Inu no Game von Lady_of_D ================================================================================ Kapitel 17: ------------ Tag siebzehn von dreißig. Ich war sowas von am Arsch… "Kaiba…Das wird er mir noch büßen", zischte ich, während ich seit einer gefühlten halben Stunde nichts anderes tat als diese beschissenen Nylonstrümpfe über meine Füße zu bekommen. Das hatte sich der reiche Geldsack mal wieder toll ausgedacht! Mich in komplizierte Klamotten zu stecken und dann auch noch einen auf Geheimniskrämer zu machen! Ich war für den Rest des Tages bedient. "Das kriegt doch kein normaler Mensch drüber!" Wie sollte ich denn dieses Stück >Etwas< (Stoff sind diese paar Fädchen sicher nicht) überziehen, ohne eine Laufmasche reinzubekommen?! Das war doch geistige Folter, was Kaiba da von mir verlangte. Mit zusammengebissenen Zähnen hob ich mein linkes Bein, streckte es bis zum Anschlag aus und… "Oh-o", ich kippte nach hinten, plumpste vom Bett und musste mir erst einmal den Pony zurecht rücken. Wenigstens hatte ich es geschafft, die Strümpfe über meine Beine zu kriegen. Ein kleiner Erfolg, der das eigentliche Übel dieses Abends nicht aufwiegen konnte. Als ich am Vormittag in mein Gästezimmer kam, fand ich auf dem Bett einen großen Karton, auf dem ein Zettel mit der Nachricht >anziehen - Isono holt dich um acht ab< lag. Ich dachte erst, Kaiba machte Witze. In dem Karton war ein komplettes Outfit. Abendkleid, Schuhe, Accessoires - Kaiba hatte an alles gedacht. Dass er mich noch einmal in so einem schicken Fummel sehen wollte, hatte er ja bereits deutlich gemacht. Aber was Isono damit zu tun hatte, und warum er mich >abholen< musste, kapierte ich nicht. Auch jetzt hatte ich noch keine Ahnung, was Kaiba geplant hatte. Am Frühstückstisch hatte er nichts erzählt und gestern Abend war auch noch nicht die Rede davon gewesen, dass er irgendetwas Besonderes mit mir vorhätte. Dann musste ich mich wohl oder übel überraschen lassen. Ich schlüpfte in das Kleid. Es war hauptsächlich schwarz mit einer dunkelroten Umrahmung. Es hatte zwei dünne Träger und einen runden Ausschnitt, nicht zu tief, genau richtig. Es war relativ schlicht gehalten. Unterhalb meiner Brust vermischte sich das Schwarz mit dem Rot. Das Kleid erinnerte mich an den schwarzen Rotaugendrachen. Der Gedanke an mein Monster ließ mich dann doch ein wenig schmunzeln. Es war nicht das schlechteste Outfit, das ich erwischen konnte. Die Absatzschuhe waren auch nicht so mörderisch hoch wie beim letzten Mal. Mit der Schminke, die ich mir noch selbst ins Gesicht wischen konnte, ohne dass ich wie ein Clown aussah, und der kleinen spitzen Haarspange, die ich mir ins Haar klipste, sah ich doch recht passabel aus. Ich hatte es nicht so gut wie Mai hinbekommen, aber für heute Abend musste es reichen. "Jonouchi-san." Isono stand vor meiner Tür, verbeugte sich und bedeutete mich, mit ihm zu kommen. Unsicher folgte ich ihm nach draußen. Isono öffnete die hintere Beifahrertür der Limousine. Was ging hier bloß vor?! Ich hatte gar kein gutes Gefühl, und meine schlechten Vorahnungen hatten sich bisher immer bewahrheitet. Aber ich hatte keine andere Wahl als einzusteigen. Alles war besser als mich stur in meinem Zimmer einzusperren. Zunächst fuhren wir Richtung Innenstadt. Als wir das Kaiba Building ansteuerten, wäre ich fast aus dem Wagen gesprungen. In letzter Sekunde