Kowareta Hane von MAC01 (Gebrochene Flügel) ================================================================================ Kapitel 1: Freund? ------------------ Ein schwerer Schweißgeruch hing in der Luft der Männerumkleide des Kendō-Sportzentrum Konohagakure. Aus der angegliederten Gruppendusche war das Rauschen von Wasser, welches dort aus mehreren Duschen kam, zu hören. Dampfschwaden quollen aus der offenen Verbindungstür in die Umkleide. Uchiha Sasuke kniete im Fersensitz vor seinem Spind. Seine Schutzausrüstung lag ordentlich neben ihm, während er sein Hakama - eine Art plissierter Hosenrock mit weitgeschnittenen Beinen - und Keiko-Gi - die Trainingsjacke -, sowie sein Tengui - ein Kopftuch - noch trug. Nachdem er als erstes die Umkleide erreicht hatte, hatte er sich mit dem Rücken zum Raum gesetzt, sich seine EarPods in die Ohren eingehakt und so getan, als würde er meditieren. Was niemand seiner Konkurrenten ahnen konnte war, dass aus den EarPods gar keine Musik kam. So konnte Sasuke mit seinem Gehör auf die Umgebung achten, während er wartete. Er wartete darauf, dass die anderen Kämpfer ihre Kampf- und Kleidungskomponenten ablegten und unter die Duschen gingen. Dann geduldete er sich bis sie fertig geduscht hatten, zurück in die Umkleide kamen, sich abtrockneten, anzogen und gingen. Seine stoische Ruhe, die er nach außen vorgab, wiegte die anderen in Sicherheit und ließ sie sogar gelegentlich über ihn sprechen. Manchmal war es für Sasuke schwer, den Schein zu wahren, vor allem, wenn ihm die anderen Kämpfer Arroganz oder Überheblichkeit vorwarfen. Aber, sagte sich Sasuke in solchen Momenten, diese Schlüsse waren nicht die Schuld seiner Mitbewerber, sondern seine, da er diesen Eindruck ja gezielt provozierte. Erst, als auch der letzte Kämpfer die Umkleide verlassen hatte, nahm Sasuke sich die EarPods aus den Ohren, stand auf und ging zur Ausgangstür der Umkleide. Er wartete noch einen kleinen Moment, dann schob er den Riegel der Tür vor und konnte sich nun sicher sein, dass niemand reinkommen würde, während er duschte. Erst nach dieser Tätigkeit begann er seine verschwitzte Kleidung abzulegen und ordentlich zusammenzulegen. Dann suchte er die leere Gruppendusche auf und ließ sich vom heißen Wasser den Schweiß vom Körper spülen. Es dauerte mehrere Minuten, in denen er einfach nur so dastand. Schließlich nahm er das mitgebrachte Duschgel und seifte sich ein. Als der letzte Seifenrest von seinem Körper und aus dem Haar gewaschen war, drehte er das Wasser ab, schlang sich ein Handtuch um die Hüfte und ging zurück in die Umkleide. Während seine Haut lufttrocknete, packte er seine Kampfausrüstung ordentlich in eine Trainingstasche. Danach schlüpfte er in frische, im Spind hängende Kleidung, frottierte sich sein Haar kurz trocken und warf das Handtuch in den bereit gestellten Wäschesammler. Er schulterte dann seine Trainingstasche, blickte sich noch einmal kurz um, ob er etwas vergessen hatte, und ging zurück zur Eingangstür der Umkleide. Er schob den Riegel zurück und öffnete sie. Doch bevor er hinaus treten konnte, blieb er noch einmal überrascht stehen, denn sein älterer Bruder stand vor ihm und lächelte ihn mehr als stolz an. "Du hast sehr gut gekämpft, Brüderchen", lobte der Ältere ihn, was Sasuke kurz seinen Kopf in einer angedeuteten, verkürzten Verbeugung bringen ließ. "Danke. Ich hab gedacht, du hättest es heute nicht geschafft", erwiderte Sasuke ruhig, während er aus der Umkleide trat und damit Itachi die Möglichkeit gab, ihm einen Arm um die Schultern zu legen, während er ihm die schwere Tasche mit der anderen Hand abnahm. Itachis Arm wirkte auf Sasuke unlängst schwerer als die volle Trainingstasche. "Ich würde niemals einen Kampf meines Bruders und meines besten Schülers verpassen", belehrte Itachi ihn sanft. "Hast du denn schon die CD geholt?", fragte Sasuke. Es war nicht unüblich, dass solche kleine Turniere, wie diese Präfekturmeisterschaft, von den Turnierveranstalter oder regionalen Zeitungen und Nachrichtensendungen aufgezeichnet wurden. Itachi nickte. "Aber selbstverständlich", lächelte Itachi ihn weiter an. "Was hältst du davon, wenn wir..." "Sasuke-senpai", hörten die beiden Brüder eine Stimme hinter ihnen, was Itachi ungewollt unterbrach und Sasuke sich erstaunt umdrehen ließ. Hinter ihm stand ein blonder, junger Mann in seinem Alter, der ihn breit angrinste. "Glückwunsch zur Meisterschaft." "Ähm... woher...", begann Sasuke kurz, bevor er sich wieder auf seine Erziehung besann, sich ganz zu dem Blonden umwandte und ihm kurz dankend zunickte. "Danke." "Das war ein großartiger Kampf am Ende", kam es sofort wieder von dem leicht gebräunten Blonden, der versuchte das Gespräch am Laufen zu halten. "Hätte nicht gedacht, dass Kendō so spannend sein kann." "Sasuke...", kam es leise von Itachi, woraufhin Sasuke ihn kurz irritiert anschaute und ihm dann einfiel, dass sein Bruder nicht wissen konnte, wer da vor ihnen stand. "Entschuldige bitte", kam es sofort wieder reserviert von Sasuke, der sich zu dem Blonden wandte. "Das ist mein älterer Bruder, Uchiha Itachi. Onii-sama, das ist Uzumaki Naruto. Er ist seit diesem Semester an der Uni und wir besuchen einige Kurse gemeinsam." Naruto schien von der förmlichen Art des Uchiha durchaus überrascht, behielt aber sein Lächeln. Er verbeugte sich leicht vor Itachi, der die Verbeugung zumindest im Ansatz mit einem Nicken erwidert. "Freut mich, dich kennenzulernen, Uzumaki Naruto", kam es freundlich von Itachi. "Ich wollte euch nicht aufhalten und dir nur zu deinem Titel gratulieren", kam es von Naruto, der noch einmal etwas breiter grinste, bevor er sich noch einmal kurz verbeugte und dann zum Gehen wandte. Sasuke blickte ihm einen kurzen Moment hinterher, bevor er sich wieder in die ursprüngliche Laufrichtung drehte. Als er den ersten Schritt machte fiel ihm auf, dass Itachi immer noch stand und Naruto hinterher sah. "Du hast endlich einen Freund gefunden?", fragte Itachi verblüfft, als er sich zu Sasuke wandte. "Freund?", kam es überrascht von Sasuke, der sofort den Kopf schüttelte. "Wir... wir sind nur Kommilitonen und haben drei Kurse und eine Arbeitsgruppe gemeinsam." "Er ist den weiten Weg vom Campus hergefahren, um sich deine Kämpfe anzuschauen", kommentierte Itachi, während er seinen Arm wieder um Sasukes Schulter legte. "Das macht man nicht für jeden." Sasuke warf im Laufen noch einmal einen Blick über seine Schulter zurück und sah, wie Naruto durch einen anderen Ausgang ins Freie verschwand, bevor Itachi ihn durch einen anderen führte. "Freunde sind etwas Gutes, Brüderchen. Es ist wichtig im Leben, dass man auf jemand vertrauen kann", predigte Itachi sanft. "Ich vertraue dir", erwiderte Sasuke mit einer leicht trotzigen Nuance in der Stimme. "Ich weiß und dafür bin ich dir sehr dankbar", lächelte Itachi. "Aber das ist nicht das Selbe, wie ein Freund zu haben." "Freunde werden überbewertet", kam es sich verschließend von Sasuke, während sie den Platz überquerten und den Parkplatz ansteuerten, auf dem Itachi seinen Wagen geparkt hatte. "Freunde sind wichtig", wiederholte Itachi sanft. Sasuke erwiderte nichts dazu. Schon seit Jahren versuchte Itachi, ihn dazu zu bewegen, mehr soziale Interaktionen zuzulassen und sich Freunde zu suchen. Doch Sasuke konnte nicht verstehen, warum sein älterer Bruder so beharrlich in diesem Punkt war. "Also...", begann Itachi, nachdem sie eingestiegen waren und sich anschalten. "Was kannst du mir über diesen Uzumaki Naruto erzählen?" . Kapitel 2: Sorgen? ------------------ Als Itachi in die Garage fuhr, fiel ihm sofort auf, dass sein jüngerer Bruder noch nicht zu Hause war. Wenn er da wäre, dann wäre die Hälfte aller Lichter im Haus bereits an und würden es von innen heraus erleuchten. Das Haus stand aber in der beginnenden Dämmerung dunkel da. Der Ältere stieg aus seinem Auto aus, ging zum Kofferraum und nahm die beiden Stofftüten heraus, die mit Einkäufen gefüllt waren. Dann schloss er seinen Wagen ab und ging zur Haustür. Als er diese öffnete, bestätigte sich sein Verdacht mit dem Blick in den Genkan - dem traditionellen Eingangsbereich in Wohnungen oder Häusern. Dort fehlten Sasukes Straßenschuhe und dessen Hausschuhe standen noch ordentlich da. Also war er auch nicht schon da gewesen und noch einmal fort gegangen - was schon untypisch für seinen Bruder gewesen wäre. Die aufkommende Panik gestattete sich der Ältere nur fünf kurze Sekunden. Dann atmete er kurz durch und schob die Angst um seinen Bruder zur Seite, zog seine eigenen Schuhe aus und schlüpfte in die Hausschuhe. Nachdem er seine Schuhe ordentlich hingestellt hatte, trug er die Einkäufe in die Küche. Dort blickte er erneut auf die Wanduhr über der Tür. Es war bereits kurz nach sechs Uhr. Normalerweise kam Sasuke gegen 17.00 Uhr nach Hause, lernte bis Itachi nach Hause kam und dann kochten sie gemeinsam, bevor sie zu Abend aßen. Meist trainierte Sasuke nach dem Essen noch ein oder zwei Stündchen, bis er ins Bett ging. Also, wo war sein Bruder? Itachi stellte die Stofftüten auf die Anrichte und zog sein Handy aus der Hosentasche. Er hatte keine neuen Nachrichten. Wieder keimte die Panik auf, die er sofort zu ersticken versuchte. Sasuke war 19 Jahre alt und Student. Sicherlich konnte seine Verspätung plausibel erklärt werden. Kurz spielte der Ältere mit dem Gedanken seinen Bruder anzuschreiben, verwarf die Idee dann aber wieder. Er wollte nicht zur Glucke mutieren und Sasuke das Gefühl geben, dass eine außerplanmäßige Aktivität falsch sei oder er sich immer und ständig bei ihm zu melden hatte. Als Itachi eilige Schritte auf dem Weg zur Haustür hörte, war er bereits dabei, das Gemüse für das Abendessen zu schälen. Sein Blick richtete sich aus dem Augenwinkel zur Uhr, die ihm verriet, dass es halb sieben war. Dann hörte er, wie die Eingangstür hastig aufgeschoben und wieder geschlossen wurde. Ein dumpfes Geräusch ließ ihn vermuten, dass sein Bruder die Schuhe gewechselt und seine Straßenschuhe achtlos liegen gelassen hatte. Dann kamen eilige Schritte zum Durchgang der Küche. "Entschuldige bitte, dass ich heute so spät bin", meinte Sasuke höflich und respektvoll, bevor er neben seinen Bruder trat. Von einem nahen Haken hatte er seine Schürze genommen und band sie sich um die Hüfte, so wie es sein älterer Bruder schon vor zwanzig Minuten getan hatte. Er wusch sich noch schnell die Hände und nahm schließlich ein großes Gemüsemesser zur Hand und begann, das bereits geschälte Gemüse erst in dünne Scheiben und dann in ebenso schmale Stifte zu schneiden. "Was hat dich denn aufgehalten?", fragte Itachi interessiert nach, der erleichtert war, dass seine Vernunft Recht behalten und er seiner Angst und Panik um seinen jüngeren Bruder nicht nachgegeben hatte. "Die Lerngruppe hat länger gedauert", meinte Sasuke ruhig, während er konzentriert seine Aufgabe verrichtete. "Es überrascht mich, dass du dieses Semester in die Lerngruppen gehst", merkte Itachi an, der weiter Gemüse schälte. "Letztes Semester hast du gemeint, dass dich diese Gruppen nicht weiterbringen und nur ausbremsen würden." "Sie bringen mich auch nicht weiter. Aber einer meiner Professoren meinte, dass es nicht immer um mich geht. Wenn ich den Stoff gut verstehe, solle ich anderen helfen, die ihn vielleicht nicht so gut verstünden", erklärte Sasuke. "Achso", kam es überrascht von Itachi, der nicht damit gerechnet hätte, dass so ein Argument seinen Bruder überzeugen würde. Immerhin mied sein Bruder jeglichen sozialen Kontakt, wo auch immer es möglich war. Doch dann kam ihm ein anderer Gedanke. "Und ist dieser blonde Kommilitone von dir auch in dieser Lerngruppe? Dieser... Uzumaki Naruto?" Sasuke stockte kurz beim Kleinschneiden, bevor er sich besann und weiter das Messer wiegte. "Ja", war seine schlichte Antwort. Dabei versuchte er, so normal wie möglich zu klingen, um seinen Bruder nicht wieder anzuheizen, weitere Fragen zu stellen. "Wie macht er sich denn so an der Uni?", fragte Itachi dennoch. "Keine Ahnung", meinte Sasuke und zuckte mit den Schultern. Er wollte gleichgültig wirken, aber ob ihm das gelungen war, wusste er nicht einzuschätzen. Nicht gegenüber seinem Bruder. "Aber du bist doch mit ihm in einer Lerngruppe", hakte der Ältere lächelnd weiter nach. "Klar...", antwortete Sasuke und wusste, dass sich Itachi mit seinen kurzen, wortkargen Antworten nicht abspeisen lassen würde. "Er... ist faul und schlampig." "Faul und schlampig?", fragte Itachi überrascht nach. "Ja, seine Mitschriften sind, wenn überhaupt, lückenhaft. Seine Handschrift kaum zu entziffern. Er bereitet sich weder auf den Unterricht, noch auf die Lerngruppen vor und gerade heute musste ich ihm viel erklären, was er am Vormittag in der Vorlesung eigentlich hätte mitbekommen müssen", zählte Sasuke ungehalten auf. "Dafür, dass er ein Stipendium hat, scheint er nicht gerade viel dafür zu tun, es auch zu behalten." "Er hat ein Stipendium?", kam es überrascht von dem Älteren. "Ähm... ja... er war wohl das erste Semester an einem Community Collage und hat erst dann ein Stipendium ab dem zweiten Semester erhalten", erzählte Sasuke. "Das heißt, seine Eltern kommen aus der Unterschicht?", fragte Itachi. Doch Sasuke zuckte erneut nur mit den Schultern. "Keine Ahnung, hab nicht gefragt", wiegelte der Jüngere ab. "Nicht?", kam es erneut überrascht von Itachi, der seinen Bruder nun direkt lächelnd ansah. "Warum hätte ich?", kam es verwirrt von dem Studenten. "Hm... keine Ahnung. Hätte ja sein können, dass es dich interessiert...", mutmaßte Itachi, was Sasuke dazu brachte, das Messer kurz abzulegen und sich zu seinem Bruder zu wenden. "Wieso?", fragte Sasuke erneut. "Nur so... weil man sich für gewöhnlich ein klein wenig für seine Kommilitonen interessiert und solche Sachen austauscht?", stellte Itachi gespielt unwissend in den Raum. "Bringt mich sowas in meinem Studium weiter?", fragte Sasuke etwas unwirsch und zeigte deutlich seine ablehnende Haltung gegenüber dieser Thematik. Vorsichtig legte Itachi eine Hand an Sasukes Wange und sorgte dafür, dass sein Bruder ihn ansah. "An der Uni geht es nicht nur um das Studium an sich", begann Itachi und lächelte jetzt etwas sanfter. "Es geht auch darum, Kontakte zu knüpfen und Freundschaften fürs Leben zu bilden." "Du klingst wie eine kaputte Schallplatte", erwiderte Sasuke leise und fast schon etwas scheu, während er den Blickkontakt zu seinem Bruder brach. "Ich hab Hunger. Hast du schon den Reis aufgesetzt?" Innerlich seufzte Itachi, nach außen behielt er sein sanftes Lächeln, löste sich aber von seinem Bruder. "Mach ich sofort", meinte Itachi und ging den Reis abmessen und gründlich waschen. Dabei blickte er zu seinem Bruder, der dabei war, das frisch gekaufte Geflügelfleisch in mundgerechte Stücke zu schneiden. Er wusste, dass sein Bruder sich nach Gesellschaft sehnte. Er hatte ihn in den letzten Jahren mehr als einmal versuchen sehen, Kontakte zu anderen zu knüpfen. Doch die scheinbar unüberwindliche Angst, die Sasuke beherrschte, ließ fast jeden dieser Versuche fehlschlagen und hielt den Jüngeren weiterhin in Einsamkeit gefangen. Aber vielleicht... würde dieser Uzumaki Naruto seinem Bruder ja helfen aus seinem Käfig auszubrechen... . Kapitel 3: Peinlich? -------------------- Die Sonne blendete Sasuke, als er aus der Fakultät seines Studienganges ins Freie trat. Er war kaum drei Schritte gegangen, als er hinter sich Narutos Stimme hörte, die nach ihm