Love against all Reason von Ukiyo1 (Liebe gegen jede Vernunft) ================================================================================ Kapitel 38: Kapitel 38 ---------------------- Mimi Ich weiß nicht, was mich mehr freut. Die Tatsache, dass ich zwei Wochen mit Tai verbringen darf – ich meine, holy shit, zwei Wochen mit Tai alleine – oder, dass ich diese furchtbare Familie zumindest kurzzeitig los bin. Raus aus der Villa, raus aus dem goldenen Käfig, weg von Dr. Kido und seiner vergifteten Aura. Oh Gott, ich bin so aufgeregt. „Tai“, rufe ich und laufe auf ihn zu wie ein kleines Kind auf sein Lieblingsspielzeug. Er steht am Bahnhof, eine Reisetasche über der Schulter hängend und dreht sich um, als er meine Stimme hört. Sofort erhellt sich sein Gesicht. „Mimi!“ Ich falle ihm in die Arme und renne ihn dabei fast um. Tai lacht, während ich ihn beinahe erdrücke. „Endlich“, flüstere ich, weil ich ihn so vermisst habe. Ich vermisse ihn immer, wenn er nicht bei mir ist. Endlich kann ich ganze zwei Wochen mit ihm zusammen sein. Mit ihm und den … „Herr Yagami, hier sind wir“, höre ich es rufen. Ich lasse Tai los und sehe mich suchend um. Oh, ach ja. Da war ja was. Kinder. Und nicht zu wenige davon. Eine ganze Meute kommt auf uns zugeströmt, begleitet von einem Mann, den ich nicht kenne. Ist das auch ein Trainer? „Man, das sind aber viele Kinder“, sage ich. Ich kann sie gar nicht alle zählen. „Ist deine Schuld. Du hast zu gut Werbung für mein Camp gemacht“, sagt Tai, hat jedoch ein Lächeln auf den Lippen. Ich grinse und verschränke die Arme vor der Brust. „Ach komm, du magst es doch.“ Tai rollt lachend mit den Augen und begrüßt alle Kinder herzlich, als auch schon ein kleiner Junge auf mich zugestürmt kommt und mich umarmt. „Mimi, hallo.“ „Yuto“, sage ich begeistert und drücke ihn an mich. „Wie schön, dass du auch gekommen bist.“ Der kleine Junge, der sich seit unserer letzten Begegnung kaum verändert hat, sieht freudestrahlend zu mir auf. „Ja, Mama und Papa haben es erlaubt. Ich bin ja so aufgeregt.“ Ich lache. „Das glaube ich. Bist du denn schon mal in Hinohara gewesen?“ Er schüttelt den Kopf. „Nein, noch nie.“ „Ich auch nicht, da haben wir etwas gemeinsam.“ Ich zwinkere ihm zu, als Tai mir eine Hand auf die Schulter legt und auf den Mann deutet, der die Kinder mitgebracht hat. „Mimi, ich möchte dir Davis vorstellen. Davis, das ist Mimi. Sie ist … eine Freundin.“ „Hallo, ich bin Davis.“ Der Mann, der definitiv jünger ist als Tai, reicht mir die Hand. Er hat dunkelbraune Haare und ein schiefes Grinsen auf den Lippen. „Hi, ich bin Mimi. Freut mich.“ „Davis ist ein Freund von Yolei, die Freundin, von der ich dir erzählt habe“, erklärt Tai und sofort macht es Klick. Yolei, unsere Komplizin. „Jetzt freut es mich umso mehr“, sage ich. „Und mich erst“, grinst Davis breit. „Wäre cool, wenn Tai jedes Jahr so eine attraktive Frau mit ins Camp bringen würde. Bist du single?“ Tai schnalzt mit der Zunge. „Nein.“ Okay, das kam wie aus der Pistole geschossen. Süß, wie er sein Revier markieren möchte. Aber ich kann mich auch ganz gut allein verteidigen. „Nein, ich bin schon vergeben und ich komme auch nicht zum Vergnügen mit, sondern, um euch zu unterstützen. So, wie es aussieht, habt ihr weibliche Hilfe dringend nötig“, sage ich und deute auf die Meute vor uns, die inzwischen in lautes Singen verfallen ist. Davis kratzt sich am Hinterkopf. „Da könntest du recht haben. Man kann sie kaum bändigen. Aber es waren diesmal auch viel zu viele Anmeldungen.