hielt ich mich am Gurt fest und knirschte mit den Zähnen. Ich würde auf keinen Fall in seine Firma gehen und Modenschau für ihn laufen! Vorsichtig sah ich aus dem Fenster. Ich entdeckte Kaiba, der aus dem Firmengebäude marschierte. Er trug einen weißen Anzug und ich schluckte schwer, als er die Wagentür aufriss und sich neben mich setzte. Mit großen Augen sah ich zu ihm herüber, aber Kaiba interessierte sich nicht für mich. Er wirkte unglaublich gestresst. Die eine Hand fuhr über seine Haare, mit der anderen tippte er auf seinem Smartphone herum, während er Isono Anweisungen erteilte. Der Wagen startete und es ging weiter. "Sagst du mir irgendwann noch, was du vorhast?" Ich redete erst, als Kaiba sein Handy eingesteckt hatte. "Wir gehen essen", antwortete er und drehte sich zu mir um. Ein Kompliment hatte ich nicht gerade erwartet, aber irgendein paar lobende Worte wären doch wohl drin gewesen! "Ich habe heute Abend ein Geschäftsessen." "Alles klar…warte mal. Du hast was?!" "Yoshifudo-sama ist ein reicher und einflussreicher Mann. Für die Kaiba Corporation wäre er ein wichtiger Partner. Ich will unter allen Umständen ein Geschäft mit ihm machen." "Und da nimmst du ausgerechnet MICH mit!" Ich drückte mich an meinen Sitz. "Da kannst du mir auch gleich die Waffe an die Brust halten!" "Ich", Kaiba knirschte mit den Zähnen, "würde das nicht machen, wenn es eine andere Möglichkeit gäbe. Yoshifudo ist ein streng konservativer Geschäftsmann. Er legt viel Wert auf ein sauberes Image...und auf die Familie." "Sauberes Image", wiederholte ich. "Spar' dir deinen Kommentar, Jonouchi. Wir haben keine Zeit dafür." "Schön und gut. Ich versteh immer noch nicht, was das mit mir zu tun hat." "Ich habe nur eine Chance, mit ihm ins Geschäft zu kommen. Wenn ich ihm vormachen kann, dass mir diese Werte wichtig sind…aus dem Grund habe ich Yoshifudo gesagt, dass ich heute mit meiner…Verlobten aufkreuzen werde. Seine Frau wird ebenfalls da sein. Du brauchst dich nur mit ihr zu unterhalten und…" "Stopp! Du willst, dass ich deine Freundin spiele?!" "Meine Verlobte", korrigierte er mich, als ob es jetzt darauf ankommen würde. "Wie stellst du dir das vor!? Ich kann doch nicht-" "Doch, du kannst. Das ist der Deal." "Und warum erfahre ich erst jetzt davon?" "Weil es heute Morgen erst beschlossen wurde. Yoshifudo hatte kurzfristig Zeit, ich musste schnell handeln. Glaub' mir, ich hätte auch etwas mehr Vorbereitungszeit benötigen können." Ich schluckte die Informationen herunter - inklusive meinen Brechreiz, den ich nur gerade so in Schach halten konnte. "Weißt du, was du da von mir verlangst?!" Ich schüttelte den Kopf. "Für mich steht heute Abend mehr auf dem Spiel als für dich", entgegnete Kaiba und sah mich mit seinem eiskalten Businessblick an. "Ein Abendessen", er streckte den Zeigefinger aus, "du redest so wenig wie möglich. Du mischt dich nicht in die Geschäfte ein. Und drittens: spiel einmal das brave, unschuldige Mädchen." "Brav", murmelte ich, "schon klar. Und was ist hiermit?!" Ich berührte mein Halsband. "Das geht ja wohl kaum unter die Kategorie >konservativ<." Daraufhin ließ er seinen Zeigefinger rotieren. "Dreh' dich mal um", dirigierte mich Kaiba. Ich stieß einen leisen Pfiff aus und gehorchte. "Heute Abend mache ich es dir ab. Aber denk' ja nicht, dass du deswegen Freiheiten genießt. Ich tausche es lediglich gegen