rief. "Sasuke-senpai", drang es durch das wirre Gemurmel der umgebenden Menschen an Sasukes Ohr. Doch Sasuke dachte gar nicht daran, stehen zu bleiben und Naruto seine Aufmerksamkeit zu schenken. Stattdessen tat er das, was er immer tat, wenn jemand unerwünscht Kontakt zu ihm suchte: Er ignorierte den Ruf. Doch nach ein paar weiteren Schritten schob sich Naruto neben ihn, der wohl gerannt war, um zu ihm aufzuschließen. In diesem Moment bereute Sasuke, dass er sich seine EarPods noch nicht in die Ohren gehakt hatte. Aber in der Masse der Menschen hatte er befürchtet, dass sie durch einen Rempler runterfallen und verloren gehen könnten. "Hey, Sasuke-senpai", lachte Naruto ihn gut gelaunt an und Sasuke konnte sich dem Blonden einfach nicht entziehen. "Darf ich dich auf einen Tee einladen?" "Ich habe schon etwas vor", erwiderte Sasuke ruhig, ohne sich wirklich zu Naruto zu wenden. "Oh... und morgen?", fragte Naruto weiter. "Da hab ich das Gleiche vor", antwortete der Uchiha ruhig und hoffte, dass Naruto verstand, dass es egal war, welchen Tag er vorschlug oder in Betracht zog. Sasuke würde mit ihm keinen Tee trinken gehen. "Ich lege noch ein Stück Kuchen oben drauf", grinste der Blonde auf einmal und Sasuke musterte ihn verblüfft. "Ähm... ich bedaure, dass ändert nichts", versuchte Sasuke, Naruto abzuwimmeln, was Naruto aber nur noch breiter grinsen ließ. "Du bedauerst es? Wie wär es damit: Du sagst mir, wann du Zeit für einen wundervollen Tee und ein herrliches Stück Kuchen hättest und ich sorge dafür, dass ich kann", schlug der Blonde nun vor. Sasuke blieb stehen und sah Naruto nun etwas perplexer an. "Du bist ganz schön aufdringlich", stellte Sasuke nüchtern fest. "Manchmal muss man das sein, sonst erreicht man nichts", lächelte Naruto und Sasuke musste zugeben, dass das Lächeln dem Blonden wesentlich besser stand, als das übertriebene Grinsen. "Ich kann in der nächsten Zeit wirklich nicht", erklärte der Schwarzhaarige. "Also bitte frag mich nicht mehr." "Komm einfach zu mir, wenn du mal ein Stündchen Zeit hast. Das Cafe ist auch nicht weit von hier", meinte Naruto, verbeugte sich dann respektvoll vor Sasuke, wandte sich um und lief dann in eine andere Richtung davon. Die Verbeugung hatte Sasuke die Verlegenheit als Röte auf die Ohren gelegt. "Ich weiß gar nicht, wann ich dich das letzte Mal verlegen gesehen habe", hörte Sasuke plötzlich eine Stimme, die er hier nicht erwartet hätte. Als er sich umwandte, stand Itachi vor ihm. "Was tust du denn hier?", fragte er seinen älteren Bruder. "Ich wollte dich überraschen", antwortete Itachi gut gelaunt. "Lust auf shoppen?" "Was ist der Anlass?", hakte Sasuke ruhig nach. "Na ja, einfach so, weil ich dich gerne verwöhne", kam es sanft von Itachi. Sasuke wusste, dass ein Widerspruch nichts bringen würde. Wenn Itachi mit ihm shoppen gehen wollte, dann würde dieser auch seinen Willen bekommen. Aber dagegen hatte Sasuke auch gar nichts, denn es kam selten genug vor, dass sie tagsüber Zeit hatten, um miteinander abzuhängen. "Das hat bestimmt weh getan", merkte Itachi an, als sie sich die Auslage beim Uhrenmacher ansahen. "Was?", fragte Sasuke irritiert, der an der Auslage wenig Interesse hatte. "Der Korb von dir", spezifizierte der Ältere und Sasuke sah ihn verblüfft an. "Woher...", wollte der Jüngere schon fragen, als Itachi ihn breit grinsend ansah. "Ich hab ein wenig von eurem Gespräch mitbekommen und wollte euch nicht unterbrechen", erklärte Itachi. "Du hast gelauscht?", hakte Sasuke etwas geschockt nach. "Na ja, nicht böswillig. Ihr standet mitten auf einem öffentlichen Platz, was den Korb noch ein wenig schmerzhafter oder zumindest peinlicher für Naruto hat werden lassen", erklärte Itachi. "Warum hast du seine Einladung ausgeschlagen?" "...", Sasuke wusste, dass er seine Begründung, die er Naruto gegeben hatte, nicht vor Itachi wiederholen brauchte. Erstens hatte dieser diesen Grund schon gehört und zweitens wusste der Ältere, dass es eine glatte Lüge gewesen war. "Er war mir zu aufdringlich." "Bei einer Einladung zu einer Tasse Tee?", kam es nun überrascht von Itachi. "Es war nicht das erste Mal, dass er mich danach gefragt hat und ich habe ihm schon ein paar Mal zu verstehen gegeben, dass ich nicht daran interessiert bin, mit ihm etwas trinken zu gehen... egal was", erklärte Sasuke und richtete seinen Blick nun doch auf die Auslage, die auf einmal furchtbar interessant geworden war. Alles wäre auf einmal furchtbar interessant geworden, wenn es ihm geholfen hätte, dieses Gespräch damit zu beenden. "Scheinbar möchte er mit dir befreundet sein", merkte Itachi an. "Die Frage ist doch, warum", erwiderte Sasuke und tat so, als würde er sich gerade die Details einer furchtbar teuren Armbanduhr anschauen. "Die Frage ist eher, warum sollte er das nicht wollen?", lächelte Itachi. "Du bist ein kluger, gutaussehender junger Mann geworden. Es wundert mich ohnehin, dass dir nicht eine ganze Scharr Mädels folgt." Wieder wurden Sasukes Ohren rot, wie sie es immer taten, wenn ihm etwas peinlich war oder er verlegen wurde. Tatsächlich hatte es in der Oberschule einen 'Fan-Club' gegeben, in dem sich Mädels zusammengetan und ihn als den interessantesten Junge der Schule erwählt hatten. Diese ungewollte Aufmerksamkeit war damals extrem unangenehm gewesen. "Hattest du denn schon einmal eine Freundin?", fragte Itachi und Sasuke hielt kurz inne. Er hielt sogar für einen Moment den Atem an. "Oder einen Freund?", schob Itachi dann noch ruhig hinterher. Sasuke konnte spüren, wie seine Ohren begannen zu brennen und sich das Gefühl langsam auf die obere Wange ausbreitete. "Beides wäre okay für mich", versicherte Itachi sanfter und in einem leiseren Tonfall. "Du weißt, dass ich bi bin." "Die hier sieht richtig gut aus", meinte Sasuke auf einmal hastig und deutete auf eine matt-schwarze Uhr, die zu den teuersten im ganzen Uhrmachergeschäft gehörte. Itachi nickte und winkte den Fachverkäufer heran, um ihn zu bitten, die besagte Uhr einzupacken. Sasuke wandte sich derweil von der Vitrine mit den Ausstellungsstücken ab und besah sich auf der anderen Seite des Verkaufsraumes weitere Modelle. Einige Augenblicke später schloss Itachi zu ihm auf, der eine kleine Papiertüte in der Hand trug. "Wie wär es mit einem schönen Tee und einem Stück echt guten Kuchens?", fragte Itachi ihn sanft und legte wieder seinen Arm um seinen jüngeren Bruder. Dieser sah zu ihm auf und nickte dann kurz und knapp. Sasuke sah sich in dem kleinen, gemütlichen Cafe um, dass erstaunlicherweise praktisch um die Ecke ihres Wohnhauses lag. Er hatte es noch nie bemerkt oder war gar mal im Inneren gewesen. Das Cafe schien beliebt zu sein. Die Tische waren fast alle besetzt und an der Theke hatten sich zwei Schlangen gebildet. Der Jüngere stöhnte innerlich, denn die Vorstellung sich jetzt in die Schlange einzureihen, um sich Tee und Kuchen zu bestellen, den sie mit nach Hause nehmen konnten, behagte ihm gar nicht. Doch scheinbar war das auch nicht Itachis Ziel, der an den Schlangen vorbei zum Gastraum ging und dort einen leeren Tisch anstrebte. Das behagte Sasuke noch viel weniger, als die Vorstellung länger anzustehen, um sich ein Dessert mit nach Hause nehmen zu können. Gerade als Sasuke Itachi vorschlagen wollte, ein anderes Mal zu kommen, wenn weniger los war, kam eine Bedienung mit sauberer, weißer Schürze an ihren Tisch und begrüßte sie gut gelaunt. Die Stimme war unverkennbar und Sasuke hob überrascht seinen Blick, denn an ihrem Tisch stand Uzumaki Naruto und war bereit ihre Bestellung aufzunehmen. . Kapitel 4: Zufall? ------------------ "Willkommen im Himawari-Cafe", kam es fröhlich und gut gelaunt von Naruto, der zu Beginn seiner Begrüßung damit beschäftig war, seinen elektronischen Notizblock aus der Schürzentasche zu ziehen. Erst als er aufsah, erkannte er die beiden Uchiha-Brüder als seine Gäste. Das mehrte sein Lächeln ungemein und ließ ihn regelrecht strahlen. "Hallo Sasuke-senpai", wandte sich Naruto zuerst seinem Kommilitonen zu, der ihm noch vor ein paar Stunden nach der Vorlesung einen Korb gegeben hatte. Dann nickte er auch dem älteren Uchiha zu, der die Geste freundlich erwiderte. "Naruto, richtig?", fragte Itachi noch einmal nach, obwohl er den Namen des anderen kannte. "Ja, genau", stimmte Naruto zu, bevor er bemerkte, dass Sasuke seinen Bruder kritisch musterte. "Du arbeitest hier?", fragte Itachi und zog Narutos Aufmerksamkeit wieder zu sich. Dieser nickte immer noch breit lächelnd. "Ganz offensichtlich tu ich das, ja", erwiderte er freundlich, aber nicht ohne eine gewisse Spitze, die Itachi ein Lachen abrang. "Natürlich, verzeih die dumme Frage", erwiderte Itachi amüsiert. "Was darf ich euch bringen?", fragte der Blonde nun ganz in der Rolle der Bedienung. "Gibt es etwas, was du uns empfehlen kannst?", fragte Itachi, bevor er hinzufügte: "Ich war nur einmal hier und es ist Sasukes erstes Mal." Wieder wanderte Narutos Blick zu seinem Studienkollegen. "Hm, wir haben noch eine ausgezeichnete Walnuss-Tarte, die viel Lob von unseren Gästen bekommt. Dazu würde ich für dich einen Kirishima Tennen Gyokuro empfehlen. Der zeichnet sich durch Süße, Feinheit und Eleganz aus", schlug Naruto Sasuke vor, dabei bekam seine Stimme einen weichen Fall. Itachi musste ein breites Grinsen unterdrücken, so offensichtlich war Narutos Schmeichelei, die er gerade seinem jüngeren Bruder entgegenbrachte. "Ein... einfacher Matcha reicht mir, danke", erwiderte Sasuke verlegen und blickte zu seinem Bruder. Als er dessen Anstrengungen sah, wurden seine Ohren wieder rot. "Komm schon, Brüderchen... das klang doch echt gut", setzte Itachi an, um seinen Bruder davon abzuhalten, Naruto noch einen Korb am heutigen Tag zu geben. Es brauchte einen Moment des Blickkontaktes zwischen den Brüdern, bevor Sasuke wieder zu Naruto aufsah. "Okay, dann dieser Walnuss-Kuchen und den Tee, den du vorgeschlagen hast", meinte Sasuke geschlagen. Naruto nickte freudig und gab die Bestellung in sein Handteil ein. Dann wandte er sich zu Itachi. "Wir haben einen hervorragenden Pflaumenkuchen mit Früchten eines regionalen Bauern, der uns die Früchte heute Vormittag, direkt nach der Ernte, geliefert hat und dazu würde ich dir einen Asanoyu Tokujou Kabusecha empfehlen, der eine sehr duftend florale Note besitzt und ausgesprochen frisch, süß und mild ist", sprach der Blonde nun dem Älteren eine Empfehlung aus. "Das klingt hervorragend", meinte Itachi und nickte. Naruto notierte sich auch diese Bestellung, nickte dann beiden noch mal zu und verschwand vom Tisch. Sofort schnappte Sasukes Blick wieder zu Itachi. "Hast du gewusst, dass er hier arbeitet?", fragte er mit gedämpfter Stimme. Itachi blickte ihn kurz überrascht an und schüttelte dann kurz den Kopf. "Nein, hab ich nicht", antwortete er seinem Bruder. "Ich war letzte Woche mit Shisui hier... am Vormittag, als du in der Uni warst." Sasuke musterte ihn lange und eingehend, bevor er akzeptierend nickte und sich wieder etwas zurück lehnte. Sein Bruder hatte ihn nie angelogen und von daher hatte Sasuke gar keinen Grund, zu glauben, dass der Ältere es gerade getan hatte. Sasuke starrte vor sich auf den kleinen, runden Tisch, an dem sie saßen. "Was für ein Zufall, oder?", kam es nach einigen Augenblicke von Itachi. "Ja", stimmte Sasuke einsilbig zu. "Aber auch praktisch, oder?", fügte Itachi listig hinzu. "Praktisch?", hakte Sasuke nach und hob seinen Blick zu seinem Bruder. "Nun ja, Naruto arbeitet praktisch um die Ecke unseres Zuhauses... wenn jemand etwas mehr von ihm in Erfahrung bringen wollen würde, könnte er gelegentlich hier vorbeischauen und das eine oder andere Wort mit ihm wechseln", kam es von Itachi, auf dessen Gesicht sich wieder ein sanftes, aber schelmisches Grinsen legte. "Tu dir keinen Zwang an, Bruderherz", gab Sasuke defensiv zurück. "Man, Brüderchen...", kam es gedämpft, aber aufbegehrend. "Warum willst du diese Gelegenheit nicht nutzen?" "Hast du mal dran gedacht, dass es Naruto vielleicht unangenehm sein könnte, dass ich jetzt weiß, dass er hier jobbt?", warf Sasuke etwas angespannter in das Gespräch ein. Jetzt war es an Itachi, über die Worte seines Bruders kurz nachzudenken. "Wie kommst du darauf?", hakte Itachi nach. "Warum sonst sollte er sich einen Job suchen, der so weit vom Campus und den Wohnheimen entfernt ist?", konterte Sasuke mit einer Gegenfrage. "Warum sollte er an einem Sonntag quer durch die ganze Stadt fahren, um sich die Kämpfe eines Kommilitonen anzusehen, mit dem er keinen näheren Kontakt hat?", gab Itachi zurück, was nun Sasuke zum Grübeln brachte. Noch ehe der Jüngere etwas erwidern konnte, kam Naruto mit einem Tablett zurück, auf dem zwei Tellern und zwei Tassen standen. "So, die Herren", lächelte er die beiden charmant an und stellte das Stück Pflaumenkuchen vor Itachi, sowie dessen blumig duftender Tee, bevor er sich Sasuke zuwandte. Vor diesen stellte er den Teller mit einem wahnsinnig aromatisch duftenden Walnuss-Tarte-Stück, sowie dem empfohlem Tee ab. Er verbeugte sich wieder im Ansatz, bevor er sich schon abwenden wollte. "Danke, Naruto", richtete sich Itachi noch einmal an den Blonden, bevor dieser wieder zur Theke zurück ging. "Man, dein Tarte-Stück sieht echt wahnsinnig gut aus." "Sollen wir tauschen?", fragte Sasuke und war schon im Begriff seinen Teller anzuheben, als Itachi seine Hand auf das Handgelenk seines Bruders legte und ihn stoppte. "Dieses Stück Kuchen wurde dir von Naruto wärmstens empfohlen, also probier es bitte auch", meinte Itachi ermutigend. Also stellte Sasuke den Teller wieder hin und griff zur matt-goldenen Gabel. Damit trennte er sich die Spitze der Tarte ab und hob es zu seinem Mund. Als er es sich in den Mund schob, bemerkte er, dass Naruto zu ihnen sah. Doch als der Kuchen seinen Gaumen berührte, konnte Sasuke nichts anderes mehr tun, als verwundert die Augenbrauen heben, während seine Augen sich überrascht weiteten und ein gedämpfter Ton des Genusses aus ihm entwich. So etwas Gutes hatte er ... noch nie im Mund gehabt. Dann sah er, wie Itachi ihn breit anlächelte. "Scheinbar freut sich jemand sehr darüber, dass er deinen Geschmack getroffen hat", raunte der Ältere ihm leise zu und deutete mit einem Blick zur Theke, an der Naruto noch mehr strahlte, während er seine Kollegen dabei unterstützte, die Laufkundschaft zu bedienen. "M... meinst du wirklich, dass er sich freut, weil es mir schmeckt?", fragte Sasuke unsicher nach. "Ich meine, dass der Blonde wirklich gern mit dir befreundet wäre", antwortete Itachi und probierte nun seinen Kuchen, der ihm eine ähnliche Reaktion abverlangte wie zuvor die Walnuss-Tarte seinem jüngeren Bruder. Nachdenklich blickte Sasuke wieder zu Naruto und beobachtete ihn unauffällig, während dieser verschiedenen Aufgaben nachging. . Kapitel 5: Veränderung? ----------------------- Teil: 05 / 24 Warnings: --- Kommentar: --- ***** ***** ***** ***** ***** Dass Sasuke zu den ersten Studenten gehörte, die den Hörsaal betraten, wunderte ihn nicht. Eigentlich war das sogar die Regel. Genauso gehörte der Platz in der hintersten Reihe am Rand des Sitzfeldes zu seinen Regeln. Im besten Fall blieb der einzige Platz neben ihm frei. Nur wenn es sich nicht ohne größeres Aufsehen vermeiden ließ, duldete er jemand direkt neben sich. Gerade als Sasuke sein Tablet aus der Tasche geholt hatte und es an ein Modul mit Tastatur stöpseln wollte, bemerkte er im Augenwinkel, wie ein größerer