Heated von Grglmrgl (sasuke x sakura) ================================================================================ Kapitel 3: Vielleicht oder Nie ------------------------------ Sakura Der nächste Morgen brach überraschend düster an. Nachdem es die letzten Tage warm und sonnig gewesen war, wurde das Anwesen nun von dichtem Nebel umhüllt, der wie eine Projektion ihrer eigenen trüben Gedanken wirkte. Sakura saß auf ihrem Bett, die zahlreichen Decken dicht an ihren Körper gedrückt und starrte durch die bodentiefen Fenster ihres Zimmers in das undurchsichtige Meer. Sie war schon eine ganze Weile länger wach, aber irgendetwas an dem Nebel zog sie magisch an. Es war zu einfach, sich in dem endlosen Nichts zu verirren, welches der absoluten, alles verschluckenden Dunkelheit auf so krude Art glich. Es gab ohnehin nichts, was sie wirklich tun musste. Sasuke würde sich selbst etwas zu Essen machen müssen. Bei dem Gedanken an den jungen Uchiha brannten ihre Wangen. Ihr Gesicht war über Nacht beinahe gänzlich verheilt denn die zähe, dickflüssige Paste, die sie sich aus einigen Kräutern hergestellt hatte, hatte die Verbrennungen neutralisiert. Trotzdem war ihr nun heiß, sodass sie einige der Decken von sich strampelte. Eine ganze Weile lang saß Sakura einfach nur so da, genoss die friedliche Stille und starrte in den Nebel, bevor sie aufstand und zu den Fenstern hinüber trat, um eines davon zu öffnen. Die Luft, die ihr prompt über die nackte Haut ihrer Arme und Beine streichelte, war kühl und erfrischend. Ein Klopfen an der Tür ließ sie aufschrecken. Peinlich berührt wurde sie sich ihrer Aufmachung bewusst: Verstrubbelte Haare, kurze Pyjamahose und ein schlichtes, rosa farbenes Shirt. Noch nicht einmal das Gesicht hatte sie sich gewaschen. »Einen Moment!«, rief sie eilig und stolperte in dem Versuch, sich möglichst schnell präsentabel herzurichten, ständig über ihre eigenen Füße. Es dauerte nicht lang, bis sie sich, abgesehen von dem Vogelnest auf ihrem Kopf, welches sie nur notdürftig mit ihren Fingern gekämmt hatte, fertig gemacht hatte und hastig zur Tür eilte. »Guten Morgen, Sasu-« Sakura hielt inne, als ein breit grinsender Naruto vor ihr auftauchte. »Naruto? Was machst du denn so früh hier?«, fragte sie verdutzt, zog den Blondschopf aber trotzdem in eine herzliche Umarmung. »Ich hab' heute frei und dachte mir, ich statte euch einen Besuch ab“, erklärte er und kratzte sich dann grüblerisch am Kinn, „Was genau ist denn hier schon wieder los? Sasuke hat mir aufgemacht, mich angegrunzt und ist wieder verschwunden.« »Und was genau ist daran so verwunderlich?«, fragte Sakura lachend nach und hoffte, dass Naruto das nervöse Scharren ihres Fußes nicht bemerkte. Natürlich stimmte es, dass der Uchiha nicht gerade für seine Geselligkeit bekannt war, aber Naruto derart abzuwürgen war dennoch ungewöhnlich, immerhin war der blonde Chaot in den letzten Tagen der einzige gewesen, mit dem er überhaupt mehr als zwei oder drei Sätze gewechselt hatte. Nun, abgesehen von ihren peinlichen Unterhaltungen. Naruto schien sie zu mustern, was ihr mehr als unangenehm war. »Er wirkte irgendwie... angefressen? Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll.« »Angefressen?