etwas…Passenderes aus." Nur kurz lag mein Hals frei, bis Kaiba mir ein schweres Collier anlegte. Hoffentlich erwartete er nicht, dass ich vor Freude zu quietschen begann. Ja, gut. Der Schmuck war echt eine Wucht. Rote und schwarze Steine, die sich wie ein Drachenschwanz um meinen Hals wickelten und spitz in Richtung Ausschnitt verliefen. Ich berührte die einzelnen Steine. Eigenartigerweise hatte ich mich in dem Halsband wohler gefühlt. Ich hatte nicht bemerkt, dass die Limousine auf einem Parkplatz gehalten hatte. Das Restaurant, auf das wir zusteuerten, kannte ich vom Hörensagen. Mai hatte ein- zweimal davon geschwärmt. Ein pik feines Lokal für die Reichsten der Reichen. Und ich mittendrin. Dass diese Aktion zum Scheitern verurteilt war, hätte auch Kaiba klar sein müssen. Aber der bot mir einfach seinen Arm an und ich blöde Kuh ließ mich auch noch auf dieses Spielchen ein. "Du siehst im Übrigen fabelhaft aus…Kazuha." "Danke... ähm Seto." Ich wurde knallrot im Gesicht. Seltsam genug, meinen Namen aus seinem Mund zu hören, aber dann noch Kaiba beim Vornamen zu nennen - hoffentlich rutschte mir nachher nichts Falsches heraus. "Seto Kaiba, wie schön, dass Sie es so schnell einrichten konnten", begrüßte uns Yoshifudo-sama. Er war ein Herr in den mittleren Jahren, mit Schnauzbart und klassischem schwarzen Anzug. Seine Frau stand neben ihm. Etwas moppelig, mit einem hübschen runden Gesicht. Sie lächelte mich an. "Und das muss Ihre bezaubernde Verlobte sein", damit wandte sich der Geschäftsmann an mich. Ich nickte und verbeugte mich leicht. "Jonouchi Kazuha, es ist mir eine große Ehre." "Jonouchi…der Name sagt mir etwas." "Nun", ich richtete mich auf, "das höre ich in letzter Zeit öfter." "Vielleicht habe ich ihn aus den Medien aufgeschnappt. Haben Sie einen Bruder, der fürs Fernsehen arbeitet?" "Nein, tut mir leid." "Seltsam… aber genug davon, setzen wir uns doch." Kaiba schob mir den Stuhl zurecht. Steif pflanzte ich mich auf meinen Platz, überlegte, was ich mit meinen Händen anstellen sollte. Auf den Schoß, vielleicht doch lieber auf den Tisch - oder wollte Kaiba, dass wir Händchen hielten? Das Ganze überforderte mich jetzt schon. Wäre die Bedienung nicht zu uns an den Tisch gekommen, ich glaubte, ich wäre zusammengebrochen. Die Bestellungen wurden aufgenommen und auf einmal war ich über den Besuch des Kellers nicht mehr so glücklich. Keine Ahnung, was die >Empfehlung des Hauses war<, aber es wurde einfach für mich mitbestellt. Getrunken wurde irgendein >Château-Schieß-mich-tot< und das einzige, was ich in dieser Unterhaltung verstand, war, ob ich denn lieber vor oder nach der Hauptspeise einen Kaffee wollte. Ganz nach Kaibas Wunsch verlor ich so wenig Worte wie möglich. Mir war das nur recht. In dieser Scharade fühlte ich mich alles andere als wohl. "Und Sie, Jonouchi-san?", fragte mich Yoshifudos Frau, "wie haben Sie Kaiba-sama kennengelernt?" "Wir kennen uns schon seit der Oberschule", antwortete ich. Wenigstens musste ich nicht lügen. Wenn ich so nahe wie möglich bei der Wahrheiten bliebe, würde ich wohl nicht auffliegen. "Also eine richtige Jugendliebe", schwärmte sie, "das ist so romantisch und heutzutage viel zu selten." "D-das stimmt", ich klemmte mir eine Strähne hinters Ohr, suchte den Blickkontakt zu Kaiba. Doch der war neben mir wie eine Eissäule. Auf seine Hilfe würde ich nicht bauen können. "...die