“ Ach was, sag bloß. „Und deshalb habe ich Mimi mitgebracht“, grinst Tai zufrieden und legt einen Arm um meine Schultern. Ich nicke, dann klatsche ich in die Hände, was die Aufmerksamkeit der Kinder erregt. Abwartend schauen sie zu mir auf. „Okay, Kids, ich bin Mimi und ich möchte, dass sich jetzt jeder von euch einen Partner sucht. Dann steigen wir zu zweit in den Bus ein, der an Gleis 5 auf uns wartet. Ich will kein Gedrängel, ich will kein Geschubse. Ihr schnallt euch an und wer noch mal zur Toilette muss, der erledigt das jetzt und nicht während der Fahrt. Alles klar?“ „Ja, Mimi“, kommt es von den Kindern im Chor und sofort sucht sich jeder einen Partner. „Wow“, meint Davis anerkennend, während wir alle zum Bus gehen. „Die hat die ja ziemlich gut im Griff. Ich steh auf Dominanz.“ Tai boxt ihn in die Seite, nicht gerade unsanft und Davis heult auf, während ich mir das Lachen verkneifen muss. Der Ausflug könnte ziemlich lustig werden. Wir fahren nur eine Stunde bis Hinohara und wer direkt aus der City kommt, der hätte nicht gedacht, dass nur wenige Kilometer von der Großstadt entfernt, so ein kleines, unscheinbares Dorf, umringt von dichten Wäldern, liegt. Ich selbst war noch nie hier, aber die Berglandschaft ist wunderschön und das kleine Dorf ganz entzückend, zumindest das, was ich bis jetzt davon gesehen habe. Tai hat mir erzählt, dass sie jedes Jahr hierher fahren, da sie das Camp immer im Sommer veranstalten und die frische Bergluft genau das Richtige für ausgiebiges Fußballtraining ist. Von der Bushaltestelle müssen wir ungefähr noch eine halbe Stunde zu Fuß zurücklegen, bis wir auf einem Hügel ankommen. Dort checken wir mit den 30 Kindern in einer Jugendherberge ein. Da sowohl Jungs, als auch Mädchen mitgekommen sind, müssen wir die Zimmer aufteilen und auch wir beziehen unsere Zimmer. Ich finde es ein bisschen blöd, dass ich nicht mit zu Tai ins Zimmer kann, der wird nämlich mit Davis das Bett teilen. Aber es sollte nichts dagegen sprechen, dass Tai sich die ein oder andere Nacht zu mir rüber schleicht. Oh Gott, wie zwei Teenies, die nicht erwischt werden dürfen. Da werde ich ja glatt rot. „Was grinst du denn so?“, will Tai wissen, als wir uns unten auf dem angrenzenden Sportplatz treffen. Wir haben uns alle Sportkleidung angezogen, weil das Training direkt startet. Ich habe eine Menge Trikots auf dem Arm und halte sie mir vors Gesicht. „Tue ich gar nicht.“ „Doch, wie ein Honigkuchenpferd“, grinst Tai und pustet in seine Trillerpfeife. Die Kinder, die bis eben noch wild über den Platz getobt sind, kommen nun angerannt. „Hört mal her, Mimi hat hier für jeden von euch ein Trikot. Das dürft ihr natürlich behalten und am Ende des Camps mit nach Hause nehmen.“ Die Kinder jubeln und stürzen sich förmlich auf die Trikots als wären es Süßigkeiten. Danach beginnt Davis mit einem Aufwärmspiel und Tai zeigt ihnen im Anschluss, wie man trippelt. Sie gehen noch mal die Regeln durch und wählen dann die Teams. Weil es so viele Kinder sind, müssen einige zunächst auf der Bank sitzen und zugucken, aber das macht ihnen nichts aus, sie feuern ihre Mitstreiter tatkräftig an. Ich schieße zwischendurch immer mal ein paar Fotos. Ich muss sagen, dass es mir richtig Freude bereitet, den Kindern beim Spielen zuzusehen. Sie sind so glücklich, so ausgelassen, das muss für sie ein absolutes Highlight sein. Mitten im Spiel vibriert mein Handy. Eine Nachricht von Joe. „Hey, seid ihr gut angekommen? Wie ist es in Hinohara?