«, hakte Sakura gespielt verwirrt nach und hoffte, dass Naruto sich bei seiner Antwort nicht besser artikulieren und sie so tun konnte, als wüsste sie nicht, wovon er sprach. Zugegeben, das war nicht besonders nett von ihr, aber sie verspürte wirklich nicht die geringste Lust, mit Naruto über ihre peinlichen Gesprächsversuche reden zu müssen. Oder darüber, dass Sasuke sie im Gesicht berührt hatte. Allein bei dem Gedanken daran wurden ihre Wangen erneut heiß, sodass sie sich unauffällig zwickte, um sich davon zu lösen. Naruto seufzte und zuckte mit den Schultern. »Du, ich weiß doch auch nicht. Irgendwie seltsam halt. Ist denn etwas passiert?« Na super, er ließ nicht los. »Nein, nichts. Also nichts ungewöhnliches.« Die Lüge schmeckte bitter in ihrem Mund, aber es musste eben sein. »Nicht jede Lüge ist eine schlechte Lüge«, redete sie sich im Gedanken ein. »Willst du etwas mit mir frühstücken?«, lenkte sie ab und schenkte ihm ein möglichst offenes Lächeln, doch sie beschlich das Gefühl, dass ihre Mundwinkel verräterisch zuckten. Wenn Naruto etwas merkte, so ließ er es sich nicht anmerken, denn er nickte nur und wirkte halbwegs zufrieden. »Gerne, ich hab ein Loch im Bauch«, lachte er. Sakura ging also mit Naruto zusammen in die Küche, aber nicht ohne vorher einen kurzen Abstecher im Badezimmer zu machen, um sich das Gesicht zu waschen und die Haare ordentlich zu bürsten. Während Sakura Reis kochte – und dabei noch eine Portion für Sasuke mit einrechnete – schnitt sie frischen Fisch zurecht und dünstete diverses Gemüse. Die beiden unterhielten sich zwanglos über Narutos Unterricht, was ihm die Möglichkeit gab, sich über Iruka und den zum Gähnen langweiligen Stoff aufzuregen. Sakura warf dann und wann ein entsetztes »Nicht wirklich?« oder »Ach du meine Güte« ein, was Naruto genug Anlass gab, weiter zu plappern und ihr die Zeit, halbherzig ihren Gedanken nachzuhängen. »Wenn du hier auf Sasuke... äh... aufpasst, kannst du gar nicht beim Vorbereiten des Frühlingsfestes helfen, aber meinst du, du kannst dich irgendwie lösen und zumindest daran teilnehmen?« Mit dieser unvermittelten Frage riss er Sakura endgültig aus ihren Grübeleien. »Das Frühlingsfest findet statt?«, fragte sie erstaunt nach. Immerhin war der Krieg gerade erst vorbei und Konoha vollkommen damit beschäftigt, den Wiederaufbau voran zu treiben. Dennoch war der Gedanke an das ausgelassen Fest voller Musik und gutem Essen verlockend. »Naja, den Frühlingsanfang gibt es immer«, frotzelte er, was ihm einen entnervten Blick von Sakura einbrachte, »Aber ja, das Fest soll wohl stattfinden. Iruka hat mir davon erzählt. Als ich ihn gefragt habe, ob das aktuell überhaupt angemessen ist, meinte er nur, dass gerade jetzt der beste Grund ist, um zu feiern. Frag mich aber nicht, was er damit gemeint hat.« Er zuckte mit den Schultern und schaufelte sich mit seinen Stäbchen eine absurde Menge Reis in den Mund. Sakura verstand, was ihr ehemaliger Lehrer damit meinte, hielt es jedoch für sinnlos, das mit Naruto weiter zu vertiefen. Sie hatte ganz andere Bedenken. »Ich glaube nicht, dass ich daran teilnehmen kann, wenn ich ehrlich bin«, äußerte sie ihre Zweifel, »Selbst wenn ich jemanden finde, der für mich einspringt – was ich stark bezweifle -, dann ist es dennoch Teil unserer Abmachung, dass ich diejenige bin, die auf ihn aufpassen muss.« Traurigkeit überschattete ihre Gesichtszüge. Sie hatte das Fest des Frühlingsanfangs immer geliebt, schon als kleines Kind, als sie noch mit ihren Eltern dort gewesen war. Sehnsucht erfüllte sie, als sie an die herrlichen Kirschblüten dachte und sie die Gerüche der Buden förmlich in der Nase hatte und sie an die bunten Laternen dachte, die zum Schrein führten, in welchen sie immer ein paar Münzen geworfen hatte. Früher waren ihre Gebete albern und kindisch gewesen. Für was sie wohl heute beten würde? Naruto zwinkerte ihr verschwörerisch zu; nie ein gutes Zeichen. »Ich bin mir sicher, dass wir da etwas drehen können. Notfalls verkleiden wir Sasuke als Anti-Grisgram und schleußen ihn mit!