Heated von Grglmrgl (sasuke x sakura) ================================================================================ Kapitel 4: Bruchstellen ----------------------- Sakura »Wofür entschuldigst du dich?« Sakura blickte Sasuke mit nicht geringem Interesse an, nachdem er sich zeitgleich mit ihr entschuldigt hatte. Für eine Weile antwortete er ihr nicht, sodass nur das fröhliche Knistern des Kaminfeuers zu hören war. Die Schatten, die die Flammen erzeugten, tanzten auf seinem blassen Gesicht und machte es ihr noch schwerer, etwas darin zu lesen. Seine ebenholzschwarzen Augen schienen direkt in ihre Seele zu starren, sodass es sie wahrhaftig wunderte, wieso er sie überhaupt so auf eine Antwort drängte. Er wusste es, ganz sicher, dass sie ihn noch immer liebte, selbst nach allem, was passiert war, doch sagen konnte sie das nicht. »Du weißt, was ich meine«, raunte er leise. Sakura ärgerte diese Antwort, sehr sogar. »Also das ist wirklich nicht fair von dir! Von mir erwartest du, dass ich reinen Wein einschenke, aber selbst kannst du es nicht! Du kannst nicht immer Dinge von mir erwarten, die du nicht zurückgeben kannst. Ich kann nicht mehr...« Sakura hielt inne. Sie konnte ihn nicht mehr rückhaltlos lieben. Sich loslösen von jeder Vernunft und von jeder leisen Stimme in ihr, die ihr Warnungen ins Ohr säuselte. Er musste ihr auch etwas geben, irgendetwas. »Ich weiß«, gestand er und wandte den Blick ab. Ein leises, bitteres und freudloses Lachen entwich ihm, bei dem sich Sakuras Herz zusammenzog wie unter einem Schraubstock. »Kakashi kommt morgen, nicht wahr? Vielleicht sollten wir ihn fragen, ob er jemand anderen findet, der mich im Auge behält.« Kalt. Er war so unfassbar kalt. Für einen flüchtigen Augenblick setzte Sakuras Herz zu schlagen aus und es dauerte mehrere Atemzüge lang, bis sie ihre Fassung zurück gewann. Oder die Scherben ihrer Fassung, die sie stümperhaft zusammen gefügt hatte und in denen sich ihr blankes Entsetzen spiegelte. Sakura nahm einen tiefen Luftzug. Sie hatte sich geschworen, nicht mehr traurig wegen ihm zu sein. Also war sie wütend. Sie stapfte zur Tür des Wohnzimmers, ehe sie innehielt und ihm antwortete. »Du bist ein Arschloch, Uchiha!« Damit pfefferte sie die Tür hinter sich zu und stürmte geradewegs auf die Eingangstür zu. Sinn und Verstand setzten bei ihr aus, als sie sich Schuhe anzog und in die finstere Nacht verschwand. Selbst die kühle, klare Luft, die ihr prompt entgegenschlug, vermochte ihren lodernden Zorn nicht zu mildern und als sie sich aufmachte, um Naruto zu suchen, war es ihr herzlich egal, ob jemand sie dabei erwischte. Naruto Scheiße. Das alles war richtig scheiße. Eine aufgelöste Sakura stand vor ihm, nur dass sie nicht weinte, sondern wie wild fluchte und das mit derartig blumigen Worten, dass selbst er errötete. Er hatte immer geglaubt, mit Sakuras Tränen, die sie für Sasuke vergoss, nicht gut klar zu kommen, aber dies hier war noch eine ganze Schippe schlimmer. Sakuras Schimpftirade hielt nun schon seit einigen Minuten an in denen er keinen Versuch mehr unternommen hatte, auf ihre Vernunft zu appellieren. Sein erster Versuch hatte ihm fast eine Ohrfeige eingehandelt, der er nur dank seiner mittlerweile katzengleichen Reflexe ausgewichen war. »Ich schwöre dir, ich erschlage ihn, wenn ich ihn das nächste Mal sehe! Das muss aufhören, verstehst du mich? Aufhören! Er macht mich krank! KRANK«, schrie Sakura so laut, dass Naruto fürchtete, dass gleich jede verfügbare ANBU-Einheit vor seiner Tür auftauchte. »Er hat das nicht so gemeint, Sakura«, versuchte er es noch einmal und er musste schlucken, als sie ihn mit einem vor Gift sprühenden Blick taxierte, »Ernsthaft, Sakura, du kennst ihn doch auch! Er wollte der unangenehmen Situation aus dem Weg gehen, um nicht mit dir über so etwas wie Emotionen reden zu müssen!