“ Schnell tippe ich eine Antwort ein. „Sind wir! Es ist wunderschön hier, ganz viel Natur und frische Luft. Ich freue mich, dass ich die Kinder hier begleiten darf. Sie haben alle so viel Spaß.“ Ich hänge noch ein Foto an und warte auf eine Reaktion, die prompt folgt. Vermutlich hat Joe gerade Pause. „Das freut mich und ich hoffe, die Kinder haben eine tolle Zeit. Mit dir an ihrer Seite ganz bestimmt. Ich vermisse dich jetzt schon.“ Puh. Verdammt, warum ist er nur so verknallt in mich? Er macht es mir nicht leicht. Ich beiße mir auf die Unterlippe, während meine Finger unschlüssig über der Tastatur schweben. Zum Glück schickt er noch eine Nachricht hinterher: „Ich muss jetzt weiter arbeiten, aber ich würde mich freuen, wenn wir jeden Abend telefonieren könnten. Damit du mich nicht vergisst ;-)“ Oh Joe, als könnte ich dich jemals vergessen. Deine Liebe hängt wie ein verfluchtes Damoklesschwert über mir. „Natürlich können wir telefonieren“, tippe ich schnell ein. Dann wünsche ich ihm noch viel Erfolg bei der Arbeit und packe das Handy weg. Ich hasse das schlechte Gewissen, was ich ihm gegenüber habe. Ich kann nur hoffen, dass Tai und ich bald etwas finden, dass die Spur zu Nanami keine Einbahnstraße ist. Dann können wir Joe endlich die Wahrheit sagen. Nach dem Fußballtraining lassen wir die Kinder ein wenig die Gegend erkunden. Im Dorf gibt es einen kleinen Laden und einige wollen schon jetzt eine Postkarte für ihre Eltern kaufen. Inzwischen ist es Nachmittag und die Kinder spielen auf dem Platz, während ich mit Davis auf einer Bank sitze und ihnen dabei zusehe. Tai ist vorhin verschwunden, er wollte sich wohl umziehen. „Also, Mimi“, sagt Davis und klingt dabei so verheißungsvoll, als würde er gleich ein Geheimnis erfahren. „Mit wem bist du zusammen? Wer ist dein Freund?“ So, er ist also neugierig. „Sagt dir der Name Kido etwas?“ Irgendwie erwarte ich, dass es bei Davis Klick macht und er erst jetzt mein Gesicht aus der Presse wieder erkennt, doch er sieht mich nur dümmlich an. „Kido?“ Ich nicke. „Ja, sag bloß, du hast noch nie von ihnen gehört.“ „Sollte ich? Sind das Promis?“ Lebst du hinterm Mond, Davis? „So was in der Art. Ihnen gehören 5 Krankenhäuser und … ach, egal. Ich bin mit ihrem jüngsten Sohn, Joe, verlobt.“ „Arbeitet Tai nicht für seinen Freund, Joe? Meinst du den?“ Ich schnippe mit den Fingern. „Du hast es erfasst.“ Davis‘ Interesse ist anscheinend geweckt, denn er zückt sofort sein Smartphone und googelt ihn. Dann zieht er eine Augenbraue in die Höhe, während er zweifelnd auf das Display starrt. „Auf so einen Typ Mann stehst du also? Hätte ich nicht gedacht. Na, da kann ich ja lange darauf warten, dass ich bei dir landen kann. Ich bin viel zu cool für dich.“ Ich kichere. „Das bist du wohl.“ Ich zwinkere ihm zu, während er einen Schmollmund zieht, was ein wenig süß ist. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Tai über den Platz auf uns zukommt. Er hat einen Rucksack auf dem Rücken und Kleidung an, die doch stark nach Wanderung aussieht. „Wo willst du denn hin?“, fragt Davis, stöhnt jedoch gleich darauf laut auf. „Oh nein, sag nicht, du willst schon wieder wandern gehen? Das macht er immer, wenn er hier ist“, erklärt er mir mit vorgehaltener Hand. Wandern? Echt jetzt? „Ich muss in Form bleiben und das Training mit den Kids lastet mich nun mal nicht richtig aus.