Schwung Studenten in den Saal kam. Das blonde Haar blitzte nur kurz in der Menge auf, doch es reichte, um Sasukes Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sasuke beobachtete, wie Naruto breit grinsend mit einem anderen Kommilitone schwatzte und einige Stufe hinauf stieg. Scheinbar lagen ihre Plätze eher mittig im Saal. Doch als Naruto sich setzen wollte, sah er zu Sasuke, lächelte und hob zum Gruß kurz die Hand. Kurz erstarrte Sasuke, als er sich bewusst wurde, dass er Naruto angestarrt hatte. Dann nickte er auf seine reservierte Art Naruto zu und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder darauf sein Tablet für den Unterricht endlich bereit zu machen. Dabei schalt er sich selbst gedanklich. Wie hatte er seine Aufmerksamkeit so von Naruto vereinnahmen lassen können? So offensichtlich auch noch? Als das Tablet endlich soweit war und er wieder aufblickte, war der Blonde verschwunden. Kurz zog Sasuke seine Augenbrauen zusammen. Wo war der andere so plötzlich hin? Hatte dieser noch einmal in den Waschraum gemusst? Doch auch von seinen Sachen gab es keine Spur. "Ist hier noch frei?", hörte er plötzlich Narutos Stimme neben sich und ließ Sasuke kurz zusammenzucken, wofür er sich erneut gedanklich schalt. Dann sah er verblüfft zu Naruto, der sich von der gegenüberliegende Seite durch die bereits fast komplett besetzte Reihe durchgeschoben hatte, um zu dem freien Platz neben Sasuke zu kommen. Was sollte Sasuke nun groß erwidern, vor allem da in diesem Moment der Professor in den Saal kam. Also nickte er kurz und nahm seine Tasche von dem Klappsitz und Naruto nahm lächelnd Platz. Seit Itachi mit ihm vor zwei Wochen in diesem Café gewesen war, hatte sich sein großer Bruder zu einem regelrechten Stammkunde dessen entwickelt. Täglich suchte der Ältere das Café auf, mal am Nachmittag, mal am Abend. Wenn er dann nach Hause kam, suchte er sofort Sasuke auf und erzählte ihm eine neue Information über Naruto. Anfänglich hatte Sasuke versucht, diesen Input zu ignorieren. Doch wie alles, was er jemals gehört oder gesehen hatte, blieb die Information in seinem Gedächtnis haften. So hatte Sasuke erfahren, dass Naruto jeden Tag ab 18.00 Uhr in dem Café bis Mitternacht arbeitete, danach sauber machte und abschloss. Dazu kam der weite Weg zum Wohnheim, welches vom Café aus mindestens 45 Gehminuten entfernt lag. Das waren noch einmal anderthalb Stunde Weg, da Naruto - laut Itachi - nicht gern mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fuhr. Da wunderte es Sasuke nicht mehr, dass Naruto selten vorbereitet war oder nicht zum Lernen kam. Daher war der Blonde wohl in den Lerngruppen so bemüht seine Wissenslücken zu schließen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Doch noch immer verstand Sasuke nicht, warum Naruto überhaupt jobbte. Was war denn mit dem Stipendium, dass man Naruto nachsagte? Als die Vorlesung sich dem Ende neigte, spürte Sasuke etwas Neues in sich: Bedauern. Verwirrt versuchte er zu ergründen, was genau er bedauerte. Die Vorlesung war jetzt nicht besonders unterhaltsam gewesen und die vermittelten Informationen hatte Sasuke bereits gekannt. Also bedauerte er nicht das Ende des Unterrichts an sich. Aber was dann? Was war heute anders gewesen, als bei den vielen Malen zuvor in diesem Semester? "Danke, dass du mir damit ausgeholfen hast", kam es leise von Naruto, als er Sasuke seinen Bleistift zurück gab. Er hatte ihn zu Beginn nach einem Schreibstift gebeten, da er seine Stifterolle wohl vergessen hatte. "Kannst du ruhig behalten, oder hast du heute keine Kurse mehr?", erwiderte Sasuke ruhig und räumte sein Tablet in seine Tasche. "Noch drei und die Lerngruppe", meinte Naruto verlegen grinsend. "Dann behalt ihn und nimm auch das", wiederholte Sasuke und reichte Naruto einen geschlossenen Spitzer. Als Naruto ihn entgegennahm, berührten sich ihre Hände und für einen Moment hatte Sasuke das Gefühl, dass die Bewegung und Zeit einfror. Narutos Hand war so weich und warm. Ihm wurde bewusst, dass die Bewegung tatsächlich in der Mitte gestoppt hatte, während alle anderen um sie herum aufstanden und zu einer der beiden Treppen an der Seite des Sitzfeldes nach unten wanderten. Hastig zog Sasuke seine Hand aus Narutos. "Bis später", meinte Sasuke eilig, nahm seine Tasche und stand auf, um - entgegen seiner sonstigen Gewohnheit - in der Masse zu verschwinden. Als Sasuke den Hörsaal verlassen hatte, kämpfte er sich durch den Strom der Studierenden, suchte den nächsten Waschraum auf und stürzte regelrecht hinein, um sich an einem Waschbecken abzustützen. Sein Herz schlug ihm gefühlt bis zum Hals und ließ sein Blut durch die Adern rasen, während er enorm schwitzte. Er drehte das kalte Wasser an, welches er mit beiden Händen auffing und sich ins Gesicht hob. Die Kühle des Wassers tat ihm gut, doch sein Herz wollte nicht aufhören, so heftig zu pochen. Als die Tür des Waschraumes aufging, drehte er den Wasserhahn zu, nahm seine Tasche und suchte eine der Kabinen auf, die er hinter sich verriegelte. Er klappte den Deckel der Toilette runter und setzte sich darauf. Er schwitzte immer mehr und atmete mittlerweile durch den geöffneten Mund. Da wurde ihm bewusst, dass er gerade eine Panikattacke hatte. Er hörte, wie einige Studenten an den Kabine vorbei gingen und an die Urinale traten. Sie lachten, während sie über eine Party, die am Abend stattfinden sollte, sprachen. Einer von ihnen hoffte, ein bestimmtes Mädchen 'abschleppen' zu können. Vom Rest des Gesprächs bekam Sasuke nichts mehr mit, denn das Rauschen des Blutes in seinen Ohren übertönte alles. Das Gefühl für Zeit ging Sasuke verloren und er wusste nicht, wie viel davon vergangen war, als er seine Umgebung wieder bewusst wahrnahm. Alles was er wusste war, dass seine Klamotten nassgeschwitzt an seinem Körper klebten. Langsam löste er seine Arme von seiner Tasche, die er offensichtlich die ganze Zeit an seine Brust gepresst hatte. Er hob die Abdeckung und kramte darin rum, bevor er sein Smartphone fand. Mit klammen Fingern schaltete er es ein und drückte die einzige Schnellwahltaste, die eingerichtet war. Das Gerät hatte kaum eine Verbindung zur gewählten Nummer aufgebaut, als prompt abgehoben wurde. "Sasuke, was ist los?", hörte er Itachis besorgte Stimme und schon allein das half ihm, noch etwas ruhiger zu werden. "Tut mir leid, dass ich dich störe, ...", begann Sasuke kraftlos. "Du störst mich nie, dass weißt du doch", kam es sofort beschwichtigend von seinem Bruder. "Was ist los, Brüderchen?" "Wär... es dir möglich mir Wechselklamotten in die Uni zu bringen?", kam es verlegen von dem Jüngeren. "Klar, schreib mir, wo du dich genau aufhältst, ich bin gleich da", erwiderte Itachi, als sei es das Normalste der Welt, alles stehen und liegen zu lassen, nur um seinem jüngeren Bruder frische Kleidung an die Uni zu bringen. Sasuke war erleichtert und wahnsinnig dankbar, dass sein Bruder keine weiteren Fragen gestellt hatte und immer für ihn zur Stelle war, egal was er gerade tat. . Kapitel 6: Anfang? ------------------ "Bist du sicher, dass ich dich nicht nach Hause fahren soll?", fragte Itachi seinen jüngeren Bruder, der nur kurz nickte. "Ja, ich bin mir sicher", erwiderte dieser und man konnte ihm anhören, dass ihn die Panikattacke viel Kraft gekostet hatte. "Dann hol ich dich nach der Lerngruppe aber ab, okay?", bot Itachi eine Alternative an. Da Sasuke klar war, dass Itachi ihn nur dann in Ruhe lassen würde, wenn er jetzt zustimmte, nickte er erneut. "Wenn noch etwas ist, dann meldest du dich." "Danke", wiederholte Sasuke erneut und reichte die Tüte mit der durchgeschwitzten Kleidung seinem Bruder, der sie direkt entgegennahm und nach Haus bringen würde. "Nicht dafür, Brüderchen", lächelte Itachi sanft. "Dann bis später." Sasuke ahnte nicht, wie schwer es seinem Bruder fiel sich jetzt umzudrehen und ihn hier alleine zurück zu lassen. Die Sorge, dass sein Bruder in seinem angeschlagenen Zustand möglicherweise noch einen heftigeren Anfall kriegen könnte, zerrte an seinen Nerven. Doch er wollte Sasuke zeigen, dass seine Entscheidungen respektiert wurden. Da konnte er sich nicht einfach so über diese hinwegsetzen. Die letzte Vorlesung des Tages neigte sich dem Ende und Sasuke fragte sich, ob es nicht doch besser gewesen wäre Itachis Angebot vor ein paar Stunden anzunehmen. Doch das hätte nur dazu geführt, dass Itachi auch Zuhause geblieben wäre, um sich ein wenig um ihn zu kümmern, wie immer, wenn es ihm nicht gut ging. Dann hätte Sasuke sich wieder mit seinem schlechten Gewissen herum schlagen müssen, welches er immer dann hatte, wenn Itachi für ihn alles stehen und liegen ließ. Wieso war er nur so eine Belastung für seinen älteren Bruder? "Hey, Sasuke", hörte er Narutos Stimme, als er den Vorlesungssaal verließ. Verwundert blickte er den Blonden an, der ihn kurz ernst musterte. "Alles klar bei dir?" Die Frage schockierte Sasuke, doch er hoffte, dass seine Fassade standhielt und darüber hinwegtäuschte. "Klar", antwortete er nur einsilbig. "Du... siehst müde aus", fügte Naruto hinzu. "Die Vorlesung war nicht sehr unterhaltsam", erwiderte Sasuke und hoffte, dass Naruto sich damit begnügte. Dieser schmunzelte kurz amüsiert und nickte. "Was tust du hier?", fragte nun der Dunkelhaarige, der wusste, dass Naruto eigentlich in einem anderen Gebäude eine Vorlesung gehabt haben musste. "Ich war auf dem Weg zur Lerngruppe und dachte mir, wir können gemeinsam gehen", kam es mit einem Lächeln von ihm. Sasuke musterte ihn kurz. Nun ja, jetzt wo Naruto hier war, hatten sie tatsächlich den gleichen Weg, also sprach wohl nichts dagegen gemeinsam zu gehen. Als sie beim Raum ihrer Lerngruppe ankamen war Haruno Sakura, die Dritte ihrer Lerngruppe, bereits da und lächelte sofort erfreut Sasuke an. Sasuke kannte Sakura von der Mittel- und Oberschule. Sie war schon immer hinter ihm hergelaufen und hatte wiederholt versucht engeren Kontakt zu ihm zu knüpfen. Sie war mit ihrer besten Freundin schließlich auf der Oberschule die Gründerin des Uchiha-Sasuke-Fan-Clubs gewesen. "Da bist du ja", kam es von der Rosahaarigen, die sofort einen Schritt auf Sasuke zugesprungen kam, der aber nicht wirklich auf sie reagierte und zu seinem Platz weiterging. Naruto ignorierte sie gänzlich, der Sasuke folgte, um sich neben ihn zu setzen. Doch im letzten Moment schob sich Sakura an dem Blonden vorbei und nahm den Platz in Beschlag, den dieser angesteuert hatte. Naruto blieb perplex stehen, wandte sich dann aber ab, um den Tisch zu umrunden und dann einen Stuhl gegenüber wählen musste. Sasuke nahm das am Rande wahr und rückte mit seinem Stuhl von Sakura weg, um die Ecke, so dass jeder von ihnen an dem quadratischen Tisch an einer eigenen Seite saß, sehr zum Missfallen der jungen Frau. Doch dann besann sie sich und zog ihre Sachen zum Lernen hervor und die beiden jungen Männer taten es ihr gleich. "Also ich versteh das nicht", kam es verlegend grinsend von Naruto. "Wär ja auch ein Wunder, wenn du es tätest", stichelte Sakura spitz. "Du hast Recht", lenkte Naruto lachend ein und kratzte sich am Hinterkopf. "Hast du Kapitel 12 denn überhaupt gelesen?", fragte die Rosahaarige streng. "Ich... hatte angefangen", gestand er ihr immer noch verlegen grinsend. "Angefangen?", wiederholte Sakura mit einem ungläubigen Unterton in der Stimme. "Na wenigstens ein Fortschritt, wenn auch nichts, worauf man stolz sein kann." Sasuke musterte sie stumm und fragte sich, warum Naruto sich das von ihr gefallen ließ. "Aber ganz ehrlich: Wir können uns nicht ständig von dir ausbremsen lassen. Entweder du bereitest dich in Zukunft auf die Lerngruppe vor oder du brauchst nicht mehr kommen", legte sie blaffend nach. "Ich mein, Sasuke war immerhin Jahrgangsbester im landesweiten Vergleich der Oberschulen und ich war auf Platz 12. Wir haben ein Ziel, dass wir konsequent verfolgen. Da können wir keine Rücksicht auf jemand nehmen, der zu faul ist die entsprechenden Kapitel zu lesen und dessen Mitschriften so schlampig sind, dass er sie selbst kaum entziffern kann und von der Vollständigkeit fang ich jetzt erst nicht an." Narutos Wangen begannen sich zu röten. Sasuke konnte sich nicht erinnern Naruto jemals erröten gesehen zu haben. Nicht mal, als er ihm wiederholt einen Korb gegeben hatte. "Ich meine, dir muss doch klar gewesen sein, wie schwer so ein Studium in unserem Fach ist. Wie konntest du dich dafür überhaupt einschreiben?", keifte Sakura ungehalten weiter. "Ich bezweifle, dass du die entsprechenden Noten dafür gehabt hast. Ich würd jetzt mal krass auf Vitamin B oder sowas tippen?" "Sei endlich still", kam es plötzlich von Sasuke, der sich die Nasenwurzel rieb. Überrascht, da sie keine Reaktion - und schon gar nicht so eine - von Sasuke erwartet hatte, starrte Sakura ihn an. "Aber Sasuke-kun...", setzte sie erneut mit ihrer quietschenden Stimme an, die sie immer dann bekam, wenn Sasuke mit ihr sprach. "Nein, wirklich, Sakura. Sei bitte still", wiederholte er etwas harscher. "Ich krieg von deiner Stimme wahnsinnige Kopfschmerzen und das, was aus deinem Mund rauskommt, wenn du ihn öffnest, lässt mich glauben, dass du hier fehl am Platz bist." Sakura war so geschockt, dass sie vergaß ihren Mund zu schließen. Auch Naruto blickte Sasuke mit großen Augen an. Dann kam Bewegung in die junge Frau, die eilig ihre Sachen in ihre Tasche stopfte, diese schulterte und aus dem Raum stürmte. Naruto sah ihr verblüfft hinterher. "Danke", warf ihr Sasuke noch hinterher, während er weiter seine Nasenwurzel massierte und seine Augen schloss. Er wusste gar nicht, was da gerade in ihn gefahren war. Alles was er wusste, war, dass er es unerträglich fand, wie Sakura Naruto angegangen hatte ohne irgendetwas von ihm zu wissen. Aber er bezweifelte, dass das Wissen um die Tatsache, dass Naruto jeden Tag noch sechs Stunden jobbte, etwas an ihrer Einstellung geändert hätte. Sie wusste eben nicht, wie schwer es war beides unter einen Hut zu bringen. Es verging ein langer Moment, bevor der Dunkelhaarige hörte, dass Naruto sich ebenfalls bewegte. Da die Lerngruppe sich praktisch gerade erübrigt hatte ging Sasuke davon aus, das der Blonde auch gehen würde. Stattdessen nahm er plötzlich eine Nähe dicht neben sich wahr. Schlagartig öffnete er seine Augen und sah, dass Naruto neben ihm an der Tischkante lehnte und ihn anschaute. "Tut mir leid", meinte Sasuke schließlich. "Was denn?", fragte Naruto. "Das sich die Lerngruppe für heute wohl erübrigt hat", antwortete Sasuke. "Hat sie das denn?", erwiderte Naruto und Sasuke wusste im ersten Moment nicht genau, was er darauf erwidern sollte. Er wusste nur, dass die Kopfschmerzen schlimmer wurden. "Danke", kam es auf einmal von dem Blonden. "Wofür denn?", fragte nun Sasuke. "Dafür, dass du sie gestoppt hast", antwortete Naruto und lächelte ihn an. Dieses Lächeln stand dem anderen wirklich gut, dachte sich Sasuke, bevor er diesen Gedanken sofort wieder vertrieb. "Darf ich dir im Gegenzug bei deinen Kopfschmerzen helfen?" Sasukes Blick bekam einen skeptischen Ausdruck. "Sind nicht schlimm", versuchte er das Angebot auszuschlagen. "Heißt das nein?", hakte Naruto ruhig nach. "Ich möchte dir keine Mühen bereiten", konterte Sasuke. "Das wäre keine Mühe für mich", antwortete sein Gegenüber. "Wie möchtest du mir denn helfen?", fragte Sasuke schließlich nach einem kurzen Moment. "Darf ich meine Finger auf deine Schläfen legen?", reagierte Naruto mit einer Gegenfrage. Kurz zog Sasuke seine Augenbrauen über der Nasenwurzel zusammen und nach einem kurzen Zögern nickte er dann. Naruto rutschte etwas mehr vor ihn und legte vorsichtig tastend seine Fingerspitzen an die Schläfe des Dunkelhaarigen. Er musste die Position ein, zwei Mal korrigieren und begann dann kreiselnde Bewegungen. Sasuke hatte Naruto nicht aus den Augen gelassen, doch er spürte, wie seine Lider langsam nach unten sanken. Als sie geschlossen waren fühlte sich diese Mini-Massage noch besser an und tatsächlich löste sich der Kopfschmerz allmählich. Als die Fingerspitzen langsamer wurden und schließlich zum Stillstand kamen öffnete Sasuke seine Augen langsam wieder. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass ihm Narutos Nähe gar nichts ausmachte. Sein Herz schlug nicht panisch und auch der Drang auf Abstand zu gehen war kaum vorhanden. Deshalb hatte er es bedauert, dass die erste Vorlesung gefühlt so rasch vorüber gegangen war: Er störte sich nicht an Narutos Nähe und das war etwas, was ihm noch nie widerfahren war! . Kapitel 7: Fortschritt? ----------------------- Nachdem sich Sasukes Kopfschmerzen gelöst hatten sah er Naruto an. "Wenn du möchtest, dann können wir gern auch ohne Sakura mit der Lerngruppe weitermachen", bot Sasuke ihm an. Überrascht sah Naruto ihn an, dann begann er wieder breit zu lächeln und nickte. "Gerne, danke", erwiderte der Blonde, bevor er seinen Platz vor Sasuke am Tisch gelehnt verließ, sich einen Stuhl ran zog und sich neben den Brünetten setzte. Er streckte sich ein wenig über den Tisch und zog dann seine Unterlagen nach. Sasuke blickte auf das Wirrwarr an losen Zetteln und durcheinander geschriebene Mitschriften auf dem Block. "Das ist ein ziemliche Chaos", merkte Sasuke ruhig und ohne Schärfe an. "Ja, ich weiß", kam es etwas verlegen von dem Blonden. "Ich hatte die Hoffnung, dass ich mit einem Ordner meine Notizen etwas geordneter ablegen könnte,..." "Aber?", hakte Sasuke nach. "Ein Ordner war einfach zu sperrig", gestand Naruto. "Er geht nicht in die Tasche, was bedeutet, ich müsste ihn überall im Arm halten und mit der Zeit wird der auch richtig schwer, weil sich in einem Jahr doch recht viel ansammelt." "Was soll das heißen?", fragte Sasuke und tippte mit dem Finger auf eine Zeile auf dem Block, dessen Kanji er nicht lesen konnte. "Ähm... also... uhm", kam es verlegen von Naruto, der weiter vorne ansetzte und hoffte, dass er durch den Kontext drauf kam, was er versucht hatte da festzuhalten. "Keine Ahnung." Sasuke runzelte die Stirn. "Du brauchst ein neues System", meinte er nur flüchtig, während er einen von mehreren Heftern aus seiner Tasche zog. Darin waren saubere und geordnete Ausdrucke, welche die Vorlesungen zusammenfasste und die Lösungen der Aufgaben beinhaltete. Er schlug das Thema auf, um das es heute gehen sollte und schob dann den Hefter zu Naruto. Dieser sah den aus Pappe bestehenden Hefter an und bewunderte die Sorgfalt und Vollständigkeit der dargebotenen Unterlagen. Damit und mit Sasukes geduldiger Art schloss er rasch seine Wissenslücken und konnten sich auf den aktuellen Stand des Faches bringen. Sasuke war beeindruck davon, wie schnell Naruto den Stoff in sich aufnahm und umsetzen konnte. Der Blonde war wirklich nicht blöd, ihm fehlte nur die Zeit um seine Unterlagen zu sichten, ins Reine zu bringen und zu lernen. Naruto streckte sich, während sie das Gebäude verließen und Sasuke ließ einen unauffälligen Blick über den anderen gleiten. Als ihm das bewusst wurde richtete er sofort seinen Blick wieder nach vorne. Er selbst wollte nicht gemustert werden, also warum nahm er sich das Recht bei anderen heraus? Das war heuchlerisch und sofort bedauerte er diese Affekthandlung. "Danke nochmals für deine Hilfe", meinte Naruto zu ihm. "Schon okay, viel Hilfe hast du ja nicht gebraucht", erwiderte Sasuke. "Du bist ein guter Lehrer", kam es daraufhin von dem Blonden, der Sasuke auf eine Art anlächelte, die der Dunkelhaarige nicht deuten konnte und die ihn verlegen machte. "Ähm... danke", meinte er nur kurz. "Ah, da bist du ja", hörte Sasuke die Stimme seines Bruders und wandte sich überrascht zu diesem. Dann fiel ihm ein, dass dieser ihn ja abholen wollte. Normalerweise steckte ihm eine Panikattacke noch Tage lang in den Knochen, doch durch Naruto... fühlte er sich gut. Das erstaunte ihn. "Entschuldige bitte, wir hatten einiges aufzuarbeiten", meinte Sasuke und blieb vor seinem Bruder stehen, der ihn gütig anlächelte und sich dann zu Naruto wandte. "Hallo Naruto", grüßte er den Blonden, der ihm nur respektvoll zunickte und lächelte. "Musst du heute wieder arbeiten?" "Ja", antwortete Naruto zurückhaltend. "Hm... dann wirst du heute zu spät kommen, oder?", hakte Itachi weiter nach, was Naruto kurz innehalten ließ, bevor er seinen Blick zur großen Uhr auf dem Platz wandte, auf dem sie standen. Er erkannte, dass der Ältere Recht hatte, denn jetzt würde er nicht mehr kurz vor knapp am Café angekommen, sondern mindestens eine viertel Stunde zu spät. Innerlich fluchte er kurz, ließ sich aber nichts anmerken. Stattdessen grinste er und kratzte sich nur am Hinterkopf. "Sieht ganz so aus", stimmte er Itachi zu. "Dann komm, wir nehmen dich mit", bot Itachi an, was Naruto ein überraschten Blick abrang. "Oh... ich möchte euch keine Umstände machen", meinte Naruto höflich ablehnend. "Das wäre kein Umstand. Ich wollte meinen Bruder ohnehin zu einem Stück Kuchen und einem Tee einladen", lächelte Itachi, was nun Sasuke einen überraschten Blick abverlangte. Normalerweise packte Itachi ihn nach einer Panikattacke in Watte und versuchte um ihn herum eine Umgebung der Sicher- und Geborgenheit aufzubauen. Oft dauerte das Tage. Doch scheinbar hatte sein Bruder mit nur einem Blick erkannt, dass es dieses Mal nicht notwendig war. Dann erkannte Sasuke, dass Naruto ihn fragend ansah. "Wir haben den gleichen Weg", kam es leise, fast schon schüchtern von Sasuke und Narutos Lächeln wurde breiter und strahlender. Daraufhin führte Itachi die beiden zu seinem Parkplatz. Naruto war von dem hochpreisigen Mittelklassenwagen durchaus beeindruckt. Ein Toyota Camry SE mit allem Schnickschnack, den man in so einem Auto haben konnte. Das Armaturenbrett erinnerte an ein futuristisches Cockpit mit all seinen Lichtern, Displays und den Schalensitzen. Als er den Blick von Itachi kurz auf sich ruhen spürte lächelte er diesen über den Rückspiegel dankbar an. Die beiden Brüder - so wurde dem Blonden plötzlich klar - hatten scheinbar Geld. Sasuke hatte neben ihm auf der Rückbank Platz genommen und schnallte sich an. Als Naruto das sah fiel ihm ein, dass das vielleicht gar keine schlechte Idee war. Nachdem auch er sich angeschnallt hatte drückte Itachi nur auf einem Knopf und ... nichts war zu hören. Doch dann bewegte sich der Wagen widererwartet und Naruto erkannte, dass er entweder in einem Hybrid oder einem vollwertiges E-Auto saß. "Naruto, erlaubst du mir die Frage, warum du in diesem Café jobbst?", fragte Itachi nach einem Moment. Der Blonde sah zu ihm und wusste im ersten Moment nicht genau, wie er die Frage einordnen sollte. "Ich meine: Das Café ist ja schon ein ganzes Stück weg vom Campus und den Wohnheimen, oder?" "Zu Fuß 'ne knappe Stunde", lächelte Naruto. "Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln würde es sogar noch etwas länger dauern, weil die so kreuz und quer fahren." "Also nimmst du diese Strecke wegen dem Geld auf dich?", hakte Itachi interessiert nach, was ihm einen unauffälligen, leichten Tritt von Sasuke in dessen Rückseite des Sitzes einbrachte. "Von irgendetwas muss MANN ja leben", grinste Naruto verschmitzt. "Aber ich dachte, du hast ein Stipendium?", bohrte der Ältere weiter, den zweiten Tritt in sein Kreuz ignorierend. "Teil... Teilstipendium", berichtigte Naruto verlegen. "Ich... muss keine Studiengebühren zahlen, aber für Kost und Logis aufkommen." "Achso...", kam es verblüfft von Itachi. "Und das Café zahlt wirklich gut?" "Jap, bekomm sogar einen kleinen Bonus, weil ich immer die Spätschicht übernehme", grinste Naruto wieder. "Ist bestimmt anstrengend, jeden Tag bis Mitternacht zu bedienen und dann auch noch abzusperren, zu putzen und die Kassenabrechnung zu machen, oder?", hielt der Ältere das Gespräch am Laufen. Die Tritte seines kleinen Bruders waren verstummt und über den Spiegel sah er, dass Sasuke nun aufmerksam zuhörte. "Die Arbeit macht Spaß und die Kollegen sind nett", erwiderte Naruto ehrlich. "Ich kann mich also nicht beklagen." "Ich hab auch mal eine Weile gejobbt", lächelte Itachi sanfter. "Neben dem Studium?", fragte Naruto nach und der Ältere musste lachen. "Nein, ich hab nicht studiert", offenbarte er dem Blonden, der ihn überrascht ansah. "Zum Studieren hatte ich damals keine Zeit... ich war tagsüber auf einer Baustelle und abends hab ich gekellnert." "Ziemlich anstrengendes Programm", kam es beeindruckt von Naruto zurück. Itachi zuckte nur kurz mit den Schultern. "Irgendwann hat sich die Lage einfach gebessert und ich konnte mich auf das konzentrieren, was mir Spaß machte", meinte Itachi ermutigend, während er vor dem Café einparkte. "Danke fürs Mitnehmen", meinte Naruto ehrlich dankbar, der durch das Mitnehmen sogar früher angekommen war, als wenn er regulär gelaufen wäre. Dann schenkte er Sasuke ein charmantes Lächeln: "Wir sehen uns dann gleich drin." Gerade als Naruto die Hintertür des Wagens öffnen wollte griff Sasuke kurz nach seiner Schulter und hielt ihn auf. Fragend blickte Naruto zu seinem Kommilitonen zurück, der einen Hefter aus seiner Tasche zog und ihm reichte. "Für deine Unterlagen", meinte Sasuke nur ruhig. "Oh... Danke, ich bring ihn dir morgen zurück", entgegnete der Blonde. "Kannste behalten", nuschelte Sasuke etwas verlegen und Narutos Lächeln wurde noch etwas breiter. "Echt?", fragte er. "Aber womit lernst du dann?" "Ich druck es mir später noch einmal aus", entgegnete Sasuke nur wieder. "Naruto... du kommst doch noch zu spät, wenn du jetzt nicht loskommst", kam es nun sanft von Itachi, der die Situation etwas für seinen Bruder lösen wollte. Sasuke war Naruto jetzt schon mehr entgegengekommen als jedem anderen Mitschüler oder -student in den letzten Jahren. Umso stolzer war Itachi auf ihn. Itachis kleiner Einwand ließ Naruto realisieren, dass dieser Recht hatte, nickte und stieg - samt Hefter - endlich aus dem Wagen, bevor er in die Gasse lief, in der sich der Angestellteneingang befand. "Ich bin stolz auf dich", kam es sanft von Itachi, der sich auf seinem Sitz ganz zu Sasuke umgedrehte hatte und ihn anlächelte. Eine Verlegenheitsröte legte sich auf Sasukes Ohren. "Ach halt die Klappe", kam es in einem spielerisch-neckenden Tonfall von Sasuke. "Du hast mir ein Stück Kuchen und einen Tee versprochen." Dann stieg er aus, was Itachi wirklich verblüffte, denn sonst kostete es ihn doch einige Mühe seinen Bruder zum Aussteigen zu bewegen. Er seufzte etwas und konnte gar nicht sagen, wie stolz er auf seinen Bruder tatsächlich war. . Kapitel 8: Entdeckung? ---------------------- Die Sonne schien, doch die Temperaturen hatten bereits merklich nachgelassen. Dennoch liefen die meisten Menschen noch ohne Jacken herum und genossen die letzten warmen Sonnenstrahlen für dieses Jahr, bevor der stürmische Herbst Einzug halten würde. "Das ist reine Schikane", zischte Itachi erbost. "Die konnten uns nicht mal die Stelle nennen, auf die sie sich bezogen haben." "Na wenn schon", meinte Sasuke relativ unbeteiligt. Er hatte seine Hände in den Hosentaschen, während seine Tasche über seiner Schulter hing und beim Gehen immer wieder an ihn ran schwang. "Nichts 'na wenn schon'", meinte Itachi kämpferisch. "Wenn wir Zuhause ankommen ruf ich unseren Anwalt an. Er soll das mal prüfen, ob die das dürfen." "Ach Itachi", wandte Sasuke beschwichtigend ein. "Mach dir doch bitte nicht so viel Mühe." "Doch, denn du bist mir das wert", widersprach Itachi und blickte zu seinem jüngeren Bruder, der verlegen den Blick senkte und dessen Ohrspitzen sich leicht röteten. "Keine Sorge, sie werden dir den Sommerturniertitel nicht aberkennen und ich werde auch nicht zulassen, dass sie dich zwingen im Uni-Dōjō zu trainieren." Sasuke schob seine Hände noch tiefer in die Taschen, während er seine Schultern höher zog, so dass sein Kopf förmlich dazwischen versank. "Lass sie doch", murmelte er. "Ich brauch diese Trophäe nicht. Im letzten Semester hab ich jeden Wettkampf gewonnen und wenn sie auf mich in diesem Semester verzichten wollen, dann lass sie. Es gibt genug Turniere, an denen wir auch ohne die Uni teilnehmen können." "Zwei", berichtigte Itachi. "Dann könntest du nur an zwei von sechs Turnieren teilnehmen." "Dann ist das halt so", kam es resigniert von Sasuke. "Und was ist mit deinem Traum?", fragte Itachi zweifelnd. "Ich such mir einen anderen", antwortete Sasuke und versuchte seinen Bruder anzulächeln, aber dieser konnte klar sehen, dass dem Jüngeren nicht zum Lachen oder Lächeln zu Mute war. "Nein!", kam es entschlossen von dem Älteren. "Ich ruf später unseren Anwalt an und lass das von ihm klären." Dabei legte Itachi Sasuke einen Arm um die Schulter und zog ihn kurz näher zu sich. Er würde das nicht hinnehmen, dass wusste Sasuke. Also unterließ er einen weiteren Versuch, seinen Bruder davon abzubringen. "UZUMAKI", hörte Sasuke plötzlich von der Seite und hob seinen Blick. Uzumaki? Naruto? Sasuke löste sich von Itachi und ging in die Richtung, aus der er die Stimme gehört hatte. Sie führte ihn zu einem Gebäude mit einer hohen verglasten Front. Irgendwo in der Front war eine Notausgangstür offen, um etwas mehr Luft in die Halle zu lassen. Als Sasuke an die Front herantrat konnte er ins Innere schauen und sehen, dass es sich dabei um eine Kletterhalle handelte. Neben den hohen Kletterwänden, die es in der Minivariante auch auf vielen, modernen Spielplätzen gab, gab es auch eine eher horizontal angelegte Wand, mit vielen Überhängen und verschiedenfarbigen Griffen und Flächen. "VERDAMMT, UZUMAKI", ertönte es erneut laut und streng. Sasukes Blick schnappte zu einem Mann in den Vierzigern und in einem Trainingsanzug. Er trug um den Hals eine Trillerpfeife und in der Hand hielt er ein Klemmbrett. Ganz offensichtlich der Trainer des Kletterteams. Der Mann starrte entrüstet nach oben und Sasuke folgte seinem Blick zu Naruto, der an einem Seil auf halber Höhe baumelte und vom Automatiksicherheitssystem gerade herunter gelassen wurde. Der Blonde schien etwas außer Atem zu sein und ließ enttäuscht den Kopf hängen. "WAS HAST DU DIR BEI DEM SCHEIß NUR GEDACHT?", brüllte der Trainer quer durch die Halle. Einige der anderen Kletterer, die gerade trainierten, blickten zu Naruto und schienen Mitleid mit ihm zu haben. Scheinbar ahnten sie, was Naruto gleich für eine Standpauke kassieren würde. Sasukes Blick beobachteten ganz genau Naruto. In seiner normalen Kleidung - der Hose und dem Hemd, welche er in den Vorlesungen oder im Café trug - war gar nicht abzusehen gewesen, wie trainiert Narutos Arme und Schulter waren. Aber in seinem Trainingsoutfit - einer knielangen schwarzen Hose und einem orangenen Tanktop - konnte man es gut erkennen. Narutos Muskel waren nicht übermäßig definiert. Eigentlich genau im richtigen Maß, wie Sasuke fand. Dieser Gedanke ließ sich die Röte an den Ohrspitzen über das gesamte Ohr ausbreiten. Dann wurde ihm erneut ein Arm um die Schultern gelegt und Sasuke zuckte kurz erschrocken zusammen. Sein Bruder stand