« Sakura schnaubte abfällig. »Und das kann er nur, indem er sich wie der größte Vollidiot aufführt?« »Sakura... Es ist Sasuke von dem wir hier reden. Er ist mein bester Freund, aber emotionale Stabilität und Empathie sind wahrhaftig nicht seine größten Stärken, echt jetzt!«, entgegnete er, was Sakura ein weiteres wütendes Schnauben entlockte. »Ganz ehrlich, ich bin es Leid, das er mit diesem Mist immer einfach so davon kommen darf, nur weil es halt er ist! Er könnte es lernen, wenn er wollte! Oder es zumindest versuchen!«, schoss sie sofort zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich verstehe ja wirklich, dass sein Leben hart war, wirklich, aber das ist langsam keine Ausrede mehr dafür, sich aufzuführen wie die Axt im Wald! Ich werde nicht mehr länger seinen emotionalen Sandsack spielen!« Seine rosahaarige Freundin schritt unruhig in seinem unordentlichen Zimmer auf und ab und wich dabei diversen Kleidungsstücken und leeren Ramenboxen aus, während er auf die dampfende Box voller Nudeln vor sich auf dem Tisch starrte und nach einer passenden Antwort suchte. Resigniert musste er feststellen, dass er das wohl nicht konnte, denn er wusste, dass Sakura Recht hatte, auch wenn seine besondere Freundschaft zu Sasuke ihn deutlich milder stimmte, als sie. Naruto musste sich aber gleichzeitig auch eingestehen, dass sein Herz nicht regelmäßig auf brutalste Art von Sasuke gebrochen wurde. Sakura hingegen hatte nun schon seit einem halben Dutzend Jahre darunter zu leiden, dass sie Sasuke einfach nicht aus dem Kopf – oder genauer gesagt: ihrem Herzen bekam. »Du siehst das alles viel schlimmer, als es ist, Sakura. Kakashi kommt morgen und ich werde auch dabei sein und dann werden wir eine Lösung finden«, schlug er vor, doch sein Versuch, sie zu beschwichtigen, ging nach hinten los. Sakura seufzte vollkommen entnervt. »Kannst du einmal sagen: »Ja, Sakura, du hast Recht« wenn es um ihn geht? Für mich gibt es gar nichts zu klären, wirklich nicht. Wenn der Arsch jemand anderen um sich herum haben will, dann bitte!«, antwortete sie mit spitzer Stimme. Sie sah wirklich wütend aus mit den roten Wangen und dem verkniffenen Mund, aber ihre glasigen Augen verrieten ihre wahren Gefühle. Naruto wusste ganz genau, dass sie das eigentlich nicht wollte, aber keine bessere Lösung fand. Keine Lösung, die ihr etwas Frieden gab. »Dann reden wir morgen eben mit Kakashi darüber, ob ich deine Aufgabe übernehmen kann«, lenkte er schlussendlich ein. Sakura hielt in ihrem ziellosen Marsch inne und starrte ihn an, als wäre er komplett entgeistert. »Und was ist mit deinem Unterricht?« Naruto zuckte mit den Achseln. »Iruka wird bestimmt nichts dagegen haben, den Unterricht zu Sasukes Zuhause zu verlagern. Und wenn er erst einmal freigesprochen ist, geht er sowieso auf Reisen.