« Die Idee schien ihm so gut zu gefallen, dass sein Grinsen sogar noch etwas breiter wurde. »Erstens«, entgegnete sie ernsthaft, wobei sie sich ein schelmisches Lächeln selbst nicht ganz verkneifen konnte, »Wenn du Sasuke dazu überredet bekommst, dann bekommst du meinen nächsten Monatslohn vom Krankenhaus!« Bei der Bemerkung funkelten Narutos Augen vor Begeisterung. »Und zweitens: Wenn wir dabei erwischt werden, bin ichdran, nicht du.« Sakura mochte sich gar nicht ausmalen, auf was für Ideen die Ältesten kommen könnten, wenn sie sich zu solch einer Narretei hinreißen ließe. Nein, sie hatte keinen Krieg überlebt, um dann von ihren eigenen Leuten gelyncht zu werden. »Du siehst das wie immer alles viel zu ernst«, lachte er, der Schalk noch immer in den Augen blitzend. Für einen Moment überlegte Sakura ernsthaft, ob Naruto es schaffen könnte, Sasuke zu so etwas zu überreden und stellte dann erleichtert fest, dass das ganz und gar unmöglich war. »Ich werde Kakashi Ende der Woche fragen, wenn er seinen ersten wöchentlichen Besuch macht, okay?« Ein Kompromiss, wenngleich das Ganze vermutlich ein zum Scheitern verurteiltes Vorhaben war. Und dennoch konnte ein Versuch nicht schaden. »Wann genau soll das Fest überhaupt stattfinden, hast du das auch schon herausfinden können?« »Weiß ich nicht, aber ich werde Iruka später mal fragen, bestimmt weiß er das auch«, antwortete Naruto, »Wann genau ist das Gespräch mit Kakashi und soll ich dabei sein?« Über den Vorschlag dachte Sakura kurz nach. Naruto könnte die angespannte Situation bestimmt besser auflösen, als Kakashi, der da eher wie Öl im Feuer war. »Ja, gerne. Ist ja nur mit Kakashi und nichts wirklich Offizielles. Ich bin mir sicher, dass er da nichts dagegen hat.« Zur Antwort reckte Naruto strahlend beide Daumen in die Luft, ehe er sich wieder mit Hingabe seinem Frühstück widmete. Sakura war schon seit einer Viertelstunde fertig. Obwohl er nicht mehr wachsen würde, schien er noch immer ein förmliches Loch im Magen zu haben. Sakura lächelte milde. Immerhin das hatte sich nie geändert. Den Rest des Morgens verbrachten die beide, indem sie ausgelassen Erinnerungen an vergangene Frühlingsfeste austauschten. Sakura hatte das Gefühl, schon lange nicht mehr so viel gelacht zu haben und als Naruto sich zum Unterricht verabschiedete, war sie richtig gehend traurig. Der Nebel hatte sich mittlerweile verflüchtigt, sodass sie Naruto in den noch immer trüben frühen Mittag laufen sehen konnte und ihm ein letztes Mal zuwinkte, als er im Begriff war, um die Ecke zu verschwinden. Die Stille, die sie prompt wieder begrüßte, fing an ihr sauer aufzustoßen. Für Gartenarbeit verspürte sie nicht die richtige Muse, aber auch auf Konfrontationskurs mit Sasuke zu gehen klang wenig verlockend, sodass sie sich nach dem Aufräumen der Küche in ihr Zimmer verkroch. Sasukes Reis war noch immer unberührt. & Die darauffolgenden Tage vergingen in zähem Trübsinn und ihre Langeweile drohte sie langsam zu überrollen und ertränken wie eine gewaltige Flutwelle. Als ein öder Freitag dem Samstag wich und Sakura den Uchiha seit nunmehr drei Tagen nicht gesehen hatte, fragte sie sich, ob er über Nacht abgehauen und sie am Arsch war. Ein Problem, für dass es