“ Davis rollt mit den Augen, während Tai mich ansieht. „Mimi, möchtest du mitkommen?“ Ich runzle die Stirn. „Ich denke, ich bin schon ganz gut in Form. Und Wandern ist nicht wirklich mein Ding.“ Neben mir lacht Davis. Tai grinst jedoch nur, umgreift mit den Händen beide Träger seines Rucksacks und legt dann den Kopf in den Nacken. „Bist du dir sicher? Es gibt da ein paar wirklich schöne Plätze, die du unbedingt gesehen haben solltest.“ Fragend sehe ich ihn an. Halt. Warte mal. Will er etwa … Tai Wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich sagen, Mimi steht gerade auf dem Schlauch. Herr Gott, kann sie keine Zeichen deuten? Als ob ich NUR mit ihr wandern gehen möchte … „Oh …“, macht sie plötzlich und sieht mich mit großen Augen an. „OH!“ „Was soll das heißen: oh?“ Davis ist sichtlich verwirrt, während es bei Mimi offenbar Klick gemacht hat und sie von ihrem Platz auf der Bank aufspringt. „Das soll heißen, dass ich doch Lust habe zu wandern.“ „Was? Jetzt plötzlich? Eben fandest du es doch noch blöd.“ Davis zieht verwirrt eine Augenbraue in die Höhe, dabei ist Mimi schon fast auf und davon. „Ich hole meinen Rucksack. Bin gleich zurück“, ruft sie mir zu und ist schon verschwunden. Ich grinse zufrieden. „Wollt ihr mich jetzt etwa mit den 30 Kindern allein lassen?“, beschwert sich Davis sichtlich genervt und ich zucke mit den Schultern. „Wir sind ja nicht ewig weg, wir gehen nicht weit. Nenn es von mir aus nicht wandern, sondern einen großen Spaziergang. Die Kids sind doch alle ganz brav. Und wenn du Hilfe brauchst, ist auch noch die Mitarbeiterin der Jugendherberge da.“ „Ja, klar“, brummt Davis und sieht not amused aus. „Ach, komm schon“, sage ich und wuschle ihm durch die Haare, weil ich weiß, dass er das hasst. „Beim nächsten Mal nehme ich dich mit und Mimi muss hier bleiben?“ „Pah!“, macht er und schlägt meine Hand weg. „Als ob ich wandern gehen würde. Eher fällt mir ein Bein ab.“ Ich lache auf. Er ist wirklich ein komischer Typ „Aber zum Abendessen seid ihr wieder da!“ „Selbstverständlich, Mama.“ „Ich bin soweit“, höre ich Mimi hinter mir rufen. Ich drehe mich um, da kommt sie auch schon mit einem Rucksack auf dem Rücken angelaufen. Wow, das ging schnell. „Wir sehen uns später“, sage ich zum Abschied und gehe zu Mimi. Ich muss den Drang unterdrücken ihre Hand zu nehmen und sie an mich zu ziehen. Stattdessen gehen wir als platonische Freunde vom Platz, erst, als wir außer Sichtweite sind, bleibe ich kurz stehen und küsse sie. „Man, das hat ja vielleicht gedauert“, scherze ich und sie verzieht das Gesicht. „Das nächste Mal musst du dich einfach etwas klarer ausdrücken.“ „Hast recht. Ich sag einfach: Davis, Kumpel, Mimi und ich wollen im Wald miteinander rum machen. Du hast doch nichts dagegen, wenn wir mal kurz verschwinden?“ Mimi beginnt zu glucksen und wird rot. „Oh man, das wird definitiv ein First für mich“, sagt sie und wird doch glatt ganz hippelig. Süß. „Ich hab noch nie im Wald rumgemacht.“ „Ich unterstelle dir jetzt einfach mal, dass du auch noch nie im Wald wandern warst“, lache ich und gehe voraus. „Warte mal.“ Mimi läuft mir nach. „Steht wandern jetzt eigentlich für Sex?“ Ich zucke mit den Schultern. „Oder es steht einfach für wandern. Das musst du wohl selbst herausfinden.