neben ihm und blickte ebenfalls zu Naruto. Ein Lächeln lag auf Itachis Gesicht. "Ein wirklich gutaussehender junger Mann", kommentierte Itachi leise. "Fein definierte Muskeln. Nicht wie bei den Steroidtyp von Trainer." Die Schamesröte glitt von den Ohren auf Sasukes Wangen. "Ich weiß nicht, was du meinst", meinte er kurz angebunden und wollte sich abwenden. Doch Itachi hielt ihn auf. "Wusstest du, dass Naruto klettert?", fragte Itachi, als hätte Sasuke gar nichts gesagt. "Ähm... nein, woher auch?", antwortete Sasuke verlegen. "Hätte ja sein können, dass er dir das mal erzählt hat", antwortete Itachi und beobachtete, wie Narutos Füße den Boden der Halle wieder berührte. Sofort kam ein anderer Student heran, löste den Karabiner von Narutos Gurt und hakte diesen bei sich ein. Erst als er frei war schloss Naruto zögerlich zum Trainer auf. "DU MUSST DICH ZUSAMMENREISEN", rief der Trainer ihm entgegen. Naruto nickte nur. Dabei sah er auf den Boden. Er antwortete seinem Trainer, aber was er sagte konnten die Brüder vor der Glasfront nicht hören. Sie konnten nur erkennen, dass Narutos Antwort dem Trainer nicht gefiel. "DU BIST RAUS FÜR HEUTE", war nur die Antwort des Trainers, der sich demonstrativ von Naruto wegdrehte und einem anderen Sportler zusah, der in wenigen Sekunden die fünfzehn Meter hohe Wand hochschoss und oben ein Fläche berührte, die die Stoppuhr anhielt: 10,41 Sekunden. Naruto trottete geknickt zu den Umkleiden. Als Naruto aus dem Gebäude trat trug er wieder sein übliches Hemd und die Hose, die Sasuke von ihm gewohnt war. Seine Tasche hing quer über seine Brust und befand sich auf Höhe seines Gesäßes. Seine Hände hatte er tief in den Hosentaschen und sein Kopf hing traurig nach vorne. So wirkte der Blonde, wie Sasuke noch vor einigen Momenten, als sie vom Verwaltungsgebäude der Sportfakultät gekommen war. Plötzlich hörte Naruto ein Räuspern hinter sich. Sein Kopf hob sich sofort und er wandte sich um. Da sah er Sasuke auf einer Bank sitzen, an der er wohl eben vorbei gegangen war. Sofort begann der Blonde wieder zu lächeln und ging die zwei Schritte zurück zur Bank. "Hey", begrüßte er den Dunkelhaarigen, der aufgestanden war. "Hallo", erwiderte Sasuke auf seine introvertierte Art, die Naruto bereits von ihm kannte. "Was machst du denn hier?", fragte Naruto. "Ähm... wir waren einbestellt in der Verwaltung der Sportfakultät", antwortete Sasuke knapp. "Was wollten die denn von dir?", hakte der Blonde weiter nach. "Sich beschweren... nichts wichtiges", winkte Sasuke ab, während sie sich in die Richtung wandten, in die Naruto gerade unterwegs gewesen war. "Du... kletterst?" Verdutzt sah Naruto Sasuke an, bevor er breit zu grinsen begann. "Ja...", war die knappe Antwort, bevor Naruto ergänzte: "Na ja, heute eher failen." "Keinen guten Tag gehabt?", hakte nun Sasuke nach. "Neee... aber nicht jeder Tag kann gut sein, wobei meiner von Moment zu Moment besser wird", lächelte Naruto und zwinkerte Sasuke dabei zu. Dieser senkte verlegen den Blick, lächelte aber geschmeichelt. "Ähm... Itachi", begann nach einem Augenblick der Stille Sasuke plötzlich, "wartet auf dem Parkplatz auf uns. Wenn... du möchtest fahren wir dich wieder zum Café." "Macht euch das nicht zu viele Umstände?", fragte Naruto, der von dem Angebot überrascht war. Sasuke schüttelte fast augenblicklich kurz seinen Kopf. Naruto begann wieder breit zu lächeln: "Dann gerne." . Kapitel 9: Einladung? --------------------- Es war kurz vor ein Uhr in der Nacht, als Naruto aus dem Angestelltenzugang des Cafés kam. Seine Tasche hing - wie üblich - quer über seiner Brust und in einer Hand trug er einen Müllbeutel. Als die Tür hinter ihm zugefallen war schloss er sie sorgfältig mit seinem Schlüssel ab und ging dann zum Mülleimer, der ein paar Meter weiter stand. Nachdem er seinen Schlüssel in die Hosentasche gesteckt hatte hob er mit der freien Hand den Deckel der Tonne an und stopfte den Beutel hinein. "Hey Naruto", hörte er auf einmal hinter sich, was ihn schreckhaft zusammenfahren und herum wirbeln ließ. Immer noch den Deckel der Tonne in der einen Hand. Mit schreckhaft aufgerissenen Augen blickte er Itachi an, der an der Motorhaube seines Autos lehnte und ihn anlächelte. "Itachi-san?", fragte er nur, als könne er seinen Augen und Ohren nicht glauben. "Oh, entschuldige bitte", kam es von Itachi, der sich gerade hinstellte. "Ich wollte dich nicht erschrecken." "Was... tust du hier?", wollte Naruto wissen. "Auf dich warten", lächelte Itachi, als sei es das Normalste der Welt mitten in der Nacht in einer Gasse vor einem Angestellteneingang auf jemanden zu warten, den man nur flüchtig kannte. "Auf mich?", wiederholte der Blonde verwirrt. "Auf wen sonst?", konterte Itachi. "Komm, ich fahr dich heim." "Du... was?", kam es völlig verdattert von dem Jüngeren. "Das ist gerade echt gruselig." "Gruselig?", wiederholte Itachi, dessen Lächeln kurz verschwand. "Was meinst du?" "Warum solltest du mitten in der Nacht hier auf mich warten und mir anbieten, mich nach Hause zu fahren?", fragte Naruto. "Weil du einen langen Tag hattest und eine knappe Stunde zu Fuß unterwegs wärst? Mit dem Auto sind es nur zehn Minuten. Außerdem... hätte ich dann Gelegenheit ein wenig mit dir zu plaudern", erklärte Itachi, der sein Lächeln wiederfand. "Worüber?", wollte Naruto wissen, doch Itachi hatte sich bereits umgedreht und war um die Motorhaube seines Wagens gegangen, um auf der Fahrerseite einzusteigen. "Kommst du?", fragte Itachi. Naruto klammerte sich förmlich an seine Tasche und fühlte sich mehr als merkwürdig. Es lag nicht an dem bequemen Sitz oder der Wärme, die von der Heizung kam, sondern vielmehr an der Gesamtsituation. Dennoch hatte er die kostenlose Heimfahrt nicht ausgeschlagen. "Du hast morgen frei, oder?", begann Itachi, nachdem sie aus der Gasse gefahren waren. "Ja, sonntags hat das Café geschlossen", antwortete Naruto. "Hast du irgendwelche anderen Verpflichtungen?", hakte Itachi weiter nach. Naruto sah aus seinen Augenwinkel zum älteren Bruder seines Schwarms. "Ähm, mit meinen Eltern telefonieren. Sie machen sich immer furchtbare Sorgen, wenn ich mich nicht pünktlich melde", erklärte Naruto und hoffte, dass seine Lüge nicht zu durchschaubar war. "Aber nicht den ganzen Tag, oder?", wollte der Ältere weiter wissen. "Wäre etwas viel, oder?", konterte Naruto leise. Itachi lachte und nickte. "Du magst meinen Bruder, oder?", kam es ohne Vorwarnung auf einen Themenwechsel und ließ Naruto kurz erschrocken zu Itachi blicken. "Wie... kommst du darauf?", kam es unsicher von dem Jüngeren. "Du hast dich sehr darum bemüht dich mit ihm anzufreunden", antwortete nun Itachi. "Hast ihn immer wieder auf einen Tee einladen wollen und dich von keinem Korb, den er dir gegeben hat, abschrecken lassen es erneut zu versuchen." "Ich... find ihn interessant und würde ihn gern besser kennenlernen", gestand Naruto ein. "Ist... das ein Problem?" Eigentlich rechnete Naruto damit, dass der andere ihm nun lang und breit erklärte, warum sein Unterfangen erfolglos bleiben würde und er sich besser von Sasuke fern halten sollte. Daher überraschte ihn Itachis Antwort umso mehr. "Nein, gar nicht", meinte Itachi freundlich. "Wollte nur sicher gehen, dass ich da nicht zuviel hinein interpretiere." Die Straßen waren fast gänzlich leergefegt und selbst die Ampeln schenkten ihnen eine grüne Welle. "Wie meinst du das?", fragte Naruto und lockerte seinen Griff um die eigene Tasche etwas. "Dir ist sicherlich aufgefallen, dass mein Bruder sehr... introvertiert ist", begann Itachi und Naruto nickte nur. "Es fällt ihm schwer, sich zu öffnen und Menschen näher an sich ranzulassen. Viele lassen sich davon direkt abschrecken und sagen meinem Bruder nach, er sei arrogant und würde sich für etwas Besseres halten." "Echt?", kam es verblüfft von Naruto. "Ich hab noch niemand so etwas über Sasuke sagen hören." "So?", kam es nun von Itachi verblüfft, der für eine kurze Sekunde zu Naruto rüber schaute. "Mir kam er sehr beliebt vor, vor allem bei den Mädels", erzählte Naruto. "Sakura?", fragte Itachi nach und nun war es wieder an Naruto erstaunt zu Itachi zu blicken. "Woher?", stammelte der Blonde. "Sakura versucht schon seit der Mittelschule bei Sasuke zu landen und versteht nicht, dass sie keine Chance hat", meinte Itachi. "Warum hat sie keine Chance bei Sasuke?", wollte Naruto nun wissen. "Weil sie nicht Sasukes Typ ist", antwortete Itachi direkt. "Was ist denn Sasukes Typ?", fragte der Blonde weiter. Wieder schenkte Itachi ihm einen kurzen Blick und lächelte noch etwas breiter. "Du wirst noch drauf kommen", meinte Itachi nur kryptisch und nahm eine weitere große Kurve, bevor er in die Straße einbog, die geradewegs zu den Wohnheimen führte. In einem großen Wendehammer hielt Itachi schließlich an. "Naruto, möchtest du morgen zu uns zum Kochen und Essen kommen?" Naruto hatte das Gefühl aus allen Wolken zu fallen und starrte Itachi nur mit großen Augen an. Einerseits konnte er nicht glauben, dass Itachi ihn zum Essen einlud, andererseits glaubte er sich kurz in einem seiner Träume, nur dass in diesen für gewöhnlich Sasuke ihn einlud. "Warum lädst du mich zu euch zum Essen ein?", fragte Naruto langsam. "Weil mein Bruder es nicht tun wird, obwohl er sich sehr darüber freuen würde", erklärte Itachi ruhig. "Und warum würde Sasuke mich nicht einladen?", hakte Naruto neugierig nach. Itachi hatte sich ganz zu ihm gedreht und sein Lächeln bekam etwas Trauriges. "Weil er Angst hat", antwortete der Ältere, als würde das alles aufklären und nicht noch mehr Fragen aufwerfen. . Kapitel 10: Erkenntnis? ----------------------- Das war der reinste Irrgarten, ging es Naruto durch den Kopf, als er durch das Wohngebiet lief. Die Häuser sahen recht traditionell - um nicht zu sagen altmodisch - aus. Die Straßen waren verwinkelt und gewunden. Manche gerade so breit, dass zwei Autos aneinander vorbei fahren konnten, andere schmäler. Jedes Haus schien einen kleinen Vorgarten zu besitzen. Der Blonde hatte schon zwei Mal nach dem Weg gefragt, aber irgendwie schien er immer noch im Kreis herum zu irren. Wieder sah er auf die Visitenkarte, als würde sie ihm den Weg zeigen können. Zwar hatte er die Straße gefunden, aber die Hausnummer nicht. Die Krux mit den Hausnummern in Japan lag einfach darin, dass sie nach der Bebauung vergeben wurden. Das erste Gebäude in einer neuen Straße erhielt die Hausnummer eins, das Zweite die Zwei, auch wenn die beiden Gebäude an entgegengesetzten Enden lagen. Man konnte nicht mal an der Hausnummer die Straßenseite ablesen. "Ganz toll", murmelte Naruto gefrustet. In der Nacht, als Itachi ihn nach Hause gefahren hatte, hatte dieser ihn nicht nur zum Essen eingeladen, sondern auch angeboten ihn abzuholen. Doch Naruto hatte abgewunken. Einerseits wollte er dem Älteren keine Mühe machen. Andererseits... war die Aktion in der Nacht mehr als gruselig gewesen. Für einen Moment hatte Naruto sogar gedacht, dass Itachi ihn in seinen Wagen locken wollte, um ihn zu entführen. Er musste unbedingt aufhören True Crime-Serien zu schauen. "Naruto-kun?", hörte er auf einmal hinter sich eine Stimme, die er hier nie erwartet hatte. Als er sich umdrehte stand vor ihm ein junger Mann mit dunkelbraunen Haaren, welche nach oben zusammengebunden war und dort wie die Blätter eines Busches abstanden. Zwischen den Schenkel hatte er ein Fahrrad. "Shikamaru-kun", kam es von dem Blonden. "Hi." "Was treibt dich denn hier her?", fragte Shikamaru, den Naruto aus dem Kletterteam kannte. Der andere wirkte oft müde oder lustlos, aber beim Bouldern oder Lead war er erstklassig. Er war oft einer der ersten, die eine Lösung für die Kletterrätsel fand, die man bei den beiden Disziplinen lösen musste. "Ich suche eine Adresse", gestand Naruto. "Und du?" "Helfe meinem Pop beim Ausliefern von Bestellungen", antwortete Shikamaru und deutete auf den Kasten auf dem Gepäckträger, an dessen Seite die Kanji eines Restaurants aufgemalt waren. "Ach stimmt, deine Eltern haben ein Restaurant", erinnerte sich der Blonde. "Ähm, vielleicht kannst du mir dann helfen die Adresse zu finden." "Klar, welche suchst du denn?", fragte Shikamaru. Naruto reichte ihm die Visitenkarte und als Shikamaru sie las zog er überrascht die Augenbrauchen hoch. "Du willst zu den Uchihas?" "Ähm... ja. Warum?", kam es unsicher von Naruto. "Ist nur ungewöhnlich, dass sie Besuch empfangen", klärte Shikamaru Naruto auf. Irgendetwas an der Art, wie Shikamaru das sagte, klang für Naruto komisch. "Wie... wie meinst du das?", wollte Naruto wissen. "Sind die Eltern so streng, dass sie für gewöhnlich keinen Besuch dulden?" Shikamaru sah ihn kurz perplex an und nickte dann zu einer kleinen Grünfläche auf der eine Holzbank stand. Dann stieg er ganz von seinem Fahrrad ab und schob es rüber, während Naruto ihm folgte. Naruto setzte sich auf die Bank, Shikamaru blieb stehen. "Die Eltern sind nicht streng", antwortete Shikamaru und Naruto atmete erleichter aus. "Vor allem, weil sie tot sind." "WAS?", kam es geschockt von Naruto, den diese Erkenntnis kalt erwischte. Die Erleichterung wich augenblicklich einem Gefühl des Bedauerns. "Wie... wie sind sie denn gestorben?" "Das weiß ich nicht", gestand Shikamaru. "Ich weiß auch nur davon, weil mein Vater es mir mal nach einem Elternabend erzählt hat." "Das war Thema auf einem Elternabend?", hakte Naruto ungläubig nach. "Na ja, Sasuke kam mitten im Schuljahr auf unsere Mittelschule", begann Shikamaru zu erzählen. "Er war sehr distanziert. Nicht unhöflich, oder so. Aber... er war halt lieber für sich. Bei einem Elternabend wollte unsere Lehrerin mit seinen Eltern sprechen, aber es war nur sein großer Bruder da. Als unsere Lehrerin ihn nach den Eltern fragte erzählte er ihr, dass die Eltern tot seien und er Sasukes Vormund wäre." "Und... wie hat dein Vater davon erfahren?", wollte der Blonde nun wissen. "Er war etwas zu früh für sein Gespräch mit der Lehrerin dran und stand vor der offenen Tür", schilderte Shikamaru achselzuckend. "Er hat gelauscht?", platzte es überrascht aus Naruto. "Jop", war die schlichte Antwort seines Teamkameraden. "Wenn er seit der Mittelschule in deiner Klasse war... bist du dann mit ihm befreundet?", fragte Naruto nach einem Moment der Stille. "Nicht wirklich", antwortete Shikamaru mit einem bedauernden Unterton. "Es ist schwer mit jemand, wie Sasuke, befreundet zu sein. Er ist eben lieber für sich." Auf einmal traf Naruto die Erkenntnis, wie privilegiert er eigentlich war, dass sich Sasuke ihm zumindest ein wenig geöffnet hatte und mit ihm hin und wieder Zeit verbrachte. Ein breites Lächeln begann sich auf seinem Gesicht abzuzeichnen. "Was hast du?", fragte Shikamaru ihn plötzlich. "Ach nichts", winkte Naruto ab. Er wollte diese Erkenntnis ganz für sich alleine behalten. "Aber ich fürchte, ich werde noch zu spät kommen, wenn ich nicht endlich heraus finde, wo diese Adresse ist." Jetzt bekam Shikamaru ein schiefes Lächeln und nickte in eine Richtung der Straße. Naruto stand auf und beide gingen gemeinsam in die Richtung. "Was willst du eigentlich dort?", fragte Shikamaru nach einem Moment der Stille. "Bin zum Essen eingeladen", kam es immer noch lächelnd von Naruto, als Shikamaru prompt stehen blieb. "Du... wurdest zum Essen eingeladen?", kam es überrascht von dem Brünetten. "Von... den Brüdern?" "Jap", antwortete nun Naruto einsilbig, der stehen geblieben und sich zu Shikamaru gedreht hatte. "Wow", kam