Feelings von writer ================================================================================ Kapitel 10: Meinungsverschiedenheit ----------------------------------- Sie hatte die Augen noch nicht geöffnet. Doch dieses Mal lag es nicht daran, dass sie Angst hatte, eine große, giftige Schlange vor dem Gesicht zu haben. Dieses Mal, wollte sie einfach noch ein bisschen liegen bleiben. Und in Erinnerungen an die Momente der letzten Nacht schwelgen. Bei dem Gedanken daran, was sie getan hatten, schlich sich sofort ein glückliches Lächeln auf ihr Gesicht. Sie wollte es eigentlich unterdrücken aber sie konnte gar nichts dagegen tun. Sie rollte sich etwas mehr unter dem Stoff des Mantels zusammen und unterdrückte ein Kichern. Es machte sie einfach zu glücklich, dass sie das hatte haben dürfen. Völlig egal, wie es nun weiter gehen würde. Nun, so völlig egal war ihr das natürlich doch nicht. Eher im Gegenteil. Sie wollte das am liebsten noch viele Male mit ihm tun. Und sie wünschte sich auch noch so viel mehr als das. War es ein Fehler gewesen das zu tun, weil er nun schlecht von ihr denken würde? Aber er war kein Mann, den man lenken oder manipulieren oder zu etwas bringen konnte. Es war besser jeden Moment mit ihm mitzunehmen und dabei nach Möglichkeit das Beste für sich herauszuholen. Denn wenn man das nicht tat, dann bekam man gar nichts. Sie kuschelte ihr Gesicht in den Stoff und musste nun doch leicht kichern. Oh wie sehr es ihr doch gefallen hatte! Und außerdem, so dachte sie, kannte sie nun etwas von ihm, was nicht jeder kannte. Sie wusste nun, wie sein Körper sich anfühlte, wie er klang, wenn er erregt war, wie er eine Frau ansehen konnte, die er wollte und wie sein Griff sich anfühlte und auch wie es war seinen heißen Atem an ihrem Hals zu fühlen. Es kam ihr wie ein wertvolles Geschenk vor, all das nun zu wissen. Denn egal, wie er in Zukunft zu ihr sein würde, das konnte ihr niemand wieder wegnehmen. Und das machte sie glücklich. Jetzt schien er wach zu werden, oder vielleicht war er es auch schon gewesen. Denn wer wachte denn bitte auf und stand dann sofort auf? Der Gedanke gefiel ihr nicht so richtig. Sie hoffte sehr, dass er nicht schon eine Weile wach dagesessen und gehört hatte, wie sie gekichert hatte! Sie sollte sich vielleicht langsam wieder etwas erwachsener verhalten und aufhören herumzuträumen. Aber sie fühlte sich, warm eingekuschelt in den Stoff ihres Mantels, immer noch zu wohlig, um die Augen zu öffnen. Sie lauschte seinen Schritten und sie nahm an, dass er vielleicht kurz zum Bach verschwand. "Bleibt hier und passt auf sie auf", hörte sie ihn sagen und sie nahm an, dass er mit den Schlangen sprach. Seine Stimme klang wieder hart und kalt. Trotzdem freute sie sich. Hieß das nicht, dass sie ihm zumindest nicht vollkommen egal war? Immerhin schien er Interesse daran zu haben, das niemand kam und ihr etwas antat, während sie wehrlos war und schlief. Auch wenn sie nicht so wirklich wusste, was ihr hier hätte passieren können. Giftschlangen schienen hier aktuell die größte Bedrohung zu sein. Aber ihr war es recht, wenn er kurz verschwand, dann konnte sie noch einen Moment länger in ihrer gemütlichen Traumwelt bleiben. Denn wenn sie unter dem Mantel hervorkriechen würde, würde die Wärme verschwinden und die Kühle des Frühlingsmorgens würde sie umgeben. Und sie würde die Augen öffnen müssen und sie würde die Szenen der letzten Nacht nicht mehr vor sich sehen können. Sie seufzte glücklich und rollte sich noch etwas fester zusammen. Sie dachte daran, dass sie nun kein Mädchen mehr war sondern eine richtige Frau. Und das machte sie ein bisschen stolz. Ihr Mutter würde sie normalerweise dazu