« Das »Dann hast du deine Ruhe« ließ er unausgesprochen, doch Sakuras Gesichtsausdruck zu urteilen nach hatte sie ihn genau verstanden. Vor einigen Monaten noch hatte es ihn gestört, dass Sakura ihren Gefühle für Sasuke einfach nicht entsagen konnte. Dass nicht er es war, dem sie diese Art von Zuneigung entgegen brachte. Aber die Tatsache, dass er das hatte überwinden können, bewies umso mehr, wie aufrichtig ihre Gefühle waren. Und er hatte verstanden, dass niemand sich freiwillig selbst so geißeln konnte. Sie hatte keine Wahl und deswegen tat sie ihm Leid. In dieser Hinsicht wurde er wirklich nicht schlau aus dem Uchiha. »Okay«, flüsterte sie niedergeschlagen. Sein Herz blutete angesichts ihrer Traurigkeit. Er hatte ihr versprochen, ihn zurück zu holen und beinahe alles für dieses Versprechen verloren, nur damit sich heraus stellte, dass es ihr damit nur noch schlechter ging. Die Box mit Nudeln, die schon vor langer Zeit erkaltet waren, kippte beinahe um, als er aufstand und auf sie zuging, um sie in eine lange, tiefe Umarmung zu ziehen. Ihre zarten Finger krallten sich in seine Jacke. Für lange Zeit standen sie einfach nur so da und umarmten sich und sprachen damit all die Dinge aus, denen sie keine Worte verleihen konnten. »Ich danke dir«, flüsterte sie irgendwann und löste sich von ihm, »Du bist der beste Freund, den man sich nur wünschen kann und ich bin eine dusselige Kuh, dass ich das nicht schon so viel früher erkannt habe.« In ihren smaragdgrünen Augen schimmerten immer noch einige Tränen, aber sie wirkte nicht mehr ganz so hoffnungslos. Er lachte leise und rieb sich oberhalb des Stumpfes, der sein rechter Arm war. »Wenigstens einer von euch beiden weiß das zu schätzen. Ich glaube, insgeheim verteufelt Sasuke mich noch immer dafür, dass ich ihn nie in Ruhe gelassen habe.« »Gut, dass wir geklärt haben, dass seine emotionale Reife nicht das Bemerkenswerteste an ihm ist«, entgegnete sie schmunzelnd, »Eines Tages wird er es bestimmt anerkennen. Im Grunde weiß er es schon, sonst wäre er überhaupt nicht in Konoha, vielleicht nicht einmal mehr am Leben.« »Das würde ich gerne glauben«, gestand Naruto und verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen, dessen Emotion nicht zu seinen Augen reichte. Sakura drückte seinen heilen Arm und lächelte ihn aufmunternd an. »Ich bin mir sicher, Naruto. Du und ich, wir sind anders. Für ihn war ich immer nur eine nervige Randerscheinung, aber dich hat er schon immer als ihm ebenbürtig anerkannt, ob er wollte oder nicht. Er ist stur, aber du bist ihm auch wichtig. Auf seine eigene Art. Vielleicht ist es wirklich so, wie du gesagt hast und er ist einfach so und kann auch nicht anders.« »Wahrscheinlich hast du Recht, ja«, räumte er ein und warf einen Blick auf die Uhr an seiner Wand. Es war spät und Sakura musste dringend zurück. Wenn jemand sie hier erwischte, dann würde es riesigen Ärger geben, ganz zu schweigen davon, dass Sasuke vielleicht auf dumme Ideen kommen konnte. Er wollte nicht daran denken, welche Höllen die Ältesten in Bewegung setzten würden, wenn er sich nur den geringsten Fehltritt erlaubte. »Ich sollte zurück, nicht wahr?«, sprach sie seine Gedanken aus und bekam ein Nicken von ihm zur Antwort. Sie seufzte ergeben, nickte dann aber zustimmend und zog ihn in eine zweite Umarmung, diesmal jedoch deutlich kürzer. »Na gut, dann verschwinde ich jetzt. Verschlaf morgen bitte nicht, ich brauche wirklich deine Hilfe bei dem Gespräch, ja?« Sie knuffte ihn freundschaftlich in die Seite. »Ich versprech's dir! Und pass auf dich auf... Lass dich nicht sehen, ja?« »Ich schaff' das schon!