es nur von dem anderen Klettersportler. "Das ist ja fast wie ein Adelsschlag." "Jetzt übertreibst du aber", erwiderte Naruto, während sie ihren Weg fortsetzte. "Ich kenne niemanden, der jemals zu ihnen nach Hause eingeladen worden ist", eröffnete Shikamaru nachdenklich. Nach ein paar Schritten blieb er erneut stehen. "So, da wären wir." Verwirrt blickte sich Naruto am Ende der Straße, an dem sie angekommen waren, um. Links und rechts standen Wohnhäuser mit ihren schmalen Vorgärtchen, die aber alle nicht die richtige Hausnummer hatten. Gerade aus stand ein hölzerner Torbogen, dessen Durchgang offen stand. Dahinter war jedoch nur eine dichte Vegetation zu sehen. "Hä?", kam es nur nicht verstehend von ihm, während er hilfesuchend Shikamaru anstarrte. Dieser hob seine Hand und zeigte mit dem Finger auf das Tor. "Durch das Tor der Auffahrt um die Büsche folgen. Dann siehst du das Haus", erklärte Shikamaru ruhig, bevor er sein Rad langsam in die Wende schob. "Wir sehen uns morgen beim Training." "Klar", meinte Naruto. "Und danke für deine Hilfe." Shikamaru hob nur die Hand, bevor er wieder aufsattelte und dann davon fuhr. Naruto blickte ihm noch einen langen Moment hinterher, bevor er sich wieder dem Tor zuwandte. Tatsächlich hatte er es vorhin, bei seiner Suche, gesehen, aber nie im Leben hätte er gedacht, dass es zu einem Wohnhaus führen würde. Wer hatte schon ein solches Tor an seiner Grundstücksgrenze? Erst als er näher heran trat sah er die Kanji für die Hausnummern im Torbogen eingeschnitzt. Vielleicht, so ging es ihm durch den Kopf, sollte man sie durch Farbe ein wenig hervor heben, so dass das Finden der Adresse irgendwie erleichtert wurde. Dann schritt Naruto durch das Tor und folgte der Kiesauffahrt um das Gestrüpp. Kaum öffnete sich sein Blick blieb er jedoch erneut stehen und kam nicht umhin das im Vergleich zu den umgebenden Wohnhäusern viel größere Gebäude zu bestaunen, denn vor ihm lag kein einfaches Wohnhaus, sondern ein Dōjō! . Kapitel 11: Ergründen? ---------------------- Als Itachi in seinem Auto um die Ecke bog, stieg er sofort auf die Bremse und konnte den Wagen noch zum Stehen bringen, bevor er Naruto umgefahren hätte. Dieser sah ihn geschockt an und hatte seine Hände dem Wagen entgegengestreckt, als könne er mit reiner Muskelkraft das Auto stoppen und ein Zusammenstoß vermeiden. Zum Glück für den Blonden war Itachi nur mit Schritttempo dem Kiesweg entlang gefahren. "Naruto?", kam es von Itachi, dem erst dann einfiel, dass Naruto ihn womöglich nicht hören könnte. Er nickte dem Blonden zu und gab ihm zu verstehen, dass er einsteigen sollte. Als Naruto sich aus seiner Starre löste stieg er in das Auto, um die paar Meter zum Dōjō mitzufahren. "Hallo", grüßte der Blonde den älteren Uchiha. "Ähm... sorry, ich... ähm..." "Schon okay", lächelte Itachi. "Ich bin es nicht gewohnt, dass jemand auf der Auffahrt rumläuft." Itachi setzte den Wagen wieder langsam in Bewegung und hielt kurz vor dem Dōjō noch einmal an. Er nickte kurz zur Beifahrerseite heraus und Naruto konnte einen schmalen Weg durch die Büsche und einige Treppenstufe nach unten sehen. "Normalerweise benutzen Fußgänger den Weg da", meinte Itachi sanft, bevor er weiterfuhr. "Oh... den hab ich gar nicht gesehen", meinte Naruto verlegen. "Aber ohne die Hilfe eines Freundes hätte ich euch eh nicht gefunden." "So?", fragte Itachi überrascht. "Wieso nicht?" "Ich hab nach einem üblichen Wohnhaus gesucht und die Zahlen am Tor heben sich nicht gerade gut vom Untergrund ab", erklärte Naruto und hoffte, dass er dabei nicht zu unhöflich war. "Oh", lachte Itachi auf einmal auf. "Ich hätte dir vielleicht doch eine Wegbeschreibung geben sollen." 'Oder', fügte Naruto gedanklich hinzu, 'ich hätte mich von dir einfach abholen lassen sollen.' Er seufzte nur kurz und zog damit Itachis Aufmerksamkeit kurz auf sich. Als sie das Dōjō passierten, konnte Naruto sehen, dass sich dahinter ein 'normales' Haus an dieses schmiegte. Itachi fuhr in die Garage und parkte. "Da wären wir", lächelte er wieder und stieg dann aus. Naruto folgte ihm und wurde von all den Eindrücken erschlagen. Durch den Vorgarten gingen sie zur Haustür und Itachi schob die Tür einfach auf. Dann ließ er Naruto zuerst eintreten. "Hab ihn gefunden", rief Itachi ins Haus. Sofort blickte Naruto ihn überrascht an, als er Schritte hörte, die sich aus der Küche näherte. Sasuke blickte durch die offene Tür in den Genkan, in dem Itachi gerade aus seinen Schuhen stieg und in die Hausschuhe schlüpfte. "Hey Sasuke", lächelte Naruto und hob kurz die Hand. Dann entledigte auch er sich seiner Schuhe und stieg in die bereitgestellten Hausschlappen. "Hallo Naruto", kam es gewohnt ruhig von Sasuke, bevor er zu Itachi sah. "Hast du es bekommen?" "Jap", meinte der Ältere und zog eine Papiertüte aus seiner Jackentasche, die er Sasuke reichte. Dieser nahm sie entgegen, wandte sich ab und verschwand wieder in der Küche. Dann lud der Ältere Naruto mit einer Geste ein seinem jüngeren Bruder zu folgen. Als Naruto in die Küche kam, stellte er fest, dass es eine gemütliche Wohnküche war, die sehr modern gehalten war. Sasuke stand an der Anrichte und schnitt gerade Gemüse geübt klein. "Ich hoffe du magst Sukiyaki", fragte Itachi ihn, als er ebenfalls in die Küche nachkam. Er hatte noch schnell die Schuhe ordentlich hingestellt. "Klar, wer nicht?", antwortete Naruto grinsend, bevor er aus seiner Tasche, die er immer noch geschultert hatte, die Pralinen und den Alkohol hervor zog. Eigentlich hatte er die beiden Sachen für Itachis und Sasukes Eltern gekauft, aber jetzt fühlte sich beides unpassend an. "Oh, du hast uns Gastgeschenke mitgebracht?", kam es erfreut von Itachi und Naruto blickte zu ihm auf. Er versuchte zu lächeln und nickte. "Vielen lieben Dank, Naruto. Das ist wirklich sehr aufmerksam von dir." Itachi nahm Naruto die beiden Geschenke ab und schob die Pralinen in Sasukes Sichtfeld, der diese mit nur einem kurzen Blick würdigte und dann weiter den China-Kohl in dünne Streifen schnitt. Auf dem Esstisch stand bereits ein tragbarer Gaskocher, um den drei Schälchen standen, auf denen Stäbchen lagen. Ein niedriger Kochtopf stand bereits auf dem Kocher und wartete auf seinen Einsatz. "Möchtest du was trinken?", fragte Itachi. "Gerne", antwortete Naruto und Itachi holte eine Flasche aus dem Kühlschrank, die er öffnete und dann in drei Gläser etwas einschenkte. "Wie war dein Gespräch mit deinen Eltern?", fragte Itachi nach. "Hä?", kam es verwirrt von Naruto, dessen Blick wenig subtil auf Sasuke und dem Kohlschneiden geruht hatte. "Du wolltest doch heute mit ihnen telefonieren?", kam es von Itachi. "Oh... ähm...", Naruto wandte sich zu Itachi und verbeugte sich dann respektvoll vor ihm. "Es tut mir leid, ich habe dich heute Nacht angelogen." Überrascht blickte Itachi zu Naruto. "Na, na... wer wird hier schon so förmlich sein. Womit hast du mich angelogen?", fragte Itachi. "Ich... telefoniere nicht mit meinen Eltern", fing Naruto an. "Das gestern... kam mir nur in dem Moment so... merkwürdig vor, dass ich dachte, es wäre eine gute Idee zu sagen, dass jemand auf meinen Anruf warten würde." "Hab's dir gesagt", murmelte Sasuke, der das Messer beiseitelegte und die kleinen Kohlstücke in eine Schale gab. "Dann liegt es eher bei mir, mich bei dir zu entschuldigen, Naruto", meinte Itachi, nachdem er mit großen Augen kurz zu Sasuke geblickt hatte. "Ich wollte dich nicht erschrecken." Der Ältere machte eine einladende Geste zum Esstisch und manövrierte Naruto auf die Seite, auf der für zwei Personen gedeckt war, während er sich gegenüber zum einzelnen Gedeck setzte. Sasuke folgte mit einem flachen Teller, auf der mehrere dünn geschnittene Rinderfiletscheiben, gewürfelter Tofu und geschnittene Frühlingszwiebeln lagen, sowie ein Schälchen Öl stand. Er entzündete die Flamme des Gaskochers und gab das Öl in den Topf. "Du telefonierst also nicht mit deinen Eltern?", hakte Itachi nach. "Warum nicht?" "Ähm...", peinlich berührt rutschte Naruto kurz auf seinem Stuhl hin und her. "Weil sie tot sind." Überrascht blickte Sasuke kurz zu Naruto und ließ das Fleisch und den Tofu etwas an Farbe gewinnen. "Das tut mir leid zu hören", kam es ehrlich von Itachi. "Darf ich fragen, wie sie gestorben sind?" "Das weiß ich nicht", gestand Naruto und blickte kurz in sein Glas, dass er kurz zuvor gegriffen hatte, um einen Schluck zu trinken. "Dann bist du also bei Verwanden aufgewachsen?", versuchte Itachi das Gespräch am Laufen zu halten. "Nein, ich hatte keine Verwanden", antwortete Naruto leise. "Ich bin in einem Waisenhaus aufgewachsen." "Hey, dass muss dir doch nicht peinlich sein", lächelte Itachi mit aufbauender Stimme. "Sasukes und meine Eltern sind auch gestorben." "Hab ich gehört", meinte Naruto und sah kurz zu Sasuke hoch. "Von einem Freund aus dem Kletterteam." "So?", kam es überrascht von Itachi. "Er hat mir den Weg gezeigt, als ich auf der Suche nach eurem Haus war", erzählte Naruto. "Wie... sind denn eure Eltern gestorben?" Sasuke legte diagonal geschnittene Frühlingszwiebelstücke in den Topf und löschte direkt im Anschluss mit einer Sauce das ganze ab. Kurz zischte es, als die Flüssigkeit auf den heißen Topfboden traf. "Autounfall", antwortete Itachi ruhig. "Ein LKW-Fahrer ist am Steuer eingeschlafen und auf die Gegenfahrbahn geraten. Dort ist er frontal mit unseren Eltern zusammengestoßen." "Das tut mir wirklich sehr leid", kam es mitfühlend von Naruto. "Und dann seid ihr zu Verwandten gekommen?" Im Augenwinkel konnte Naruto sehen, wie Sasuke plötzlich mitten in der Bewegung kurz stockte, bevor er sich abwandte, um den Teller und das Öl-Schälchen wegzubringen. Als er wiederkam, hatte er weitere Schälchen gefüllt mit Zutaten in der Hand. "Wie kommst du darauf?", fragte Itachi interessiert. "Weil du das bei mir zuerst vermutet hast", antwortete Naruto. "Man schließt für gewöhnlich immer von sich auf andere." "Das ist wohl richtig", lachte Itachi kurz auf, als wolle er die Stimmung auflockern. "Ja, wir wurden von unserem Großonkel aufgenommen." Sasuke stellte geräuschvoll die Schälchen vor die Kochplatte und Itachi räusperte sich. Fragend blickte Naruto zu Sasuke, bevor Itachi ein neues Thema anschnitt. "Und du bist seit diesem Semester auf unserer Uni?", fragte der Dunkelhaarige freundlich. "Ähm... Seit letztem Jahr", berichtigte Naruto. "Aber du bist doch erst seit diesem Jahr in den Kursen", kam es überrascht von Sasuke, der sich zum ersten Mal in das Gespräch einbrachte. "Das ist richtig. Ich hab im Semester davor etwas anderes studiert", gestand Naruto. "Und was?", hakte Itachi nach. "Irgendwas mit Geschichte", antwortete Naruto. "Irgendetwas mit Geschichte?", wiederholte Sasuke ungläubig. "Na ja, ... ja", erwiderte Naruto und sah zu Sasuke auf, der immer noch stand und gerade die Enoki - nach dem Shiitake der meistangebaute Speisepilz Japans - in den Topf legte. "Mir war vom Stipendien-Betreuer nahegelegt worden etwas 'Einfaches' zu studieren, damit es mich nicht zu sehr vom Sport ablenkt." "Du hast ein Sport-Stipendium", erkannte Itachi schließlich und Naruto nickte. "Dann wird es der Uni nicht gefallen haben, dass du dein Studienschwerpunkt von etwas 'Einfachem' zu etwas so anspruchsvollem gewechselt hast, oder?" "Ähm... nicht sehr", gestand Naruto ein. "Wie hat die Uni denn reagiert?", fragte Itachi weiter. "Sie... haben mir nahegelegt mein Studienfach zurückzuwechseln", begann Naruto und rutschte wieder etwas unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. "Sonst...?", hakte der Ältere beständig weiter. "Sie haben das Vollstipendium auf ein Teilstipendium reduziert und drohen mir das Stipendium gänzlich abzuerkennen, sollten meine sportlichen Leistungen nicht die Erwartungen erfüllen", gestand Naruto und blickte wieder nach unten. "Unglaublich", kam es ernst von Itachi. "Was denken die sich eigentlich?" Kurz herrschte Stille und Sasuke platzierte neben den Pilzen den weißen Teil des kleingeschnittenen China-Kohls im Topf. "Wieso hast du das Studienfach eigentlich gewechselt?", fragte Sasuke plötzlich. Naruto sah zu Sasuke hoch und begann zu lächeln, während seine Wangen sich röteten. "Weil es mein Interesse geweckt hat", antwortete Naruto kryptisch. Sasuke blickte kurz zu ihm und wusste nicht so recht, wie er diese Antwort nun deuten sollte. "Und wirst du zurück wechseln?", wollte Itachi wissen. "Nicht, wenn es sich vermeiden lässt", meinte Naruto ehrlich, auch wenn man ihm ansehen konnte, dass er noch keinen Plan hatte, was er tun würde, sollte die Uni ihm tatsächlich das Stipendium aberkennen. . Kapitel 12: Vorstoß? -------------------- Sasuke führte Naruto gerade durch einen kurzen, kaum zwei Meter langen Verbindungsgang vom Wohnhaus zum Dōjō. Eine Seite des Ganges war zum Garten geöffnet, so dass Naruto diesen bestaunen konnte. Der Garten bot einen Teich und viel Grünfläche, wobei der Rasen scheinbar schon länger nicht mehr gemäht worden war. Mehrere Trittsteine führten durch das Wasser zu einem mittig im See platzierten Pavillon. "Wow?", entkam es dem Blonden in Ehrfurcht. So einen großen, weitläufigen Garten hatte er noch nie gesehen. Jedenfalls nicht im privaten Besitz. Weiter hinten sah er einige Obstbäume, die Pflaumen trugen. "Wohnt ihr hier ganz alleine?" "Ja", war Sasukes knappe Antwort, der nicht verstand, warum Itachi vorgeschlagen hatten, dass er Naruto das Dōjō zeigen sollte, während er sich um das Geschirr kümmerte. In Itachis Fall würde das bedeuten, dass er das benutzte Geschirr in den Spüler räumen und diesen anstellen würde. "Ist euer Großonkel gestorben?", hakte Naruto vorsichtig weiter nach. "Wie kommst du auf sowas?", kam es etwas harsch von dem Schwarzhaarigen zurück. "Weil er nicht hier ist", antwortete Naruto. "Warum sollte er auch hier sein? Er hat ein eigenes Haus", erklärte Sasuke, als würde das alles erklären. Verwirrt sah Naruto ihn an und Sasuke blieb stehen. "Das hier gehörte unseren Eltern. Nach ihrem Tod sind wir zu unserem Großonkel gezogen. Als Itachi achtzehn wurde zogen wir wieder hier her." "Einfach so?", kam es erstaunt von Naruto. "Und euer Großonkel hat das einfach so akzeptiert?" "Der wurde nicht gefragt", kam es mit unterdrückter Wut von Sasuke, der die Verbindungstür zum Dōjō aufschob und damit den Weg zu einem Gang öffnete. Links gab es eine Umkleide, in deren hinterem Teil sich mehrere Duschnischen befanden. Auf der rechten Seite lag eine kleine Küche und durch eine weitere offene Tür konnte man ein kleines Büro erkennen. Dann öffnete sich der Flur in den Hauptteil des Dōjō: die Trainingshalle. "Das ist echt unglaublich", staunte Naruto und vergaß darüber seine Verwunderung über Sasukes heftige Reaktion bezüglich seiner Nachfache nach dem Großonkel. "Wird die Halle denn noch aktiv genutzt?" "Ich trainiere hier", kam es leise von Sasuke. "Sonst niemand?", hakte Naruto überrascht nach. "Itachi könnte noch weitere Schüler aufnehmen, aber er konzentriert sich zur Zeit voll auf mich", erzählte Sasuke ruhig weiter. "Itachi übt sich auch in Kendō", rief sich der Blonden selbst ins Gedächtnis. Sasuke hatte da mal was erwähnt. "Er ist ein Meister", erklärte Sasuke und man konnte hören, dass ihn das stolz machte. "In seiner Schulzeit ist er mehrmals hintereinander Japan-Meister geworden, sowohl in der Mittel-, als auch in der Oberschule." "Dann ist das also euer Familiensport?", fragte Naruto. "Kann man so sagen, ja", antwortete ihm