eine durchaus simple Lösung gab, die Sakura nicht umzusetzen gewillt war: Ihn suchen gehen. Diesen Morgen war sie aufgewacht und hatte sich gefragt, ernsthaft gefragt, ob sie die letzte Woche vielleicht einfach nur geträumt hatte. Das würde auch erklären, wieso sie sich die ganze Zeit müde und ausgelaugt fühlte. Nun, dies rührte vermutlich eher davon, dass sie die letzten drei Tage tatsächlich nichts anderes getan hatte, als im Bett zu lesen und zu schlafen. Ihre Gelenke waren steif, als sie sich aufrichtete und streckte. Wenn ihr Magen nicht so knurren und schmerzen würde, würde sie das Bett auch jetzt noch nicht verlassen, aber sie musste etwas essen. Sie erwischte sich selbst dabei, wie sie auf ihren Zehenspitzen durch das Anwesen schlich, als fürchtete sie, Sasuke könnte sie hören und überraschen – als würde das jemals passieren. Da war es wahrscheinlicher, dass sie mit zu lautem Getrampel die Ruhe der hier Verstorbenen störte. Bei dem Gedanken schämte sie sich etwas, sodass sie kurz innehielt. Sie benahm sich wirklich albern. Seufzend setzte sie ganz mit ihren Füßen auf und lief normal und tatsächlich machte es keinen Unterschied: Die Küche war wie immer wie ausgestorben. Der Reis und auch alles andere, was sie die letzten Tage für Sasuke mitgekocht hatte, war verschwunden, was ihre Theorie, er könnte abgehauen sein, widerlegte, aber gesehen hatte sie ihn dabei nie. Mittlerweile war es so schlimm geworden, dass sie sich etwas zu essen machte und damit zurück auf ihr Zimmer verschwand. Während der Reis langsam vor sich hin köchelte, schnitt Sakura sich irgendwelche zufällig ausgewählten Zutaten zusammen und summte ein unbestimmtes Lied. Der Morgen vor dem Küchenfenster war genauso trüb und trostlos, wie die vergangenen Tage und es schien, als würde sich das Wetter der Stimmung im Anwesen der Uchihas anpassen. Es würde sie nicht wundern, wenn es morgen schneien würde. »Guten Morgen.« Sakura rechnete es sich hoch an, dass sie nicht laut aufschrie, aber ein heftiges Zucken konnte sie sich dieses Mal nicht verkneifen. Sasuke hatte sie kalt erwischt. Als sie sich umdrehte, zuckte sie beinahe noch einmal zusammen. Tiefe und dunkle Schatten lagen unter seinen Augen, als hätte er seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Erkenntnis brannte in ihr auf wie eine grelle Stichflamme und prompt fühlte Sakura sich noch schlimmer. Sie konnte es sich nicht einmal im Ansatz vorstellen, wie es war, wieder in dem Haus zu sein, in dem man seine eigenen leblosen Eltern vorgefunden hatte. Gewiss waren es ihre Geister, die ihn des Nachts wach hielten und bestimmt auch der Grund dafür, weshalb er sich immer mehr zurück zog. Und sie dusselige Kuh hatte gedacht, er könnte einfach nur ihr aus dem Weg gehen wollen. »Guten Morgen«, antwortete sie zögerlich und schaute sich hektisch um, »möchtest du etwas essen? Ich habe Reis für dich mitgekocht. Also... er ist noch nicht fertig, aber gleich und wenn du willst, kann ich-«, stammelte sie durcheinander, doch sie wurde von Sasuke unterbrochen. »Ich weiß. Du hast immer für mich mitgekocht... Danke.« Er betrachtete sie mit einer Intensität, die ihr schwindelig werden ließ, weshalb sie sich umdrehte und etwas zu schneiden suchte, um sich von seinem glühenden Blick abzulenken. Die verheilte Haut ihrer Wangen war gewiss dunkelrot. »Möchtest du irgendetwas bestimmtes?