beglückwünschen. Aber ihre Mutter war weit entfernt. Und sie wäre sicher auch nicht glücklich zu hören wer der Mann war, der ihre Tochter zur Frau gemacht hatte. Nicht, weil es ein Problem gewesen wäre, dass sie nicht verheiratet war. Ninjas wählten sich natürlich Gefährten. Auch solche fürs Leben und mache heirateten auch. Aber Frauen wie sie, mit solchen Fähigkeiten und solch einer Ausbildung, heirateten selten. Eine Hausfrau zu sein und Kinder zu kriegen wäre eine Verschwendung ihrer Fähigkeiten. Und das sah man auch so. Natürlich war das eine genauso wichtige Aufgabe. Vielleicht sogar auf eine gewisse Weise die Wichtigere. Aber niemand würde von ihr erwarten, dass sie erst heiraten müsste, bevor sie mit einem Mann auf die Art Zusammensein könnte, wie sie es gestern mit Sasuke gewesen war. Solche Ansprüche gab es natürlich auch. Aber eher in den Adelsfamilien und bei den Leuten, die keine Ninjas waren und manchmal natürlich auch in den großen Clans, die durch geschickte Heiratspolitik ihre Macht sichern wollten, in dem sie ihr Bluterbe günstig weitergaben. Aber sie kam aus keinem wichtigen Clan. Nein, der Grund warum ihre Mutter nicht begeistert wäre, war allein, dass es um Sasuke Uchiha ging. Sakura war sich sicher, dass sie sich die ganze Zeit wünschen würde, dass Sakura mit unerfüllten Hoffnungen von ihrer Reise zurückkehren würde. Das letzte, was ihre Mutter wollen würde, war, dass sie mit ihm tat, was sie getan hatten. Denn sie schien überzeugt, dass es für Sakura besser war, seine Aufmerksamkeit nicht zu bekommen und unglücklich verliebt zu sein, als Sasuke Uchihas Aufmerksamkeit zu bekommen und damit plötzlich in seinen Fokus zu geraten. Das schienen ihre Eltern beide für gefährlich zu halten. Und vielleicht war das auch so. Sakura war ja mittlerweile selbst zu dem Schluss gekommen, dass ihr Urteilsvermögen in Bezug auf ihn möglicherweise eingeschränkt war und dass sie sich bereitwillig selbst schadete. Aber es blieb dabei. Es war ihr nach wie vor egal und es fühlte sich nach wie vor merkwürdig schicksalshaft an, als wäre es eben ihre Aufgabe mit ihm klarzukommen. Sie hörte an seinen Schritten, dass er zurückkam. Eine der Schlangen zischte. Sie hörte wie er genau vor ihr stehen blieb. Er schien vor ihr in die Hocke zu gehen. Rasch kam sie zu dem Schluss, dass sie sich unmöglich schlafend stellen konnte, es wäre einfach zu peinlich, falls er es durchschauen würde! Also entschied sie sich ihre Traumwelt zu verlassen und sie öffnete ihre Augen einen spaltbreit. Sie musste ersteinmal blinzeln, weil die Frühlingssonne sie blendete. Er bewegte seinen Kopf ein Stück zur Seite und der blendende Sonnenstrahl verschwand. Hatte er das gerade extra gemacht? Für sie? Sie musste lachen. Wie so oft war er die Dunkelheit, die ihr das Licht nahm. Aber in diesem Falle war es gut gewesen. "Guten Morgen", sagte sie freundlich und setzte sich auf, wobei sie seinen fragenden Blick ignorierte. Sie konnte ihm unmöglich erklären, wieso sie gelacht hatte. Der Mantel rutschte von ihr herunter und sofort umschloss sie die kalte Morgenluft. Sie legte schützend die Arme um sich und schenkte ihm ein Lächeln. Auch wenn sie natürlich keine Ahnung hatte, ob er das überhaupt haben wollte. Er bekam es trotzdem. Warum hockte er vor ihr und betrachtete sie? Sie hatte angenommen, dass er sie hatte wecken wollen, weil er aufbrechen wollte. Aber nun war sie wach und er rührte sich nicht. Sie strich sich ihre Haare zurück. "Hast du gut geschlafen?", fragte sie freundlich. "Ja." Immerhin ein Wort. Sie musste wieder lachen. Sie war einfach zu gut gelaunt, um es sein zu lassen. Sie drehte sich um, um zu sehen, wo die Schlangen waren, damit sie gewappnet