“ Ich höre sie hinter mir schnaufen, was ich ziemlich witzig finde. Es gefällt mir, sie ein wenig schmoren zu lassen, dabei würde ich sie am liebsten direkt hinter den nächsten Baum ziehen. Aber vorher … … wandern wir. Und zwar eine Stunde lang. Mimi ist schon sichtlich genervt und fragt andauernd, ob wir schon da sind. Dabei habe ich ihr schon mehrmals erklärt, dass es kein „Da“ gibt und der Weg das Ziel ist. Scheint sie wohl nicht zufrieden zu stellen, diese Antwort. Die Wälder von Hinohara sind wunderschön, trotzdem verirrt sich nur selten jemand hierhin. Ich genieße diese Ruhe und die frische Luft einfach. Und ich kenne mich hier inzwischen bestens aus, ganz im Gegensatz zu Mimi. „Sally hat irgendwann mal ihren Geburtstag auf dem Anwesen ihrer Großeltern in der Nähe von New York gefeiert“, erzählt sie mir, während wir immer weiter bergauf laufen. „Auf dem Anwesen war ein Labyrinth. So ganz klassisch, mit großen Hecken. Und irgendwie fand sie es wohl lustig, uns alle sturzbetrunken da rein zu jagen. Genauso fühle ich mich gerade.“ „Betrunken?“, schmunzle ich, während ich ein paar Steine hoch steige, mich dann umdrehe und Mimi meine Hand reiche, um ihr hoch zu helfen. „Nein, verwirrt. Ehrlich, Tai, du könntest mich hier aussetzen und ich würde nie mehr nach Hause finden.“ „Das würde ich niemals tun.“ „Sind wir bald da?“ „Wieso fragst du das andauernd?“ Ich glaube nicht, dass sie erschöpft ist, denn sie sieht nicht erschöpft aus. „Bist du ungeduldig?“ Ich sehe sie an und ein vielsagendes Grinsen zeichnet sich auf ihren Lippen ab. „Vielleicht.“ Das liebe ich an ihr. „Keine Sorge, Prinzessin. Das Warten lohnt sich.“ Wir gehen noch ein paar Schritte, bevor Mimi stehen bleibt und überrascht lauscht. „Hörst du das Rauschen?“ Ich nicke und greife nach ihrer Hand. „Komm.“ Nur wenige Meter weiter sind wir dort angekommen, wo ich hinwollte. Erstaunt und ein kleines bisschen überwältigt sieht Mimi nach oben. „Das ist ein Wasserfall.“ „In Hinohara gibt es einige davon.“ Er ist nicht besonders groß, aber er mündet in einem kleinen Bach, in dem das Wasser wunderbar klar ist. „Tai“, haucht Mimi und greift nach meiner Hand. „Das ist wirklich schön.“ Ihre Augen funkeln, allein dieser Anblick war die Reise wert. „Sieh einer an, das Großstadtmädchen ist beeindruckt“, grinse ich. „Wie wär’s mit noch ein bisschen mehr Natur?“ Ich lasse meinen Rucksack fallen und ziehe mein Shirt aus. Mimi sieht mich überrascht an. „Was machst du da?“ Ich trete hinter sie und lege einen Arm um ihren Bauch. Dann streiche ich ihre Haare zur Seite, hauche ihr einen Kuss in die Halsbeuge und flüstere in ihr Ohr: „Obwohl Hinohara so viele Wasserfälle hat, ist dieser hier mein Liebster. Weißt du, wieso?“ Mimi schüttelt den Kopf. Ich spüre, dass sie erwartungsvoll die Luft angehalten hat. „Weil hier so gut wie nie jemand herkommt und man so schön ungestört ist.“ Ich löse meine Umarmung und knöpfe mir die Jeans auf, um mich auch noch von meinen restlichen Klamotten zu befreien. Ich bin nun komplett nackt und steige ins Wasser. Ich tauche gleich unter und als ich wieder auftauche und mir die nassen Haare zurückstreiche, sehe ich nur, wie Mimi immer noch unschlüssig auf dem Stein steht. „Worauf wartest du?“ „Ich weiß nicht …“, sagt sie und sieht sich um. „Kommt hier wirklich keiner vorbei?“ Ich sehe sofort, was in ihr vorgeht. Als könnte ich ihre Gedanken lesen … „Mimi …“, sage ich mit Nachdruck. „Wir sind nicht in Tokyo. Du bist nicht bei den Kidos und hier ist auch sonst niemand in der Nähe, der dich kennt oder dich überwachen will. Du bist hier, in Hinohara, irgendwo im Wald. Mit mir. Keine Presse, kein Haruiko, kein Joe, keine Verpflichtungen. Nur wir beide.