«, erkundigte sie sich, ohne sich umzudrehen. Der Reis war fast fertig, was bedeutete, dass sie ihm nicht mehr viel länger ausweichen konnte. Es bereitete ihr beinahe Angst, sich ihm gegenüber setzen zu müssen, ohne Naruto, der diese seltsame Stimmung zwischen ihnen überbrücken konnte. »Nein.« Er kam ihr aber auch wirklich keinen Millimeter entgegen. Mit leicht zitternden Fingern stellte sie Schüssel um Schüssel auf den Tisch, reichte Sasuke seine Stäbchen und zog anschließend den Stuhl zurück, auf dem sie Platz nahm. Kurz hatte sie überlegt, einfach mit ihrem Essen auf ihr Zimmer zu verschwinden, aber dann war der brüchige, seltsame Frieden zwischen ihnen endgültig dahin. Sie musste das hier jetzt durchziehen, wenn sie nicht wochenlang in seinem Haus vor ihm flüchten wollte. »Danke«, murmelte er noch einmal, ehe er sich stumm seinem Essen widmete. Vielleicht war es besser, einfach zu schweigen. Vielleicht war es einfacher, nichts miteinander zu reden, als ständig diese erbärmlichen Konversationsversuche zu unternehmen. Vielleicht sollte sie lernen, das Schweigen mit Sasuke nicht als so bedrohlich zu empfinden, wie sie es tat. Vielleicht konnte sie irgendwann genauso gut mit ihm schweigen, wie mit Naruto. Bei dem Gedanken entwich ihr ein leichtes Schnauben durch die Nase, was Sasuke zwar aufblicken ließ, ihn jedoch nicht dazu veranlasste, das Schweigen zu brechen. Seine tiefschwarzen Augen betrachteten sie mit einer Ruhe, die ihr unangenehm war. Gut, eigentlich war es ihr schon immer unangenehm, wenn er sie angeschaut hatte, egal auf welche Art. Sie fühlte sich seltsam entblößt unter seinem Blick, emotional nackt, als könnte er ihr jeden Gedanken von der Stirn ablesen. »Was hast du die letzten Tage so gemacht?« Du dumme, dumme Nuss. Er hob eine Augenbraue, als wollte er sie fragen, ob sie das Ernst meinte und ausnahmsweise musste sie ihm Recht geben. Das war eine wirklich komische Frage. »Nichts«, antwortete er ihr höflicherweise trotzdem, »du auch nicht, nehme ich an.« Damit erklärte er das Gespräch für beendet und aß weiter. Den Rest des Frühstücks verbrachten beide schweigend und erst als Sakura anfing, das benutzte Geschirr zu spülen, ergriff Sasuke – zu ihrem Erstaunen – erneut das Wort. »Wenn du willst, kannst du ruhig zum Frühlingsfest gehen. Du musst es nicht meinetwegen verpassen«, eröffnete er ihr, was sie verwundert aufschauen ließ. »Das hast du gehört?« »Hn.« Sie begegnete seinem Blick, in dem eine Emotion lag, die sie nicht deuten konnte. Vielleicht war es auch gar keine Emotion. Vielleicht war es einfach nur endlose Leere. Sie versuchte sich an einem Lachen, aber selbst in ihren eigenen Ohren klang es freudlos. »Wie soll ich das denn anstellen?« Sie fasste sich betont an den Kopf. Mit ihren rosanen Haaren stach sie aus der Menge hervor wie eine hell brennende Fackel. Und wenn sie mit einem Umhang herum laufen würde, wäre das nur noch auffälliger, zwischen all den hübschen und ausgefallenen Kimonos. »Naruto ist einfach... naja, Naruto. Er meint es nur lieb, aber für mich gibt es da keinen Spielraum und das ist auch okay so«, fügte sie hinzu, denn sie wollte nicht, dass es sich so anhörte, als würde sie ihm dafür irgendwie Schuld geben. »Du musst ja nicht mitten in die Menge gehen. Du könntest es dir vom Rand aus ansehen«, schlug er erstaunlich hartnäckig vor und Sakura fragte sich, was ihm wohl durch den Kopf ging. »Schon okay, wirklich. Es gibt auch noch ein nächstes Kirschblütenfest.« Darauf antwortete Sasuke nichts mehr, er starrte sie einfach nur an. »Kakashi kommt morgen vorbei, redet kurz mit mir und nimmt eine Liste für Lebensmittel mit. Möchtest du etwas bestimmtes?