der Dunkelhaarige, der seine Arme vor dem Bauch verschränkt hatte und sich förmlich selbst festhielt. "Euer Großonkel betreibt auch diesen Sport?", wollte Naruto wissen. Erneut fiel ihm auf, dass Sasuke sich immer irgendwie verkrampfte, wenn diese Person angesprochen wurde. "Ja", kam es einsilbig und etwas gepresst von Sasuke. "Das war auch schon alles, was man hier sehen kann." "So?", fragte Naruto und griff vorsichtig nach einer von Sasukes Händen, bevor er sie aus der Verschränkung löste. Sasuke starrte Narutos Hand dabei an, als könne er es nicht glauben, dass sie ihn berührte. Dennoch ließ er Naruto gewähren, da er nicht wusste, was er sonst hätte machen sollen. Naruto trat einen Schritt näher auf ihn zu und unter normalen Umständen wäre Sasuke diesen Schritt zurück gewichen. Doch das waren keine normalen Umstände. Eigentlich waren es sogar ganz außergewöhnliche Umstände, denn sie hatten zum ersten Mal überhaupt Besuch. "Ich... hoffe, dass Essen hat geschmeckt", versuchte Sasuke die Stille zwischen ihnen wieder zu durchbrechen. "Oh ja, das hat es auf jeden Fall", antwortete Naruto mit einem sanften Lächeln im Gesicht. "Du kannst ziemlich gut kochen." Sasuke zuckte nur halbherzig mit einer Schulter. "Itachi und ich versuchen jeden Tag zu kochen und gemeinsam zu Abend zu essen", erwiderte Sasuke. "Das klingt irgendwie schön", meinte Naruto ungewohnt ruhig. Sonst war er immer etwas zu energiegeladen. Doch das kam ihm hier in dieser Situation einfach unpassend vor. "Ist es auch...", gestand Sasuke. Er wusste, dass es in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich war, gemeinsam Mahlzeiten einzunehmen. Auf einmal hörten sie Schritte und dann sahen sie auch schon Itachi durch die Verbindungstür kommen. Sofort zog Sasuke seine Hand aus Narutos Griff und schlang sie wieder um sich. "Na?", fragte Itachi breit lächelnd. "Hast du ihm schon alles gezeigt?" "Gibt ja nicht viel zu zeigen", kam es wieder etwas reservierter von Sasuke, während Itachi einen Arm um Sasukes Schulter legte. "Nicht?", kam es verwundert von Itachi. "Hey, wie wäre es mit dem Nachtisch?" "Nachtisch?", kam es überrascht von Naruto und Itachi nickte nur lächelnd. Dann wandte sich der Ältere ab und ging zurück zum Wohnhaus. Fragend sah Naruto zu Sasuke, der seinem Bruder nach einem Zögern aber schließlich folgte. "Itachi-san?", setzte dieses Mal Naruto an, nachdem sie sich wieder am abgeräumten Esstisch in der Küche eingefunden und Itachi ein selbstgemachtes Eis mit verschiedenen Topics serviert hatte. "Ja?", erwiderte Itachi lächelnd. "Darf ich fragen, was du beruflich machst?", formulierte Naruto vorsichtig. "Ich hab vor ein paar Jahren die Firma unserer Eltern übernommen und bin dort im Vorstand", antwortete Itachi, bevor er sich den ersten Löffel des Eises in den Mund schob und den Geschmack genoss. "Firma?", kam es überrascht von dem Blonden, der ebenfalls sein Eis löffelte. "Eine mittelständige Firma, die vor allem Sportartikel herstellt", erklärte Itachi. "Oh", kam es überrascht von dem Blonden. "Da ist es sicher schwer mit der größeren Konkurrenz Schritt zu halten, oder?" "Es geht", lächelte Itachi geheimnisvoll. "Aber es bietet mir auch die Möglichkeiten mal kurzfristig wegzukönnen, wenn es notwendig wird." "Wenn es notwendig wird?", wiederholte Naruto fragend, da ihm die Formulierung irgendwie komisch vorkam. Itachi blickte zu Sasuke, der jedoch vollkommen auf sein Eis konzentriert war. Ihr Gast blickte kurz zwischen ihnen hin und her, verstand aber nicht worum es in dem Augenblick ging. "Manchmal gibt es eben solche Situationen, da muss man ungeplant dringend wo anders hin", erklärte Itachi schließlich schwammig. Naruto ließ es dabei bewenden, da er das Gefühl hatte, dass er hier an eine Grenze stieß, die keiner der Brüder bereit war ihm zu öffnen. Er nickte nur. Naruto streckte sich etwas und sah dann auf die Wanduhr. Sie zeigte ihm, dass es bereits nach neunzehn Uhr war. "Uh... ich sollte mich langsam auf den Heimweg machen", meinte der Blonde, der daraufhin aus dem Fenster schaute und feststellte, dass es bereits dunkel geworden war. Wieder rutschte er ein wenig unbehaglich hin und her, während er sich versuchte an den Weg zurück zur Bahnstation zu erinnern. "Möchtest du noch mit uns zu Abend essen, Naruto?", fragte Itachi. "Wir fahren dich danach dann heim." "Oh, ich möchte euch keine weiteren Umstände machen", versuchte Naruto höflich abzulehnen. "Ach was, das sind doch keine Umstände", meinte Itachi lachend und stand auf. Sasuke hatte zu Mittag den Löwenanteil erledigt, dass hieß, das Abendessen war nun seine Aufgabe. "Dein Bruder akzeptiert kein nein, hm?", wandte sich Naruto lächelnd an Sasuke. "Ist ihm schon immer schwer gefallen", stimmte Sasuke ruhig zu. "Wenn er sich mal was in den Kopf gesetzt hat, dann zieht er es auch durch." "Ein Dickkopf also?", fragte Naruto mit einem Schmunzeln. "Auf jeden Fall", antwortete Sasuke. "Euch ist klar, dass ich euch hören kann?", kam es gespielt eingeschnappt von Itachi, der daraufhin aber lachen musste, so dass Naruto sich davon anstecken ließ, während Sasuke nur lächelte. "Tschuldige, Itachi-san", meinte Naruto schließlich. "Schon okay... ihr habt ja beide Recht", stimmte Itachi zu. "Wenn ich von etwas überzeugt bin, dann handel ich danach und manchmal verbeiß ich mich auch dann." "Ich hol schon mal den Wagen aus der Garage", meinte Itachi nach dem Abendessen und verließ dann das Haus. Naruto blickte zu Sasuke, nachdem er sich seine Schuhe angezogen hat. "Danke für den schönen Tag und dass ich bei euch sein durfte", meinte Naruto ruhig. Sasuke sah ihn fast schon verlegen an. "Vielleicht... möchtest du das mal wiederholen", kam es unsicher von Sasuke, was Naruto strahlen ließ. "Sehr gern", antwortete der Blonde und griff noch einmal behutsam nach Sasukes Hand. Als er diese in seiner hielt stieg er noch einmal die Zwischenstufe hinauf und legte seine Lippen auf die Sasukes. Dieser war davon so überrascht, dass er erst gar nicht reagierte, bevor er langsam seine Augenlider schloss und begann den Kuss zu erwidern. . Kapitel 13: Angebot? -------------------- Itachi trug ein breites Lächeln im Gesicht als Naruto zu ihm ins Auto stieg. Nachdem er den Wagen aus der Garage geholt und vor der Haustür geparkt hatte, hatte er gesehen, wie sein jüngerer Bruder von dem Blonden geküsst worden war. Eigentlich hatte Itachi damit gerechnet, dass sein Bruder den Kuss erschrocken brechen und anschließend hastig davon eilen würde. Doch dass dem nicht so war, machte ihn einmal mehr stolz auf seinen Bruder. "Es war ein sehr schöner Tag, Naruto", meinte Itachi zu seinem Beifahrer, als sie die Einfahrt verlassen und auf die Straße eingebogen waren. "Ja, fand ich auch. Nochmals danke für die Einladung", erwiderte der Blonde. Sie fuhren ein, zwei Minuten schweigend weiter, bevor Itachi erneut zu einem Gespräch ansetzte: "Du hattest also ein Vollstipendium? Was wird davon so alles abgedeckt?" "Kost, Logis, Studiengebühren, Bücher... ein kleines Handgeld für Schreibutensilien und -unterlagen", zählte Naruto auf. "Und sie haben es zu einem Teilstipendium runtergestuft?", hakte Itachi ruhig nach. "Was musst du jetzt selbst bezahlen?" "Ähm... Unterbringung, Frühstück, Abendessen, Arbeitsmaterial, ein Teil der Studiengebühren", zählte der Blonde erneut auf und schien sich bei der Beantwortung nicht wohl zu fühlen. "Also", begann Itachi zusammenfassend, "Du hast dein 'einfaches' Studienfach zu einem recht Anspruchsvollem gewechselt. Das neue Fach erfordert eine Menge Lernen. Dazu musst du nun jobben, damit du die Kosten decken kannst und die Uni droht dir, dass sie dir das Stipendium gänzlich aberkennt, wenn du nicht die geforderte Leistung im Sport bringst?" "Kurz gesagt: Ja", gestand Naruto ein und blickte auf seine Tasche, die auf seinem Schoss lag und auf der seine Hände lagen. "Und wie sieht deine Leistung im Sport aus?", hakte Itachi nach. "Wenn man mich das klettern lassen würde, was ich kann, sicherlich gut", versuchte Naruto die Unzufriedenheit seines Trainers unter den Tisch fallen zu lassen. "Wie meinst du das?", fragte Itachi. "Ich fürchte, ich kenn mich beim Klettern nicht gut aus." "Beim Sportklettern gibt es drei Disziplinen: Lead-Klettern, Bouldern und Speedklettern", begann Naruto zu erklären. "Beim Speedklettern geht es darum an einer senkrechten Wand so schnell wie möglich das Kontrollfeld oben zu erreichen und zu berühren. Es geht rein um die Zeit." "Dabei haben wir dich die vorherigen Tage gesehen", meinte Itachi und Naruto blickte überrascht zu ihm. "Wir kamen gerade von der Verwaltung der Sportfakultät und liefen an der Kletterhalle vorbei." "Oh...", kam es nur von Naruto, dem klar wurde, dass die beiden dann auch die Unzufriedenheit seines Trainers erlebt hatten und erklärte, wieso Sasuke vor der Halle auf ihn gewartet hatte. "Speed liegt mir nicht. Meine Disziplinen sind eher das Bouldern und das Lead-Klettern", gestand der Blonde leise ein, während er wieder auf seine Hände blickte, deren Finger aneinander rumknibbelte. "Was ist der Unterschied?", fragte Itachi. "Beim Bouldern bekommst du eine Art Rätsel an der Wand präsentiert. Das Ziel ist es herauszufinden, wie du ein Zielpunkt erreichst. Es wird an einer drei bis vier Meter hohen Wand geklettert an der mehrere Boulderprobleme montiert sind. Je weniger Versuche man beim Lösen der Probleme benötigt, desto höher die Punkte, die man erzielt", erklärte Naruto ruhig. "Das klingt sehr faszinierend. Da muss man schon sehr kreativ denken können, damit man die Probleme erkennt und dann lösen kann, oder?", hakte Itachi interessiert nach. "Ja, genau...", kam es sofort von Naruto. "Wenn man da zu verkopft ist, wird man das nicht erfolgreich bewältigen können." "Und diese andere Disziplin... dieses Lead-Klettern?", fragte Itachi nach. "Das ist sozusagen die Königsdisziplin", strahlte Naruto. "Man bekommt eine Kletterroute an einer fünfzehn Meter hohen Wand präsentiert, darf sie fünf Minuten vom Boden aus studieren und überlegen, wie man sie klettern könnte. Dabei gibt es verschiedene Abschnitte mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Das Ziel ist es möglichst weit nach oben zu kommen. Wer es geschafft hat am Höchsten zu klettern gewinnt." "Aber haben später startende Kletterer nicht den Vorteil, dass sie aus den Fehler ihrer Vorgänger lernen können?", fragte Itachi nach. "Deshalb müssen sich alle Kletterer, die noch nicht dran waren, in einer Isolationszone befinden, von der aus sie die Wand nicht sehen und keine Kommentatoren hören können", beantwortete Naruto die Frage. Er war nun ganz in seinem Element. "Das klingt wirklich sehr spannend", bekräftigte der Dunkelhaarige erneut. "Und dein Trainer lässt dich das derzeit nicht klettern?" "Ich hab im Sommer einen Wettkampf sausen lassen, weil ich für das neue Studienfach an einer Nachprüfung teilgenommen habe", gestand Naruto ein. "Daraufhin meinte er, dass ich auch Speed meistern solle. Doch ich bin eben für Bouldern und Lead trainiert, was völlig andere Schwerpunkte hat." "Ich schätze, er lässt nicht mit sich reden?", fragte Itachi weiter nach. "Nein... ich soll mich im Winter bei einem Turnier im Speed unter den ersten fünf platzieren ", kam es niedergeschlagen von Naruto. "Aber davon bin ich meilenweit entfernt." "Man versucht dich also gegen die Wand laufen zu lassen, weil du dich geweigert hast zurück auf Geschichte zu wechseln?", hakte Itachi weiter nach. "Ja... Mit dem Job und dem Lernen für das Wirtschaftsingenieurswesen hat sich meine Zeit für das Training stark reduziert", gestand Naruto ein. "Macht dir denn das neue Studienfach Spaß?", wollte Itachi wissen. "Jetzt mal ungeachtet dessen, dass es dir die Möglichkeit gibt mit meinem Bruder Zeit zu verbringen." Eine seichte Röte legte sich auf Narutos Wangen, bevor er nickte. "Ja, es macht mir wirklich großen Spaß und bietet mir auch eine bessere Karrierechance, als Geschichte...", kam es sofort von Naruto. "Aber ich will auch klettern... ich möchte einfach sehen, wie weit ich damit kommen kann und vielleicht, wenn ich gut genug bin, auch mal an den Olympischen Sommerspielen teilnehmen." Kurz blickte Itachi überrascht zu dem Blonden, bevor er sich wieder auf die Straße konzentrierte. "Wow...", kommentierte er nur beeindruckt. "Du möchtest mal zu den Olympischen Spielen?" "Möchte das nicht jeder Sportler, der seinen Sport mit einer gewissen Ernsthaftigkeit betreibt?", fragte Naruto. "Kendo ist leider keine olympische Disziplin", erwiderte Itachi wehmütig. "Aber ich denke, wenn es möglich gewesen wäre, hätte ich auch dieses Ziel gehabt." "Sasuke sagte, du wärst ein Meister im Kendo?", begann Naruto. "Meint er das im Sinne einer Meisterschaft oder im Sinne eines Grades in dem Sport?" "Beides", lächelte Itachi. "Ich war wiederholt nationaler Highschool-Meister und nationaler Jugendmeister. In den letzten beiden Jahren war ich unter den Top 8 der Alljapanischen Meisterschaft im Einzel." "Wow... das klingt beeindruckend. Und man hat dir kein Stipendium oder so für die Uni angeboten?", fragte Naruto weiter und befürchtete in dem Moment, in dem er es ausgesprochen hatte, in ein Fettnäpfchen getreten zu sein. "Ich hatte zwar angefangen zu studieren, aber ich musste dann abbrechen", antwortete Itachi und war etwas reservierter geworden. "Warum?", kam es schneller aus Narutos Mund, als diesem lieb gewesen war. "Es... wird nicht am Geld gelegen haben, oder?" "Tatsächlich hat es das", gestand Itachi ein. Diese Antwort überraschte und verwirrte Naruto ein wenig. "Manchmal läuft es im Leben eben nicht so, wie man es gern hätte. Kurz nach meinem achtzehnten Geburtstag bin ich mit Sasuke aus dem Haus unseres Großonkels ausgezogen. Aber ich stellte fest, dass ich erst mit 21 mein Treuhandfond ausgezahlt und einen Platz im Vorstand unseres Familienunternehmen bekommen würde. Um unser Leben zu finanzieren musste ich arbeiten gehen und Kosten reduzieren. Also hab ich das Studium aufgegeben und hab mir Jobs auf dem Bau gesucht." "Warum hat euer Großonkel denn keinen Unterhalt gezahlt?", fragte Naruto neugierig weiter. Er sog jede Information über Sasuke und Itachi auf wie ein Schwamm. "Unser Großonkel war... beleidigt, weil wir ausgezogen waren", erklärte Itachi und schien jedes Wort gut abzuwägen. "Seiner Meinung nach hätten wir weiterhin bei ihm kostenlos wohnen und uns verpflegen lassen können." "Das verstehe ich nicht... wieso seid ihr ausgezogen, wenn ihr auch weiterhin bei ihm hättet wohnen können?", hakte der Blonde nach. Itachi musste kurz überlegen. "Weil der Preis zu hoch gewesen wäre", kam es kryptisch von Itachi. "Also... Job, Training, Lernen... plus die ganzen Wege zwischen diesen drei Punkten... klingt, als wäre es derzeit kaum möglich alles unter einen Hut zu bekommen, oder?" Naruto verstand, dass Itachi auf diesen Punkt nicht näher eingehen wollte und akzeptierte den Themenwechsel. "Irgendwie wird es schon gehen", meinte Naruto grinsend. "Ich muss mich einfach nur besser organisiert bekommen." "Es wäre alles einfacher, wenn du nicht nebenbei jobben müsstest, oder?", bohrte der Dunkelhaarige weiter nach. "Na ja, aber ich glaube nicht, dass Obdachlosigkeit dem Lernen oder meiner Gesundheit und damit dem Training, so zuträglich wäre", lachte Naruto auf, als hätte er einen unglaublich guten Witz gerissen. "Naruto...", begann Itachi und schien wieder kurz überlegen zu müssen, wie er