchen. Sie hatten sich nie sonderlich für Darinus´ Handeln interessiert, aber sein Tod änderte alles. Allen voran eure Freundin Leesha machte sich daran, das Geheimnis zu ergründen und so erkannte sie bald, was vor sich gegangen war..." Der De´mhter seufzte. "Das ist im Grunde die Geschichte. Eure Freundin weiß, was die Priester nach wie vor tun. Inzwischen nutzen sie die Kreaturen sogar für Raub und Mord. - So lange es nur ihren Interessen hilft, ist ihnen jedes Mittel recht. Die Priesterkaste ist verkommen und skrupellos geworden, es gibt sicher kaum einen unter ihnen, der noch so den Göttern dient wie zu den Zeiten der Gründung ihres Ordens." Nachtmahre... Und Schlimmeres. Was mochte schlimmer sein als eine dieser gesichtslosen Gestalten? "Und was ist....was ist meine Rolle dabei?", fragte sie mutig und geradeheraus. ********************************** Hallo! Und wieder ein Kapitel! Es hat leider wieder länger gedauert...aber dafür kam nun endlich der erste Teil der Auflösung! Im nächsten Kapitel geht es dann weiter. Mal sehen, was ihr von meinen Ideen haltet. Ich hoffe, es klingt nicht zu platt teilweise...wenn doch liegt das am Weihnachtsessen und meiner Unfähigkeit danach noch etwas zu Stande zu bringen. ;O)) Bis zum nächsten Mal! Eure Pitri Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)