« Sie streckte ihm die Zunge raus und zwinkerte und Naruto war froh, dass sie deutlich besser gelaunt von seinem Zuhause aufbrach, als sie angekommen war. Auch wenn er seine romantischen Gefühle für sie begraben hatte, war sie die wichtigste Freundin, die er hatte und er konnte es nicht ertragen, wenn es ihr so schlecht ging. Sakura In der vergangenen Stunden, die sie bei Naruto verbracht hatte, war es endgültig Nacht geworden und die Temperaturen hatten noch einmal deutlich abgekühlt. Es war so kalt, dass sie fröstelte, als sie durch die verwinkelten Gassen des Dorfs huschte, immer bedacht darauf, mit den tiefen Schatten zu verschmelzen, die die Wände der Häuser im fahlen Licht des Mondes warfen. Sie hatte nicht erwartet, erwischt zu werden, da allgemein scheinbar nicht allzu viel Wert auf Sasuke und seine Unterbringen gelegt wurde und dennoch war sie erleichtert, als sie leise die Haustür aufschloss und hinter sich wieder zuschob. Flink zog sie ihre Schuhe aus und räumte sie ordentlich auf, ehe sie zum Wohnzimmer schlich. Sie hoffte, dass das Feuer noch immer im Kamin prasselte und sich ein wenig aufwärmen konnte. Auf dem Heimweg war ihr richtig bewusst geworden, dass der Winter noch nicht allzu weit zurück lag, denn die Kälte war ihr bis in die Knochen gedrungen. Tatsächlich brannte das Feuer noch munter und Wärme umhüllte sie, kaum dass sie die Tür geöffnet hatte, doch nicht nur das Feuer und die Wärme waren geblieben, auch Sasuke saß noch immer im Wohnzimmer. Er schien zu schlafen, denn sein Kopf ruhte auf der Rückenlehne und die Augen waren geschlossen. Sakura biss sich auf die Lippen. Sollte sie es riskieren und sich ans Feuer setzen oder sollte sie sich lieber mit ihren Bettdecken aufwärmen? Sie atmete dreimal tief ein und wieder aus, ehe sie sich dafür entschloss, auf ihr Zimmer zu verschwinden, doch in dem Moment, in dem sie die Türe vorsichtig schließen wollte, öffnete Sasuke die Augen und fing prompt ihren Blick ein. Er wirkte nicht, als wäre er gerade aufgewacht. »Du bist zurück«, stellte er nüchtern fest. »Tut mir Leid, ich wollte dich nicht stören!«, antwortete sie hastig und machte einen erneuten Versuch, die Türe zu schließen. Mit einer schnellen Bewegung, von der Sakura die Augen schwirrten, stand er vor ihr und hielt die Tür fest. »Warte.« Es war kein Befehl und in seiner Stimme lag weder Wut noch Ungeduld. Es war eher wie eine Bitte, viel sanfter, als sie es ihm je zugetraut hätte. »Warte«, wiederholte er, obgleich sie keinerlei Anstalten gemacht hatte, vor ihm zu flüchten. Neugierig funkelte sie ihn an und wartete wahrhaftig. Darauf, dass er sich erklärte oder zumindest irgendetwas sagte. »Bleib«, raunte er schließlich. Mit dem Blick, mit dem er sie bedachte, hätte er alles von ihr verlangen können, stellte sie verlegen fest. Sakura atmete zitternd aus und verfluchte sich direkt für dieses offenkundige Zeichen ihrer Nervosität in seiner Gegenwart. »Keine Sorge, ich bleibe«, sagte sie leise. »Wo warst du?«, fragte er und die Veränderung seiner Stimme entging ihr nicht, wenngleich sie diese nicht einordnen konnte. Etwas Dunkles lag in seinen Augen und erinnerte sie an den Nebel, in dessen Schlieren sie sich noch an diesem Morgen verloren hatte. Götter, das war an diesem Morgen erst gewesen. Es kam ihr vor, als wären ganze Zeitalter dazwischen vergangen. »Bei Naruto, wir haben ein wenig gequatscht«, antwortete sie wahrheitsgemäß, was Sasuke ein leises Schnauben entlockte. »Was denn?