«, lenkte sie ab und stellte dabei fest, dass sie selbst Kakashis Besuch bis gerade komplett vergessen hatte. »Tomaten.« Damit wandte er sich ab, blieb kurz im Türrahmen stehen und verschwand dann ohne ein weiteres Wort gänzlich. Ein kleines Lächeln stahl sich auf Sakuras Lippen. Sie hatten ein ansatzweise normales Gespräch geführt. Sasuke Er fühlte sich gefangen in seinem Zimmer, nur deswegen hatte er es überhaupt verlassen. Das redete er sich zumindest ein. Mit Sakura zu reden hatte ihm gut getan, wenn er ehrlich war. Sie war so ganz anders als früher und doch auch irgendwie immer noch genau die Gleiche. Es störte ihn, dass sie seinetwegen auf das Fest verzichten musste, welches genauso gut nur für sie stattfinden könnte. Wieso er ihr und Naruto gelauscht hatte, wusste er selbst nicht so genau und auch nicht, wieso er nun versucht hatte, sie doch dazu zu bewegen, dorthin zu gehen. Seine Bettlaken waren kalt, als er sich darauf sinken ließ, ein erschreckender Kontrast zur Wärme ihrer Haut, ihrer Wärme, die ihm seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Das und dass sie ihm gegenüber bei weitem nicht mehr so aufgeschlossen war, wie früher. Er hatte sie stets als nervig empfunden und ihr das auch so gesagt, aber jetzt, wo Sakura weniger überschwänglich war, schien es ihn irgendwie auch zu stören. Eigentlich war es ein Wunder, dass sie überhaupt noch mit ihm redete, immerhin hatte er zweimal versucht, sie umzubringen. Ernsthaft versucht. Wenn Kakashi und Naruto nicht jeweils eingegriffen hätten, hätte er es wirklich getan. Sakura wäre ohne die beiden jetzt nicht mehr. Wieder dieses seltsame Stechen in seiner Brust. Nachdenklich rieb er sich die schmerzende Stelle. Bis jetzt war er diesen Gedanken immer aus dem Weg gegangen, hatte sie verdrängt, sich auf andere Dinge konzentriert. Aber hier, in diesem verfluchten Anwesen, ohne die Möglichkeit zu fliehen, gab es keine Beschäftigung und keinen Weg, um sich davon abzulenken. Sasuke versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, wenn er heute nicht mit ihr über zukünftige Ereignisse hätte reden können, weil es in ihrem Leben keine zukünftigen Ereignisse mehr gegeben hätte. Und er wäre daran Schuld gewesen. Hatte er sich eigentlich jemals bei ihr entschuldigt? Ja, im Tal des Endes, aber zählte das? Irgendwo in diesem riesigen Anwesen, in dem Sakura die letzten Tage ausschließlich herum geschlichen war, konnte er sie laut und schief singen hören. In seinen Ohren klang ihr schräger Gesang wie eine Absolution. Sakura Ihre gute Laune hielt auch bis über das Abendessen hinaus, welches sie zum ersten Mal seit Tagen wieder mit Naruto und Sasuke gemeinsam verbrachte. Sie ließ sich die Nudelsuppe, die Naruto mitgebracht hatte, ordentlich schmecken und redete und lachte so viel, wie seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr. Manchmal erwischte sie Sasuke bei einem flüchtigen Lächeln, welches stets so schnell verschwand, dass es auch nur ihre Einbildung hätte sein können. Aber daran wollte sie nicht glauben. Sie wollte, dass er lächelte, dass es ihm gut ging, zumindest manchmal und im Rahmen seiner Möglichkeiten. Als Naruto sich verabschiedete, war es bereits lange dunkel. So lange blieb er für gewöhnlich nicht, aber die Zeit war einfach so vergangen, ohne dass einer von ihnen es gemerkt hätte. Sogar Sasuke war geblieben, nachdem er mit dem Essen fertig war und hatte sich hin und wieder an der Konversation beteiligt. Sakura musste feststellen, dass Sasuke auch jetzt noch nicht auf sein Zimmer verschwunden war. Er stand im Flur neben der Tür zur Küche und schien auf sie zu warten. An diesem Tag benahm er sich wahrlich schräg. »Wollen wir noch ein wenig reden?