war und sich nicht gleich erschrecken würde. Aber das ging nach hinten los. Denn die schwarze Schlange lag ziemlich direkt hinter ihr. Und weil sie dafür eben nunmal nicht gewappnet gewesen zwar, zuckte sie reflexartig zurück. Und weil sie sich gerade erst aufgesetzt hatte, ihr Gleichgewichtssinn scheinbar auch gerade erst aufwachte und diese unwillkürlich Bewegung zu ruckartig gewesen war, kippte sie selbst in ihrer sitzenden Haltung beinahe um. Und weil das einzige, woran sie sich festhalten hatte können, er gewesen war, endete es so, dass sie nach dem Stoff seines rechten Ärmels griff, um sich zu stabilisieren. "Entschuldigung", sagte sie sofort und ließ ihn blitzschnell wieder los. Er hätte auch beinahe das Gleichgewicht verloren. Selbst er hatte ihren Schrecken zusammen mit ihrer Tollpatschigkeit nicht vorhersehen können. Leider musste sie nun schon wieder ein Lachen unterdrücken. Ihn schwanken zu sehen war schon irgendwie ein lustiger Anblick gewesen. Das war man von ihm nicht gewohnt. Er schien das nicht lustig zu finden, denn er verzog leicht verärgert den Mund. "Du solltest aufhören, dich vor ihnen zu fürchten", sagte er. Kalt klang er nicht. Aber ein bisschen Ärger, weil sie ihn beinahe umgestoßen hätte, klang in seiner Stimme mit. "Ich kann nicht!", verteidigte sie sich. "Ich kann nichts dagegen machen, ich muss mich einfach noch an sie gewöhnen!" "Komm her", sagte Sasuke. Aber er hatte es nicht zu ihr gesagt. Erschrocken drehte sie sich wieder um und ihr Herz setzte mal wieder einen Schlag aus. Denn die schwarze Schlange glitt langsam auf sie zu. "Nein", sagte sie schwach und ganz automatisch versuchte sie ein Stück zurückzuweichen. Aber das ging nicht. Er war genau hinter ihr. Und er legte seine linke Hand auf ihre Schulter, um sie dazubehalten. "Ich will das nicht!", sagte sie und sie hörte die Angst in ihrer Stimme. Sie drückte sich unwillkürlich nach hinten gegen ihn um auf Abstand zu bleiben. Aber die Schlange war nun bei ihr angekommen und Sasuke streckte seinen rechten Arm aus und hielt ihn vor sie, der Schlange entgegen. Sakura ballte ihre Hände zu Fäusten und ihre Nägel drückten sich in ihre Haut, immerhin sorgte der Schmerz dafür, dass sie nicht durchdrehte. Mit angehaltenem Atem beobachtete sie, wie die Schlange leicht zischte, sich aufrichtete und dann über Sasukes Unterarm glitt. Weiter auf sie zu. Nun war ihr unheimlicher Kopf vor ihrem Gesicht, aber weil Sasukes Arm ihren Körper stützte, berührten ihre dicken schwarzen Windungen nichts von ihrem eigenen Körper. Diese schrecklichen kalten Augen machen ihr Angst. Und dieses Maul, diese merkwürdigen Schuppen, dieses Glänzen und dieser sich windende Körper, der ein einziger gewaltiger Muskel war. Sie stöhnte leise. Sie glaube ihm ja, dass sie ihr nichts tun würden! Das tat sie wirklich. Aber sie hatte immer schon Angst vor Schlangen gehabt. So wie andere Menschen eben Angst vor Spinnen oder großer Höhe oder engen Räumen hatten! "Fass ihn an", sagte Sasuke leise hinter ihr. Aber Sakura konnte nur den Kopf schütteln. "Bitte hör auf", flüsterte sie und versuchte sich noch ein Stück nach hinten gegen ihn zu schieben. Obwohl das lächerlich war. Sie konnte schlecht bei demjenigen Schutz suchen, der sie gerade zu dem hier zwang. Die Schlange öffnete leicht ihr Maul und ihre gespaltene Zunge bewegte sich, als ob sie neugierig Sakuras Duft aufnehmen wollte. "Bitte", flüsterte sie nochmal. "Bitte hör auf." "Fass ihn an." Aber sie konnte einfach nicht. Sie hatte das Gefühl gleich ohnmächtig zu werden. Sie wusste, irgendwo tief in ihrem Verstand, dass ihr nicht passieren würde. Aber sie fühlte sich wie gelähmt. Sie betete einfach nur, dass diese Schlange