« Sakura verschränkte die Arme vor der Brust und blickte den Uchiha forschend an. »Nichts«, antwortete Sasuke, was Sakura mit einem entnervten Augenrollen quittierte. »Gut, wenn das alles war, dann geh' ich jetzt schlafen«, murrte sie mit einem kleinen Schmunzeln auf den Lippen, doch ehe sie sich umdrehen und in ihr Zimmer verschwinden konnte, löste Sasuke sich von der Tür und umfasste ihren Arm mit seiner Hand. In seinem Griff lag viel Stärke, ohne ihr wehtun zu wollen. Diese eine, kleine Geste machte ihr klar, dass sie nicht den Hauch einer Chance gegen ihn hatte, wenn er es darauf anlegte. Eine Gänsehaut fegte unkontrolliert über ihren Körper hinweg, wie der Wüstenwind über die sandigen Dünen und sie vermochte nicht zu sagen, ob es ein wohliger oder ein angsterfüllter Schauer war. »Ist noch etwas?« Es fiel ihr gar nicht auf, dass sie völlig unbewusst das Flüstern anfing. Ihre Blicke trafen sich und Sakuras Puls beschleunigte sich schwindelerregend. Sasuke Sein Körper hatte sich selbstständig gemacht, als er nach ihrem Arm gegriffen hatte. Und nun war sie ihm so nah, dass er fast ihren Atem in seinem Gesicht spüren konnte. Es war so dunkel im Flur, dass das Feuer, welches sich in ihren Augen fing, beinahe hypnotisierend wirkte. Wieso nur hatte er sie überhaupt festgehalten? Was sollte er ihr jetzt sagen? Ihren rasenden Puls an seinen Fingern zu spüren half ihm nicht im Mindesten dabei, seine Gedanken zu sortieren, ganz im Gegenteil. »Nun?« Sie flüsterte immer noch. Wieso nur flüsterte sie? »Ich... äh...« Stammelte er? Sasuke räusperte sich und konnte nur mit Mühe verhindern, dass er den Kopf schüttelte. Sakuras neugieriger Blick brannte sich förmlich in ihn hinein. Wenn er nicht gleich etwas Sinnvolles von sich gab, würde es noch bedeutend peinlicher für ihn werden. »Nichts. Geh' schlafen, wenn du müde bist.« Er musste schlucken, als er ihren Arm los ließ. Verwirrung flackerte in ihren Augen auf als sie einen Schritt von ihm zurück wich und sein Körper ihrem erneut folgen wollte. »O...kay?« Sie legte ihren Kopf schräg und musterte ihn eindringlich, sagte aber nichts, als sie sich umdrehte und in den dunklen Fluren seines Anwesens verschwand. Erst als sich leise eine Tür schloss und er tief ausatmete, merkte er, dass er die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Während er sich gegen den Rahmen der Tür lehnte, fuhr er sich mit der Hand durch Gesicht und Haare. Was genau tat er hier? Sakura Es waren nunmehr Stunden seit ihrer Rückkehr vergangen und noch immer lag sie mit sperrangelweit geöffneten Augen und rasendem Herzen in Bett. Sie lauschte dem wilden Rauschen ihres Blutes in den Ohren und versuchte vergeblich, ihre Gedanken in Richtung Schlaf zu lenken. Sie bekam seine tiefschwarzen Augen und die wenige Distanz zwischen ihren Gesichtern einfach nicht aus dem Kopf. Zum x-ten Mal drehte sie sich unter ihren Decken um und wendete das Kissen zur kühlen Seite, doch es schwante Sakura bereits, dass sie heute Nacht keinen Schlaf finden würde. & Ihre Befürchtungen sollten sich bewahrheiten. Als sie am nächsten Morgen das Gezwitscher der Vögel durch den Spalt des geöffneten Fensters vernahm, wusste sie, dass diese Nacht für sie vorbei war. Völlig übermüdet öffnete sie flatternd die Augenlider und wurde von einigen wenigen vorwitzigen Sonnenstrahlen im Gesicht gekitzelt. Wenigstens das schöne Frühlingswetter war zurück. Der Morgen wirkte sehr friedlich im Vergleich zu der offenen Kriegszone, die ihre Gedankenwelt war. Kakashi würde heute kommen und vielleicht war es, entgegen ihrer gestrigen Behauptung, zu bleiben, das Schlaueste, wenn sie doch ging. Die Nähe zu Sasuke machte sie schier