sein Vorschlag formulieren sollte. "Sasuke und ich leben in einem Haus, welches eigentlich viel zu groß für zwei Personen ist. Wir haben jede Menge Platz. Du könntest bei uns kostenlos wohnen und mit uns gemeinsam essen." "Nein", kam es sofort etwas energisch von Naruto. "Warum nicht?", hakte Itachi nach. "Nur damit ich es verstehe." "Ich habe mir bislang alles erarbeitet und das möchte ich auch weiterhin tun", antwortete der Blonde. "Hm... das ehrt dich", entgegnete Itachi ruhig. "Aber sich helfen zu lassen, wenn man von allem überrollt wird, ist keine Schande." "Es würde sich komisch anfühlen und was, wenn Sasuke und ich... wenn das nicht klappt, was auch immer sich da gerade zwischen uns entwickelt?", wandte Naruto leise ein. "Hast du Sasuke überhaupt gefragt, ob es ihm Recht wäre?" "Ich hab viel Übung darin meinen Bruder zu lesen", entgegnete Itachi ruhig. "Daher weiß ich, dass er nichts dagegen haben würde, wenn wir dir helfen und etwas Druck von den Schultern nehmen würden. Du hättest wieder mehr Zeit für das Training und könntest mit Sasuke zusammen lernen." Naruto erwiderte nichts darauf. Tatsächlich wusste er, dass wenn es so weiterginge wie bisher, er sein Stipendium verlieren würde. Das würde zwangsläufig zu seiner Exmatrikulation führen, da er nie und nimmer die Studiengebühr aus eigener Tasche entrichten könnte. Aber für jemand wie ihn, der es nie leicht gehabt hatte, war das einfach ein zu großzügiges Angebot. . Kapitel 14: Verwirrung? ----------------------- Sasuke war noch beim Abwasch als Itachi zurückkehrte. Nachdem der Ältere seine Schuhe gewechselt hatte kam er in die Küche und half seinem Brüderchen beim Abwasch indem er ein Handtuch nahm und begann das Geschirr abzutrocknen. "Wie fühlst du dich?", fragte er sanft seinen jüngeren Bruder. Dieser blickte nur aus dem Augenwinkel kurz zu ihm rüber, bevor er mit einer Schulter zuckte. "Wie immer?", erwiderte Sasuke ruhig. "So?", hakte Itachi nach. "Also ich war nach meinem ersten Kuss richtig geflasht und aufgedreht. Mein Bauch fühlte sich an, als wären tausend Schmetterlinge darin, die alle gleichzeitig mit den Flügel schlugen." Sasuke hielt kurz inne. Er hätte damit rechnen müssen, dass Itachi den Kuss mitbekommen hatte. Dennoch erwischte ihn die Erkenntnis eiskalt. Es brachte ihn in Verlegenheit und er konnte spüren, wie seine Ohren heiß wurden, während sie sich röteten. "Es war nur ein Abschiedskuss", erwiderte Sasuke langsam. "So?", wiederholte Itachi mit einem Schmunzeln. "Hm... also mich hat er nicht drei Minuten und 22 Sekunden geküsst, bevor er aus dem Auto ausgestiegen ist." Geräuschvoll setzte Sasuke eine Schüssel auf die Abtropffläche und starrte Itachi geschockt an. Dieser lachte nur kurz auf. "Hey... ich hab mir die Zeit nur ausgedacht... nicht gestoppt", kam es neckend von dem Älteren. "Aber es waren mindestens zwei Minuten." "Onii-sama", kam es empört von Sasuke, der sich von der Spüle abwandte und aus der Küche raus wollte. Sanft griff Itachi nach Sasukes Unterarm, der bei der Berührung sofort wie angewurzelt stehen blieb und seinen Blick zu Boden senkte. "Ich freu mich für dich", kam es etwas ernster von dem Älteren. "Wirklich." Zögerlich drehte Sasuke etwas den Kopf und blickte Itachi an. Ein langer Moment verging, indem sich die Brüder ansahen. Dann gingen sie zurück zur Spüle. "Also...", begann Itachi nach einigen Augenblicken erneut. "Wie hat es sich angefühlt?" "Es hat mich überrascht", gestand Sasuke, nachdem er kurz darüber nachgedacht hatte. "Warum?", wollte Itachi wissen. "Na ja... weil es so aus dem Nichts gekommen ist", erklärte der Jüngere. "Aus dem Nichts?", kam es verblüfft von Itachi. "Mein kleines Brüderchen ist ja sooo blind." "Was?", kam es verwirrt von Sasuke. "Er hätte dich schon im Dōjō geküsst, wäre ich nicht reingeplatzt", erklärte Itachi ruhig. "Ehrlich?", fragte Sasuke unsicher. Itachi legte das Handtuch zur Seite und drehte sich zu Sasuke. "Naruto ist schon eine ganze Weile in dich verliebt", erklärte er seinem jüngeren Bruder. "Hast du das nicht gemerkt?" Natürlich hatte er gemerkt, dass Naruto etwas von ihm wollte. Immerhin hatte er ihn zich mal zu einem Tee und einem Stück Kuchen einladen wollen und hatte sich von keinem noch so klaren Korb abschrecken lassen noch einmal zu fragen. Doch Sasuke hatte immer vermutet, dass es Naruto nur um eine Eroberung gehen würde. "Verliebt? Ist das nicht ein zu großes Wort?", konterte Sasuke. "Er hat für dich sein Studienfach gewechselt und riskiert sein Stipendium zu verlieren", erwiderte Itachi. "So etwas macht man nicht, wenn man nur jemand abschleppen möchte. Soviel riskiert man nur, wenn da echte Gefühle mit im Spiel sind." Sasuke ließ die Worte auf sich wirken. "Aber sag mal, Brüderchen", kam es nach einer kleinen Weile von Itachi. Sasuke blickte zu ihm. "Was empfindest du für Naruto?" "Ich kann mich in seiner Gegenwart entspannen", antwortete Sasuke. Itachi kannte seinen jüngeren Bruder gut genug, um zu wissen, dass Sasuke nicht gut darin war über Gefühle zu sprechen. Ebenso wusste Itachi auch, dass Sasuke sich nur hier - in ihrem Zuhause - wirklich entspannen konnte. Wenn sie unter sich waren. Außerhalb ihres Hauses, war er immer angespannt und achtete auf alles, was um ihn herum geschah. "Das ist mir aufgefallen", meinte Itachi sanft und legte eine Hand an Sasukes Wange. "Genauso, wie mir aufgefallen ist, dass du den Kuss genossen hast." Erneut wurde Sasuke die Verlegenheit sofort bewusst, als seine Ohren wieder warm wurden. "Das muss dir nicht peinlich sein", kam es wieder aufmunternd von dem Älteren. "Das ist etwas Gutes." "Aber... wird der Kuss nicht alles ändern?", fragte Sasuke. "Was meinst du mit 'alles'?", hakte Itachi nach und zog Sasuke von der Spüle zum Esstisch, an den er sich mit ihm setzte. "Das, was sich da zwischen uns entwickelt hat...", begann Sasuke zögerlich. "Eure Freundschaft?", spezifizierte Itachi. Sasuke nickte. "Man küsste Freunde normalerweise nicht... jedenfalls nicht so, oder?", kam es leise von dem Jüngeren. "Nein, normalerweise nicht", bestätigte Itachi. "Aber es gibt manchmal spezielle Freunde, da kann sich die Freundschaft weiterentwickeln." "Zu was?", fragte Sasuke. "Da gibt es verschiedene Möglichkeiten", begann Itachi. "Die klassische Weiterentwicklung wäre eine Beziehung." Sasuke saß im Ofuro - einer japanischen Badewanne - und ließ das Gespräch mit Itachi immer wieder Revue passieren. Was er bei dem Kuss gefühlt hatte? Im ersten Moment war er überrascht gewesen und hatte sich überrumpelt gefühlt. Er hatte plötzlich ein Kribbeln im Bauch gehabt, welches sich wundervoll angefühlt hatte. Selbst jetzt, als er an diesen Moment zurück dachte, konnte er dieses Kribbeln in seinem Bauch fühlen. Also hatte er sich in den Kuss ergeben. Seinen ersten Kuss. Er spürte, wie seine Ohren wieder heiß wurden und das lag nicht an dem über 40° Celsius heißem Wasser, in dem er saß. Laut Itachi war dieser Kuss, der ihn selbst so überrumpelt hatte, nicht aus dem Nichts gekommen. Es stimmte. Jetzt in der Rückblende hatte es einen Moment im Dōjō gegeben, als Naruto auf ihn zugegangen war und seine Hand genommen hatte. Da waren sie sich so nah gewesen, dass Naruto das, was sie getrennt hatte, mit Leichtigkeit hätte überwinden können, um ihn zu küssen. Oder? Er ging sich durch das nasse und nach hinten gelegte Haar. Itachi und sein Wunschdenken. Sicherlich hatte sein Bruder viel mehr in die Situation und in den Kuss interpretiert, als sie zu bedeuten hatten. Traurigkeit befiel Sasuke kurz. Unbewusst berührte er mit seinen Fingerspitzen seine Lippen. Narutos Lippen waren ganz weich gewesen. Dieser Gedanke ließ das Kribbeln im Bauch erneut aufleben und die Traurigkeit zurückweichen. Ob der Blonde ihn nochmals küssen würde? Wann? In welcher Situation? Auf einmal Mal realisierte Sasuke, dass er sich einen zweiten Kuss von dem Blonden wünschte und für einen Moment erschreckte ihn die Erkenntnis. Was war denn nur mit ihm los? Er hatte immer Distanz zu anderen gewahrt und war damit doch gut zurechtgekommen. Natürlich war Itachi anderer Ansicht gewesen. Hatte seine Introvertiertheit immer als Angst verstanden. Er war eben nicht der geselligste. Anders als sein großer Bruder, der immer sehr beliebt in der Schule gewesen war. So beliebt, dass dessen Mitschüler ihn zum Schülersprecher gewählt hatte. Doch Sasuke war es nie wichtig gewesen, dass man ihn mochte oder er beliebt war. Klar, es hatte Sakura und ihre Clique gegeben, die diesen oberpeinlichen Club gegründet hatten. Die Aufmerksamkeit der Mädchen war aufdringlich und unangenehm für ihn gewesen. Jedes Mal, wenn Sakura einen Annäherungsversuch machte, hätte er am liebsten laut aufgeschrien. Er hatte nichts mehr gewollt, als unsichtbar für die anderen zu sein. Dann kam Naruto und auf einmal... da war es wieder, dieses Kribbeln in seinem Bauch. Naruto war kaum anders als die Mädchen gewesen: Wiederholt hatte er ihn zu einem Tee einladen wollen. Dennoch hatte sich das anders angefühlt. Es hatte ihm auf gewisse Weise geschmeichelt, auch wenn es ihm zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bewusst gewesen war und er es so nie zugeben würde. Das Bild von Naruto in seinen Trainingsoutfit flimmerte vor seinem Auge auf: Naruto in einer engen, knielangen, schwarzen Hose und einem lockeren, orangenen Tanktop. Schulterfrei. Brust gut zu sehen. Der Schweiß, der auf der gebräunten Haut glitzerte. Fein definierte Muskeln, die nicht zu prall waren. Auf einmal stockte der Dunkelhaarige und blickte in seinen Schoss. Erschrocken zuckte er heftig zusammen und Wasser schwappte aus dem hochwandigen Becken, während er seine Hände in seinen Schritt stemmte. Eilig stand er auf und kletterte über den Wannenrand. Dabei fluchte er leise vor sich hin, bevor er sich ein Handtuch schnappte und sich dieses um die Hüfte band. Noch während er überlegte, was er nun tun sollte, riss ihn ein Klopfen aus seiner aufkeimenden Panik. "Sasuke?", hörte er Itachi von draußen. "Alles in Ordnung?" "Schwierig zu sagen", murmelte Sasuke. "Wie bitte?", fragte Itachi besorgt durch die Tür. "Ähm... alles gut", rief Sasuke zurück. "Du klingst so komisch...", bohrte der Ältere nach. "Es ist wirklich alles in Ordnung", fauchte Sasuke die Tür an. "Dann mach bitte die Tür auf", bat Itachi. "Warum?", kam es zweisilbig von Sasuke. "Brüderchen", kam es etwas strenger von Itachi. Sasuke sträubte sich noch einen Moment, dann öffnete er widerwillig die Badezimmertür. Itachi musterte ihn kurz und dann das Badezimmer. Dann nickte er zufrieden. "Ich muss dir noch etwas erzählen, also trockne dich bitte ab und komm dann noch einmal in die Küche", bat Itachi wieder etwas sanfter. Dann wandte er sich ab und ließ seinen Bruder alleine, der die Tür wieder schloss. Gerade, als er sich mit der Stirn an die Tür lehnen wollte, bemerkte er, dass sich sein Problem verflüchtigt hatte. Also trocknete er sich ab und zog sich an, um seinem Bruder in die Küche zu folgen. Dort hatte Itachi einen Tee aufgebrüht und stellte die beiden Tassen gerade auf dem Tisch ab. Sasuke nahm auf seinem Stuhl platz und legte eine Hand an die warme Tasse. "Also?", fragte der Jüngere seinen Bruder. "Was wolltest du mir noch erzählen." "Naruto hat uns von seiner Lage erzählt", begann Itachi ruhig. "Das sein Vollstipendium zum Teilstipendium runtergestuft wurde..." "Ja?", kam es von Sasuke, dessen Aufmerksamkeit Itachi schon mit Narutos Name gewonnen hatte. "Das heißt, er muss seit diesem Semester für Unterkunft und Verpflegung, sowie einem Teil der Studiengebühren und Materialien, die er braucht, selbst aufkommen", erzählte Itachi. "Deswegen muss er jobben." "Uhm...", kam es betroffen von Sasuke, der aber nicht verstand, worauf sein Bruder hinaus wollte. "Deshalb jobbt er im Café", fuhr Itachi fort. "Aber weißt du, Sasuke... das neue Studienfach ist wesentlich anspruchsvoller, als 'irgendetwas mit Geschichte' und er kann nicht mehr so viel Zeit für das Training aufwenden. Wenn sich an seiner Lage nichts ändert wird die Uni sein Stipendium aberkennen und das führt dazu, dass er das Studium abbrechen muss." "Du hast das vorhin ernst gemeint?", wurde es Sasuke plötzlich klar. "Als du sagtest, er riskiert wegen mir sein Stipendium?" "Ja...", bestätigte Itachi und blickte Sasuke ernst an. "Können wir ihm irgendwie helfen?", fragte der Jüngere. "Ich...", begann Itachi und wirkte auf einmal etwas unsicherer, als noch einen Augenblick zuvor. "...hab ihm angeboten, dass er bei uns wohnen kann." Entgeistert starrte Sasuke seinen Bruder an und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Ein Teil von ihm freute sich, ein anderer Teil war einfach nur entsetzt. . Kapitel 15: Zuhause? -------------------- Sasuke blickte an der Fassade des Hochhauses entlang nach oben. Irgendwie hatte er sich ein Studentenwohnheim anders vorgestellt. Nicht wie ein gewöhnliches Appartementgebäude. Er wusste nicht genau, was er sich stattdessen vorgestellt hatte, aber dieser Anblick war einfach... unpassend? Er spürte, wie ihm ein Arm um die Schulter gelegt wurde und als er nach links sah, lächelte ihn Itachi an. "Na, bedauerst du es, dass du daheim wohnen geblieben bist und nicht in so einen Kasten wie diesen gezogen bist?", fragte Itachi neckend. "Ja, klar...", grinste Sasuke frech. Tatsächlich hatten sie vor dem Beginn des Studiums darüber gesprochen, ob Sasuke ins Wohnheim ziehen wollte oder nicht. Doch für ihn war das nie in Frage gekommen. Immerhin wohnten sie nur zwanzig Minuten zu Fuß vom Campus entfernt. Also warum Privatsphäre, Ruhe und die Idylle ihres Grundstückes gegen die Betonwüste tauschen? Ganz zu schweigen von der Sicherheit und Geborgenheit, die Sasuke nur in ihren eigenen vier Wänden fand. "Aber wer hätte dann auf dich aufgepasst?" "Oooh", kam es lachend von Itachi. "Frech!" Mit diesen Worten zog Itachi ihn zum Eingang des Studentenwohnheims. Als sie die Tür öffnete sah es nicht anders aus, wie in einem gewöhnlichen Appartementhaus: Zu ihrer Rechten befand sich eine Batterie von Briefkästen, die alle aus einer Kombination von lateinischen Buchstaben und arabischen Zahlen beschriftet waren. Keine Namen. Sasuke runzelte etwas die Stirn und verstand nicht, warum man die Briefkästen derartig anonymisierte. Doch als sie an den Briefkästen vorbei waren und zwei Stufen hochgestiegen waren öffnete sich der lange Flur in einen großen Raum. Rechts war eine Art Anmeldung oder Rezeption, wie in einem Hotel, dahinter führte eine Tür wohl in ein kleines Büro. Aber auf der linken Seite öffnete sich der Flur in einen gewaltigen Raum, der wohl als Treffplatz für die Studenten diente. Hier waren mehrere Sitzgruppen platziert, hier und da standen Tische, an denen man gemeinsam lernen oder etwas spielen konnte. Eine Wand war übersät mit Polaroids, die alle eine Nahaufnahme von Studenten zeigten, die hier wohnten oder gewohnt hatten. Einige Studenten saßen hier und da verstreut, lasen etwas oder unterhielten sich miteinander. Weiter hinten lachten ein paar Jungs, die an einem Kicker standen und daran spielten. Keiner schenkte ihnen Beachtung und so gingen sie an der Rezeption vorbei und betraten den hinteren Flur. Dort lagen die Fahrstühle und die Treppen. "Ein bisschen Ausdauertraining?", fragte Itachi scherzend, während er bereits den Aufzugknopf drückte. Eine Anzeige deutete an, dass der Aufzug derzeit irgendwo im achten Stock war. "Klar, gleich nach dir", erwi