keine ruckartige Bewegung machen würde, denn dann würde sie wahrscheinlich einen Herzinfarkt bekommen. "Bitte", flüsterte sie gequält. Und endlich ließ er es gut sein. "Verschwinde", sagte er gleichgültig zu der Schlange. Sie zog sich sofort zurück. Er fromte mit seiner nun wieder freien Hand ein Zeichen und im nächsten Moment waren beide Schlangen mit dem üblichen Geräusch der aufgelösten Beschwörung verschwunden. Sakura atmete erleichtet aus. So rasch sie konnte ging sie auf Abstand zu ihm. Sie stand auf und drehte sich wütend zu ihm um. "Was sollte das?", fragte sie wütend. Er erhob sich ebenfalls langsam. "Ich wollte dir helfen", sagte er kühl. "Ach ja?", fauchte sie wütend. Sie fühlte sich schlecht behandelt und war so verärgert, dass sie nicht mal darüber nachdachte, ob es eine gute Idee war so mit ihm zu sprechen. "Aber es hat dir auch gefallen, dass ich Angst hatte, oder?", fragte sie verärgert. "Es hat dir gefallen, dass ich mich gefürchtet habe! Und dass du derjenige warst, der dafür gesorgt hat! Dir macht es Spaß, diese Macht über deine Mitmenschen zu haben!" Nun sah er hinter seiner gleichgültigen Maske ein kleines bisschen verärgert aus. Und ihr fiel plötzlich ein, dass sie keine Ahnung hatte, was er tun würde, wenn man ihn ärgerte. Da hatte sie keine Erfahrungswerte. Es traute sich nämlich niemand mehr ihn zu ärgern. Niemand außer Naruto vielleicht. Aber Naruto war weit weg. "Brechen wir auf", sagte er kühl. Er drehte sich um und fing an seine Sachen zusammenzupacken und sie tat es ihm gleich. Sie hatte Angst vor ihm und sie war wütend! Der Morgen hatte ihr wie erwartet besser gefallen, als sie ihre Augen noch geschlossen gehabt hatte! Eine Weile ging sie einfach schweigend hinter ihm her. Irgendwann verlangsamte er seine Schritte ein wenig, also ging sie neben ihm. Er blickte stur gerade aus und sie hatte gerade wenig Lust sich nun kriecherisch zu entschuldigen. Ja, vielleicht war ihre Angst irrational oder albern gewesen. Aber sie hatte sie nunmal. Deswegen musste sie sich nicht schämen. Menschen waren nunmal nicht perfekt. Sie beschäftigte sich damit die Pflanzen auf ihrer Route zu betrachten und zweimal fand sie wieder eine Stelle, an der sie sich kurz hinhockte und sich Notizen machte. Beim ersten Mal ging er einfach weiter. Da sie ohnehin nicht besonders schnell gingen, war das kein Problem, weil sie ihn leicht wieder einholen konnte. Sie fragte sich, ob er sie absichtlich mit Missachtung bestrafte, um wieder Kontrolle über sie zu haben. Vielleicht erwarte er, dass sie sich entschuldigen müsste. Eine Stunde später, als sie sich zum zweiten Mal kurz eine Pflanze ansah, blieb er stehen und wartete, bis sie fertig war. In der Hoffnung, dass das bedeutete, dass er nicht mehr verärgert war, lächelte sie ihn leicht an. Die nächsten Minuten beschäftigte sie sich mit der Frage, ob sie sich denn für etwas entschuldigen musste. Ihre Wut war abgeflaut und nun kam es ihr so vor, dass sie in ihrer Überforderung vielleicht doch ein bisschen unfair gewesen war. Sie hatte aufgrund ihrer Beobachtungen Schlussfolgerungen gezogen, die wahr sein konnten, aber für die es keine Beweise gab. Es konnte genauso gut sein, dass sie sich irrte. Und da er nun mal kaum etwas sagte, war die Chance etwas fehlzuinterpretieren ziemlich groß. Trotzdem... für eine Sache wollte sie sich entschuldigen. Nicht, damit er wieder besänftigt war. Sondern, weil sie nicht so sein wollte, wie sie es vorhin gewesen war. "Es tut mir leid, dass ich dir unterstellt habe, dass du meine Angst genossen hättest und dass es dir Spaß machen würde andere leiden zu lassen", sagte sie deutlich und mit sicherer Stimme. Er ging einen halben Meter