wahnsinnig und auch ihre körperliche Reaktion war zermürbend. So zerschlagen fühlte sie sich sonst nur nach den extra langen Schichten im Krankenhaus, die Tsunade ihr ungnädigerweise aufbrummte. Seufzend schlug sie Decke um Decke von sich und erhob sich. Kaffee. Sie brauchte ganz dringend Kaffee. Sakura fühlte sich seltsam peinlich berührt, als sie die Flure zur Küche entlang lief, als hätte sie etwas furchtbar Unsittliches getan und fürchtete nun, erwischt zu werden. Zu ihrem großen Erstaunen saß Sasuke bereits in der Küche und trank Kaffee – und ihm gegenüber stand ein zweiter, dampfender Becher! »Morgen«, nuschelte sie verlegen und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Sasuke nickte ihr knapp zu und deutete überflüssigerweise auf dem Becher kochend heißen Kaffee. Dankbar lächelte sie ihn an und nahm Platz. Gerade als sie den ersten Schluck trank, sagte Sasuke: »Ich kann keinen Kaffee kochen.« Eine Anmerkung, die er sich hätte sparen können. Sakuras Gesichtszüge hatten sich bereits zu einer Grimasse verzogen, kaum dass die bittere Brühe ihre Lippen berührt hatte. »Wie viele Löffel Pulver hast du denn benutzt?«, fragte sie nach, ohne die Antwort darauf wirklich wissen zu wollen. »Zehn oder elf«, antwortete er achselzuckend und Sakura verschluckte sich fast an ihrer eigenen Spucke. Mit dem Gebräu konnte man Tote wecken, aber vielleicht war das genau das, was sie an diesem müden Morgen brauchte. Behutsam nippte sie erneut an der alchemistischen Meisterleistung und gab sich Mühe, nicht allzu betroffen zu wirken. »Zehn oder elf...«, wiederholte sie murmelnd und schüttelte andächtig den Kopf. »Ein guter Löffel hätte gereicht, vielleicht zwei«, erklärte sie ihm schmunzelnd und war erleichtert, dass es überhaupt nicht komisch zwischen ihnen war. Vielleicht hatte sie sich die Spannung am Abend nur eingebildet und viel zu viel hinein interpretiert. »Oh«, gab Sasuke nur zurück und wirkte ehrlich erstaunt, was Sakura ein herzhaftes Lachen entlockte. Eine Anspannung, die sie bis gerade nicht bewusst wahrgenommen hatte, fiel von ihr ab und als sie sich in ihrem Stuhl zurück lehnte und noch einen grässlichen Schluck Kaffee zu sich nahm, fühlte sie sich viel leichter. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihr, dass Kakashi, sollte er pünktlich kommen, in weniger als einer halben Stunde da sein würde, was sie Sasuke auch so mitteilte. »Der kommt nicht pünktlich«, schnaubte er daraufhin, »Wenn er in einer Stunde da ist, können wir uns geehrt fühlen«, fügte er hinzu und schwenkte seine Tasse misstrauisch hin und her. Die Information, dass er viel zu viel Pulver benutzt hatte, schien einige Fragen in ihm aufgeworfen zu haben. »Soll ich noch einmal richtigen Kaffee kochen?«, fragte Sakura höflich, nicht aber ohne sich ein süffisantes Grinsen zu erlauben. Dieses quittierte der Uchiha mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck, nickte dann aber und schob ihr seine Tasse zu. Der Kaffee darin war gänzlich unberührt. Und sie hatte nicht unhöflich sein wollen. Sie konnte es sich nicht verkneifen, mit den Augen zu rollen, doch zumindest stellte sie sicher, dass Sasuke das nicht sehen konnte. Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, während Sakura Wasser aufsetzte und Kaffee in einen Filter gab. Diesmal war es jedoch anders, denn Sakura fühlte nicht den Druck, unbedingt etwas sagen zu müssen. Als sie fertig war, kippte sie Sasukes' Teufelszeug in den Abfluss und gab frischen, herrlich duftenden Kaffee in die beiden Tassen. Um ein Haar hätte Sakura erneut gelacht, als Sasuke sich argwöhnisch über die Tasse beugte, die sie ihm gereicht hatte und daran schnupperte. »Nicht vergiftet«, versprach sie ihm und erwischte sich dabei, dass sie ihm zu zwinkerte. Sasuke betrachtete sie einen Moment eindringlich, was ihr die Schamröte ins Gesicht trieb, trank dann aber widerspruchslos von seinem Kaffee. Überrascht zog er beide Augenbrauen hoch. »Schmeckt deutlich besser«, gab er zu und nippte noch einmal an dem kochend heißen Getränk. Sakura schürzte gespielt pikiert die Lippen. »Hast du denn etwas anderes erwartet?« »Ehrlich gesagt, ja.« »Du trinkst nicht besonders oft Kaffee, kann das sein?« »Nein«, kam es prompt von ihm, »du?« Bei den Erinnerungen an all die durchgemachten Nächte im Krankenhaus legte sich ein zartes Lächeln auf ihre Lippen. »Ja. Sehr oft und manchmal auch sehr viel. Wenn man eine Nacht um die andere Nacht im Krankenhaus arbeitet, kommt ohne Kaffee nicht weit. Es ist gegen den menschlichen Biorhythmus, nachts wach zu sein, weißt du. An so vielen Schichtenden konnte ich kaum noch ein Klemmbrett halten, weil meine Hände von so viel Koffein zitterten«, erklärte sie ihm, während sie ihre Finger fest um die wohltuend warme Tasse legte. Sakura hatte die Nächte stets am meisten gemocht. Meistens war es in der Nacht ruhiger, da die Patienten schliefen und es lag eine gewisse melancholische Schönheit in der Einsamkeit auf einer Station. Das Surren der schwach leuchtenden Neonröhren, das stete Piepen der Herzmonitore und die gedämpften Gespräche, die sie mit den wenigen anwesenden Kollegen geführt hatte. In diesen Nächten war besonders ihre angeknackste Freundschaft mit Ino wieder gekittet worden, worüber sie sehr glücklich war. »Hört sich nicht so gesund an«, gab er zu bedenken und Sakura musste lachen. »Ist es auch nicht, aber wenn man noch jung ist, ist es nicht so schlimm. Vielleicht wird es nach dem Krieg jetzt ruhiger und wir müssen alle nicht mehr so viel arbeiten.« »Glaubst du daran?«, fragte er sie leise und zum ersten Mal, seit er zurück war, konnte sie genau erkennen, welche Emotion sich in seinem Gesicht abspielte: Trauer. Und eine unendliche Müdigkeit. »Woran?« »An Frieden?« Er nahm einen Schluck, vermutlich, um sie nicht direkt anschauen zu müssen. Sasuke hasste es, Gefühle zu zeigen, vielleicht auch, weil er so schlecht darin war. Oder weil Gefühle zu haben für ihn immer nur Verlust und Schmerzen bedeutet haben. Sakura schluckte schwer und verdrängte den Gedanken, dass auch sie Kakashi darum bitten wollte, ihn verlassen zu dürfen. »Ich muss«, gestand sie und spielte mit dem Henkel ihrer Tasse, nur um sich mit etwas anderem zu beschäftigen, als mit ihren rasenden Gedanken, »Ich muss daran glauben, dass wir der nächsten Generation eine bessere Welt hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben. Damit...« Ja... Damit Menschen wie er und Naruto und Gaara und so viele andere nicht mit einem unmenschlichen Schicksal klarkommen mussten. Sie waren alle kleine Kinder, als alles in ihrem Umfeld versagte und dabei breitete sich eine bleierne Traurigkeit in ihr aus. Sie konnte es nicht aussprechen. »Ich verstehe.