«, fragte er zu ihrem vollsten Erstaunen. Er überrumpelte sie damit so sehr, dass sie zunächst stotterte, wie ein Trottel. »Klar, gerne«, brachte sie schließlich heraus und folgte Sasuke ins Wohnzimmer. Bisher war sie nur ein einziges Mal hier drin gewesen und das war in den ersten Tagen bei ihrem Anflug von Putzwahn. Es war schlicht, wie fast alles an dem Anwesen und voller Bücherregale. Die Sitzmöglichkeiten waren teilweise sehr alt und hustete noch immer etwas Staub, wenn man sich auf ihnen niederließ, trotz dass Sakura sie ausgeklopft hatte. Im Kamin lagen noch die Holzscheite, die sie ordentlich hinein gestapelt hatte. Eine gute Gelegenheit, um sie zu entzünden, beschloss sie, sodass sie nach einem kleinen Schächtelchen mit Streichhölzern griff. Bevor sie es aber auch nur selbst versuchen konnte, hatte Sasuke bereits ein Feuer entzündet, auf seinen Lippen so etwas wie ein arrogantes Grinsen. Für eine Sekunde sah er aus, als wäre er immer noch zwölf. »Angeber«, frotzelte sie lächelnd. Für ihn war ein Feuer zu erschaffen so einfach wie atmen. Plötzlich wurde sie sich seiner Nähe bewusst. Wenn er nur wenige Zentimeter näher kam, würde sie seinen Atem in ihrem Gesicht spüren. Es war ihr unmöglich, zu verhindern, rot anzulaufen und so musste sie ein stummes Gebet an die Götter schicken, dass er es in dem dämmrigen Licht des prasselnden Feuers nicht erkennen konnte. Sasuke Es wäre ganz einfach. Er müsste sich nur etwas vor lehnen, um ihre Stirn mit seiner zu Berühren. Im Schein des Kaminfeuers glänzten ihre Lippen. Er wollte nicht daran denken, wollte sich davon lösen, aber ihr beinahe panischer Blick, gleich der eines Rehs, hielt ihn fest an Ort und Stelle. Das alles hatte keinen Sinn. Er musste es wissen, brauchte Gewissheit. Und er musste es aus ihrem Mund hören. »Wieso machst du das hier für mich?« Er hatte ihr diese Frage schon öfter gestellt, doch war sie ihm jedes Mal ausgewichen und jedes Mal hatte danach dieses unerträglich frostige Schweigen zwischen ihnen gehangen wie ein Schneesturm. Auch dieses Mal wich sie zurück und Schmerz flimmerte in ihren funkelnden jadegrünen Augen auf. Wie instinktiv folgte er ihre Bewegung. Er wollte sie am Arm greifen und festhalten, sie daran hindern, schon wieder vor ihm davon zu laufen und ihm seine Antworten zu verwehren. Nur mit größter Mühe konnte er sich daran hindern, denn sie zu festzuhalten könnte seiner Sache eher weniger gut dienen. »Wieso fragst du mich das immer wieder?«, hauchte sie traurig und wandte ihren Blick ab. Er wollte sie anschreien, so sehr. »Sag es«, forderte er stattdessen ruhig. »Wenn du es weißt, dann muss ich es ja nicht mehr sagen!« »Sag es.« Er war erbärmlich, einfach nur erbärmlich. Flehte fast, als musste er von ihr gerettet werden. Vielleicht war es auch so. Einige Minuten (waren es Minuten?) schwieg sie beharrlich. »Ich kann nicht.« Eine ihm nur zu bekannte Kälte durchzog ihn bis in die Fingerspitzen seines heilen Arms. Da hatte er seine Antwort auf eine Frage, von der er selbst nicht gewusst hatte, dass er sie beantwortet wissen wollte. Sie war eine andere geworden. Wegen ihm. Er war der Grund, weshalb sie so verschlossen war. »Es tut mir Leid.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)