Adventskalender Haikyuu!! 2023 von Scharon ================================================================================ Kapitel 10: Oikawa ------------------ Mit einem tiefen Seufzen lasse ich die Schultern etwas tiefer sinken, während ich das Geländer, auf dem ich sitze mit beiden Händen umklammere, um meine Haltung zu festigen. Auf mein geschientes Bein kann ich mich nicht stützen, doch ich spüre auch, wie müde meine Arme bereits davon sind, mein Körpergewicht die ganze Zeit zu tragen. Ich habe keine Lust mehr. Wirklich nicht. Iwa kommt zu mir zurück und reicht mir eine Dose Kakao aus dem Getränkeautomaten auf den anderen Straßenseite. „Danke“, hauche ich mit gebrochener Stimme und ziehe nochmal die Nase hoch. Meine Augen jucken und fühlen sich noch geschwollen an. Es ist verdammt lange her, dass ich meinen Gefühlen derart freien Lauf gelassen habe. Ich habe bestimmt 10 Minuten durch geweint. Iwa setzt sich neben mich und öffnet seine Dose mit einem leisen Zischen. Er hat nichts zu meinen Tränen gesagt und schweigt auch weiterhin, doch seine Stimme zu hören als ich in seinen Armen gelegen hatte, war wirklich Trost spendend gewesen. Zu hören und zu spüren, dass er da ist, bedeutet mir sehr viel. Dennoch sind die Zweifel so riesig, dass sie mich erdrücken. „Was, wenn ich nie wieder Volleyball spielen kann?“ Ich fahre mit den Daumen über den Rand der Dose, sehe ziellos Richtung Boden, während ich meine größte Sorge ausspreche. Ein Leben ohne Volleyball kann ich mir einfach nicht vorstellen. Ich liebe es. Ich liebe, wie sich der Ball an meinen Händen anfühlt, den Klang, wenn er gegen die Handfläche schlägt, wie meine Teamkameraden jubeln und sich ihre Arme über meine Schultern werfen. Ich will nicht, dass das alles vorbei ist. Schweigen steht zwischen uns und ich presse die Lippen zusammen, habe keine Lust gleich nochmal in Tränen auszubrechen. Ich bin so müde... „Dann werde doch Coach.“ Ich drehe den Kopf zu Iwa, sehe ihn mit großen Augen an, während er in den Himmel aufschaut und blinzelt. „Es wäre doch echt zu schade, wenn du ganz aufhörst. Dafür hast du dir zu viel erarbeitet.“ „Coach?“ Meine Stimme wackelt ungläubig. Damit habe ich nicht gerechnet und auch noch nie daran gedacht, dass dies eine Option sein könnte. „Ja, wieso nicht?“ Iwa zuckt mit den Schultern und sieht zu mir rüber. „Ich will Sport studieren und dann Coach werden.“ Ich blinzele ihn an. „Und dann werde ich dein Coach und wir reisen zusammen durch die Welt.“ Das verträumte Lächeln, was sich auf Iwa-Chans Lippen formt, läuft mir noch wärmer den Rücken hinunter als seine wunderschönen Worte. Er baut seine Zukunft auf mir... mit mir auf? „Ich glaube nicht, dass du nicht wieder gesund wirst und dann Profi wirst. Aber für den unwahrscheinlichen Fall... dann werden wir eben beide Coaches und führen unsere Schützlinge zum Sieg.“ Er grinst und mein Herz schlägt schneller. „Das ist doch so als würde man selbst gewinnen.“ Seine türkisfarbenen Augen ruhen auf mir und ich schließe den Mund, bemerke jetzt erst, dass er offen gestanden hatte. „Beide...“, wiederhole ich seine Worte, die nur langsam in meinem Kopf ankommen. „Ja.“ Er nickt lächelnd. „Wir beide gemeinsam.“ Es ist so warm in meiner Brust. „Egal, wie diese Geschichte ausgeht, wir bleiben zusammen.“ Wow... „Auch wenn du irgendwann dann mal eine Frau heiratest...“ Er wendet den Blick mit roten Wangen ab und ich keuche erstaunt auf. „Und vielleicht mal Kinder bekommst. Ich bleibe dein Coach, bleibe... immer an deiner Seite.“ Ein zartes Lächeln legt sich auf meine Lippen als ich mal wieder erkenne, was ich eigentlich wirklich will. „Weißt du, Iwa-Chan...“ Ich lasse meine Hand zu seiner wandern und lege sie dann behutsam auf seinen Handrücken, was seinen Blick zu mir zurück springen lässt. „Solange du bei mir bist, will ich...“ Mehr. Ich schließe meine Finger um seine und seine Augen werden groß. „...ich will nur dich.“ Iwa atmet aus, senkt dann den Blick. „Sei nicht albern...“ „Bin ich nicht.“ Ich schüttele den Kopf und er sieht wieder zu mir auf. Langsam neige ich mich zu ihm rüber. Je näher ich ihm komme, umso deutlicher spannt sich seine Haltung an. Da ist etwas, ich kann es deutlich spüren, das habe ich schon immer gespürt. Und ich denke, es ist Zeit... Uns trennen Zentimeter, Millimeter bis sich unsere Lippen berühren würden. „Du gehst zu weit.“ Ich spüre Iwas Atem auf meinen Lippen als ich die Augen öffne und ihn erstaunt ansehe. Sein Blick ist gen Boden gerichtet. Auch wenn er nicht zurückweicht, so kommt er mir auch nicht entgegen. Was hat das zu bedeuten? Mein Handy klingelt und ich schrecke so heftig zusammen, dass es einen physischen Schmerz durch meine Brust jagt. Ich blinzel ihn ein paar mal an, bis er sich zurücklehnt und in Richtung meiner Hosentasche sieht. „Geh schon ran“, fordert er mich auf und ich setze mich wieder aufrecht hin, angle hektisch nach dem melodischen Geräusch. Verdammt. „Ja?“ Ich drücke mein Handy mit beiden Händen gegen mein Ohr. Ich höre aufmerksam zu, während mein Körper immer mehr erstarrt. „Oikawa?“ Mechanisch drehe ich den Kopf zu Iwa. „Es ist mein behandelnder Arzt... Das Ergebnis liegt vor...“ Iwa springt auf. „Können wir hin?“ Ich nicke. „Alles klar.“ Er geht zum Straßenrand und ruft uns ein Taxi, während ich mich vor Angst nicht rühren kann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)