Unspoken von Tasha88 ================================================================================ Kapitel 21: Kapitel 21 ---------------------- Die Stimmung war niedergeschlagen, das zog sich schon durch den ganzen Tag. Doch Mario konnte es verstehen. Es war unklar, wann Elsa und Hannah sich das nächste Mal sehen würden, persönlich. Kontakt hatten sie regelmäßig, ob Nachrichten oder Anrufe mit Video, trotzdem war es etwas anderes, so Zeit miteinander verbringen zu können. Die Stimmung der beiden Frauen hatte sich auch auf Masaru ausgewirkt. Er war sehr weinerlich und klammerte sich regelrecht an Hannah. Sie liefen gemeinsam durch das Flughafengebäude, zeigten dem Jungen, von der Besucherterrasse aus die startenden und landenden Flugzeuge, was diesen total begeisterte. Trotzdem hielt er Hannahs Hand in seiner, weigerte sich, diese loszulassen. Ihren Koffer hatte sie bereits aufgegeben, sie hatten aber noch ein wenig Zeit, ehe sie durch die Sicherheitskontrolle musste. “Mama”, gab Masaru auf einmal von sich und starrte diese mit großen Augen an. “Muss Pipi!” “Oh, dann aber schnell. Komm.” Elsa hielt ihm ihre Hand entgegen und gleich darauf liefen sie gemeinsam zu den Toiletten. Mario und Hannah sahen ihnen hinterher. “Mario?”, richtete Hannah an ihn. Fragend blickte er sie an. “Ja?” Sie trat zu ihm, sah ihn mit schief gelegtem Kopf an. “Ich wollte dir nur noch sagen, dass du ein toller Papa bist. Wie du mit Masaru umgehst, wie sehr du ihn liebst … Ich wünschte, Elsa wäre ehrlich zu dir gewesen, von Anfang an. Sei ihr bitte nicht mehr böse. Sie hat es dir nicht verschwiegen um dich zu verärgern, sie wollte nur, dass du glücklich wirst.” Mit vor Erstaunen geweiteten Augen sah Mario seine Gegenüber immer noch an. Was Hannah da gesagt hatte … Langsam schüttelte er seinen Kopf. “Ich bin ihr nicht mehr böse. Ja, ich finde es nicht gut. Ich wünschte mir, dass ich von Anfang an gewusste hätte, dass es Masaru gibt, beziehungsweise, dass er auf dem Weg ist. Dass ein Kind entsteht, dazu gehören immer zwei Personen. Ich hätte sie unterstützt, immer und überall. Ich wäre für sie, für sie beide dagewesen. Sie bedeuten mir unglaublich viel.” Ein Lächeln trat auf Hannahs Züge. “Elsa bedeutet dir viel?” Marios Wangen bekamen einen roten Schimmer. “Natürlich”, murmelte er, “sie ist Masarus Mutter.” “Sie ist mehr für dich, oder? Also mehr als nur die Mutter deines Sohnes.” Seine Wangen wurden dunkler, er antwortete jedoch nichts. “Ich habe euch beide die letzten Tage betrachtet. Elsa und du … zusammen mit Masaru, ihr wirkt wie eine Familie.” Sie lächelte immer noch, konnte es nicht abschalten, wollte es auch gar nicht. “Ich habe es Elsa erst gesagt. Ihr beide, ihr seid so ein harmonisches Team, ihr funktioniert Hand in Hand. Ihr beide liebt euren Sohn und tut alles für ihn. Aber ich habe auch euch beide beobachtet, dich. Wie du Elsa ansiehst, ihr hinterher blickst, wenn sie irgendwo hingeht. Wie du alles dafür tust, dass es ihr gut geht, ihr versuchst jeden Wunsch direkt von den Augen abzulesen. Sie bedeutet dir viel. So viel mehr, als dass ihr einfach nur ein gemeinsames Kind habt. Dann ist da ja auch noch eure Vorgeschichte, die Gefühle, die ihr beide füreinander hattet, die auch der Grund dafür sind, dass es Masaru heute gibt. Und ich will ehrlich sein, ich glaube, dass es diese Gefühle immer noch gibt.” Mario blinzelte erstaunt, ehe er lächelte und seine Hände in seine Hosentaschen schob. “Weißt du Hannah, ich war eifersüchtig auf dich, von Anfang an.” “Was?” Nun war sie es, die ihn erstaunt anblinzelte. Mit so einer Aussage hatte sie nicht gerechnet, vor