vor ihr einfach weiter. "Das kann ich überhaupt nicht wissen und ich hätte das nicht sagen sollen. Aber ich war wütend, weil ich das Gefühl hatte, du nimmst mich und meine Empfindungen nicht ernst. Das hat mich verletzt und dann wollte ich dich wahrscheinlich auch verletzen. Das tut mir leid." Sie würde ihn nicht fragen, ob er ihre Entschuldigung annahm. Das war seine Entscheidung. Sie würde nicht darum betteln. "Deine Angst ist irrational", sagte er schließlich, als sie sich schon fast sicher gewesen war, dass er nichts dazu sagen würde. "Kannst du nicht trotzdem akzeptieren, dass ich sie habe?", fragte sie. "Auch unabhängig davon, wie du sie bewertest?" Sie machte zwei schnellere Schritte, um nun wieder direkt neben ihm zu laufen. Sie wollte sein Gesicht sehen können. Aber das brachte nichts, seine Mine war völlig ausdruckslos. Er warf ihr allerdings einen Blick zu. Also ignorierte er sie wenigstens nicht. "Wieso sollte ich etwas akzeptieren, was irrational ist?", fragte er schließlich. "Das macht keinen Sinn. Es würde mehr Sinn machen, dass du diese Angst überwindest. Ich denke nicht, dass ich verstehe, was du von mir möchtest." Das hatte sie befürchtet. Entweder er war zu so viel Empathie nicht fähig oder aber er selbst und die Ereignisse seines Lebens hatten seine eigenen Gefühle soweit abgetötet, dass er auch die Gefühle von anderen nicht mehr nachempfinden konnte. In ersterem Fall, wäre er für immer unfähig zu lieben und echtes Mitgefühl zu empfinden. Sie hoffte so sehr, dass stattdessen letzteres zutraf. Denn dann könnte er es vielleicht wieder lernen. Er war immer schon hart gewesen, aber war er nicht auch mal anders gewesen? Vor den Chunin Prüfungen? Zumindest für dein paar Monate, nachdem sie im Wellenreich gegen Zabuza und Haku gekämpft hatten? Doch damals war sie noch jung gewesen und überhaupt hatte sie alles durch eine rosarote Brille gesehen. Sie konnte sich nicht sicher sein, ob ihre Erinnerungen sie nicht bloß in ihrem Wunschdenken unterstützten. "Also kannst du es nicht akzeptieren?", fragte sie vorsichtig. "Dass ich Angst vor Schlangen habe?" Er schwieg und schien nachzudenken. "Ich denke, dass du recht hast, und dass ich versuchen könnte, es zu überwinden", half sie ihm ein wenig. "Aber ich darf das tun, wenn ich das möchte und du hast kein Recht mir die Methode aufzuzwingen, die du für am effektivsten hälst." "Von diesen Moralvorstellungen halte ich wenig", antwortete er, nachdem er wieder kurz nachgedacht hatte. "Es gibt eine Menge, wozu man kein Recht haben sollte. Aber Menschen tun es trotzdem. Jeder macht ohnehin, was er will, solange er keine negativen Konsequenzen fürchten muss. Und das muss ich nicht mehr." Sie verstand, dass er es so sah. Konohas Obere hatten kein Recht dazu gehabt seinen Bruder dazu zu bringen, seinen ganzen Clan zu ermorden, auch wenn sie bloß den Frieden hatten wahren wollen. Sein Bruder hatte kein Recht dazu gehabt, ihn zu belügen, auch wenn er ihn nur hatte schützen wollen. Seine Familie hatte kein Recht dazu gehabt einen Putsch zu planen und viele Leben zu riskieren, nur weil sie sich entmachtet und kontrolliert fühlten. Obito oder Madara hatten kein Recht gehabt, die Welt zu zerstören und zu versklaven, nur weil sie mit ihrem Schmerz nicht zurecht kamen oder es schlicht konnten. Danzo hatte kein Recht dazu gehabt Sasukes toten Verwandten ihre Augen zu stehlen und sie in seinen Arm zu implantieren, nur um mehr Macht zu bekommen. Die Liste war unendlich. Niemand hatte in einem moralischen Sinne ein Recht dazu gehabt und trotzdem waren diese Dinge alle passiert. Jeden Tag, jede Sekunde passierte Unrecht. Und so wie sein Leben gewesen war, verstand sie, dass er nur