“ Ich sehe sie liebevoll an und sie schenkt mir ein trauriges Lächeln. Sie war zu lange bei den Kidos, zu lange in dieser Villa gefangen. Ich verstehe sie. Hier sind keine schützenden Wände, die uns von der Außenwelt trennen. Jetzt, wo ich sehe, was die letzten Monate mit ihr gemacht haben, wünsche ich mir umso mehr, dass sie endlich wieder frei sein kann. Ich schwimme zu ihr und strecke ihr meinen kleinen Finger entgegen. „Nur wir beide“, wiederhole ich und endlich schenkt sie mir ein Lächeln. Sie geht in die Hocke und schließt ihren Finger um meinen. „Nur wir beide“, wiederholt sie und ich kann förmlich spüren, wie sie ihren Schutzmantel ablegt. Sie lässt meine Hand wieder los und richtet sich auf, um ihre Hose aufzuknöpfen und auszuziehen. Meine Mundwinkel zucken in freudiger Erwartung. Ich schwimme ein wenig zurück und sehe ihr in aller Seelenruhe dabei zu, wie sie sich vor mir auszieht. Es scheint sie keineswegs zu stören, dass ich die Augen nicht von ihr abwenden kann, denn sie hält meinem Blick stand, auch als sie sich endlich BH und Slip vom Körper streift. Gott, ist diese Frau schön. Mit einem Lächeln im Gesicht lässt sie sich zu mir ins Wasser gleiten. Ich breite meine Arme aus und nehme sie in Empfang. Ihr warmer Körper schmiegt sich an meinen und verdrängt das kühle Wasser zwischen uns. Sie legt die Arme in meinen Nacken und sieht mir tief in die Augen. „Es ist unfassbar schön mit dir“, sagt sie, während wir uns vorsichtig im Wasser bewegen. Ich lächle zufrieden und wünsche mir gleichzeitig, ich könnte sie immer so entspannt sehen. Gefühlt liegen gerade Welten zwischen uns und den Problemen zu Hause. „Ich würde alles dafür geben, um einfach für immer mit dir hierbleiben zu können.“ Mimi kommt näher und legt ihre Lippen sanft auf meine. Ein tiefer Seufzer entfährt ihr, als wir uns endlich küssen und ich schließe die Arme noch ein wenig fester um ihren zierlichen Körper. Ihre Beine schlingen sich um meine Hüfte, so dass sie meine Erregung spüren kann. Ich versuche mich zurückzuhalten, auch wenn es mir schwerfällt. Ich will nicht, dass sie denkt, ich wäre nur deshalb mit ihr hierhergekommen. Aber anscheinend sieht Mimi das anders und drängt sich mir verlangend entgegen. Ihre Küsse werden ziemlich leidenschaftlich und ihre Finger krallen sich immer fester in meine Haare. Unsere Zungen spielen miteinander und ich weiß schon jetzt nicht mehr, wie lange ich dem noch standhalten kann. Ich bin absolut verrückt nach ihr. Seit unserer ersten, gemeinsamen Nacht bin ich ihr bedingungslos verfallen. Ich habe so etwas noch nie vorher gespürt, nicht mal bei Kaori. Der Sex war immer schön und hat mir Spaß gemacht. Aber mit Mimi war es von Anfang an etwas völlig anderes. Es war, als würden wir miteinander verschmelzen. Mimi drückt ihre Hüften noch etwas weiter nach vorne und übernimmt anscheinend die Oberhand. Sie will es. Ich lasse kurz von ihren Lippen ab, nur, um sie anzusehen. Bei ihrem ungeduldigen Blick muss ich schief grinsen. „Und du meintest, Wandern wäre nicht dein Ding.“ Mimi lacht gequält auf. „Oh, Wandern ist ja so was von mein Ding. Definitiv meine neue Lieblingsbeschäftigung.