allem nicht, nachdem sie ihm seine Gefühle auf den Kopf zugesagt hatte. “Du hast Elsas ganze Schwangerschaft miterlebt, vermutlich sogar die ersten Tritte von Masaru zu spüren bekommen. Sie hat sich mit dir austauschen können, mit dir über alles reden. Dann hast du meinen Sohn von der Geburt an erlebt. Alle seine ersten Entwicklungen. Seine ersten Lächeln, seine ersten Zähne. Als er zu essen begonnen hat. Seine ersten Schritte, die ersten Worte. Du warst von Beginn an eine sehr enge Bezugsperson für ihn. Du hast alle die Dinge erlebt, die ich gerne erlebt hätte, es aber nie getan habe und auch die Chance dazu niemals wieder haben werde. Er war fast drei, als ich ihn kennengelernt habe. Wie gesagt, ich war so eifersüchtig auf dich, darauf, dass du das alles erlebt hast. Aber jetzt, nachdem du bei uns zu Besuch warst, mir gezeigt hast, wie sehr du meinen Sohn liebst - jetzt bin ich einfach nur dankbar für dich. Dafür, dass du für Elsa da warst, diese ganze Zeit durch. Dass du sie unterstützt hast. Dafür, dass du Masaru so in dein Herz geschlossen hast und auch für ihn da warst. Ich hoffe, dass du das weiterhin bist.” Tränen waren in Hannahs Augen getreten, die sie berührt wegwischte. “Das werde ich”, hauchte sie. “Das hoffe ich. Und ich hoffe, wir schaffen es, dass du uns wieder, regelmäßig besuchen wirst. Du bist immer bei uns willkommen. Du gehörst zur Familie. Du bist für Elsa wie eine Schwester und für unseren Sohn wie eine Tante. Nein, du bist seine Tante.” Sie nickte. “Danke.” “Danke dir.” “Trotzdem”, sie zwinkerte ihm zu, “du hast nicht auf meine Aussage reagiert.” Er zuckte mit seinen Schultern. “Was soll ich auch sagen? Du scheinst ja bis auf den Grund meiner Seele zu sehen.” Hannahs Augen begannen zu leuchten. “Du liebst sie noch?” “Ich habe nie damit aufgehört, auch wenn ich es lange zu unterdrücken versucht habe, lange wütend auf sie war. Aber das alles hat nichts an meinen Gefühlen für sie geändert.” Nun strahlte alles an seiner Gegenüber. “Sag ihr das.” “Irgendwann werde ich das sicher … aber … bist du sicher, dass ich das soll? Ich will sie nicht verlieren, ebenso wenig wie Masaru. Ich darf das alles nicht riskieren.” “Mario”, Hannah legte eine Hand auf seine Schulter, sah ihn ernst an, “sag es ihr. Du wirst nichts riskieren, glaube mir. Solange du es ihr nicht sagst, riskierst du es, euch zu verlieren. Ihr drei, ihr seid schon eine Familie. Macht es einfach offiziell.” Und noch ehe einer von ihnen etwas weiteres sagen konnte, stießen Elsa und Masaru wieder zu ihnen. ~~~ Zwanzig Minuten später verabschiedeten sich Elsa und Hannah unter Tränen voneinander, hätten sich am liebsten gar nicht mehr losgelassen. Auch Masaru wurde von Hannah fest gedrückt. Sie umarmte auch Mario, flüsterte ihm zu, dass er Elsa und ihren Sohn weiterhin glücklich machen sollte, ehe sie durch die Sicherheitskontrolle ging. Mario trat neben Elsa, die Masaru auf dem Arm hatte und an sich drückte. Er legte einen Arm um sie und gemeinsam sahen sie Hannah hinterher, winkten ihr, bis sie nicht mehr zu sehen war. Anschließend gingen sie drei wieder auf die Besucherterrasse und sahen noch zu, wie Hannahs Flugzeug Richtung Deutschland startete, ehe sie sich zusammen auf den Nachhauseweg machte. ~~~ “Er schläft. Er war total aufgewühlt, aber das wundert mich nicht.” Elsa seufzte. “Hannah und ich waren ja nur am weinen, natürlich hat das Masaru auch mitgenommen. Es tut mir wirklich leid.” Sie sah zu Mario, zu dem sie in die Küche getreten war. Er lächelte sie an. “Du musst dich doch nicht entschuldigen, Elsa. Du und Hannah, ihr wart traurig. Das sind Gefühle, die eben