noch etwas darauf gab, wer stärker war. Es war logisch, dass das für ihn der einzige noch relevante Maßstab war. Und weil Naruto genauso stark war wie er und noch dazu diesen eisernen Willen hatte, war er bereit gewesen es endlich gut sein zu lassen. Es Naruto zu überlassen und ihn zu unterstützen. "Aber", sagte sie nachdenklich, "wenn du keine Konsequenzen mehr fürchten musst, warum hast du dann eben aufgehört?" Denn nach seiner Logik mussten ihn doch entweder Mitgefühl, welches er nicht oder kaum zu haben schien, oder Sorge vor Konsequenzen dazu gebracht haben davon abzulassen sie zu zwingen diese Schlange anzufassen. Er schwieg lange bevor er dieses Mal antwortete und sie konnte ihre Ungeduld kaum ertragen. Aber als er etwas sagte, war sie sehr froh, dass sie gewartet hatte. "Ich bin die letzten sieben Monate alleine unterwegs gewesen", sagte er. "Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Naruto recht hatte. Kein Mensch kann vollkommen ohne Bindungen existieren ohne wie Madara zu werden. Auch ich nicht. Aber es gibt nur noch zwei Menschen, zu denen ich zumindest ansatzweise noch eine Bindung habe." Sie hielt den Atmen an. Meinte er etwa Naruto und ... sie? Zählte er nicht einmal Sensei Kakashi hinzu? "Ich denke, wenn ich eben weiter gemacht hätte, dann hätte ich eine dieser Bindungen zerstört. Und die zweite gleich mit. Denn das wäre etwas, was selbst Naruto mir nicht mehr hätte verzeihen können. Das ist alles. Darum habe ich es gut sein lassen." Das war alles? Sakura fand, dass das ziemlich viel war. Sie musste es erstmal verdauen. Also hatte er kein Mitgefühl mit ihr gehabt. Aber zumindest - wenn auch nur aus rein egoistischen Gründen - wollte er auch nicht, dass sie schlecht auf ihn zu sprechen war? Das war einerseits schockierend, weil es zeigte, wie kaputt seine emotionale Welt war, andererseits war es beruhigend. Denn das bedeutete, dass er ihr nichts tun würde, zumindest solange er die Bindung zu Naruto und ihr für sich als wertvoll erachtete. "Okay", sagte sie. "Ich verstehe. Danke, dass du mit mir darüber gesprochen hast." Er nickte bloß einmal leicht. Dann blieb er stehen und sie hielt rasch ebenfalls inne. Er sah über die Wiesen hinweg zu einem weit entfernten Waldstück hinüber. "Da ist eins von Orochimarus unterirdischen Verstecken. Ich nehme nicht an, dass er dort ist. Ich werde aber dennoch kurz nachsehen." Er wandte sich ihr zu. "Du solltest hier warten." "Warum?", fragte sie skeptisch. "Dort könnten Schlangen sein." Er sah leicht belustigt aus. "Mehr als zwei." "Ich komme trotzdem mit!", sagte sie sofort. Lieber wollte sie sich damit auseinandersetzen, als sich um ihn zu sorgen und von ihm getrennt zu sein! Eine Windböe wehte ihm die Haare aus dem Gesicht und wirbelte ihre langen rosa Strähnen in seine Richtung, während sie sich ansahen. "Warum?", fragte er leise. Und beinahe klang er etwas verzweifelt. Weil er versuchte etwas zu verstehen, dass man auf logischer Basis nun mal nicht verstehen konnte. "Du weißt doch warum", sagte sie mit einem Lächeln. Er wusste doch ganz genau, wie sie für ihn fühlte. Und wahrscheinlich auf alle Ewigkeit fühlen würde. "Ja", erwiderte er ruhig. "Aber...warum?" Sie wusste, was er meinte. Ihn zu lieben bereitete ihr hauptsächlich Schmerzen und hatte sie bereits beinahe das Leben gekostet. Es hatte keinen Nutzen, keinen Vorteil für sie. Also konnte er es nicht verstehen. Zumindest jetzt im Moment nicht. "Das ist die gleiche Antwort wie auf die Frage warum Naruto dich als seinen Freund betrachtet", sagte sie leise. "Es gibt keinen Grund. Wir fühlen so für dich, weil wir es so wollen. Das ist alles." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)