“ Ihre Lippen treffen wieder auf meine, diesmal noch intensiver, noch verlangender. Unmöglich, sich jetzt noch zurückzuhalten. Ich dränge mich zwischen sie und gleite sanft in ihre warme Mitte, woraufhin sie ein raues Stöhnen von sich gibt. Sie schließt die Augen und genießt, wie ich mich in ihr bewege. Auch mich durchdringt dieses unbeschreibliche Gefühl, von dem ich weiß, dass ich es nur mit ihr haben kann. Ich genieße jede Bewegung, jede Berührung, jeden Kuss. Ihr Mund sucht meinen Hals, um daran zu saugen und zu beißen, während ihre Finger sich fest in meinen Rücken krallen. Ein tiefer Laut verlässt meine Kehle, als ich immer schneller werde und ihr somit die süßesten Klänge entlocke. Ich vergesse völlig, wo wir sind und verschwende keinen einzigen Gedanken mehr daran, ob das hier richtig oder falsch ist, denn mein Körper und mein Herz haben bereits eine Entscheidung getroffen. Ich könnte ein Leben lang so mit dieser Frau zusammen sein und es wäre nicht genug. Mimis Hand greift in mein Haar, um Halt zu suchen. Lustvoll legt sie den Kopf in den Nacken und stöhnt laut auf, als ich mit einer Hand ihre Brust umschließe und daran sauge. Ich spüre, wie eng sie wird und komme mit ihr gemeinsam zum Höhepunkt, während ihre Schreie den Wald durchschallen. Unsere Bewegungen werden langsamer, unser Atem geht viel zu schnell, als wir uns wieder in die Augen sehen. Ihre Wangen sind gerötet und die nassen Haarsträhnen kleben an ihrem Oberkörper. Ich küsse sie wieder, halte sie dabei immer noch fest umschlungen in meinen Armen. „Das war Wahnsinn“, haucht sie. Ihre Stimme zittert noch immer vor Erregung und ich glaube, ich war noch niemals in meinem ganzen Leben so verliebt, wie in diesem Moment. Mimi Seine warmen Augen halten mich fest und ich sehe in ihnen dasselbe Feuer lodern, wie in meinen. Ich liebe ihn. Verdammt, ich liebe ihn so sehr, dass ich am liebsten … „Lass uns hierbleiben. Oder lass uns einfach verschwinden. Ganz egal, wohin.“ Tai sieht mich leicht irritiert an, hat aber immer noch dieses unbeschreibliche Grinsen auf den Lippen, welches ich so an ihm liebe. „Was?“ „Wir könnten unseren Tod inszenieren“, schlage ich vor und nun lacht er doch ungläubig auf. „Mimi, das klingt ein wenig verrückt.“ „Das ist mir egal.“ „Der Sex ist dir wohl zu Kopf gestiegen.“ Möglich. Aber … „Tai“, sage ich und versuche dabei ernst zu bleiben. Denn noch nie war mir etwas so ernst wie mit ihm. „Ich kann mir das alles nicht mehr ohne dich vorstellen. Ich will dich an meiner Seite haben und zwar immer.“ „Ich weiß.“ Nun sieht auch er mich gequält an, aber er versteht immer noch nicht, WIE ernst es mir ist. „Ich kann dich nicht nur aus der Ferne lieben. Das schaffe ich nicht. Deshalb … lass uns einfach abhauen. Wir erfinden irgendwas, so dass sie nicht nach uns suchen werden.“ Tais Blick wird traurig, fast schon bedauernswert. Warum sieht er mich so mitleidig an? „Mimi“, sagt er vorsichtig. „Das geht nicht. Wir würden alle in Gefahr bringen. Nicht nur deine Familie, sondern auch meine. Ich habe Kari, ich kann sie nicht dieser Gefahr aussetzen.“ Ich seufze schwer und beiße mir dann auf die Unterlippe. Meine Arme ruhen in seinem Nacken und er hält mich immer noch fest, als wolle er mich nie mehr loslassen. Trotzdem weiche ich seinem Blick aus. Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet jetzt darüber reden möchte, aber wir haben dieses Gespräch schon viel zu lange aufgeschoben. „Wir haben noch nie darüber gesprochen, wie es danach weiter geht.“ Diesmal versteht er sofort, was ich meine. Seine Augenbrauen ziehen sich nachdenklich zusammen. „In dieser ganzen Geschichte gibt es am Ende nur zwei Szenarien, Mimi.