« Damit wandte er sein Gesicht von ihr ab, sodass Sakura sich fragte, ob sie etwas Falsches gesagt hatte. Gott sei Dank erwies sich Kakashi einmal mehr als ihr Retter in der Not, denn er tauchte strahlend in der Küchentür auf und begrüßte sie. »Du bist pünktlich«, kam es nur von Sasuke und er musterte seinen ehemaligen Lehrer, der ausnahmsweise in gängiger Alltagskleidung aufgetaucht war. Nur sein Rollkragenpullover, der bis zu seiner Nasenbrücke reichte und den größten Teil seines Gedichts verdeckte, war der Gleiche wie immer. »Gut gelaunt, wie immer, wunderbar!« Kakashi klatschte überschwänglich in die Hände und ließ sich in seiner munteren Stimmung nicht beirren. Sasukes Launen waren schon immer scheinbar vollkommen wirkungslos an dem Shinobi abgeprallt. »Morgen, Kakashi«, grüßte sie ihn, »auch einen Kaffee?« Die Augen des grauhaarigen Shinobi funkelten begeistert, als er nickte und sich neben die beiden an den Tisch setzte. »Wie bist du überhaupt hier reingekommen«, wollte Sasuke mit grimmigen Unterton wissen. »Sicherheitslücken in deinem Anwesen gehörten wohl nicht zu den Dingen, über die du scherzen kannst«, vermutete Kakashi und das Schmunzeln zeichnete sich klar unter dem Stoff seines Pullovers ab. »Sag' schon«, verlangte Sasuke mit mehr Nachdruck und lehnte sich Kakashi ein wenig über den Tisch entgegen. Sakura beobachtete die beiden für eine Sekunde, ehe sie es sich anders überlegte und sich um Kakashis Kaffee kümmerte. »Ein andermal.« »Kakashi«, knurrte Sasuke. »Schon gut, schon gut«, lenkte Kakashi beschwichtigend ein, »Sakuras Fenster stand ein wenig offen und ich habe mich dann spontan selbst rein gelassen.« Sie konnte Sasukes stechenden Blick in ihrem Nacken förmlich spüren, aber sie drehte den beiden weiterhin betont den Rücken zu. Es war ja nicht so, als hätte sie es komplett offen gelassen. Sie wollte gar nicht wissen, wie Kakashi das überhaupt angestellt hatte und stellte dementsprechend keine Fragen. »Hier«, unterbrach sie schlussendlich die frostige Stille zwischen den beiden Männern und stellte Kakashi einen dampfenden Becher vor die Nase. »Danke dir, immerhin einer in diesem Haus ist ausgeschlafen und mit dem richtigen Fuß aufgestanden!« Sakura ließ den offensichtlichen Seitenhieb so stehen, da sie keinerlei Bedürfnis verspürte, Kakashi über ihre schlaflose Nacht aufzuklären, denn das würde diesen nur dazu verleiten, sie mit Fragen zu löchern. »Nun denn, dann fangen wir an!«, sprach er förmlich und richtete sich gerade auf. Sakuras Herz rutschte ihr in die Hose. Sie wollte das nicht tun, wirklich nicht, aber ihre verhasste innere Stimme sagte ihr, dass Kakashi Recht gehabt hatte. Sie hatte schon längst alles für Sasuke gegeben. Genug für ein Leben und noch mehr. Und wenn sie hier wirklich noch drei weitere Wochen mit Sasuke zusammen leben würde, wer weiß, was dann aus ihr werden würde. Seine Nähe tat ihr nicht gut, weder körperlich, noch geistig. Vielleicht sollte es einfach nicht sein. Sie biss sich auf die Lippen, ein klares Zeichen dafür, dass sie wieder zu nervös war. Seit ihrem ersten Gespräch mit Kakashi, Sasuke und den Verantwortlichen hatte sie nicht mehr an ihrer Lippe genagt. »Was ist los, Sakura?«, fragte Kakashi mit besorgter Stimme. Verflucht, es war plötzlich so heiß in der Küche. »Ich...«, begann sie zögerlich und rutschte kaum merklich auf ihrem Stuhl herum, »Ich... Ich wollte fragen, ob jemand anderes meine Aufgabe übernehmen kann. Naruto zum Beispiel.« Naruto... Wo war er überhaupt? Er hatte ihr versprochen, heute auch hier zu sein! Sie konnte nicht weiter darüber nachdenken, was Naruto gerade trieb, denn als sie Sasukes glühendem Blick begegnete, wurde ihr schwarz vor Augen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)