dazu gehören. Das kann auch Masaru wissen und lernen. Zudem bin ich mir sicher, dass ihr euch bald über ein Videotelefonat sehen werdet. Außerdem wird uns Hannah auch wieder besuchen, sie ist hier immer willkommen.” Elsas Augen weiteten sich erstaunt, ehe sie lächelte. “Oh Mario. Danke.” “Nicht dafür. Ich mag sie, sie ist sehr sympathisch, wenn auch manchmal sehr … offen und direkt, aber das wird wohl an ihrer Mentalität zu liegen. Die Deutschen sind halt anders.” Ein Lachen entkam Elsa. “Das stimmt wohl. Glaube mir, es war teilweise sehr überfordernd, als ich in Deutschland angekommen bin. Mit der Zeit wurde es einfacher. Auch wenn sie mich die Tage wieder oft durcheinander gebracht hat. Anscheinend bin ich schnell wieder in das japanische Verhalten eingetaucht.” “Es war wohl immer in dir.” Mit einem Schmunzeln zwinkerte Mario ihr zu. Sie lächelte immer noch, wurde dann plötzlich ernst. Was hatte Hannah gesagt? Sie musste ehrlich sein. Zu sich, zu ihm … zu ihnen beiden … Langsam trat sie auf ihn zu und auch er wurde ernst. Das Schmunzeln erlosch und er sah mit großen Augen zu ihr hinunter, unsicher, was sie da tat. Da legte sie ihm schon beide Hände auf die Brust, spürte, wie sein Herzschlag unter ihrer Handfläche zunahm. “Trotzdem … Mario, ich bin dir sehr dankbar, dass Hannah hier wohnen durfte, bei uns. Dass wir dein Bett bekommen haben. Es bedeutet mir viel und ich werde es dir niemals vergessen.” Und dann stellte sie sich auf ihre Zehenspitzen, hob ihren Kopf und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Wange, verharrte in dieser Stellung einen Augenblick mit geschlossenen Augen. “Lass eure kleine Familie Wahrheit werden”, schossen ihr Hannahs Worte durch den Kopf. Wahrheit … sie wollte es. Sie wollte, dass sie eine Familie waren. Nicht nur auf Bildern, in Wirklichkeit. Und dann nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, zog ihre Lippen über seine Wange weiter und dann streifte sie seine Lippen. Ihr Herzschlag explodierte fast in ihrer Brust. Es fühlte sich so gut an, alles in ihr zog sich genussvoll zusammen. Sie wollte das hier … Doch … Mario regte sich nicht. Als sie ihre Augen öffnete, erkannte sie, dass er sie mit großen Augen anstarrte. Was sich in ihr gerade noch genussvoll zusammengezogen hatte, schmerzte plötzlich. Sie machte einen Schritt nach hinten und löste sich von ihm. “Ent-entschuldigung”, stotterte sie und wollte sich umdrehen, verschwinden, einfach nur von ihm wegkommen. Da legten sich seine Hände um sie, zogen sie erneut an sich. Seine dunklen Augen legten sich warm auf ihre, musterten sie genau, sein Blick huschte von einem Auge zum andern, dann senkte er seinen Kopf. Elsas Herztakt nahm erneut zu und alles in ihr begann zu kribbeln, noch mehr, als sie seinen Atem auf ihren Lippen spürte und genau dann, als sich ihre Münder berührten, nur ganz leicht, nicht richtig … erklang ein lautes Heulen. Beide erstarrten, ehe sie zur Seite sahen. Ein Seufzen entkam Mario. “Unser Timing ist echt verdammt schlecht”, murmelte er. “Anscheinend”, erwiderte Elsa. Sie löste sich aus seinen Armen, blickte ihn noch einmal entschuldigend an, ehe sie sich auf den Weg zu ihrem Sohn machte, der immer noch weinte und nun laut nach ihr verlangte. Mario blickte ihr hinterher und seine Finger landeten auf seinen Lippen. Sie hatten sich fast geküsst … Und dann begann er zu strahlen, ein Lächeln nahm seine Züge ein. Der Kuss war von Elsa ausgegangen. Das bedeutete doch eindeutig, dass sie doch etwas für ihn empfand und dass da doch noch sehr viel mehr zwischen ihnen war … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)