“ Er lässt seine Stirn gegen meine sinken und schließt die Augen. „Szenario eins, und das ist mir das Liebste: wir haben etwas gegen Haruiko in der Hand, können Joe und der ganzen Welt die Wahrheit sagen, diese Verlobung lösen und diese Ehe kommt niemals zustande. Deine Familie ist in Sicherheit und wir können zusammen sein.“ Ich schlucke schwer, während mir beinahe Tränen in die Augen steigen. „Und Szenario zwei?“, frage ich, weiß aber, dass ich die Antwort nicht wissen will. „Szenario zwei …“ Nun muss auch Tai schlucken und hörbar die Luft ausatmen, um diese Worte über die Lippen zu bringen. „Du heiratest Joe und … ich verschwinde.“ Mir stockt der Atem und mein Herz setzt einen Schlag aus. Ich hatte es befürchtet. Wir haben nie darüber gesprochen, aber je tiefer unsere Gefühle füreinander wurden, umso mehr wurde mir in letzter Zeit bewusst, dass ich nicht mehr von Tai verlangen könnte, als das. Es ist bereits jetzt schwer genug für ihn. Er kann es kaum ertragen, wenn ich bei Joe bin oder wenn dieser mir verliebte Blicke zuwirft. Wie, um alles in der Welt, soll er es dann aushalten, wenn ich mit ihm verheiratet bin? Mit ihm schlafe? Mit ihm eine Familie gründe? Das mit anzusehen wäre pure Folter. Kommt diese Ehe zustande, leiden wir beide, aber eins steht fest: Tai verliert sein Herz, erneut, und wie beim ersten Mal, wird er es nicht zurückbekommen. Ich könnte nie von ihm verlangen, sich dieses Schicksal Tag für Tag antun zu müssen. „Tut mir leid“, sagt Tai traurig und vergräbt sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Ich schüttle den Kopf, während mir eine Träne über die Wange rollt. „Wo willst du dann hin?“, frage ich, weil es gerade das Einzige ist, was ich wissen will. Tai zuckt mit den Schultern. „Ich hatte vor eine Weltreise zu machen, so oder so. Aber egal, wo ich bin, es wird mir keine Freude bereiten, wenn du nicht bei mir bist. Ich werde meinen Job bei Joe und meine Freundschaft zu ihm aufgeben und einfach verschwinden.“ „Du wirst mich aufgeben“, sage ich mit brüchiger Stimme und versuche mit aller Macht, nicht laut aufzuschreien. Allein die Vorstellung davon, Tai nicht mehr zu sehen, reißt ein riesiges Loch in mein Herz. „Ich werde dich niemals aufgeben, Mimi. Deshalb …“ Er hebt den Kopf und legt eine Hand an meine Wange. „Genau deshalb muss ich gehen. Ich wäre immer die Person im Hintergrund, dein Schatten, der dich begleitet und doch nie wirklich bei dir sein kann. Ich dürfte dich nie wieder so berühren, wie ich es jetzt tue. Und ich würde weiter versuchen, alles zu sabotieren, was mit Joe oder den Kidos zu tun hat. Ich würde dich niemals aufgeben. Aber ich könnte es auf Dauer nicht ertragen, dich an der Seite eines anderen zu sehen. Es war bei Kaori schwer … aber bei dir wird es unmöglich sein.“ Ich nicke zaghaft. Auch wenn ich ihn am liebsten anflehen würde, trotzdem für immer bei mir zu bleiben. Aber ich weiß, wie egoistisch das von mir wäre. Wie könnte ich so was von ihm verlangen? „Wir sollten zurückgehen“, sagt Tai schließlich und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, um diese Hochzeit zu verhindern. Ich will mit dir zusammen sein, Mimi. Aber ich will dir auch nichts versprechen, was ich am Ende nicht halten kann.“ Ich nicke wieder, nicht bereit ihn loszulassen und diesen geheimen Ort zu verlassen. Aber das muss ich jetzt wohl. Und ich hoffe so sehr, dass es eines der letzten Male ist, an denen ich das tun muss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)