erste große Liebe heiraten." Erst jetzt hörte ich ihr wieder richtig zu. Ich lächelte verlegen, weil ich hoffte, dass lächeln die Antwort auf alles war. Dann wurde der erste Gang serviert. Auf einmal machten Kaibas >Nachhilfestunden< in Sachen Besteckkultur einen Sinn - wenn ich mir denn alles gemerkt hätte. Ich schielte zu Kaiba herüber, dann zu meinem Platz. Okay, es gab schon mal nur einen großen Löffel. Die erste Runde hatte ich also überstanden. Wenn es so weitergehen könnte, wäre ich schon zufrieden. Wie es schien, gab es da oben einen Gott, der mich nicht sonderlich gut leiden konnte. "Hummer", flüsterte ich und betrachtete das Schalentier auf meinem Teller. "Alles in Ordnung?", fragte mich Yoshifudo-sama, "sie sehen so blass aus. Essen sie etwa keinen Hummer?" Bestimmt würde ich ihn essen - wenn ich wüsste, wie ich die Schale abbekommen würde, ohne wie so ein Neandertaler auszusehen, der versuchte, seine Beute zu erlegen. "Sie ist Vegetarierin", sagte auf einmal Kaiba, "ich habe nicht daran gedacht, als wir die Bestellung aufgenommen haben. Bitte verzeih', mein Schatz. Ich lasse umgehend etwas anderes für dich herbringen." >Mein Schatz< hallte durch meinen Kopf. Wer zur Hölle war dieser Mann, der gerade zu mir gesprochen hatte?! Kaiba wollte wirklich einen Deal mit diesem Mann eingehen. Dass er über Leichen ging, wusste ich ja, aber dass er charmant sein konnte, überforderte mich kurzzeitig. Verlegen nickte ich, mache mich klein, weil der Fokus auf mich und meinem >Sonderstatus< lag. Jetzt hielten mich alle für eine Vegetarierin. Naja, immer noch besser als mich hier vor allen zum Obst zu machen. "Danke, Seto", hauchte ich und meinte es auch so. Ich war erleichtert, dass er mich wenigstens jetzt nicht im Stich ließ. Während der Mahlzeiten wurde nicht viel geredet. Die meiste Zeit erzählte Yoshifudo von seinen Hobbys oder schwärmte von seiner Oldtimer-Sammlung. Neben mir spürte ich Seto Kaibas Anspannung. Er wechselte nur wenige Worte mit Yoshifudo und wenn, versuchte er das Gespräch rein geschäftlich zu halten. Wie ich Kaiba einschätzte, hatte er wenig Ahnung von Smalltalk. Auf Fragen wie >wann findet die Hochzeit statt< oder >haben Sie sich schon für eine Location entschieden< kam ich dann ins Spiel. Ich musste mir irgendwas aus den Fingern ziehen und hoffen, dass sie mit ihren Fragereien nicht zu sehr ins Detail gingen. "Würden Sie mich auf die Toilette begleiten?", Yoshifudos Frau winkte mich zu sich heran und weil ich glaubte, dass man mir eh keine Wahl lassen würde, nickte ich und begleitete sie. Nach zehn Minuten kehrten wir zurück; Yoshifudo-san mit einem Lächeln im Gesicht und ich tiefrot wie eine Tomate. "... genießen Sie einfach den Abend mit ihrer bezaubernden Verlobten." Yoshifudo-sama lächelte seine Frau an. Während der Geschäftsmann fröhlich weiter erzählte, spürte ich eine dunkle Aura, die sich neben mir ausbreitete. Seto Kaiba hatte die Lippen zusammengepresst. Sein Blick ging ins Leere und ich war froh, dass er niemanden damit traf - ganz besonders mich, denn seine Augen waren auf Angriff übergegangen. Für den Rest des Abends sagte er nichts mehr. Ließ das Essen stumm über sich ergehen. Egal, was die Männer miteinander beredet hatten, das Gespräch war nicht zu Kaibas Zufriedenheit ausgegangen. Na das konnte ja heiter werden… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)